Eine kleine Weihnachtsgeschichte

Steve lief über den Spandauer Weihnachtsmarkt, nun war es binnen der letzten zwei Wochen wirklich Schweinekalt geworden und zum genießen und schauen, wollte er mal wieder über seinen Lieblingsweihnachtsmarkt spazieren, Glühwein und Feuerzangenbowle trinken, Maronen und andere Leckereien essen und sich den reichen Weihnachtsmarkttypischen Düften hingeben.

Mit seinen achtzehn Jahren und etwa 1,85 m bei 75 Kilo war Steve gerade richtig gebaut. Da er viel schwamm und auch sonst noch Sport trieb, war sein Körper recht athletisch und eigentlich ganz nett anzusehen. Abgerundet wurde dieses Bild durch die stechensten und intensivsten grünen Augen die man sich vorstellen konnte und eigentlich pechschwarzes Haar, eigentlich weil in dieses Haar ein starker Schimmer dunkelblau durchschien, den er sich hatte reinfärben lassen und der ihn sehr gefiel. Er hatte dies einmal bei einem Popstar gesehen und wollte es probieren. Alles in allem war er keine auffällige Person, was durch seine schüchterne Ader noch gestützt wurde, aber trotz allem war er ein nett anzusehender Typ der Gattung Mann.

Er sah auf dem Weihnachtsmarkt so viele glückliche Pärchen und er war etwas traurig. Leider musste er allein über den Weihnachtsmarkt wandern. Seit gut drei Monaten war er wieder allein. Erschreckend und schockierend war die Situation als er Jan, seinen Ex-Freund, vor besagter Zeit das letzte mal gesehen hatte. Sie waren gut ein dreiviertel Jahr zusammen und geendet hat es im Schlafzimmer von Jans Wohnung, wo er ihn mit diesem Möchtegernschönling aus dem Haus B (Für Nichtberliner, eine Schwulendisco), im Bett erwischt hat.

Bestimmt 20 Minuten hatte er dem wilden Spiel der nackten Körper zugesehen, weniger aus Faszination als viel mehr Sprachlosigkeit und Entsetzen, darüber was er da sah. Als er dann endlich seine Sprache wieder gefunden hatte, brachte er lediglich zwei Worte heraus:

„Machts Spaß?“

Nun war Jan daran geschockt zu schauen und als er die Situation endlich richtig eingeschätzt hatte, sprang er aus dem Bett und versuchte Steve aufzuhalten und zu erklären, doch Steve lies ihn nicht, er schnappte sich seine Sachen, all seine Sachen, und war weg. Im Nachhinein war Steve froh nicht auf Jans Wunsch des Zusammenziehens, eingegangen zu sein, die Situation unter den Bedingungen wäre sicherlich um einiges komplizierter gewesen (wie man sich denken konnte).

Jan war, wie bereits erwähnt, Steves erster Freund und das war es auch was er wollte, keine One-Night-Stands, keine wilden Orgien oder sonstige Eskapaden, er wollte einen Partner, einen Liebhaber und Vertrauten der ihn verstand und sein Leben mit ihm teilte, doch leider stand er mit dieser Ansicht etwa mit 75 % aller Berliner Schwulen auf Kriegsfuß zumindest so wie er das bisher erlebt hat.

Alles auf diesem Markt erinnerte ihn an schmerzliche Sachen, glückliche Pärchen oder zufriedene Eltern mit ihren Kindern belagerten den Markt, die Buden und die Attraktionen wie das Riesenrad oder die große Rutsche. In diesem Moment fühlte er sich wirklich allein, einerseits war er wieder Single und andererseits hatte er keine Eltern mehr.

Steves Eltern waren vergangenes Jahr bei einem Autounfall ums Leben gekommen und seitdem schlug er sich mehr oder weniger allein durchs Leben, gut hierbei war das seine Eltern ihm ein recht anmutendes Vermögen hinterließen, was dazu führte das er ohne Ansprüche auf Leistungen an den knauserigen Staat zu erheben, gut leben konnte. Eine nette kleine Wohnung war im übrigen auch im Erbe enthalten gewesen, die wollten ihn seine Eltern wohl zum Geburtstag schenken, zumindest stand das in der bereits vorbereiteten Geburtstagskarte die er auf dem Couchtisch in besagter Wohnung fand.

Nun was war noch anzumerken?

Ach ja, Steve ist seit nun diesem Wintersemester Student der Sozialwissenschaften und er mochte es, auch wenn’s anstrengend war.

Nun aber zurück zum hier und heute, er spazierte also über den Weihnachtsmarkt, sah das eine oder andere hübsche Gesicht, aber Hoffnung das hier jemand schwul war und gerad ihn bemerkte war für ihn doch recht vergebens. Als er an einem der vielen Stände für Süßwaren vorbeikam, viel ihm ein, das Melissa seine beste Freundin am nächsten Tag mit einem Bekannten von ihr vorbeikommen wollte und da wollte er unbedingt ein paar Köstlichkeiten im Haus haben, also kaufte er 1 Kg gebrannte Mandeln, außerdem seine geliebten mit Schokolade überzogenen Weintrauben, Zuckerwatte in der Tüte, Lebkuchen sowie Stollen, da er keine Lust verspürte selbst noch zu backen.

Außerdem kaufte er von einem der anderen Stände diverse Teesorten und für den Fall einen Kaffeetrinker bewirten zu müssen, eine weihnachtlich angehauchte Kaffeemischung. Spätestens jetzt wird der geneigte Leser feststellen, unser Protagonist ist ein absolut weihnachtsverrückter Typ, getrübt wird es dieses Jahr nur durch seine nicht vorhandenen Eltern, da er sonst immer, wie es sich gehörte für eine Familie, bei ihnen feierte.

Nach 3 Stunden auf dem Weihnachtsmarkt, wurde Steve langsam müde und machte sich auf den Weg nach hause, wo er auch eine halbe Stunde später eintraf. Eine nette Charlottenburger 2-Zimmer-Wohnung. Er verstaute seine Errungenschaften und machte es sich auf der Couch bequem, klappte den Laptop auf und während dieser zu arbeiten begann fiel ihm etwas ein, etwas was ihm jetzt erst bewusst wurde.

Beim verlassen des Weihnachtsmarktes war er an einem Mann vorbeigekommen, etwa sein alter, eigentlich genau das andere Element zu seinen Augen, nämlich leuchtend Blaue, eine süße Stupsnase und ein Lächeln was weitaus mehr als bezaubernd war, über diesen Gedanken ist er dann letztendlich schon eingeschlafen. Die Müdigkeit übermannte ihn einfach und er fiel in einen verwirrenden Traum, in dem ihn die blauen Augen und das schöne Lächeln des niedlichen Unbekannten verfolgten.

Gegen 3 Uhr am Morgen wachte er schließlich auf und schaute auf seinen Laptopmonitor, da leuchtete das MSN-Signal was bedeutete das er eine Nachricht hatte und wie konnte es anders sein von Melisse. Er öffnete das Fenster und begann zu lesen:

Hi Schätzchen,

nein keine Angst, ich will nicht absagen (hatte sie tatsächlich in letzter zeit oft getan)
im Gegenteil, ich wollte Fragen ob Timmy und ich eine
Stunde früher kommen können, da ich vergessen hab das morgen schon der
22.12. ist hab ich auch vergessen das ich da doch schon am Abend nach hause fahre. Wegen packen und so ist etwas Vorlaufzeit vielleicht nicht schlecht, oder was sagst du? Wie siehts eigentlich aus, kommst du mit? Du weißt meine Eltern würden sich sehr darüber freuen, warst ja lang nicht mehr mit.
Na gut, ich muss auch noch mal los, mir fehlen noch 3 Weihnachtsgeschenke, ich wunder mich immer wieder wie du das machst. Schick mir ne SMS.

Bis denne kiss Melissa

Für Steve stellte das kein ersichtliches Problem dar und er überlegte, als er den Laptop zuklappte und sich auf den Weg ins bett machte, ob er mitfahren sollte. Allein Weihnachten verbringen, war wie bereits erwähnt noch nie etwas für ihn gewesen. Er schaute auf die Uhr und tippte die Antwort in sein Handy ein und klickte auf Senden:

1 Stunde früher ist ok
wegen mitkommen reden
wir dann. Wer ist nun eig.
Timmy?

Das war nun wirklich etwas was ihn interessierte. Seit dem mit Jan schluß war, war Steve sehr einsam und würde sich gern wieder verliebt und in festen Händen wissen, aber ob er sich verkuppeln lassen wollte?

Über diesen Überlegungen schlief er wieder ein, was keine besonders gute Idee gewesen war, da er sich keinen Wecker oder dergleichen gestellt hatte also, was war es was ihn weckte?

Richtig, die Türklingel.

Ein kurzer Blick auf den Radiowecker verriet ihn das er sehr lange geschlafen hatte, es war bereits 13 Uhr, exakt eine Stunde früher als vereinbart. Leise fluchend sprang er aus dem Bett und ging an die Sprechanlange:

„Ja?“

„Hallo Schätzchen, wir sinds!“

„Kommt rauf, hab verschlafen!“

„Okay…“ und wie sollte es anders sein, sie kicherte, war ja klar, Schadenfroh wie eh und je.

Steve drückte den Summer und lehnte die Tür an, dann schnappte er sich die glücklicherweise bereitliegenden Klamotten und verschwand ins bad. Er hörte von draußen wie die Tür geschlossen wurde und ein fröhliches aber vor allem lautes Hallo zu hören war.

Steve sprang schnell durch die Dusche, mit rasieren brauchte er sich nicht aufhalten, er richtete die Haare, putzte sich seine Zähne und zog sich an. Ja, so konnte er sich sehen lassen. Dann ging er nach draußen, wo er im Wohnzimmer sehnsüchtig erwartet wurde. Melissa sprang ihm entgegen und verpasste ihm den obligatorischen rechts-links-kuss und wollte ihm Timmy vorstellen, den er noch gar nicht bemerkt hatte, da dieser sich seine DVD Sammlung anschaute.

Als Timmy sich umdrehte, traf Steve der Schlag, strahlend blaue Augen, blonde haare (wohl bemerkt natürliches blond), süße Stupsnase und ein traumhaftes lächeln, Timmy war gestern auch auf dem Weihnachtsmarkt gewesen und er war es der Steve nicht mehr aus dem Kopf ging.

Grinsend ergriff Melissa das Wort.
„Steve, darf ich dir meinen guten Bekannten, Timothy vorstellen?“

„Wenn der Timothy so ein guter Bekannter ist, wieso kenne ich, als dein bester Freund, ihn dann nicht?“

Schoss es leicht ärgerlich von Steve zurück, Melissa wurde Rot und murmelte irgendetwas Unverständliches in ihren nicht vorhandenen Bart, derweilen trat Steve zu Timothy heran und reichte ihm die Hand.

„Hallo Timothy, ich bin wie du dir denken kannst, der Steve!“

„Hallo Steve, bitte nenn mich Tim das Timothy mag ich nicht so da fühl ich mich so alt und das bin ich weis Gott noch nicht!“

Sie lächelten sich an und Melissa hörte nicht mehr auf zu Grinsen. Nun musste sie mal schauen ob ihr großer Trumpf tatsächlich so ein großer Trumpf war, sie wollte Steve nämlich aufgrund von Ablenkung von der fehlenden Familie, unbedingt mit zu sich nehmen.

„Steve, hast du es dir noch mal überlegt ob du mitkommen möchtest?“

Steve versank in diesen Traumhaften blauen Augen und hörte Melissa kaum bis gar nicht. Diese wiederholte ihre Frage etwas lauter und dann regte sich auch etwas bei Steve.

„Äh….wie?…was? Ach so, ja hab ich!“

Tim schaute ihn an und als Melissa zu einer Antwort ansetzen wollte, fing er noch vor ihr an zu sprechen.

„Und, kommst du mit uns mit?“

Nun ratterte es in Steves Kopf, hatte er das richtig verstanden? Kam Tim mit? Also wenn das so war viel Steve die Überlegung nicht sonderlich schwer, aber lieber auf Nummer sicher gehen.

„Du fährst auch mit?“

„Japp, Hohenzieritz ist meine Heimatstadt!“

Nur zur Erklärung, Hohenzieritz, gibt es wirklich, es liegt in Mecklenburg-Vorpommern, nahe gelegen an einem See, der Tollensesee genannt wird und zu den Zahlreichen Seen, der Mecklenburgischen Seenplatte gehört. Ich möchte jetzt nicht näher darauf eingehen aber kurz gesagt, es ist eines der unzähligen Mecklenburgischen Dörfer.
Steve war etwas verwirrt.

„Und wieso kenne ich dich dann nicht?“

„Du kommst auch aus Hohenzieritz?“

„Ursprünglich ja, bin dort zur Schule gegangen. Vor zwei Jahren sind wir dann nach Berlin gezogen.“

„Merkwürdig, na ja auch nicht wirklich, ich war früher sehr viel krank und deswegen gar nicht in der Schule, meine Eltern haben mir dann einen Hauslehrer besorgt damit die Defizite nicht zu hoch werden.“

„Du bist nicht zufällig Timothy Berger?“

Da kam eine kleine Erinnerung in Steve auf, ganz hinten hatte sie sich in seinem Gehirn festgesetzt und sie lag auch einige Zeit zurück. Einige Zeit zumindest für einen 18 Jährigen!!!

Timothy Berger, war eigentlich in seiner Klasse, aber wegen langer Krankheit hatte er ihn nie zu Gesicht bekommen. Für ihn war das schlimmste immer das Unverständnis der Lehrer, die nicht so recht glauben wollten, dass Tim wirklich krank war. Er war dann immer als Klassensprecher für Tim in die Bresche gesprungen und hat die Lehrer korrigieren müssen die dann die eine oder andere negative Äußerung über ihn und dessen Abwesenheit gemacht hatten.

„Ja, woher kennst du meinen Nachnamen, den hat dir doch Melissa nicht verraten oder?“

„Nein, nein, ganz einfach, eigentlich waren wir Klassenkameraden, du warst nur nie da, weil du krank warst… by the way…darf man Fragen, was du hattest?“

Mittlerweile haben sich die beiden hingesetzt und wurden interessiert von Melissa gemustert. Dies erinnerte Steve jedoch an seine Gastgeber pflichten und statt auf eine Antwort zu warten, erhob er sich wieder.

„Oh, sorry, wo hab ich nur meinen Kopf, wir haben es ja eigentlich Mittagszeit, ich hab aber nichts gekocht oder so wollen wir was bestellen?“

„Ja, gute Idee und was meinst du Tim?“

„Find ich auch und ähm vielleicht was zu trinken?“

„Klaro, wie wäre es mit Tee und während ich den ansetze, könnt ihr auswählen wo wir bestellen!“

Mit diesen Worten verließ Steve kurz das Wohnzimmer um darauf mit einer Handvoll Prospekte von diversen Restaurants wieder zukehren.

„So wählt mal, mir ist es egal, Hauptsache Futter!“

Grinste Steve und ging in die Küche, dort bereitete er eine Schüssel mit gebrannten Mandeln und einen Teller mit den schokolierten Trauben und dann setzte er Wasser für den Tee an, bereitete die Mischung und die Kanne vor und als das Wasser kurz vor dem kochen war, nahm er es vom Herd und goss den Tee auf.

„Wir haben uns für den Mexikaner entschieden… mmmmhhh… das riecht wirklich gut.“

Steve drehte sich erschrocken um, Gott sei dank hatte er den Teekessel schon abgestellt. Tim stand da und roch mit geschlossenen Augen, er sog den ganzen Duft durch die Nase ein.

„Hehe, ja das ist eine Mischung die ich auf dem Weihnachtsmarkt, gestern, gekauft hab.“
„Wusste ich es doch“, flüsterte Tim. „Du warst das also doch gestern. Ich war mir nicht sicher, deswegen hab ich nichts gesagt. Du bist gerade gegangen als ich gekommen bin, oder?“

„Ja, also ich wusste sofort das du es warst!“

Steve sagte es recht leise, nahm das vorbereitete Tablett auf und ging in Richtung Wohnzimmer, als Tim noch etwas sagte, hielt er inne.

„Ich würde dich gern besser kennen lernen, Steve…!“

Steve drehte sich um und lächelte.

„Sehr gerne…“

Sie gingen schweigend ins Wohnzimmer, dann wechselte Steve direkt das Thema…

„Mexikanisch also, Melissa, habt ihr euch denn auch schon ausgesucht, was ihr haben wollt?“

„Ja, wir wollen die 68 also beide, das sind Boritos mit Hähnchenbrustfiletfüllung, Salat und Dips.“

„Oh, das klingt echt lecker, das nehme ich auch!“

Also rief Steve beim Mexikaner an und bestellte, besagtes drei mal. Dann machte er etwas Musik an und wie sollte es anders sein: Kuschelrock Christmas!

Dann goss er den Tee für alle ein und setzte sich, bewusst unbewusst zu Tim auf die Couch, der Junge hatte es ihm angetan, nun ja es würde sich zeigen was da noch werden wird.

„Ist in Ordnung ich komme nachher mit, ich habe sowieso nichts vor, zumindest nichts Wichtiges also, ähm ich lass euch mal eben einen Moment allein und pack ein paar Sachen zusammen dann ist das schon einmal erledigt.“

Steve verließ das Wohnzimmer, ging ins Schlafzimmer, schnappte sich eine Reisetasche und packte sie mit ein paar Sachen voll inklusive dem Weihnachtsgeschenk für Melissa, ein paar sehr schöne Ohrringe die Melissa schon seit einiger Zeit haben wollte und beschloss bevor sie losfahren, noch eben zwei Weihnachtsgeschenke für Melissas Eltern na ja und vielleicht eins für Tim, zu besorgen.

Als er seine Tasche fertig gepackt hatte und im Flur abstellte, klingelte es gerade. Er schnappte sich sein Geldbeutel und machte die Tür auf, als er auch die Haustür öffnete wartete bereits der Lieferboy mit dem Essen, er bezahlte und holte Besteck und Teller aus der Küche und ging voll beladen ins Wohnzimmer, dort angekommen, lud er alles ab und sie machten sich ans Essen.

Um halb Sieben Uhr abends haben sie sich auf dem Hauptbahnhof, vor McDonalds verabredet und die Zeit bis dahin wollte Steve noch nutzen, bereits besagte Geschenke zu erstehen. Für Melissas Mutter, einer unwahrscheinlich lieben Frau kaufte er ein Buch, genannt die Scheidungsdiät, oh nein nicht das sie solche Gedanken gegenüber ihren Mann hegte sondern es ist der Humor in solchen Büchern, der ihr sehr gefiel, außerdem gab es auch noch eine Flasche kräftigen Rotwein.
Für Melissas Vater kaufte er eine Flasche guten Scotch, der laut Empfehlung des Händlers sehr Schmeichelhaft für Gaumen und Nase sein soll. Und um auch sein Hobby zu befriedigen, so lächerlich es auch klingt, einen ICE-Zug für dessen Modelleisenbahn.

Nachdem er die Geschenke für Melissas Eltern gekauft hatte, überlegte er bei einer Tasse Cappuccino was er denn für Timmy kaufen sollte… er schaute auf die Uhr, eine Stunde sollte er noch Zeit haben bevor er sich auf den Weg zum Hauptbahnhof machen sollte, also genug zeit. Steve lehnte sich zurück und dachte nach, verfiel leicht ins Träumen und wovon er Träumte war ja eigentlich klar, zwei schöne blaue Augen.

Nachdem er seinen Cappuccino ausgetrunken hat, schlenderte er durch das Einkaufszentrum und sah dabei ein wirklich nettes Geschenk, süß aber nicht kitschig, Steve war felsenfest der Meinung das würde Timmy gefallen, also kaufte er es und ging noch eben an einem Laden für Verpackungen vorbei um seine Errungenschaften weihnachtlich verpacken zu lassen. Nachdem auch das erledigt war, machte er sich auf den Weg zum Hauptbahnhof schließlich wollte er seinen Zug nicht verpassen. Obwohl dafür noch massig Zeit war konnte man bei Berlin im Winter nie so recht wissen, aber auch das war kein Problem und so stand er als erstes vor McDonalds. Er verspürte Lust sich einen Milchshake zu holen und als er den hatte und wieder vor McDonalds stand kamen die beiden anderen auch gerade lang gelaufen und sie begrüßten sich schnell und gingen zum Fahrkartenschalter und kurz darauf standen sie auch schon auf dem Bahnsteig und der Zug rollte ein, eigentlich ging alles ziemlich glatte wenn man bedachte das es sich um die Deutsche Bahn handelte.

Die Zugfahrt war angenehm und sie hatten ein Abteil für sich ganz allein, Melissa schlief schnell ein, anscheinend hatte sie keinen Schlaf bekommen vergangene Nacht. Steve unterhielt sich mit Timmy und holte sich über diese Unterhaltung eine Menge Informationen über Timmy unter anderem auch das Timmy seit ein paar Monaten endgültig weis das er schwul ist, nur gab es da ein Problem, seine Freundin mit der er in Hohenzieritz noch zusammen war, sie waren zwar getrennt aber er wollte allen reinen wein einschenken auch seiner Ex. Nun die Nachricht das Timmy nun definitiv auch schwul war, war doch schon mal etwas Angenehmes und das mit seiner Ex würden sie auch gebacken kriegen, also bestand in der Hinsicht schon mal kein Problem.

Sie unterhielten sich über Gott und die Welt, auch über Steve und das er solo ist und sich einsam fühlt.

„Ich kann gar nicht verstehen, dass du Solo bist, ganz ehrlich! Du bist doch ein toller Typ, siehst gut aus und bist lustig und nett, wieso bist gerade du allein?“

„Du, das kann ich dir auch nicht sagen, vielleicht weil ich nicht das Partyschwein par Exellence bin oder was weis ich, ich möchte ja auch einfach nur einen lieben Typen mit dem ich mein Leben teilen kann und auch ein wenig spaß habe, ich mein das kann doch so nicht zu viel verlangt sein. Ach und bitte, treu müsste er sein, noch mal so was wie mit meinem Ex und ich stürz mich vonner Brücke!“

Dies sagte er mit einem Lächeln auf den Lippen, das Timmy nicht so sehr erschrak, dann erzählte Steve wie das alles mit Jan war und wie es endete und dann stimmte Timmy ihn auch vorbehaltlos zu.

Steve und Timmy war irgendwie bewusst das sie sich über die maßen hinaus mochten, nur weder sich noch ihrem gegenüber wollten sie dies in diesem Rahmen eingestehen, sonst würden sie vermutlich schon kuschelnd und knutschend im Abteil sitzen. Aber zurück zur Geschichte.

Timmy hatte seinerseits ebenfalls negativ Bekanntschaft mit einem untreuen Partner gemacht und wollte so was für sich ebenfalls ausschließen, es war zwar schwer jemanden zu finden wo man weis der betrügt einen nicht, aber die suche lohnt sich. Streiten gehört zum Leben aber wenn man sich streitet und weis das man trotz allem geliebt wird, ist das eine ganz andere Kiste.

So saßen sie eine Weile im Abteil, lange sollten sie nicht unterwegs sein, anderthalb Stunden nach Neu Strelitz und da wurden sie von Melissas Vater abgeholt. Wie gesagt Hohenzieritz ist ein Dorf, ohne Anbindung an das Öffentliche Personennahverkehrsnetz geschweige denn Fernverkehr.

Sie waren gerade eine dreiviertel Stunde unterwegs, da machten sie sich auf den Weg um noch einen Drink im ICE-Restaurant zu nehmen und anschließend war auch schon ausstieg angesagt. Sie waren bereits in Neu Strelitz angekommen. Melissa freute sich, Steve war bedrückt und wohl niemand war in der Lage zu deuten wie es Tim bei der Ankunft ging, tatsächlich aber plagte ihn die unsägliche Nervosität. Für Tim war das Jahr Null, das Outing, die vollkommene Offenlegung seiner sexuellen Identität und (was am Beklemmensten war) das abschießen seiner eigentlich schon lange Ex-Freundin. Zumindest lange für ihn, aber ob sie es wohl verstanden hatte…fraglich.

Nachdem sie dann auch endlich Hohenzieritz erreichten, luden sie Tim an seinem Haus aus und fuhren weiter, nicht ohne sich für den Morgen zu verabreden. Schließlich war es schon langsam Nacht und irgendwann muss man nun einmal auch schlafen.

Kaum waren sie bei Melissa angekommen das sie auch schon in den Betten verschwanden, Melissa und Steve waren beide Todmüde und genossen den Schlaf der Gerechten.

Währenddessen stand Tim immer noch vor dem Haus seiner Eltern, er hatte Angst davor was kommen konnte und er wollte diese Angst eigentlich nicht an sich lassen. Leider übermannte sie ihn trotzdem. Er ging langsam Schritt für Schritt auf das Haus zu, seine Eltern erwarteten ihn zwar, schliefen aber schon da er sich für in der Nacht ankündigte und darauf bestand das sie nicht auf ihn warteten. Als Tim es endlich geschafft hat ins Haus und ins Bett zu kommen war es bereits gegen 2 Uhr und er schaffte es irgendwann in einen tiefen, Traumlosen Schlaf zu fallen. Dieser war zwar nur von kurzer Dauer denn er wurde vom versuchten leise sein seiner Eltern geweckt und stand auch direkt auf um ins Bad zu gehen und sich Tageslichttauglich zu machen. Als er nach unten ging, sein altes Zimmer lag im ersten Stock des Einfamilienhauses, fand er einen reich gedeckten Frühstückstisch vor mit all den Köstlichkeiten die seine Mutter früher auch für ihn gemacht hatte. Als er in die Küche kam begrüßten seine Mutter und sein Vater ihn nach einander herzlich und somit setzten sie sich an den Tisch um gemeinsam zu Frühstücken, das erste Frühstück seit langer Zeit was sie zusammen begingen. Meist war Tim nie lange geblieben und nur selten über Nacht, besonderes seine Mutter wusste das etwas, ein Konflikt, in ihrem Sohn am toben war. Genau wusste sie nicht um welche Art von Konflikt es geht aber sie wusste das es in die Richtung von Stefanie ging, seine Exfreundin mit der er nie wirklich Schluss gemacht hatte. Mütter haben ja immer einen gewissen Instinkt was solche Sachen und ihre Söhne angeht, nur wusste Tims Mutter nur die Hälfte dessen was da auf sie zukommen mag. Aber eins wusste sie definitiv, Tim hatte Angst davor mit ihnen zu sprechen und das bedeutet für gewöhnlich nicht das es sich um etwas Gutes handelte, oder etwas wo er dachte sie würden nicht vernünftig reagieren. Eigentlich pflegten sie einen herzlichen und offenen Umgang und sie würden auch diese Sache meistern, die Frage war nur: Wie?

Tims Vater stand bald darauf auf und machte sich auf den Weg zur Arbeit, es war zwar der 23. Dezember aber auch dieser Tag ist, für gewöhnlich, ein Arbeitstag. Er wünschte den beiden Daheim gebliebenen einen schönen Tag und schon fiel die Tür ins Schloss. Tims Mutter wollte wissen was los war also machte sie Nägel mit Köpfen:

„Junge, ich merk das dich was bedrückt, sag mir was los ist!“

„Mama, das ist nicht so leicht….“

„Das hat etwas mit Stefanie zu tun oder?“

„Na ja, direkt indirekt würde ich sagen.“

„Okay… und in welcher Hinsicht direkt und in welcher indirekt?“

„Also direkt, weil es der Grund ist warum ich von ihr weg bin und indirekt weil ich na ja noch mit ihr sprechen will um es ihr zu sagen!“

„In Ordnung so weit komm ich mit, magst du mir denn sagen was los ist?“

„Ja, schon….“

Tim schaute betreten zu Boden, er wünschte sich nun so sehr Steve her, wie er souverän mit Situationen umgehen konnte, war wirklich beneidenswert. Tim wünschte sich dieses Geschick, alles was er nun tun konnte war direkt und ehrlich zu sein.

„Ja also Mum das ist so, ich hab keine Freundin mehr nach Stefanie gehabt…“

„Das versteh ich aber nicht, du siehst doch gut aus junge und bist schwer in Ordnung wenn ich das mal so sagen darf, als Mutter.“

„…. ja nur geht es nicht darum, also ich hatte schon Partner, aber keine weiblichen…ich bin schwul.“

Sie schwieg, er hatte damit gerechnet, dass sie ihn beschimpfen würde aber nichts dergleichen kam, sie holte sich einen neuen Kaffee und goss ihn auch einen ein. Sie bedeutet ihn sich hinzusetzen und nach noch mal etwa fünf Minuten eisigem schweigen, begann sie zu sprechen.

„Ich habe mir schon gedacht, dass dich irgendwas belastet. Ich versteh nur nicht ganz wieso du dich auf Stefanie eingelassen hast wenn du doch wusstest das du schwul bist!“

„Na ja, als ich mich auf sie eingelassen hab, wusste ich es noch nicht oder ich war mir nicht sicher, ach ich weis nicht aber jedenfalls. Ich weis es jetzt und deswegen möchte ich auch reinen Tisch machen, mit dir Paps und auch mit Stefanie.“

Seine Mum atmete auf und lächelte und erst in diesem Moment wusste er das er sich keine Sorgen zu machen braucht. Sie redeten noch den ganzen Morgen, Katherin, so hieß seine Mutter, wollte noch einiges wissen übers Schwulsein und über Tims leben in der Stadt. Natürlich wollte sie auch wissen ob er denn derzeit einen Freund hatte, er meinte nur, dass er da jemanden in Aussicht hat und lächelte. Ebenfalls am Morgen so gegen zehn Uhr erwachte auch Steve aus seinem Komaartigen Schlaf, er setzte sich auf und sein erster Gedanke wanderte Richtung Tim. Unbewusst aber dennoch gegenwärtig ließ er seine Gedanken, Sehnsüchte und Vorstellungen rund um diesen attraktiven Typen kreisen. Er hatte dieses bewusste Kribbeln im Bauch. Er kannte es, hatte es aber erst einmal zuvor aber dennoch schwächer bereits spüren dürfen. Diesmal war es aber intensiv und absolut und er wollte in Tims Armen liegen. Er hatte sich in Tim Hals über Kopf verliebt, ein Unding das Melissas offensichtlicher „Geheimer“ Kuppelversuch doch tatsächlich zumindest von seiner Seite aus als gelungen rausstellen sollte.

Steve stand auf, ging ins Bad und wusch sich gründlich und verrichtete die anderen Kleinigkeiten die man an dieser Stelle so tat. Frisch und Munter kam er dann an den Frühstückstisch, er wurde herzlich begrüßt und sie frühstückten gemeinsam und unterhielten sich über dies und das, nur Steve hielt sich eher zurück, seine Gedanken ließen einfach nicht von Tim ab. Er freute sich sehr, dass er ihn bald wieder sehen konnte.

Melissa rief bei Tim an und sie verabredeten sich für zwölf Uhr vor der Kirche, sie lieh sich den Wagen und sie wollte etwas nach Neustrelitz um ein wenig über den Weihnachtsmarkt zu schlendern und die vor weihnachtliche Zeit zu genießen die ja nun langsam zur neige ging. Sie hatte vor sich etwas zurückzuziehen und die beiden Turteltäubchen etwas Raum zu lassen.

Pünktlich um zwölf standen fuhr Melissa vor der Kirche vor, Tim stand dort, mit einem Mädchen, Stefanie, seine Ex-Freundin und sie stritten sich offenbar. Als sie ausstiegen hörten sie direkt das Gekeife von ihr: „Wer hat dir den Gott verdammten Floh ins Ohr gesetzt, du seihst schwul? Ich dachte wir sind zusammen? Was soll der Scheiß? Du bist keine dieser unnatürlichen Schwanzlutscher!“

Tim war seelisch am Boden, er würde ihr gerne sagen das er glücklich ist wie er ist und nicht wie sie findet wie er sein sollte.

„Bitte hör auf so zu schreien, ich bin doch nur schwul, das ist nichts Unnatürliches. Ich liebe eben einen Mann. Ja es stimmt schon, wir waren zusammen, aber als ich nach Berlin zog… ich meine wir haben uns so gut wie gar nicht mehr gesehen und ich entdeckte wie mich Männer anziehen und auch das ich glücklicher mit einem Mann bin.“

Es war schwer für Tim, die Worte raus zulassen, er schluchzte und stand kurz vor einem schweren Weinkrampf.

„Das denkst du bloß, die haben dich einer Gehirnwäsche unterzogen oder so, wer ist es?, sags mir, den nehme ich mir zur Brust!“

Steve schritt ein: „Hörst du endlich auf hier so ekelhaft schrill durch die Gegend zu schreien und behalt deine Mittelalterlichen Ansichten für dich du hast gehört was er gesagt hat!“

Stefanie fühlte sich vor den Kopf gestoßen, Steve ein eigentlich durch und durch, in Ihren Augen, Heterosexueller „Normaler“ Typ, stand für eine Schwuchtel ein? Das geht doch nicht!

„Was soll das denn? Wieso verteidigst du ihn?“

„Halt deinen Mund und lass Tim in ruhe, er ist vollkommen in Ordnung so wie er ist.“

„Bist du etwa auch so ein Schwanzlutscher geworden?“

„Geworden? Wer sagt denn das ich jemals Hetero war?“

Stefanie lief rot an, bemerkte aber doch die Blicke die Tim, Steve zuwarf.

„Er ist es oder Tim?“

„Ja, er ist es und jetzt lass mich bitte in frieden. Melissa, Steve…bitte lasst uns gehen.“

„Wirst schon sehen was du davon hast… Ihr werdet beide in der Hölle landen.“

Mit dieser Bemerkung, drehte sie sich um und eilte schnellen Schrittes davon. Tim zitterte, auf so eine schwere Konfrontation hatte er sich nicht eingestellt gehabt, Steve ging zu ihm und nahm Tim in den Arm, dann führte er ihn zum Auto und setzte sich mit ihm auf die Rückbank.

„Sollen wir zu dir oder zu Melissa, oder möchtest du immer noch nach Neustrelitz?“

Tim schaute Steve an und er spürte den Funken wie er übersprang auf ihn. So hatte er sich das vorgestellt, jemand der wirklich danach fragte was er wollte, nicht nur an sich dachte.

„Lass uns trotzdem nach Neustrelitz fahren, ich möcht jetzt nicht endlos zu Hause rum sitzen.“

Tim kuschelte sich an Steve an und dieser streichelte ihm über den Rücken hoch und kraulte ihm dann den Nacken, Tim genoss das sehr und machte die Augen zu, Melissa steuerte das Auto, zielsicher Richtung Neustrelitz. War dann aber doch neugierig.

„Mal von dem Debakel mit der eitlen Zicke abgesehen, hast du schon mit deinen Eltern gesprochen?“

Tim öffnete die Augen nicht sondern antwortet direkt und ohne sich zu rühren.

„Japp, mit meiner Mum und meine Mum spricht mit Dad, sie hat es schon vermutet und war froh das ich es ihr gesagt hab und sie meinte Dad wird kein Problem sein, sie hat offen mit ihm über ihren verdacht gesprochen und sie waren sich wohl einig das es nichts schlimmes ist.“

„Das freut mich für dich.“

Steve liefen ein paar Tränen über die Wange und Tim bemerkte dies erst als er etwas Feuchtes an seiner Stirn fühlte. Er schaute auf und sah wie Steve still und leise weinte.

„Hey großer, was hast du denn?“

Tim hob Steves Gesicht mit dem Finger und schaute ihm in die Augen. Steve war so als würde eine Welle Purer Wärme ihn durchdringen.

„Ich…Ich vermisse meine Eltern…“

Tim schaute ihn an und diesmal war er es der Steve in den Arm nahm, er flüsterte ihn leise tröstende Worte ins Ohr, die mit einem Satz endete der Steves Kribbeln 100fach verstärkte.

„…das schaffen wir schon, mein Großer!“

Steve schaute auf und sah diese Traumhaften Augen die ihn anstrahlten und so voll liebe waren. Tim wollte das jetzt nicht vermasseln also lies er Steve die Ruhe und Zeit zu antworten.

„Wir? Gibt es denn ein wir, Tim?“

„Möchtest du denn das es ein wir gibt?“

Tim lächelte Steve an und dieser nickte leicht und hauchte ein ja. In dem Moment, auf dieser Rückbank auf dem Weg zum Weihnachtsmarkt nach Neustrelitz, trafen sich ihre Lippen das allererste mal. Es war kein wilder Kuss, noch nicht einmal ein Zungenkuss. Es war nur ein Kuss und sie genossen ihn beide aus tiefsten Herzen.

Als sie Neustrelitz erreicht hatten, Melissa hat sich dezent zurückgehalten und hatte das auch weiterhin vor, parkten sie den Wagen und gingen Richtung Weihnachtsmarkt. Es war immer was Schönes mit Freunden einen solchen Markt zu besuchen, das brachte den Zauber sehr stark zur Geltung. Freunde und Familie sind die Begleiter auf einem Weihnachtsmarkt und nicht die Einsamkeit. Das wurde Tim und Steve nun klar. Er war sehr gut besucht und die drei kämpften sich durch die Massen von Besuchern, spielten bei der Lotterie mit, gingen aufs Riesenrad, wobei sie vier mal gingen, zwei mal mit Melissa und zwei mal gingen Steve und Tim alleine und genossen die Nähe des jeweils Anderen.
Ihnen wurde mehr und mehr klar was beiden in ihren Leben gefehlt hat und sie wollten den zarten Sprössling den sie gerade entdeckt hatten, nicht zu zerstören sondern zum wachsen zu bringen. Sie schmiegten sich auf der Bank aneinander und tauschten den einen oder anderen zaghaften Kuss, als sie dann von dem Riesenrad kamen und Melissa zu ihnen stieß, behielt Steve schon einen seinen Arm um Tim und das gleiche galt für Tim. Das freute Melissa sehr, beide waren geplagt von der Einsamkeit und beides waren sie sehr liebe Menschen und hatten nur das beste verdient und es schien das sich dies endlich bewahrheiten würde.

Nachdem sie jede Spielbude durch hatten, noch das eine oder andere Souvenir gekauft und etwas Glühwein (Melissa natürlich nur die alkoholfreie Variante) getrunken hatten machten sie sich wieder auf den Weg zum Auto und nach hause. Melissa hielt vor Tims Haus und Steve stieg mit Tim aus, sie hatten im Auto noch drüber gesprochen ob Steve nicht mit zu Tim und seine Eltern kennen lernen wollte, aber Steve meinte das Tim erst vollständig mit seinem Vater ins reine kommen sollte bevor er mitkommt. Er möchte nicht das sich eventuelle Probleme mit ihm manifestieren sollten. Es wurden zwar keine Probleme erwartet, aber wie heißt es so schön, erwarte nichts oder das unwahrscheinliche.

Steve verabschiedete Tim mit einem unschuldigen Kuss und einer Einladung für ihn und seine Eltern zu Melissa, am heiligen Abend. Die Einladung war noch am Morgen besprochen worden und da sich auch die Eltern von Melissa und die von Tim kannten, waren diese sehr erfreut über die Idee.

Es lief erwartungsgemäß alles bestens bei Tim, sein Vater war nicht enttäuscht oder was man sich sonst noch für Horrorvorstellungen von seinem Coming Out daheim macht und auch die Einladung wurde herzlich gern angenommen. Am Abend lag Tim in seinem Bett, sie hatten noch eine weile gesprochen, da auch sein Vater neugierig war was das Schwulsein, aber auch die Stadt anging. Er holte sein Handy raus und rief Steve an, dieser lag genauso wach in seinem Bett und dachte nach. Als er auf das Display schaute lächelte er nur.

„Hey mein Kleiner, wie lief es?“

„Alles Bestens und auch die Einladung ist angenommen.“

„Freut mich, dann war ja der Tag kein kompletter Reinfall!“

„Was heißt kein kompletter Reinfall, er war ein fast voller Erfolg.“

„Ach ja, fast voller Erfolg?“

„Na ja, klar die Sache mit Stefanie war belastend aber ich hab da so jemanden kennen gelernt und der na ja den krieg ich nicht mehr aus meinen Gedanken raus…und dann noch der Erfolg bei meinen Eltern, also doch ein fast voller Erfolg.“

„Na ja okay, ja ich hab da auch so ein ganz süßen Typen kennen gelernt und es geht mir da wie dir.“

„Ehrlich?“

„Ganz ehrlich!“

„Freut mich, ich hatte erst etwas Angst, du könntest mich ablehnen!“

„Dich ablehnen? Wieso zum Henker hätte ich solch eine Dummheit begehen sollen?“

„Na ja ich weis nicht, ist alles so verrückt. Ich hätte nie gedacht, das gerade Melissa mir den Traummann für mich vorstellt!“

„Verstehe ich zu gut das Gefühl, ha, ha, ha!“

„Ich wollte eigentlich nur anrufen und sagen, dass alles okay ist und die Einladung in Ordnung geht, wir kommen dann so gegen 18 Uhr. Nach der häuslichen Bescherung!“

„Ist Recht!“

„Gut, also schlaf schön…und Steve?“

„Ja?“

„Ich…..Ich hab mich in dich verliebt!“

„Da bin ich aber froh.“

„Wieso froh?“

„Na da bin ich nicht ganz alleine mein Süßer, ich hab mich auch Hals über Kopf in dich verliebt und nun versuch zu schlafen mein kleiner Liebling.“

„Mein großer Schatz“, kicherte er.

Sie legten beide den Hörer auf und konnten wunderbar schlafen, Im Traum besuchten sich beide, und auch, was sie sich als absoluten Frieden ersehnten.

Der nächste Tag lief recht Ereignislos bis ca. sechzehn Uhr, Melissa, deren Eltern und Steve versammelten sich im Wohnzimmer bei einem Glas Rotwein und weihnachtlicher Musik und Steve begann damit seine Geschenke zu verteilen, zuerst Melissas Mutter, dann ihr Vater und anschließend sie selbst, alle freuten sich sehr über die schönen Geschenke und auch Steve bekam, ein paar sehr schöne Sachen, von Melissa, einen Gutschein für einen Laden der Dekorationen und Haushaltswaren gehobener Klasse führte und ein Armband aus Leder mit aufgesetzten Muscheln. Von Ihren Eltern bekam er eine wunderbare Glaskugel mit schönen Malereien drauf in die man ein Teelicht stellen konnte und die passende Halskette zu dem Armband, er bedankte sich Artig und genoss weiterhin den Wein bis es dann endlich klingelte.

Steve wirkte überaus nervös und auch Tim, vor der Tür, war alles andere als cool drauf. Seine Eltern hätten sich wohl gewundert, hätte Tim ihnen nicht bereits von Steve erzählt. Sie kannten Steves Eltern und waren sehr traurig als sie von dem Unfall erfuhren. Sie wurden herein gebeten und fanden sich wenige Minuten später im Wohnzimmer wieder wo sie zu erst Melissas Mutter und anschließend Melissa begrüßten, bei Steve angekommen…

„Sie müssen Steve sein…“

„Ja das bin ich.“

„Tim hat uns so viel von Ihnen erzählt, wir kannten ihre Eltern und wollten unser Beileid ausdrücken, nun dachten wir uns das es etwas arg verspätet kam deswegen haben wir etwas anderes getan, ich weis das ihre Eltern nicht besonders starke Fotosammler waren, wir waren in der Grundschule und Oberschule gemeinsam und ich und mein Mann wir haben mit ihrem Vater und Ihrer Mutter auch die Universität geteilt.“

Sie holte ein Packet heraus.

„Ich weis es ist unhöflich ihnen als erstes ihr Geschenk zu geben, aber wir dachten uns, wir möchten ihnen eine wirkliche Freude machen.“

Steve war sprachlos, er bat sie nur ihn zu Duzen, es war ihm peinlich von den Eltern seines, ja was eigentlich? Freundes? Bekannten? Geliebten? Das letztere war wohl das wahrscheinlichere, geduzt zu werden.

Er nahm das Packet entgegen und öffnete es, darin lag ein dickes in Weinrot gehaltenes Fotoalbum. Tims Eltern müssen sich am Abend noch hingesetzt haben und das Fertig gemacht haben, ihm standen wieder die Tränen in den Augen. Er klappte es auf und entdeckte zwei Kinderfotos von seiner Mum und seinem Dad und da war es um ihn geschehen, er begann bitterlich zu weinen. Tim nahm ihn in den Arm und Steve weinte sich an seiner Schulter aus, das erste mal seit dem seine Eltern gestorben waren, war er im Stande richtig zu weinen. Nicht leise, nicht heimlich sondern richtig.
Alles kam hoch: Wie er von dem Unfall erfahren hatte, wie er sich um alles kümmern musste…einfach alles. Alles um sie herum schwieg nur Tim und Steve existierte in diesem Augenblick. Als Steve sich einigermaßen beruhigt hatte, bedankte er sich für das schönste Geschenk was er je bekommen hat und bedauerte, dass er keines für sie hatte.
„Ach Junge, du hast uns zwei Geschenke gemacht. Einmal hast du uns einen zweiten Sohn beschert und zweitens hast du uns endlich den wahren Tim gebracht.“

Steve nickte und versuchte zu lächeln, Tim nahm ihn an der Hand und führte ihn ins Bad.

„Wasch dir das Gesicht mein Großer und dann lass uns ein wenig spazieren gehen.“

„Okay… sagst du den anderen Bescheid?“

„Klar, mach in Ruhe.“

Während Tim bescheid gab das sie ein bisschen spazieren gehen wollten, wusch sich Steve das Gesicht und die verquollenen Augen. Dann zog er sich Schuhe und Mantel an und wartete darauf das Tim ebenfalls fertig angezogen war. Sie machten sie sich auf den Weg, wollten nicht weit gehen nur ein wenig frische Luft schnappen.

Sie nahmen einen Weg hinter dem Haus, der über ein Feld in ein Waldstück führte, man konnte jedoch auch einen großen Bogen laufen und das wollten sie auch tun, so das sie auf der gleichen Straße wieder raus kämen, an der auch das Haus von Melissas Eltern lag. Die beiden frisch Verliebten hielten sich an den Händen und genossen die Gegenwart des anderen über alle Maßen.

Steve versuchte sich seinen Tim, genauer anzuschauen, aber so das es Tim nicht auffällt. Die strahlenden Augen, in die er mit jeder Minute mehr versank. Die Konturen des Gesichts, die er immer und immer wieder mit seinen Augen und seinen Fingern nachzeichnen wollte und der weiche Mund aus denen gerade die Nebelschwaden, der Kälte wegen aufstiegen. Für Steve war Tim das was er sich immer gewünscht hat und er würde es sich mit ihm nicht verderben, so viel Aufmerksamkeit die er ihm gegenüber zeigte. Allein dieser Spaziergang war Beweis genug.

„Tim?“

„Ja?“

„Danke….“

Sie waren schon wieder auf der Veranda des Hauses, es war ein nach Amerikanischen Vorbild gebautes Haus, angekommen.

„Wofür?“

„Das du so viel Verständnis hast und für mich da bist.“

Das Holz knarrte leicht und ihre Blicke waren verschleiert vom Dunst ihres Atems jedoch konnten beide so klar wie eh und je die Augen ihres Gegenübers betrachten.

„Steve…ich liebe dich. Ich werde immer für dich da sein und ich denke so wie du dich für mich gestern eingesetzt hast, beruht das auf Gegenseitigkeit.“

„Natürlich, ich liebe dich auch Tim. Ich habe mich schon auf dem Weihnachtsmarkt in dich verguckt und als ich dich bei mir gesehen hab, habe ich mich in dich verliebt und von Sekunde zu Sekunde wird es immer mehr.“

Sie lächelten sich an. In diesem Moment existierten nur die beiden für sich, im ganzen Universum, war alles bedeutungslos geworden, denn die beiden hatten sich gefunden.
Langsam und vorsichtig, als könnte einer der beiden diesen Moment zerbrechen wie ein empfindliches Glas, näherten sich ihre Gesichter, jedoch nicht ohne den Blick von den Augen des Anderen abzuwenden, erst kurz bevor sich ihre Lippen zum allerersten richtigen, intensiven Kuss trafen, schlossen sie ihre Augen und gaben sich ganz dem anderen hin.
Sie bemerkten nicht einmal den Mistelzweig, der über ihren Köpfen hing und ganz unbewusst führten sie die bestehende Tradition fort.

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