Nur noch schwach vernahm ich das monotone Brummen des Motors.
Ich schlief nicht wirklich und schlagartig schärften sich meine Sinne, als eine Hand sanft meinen Nacken krauelte. Das fühlte sich unheimlich toll an. Ich bekam regelrecht eine Gänsehaut.
Verspielt formte ich meine rechte Hand zur Kralle und schwang sie leise fauchend, einer jungen Katze gleich, über seinen Brustlatz.
Philipp, kicherte „huh, ein wilder Tiger, ich habe Angst!“
Nun mussten wir beide spontan lachen. Ich alberte noch ein wenig rum, als Philipp den Wagen auf einem Rastplatz zum Stehen brachte.
„Wie, jetzt schon Pause?“ fragte ich etwas verwundert.
„Du hast ja tief und fest geschlafen, während ich durch die langweilige Weite der Sümpfe von Alabama steuerte.“ maulte er schelmisch.
„Habe ich wirklich geschlafen? Dann aber höchstens 5 Minuten!“
„So wird es wohl sein“ grinste er, „jedenfalls haben wir die halbe Strecke schon geschafft. Noch ein paar Meilen und wir überqueren die Staatsgrenze zu Mississippi.“
Irgendwie schämte ich mich ein wenig. Da machte dieser Junge mit mir Urlaub und ich schlief neben ihm ein.
„Kommst Du mit an den Tisch dort, meine Mam hat uns ein paar Sandwiches eingepackt und eine Thermoskanne mit Kaffee?“
Das war das Stichwort, was mich aufspringen lies. Wieder albern hüpfte ich einem Hasen gleich zu ihm an den Tisch, wobei er fasst den Kaffee vor Lachen verschüttete.
Ich wollte die verschlafenen Stunden wieder gut machen, setzte mich ganz dicht neben ihn und begann ihn zu füttern und wenig später er mich. Wir schlürften unseren Kaffee und genossen die Wärme des Körpers des anderen. Irgendwann war die Futterbox leer.
Ich lehnte mich entspannt zurück. Philipp tat es mir gleich und lehnte sich rücklings an meine Brust. Ich umfasste ihn mit meinen Armen und wanderte mit meinen Händen unter den Brustlatz seiner Carhartt, um die ich ihn schon ein wenig beneidete.
Eigentlich mag ich Latzhosen sehr gerne, wenn man die Figur dazu hat, doch daheim traute ich mich nicht so recht, da sie in Deutschland eher nicht mehr so sehr in Mode waren. Dabei sind sie nicht nur praktisch, sondern mindestens genauso bequem wie meine Baggy.
Während ich ihm sanft über die Brust streichele, kichert er ein wenig, richtet sich jedoch abrupt auf, als ein anderes Auto den Parkplatz ansteuert.
Schade, aber ist wohl besser so, sind wir doch hier schließlich in einem ziemlich konservativen Teil der Vereinigten Staaten.
Nachdem wir die Pappbecher entsorgt hatten, stiegen wir wieder in den Wagen.
„Du Phil, bei der nächsten Möglichkeit sollten wir mal da anhalten, wo es Toiletten gibt. Der Kaffee treibt ein wenig.“
„Kein Problem, gleich hinter der Staatsgrenze gibt es ein Welcome Center mit einer richtigen Raststätte.“
Tatsächlich, nach kaum 15 Minuten Fahrt machten wir wieder einen Stopp und konnten uns so dessen entledigen, was uns bedrückte.
Das Welcome Center war ziemlich kitschig und für uns langweilig, deshalb führten uns unsere Schritte bald wieder auf den Parkplatz. Philipp warf mir den Autoschlüssel entgegen und grinste „jetzt fährst Du bitte“.
„Hey, das ist der Wagen deiner Mam, was ist, wenn ich eine Beule reinfahre?“
„Es spielt keine Rolle, wer von uns beiden eine Beule macht. Ist eine drin, wenn wir heimkommen, werden wir eh beide gelyncht!“
Irgendwie kam mir die Melodie aus ‚Spiel mir das Lied vom Tod‘ in den Sinn und ich begann sie leise aber ernst zu pfeifen … Sekunden später brachen wir erneut in lautes Gelächter aus. Er kannte die Melodie also auch.
Schließlich schaffte ich es doch noch den Wagen aufzuschließen und wir stiegen ein. Philipp kramte gleich im Handschuhfach und brachte eine Musikkassette seiner Mam zum Vorschein.
„Damit Du mir nicht beim Fahren einschläfst“ grinste er frech, worauf ich so schnell keine originelle Antwort fand.
> Have you seen your mother, baby, standing in the shadow …< schallte es aus dem Radio.
Ups, das ist wohl Mucke von vor unserer Zeit, klingt ehrlich gesagt aber nicht schlecht. Und jetzt, mit dem Englisch schon wieder etwas vertrauter, verstand ich sogar den Text (letzte Nacht habe ich sogar auf Englisch geträumt – ehrlich).
In Deutschland kommt das komischer Weise nicht von alleine, obwohl ich beruflich viel mit Englisch zu tun habe. Ist wohl doch ein Unterschied, ob man sich mit jemanden am Telefon auf Englisch unterhält, oder ob man in einem Land weilt, in dem alles auf Englisch abläuft.
Nach dem dritten Titel, immer noch Rolling Stones, begannen wir langsam mit den Händen in den Rhythmus einzufallen.
„Mal schaun, wo meine Mam den Stadtplan von New Orleans vergraben hat, er soll hier auch irgendwo sein. Den werden wir nachher brauchen, da Downtown schon einige Straßen gesperrt sein werden, und so gut kenne ich mich dann wahrscheinlich doch nicht mehr aus“ bemerkte Philipp suchend. „Ah da ist er“ und hielt ein zerfleddertes Pergament in Händen. Zumindest machte es einen solchen Eindruck.
Ein Stadtplan in den USA hat übrigens nicht einmal annähernd Ähnlichkeit mit dem, was wir aus Europa unter einem Stadtplan verstehen. Sieht fast wie ein Strickmuster aus *fg*.
Ich musste mich jedoch nun etwas mehr auf den Verkehr konzentrieren, der allmählich deutlich zunahm und wir auch noch gerade von einer Kolonne von Trucks überholt wurden.
Ach ja, falls ihr noch nie in Amerika gewesen seid, hier ist es meist so, dass die LKWs links fahren und die PKWs überholen.
Geschwindigkeitsübertretungen werden hier irreteuer geahndet und deshalb halten sich fast alle an das, was vorgeschrieben ist. Die Trucks sind jedoch durchweg alle mit CB-Funk ausgestattet und so erzählt man sich, wo die Cops stehen und Kontrollen machen. Die Folge: die Brummis rasen was das Zeug hält.
Solange man auf der rechte Spur fährt, ist es aber sehr sicher, da hier keiner drängelt. Macht fast sogar mehr Spaß als in Deutschland, weil das Fahren viel entspannter abläuft. Nur sollte man dann wirklich regelmäßig Pause machen, um nicht einzuschlafen, besonders, wenn man allein unterwegs ist.
Eben haben wir die Staatsgrenze zu Louisiana überquert.
Noch 30 Meilen bis Biloxi, 48 bis Gulfport und 132 bis New Orleans stand auf einem Schild. Die anderen Ortsnamen kannte ich nicht.
„Sag mal, hast Du nicht ´ne Kassette mitgenommen mit ein bisschen Hip-Hop oder so?“ fragte Philipp, als er die Kassette umdrehte.
„Kassetten? So etwas habe ich gar nicht. Aber drei CDs müssten im Rucksack schon sein.“
„Ja toll, aber die können wir hier nicht hören und Ohrhörer ist blöd beim Unterhalten“ jammerte Phil rum.
„Komm schon, erzähl mir doch mal von dem Job, den Du hier mal hattest.“
„Ja weißt du, ich ging damals noch auf die Highschool und wollte unbedingt ein Auto haben, sobald ich den Führerschein bekomme. Letzteren spendierte mir mein Dad. Aber für ein Auto sollte ich mir das Geld selbst verdienen, und das ging mit Zeitung austragen nun wirklich nicht.“
Das konnte ich mir lebhaft vorstellen.
„Der Kellner aus unserem Imbiss …“
„Du meinst Mike J. Taylor?“
„… ja genau, der gab mir den Tipp, dass er mal in einem Motel in New Orleans ganz anständig verdient hatte, den Job aber aufgeben musste als seine Mutter krank wurde und auf seine Hilfe angewiesen war.“
„Schade für ihn, er ist ein wirklich feiner Kerl“ bedauerte ich.
Philipp fuhr fort „Ja, da hast du wirklich ein wahres Wort gesprochen. Mit dem kann man Pferde stehlen.
Ja, also er gab mir den Tipp und die Adresse und rief hier sogar mal für mich an. Die sagten dann, dass sie eigentlich ein komplettes Team hätten, aber am Wochenende schon mal eine Verstärkung ganz nützlich sei. Ich sollte doch einfach mal vorbeikommen und mich vorstellen.“
„Hm, klingt doch gut, und das hast Du dann auch gemacht, oder?“
„Tja, war leichter gesagt als getan, schließlich hatte ich ja noch keinen Führerschein. Also musste ich mit dem Greyhound herfahren. Die Vorstellung verlief super. Danach jobbte ich da zunächst an vier Wochenenden und dann begann der ‚Sommer‘.
Ihr sagt, glaube ich, ‚Sommerferien‘ dazu.
Der Zufall wollte es und ich konnte den ganzen Sommer jemanden vertreten, der in Europa Urlaub mit seinen Kids machte. Und so hatte ich genug Geld gespart“.
„Wie viel hast Du denn da verdient?“ fragte ich neugierig.
„$ 400 die Woche“ sagte er stolz.
„Hm, na ja, nicht schlecht“ dachte mir aber meinen Teil.
„Das war das Gehalt, das Trinkgeld war noch mal fast um die Hälfte höher“ vernahm ich nun aus seinem strahlenden Gesicht.
Moment Mal, das müssen dann ja so um die 1000 Dollar in der Woche gewesen sein.
„Wow, das ist allerdings viel. Ja, das ist sogar weit mehr als das, was ich jetzt verdiene“ staunte ich.
„Vergiss aber nicht, dass ich in der Zeit keinen freien Tag hatte und außer Sozialversicherung auch keine Abzüge hatte. Krankenversicherung läuft hier freiwillig und dann nur privat“.
„Außerdem liegt die Höhe des Trinkgeldes ganz allein an dir.“ Er legte den Kopf etwas schief und studierte mich.
„Ja schon, aber das ist trotzdem eine Menge Geld. Was haben denn deine Eltern dazu gesagt?“
Nächste Abfahrt Gulfport, New Orleans 85 Meilen.
„Die staunten auch nicht schlecht, als ich nach dem Sommer wieder heimkam, meinten aber gleich, dass nun der Schulabschluss wieder im Vordergrund stand, und ich am Wochenende lernen sollte.“
„Na klar, da hatten sie ja wohl auch recht, oder?“
„Kein Problem, ich hatte mehr als genug verdient, um mir ein Auto kaufen zu können, war aber ehrlich gesagt auch ganz schön ausgelaugt. Ich glaube, das war das Härteste, was ich bis dahin erlebt hatte und meine Familie hatte mir dabei auch ganz schön gefehlt.“ kam es zum Schluss etwas leiser. Sein Blick war mittlerweile nach unten gerichtet.
Ich hielt es für besser, darauf nichts zu sagen.
Erst jetzt bemerkte ich die Stille, da auch die zweite Seite der Kassette längst zu Ende war.
Ich griff zum Radio und wollte sie noch einmal umdrehen, aber da legte er seine Hand auf meine und ich verharrte.
„Lass mal, wir sind schon ziemlich nah an New Orleans, vielleicht bekomme ich einen UKW-Sender rein.“
Nach einer Weile hatte er einen Sender, auf dem gerade die Spieleraufstellungen fürs Baseball an diesem Wochenende verlesen wurden. Dann nach einer kurzen Werbung liefen Samba-Rhythmen.
„Das kann nur ein Lokalsender von New Orleans sein. Die sind schon voll im Tanzfieber!“ strahlte mein Freund.
„Du, was ich dich schon vorhin fragen wollte, wieso sind denn jetzt schon Straßen gesperrt, wenn Mardi Gras erst Dienstag ist?“ Ich schaute kurz neugierig zu ihm rüber.
„Tja, das ist so, der Karneval hat eigentlich schon gestern mit der heißen Phase begonnen. Dienstag ist dann der Höhepunkt, sozusagen als krönender Abschluss mit einem gigantischen Festumzug!“
„Ja, ich glaube ich verstehe. In vielen Teilen von Deutschland wird auch Karneval gefeiert und da gibt es dann auch einen Festumzug, aber tagelang auf der Straße tanzen, dass kannte ich bislang nur aus dem Fernsehen von Rio de Janeiro. Ach ja, in Lissabon habe ich das auch einmal ähnlich erlebt. Bei uns im Hamburg dagegen findet, glaube ich, gar nichts Richtiges statt.“ überlegte ich eine Weile laut. „Jedenfalls habe ich noch nie einen Karneval richtig mitgemacht!“
„Na, dann lass dich mal überraschen. Ich war schon letztes Jahr mit meinem Bruder hier. Da geht was ab, glaub mir!“ sprudelte er hervor mit einem leicht prüfenden Blick zu mir.
„Hm, du, sag mal, sind die meisten Leute da nicht wenigstens etwas verkleidet? Also, ich meine, na du weißt schon. Wir haben doch gar nichts dabei.“ Ich schaute wohl nun doch ein wenig unsicher.
Alles was ich erntete, war ein recht freches Grinsen.
?
„Du, pass jetzt auf, gleich kommt das Highwaykreuz mit dem Interstate 55 und 12. Wir müssen hier abfahren, obwohl wir im Endeffekt dem 10er folgen.“
Na ja, Highwaykreuz war wohl etwas untertrieben, es erschien mir optisch eher wie ein Spaghettiknoten. War aber alles sehr gut beschildert. Also kein Problem.
Ein paar Minuten später waren wir wieder auf unserem Highway, nun jedoch Richtung Süden. Der Verkehr wurde nun aber doch richtig intensiv. Der Highway, der von Norden kam hat den Verkehr vervielfacht.
„Eigentlich gemein von mir, dass ich Dich habe fahren lassen, aber egal. Jedenfalls bekommen wir gleich eine wunderschöne Aussicht über den Lake Pontchartrain. Zumindest auf der rechten Seite.“ kündigte Phil an.
Ich konzentrierte mich derweil auf den Verkehr, der immer dichter wurde.
Der Highway stieg langsam etwas an und ich konnte schon den Beginn einer Brücke erkennen. Es folgten Warntafeln vor gefährlichem Seitenwind.
Am Fahrgeräusch registrierte ich den Beginn der Brücke, die über den See führte.
Gleichzeitig wurde die Sicht immer schlechter. Von wegen Wind.
Nebel, dichter Nebel lag schwer über dem See.
„Sorry Timo, ich vergaß, dass wohl die Luft kälter ist als der See“ bedauerte Philipp. „Normalerweise kann man den ganzen See überblicken und die Skyline von New Orleans bewundern. Aber sei nicht traurig. So berauschend sieht New Orleans von hier nun auch wieder nicht aus!“
„Stimmt“ grinste nun ich einmal so frech ich konnte!
Endlich lachten wir mal wieder aus vollen Herzen.
„Weißt Du was Timmy, du bist echt süß“ lachte Phil.
Erröten, aber trotzdem Lachen.
Du aber auch – wollte ich liebevoll hervorbringen, bekam es aber irgendwie nicht heraus.
Hinter der Brücke wurde der Verkehr noch dichter und nun war nichts mehr mit Smalltalk.
Nach weiteren 10 Meilen begannen die Vororte, mit wunderschönen Herrenhäusern.
„So Timmy, nächste Abfahrt folgen wir Richtung Downtown, sonst geraten wir auf die südliche Umgehung“ bestimmte Phil.
Aus Herrenhäusern wurden normale Villen, die Grundstücke kleiner. Es begann normaler Stadtverkehr, wie in jeder Großstadt.
Auch die Bebauung wechselte zügig in die normale Stadtbebauung. Damit wich endgültig der Südstaatenflair.
Schon waren erste Hochhäuser zu erkennen. Hochhäuser für hiesige Verhältnisse. Also schon hoch, aber nicht so hoch. So ca. 15 bis 20 Stockwerke, oder so.
Philipp faltete sich nun den Stadtplan zurecht, und das wohl keinen Moment zu spät.
„Und jetzt?“ fragte ich ganz leicht gestresst, als diverse Warntafeln auf eine Vollsperrung des weiteren Straßenverlaufs hinwiesen.
„Folge erstmal der Umleitung“ wurde ich angewiesen.
Wir landeten auf einer noch recht gut ausgebauten Seitenstraße. Der Verkehr lief jetzt nur noch stockend. Wir waren offensichtlich nicht die einzigen Touristen. Allmählich steigerte sich der Lärmpegel durch Gehupe der offensichtlich genervten Einheimischen.
„Pass mal auf Timmy, versuche mal bei nächster Gelegenheit links abzubiegen, am besten an einer Kreuzung mit Ampel, das ist sicherer!“
„So eine kommt schon da vorn, ca. 100 Meter.“
„Äh, was? Ach so, ja, ist O.K.“
„Versuche mal auf den Straßennamen zu achten, wenn Du abbiegst, ja?“
„Geht klar Phil“ – „Oak Drive!“ glaube ich jedenfalls …
„Ah ich habe es, zweite wieder rechts“ freute sich Philipp. „Hey du machst das echt gut.“
Hatte ich schon erwähnt, dass ich aus Hamburg komme?
„Sloane-Park Avenue“ meldete ich ganz gelassen.
„Wirklich? Supi, da sind wir genau richtig, hast du viel Verkehr hinter Dir?“
„Nö, nicht wirklich, eigentlich nur ein Taxi.“
„O.K., lasse es vorbei und mach dann etwas langsamer, wir müssen gleich links abbiegen.
Da muss auch ein Schild stehen, Downtown Paradise Motel.“
„Meinst Du das hier?“ fragte ich beim Abbiegen.
„Ich bin stolz auf dich. Das ging viel besser, als ich in meinen kühnsten Träumen gehofft hatte. Mit meinem Bruder musste ich letztes Jahr durch jeden Stau und wir hatten über eine Stunde gebraucht, bis er mich hier her führte!“ bedankte Phil sich ganz lieb.
Als ich den Wagen eingeparkt hatte, stellte ich den Motor ab, drehte mich langsam nach rechts und verpasste Phil ganz sanft einen Kuss auf die Stirn.
„Ich finde dich auch wirklich total süß“ erwiderte ich nun was mir schon auf dem Herzen lag.
–
„Komm, lass uns erstmal reingehen, ausladen können wir nachher“ gab er total verstört und etwas nervös von sich.
Ich glaube ich habe ihn gerade etwas irritiert. Ist er nicht wirklich süß? Er hat sogar einwenig Röte in die Wangen bekommen. So war Florian auch immer. Oh Shit – daran wollte ich doch eigentlich nicht mehr denken.
„He, Timmy, kommst Du?“ Phil war schon ausgestiegen.
Der Anblick des schlanken Boys in der tollen Latzhose holte mich in die Wirklichkeit zurück.
„Komme schon, entschuldige, da war nur …“
„Was meinst Du?“
„Bin schon da, komm gehen wir rein. Bist Du aufgeregt?“ lenkte ich ab.
„Nö, eigentlich nicht. Na ja, vielleicht ein ganz klein wenig!“ stotterte er sich mit zitternden Händen zusammen. „O.K. überführt!“
Was ist denn nun los? Er war doch erst letztes Jahr hier.
Also ein Motel habe ich mir eigentlich immer anders vorgestellt, beziehungsweise, so eines hatte ich noch nie gesehen. Es schien eher eine kleine Nobelherberge zu sein.
„Timmy, komm lieber hier zum Seiteneingang, an der Rezeption wird man uns nicht erwarten.“ bekam ich mit einem Zwinkern zugeworfen.
Ich folgte ihm sprachlos und bewunderte die gepflegte Grünanlage.
„Phil!!!“ –
„Philipp! – Ihr seid ja schon da! Ich habe frühestens in drei Stunden mit euch gerechnet. Kommt schnell nach hinten. Ich habe gerade den Grill für das Personal angefeuert!“
Die Stimme gehörte zu einem verdammt gut aussehenden Jungen. Braungebrannt, schwarze kurze Haare mit blondierten Strähnchen und schwarze Augen – jedenfalls sah es von hier so aus.
„Timmy, darf ich dir Jonathan vorstellen? – Jona, das ist Timo“ freute sich Phil etwas verlegen.
Wir reichten uns die Hände und es kribbelte ganz gewaltig als ich seine zarte, schlanke Hand drückte.
Ich glaube, auch er hielt meine Hand länger als für einen Handschlag eigentlich notwendig.
Jona trug eine sehr Figur betonende Uniform eines Pagen und sah einfach toll aus. Ich schätze ihn mal auf so 16 bis 18 Jahre alt. Vom Aussehen eher 16.
Sein Lächeln betörte mich total.
„Erde an Timmy, Timmy bitte melden!“ dabei erhielt ich einen nicht mehr ganz so sanften Stoß in die Rippen.
„Vergiss es Timmy, erstens ist Jona eine waschechte Hete und zweitens habe ICH dich total lieb!“
„Tschuldige Phil, aber ich glaube mich hat gerade ein Bus gestreift. Kommt nicht wieder vor.“
„Macht nix, ging mir letztes Jahr genauso. Aber Jona weiß genau wie gut er aussieht und spielt mit jedem!
Er hat aber eine feste Freundin! Eine sehr hübsche übrigens, soweit ich das beurteilen kann. Schau mal, sie steht da vorn am Grill.“
Ups, bin ich wirklich schwul? Dort stand, eines Engels gleich ein Geschöpf. Ja, das hätte glatt Phils Zwillingsschwester sein können. Genauso blond und eine ebensolche schlanke, aber nicht magere Statur.
„Nun komm schon Timmy, ich möchte dich Joanne vorstellen.“
„Du meinst diesen Engel da am Grill?“
„Nein, das ist Jennifer. Ich meine die Chefin des Hauses. komm lass uns kurz rein gehen. Erwarte aber bitte nicht zuviel, nachdem du das Haus gesehen hast.“
Nanu, wie meint er denn nun das schon wieder?
Wir gingen von der Personalterasse durch eine Seitentür ins Haus und landete in einem Aufenthaltsraum für das Küchenpersonal, wo sich drei Personen etwas zu verschnaufen schienen.
„Hallo Leute, ist die Abfütterung der Raubtiere schon abgeschlossen, oder bekommt man hier noch einen Hawaiitoast?“ stellte Phil frech in den Raum.
„He, ich habe für meinen Stern verdammt lange gestrickt, aber bestimmt nicht, um meine Gäste mit Fastfood umzubringen.
K.P. – schmeiße den Dilettanten bitte raus! Er ist gekündigt. Hawaiitoast bekam hier nur der Philipp aus Florida.“
„Hey Big Mama, genau der steht vor dir und will auch seinen Freund vorstellen!“
„Phil? Philipp? PHILLLIPPPP!!!“
Mit einemmal sprang eine ältere Frau in Kochklamotten aus ihrem Stuhl auf. Sie zeigte einen Schwung, den ich ihr bei der Leibesfülle nie zugetraut hätte.
„Klar bekommst Du einen Toast. Komm, Kleiner, lass dich mal kräftig knuddeln.“
Sie drückte meinen Freund, so dass ich mir langsam schon Sorgen um ihn machte. Er, allerdings, schien es doch ein wenig zu genießen. Ja, eigentlich nicht nur ein wenig …
„Joanne, darf ich dir Timo vorstellen?“
„Oh mein Gott, der ist ja fast genauso verhungert wie Du …“ nun wurde aus mir der letzte Saft ausgedrückt.
Ich glaube ich überlebte. Zumindest setzten die Vitalfunktionen irgendwie / irgendwann wieder ein.
„Also nun kommt mal mit raus. Meine Tochter ist schon dabei was zu grillen. Da fällt für euch bestimmt auch ein halbes Schwein auf Toast bei ab“ grinste sie beeindruckend und stellte mich Jennifer vor.
Sichtlich beeindruckt reichte ich auch ihr artig die Hand. Sie könnte wirklich die Zwillingsschwester von Phil sein!
„Entschuldigung Frau, äh, Frau …“
„Sag Joanne zu mir, das machen alle hier, mein Junge. Du hast Hunger nicht war?“
„Äh ja, ne, äh, ich meine, haben sie eben Schwein gesagt?“ ich lief irgendwie rot an…
„Timmy, du bist peinlich!“ flüsterte Phil von der Seite zu mir.
„Ach Phil, nun lass ihn doch, ich höre doch am Dialekt, dass er aus Deutschland ist. Ich wette, wenn ich dich auf die Galapagos verbanne, dann würdest Du alles dafür geben, mal wieder ein richtiges Steak zu essen. Warum soll der Junge nicht bei dem Gedanken ausrasten, wie man ein halbes Schwein auf einem Toast unterbringt?“
Ich nahm das alles nur am Rande wahr, während Jennifer mir liebevoll einen Teller anrichtete. So richtig mit Garnitur und so. Sah wirklich toll aus und dann kamen vom Grill Spareribs dazu. Ich war hin und weg.
Dann wandte sie sich an Phil, hauchte ihm ein Küsschen auf die Wange und flüsterte so laut, dass es alle hören konnten „Dein Hawaiitoast kommt gleich. Der Flieger aus Honolulu müsste in vier Stunden landen …“
Nun brachen alle umstehenden in anhaltendes Gelächter aus und Philipp verwandelte sich in eine Tomate. Na ja, jedenfalls fast. Irgendwie tat er mir ein bisschen leid.
„Jonathan, bitte bring das Gepäck von unserem jungen Paar in das Gästezimmer. Und schmachte Timmy nicht so an. Du siehst doch, dass die ein Paar sind!“ wies Big Mama an.
Hallo? Wer hat hier denn gesagt, dass wir ein Paar sind?
„Phil?“
„Ne, schon gut mein Junge, Philipp hat nichts verraten, als er mich angerufen hat. Aber dass er schwul ist, wusste ich schon, als er damals noch bei mir gearbeitet hat. Und heute, na ja, ich bin ja nicht blind, nur alt!“ grinste sie verschmitzt mit einem beschwörendem Blick.
„He, Joanne, das kann nicht sein, ich weiß es ja selbst erst seit ein paar Tagen!“ versuchte Phil zu kontern.
„Bist du dir ganz sicher? Und warum hast du dann damals allen Jungs immer auf den Hintern geschaut?“
Immer noch eine Tomate am Tisch!
Ich glaube Phil war heilfroh, dass auch er nun eine riesige Portion Grillfleisch serviert bekam.
„Aber das hat doch nichts zu heißen, das tun wir doch alle“ versuchte ich vergeblich die Lage etwas zu glätten.
„Ja Kleiner, da hast du recht. Von uns tun das doch alle. Ihr, weil ihr schwul seid und wir, weil wir Frauen dummerweise auch auf Männer stehen.
Nur um Jona mache ich mir ab und an Sorgen. Er will sich im Sommer mit Jenni verloben. Aber er schaut euch auch auf den A….“ beendete Joanne den Satz.
„Was ist mit mir?“ fragte Jonathan, als er zurückkam und Phil den Zimmerschlüssel reichte.
„Ach nichts weiter, Mam meinte nur, du könntest mich mal kurz am Grill ablösen, damit ich auch noch einen Happen abbekomme…“ rettete Jenni die Situation.
„aber ich hatte doch auch noch nichts“ schmollte Jonathan.
Da ich mittlerweile fertig gegessen hatte, ergriff ich die Initiative.
„Komm Jona, setz dich hierher, ich gehe jetzt an den Grill.“ gesagt – getan.
„Phil, dein Freund gefällt mir. Ich glaube da hast Du einen echten Glückstreffer gelandet!“ lobte Big Mama.
„Ich weiß nicht.“ konterte Phil traurig. „Timo ist nur zum Urlaub in den Staaten…“
„was wird danach aus uns?“ beendete er dann nach einer Weile den Satz.
Nun versuchte ich zwei genauso zurechtgemachte Teller zu servieren. Ich hatte mir zum Spaß sogar extra ein Geschirrtuch über den Arm gehängt. Beide Teller auf einer Hand und dann brav von hinten serviert.
Ich erntete tatsächlich Beifall.
Unerwartet stand nun Philipp auf, trat an mich heran und nahm mein Gesicht in beide Hände.
Leise hauchte er „Timmy, ich hab dich ganz doll lieb“, kam meinem Gesicht immer näher, ich konnte seinen Atem schon spüren, als er ganz langsam seine Lippen auf meine drückte.
Er verdrehte mir total die Sinne. Eigentlich wollte ich das nicht.
Doch jetzt versagte mir jeder Wille, ja vielleicht sogar jedes Denken.
Ich umfasste seine Hüfte und zog ihn ganz dicht an mich heran und erwiderte den schönen Kuss, doch nun um einiges länger. „Ich dich auch, mein Schatz!“
Erst der kräftige Applaus brachte uns in die Wirklichkeit zurück. Etwas seitlich vernahm ich, glaube ich jedenfalls, einen schmachtenden Blick von Jona.
Es kamen jetzt ein paar Leute raus, die wohl noch im Restaurant aufgeräumt hatten.
Wie selbstverständlich ging ich zurück an den Grill und legte noch ein paar Lagen Rippchen auf.
Die Leute schienen auch Phil noch nicht zu kennen. Big Mama ergriff die Initiative und stellte uns dem Personal vor. Sie verschwieg auch nicht, dass wir ein Paar wären.
War mir total peinlich.
Aber offensichtlich unberechtigt.
Alle gingen zuerst zu Phil und begrüßten ihn sehr herzlich und dann erfuhr ich die gleiche Herzlichkeit.
Wie kann es sein, dass hier alle so locker damit umgehen?
Ich dachte immer, Amerika würde diesbezüglich viel konservativer sein als Europa.
Nun aber schnell das Fleisch wenden. Hm, sieht lecker aus. Ich könnte schon wieder …
„Phil möchtest du auch noch ein kleines Rippchen?“ fragte ich als ich zwei weitere Seiten auflegte.
„Von DIR immer gern!“
„Ich dachte eigentlich an eins vom Schwein“ konterte ich nun grinsend.
„Hab´ ich das nicht gerade gesagt?“
Mit kurzem Anlauf sprang ich auf ihn zu und schon kugelten wir uns, gegenseitig kitzelnd im Gras.
Völlig außer Atem ließen wir irgendwann voneinander ab.
„Du Phil, komm, grill’ du weiter, ich richte die Teller an – einverstanden?“ beruhigten wir uns wieder.
„Klar, das ist jetzt unser Job – he Freunde, noch jemand ohne Fahrschein?“ rief er in die Runde.
„Phil, ich glaube du kannst noch mal komplett auflegen, der Chauffeur und das Zimmerpersonal müssen auch jeden Moment kommen. Aber nur, wenn es euch wirklich nichts ausmacht!“ bat Joanne.
„Hey, Big Mama, hast Du jemals aus meinem Mund das Wort NEIN gehört?“
„Ja Philipp, als ich dich fragte, ob du nicht bei mir fest angestellt sein willst. Als du damals weggingst, war ich schon ein bisschen traurig.“
„Oh man, Joanne, das ist unfair!
Ich war damals noch auf der Highschool und meine Eltern hatten Recht, dass ich unbedingt meinen Abschluss machen sollte, und das weißt du.“
„Schon gut Phil. Ich weiß es und es sei dir verziehen!“ klang es aber trotzdem immer noch traurig.
Jenni und Jona hatten inzwischen begonnen etwas abzuräumen, um dem restlichen Personal auch noch Platz zum Essen zu verschaffen, welches nun auch schon nach und nach eintraf.
Diesmal verzichtete Joanne auf unsere peinliche Vorstellung – zum Glück.
Ein paar wenige verwunderte Blicke und schon wurde akzeptiert, dass heute jemand anderes grillte und servierte.
Auch die Tatsache, dass Philipp immer wieder – natürlich ganz aus versehen – meine Hand streichelte, wenn er das Fleisch auf die von mir liebevoll angerichteten Teller legte, blieb ohne irgendeinen Kommentar.
Es war schon 16.00 Uhr durch, als Phil die Gaszufuhr zum Grill abdrehte.
Wir beide waren die letzten, die noch einmal eine gute Portion der dafür vorgesehenen Bestimmung zuführten (ganz ehrlich, das war erst die zweite Portion nach gut 3 Stunden).
Gemeinsam mit Joanne und Jenni räumten wir nun auf und ab.
„So Jungs nun schaut euch erstmal euer Zimmer an und dann wollt ihr doch bestimmt noch zum Karneval – oder? Hinfahren kann euch selbstverständlich mein Hauschauffeur. Den Rückweg müsst ihr allerdings selbst organisieren – O.K.?“
„Klar Joanne, du tust schon viel zu viel für uns“ brachte ich jetzt mal ein.
„Dafür bist du der erste Gast in meinem Haus, der unaufgefordert Hand angelegt hat, um meinem Personal und mir einen Gefallen zu tun. Das sah übrigens überaus professionell aus. Damit hast du bereits bei mir einen ganz besonderen Stellenwert – alles klar?“
Ich schmolz fast dahin.
Um ehrlich zu sein, muss ich jedoch zugeben, dass ich mir schon ein wenig bewusst bin, welchen Charme ich versprühen kann.
Nee, kommt Leute, das sollte jetzt kein Eigenlob sein. So etwas spürt man eben. Und es gibt auch schon mal Situationen, wo man so etwas bewusst ausspielen kann.
Bei einer Bewerbung für einen Job, kann so etwas schon fast entscheidend sein.
Leider funktioniert das fast ausschließlich bei Frauen.
Vermutlich sind die für so etwas eher empfänglich.
Bei einem Jungen könnte ich das, glaube ich, auch gar nicht. Da wäre ich dann wohl doch viel zu schüchtern.
Verwöhnen lassen sich Männer allerdings auch gern.
Phil und ich begaben uns nach oben.
Ich hatte wirklich langsam Sehnsucht nach einer Dusche.
Ich war zwar vorbereitet, dass sich Einwohner in der Personalunterkunft wohl die Sanitäranlagen teilen müssen, aber um diese Uhrzeit liegen doch die meisten bestimmt noch/schon ein wenig im Bett um für den Abendansturm im Restaurant gerüstet zu sein.
Phil lief mit mir die dritte Etage (Personalunterkünfte) von vorn bis hinten ab, aber wir fanden das Zimmer 403 nicht.
„Du Philipp, bist du sicher, dass 403 nicht in der vierten Etage ist?“ fragte ich zögerlich.
„Ausgeschlossen, das ist die Familienetage.“
„Ja, ne, is´ klar!“
Irgendwann stieg ich doch todesmutig die Treppe nach oben. Nur so. Bin halt neugierig und vertraute auch ein wenig in die Logik mit der Zimmernummer.
„Timo, komm sofort zurück!“ flüsterte Phil so laut, dass er mich auch ruhig hätte rufen können.
„Gern, Philipp, aber nur um dich zu holen, ich stehe vor Zimmer 403!“
„HÄÄ?“
„Nun komm schon hoch, ich will unter die Dusche…“
„Hallo Jungs, habe ich ganz vergessen zu sagen, ihr habt diesmal mein persönliches Gästezimmer. Beim Personal gibt es doch nur Einzelzimmer. Phil nun geh’ schon hoch. Und macht Euch keine Sorgen, die Zimmer von Jenni und mir liegen am anderen Ende vom Flur. Bis später …“ verwirrte Joanne nun Phil vollends, als sie aus der Küche kommend nach oben ging.
Nur zögerlich probierte Philipp, ob der Schlüssel auch wirklich passte.
Im Zimmer lag unser Gepäck, viel war es ja eh nicht. Mein Rucksack und die zwei Koffer von Phil.
Moment mal.
„Philipp, sag mal bist du umgezogen, oder wieso hast Du zwei Koffer mit?“
„Äh, oh, da muss wohl noch einer von meiner Mam im Kofferraum gelegen haben.“
Egal. Ich inspizierte ein wenig in der Runde und fand das Bad.
„Hast du was dagegen wenn ich zuerst unter die Dusche gehe?“
„Wie, wir haben ´ne eigene Dusche?“ kam es mal wieder total verwirrt von Phil.
„Yep!“ erwiderte ich.
Da der Antwort schuldig, zog ich mich schon bis zur Boxershorts aus, schnappte mir alles was ich brauchte und verschwand im Bad.
Phil stand immer noch mit offenem Mund da. Ob wegen des eigenem Bades, oder wegen mir – ich werde es wohl nie erfahren.
Peinlich, aber es passiert mir schon mal, dass ich unter einem warmen Duschstrahl ein ganz klein wenig die Zeit vergesse.
Jedenfalls stand mit einem mal Phil auch im Bad.
„Sorry, aber ich habe zigmal geklopft, aber du konntest es wohl nicht hören.“
Im ersten Moment wäre ich am liebsten im Abfluss weggespült worden. Schließlich stand ich unter der Dusche, wie mich Gott erschaffen hatte.
Doch langsam setzte der Verstand ein. Im Sportverein duschten wir schließlich auch alle gemeinsam.
Also Timo, reiß dich zusammen. Jetzt keine falsche Scham.
Nun zog Phil auch die letzte Hülle an sich herunter und betrat ebenfalls die Dusche.
Oh mein Gott. Ich hatte mich vollkommen in Griff. Alle Werte normal, Commander.
Da war nur ein klitzekleines Problem. Kleintimmy dachte da wohl etwas anders.
Nein, bitte nicht. Bitte nicht jetzt.
Je mehr ich darüber nachdachte, umso mehr entwickelte Kleintimmy seine Eigeninitiative.
Aus – ich hatte verloren und Kleintimmy gewonnen.
Solange Phil noch Shampoo in den Augen hatte, gab es DIE Chance. Schnell raus hier.
„Timmy, könntest du mir bitte den Rücken einseifen?“
Oh nein – bitte nicht. Warum bin ich hier und auf diesem Planeten. Kirk an Enterprise: sofort raufbeamen – das ist ein Notfall …
„Klar, gern. Möchtest du mein Duschgel, oder hast du ein spezielles?“
Scotti, nun mach schon, beam mich hoch !!!
Gleichmäßig begann ich mein Duschgel auf seinem Rücken zu verteilen. Seine Haut fühlte sich an wie Seide. Ja, in Öl getränkte Seide, die man über eine weichen Luftballon gespannt hat. So zart und so weich. Kein Härchen verunzierte die zarte Haut.
Timmy reiß dich doch endlich zusammen!
Scotti, wo bleibt die Energie?
Langsam begannen meine Fingerkuppen seine Muskeln um die Schlüsselbeine zu massieren.
Nicht kneten, nein, sondern nur ganz sanft zu massieren. Zwischendurch fuhren sie, wie von Geisterhand geführt entlang der Wirbelsäule hinab und wieder hinauf.
„He das machst du toll. Wo hast du das denn gelernt?“
Scottiiii!!! ENERGIE!!!
„Weiß nicht – das kommt mir gerade so in den Sinn. Vielleicht, weil ich es mir selbst als angenehm vorstelle …“ Idiot, was Besseres konnte dir wohl nicht einfallen Timo.
„Oh das kannst du haben. Gib mir mal das Duschgel“ verlangte Phil.
Sekunden später erfuhr ich eine ähnliche Behandlung. Nur empfand ich diese viel intensiver.
Kleintimmy auch, obwohl er doch gar nicht im Spiel war.
Kleintimmy gewann diese Runde und ich verlor.
Unter einem nicht mehr zu versteckendem Stöhnen schoss Kleintimmy ab.
Oh war das peinlich.
„Hey Timmy, das wollte ich nicht. Hatte keine Ahnung, dass du so heftig reagierst. Ist dir bestimmt ein wenig peinlich, oder? Aber schau etwas erregt bin ich auch.“
Im gleichen Moment ergoss er sich über meinen Rücken.
Soviel zum Thema „etwas erregt bin ich auch“ …
Das Vertrauen war wieder hergestellt und die Zutraulichkeit auch. Gemeinsam stiegen wir aus der Dusche und trockneten uns gegenseitig ab. Ja fast so, als wäre es nie anders gewesen.
Wir zogen jeder eine frische Boxershorts an und begaben uns zurück in den Wohn-/Schlafraum.
Wir lagen dann so etwa eine viertel Stunde so nebeneinander auf dem riesigen Bett und versuchten jeder für sich zu verarbeiten, was da eben passiert war. Ich glaubte Florian zu betrügen. Phil, weil er das erste Mal mit einem Jungen zusammen war.
Dabei war doch eigentlich gar nichts passiert. Wir hatten doch nur zusammen geduscht?!?
„Du Timmy?“
„Ja?“
„Ich weiß nicht wie ich es sagen soll, aber du hast so tolle Klamotten“
„Hä?“
„Na ja, würdest du mir heute Abend deine Baggy leihen? Ich habe eine so tolle noch nie gesehen und finde die super geil!“
„He, Phil kein Problem man, ist doch bloß eine Hose …“
„Ne, das siehst du falsch, es ist deine Hose und die sieht auch noch super affengeil aus!“
„Und was zieh ich heute an?“
„Hast du keine Reserve mitgenommen?“ fragte Phil nun doch enttäuscht.
„Doch schon, aber eben für Sonntag, oder eben für den Fall, dass ich mich irgendwie voll kleckere.
Kannst du mir nicht was von dir geben? Zum Beispiel die Latzhose?“
„Das ist nicht dein Ernst oder? Welcher Stadtjunge zieht eine Latzhose an? Bei uns auf dem Dorf O.K. – aber Du?“
„Warum nicht, sieht doch total süß aus!“ langsam wurde ich doch verlegen.
„Na dann zieh die Mal an – von wegen süß …“
Das Angebot wartete ich kein zweites Mal ab. Ne echte Carhartt-Latze in Duckbrown mit gedoppeltem Knie, die würde ich in Deutschland höchstens bei eBay bekommen.
Ratzfatz schlüpfte ich hinein und Phil half mir sogar mit den Trägern.
„He, ich wusste gar nicht wie gut die aussieht – jedenfalls an dir. Die passt dir wie maßgeschneidert! Und du hast Recht. Du siehst darin total süß aus.“
Auch ohne dieses Kompliment fühlte ich mich sauwohl.
Wieso wurde ich eigentlich rot?
„Jetzt Du“ freute ich mich.
Langsam schlüpfte er in meine alte abgewetzte Baggy. Gott sah er niedlich aus. So hatte ich ihn noch nie gesehen. Dabei ist er Skater.
Er machte ein paar Schritte und versuchte sich daran zu gewöhnen, ständig das Gefühl zu haben, die Hose zu verlieren. Er zog dann den Gürtel noch etwas enger und nun schien er Vertrauen zu finden.
„Du Timmy, ich hatte keine Ahnung wie bequem so eine Baggy ist. Kann ich die behalten?“
„Oh je, ausgerechnet meine uralte Lieblingshose. O.K. Phil, ist gebongt. Aber nur unter einer Bedingung.“
Er fragte schon wieder etwas traurig schauend: „und die wäre?“
„Ich bekomme die Carhartt dafür“ hoffentlich beißt er an …
„Das ist doch nicht dein Ernst? Oder? Die alte Hose ist eine Arbeitsklamotte und gegen Skaterwear ein Nichts im Vergleich …
„Da siehst du mal wie anspruchslos ich bin (freches Grins). Nein, Phil im Ernst. Ich beneide dich um diese Latzhose schon seit der Hochseeangeltour. Nur habe ich mich nicht getraut etwas zu sagen …“
„Irre, und genauso ging es mir mit deiner total geilen Baggy …“
Wir fielen uns in die Arme und näherten uns ganz zaghaft für einen neuen Versuch zum Küssen.
[Details seien hier nun einmal nicht verraten, nur soviel, die beiden blieben artig.]
Es klopft an der Tür.
„Hallo, ich bin Charles Christopher Furguisson, der Chauffeur. Die Herren haben nach mir gerufen!“
„Ja, hallo Mr. Furguisson, würde es ihnen etwas ausmachen uns in die City zu fahren um dem Karneval etwas näher zu kommen?“
„Keinesfalls, die Herren, dies ist meine Aufgabe in diesem Etablissement!“
„Wenn die Herren mir bitte folgen würden.“
Ich kam mir vor wie ein Idiot. Der Kerl war vielleicht 2 oder 3 Jahre älter als wir und wir gingen miteinander um wie die obersten 1000 in Berlin.
In der Limousine Platz genommen ergriff ich das Wort: „Sorry Mr. Furguisson, ich bin aus Deutschland und mit so steifen Umgangsformen nicht vertraut. Würde es gegen ihren Codex verstoßen, wenn sie mich mit Timo anreden?“
„Und ich heiße Philipp“ sprang Phil mit auf den Zug.
„Die Herren mögen verzeihen, aber die Chefin ist sehr streng. Ich werde auch viel lieber mit CC angeredet, so machen es alle meine Freunde. Außerdem war ich beeindruckt heute von ihnen das Essen serviert zu bekommen und doch sind sie Gäste der Chefin. Sie verstehen meine Irritation?“
„O.K. CC ich bin ab sofort Timmy und neben mir sitzt Phil. Und solange du es mit deinem Job vertreten kannst, möchten wir auch nur so angeredet werden und wir würden uns freuen stets CC zu dir sagen zu dürfen!“
„dem schließe ich mich uneingeschränkt an“ bekräftigte Phil meinen Wunsch.
„Timmy, Phil, willkommen an Bord meiner Limousine, unter der Armlehne zwischen euren Sitzen befindet sich übrigens eine kleine Bar mit gekühlten Getränken, falls ihr schon mal für den Karneval ein wenig in Stimmung kommen mögt!“
„Hey CC, so gefällst du mir schon wesentlich besser. Danke für das Angebot, aber ich trinke keinen Alkohol.“
„Ich auch nicht, aber könntest du vielleicht die Stimmung mit ein wenig Musik bereichern. Ich meine Musik für unsere Generation?“ ergänzte Phil vorsichtshalber seine Frage.
Schon erklang ein sauberer Rap in dem Wagen, ohne definieren zu können, wo der Schall herkam. Es schien wohl so eine Art Surround-Sound-Anlage zu sein.
Die Lautstärke war so gewählt, dass eine Unterhaltung weiterhin möglich war.
„Wann werdet Ihr denn so vermutlich wieder abgeholt werden wollen?“
„Wie abholen? Joanne versprach nur etwas von hinbringen?“
„Hey Jungs, glaubt ihr im Ernst, ich lasse zwei so nette Kerlchen eine Taxirechnung bezahlen, wenn ich offiziell eh rund um die Uhr im Dienst bin?“
„Hier, nehmt mal diese Karte, da ist unten rechts meine Handynummer drauf. Dann vereinbaren wir einen Treffpunkt, an dem ich euch abholen kann. Am besten am Stadion, wo ich euch auch gleich absetze. Das kann man am schnellsten und besten mit dem Wagen erreichen und es ist von den befahrbaren Orten der dem French Quarter der nächstgelegene.“
„Danke CC, das ist wirklich supernett von dir. Aber können wir das wirklich annehmen? Ich meine, es könnte eventuell spät werden!“ wand Phil höflich ein.
„Mein Angebot steht. Anders gesagt, ihr würdet mich beleidigen, wenn ihr ein Taxi nehmt!“
„O.K., das könnten wir nun wirklich nicht verantworten. Danke CC!“ ich war wirklich gerührt. Womit hatten wir nun schon wieder seine Sympathie erobert?
Wie angekündigt setze CC uns am Superdome ab.
Von hier aus war es etwa eine viertel Stunde zu Fuß zum French Quarter, wenn nicht Karneval war.
Um es kurz zu machen wir kamen im French Quarter nie an. Jedenfalls nicht in dieser Nacht.
Wir lernten eine ganze Menge Leute kennen. Jungs, Mädels, Pärchen in allen Varianten.
Irgendwann so gegen 1.00 Uhr morgens waren wir vom Tanzen so erschöpft, dass Phil meinte es wäre besser CC anzurufen, sonst halten wir bis Dienstag nicht durch.
Kaum erreichten wir den Parkplatz am Superdome rollte auch schon CC mit der Limousine vor.
„Na Jungs, hattet ihr ein wenig Spaß?“
„Oh man CC, ich glaube ich bekomme einen Muskelkater“ beantwortete ich sofort seine Frage.
„Dem kann man vorbeugen!“
„Ja, du hast ja recht, ich hätte nur noch ein wenig mehr Sport treiben brauchen im Vorfeld …“ entglitt es mir unbedacht.
„Nein, so ein Rat würde dir jetzt ja nun auch nicht helfen. Aber ein paar Saunagänge helfen der Muskulatur wieder zur Entspannung – ehrlich.“
„O.K. darauf könnte ich morgen zurückkommen. Kennst du denn einen Ort, wo man da einigermaßen erschwinglich hingehen könnte?“ so richtig neugierig war ich eigentlich nicht.
„Timmy, Philipp, so wie ihr ausseht werde ich euch jetzt direkt dahinfahren.“
Hä ? Bitte was? Wo will der jetzt noch mit uns hin. Der hat gut lachen, wahrscheinlich die ganze Nacht vorm Fernseher gehockt und uns jetzt in so einen Club abladen, oder was? Hat der sie noch alle?
„Nö, CC, bring uns bitte jetzt erstmal direkt nach Hause.“ wünschte ich mir.
„Sagte ich doch.“
„Wie, ich verstehe nicht?“
CC: „Na ja, die Sauna, von der ich sprach ist im Keller von unserem Motel, und mindestens ein Gang vorm zu Bett gehen und ihr seid nachher zum Frühstück wieder fit. Zumal ihr ja nichts getrunken habt. Ich meine Alkohol.“
„O.K., mich hast du schon überzeugt!“ kam es jetzt mit einem Mal von Philipp.
„Na gut auf die halbe Stunde kommt es nun auch nicht mehr an. Kommst du auch mit CC?“
„Geht leider nicht. Es sind noch zwei Gäste unterwegs, denen ich auch die Rückfahrt angeboten habe. Trotzdem nett, dass ihr gefragt habt. Morgen am Sonntag habe ich meinen freien Tag. Da würde ich gerne auf das Angebot zurückkommen, wenn ihr noch wollt. Ich wohne ja auch hier im Haus.“
„Danke für alles. CC. Sehen wir uns bis dahin mal beim Essen?“ wollte ich wissen.
„Nur wenn du mir ein Straußensteak grillst!“
„Straußensteak? Kommst du aus Australien?“ er machte mich nun zur so späten Stunde doch tatsächlich noch neugierig.
„Ja genau, aus Sydney, und irgendwann bekommt man Heimweh und wenn es die einheimische Küche ist…
So Jungs wir sind da. Ich wünsche Euch noch für den Rest eine Gute Nacht!“
„Danke CC, dir auch“ klang es von uns synchron.
Wir gingen dann tatsächlich zuerst in den Keller, suchten, fanden die Sauna und heizten sie an.
Im Zimmer hatten wir schon am Nachmittag Bademäntel entdeckt, wussten damit aber nichts anzufangen – jetzt schon.
Es war 3.00 Uhr durch als wir total erschöpft ins Bett fielen.
Samstag, 01.03.2003
Viel geschlafen hatte ich nicht, glaube ich jedenfalls. Dennoch war ich fit wie ein Turnschuh.
Danke CC, für den Tipp mit der Sauna. [Ihr zu Hause seid gewarnt, das funktioniert wirklich nur, wenn absolut kein Alkohol im Spiel war. Mit Alk ist das ganze lebensgefährlich!!!]
Ich machte mich leise salonfähig und hinterließ für Phil einen Zettel, wo er mich findet.
Unten in der Küche fand ich die Hausherrin.
„Guten Morgen, liebe Joanne! Auch schon so früh auf den Beinen?“
„Ja, dir auch einen guten Morgen. Ich habe gar keine Zeit, ich muss Einkaufen im Großmarkt.
Du kannst dich gerne oben ins Restaurant setzen, oder falls du willst dir hier unten auch was selber brutzeln. Nur mach hinterher bitte wieder KLAR SCHIFF – O.K.?“
„Nö! – Nix ist O.K.“
?
„Kann ich zum Einkaufen mitkommen?“
„Ach so, ja na klar, weiß Phil denn Bescheid, nicht dass er Dich landesweit suchen lässt?“
„Ja, er weiß, dass ich bei Dir bin, natürlich nicht, dass wir einkaufen!“
„Na dann mal los. Willst Du Fahren?“
Es war genauso ein Pickup, wie Don ihn fährt. Also kein Problem. Schon eine halbe Stunde später sind wir in der riesigen Großmarkthalle direkt hinterm Deich am Mississippi.
Ich war schon in den verschiedensten Markthallen Europas und bin immer wieder von den Eindrücken fasziniert. Egal ob Augen, Ohren, oder die Nase. Alle Sinne werden binnen kürzester Zeit überfordert. Bei mir besonders die Nase.
Diesmal sind es die kreolischen Gewürze, die mich betören.
„Du Joanne, hast Du schon jemals Steaks von Strauß oder Känguru zubereitet?“
„Wie kommst du jetzt darauf?“
„Na ja, ich dachte mir halt, du hast einen Stern, und in einer Stadt wie New Orleans mit internationalem Publikum ist es bestimmt nicht einfach, den zu verteidigen. Außerdem schmecken beide super lecker, man brät sie durch, so wie der Amerikaner es mag und sie haben beide null Cholesterin!“
„Sag mal Junge, langsam bekomme ich Angst vor dir – wer bist du wirklich?
Stimmt das tatsächlich, was du da eben gesagt hast? Ich meine gerade das mit dem Cholesterin und dass das Fleisch wirklich gut schmeckt?“
„Yep, wann immer ich die Chance in Deutschland habe an das Fleisch ranzukommen, decke ich mich ein.
Bei uns gibt es das eh nur tief gefroren, und dann kann ich das auch gut ein bis drei Monate lagern. Du kannst es verwenden wie ein Rindersteak, was die Würze betrifft. Im Prinzip reicht nach dem Braten oder Grillen eine Prise Salz und die Pfeffermühle. Der Rest an Eigengeschmack vom Fleisch reicht schon aus.
Für eigene Kreation steht die jede Tür offen, das Fleisch wird nämlich eigentlich nie zäh, es sei denn du lässt es hoffnungslos vertrocknen!“
„Timmy, du bist ein Schatz. Ich habe in zwei Wochen einen Kongress zu Tisch und wollte denen etwas ganz besonderes bieten und zermatere mir seid Tagen deswegen den Kopf.
Komm, wir decken uns mal mit einem richtigen Vorrat ein und dann wird das Personal zur Probe kosten dürfen, bis alle sagen, das ist es! Du darfst aber niemanden etwas erzählen –O.K.?“
„Klar Joanne, aber das musst du auch deinem Chauffeur sagen, ich meine CC, äh, ich mein Mr. Furguisson, der stammt nämlich aus Australien und ich könnte mir vorstellen, das der ein Straußensteak selbst mit verbundenen Augen und zugehaltener Nase erkennt.
„Da könntest Du Recht haben, aber der ist kein Problem. Wenn ich dem sage, ich mache das ihm zu liebe, wird er meinem Wunsch zur Verschwiegenheit unterm Personal genauso folgen wie gegenüber den Gästen.“
Ich hatte zwar geringfügige Bedenken, aber sie führte seit über 20 Jahren dieses Motel, und hatte es im Restaurant zu einem Stern geschafft. Ich befürchte, dass alles was mit Personalführung zu tun hat, sie wohl eindeutig mehr Erfahrung hat.
Noch war mir allerdings nicht ganz klar, warum sie so ein Geheimnis um die Sache machen wollte? Straußen- und Kängurusteaks gelten doch als Delikatesse?
An der Kasse viel mir eine Reihe von 10 Grillwürstchen auf – und das für ein Restaurant, oder waren die vielleicht für die billigen Mitesser wie Phil und ich? Egal, schließlich wohnten wir ja auch kostenlos.
Zurück im Motel wurde ich sofort von Philipp überfallen.
„Hey, mach das nie wieder, ich habe mir echt Sorgen um dich gemacht!“ machte er mich fertig.
„Phil, was ist los, ich war doch nur mit unserer Chefin einkaufen.“
„Ja. schon gecheckt, aber ich war allein und du nicht da, und …“ da lief doch tatsächlich eine Träne über seine Wange.
Jonathan kam an uns vorbei und fragte ob wir den Fahrer gesehen hätten, es gäbe eine Personalvollversammlung.
„Du Jona, erstmal guten Morgen, als ich eben mit Joanne vom Einkauf wiederkam, stand die Limousine nicht vor der Tür. Könnte es sein, das er eine Fahrt hat?“
„Wer hat eine Fahrt außer mir?“ kam CC lächelnd in den Aufenthaltsraum.
Jona war zufrieden und klärte auch CC über die Vollversammlung auf.
„Meine lieben Damen und Herren!
Wie sie zum Teil ja schon leidvoll mitbekommen haben, empfängt unser Haus in wenigen Tagen eine Delegation des Umweltkongresses. Da werden Vertreter aller Länder zugegen sein. Was die Küche betrifft, so habe ich mich entschlossen, ein weltweites Spektrum der Kulinaritäten anzubieten, wie es sie kein zweites mal in New Orleans geben wird , oder je gegeben hat.
Da fällt mir ein, kennt jemand von ihnen Rezepte aus Australien, oder jemanden, der mir solche verrät?
Wenn dem so ist, bitte nach der Versammlung zu mir.
Ansonsten, meine lieben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, werde ich in den nächsten Tagen sie als Testesser missbrauchen.
Wer das nicht möchte kann das selbstverständlich kundtun, und bekommt dann in der Zeit eine handelsübliche Grillwurst.
Allen Testessern möchte ich jedoch ans Herz legen, wirklich konstruktiv zu denken und ehrliche Kritik zu üben.
Meine Damen und Herren, ich verlasse mich auf sie!
Vielen Dank“
„Entschuldigung Miss, ich bin …“
„Hallo CC, so nennt man sie doch unter Freunden, oder? Und sagen sie nicht Miss zu mir. Ich bin Joanne. Was kann ich für sie tun?“
„Joanne, ich komme aus Australien und habe noch immer eMail-Kontakt zu Freunden dort. Ich denke ich könnte typische Rezepte sogar von den Aborigines auftreiben.“
„Hervorragend, ich wusste, dass ich auf sie zählen kann. Erzählen sie aber bitte ihren Kollegen nicht davon. Das könnte die Meinung verfälschen. O.K.?“
„Alles klar Joanne!“
Phil und ich wollten uns gerade schleichen, als Joanne uns doch noch erwischte.
„Timmy, bevor du gehst, sage mir wenigstens, wie ich heute schon mal antesten kann.“
„Wie wäre es mit der gleichen Art, wie du Lammfleisch marinierst, bevor es auf den Grill kommt? Aber wie gesagt, bei Strauß und auch Känguru kannst du höchstens zu lange garen. Sonst kann man da eigentlich nichts falsch machen!“ entspannte ich ihre Aufregung.
Phil und ich zogen los Richtung City. Heute einmal zu Fuß. Es war ein herrlicher Tag.
Schon jetzt um 11.00 Uhr waren es 25°C.
So langsam wurde es mir in der Latzhose zu warm und ich zog das T-Shirt darunter aus.
Endlich im French Quarter angekommen, wandelten wir mehrfach die Bourbonstreet auf und ab. Wir genossen die Straßenmusikanten, die jetzt bei Tageslicht den Bands in den Kneipen die Show stahlen.
Irgendwann gingen wir auch in eine Bar rein. „The Court of Two Sisters“ hieß die.
Wir genehmigten uns einen frischen Orangensaft und ließen uns von der Live-Musik berauschen. Entgegen dem, was der Name der Bar vielleicht vermuten ließ, spielte eine Drei-Mann-Band heiße Rhythmen. Besonders der Mann mit dem Banjo faszinierte alle Gäste.
Ein klein wenig kann ich auch auf einer Gitarre rumzupfen, aber was ich da hörte, machte mich fast schwindelig. Und das auch noch mit einem wahnsinnigen Tempo!
Kaum hatten wir unsere Gläser geleert – nach so ca. 3 Stunden – konnte wir uns losreißen um weiter zu ziehen.
Irgendwie hatte ich das French Quarter gar nicht in solch guter Erinnerung. Vielleicht war ich damals einfach noch zu jung? Jedenfalls empfand ich alle Eindrücke diesmal ganz anders.
Ob es an Philipp lag – keine Ahnung?!?
Die Dämmerung fing schon an, als wir uns auf den Heimweg machten.
So schön, wie der Tag begonnen hatte, so schlimm wollte er wohl ausgehen.
Vielleicht nur eine viertel Meile vom Motel noch weg, wurden wir von einem heftigen Gewitter heimgesucht.
Ich kann euch sagen, nur mit einem T-Shirt auf der Haut kann Hagel ganz schön zwiebeln!
Zwei begossenen Pudeln gleich erreichten wir endlich unsere Herberge.
„Sauna?“
„Super Idee!“ antwortete ich spontan. „Wollen wir CC mitnehmen?“
„Wer fragt nach mir? Ich habe heute frei!“ hörten wir CC, der im Foyer offenbar eine Zeitung las.
„Hey CC kommst du mit in die Sauna?“ sprudelte Phil spontan.
„Wie seht Ihr denn aus? Aber ganz schnell raus aus den nassen Klamotten – ihr holt euch ja den Tod. Warum zur Hölle habt ihr mich nicht angerufen?“
Zu einer Antwort kamen wir nicht, denn er schob uns schon die Treppe rauf.
Zehn Minuten später trafen wir uns in der Sauna wieder. Erst dort bemerkte ich, wie unterkühlt ich war.
„Du Timmy – Danke!“
„Wofür CC? Ich bin mir keiner Schuld bewusst …“
„Na für die Straußensteaks heute Abend. Und Joanne hat die auch echt super hinbekommen!“
„Ups, daran habe ich schon gar nicht mehr gedacht. War aber doch eine gute Idee – oder?“
Es war schon weit nach 22 Uhr, als wir in unser Zimmer zurückkehrten. Nur heute einmal nicht so kaputt, wie die letzten Tage.
Kaum ließ ich mich langsam rücklings auf unser Bett gleiten, als sich Philipp auch schon an mich kuschelte.
Nur mit dem Bademantel bekleidet, hatten unsere Hände ein leichtes Spiel, mehr, als nur die Nippel auf unseren Brüsten zu entdecken.
Aus dem Kuscheln wurde immer mehr und zügig verwandelte sich …