Samstag, 26.04. gegen 18:00 Uhr
„Häng die roten Ballons da vorne neben der Bar auf und die gelben rechts und links neben die Werder-Fahne“, kommandiert Armin mich herum. „ay, ay, Sir“, antworte ich und tue wie befohlen.
„Du kannst später zum Bund gehen und Offizier werden, den Ton hast du schon gut drauf“, stippel ich und grinse ihn an. Denise lacht und meint: „Er hat halt heute Geburtstag und ist ja jetzt auch schon sooo erwachsen, das er uns junge Hüpfer rumkommandieren will.“
Armin darauf: „ Nee, nee, lass man. So eine Uniform und ein Stahlhelm stehen mir bestimmt überhaupt nicht. Außerdem hab ich keinen Bock drauf, von irgendjemand, den ich nicht kenne und dem ich nichts getan habe, beschossen zu werden, nur weil einige bekloppte Politiker das so entschieden haben. Ich bin und bleibe Pazifist.“
Ich bringe noch ein paar Luftschlangen an der Bar in Position, dann ist das Werk vollbracht und die Fete kann starten. Armin macht drei Radler auf und wir setzen uns vor die Theke auf die Hocker und betrachten unser Werk.
„Sieht doch echt geil aus“, meint Denise und rutscht schon wieder vom Hocker runter. Sie holt ihre Tasche, sieht mich an und nachdem ich ihr kurz zunicke, holt sie das Geburtstagsgeschenk für Armin heraus.
„Bevor der große Rummel nachher losgeht, wollen wir dir zu deinem Geburtstag gratulieren. Wir haben die Tatsache, dass du heute Erwachsen geworden bist, beim Kauf der Geschenke außer Acht gelassen und dir etwas gekauft, das dem Rest des Kindes in dir gerecht wird. Herzlichen Glückwunsch von Ole und mir und Danke, das du unser Freund bist!“
Nach dieser Ansprache reicht sie ihm das Päckchen mit den beiden Spielen, nimmt ihn in den Arm, drückt ihn fest und küsst ihn abwechselnd auf beide Backen.
Auch ich bin vom Hocker gerutscht und als Denise ihn freilässt, reiche ich Armin die Hand zum Glückwunsch. Auch ich nehme ihn in den Arm und drücke ihn und als ich wieder los lassen will, hält er mich fest, küsst mich auf beide Backen und dann fest und feucht auf meinen Mund.
„So, jetzt kannst du jedenfalls nicht mehr sagen, dass du noch nie von einem Jungen geküsst worden bist“, lacht er. Ich werde ein bisschen rot aber ich muss dann auch lachen.
„Wir haben noch eine Stunde Zeit, bis die ersten Leute kommen. Sollen wir noch eins der beiden Spiele ausprobieren oder wollen wir schauen, ob wir meiner Mutter noch was helfen können“, fragt Armin.
„Wir gehen mal hoch und gucken, wie weit deine Eltern sind und wenn sie uns brauchen, helfen wir noch mit“, sagt Denise, „andernfalls können wir ja dann immer noch was spielen, bis die Gäste kommen.“ Also machen wir uns auf den Weg nach oben.
Zur selben Zeit, Villa Remmers, Jerome
Martin hat mich mit dem Rolli in mein Zimmer geschoben. Satt und erstmals seit dem Unfall in halbwegs normaler Laune, haben wir soeben Oma, die übrigens Gesine heißt und Tante Frieda, wieder verlassen. Es war ein langer, unter dem Strich kein schlechter Nachmittag für mich.
Als mich die beiden alten Damen nach einer liebevollen und etwas länger dauernden Begrüßung mit Drücken und so wieder frei ließen, brachte ich zunächst meine Frisur wieder einigermaßen in die Reihe und fuhr dann mit dem Rolli an den Tisch heran.
Da brachte mir Frau Jensen auch schon einen heißen Kakao und der war wirklich sehr, sehr gut. Nach dem ich den probiert habe, sagte ich das auch. Mit einem leichten Lächeln und einem „Danke“ ging Frau Jensen hinaus und nahm auch den Martin gleich mit.
Nun war ich mit den beiden alten Damen allein. Beide waren mir sehr vertraut und in den Jahren der Kindheit haben meine Schwester und ich sehr viel Zeit mit den zwei Frauen verbracht.
Wir haben viel von Ihnen gelernt, viel mit ihnen gespielt und ihnen auch immer Dinge anvertraut, die wir selbst unsern Eltern nicht gesagt hätten. Sie hatten immer Zeit für uns und ihnen war nichts zu viel.
„Mein armer Junge, was musst du doch erleiden“, fing Oma das Gespräch an. „Oma, bitte jetzt keine Mitleidsorgie, es reicht schon, wenn ich mich selber oft bedauere“, antworte ich schnell, „ich bin gekommen, weil ich euch einige Dinge erzählen und mit euch darüber reden möchte. Mitleid denke ich mal, wird mir nicht weiterhelfen und Hilfe werde ich wohl noch brauchen in den nächsten Monaten.“
„Du hast ja recht, Junge“, sagt Tante Frieda, „aber Gesine und ich haben seit dem Unfall fast nur noch darüber geredet, wie du damit wohl zurechtkommen wirst und was wir tun können, um dir zu helfen. Aber nun erzähl uns mal lieber, was es denn mit den Prothesen auf sich hat und wie das weitergeht“.
Ich erzählte den Beiden, wie der Vormittag verlaufen war und wie es für mich war, das erste Mal in diesen neuen, künstlichen Gliedmaßen zu stehen. Sie lauschten gespannt meiner Erzählung und unterbrachen mich ab und zu mit einer Frage, die ich so gut es ging beantwortete.
Das Ende meines Berichts über die Schmerzen kommentierte dann Oma wie folgt; „Junge, das wird bestimmt beim nächsten Mal schon besser und wenn das dann mal richtig passt, dann wird das schon klappen mit dem Laufen. Mut und Selbstvertrauen und nicht so viel Selbstmitleid sind der Schlüssel zum Erfolg. Hör auf deine Oma, du warst doch sonst nicht so dünnhäutig“.
Ihr ehrliches Interesse, das Gespräch und auch die gut gemeinten Ratschläge taten mit gut und nach und nach kamen auch andere Dinge, meine Ängste und Sorgen zur Sprache.
Als der Kakao leer war, läutete Oma nach Frau Jensen und bat diese, doch noch einen Kakao und für sich und Tante Frieda einen Tee zu bringen. Nach dem Frau Jensen uns die Getränke gebracht hatte, redeten wir weiter über mich und meine Lage.
Oma hoffte inständig, dass die Prothesen mir wieder ein normales Leben ermöglichen werden und dass ich ja dann auch mit Sicherheit eine nette Frau finden würde, die die Tatsache, dass ich ja nun doch körperlich nicht mehr ganz intakt war, sicherlich akzeptieren könnte.
Wörtlich sagte sie: „Das Wesen und der Charakter sind das wichtigste am Menschen und das ist bei dir ja wohl aus meiner Sicht Bestens. Da kann doch das Fehlen der beiden Füße eigentlich nur eine untergeordnete oder besser noch, gar keine Rolle spielen“.
Tante Frieda stimmte Oma natürlich voll zu und ich fand es rührend, wie beide versuchten, mich seelisch aufzurichten und mir wieder Freude am Leben zu geben.
Ich fasste den Entschluss, ihnen alles über mich zu sagen, weil ich einfach nicht länger wollte, dass sich die zwei über eine zukünftige Frau in meinem Leben Gedanken machten und weil ich ja Mama auch schon gesagt habe, dass ich schwul bin.
Insgeheim hoffte ich auf das Verständnis der beiden alten Damen und auf ihren Beistand, für den Fall, dass mein Vater die Sache anders aufnahm, als ich es mir erhoffte.
„Also, ihr Beiden“, fing ich an, „ich muss euch noch etwas sagen, was mich und meine Zukunft betrifft. Ich werde wohl nie eine Frau heiraten. Ich fühle mich nicht zu Mädchen, sondern zu Jungs hingezogen. Mit anderen Worten-ich bin schwul, und nachdem ich das Mama gebeichtet habe, will ich auch, das ihr das wisst.“
Man konnte eine Stecknadel fallen hören und Oma hatte die Hände vor den Mund genommen. Beide sahen mich mit großen Augen an und dann stand Tante Frieda wortlos auf. Sie ging in den Nebenraum und mir wurde schon ganz flau im Magen, weil ich dachte, sie würde mich jetzt nicht mehr mögen.
Omas Augen füllten sich mit Tränen und sie seufzte tief: „Mein armer Junge, da hast du aber wirklich einiges zu tragen, und da kann ich nur hoffen, dass du stark genug bist, dein Leben zu meistern. Was mich angeht, ich habe kein Problem damit, dass du keine Mädchen liebst. Für mich bleibst du der Jerome, der du immer für mich warst.“
Tante Frieda kam zurück mit einem Tablett, auf dem die Geneverflasche und drei gar nicht so kleine Gläser standen. „So, jetzt trinken wir mal einen ordentlichen Schnaps zusammen und dann kannst du uns ja mal erzählen, wie der zukünftige Freund oder Mann denn nun aussehen soll, damit er dir gefallen könnte, oder gibt es da vielleicht schon jemanden?“
Mir fiel ein Stein vom Herzen, das sie das doch relativ gelassen und auch nicht negativ aufnahmen, aber immer stand bei mir noch die Sorge im Vordergrund, wie wohl mein Vater reagieren würde.
Tante Frieda füllte die Gläser und zwar nicht zu knapp. Alkohol hat in meinem Leben bisher eine eher untergeordnete Rolle gespielt, wenn man mal von der Tatsache absah, das ich auf den meisten Veranstaltungen und Empfängen, die wir besuchten, schon das ein oder andere Glas Champagner oder Wein getrunken habe. Aber für mehr als einen Schwips hatte es nie gereicht.
Schnaps war für mich aber etwas völlig neues und so roch ich zunächst mal an der leicht gelblichen Flüssigkeit. „Den muss man in einem Zug runter schütten“, sagte Frieda, „nur dann wirkt das richtig. Nach einem guten Schnaps sieht alles gleich ganz anders aus. Also Prost“.
Sie und auch Oma setzten das Glas an und mit einem Zug verschwand der Schnaps in ihrem Mund. Ich beeilte mich, es ihnen gleich zu tun. Der Erfolg war ein tiefes Luftschnappen mit anschließendem Husten meinerseits und es dauerte bestimmt 30 Sekunden, bis das vorbei war.
„Uih, Mann, was war das denn jetzt, trinkt ihr sowas etwa öfter?“, fragte ich die zwei, nachdem ich mich wieder einigermaßen gefangen hatte und wischte mir dabei die Tränen aus den Augen.
Frieda lachte und sagte: „Wenn es denn so aufregende Neuigkeiten gibt, muss man auch mal einen darauf trinken, dann geht es einem anschließend wieder gut. Das beruhigt die Nerven. Aber das heißt nicht, dass so etwas jeden Tag geschieht. Wilhelm Busch hat schon gesagt, „Es ist ein Brauch von alters her, wer Sorgen hat, hat auch Likör.“
Oma nickte und meinte: „So, jetzt ist die Welt wieder in Ordnung und nun erzähl mal, wer denn bisher von dir außer deiner Mutter und uns beiden schon ins Vertrauen gezogen wurde.“
„Niemand, Oma“, erwiderte ich, „bisher habe ich mich nicht getraut, es jemanden zu sagen und bei Mama war es eher Trotz aus der Situation heraus, das ich ihr gesagt habe, dass Vater mich seit meinem Unfall offensichtlich nicht mehr so mag.
„Das bildest du dir aber jetzt bestimmt nur ein“, sagte Oma, „wie ich meinen Sohn kenne, musste er das Ganze wohl auch erst mal verarbeiten und dann hat er ja auch sonst immens viel um die Ohren. Das war aber schon immer so und dir kommt es jetzt vielleicht nur so vor, das er sich nicht mehr so um dich kümmert.“
„Das kannst du ihn ja auch bei der nächsten Gelegenheit fragen und ich glaube auch nicht, das die Tatsache, dass du Jungs lieber hast als Mädchen, ihn dazu veranlasst, dich nicht mehr als seinen Sohn zu betrachten. Er hat dich lieb und das wird auch so bleiben“, meinte Tante Frieda und ich wünschte mir, dass sie mit ihrer Einschätzung Recht behielt.
Der Schnaps in meinem Bauch machte warm und ich merkte auch die ungewohnte Wirkung des hochprozentigen Alkohols und eine leichte Müdigkeit stellte sich ein. Frau Jensen kam und fragte, ob ich mit Oma und Tante Frieda zu Abendessen wolle.
„Ich habe jetzt gar keinen Hunger“, antwortete ich, „Martin kann mich jetzt mal rüber fahren, ich will mich ein bisschen hinlegen. Der Schnaps hat mich doch ein wenig müde gemacht und der ganze Prothesen-Anprobier- Vormittag war ja auch recht anstrengend.“
Nun war ich also wieder in meinem Zimmer und wollte zunächst mal ein bisschen schlafen. Der ungewohnte Schnaps, es war ja auch noch ein ziemlich großes Glas, hatte mich schläfrig gemacht. Ich schaffte mich aufs Bett, Martin zog sich zurück und so wühlte ich mich in meine Decke und schloss die Augen.
Ein paar Tränen schlichen sich durch die geschlossenen Lider und mit einem tiefen Seufzer machte sich meine Seele Luft nach diesem anstrengenden Tag.
Ich schlief ein und träumte, ich wäre an Bord eines großen weißen Schiffes, meine braungebrannten Beine lagen unversehrt mit mir zusammen auf einem bequemen Liegestuhl auf einem fantastischen Sonnendeck und neben mir lag ein blonder Traumboy und schaute tief in meine dunklen Augen.
Seine Augen waren so blau wie der Himmel und sein Lächeln verzauberte mich.
Bei Armin
Es war noch eine dreiviertel Stunde bis 19:00 Uhr, dem offiziellen Partybegin und wir standen jetzt bei Armins Eltern in der Küche. „Eigentlich ist alles so weit vorbereitet und wir brauchen keine Hilfe mehr“, sagt Armins Mutter, „nachher, wenn ihr runter geht, könnt ihr das Essen ja mitnehmen“.
„Ok, Mama“, sagt Armin, „darf ich mal probieren, wie der Nudelsalat von Frau Jensen schmeckt?“ Er nimmt eine Gabel und sieht seine Mutter fragend an. Als die nickt, holt er mit der Gabel einen Mund voll aus der Schüssel und probiert. „Echt klasse“, ist sein Urteil, nachdem er den Mund leer gegessen hat, „den kann keiner besser, Ole.“ „Danke, ich werde es ihr sagen, dann freut sie sich“, sag ich und grinse, weil diese Prozedur sich immer wiederholt.
„Komm, wir nehmen die Sachen und tragen sie runter“, sagt Denise, „es ist eh nicht mehr lang, bis die ersten Leute kommen“. Wir stellen die Sachen auf Tabletts und bringen alles in den Partyraum und stellen es an den dafür vorgesehenen Platz. Jetzt noch das Geschirr und das Besteck, dann ist alles perfekt.
Armin macht Musik, er steht im Moment, genau wie Denise, auf Linkin Park. Er lässt „Robot Boy“ laufen, das ist das Lieblingslied von Denise. Als mir das gerade so durch den Kopf geht, sehe ich den Blick, den Armin auf Denise wirft, die mit geschlossenen Augen zu der Musik hin und her wippt. “ Nachtigall, ich hör dir trapsen“, der frisst die ja mit den Augen auf.
Ich schätze mal, da ist einer schwer verliebt. Das ist mir bisher noch nicht auf gefallen und ich empfinde spontan Freude darüber. Die beiden würden gut zusammen passen. Aber ob sie ihn auch mag? Ich überlege krampfhaft, ob ich irgendwelche Anzeichen dafür übersehen habe, komme aber im Moment zu keinem Ergebnis.
Oben geht die Klingel, das werden wohl die ersten Freunde sein.
Jerome
Die ungewohnte Feuchte in meiner Shorts weckte mich auf und da war noch etwas, das anders war als sonst in letzter Zeit. Ich öffnete die Augen und sah meinen Vater, der in einem meiner Sessel saß und mich offenbar betrachtete. Die Decke lag Gott sei Dank noch auf mir, so dass mein feuchtes Geheimnis unter ihr verborgen blieb.
„Hallo, Papa“, nuschel ich, noch schlaftrunken und stütze mich auf meinen rechten Ellenbogen auf. „Hallo, mein Sohn“, antwortet er und schaut auf-merksam in mein Gesicht, „wie geht es dir heute?“
„Mir geht es eigentlich nicht so gut, aber der Besuch bei Oma hat mir etwas Mut gemacht, mich meinen Problemen zu stellen. Ich weiß aber noch nicht, ob und wie ich das alles meistern kann. Es ist so schwer und oft denke ich, ich schaff das alles nicht“, antworte ich.
„Jerome, du musst wissen, dass wir, Mama, deine Schwester und auch ich hinter dir stehen und dir helfen werden, wo wir nur können. Ich habe in den letzten Tagen, seid du aus der Reha zurück bist, viel nachgedacht und auch ich habe Zeit gebraucht, dein Schicksal zu begreifen und es zu akzeptieren“, redet Papa nun drauf los.
„Zunächst sollst du wissen, dass wir dich alle sehr lieben und auch die Tatsache, dass du Mama erzählt hast, das du schwul bist, wird daran nichts ändern“, fährt er fort, „wir werden zunächst einmal alles tun, das die Behinderung für dich so leicht wie möglich gemacht wird. Die Prothesen werden nach einer Eingewöhnungsphase dafür sorgen, dass du wieder normal laufen kannst, das haben die Erfahrungen mit anderen Betroffenen gezeigt“.
„Ich hoffe, dass du recht hast, das sah nämlich heute Morgen eher nicht so aus“, erwidere ich.
„ Wenn du dich daran gewöhnt hast, und das wirst du, sobald sie richtig passen, dann wirst du auch schnell lernen, damit zu laufen. Es wird anstrengend werden, aber du schaffst das, davon bin ich überzeugt“, sagt Papa.
„Ich mache dir einen Vorschlag, Jerome“, sagt Papa, „steh auf, Martin hilft dir beim Duschen und dann zieh die was Ordentliches an. Wir gehen heute alle mal zum Essen und Oma und Frieda nehmen wir auch mit. Ein Schritt zurück in die Öffentlichkeithilft dir bestimmt, dein angeknacktes Selbstbewusstsein zu stärken und dich den Problemen zu stellen. Du darfst bestimmen, wo wir hingehen werden, aber du solltest daran denken, das Oma keine Burger mag“.
Vater steht auf und geht zur Tür. Bevor er hinaus geht dreht er sich noch einmal um und sagt: „Wir werden das schon gemeinsam schaffen und in einem Jahr sieht die Welt ganz anders aus. Kopf hoch, mein Junge, du bist nicht allein“.
Als er die Tür von außen geschlossen hat, schließe ich meine Augen und horche in mich hinein. Mein Vaterliebt mich auch noch, obwohl ich schwul und auch behindert bin. Es wird warm in mir und ein großer Stein ist mir vom Herzen gefallen.
Ich schlage ich die Decke zurück und betrachte kurz die deutlichen Spuren, die der Traum von dem blonden Schnuckel bei mir hinterlassen hat. Feuchte Träume wie ein Teenie, ich muss jetzt grinsen.
Aber wenn ich bedenke, dass ich in den letzten Wochen vor lauter Frust und Selbstmitleid nicht mal Lust hatte, mir einen runter zu holen, dann war dieser Traum schon fast wie eine Orgie. Jedenfalls war das schon eine enorme Ladung die da in der Hose gelandet war.
Das hatte sogar die Trainingshose, die ich angelassen hatte noch arg in Mitleidenschaft gezogen. Dadurch war aber die Bettwäsche Gott sei Dank nicht versaut, die Kleider konnte ich selber in der Wäschetruhe verschwinden lassen, aber das Bett hätte ich wohl kaum beziehen können – Glück gehabt!!
Jetzt aber schnell in den Rolli und ins Bad, bevor Martin hier auftaucht. Ich zieh mich schnell im Liegen aus und knülle die Wäsche so zusammen, dass das Feuchte in Shorts und Hose nicht zu sehen ist, nicht ohne vorher noch vorhandene Spuren von meinem Körper zu entfernen.
Ich schaff mich in den Rolli, bedecke meinen Unterleib mit der Wäsche und rolle in mein behindertengerecht umgebautes Bad. In der Reha habe ich gelernt, mich selbst zu duschen und nachdem ich die Wäsche in der dafür vorgesehenen Box versenkt habe, stemm ich mich in den Sitz, der unter der Dusche eingebaut ist.
Der glatte Kunststoff ist im ersten Moment etwas kalt an meinem Allerwertesten, aber ich dreh sofort das Wasser auf und dank eines teuren Thermoreglers kommt auch nach einem Blitzguss kalten Wassers mollig warmes Wasser auf mich herunter gerieselt.
Als erstes wird mal mein Schwanz sauber gewaschen bevor der Rest an die Reihe kommt. Hinter mir öffnet sich die Tür und Martins Stimme fragt: „ Ist alles in Ordnung? Kommst du zurecht?“ „Ja, Martin, alles bestens“, antworte ich.
Vor Martin geniere ich mich nicht, wenn ich nackt bin. Er kennt mich seit meiner Kindheit und ist für mich ein geschlechtsloses Wesen. Er gehört einfach zu meinem Leben dazu, war immer da und nie im Weg. Allerdings hätte ich ihn niemals meine eingesauten Kleider sehen oder wegräumen lassen, das wäre mir dann doch arg peinlich gewesen.
Nachdem ich ausreichend gewaschen bin, drehe ich das Wasser ab. Martin bringt ein großes Handtuch, wickelt mich darin ein und setzt mich so mit einem Schwung wieder in meinen Rolli. Den schiebt er nun mit mir zurück in mein Zimmer, wo er mich samt Badetuch aufs Bett setzt. Ich beginne mich abzutrocknen und bekomme von Martin noch ein Handtuch für die Haare.
„Den Rest kann ich allein, Martin, du könntest aber noch meine Scheinfüße holen, die stehen nebenan im Schrank. Papa will mit uns ausgehen und da will ich wenigstens so aussehen, als wenn ich noch Füße hätte“.
Scheinfüße nenne ich zwei stiefelartige Gebilde, die ich wie einen Stützstrumpf an die Beine ziehe. Unten sind da zwei Schuhe integriert und wenn ich dann eine Hose anhabe, sieht es so aus, als hätte ich ganz normale Füße. Den Rolli können sie aber leider nicht ersetzen, hoffentlich klappt das irgendwann mal mit den Prothesen.
Nachdem ich nun trocken bin, rolle ich in meinen befahrbaren Kleiderschrank und suche mir was Ordentliches zum Anziehen. Ich wähle eine superschöne dunkle Jeans, die wird Papa wohl gelten lassen, ein schickes Hemd dazu und eine leichte Jacke. Jetzt noch Unterwäsche und dann wieder zurück aufs Bett.
Hier zieh ich mich mal sitzend und mal liegend an und bin fast fertig, als Martin mit den Scheinfüßen kommt. Er hat sie dem Glanz nach zu schließen noch schnell geputzt. Ich krempel die Hosenbeine hoch und Martin hilft mir beim Anziehen der Schuhe. Als die Hosenbeine wieder herunter gerollt sind, sieht es aus, als wäre ich vollständig und unversehrt.
„Martin, du kennst dich doch wirklich gut aus hier in Bremerhaven. Gib mir mal einen guten Typ, wo man hier gut bürgerlich Fisch essen kann“, sag ich, „ich will in keinen Nobelschuppen, wo wir vielleicht noch Bekannte treffen und italienisch will ich heute auch nicht“.
„Ich wüsste da schon was, da kann man einfach gemütlich essen in einer originellen Umgebung“, erklärt Martin, „ da gibt’s die besten Bratkartoffeln in ganz Schleswig-Holstein und Bremen zusammen und auch das andere ist echt gut. Das heißt „Alte Luneschleuse und jetzt im Sommer kann man auch draußen sitzen.
Es gibt auch noch die „Seute Deern“, das ist ein Großsegler, in dem ein gutes Restaurant drin ist, aber das sparen wir uns auf, bis du mit den Prothesen laufen kannst, denn mit dem Rolli ist das nicht so gut. Außerdem ist das bei dem schönen Wetter heute Abend besser, wenn man draußen sitzen kann. Da treffen wir auch bestimmt so leicht keine Bekannten von Euch“.
„Na wenn das so gut ist und dann fahren wir da einfach mal hin“, sag ich, „Papa hat mir ja die Wahl überlassen und jetzt wollen wir uns mal überraschen lassen.
Ich stemm mich in den Rolli und Martin schiebt mich aus dem Zimmer. Mit dem Lift fahren wir runter ins Wohnzimmer, wo bereits Papa, Oma und Frieda warten. Meine Mutter und meine Schwester kommen auch gerade herein.
„So, jetzt wollen wir aber mal los“, sagt Papa, „ so spät essen ist ja auch nicht so gut. Ich habe Jerome gebeten das Restaurant auszusuchen, in das wir heute gehen wollen. Wo fahren wir denn hin, mein Junge?“
„Wir fahren in die “Alte Luneschleuse“, sag ich, „ Martin weiß, wo das ist. Da wir eh 2 Autos brauchen, kann Martin ja vorfahren und Kai hängt sich hinten an“.
„Kai weiß auch, wo das ist“, sagt Martin, „wir gehen da schon öfter mal hin“.
Martin geht voraus, um den Wagen zu holen und Kai zu rufen. Papa nimmt die Griffe des Rollis und schiebt mich Richtung Ausgang. Ich wollte eigentlich selbst fahren, aber wenn Papa das machen will, werde ich das genießen.
Die Fahrt verlief ereignislos und in Mitten eines Industriegebietes, zu meinem Erstaunen gab es dort auch Schrebergärten und Viehweiden, stand, reetgedeckt ein roter Backsteinbau, die Alte Luneschleuse, mit einem großen Biergarten, der schon ziemlich ordentlich besucht war. Das sah alles schon sehr norddeutsch und auch sehr gemütlich aus.
Martin ging voraus und regelte das mit den Plätzen und dann saßen wir alle an einem großen Tisch zusammen, die Bedienung kam, begrüßte uns freundlich auf Plattdeutsch und nahm die Getränkebestellungen entgegen. Ein Blick in die Gesichter meiner Familie zeigte mir, dass sie wohl ein wenig überrascht waren, aber man konnte auch sehen, dass sie meine Wahl in Ordnung fanden.
Martin und Kai suchten sich einen Platz abseits von unserem Tisch, obwohl keiner was dagegen gehabt hätte, wenn sie bei uns gesessen hätten.
Martin hatte mir vor längerer Zeit mal erklärt, dass das besser ist, wenn die Angestellten sich an einen anderen Tisch setzen. Er sagte, dass die Familie dann freier miteinander reden würde, wenn kein Personal dabei ist.
Bei Dennis
Die Leute kommen jetzt ziemlich flott hintereinander und der Keller füllt sich. Armin hat seinen Laptop an die Stereoanlage angeschlossen und lässt ein Programm an tollen Songs ablaufen. Natürlich ist fast jedes zweite Stück von Linkin Park.
Meine Schwester Marie ist mit ihrem neuen Schwarm Heiner, der auch in Armins Klasse geht, gekommen. Sie hat sich gut zurecht gemacht und auch Heiner hat sich heute gut raus geputzt. Ich bin mal gespannt, was da so läuft bei den Beiden.
Da ich keine Freundin habe, und leider auch keinen Freund, habe ich Armin versprochen, die Bar zu besetzen und mich um die Getränke zu kümmern. So habe ich dann auch von Anfang an keine Langeweile und sorge dafür, dass jeder Gast sein Wunschgetränk bekommt.
Das Licht ist gedimmt, und so langsam kommt eine gute Stimmung auf. Asser mir ist keiner ohne Begleitung gekommen und mit mir sind jetzt 19 Leute da. Es dauert nicht mal eine Stunde, da beginnen einige zu tanzen und auch Marie schwingt mit Heiner das Tanzbein. Armin sitzt mit Denise hinten in der Ecke.
Just als ich zu denen rüber schaue fangen die zwei an, sich zu küssen. Na siehste, denk ich, hab ich doch richtig beobachtet.
Und ich???? Wer küsst mich?? Ich glaub ich trink jetzt doch mal ein Bier, ein Frustbier.
Alte Luneschleuse
Jeder am Tisch hat was auf der Speisekarte gefunden, was er gerne essen möchte. Für Fischfans gibt es schon einige leckere Sachen, aber auch Fleischesser kommen hier auf ihre Kosten. Ich habe mich für ein Pils ent-schieden, mir ist heute mal ein bisschen nach Alkohol, und Fahren brauch ich ja auch nicht.
Die Bedienung ist rege und lustig und immer am „schnacken“, so heißt das hier auf plattdeutsch. Wer wie Natascha und ich immer nur hochdeutsch hört und spricht und lernt, der muss schon gut aufpassen, dass er überhaupt was mit kriegt. Oma und Frieda die können das ganz gut verstehen.
Oma, die rechts von mir sitzt, ich sitze mit dem Rolli am Kopfende des Tisches, dolmetscht für Natascha und mich. Natascha sitzt links von mir. Sie hat sich heute Abend auch sehr chic gemacht und sieht echt toll aus. Das hat sie von Mama, die ist trotz ihrer fast 4o Jahre noch ein echter Hingucker. Da wird ja dann bald auch ein runder Geburtstag gefeiert.
Solche Feierlichkeiten werden in der Regel außer Haus in einem der Hotels gefeiert, an denen unsere Familie beteiligt ist. Da ist dann alles vom Feinsten und die Prominenz von Bremerhaven und Umgebung läuft bei uns auf, um mitzufeiern.
Ich nenne das immer scherzhaft Almauftrieb, weil da die alten Kühe auch immer herausgeputzt auf die Weide getrieben werden. Naja, jetzt wenden wir uns zuerst mal den Leckereien zu, die von der Bedienung herbei getragen werden.
Der von mir gewählte Fishermannsteller sieht gut aus duftet fein und,….mmh, schmeckt auch gut. „Quer durch den Hafen“ stand dabei und da ist Forelle, Lachs, Aal und Krabben mit Rührei drauf. Das Beste sind aber, da muss ich Martin recht geben, waren die Bratkartoffeln. Gut gewürzt macht durstig und so bestelle ich mir noch ein Pils.
Armins Party
Die Uhr zeigt 22:30 und Heiner wird Marie jetzt wohl nach Hause bringen.
Da sie immer noch 15 ist, muss sie um 23:00 zu Hause sein, da macht Mama keine Kompromisse. Armins Mutter hatte sich schon im Vorfeld angeboten, Marie nach Hause zu fahren. Heiner wird dann wohl noch mal zurückkommen.
Die Tanzfläche wird stark genutzt und die Schmusesongs sind jetzt in der Überzahl. Vor lauter Frust habe ich mittlerweile 4 Bier getrunken, die merk ich zwar, aber ich bin noch handlungsfähig, geistig fit und habe die Bar voll im Griff. Ich habe auch zwischendurch gut gegessen, das macht ja auch was aus.
Wenn ich Armin und Denise beobachte, dann geh ich mal davon aus, dass die auch den Rest der Nacht miteinander verbringen werden. Ich werde auf jeden Fall heute Nacht noch mit dem Fahrrad nach Hause fahren. Ich trink jetzt auch nur noch Cola und bis die Fete zu Ende ist, bin ich wieder total nüchtern.
Alte Luneschleuse
Das Essen war wirklich sehr schmackhaft und auch die Portionen waren gut. Ich bin jetzt beim vierten Pils und als ich es bestellt habe, gingen Mamas Augen-brauen leicht nach oben. Das kennt sie ja auch nicht von mir, aber mir ist im Moment einfach danach. Ich denke aber, das Vierte ist auch das Letzte, ich merk das nämlich schon, das ich was getrunken habe.
Gesprochen wurde über alles Mögliche, auch über Mamas Geburtstag. Geradezu ausgeklammert wurde aber alles, was im Moment mit mir zu tun hatte und das war mir auch gerade recht. Die nette Bedienung hatte schon mitleidig geguckt, als sie mich in dem Rolli gesehen hat und auch der ein oder andere Blick von anderen Gästen sprach „O Gott, der arme Junge“.
Bisher hatte ich ja keine Gelegenheit, Reaktionen anderer auf meine Situation zu beobachten. In der Reha hatte jeder sein eigenes Gebrechen und nahm wenig Notiz vom Leid der Anderen.
Aber hier und heute war ich das erste Mal nach meinem Unfall wieder unter Menschen und musste nun erleben, das das Sitzen als junger Mensch in einem Rollstuhl bei anderen Mitleidsgefühle, begleitet von verstohlenem Hingucken und offensichtlich auch Gesprächsstoff liefert – eine neue Erfahrung.
Papa hat die Rechnung bezahlt, auch die von Kai und Martin, und wir brechen auf. Fast zwei Stunden haben wir in diesem schönen gemütlichen Biergarten gesessen und es war schön, mit der ganzen Familie zusammen zu sitzen.
Über den kurzweiligen Gesprächen, Oma und Tante Frieda haben viel von früher erzählt, habe ich meine fehlenden Füße und den Rolli ganz vergessen. Alle haben sich gut amüsiert und als ich das mit dem Almauftrieb gesagt habe, haben alle, vor allem aber Papa herzlich gelacht.
Alles in allem ein super Abend, der allen Spaß gemacht hat. Der Heimweg ist unspektakulär, in gerade mal 15 Minuten sind wir zu Hause. Papa schiebt wieder meinen Rollstuhl ins Haus. Martin und Kai bringen die Autos weg. Es ist jetzt 22:30 Uhr und ich bin müde nach einem anstrengenden Tag und 5 Pils möchte ich jetzt nur noch ins Bett.
Martin habe ich schon entlassen, den brauche ich nicht, um ins Bett zu kommen und wenn ich wirklich noch jemanden brauche, dann sind ja die anderen auch noch da. Papa hat mich bis ins Wohnzimmer geschoben und da steh ich nun. Er geht an die Bar und nimmt sich noch einen Drink. Er mag gerne Whisky, schottischen Single Malt, da hat er verschiedene Flaschen im Schrank.
Es kommt aber selten vor, das er davon trinkt. „Ich muss jetzt doch noch einen Whisky trinken“, sagt er, „der Fisch im Bauch der spricht mit mir.“ Im Glas schimmert eine dunkel bernsteinfarbige Flüssigkeit, ungefähr zwei Fingerbreit hoch und er hält die Nase über das Glas und schnuppert.
„Das ist ein Lagavulin, der ist 16 Jahre alt und das Getreidemalz ist über Torffeuer geräuchert“, erklärt er und hält mir das Glas hin zum riechen. Mama kommt rein, sie hat Natascha noch hoch begleitet und ihr eine gute Nacht gewünscht. „Das war ein richtig schöner gemütlicher Familienabend und auch das Essen hat sehr gut geschmeckt“, sagt sie und lässt sich auf einem der Ledersessel nieder.
„Ja“, stimmt Papa zu, „ das hat mir auch gefallen, so ohne die ganze Etikette einfach mal nur ein ganz normaler Bürger sein, nicht ständig irgendwelche Bekannten begrüßen zu müssen und noch gut und schmackhaft essen, Pils statt Rotwein oder Champagner, eine gute Wahl, mein Sohn“.
„Der Wahrheit halber muss ich gestehen, dass Martin mir den Tipp gegeben hat. Eigentlich hat er die „Seute Deern“ als erstes genannt, das ist ein Restaurant auf einem Großsegler draußen im Museumshafen“, sag ich, „aber das geht halt mit dem Rolli nicht so gut. Das haben wir für die Zeit geplant, wenn ich mit den Prothesen laufen kann“.
Mama sagt: „ Also ich finde, einen solchen Abend sollten wir uns einmal im Monat gönnen, so abseits jeder Verpflichtung, unter netten Unbekannten mit kulinarischem aus gut bürgerlicher Küche und Pils statt Sekt. Was meint ihr dazu?“ Papa nickt und auch mir gefällt das.
Jetzt fallen mir aber bald die Augen zu und nachdem ich den Beiden eine gute Nacht gewünscht habe, rolle ich Richtung Lift. Nix wie ab ins Bett. Oben angekommen, ziehe ich mich auf dem Bett aus, die Kleider hänge ich einfach auf den Rolli und krieche unter meine dünne Sommerdecke.
Vielleicht kommt ja mein blonder Schatz im Traum noch mal zu mir, denke ich und bin kurz drauf eingeschlafen.
Bei Armin
Die letzten sind aufgebrochen, nur Denise, Armin und ich sind noch da. Ich habe schon ein bisschen an der Bar aufgeräumt. Armin, den Arm um Denises Hüfte gelegt, sieht sehr zufrieden aus. Für mich wird es Zeit, jetzt auf zu brechen und das sag ich dann auch.
Wir verabreden uns für Nachmittags um 17:00 Uhr, um die Reste zu essen und aufzuräumen. Draußen setze ich meinen Helm auf, schwing mich auf mein Rad und mach mich auf den Heimweg. Es sind kaum Autos unterwegs und ich komme gut voran, die Nacht ist klar und es ist gar nicht kalt.
Zu Hause angekommen, stell ich das Fahrrad hinterm Haus ab und sperr es ab. Hier ist zwar noch nie was geklaut worden, aber sicher ist sicher. Leise sperr ich die Haustür auf und gehe leise in mein Zimmer. Schnell zieh ich mich aus, zieh meine Schlafshorts an und leg mich ins Bett.
Eigentlich bin ich gar nicht richtig müde, aber trotzdem ganz schön geschafft. Dass Armin und Denise jetzt richtig zusammen sind, freut mich für Beide, aber es lässt auch ein gewisses Gefühl des Alleinseins aufkommen. Ich möchte auch gerne jemanden haben, den ich Knuddeln kann und der mich knuddelt, der mich küsst und der mich liebt und den ich liebe.
Ich versuche, diese Gedanken beiseite zu schieben, denke mit Gewalt an die nächsten Klausuren, versuche mich abzulenken und doch kommt immer wieder das Bewusstsein hoch, nicht einsam aber allein zu sein. Irgendwann siegt doch die Müdigkeit und ich falle in einen unruhigen Schlaf.