Die Angst der anderen
Corbis
Ein Bericht aus dem Stern hat mich bewogen doch einmal die Feder in die Hand zu nehmen und meine Gefühle, Ängste aber auch die Hoffnung um ein wenig dazu beizutragen, dass diese und die Vorbehalte gegenüber Betroffener, ein wenig zerstreut werden können.
Ziel ist es, dass jeder den Bericht auch bis zum ende liest, sich seine Gedanken darüber macht und ein wenig offener dem Thema gegenüber steht.
Jeder, so wie auch ich, wird lesen, es ist kein beschönigen der Tatsachen, sondern soll mit den Vorurteilen aufräumen. Dazu möchte ich gern beitragen indem ich meine Erfahrungen versuche zu beschreiben. Ich gebe zu, es ist verdammt schwer, so zu schreiben, dass es jeden fesselt. Dazu ist das Thema aber auch nicht geeignet vielmehr soll es helfen, diese heimtückische Krankheit in ihrer Verbreitung zu stoppen.
Als ich 2006 gute Freunde besuchte, wusste ich schon, das ein Mitbewohner an dieser Krankheit „AIDS“ erkrankt war und eine lange Zeit im Krankenhaus war. Einerseits war ich Unsicher, wie soll ich mit dem Mitbewohner, ich nenne ihn mal Marek, umgehen sollte andererseits war da auch der Wissensdurst, wie konnte es dazu kommen. Vorweg, es wurde ein langer Abend und ging bis in die späte Nacht.
Es schwirrten so viele Fragen in meinem Kopf, die es galt mit Antworten zufrieden zu stellen. Wie hat sich Marek angesteckt und vor allem weiß der andere von seiner ansteckender Krankheit?
Marek hatte ungeschützten Geschlechtsverkehr mit einem anderen Mann in einer Gaysauna. Beide hatten ihren Spaß, was aber später zu entscheidenden Veränderungen in Mareks leben führen wird, und jeder ging seinen Weg.
Einige Wochen später bemerkte Marek eine Veränderung, er bekam eine Erkältung und diese verlief fast wie eine Grippe. Jedoch dauerte die Grippe länger als wie man es sonst von einem Infekt kennt. Dann kamen hohes Fieber,
Hautauschlag mit Pusteln dazu. In Heimarbeit dokterte man rum und der Hausarzt verschrieb Medikamente die die Masern bekämpfen sollten. Der Zustand von Marek verschlechterte sich zunehmend, so dass man in ein Krankenhaus fuhr.
Dort wurde Marek untersucht und nachdem man einen weiteren Arzt hinzuzog ging es auf die Isolierstation. Weitere Untersuchungen folgten, neben Blut und Hautabstrichen wurden zahlreiche Medikamente eingesetzt um das hohe Fieber und den inzwischen auf dem ganzen Körper ausgeweiteten Hautausschlages in den Griff zu bekommen. Dann kam der Hammer und die Diagnose. Zum einen hatte sich Marek Syphilis und HIV eingefangen bei seinem ungeschützten Geschlechtsverkehr.
Es war ein Schock, denn keiner hatte eine Vorstellung oder Ahnung. Viele Wochen musste Marek in der Klinik verbringen, anfangs allein auf der Isolierstation und mit der Gewissheit dieser Krankheit in sich zu haben.
Sie hatte ihren ersten schrecklichen Verlauf auf Marek mit sehr deutliche Spuren hinterlassen da sein Körper sehr geschwächt wurde. In dieser Zeit hatte Marek nicht nur mit dem Ausbruch von Aids zu kämpfen, erschwerend kam noch die psychische Verfassung, die dazu führte, das Marek durch die Ärzte als selbstmordgefährdet eingestuft wurde.
Meist kann man erst in schweren Lebenslagen sehen, ob und welche Freunde man hat.
Betroffene haben in dieser Situation echte Freunde am nötigsten. Sie brauchen Menschen, die verstehen und helfen, über den Schock hinwegzukommen. Seine Mitbewohner waren eine der wenigen die dazu zählten. Viele Wochen und Monate vergingen, bevor Marek wieder nach Hause dürfte. Dank seiner Mitbewohner konnte er Zuhause weiter gepflegt werden. Jeder der den Film Philadelphia (1993) gesehen hat mit Tom Hangs, wird sich an den Zustand so eines Krankheitsschubes erinnern.
Marek hatte ohne seines Wissens, die Krankheit bekommen, bedingt seiner eher seltenen Kontakte zu anderen Männern, aber auch keinen anderen angesteckt.
Vieles hat sich bei Marek seit dem verändert, jedoch nur durch die heutige Medizin und deren Forschung ist es möglich, die heimtückische Krankheit zu bekämpfen.
Heilen kann man sie nicht.
Ich möchte alle nur warnen, seit nicht zu gutgläubig und benutzt Kondome. Es gibt zahlreiche Seiten im Internet, wo die meisten den schnellen Sex suchen. Schaut Euch die Profile der Sexpartner genau an, sprecht mit Ihnen und wenn die Lust auch noch so groß ist, ohne Gummi sollte kein Sex stattfinden.
Ich gebe zu, das klingt doch sehr moralisch, möchte aber zu bedenken geben, jeder wird schon einmal in der Versuchung gewesen sein und ungeschützten Geschlechtsverkehr zu machen, oder hat ihn vollzogen. Ich bin da mit Sicherheit keine Ausnahme.
Das Leben wird jeden von uns einmal geschenkt, werft es nicht einfach achtlos weg. Viele werden jetzt denken, mit Gummi macht es keinen Spaß oder ich empfinde weniger. Nun ein Test für beide Partner, und noch viel wichtiger Vertrauen zu seinem Partner sollten helfen.
Wie geht es Marek heute werden sich einige Fragen. Berechtigte Frage, bin ich doch ein wenig abgeschweift. Nachdem Marek zwei Jahre bei seinen Mitbewohnern weiter gelebt hatte, fand er seinen Mister Right. Beide leben nun seit fast drei Jahren zusammen als festes Paar. Beide mussten sich an viele Umstellungen gewöhnen, was die Krankheit aber auch so eine Partnerschaft mit sich bringt.
Bevor ich euch noch den Bericht und die Kennzahlen mitgebe möchte ich noch über meine Gefühle, Ängste und Begegnungen mit Infizierten sprechen.
Als ich Marek nach seinem Krankenhausaufenthalt 2007 bei seinen Mitbewohnern besuchte, hatte ich am Anfang Scheu ihm die Hand zu geben ihn zu drücken. Völlig bekloppt, ich weiß, aber hinterher ist man klüger. Genau diese Reaktion ist so ziemlich das verkehrteste was man tun sollte. Das offene Gespräch half mir, über viele Dinge nachzudenken und anders zu betrachten. Ich glaube inzwischen führe ich einen normalen Umgang mit Marek und seinem Partner. Einiges habe ich auf den Internetseiten nachgelesen. Die Aidshilfe hat eine gute Seite, wo vieles erklärt wird und man gute Beratungen bekommt. So nun aber zu dem Bericht.
Ausgegrenzt innerhalb der Gesellschaft: HIV gleicht einem Stigma
Von Julia Jüttner
Etwa 73.000 HIV-Infizierte leben in Deutschland, mehr als je zuvor. Jedes Jahr kommen fast 3000 neudiagnostizierte Fälle dazu. 30 Jahre nach der Entdeckung von Aids fühlen sich Betroffene noch immer ausgegrenzt – vor allem bei Arztbesuchen.
Hamburg – Mit Rock Hudson kam die Panik. Das Bild des Hollywood-Stars auf der ersten Seite der Tageszeitungen. „Rock Hudson an Aids erkrankt“, „Denver-Stars in Angst, hat er sie angesteckt?“ Thomas sieht die Schlagzeilen vom Sommer 1985 noch vor sich. Er jobbte damals als Teenager in einem Kiosk in einer Kleinstadt in Schleswig-Holstein.
Die Kunden waren entsetzt, Thomas‘ Familie auch. Doris Days Dauerfreund aus den Pyjama-Komödien sterbenskrank? Infiziert mit dem geheimnisvollen, tödlich verlaufenden Virus, ausgelöst durch Homosexualität und „genusssüchtigem Lebensstil“, wie die Blätter damals titelten? Der Schauspieler lag nach einem Zusammenbruch im Hotel Ritz im L’Hôpital Américain in Paris. Hudsons PR-Managerin Yanou Collart teilte in seinem Auftrag der Öffentlichkeit mit: Der Traummann vieler Frauen ist schwul – und HIV-positiv.
Patienten flohen aus Angst vor Ansteckung aus der Klinik. Die Fluggesellschaften verweigerten den Transport eines Aids-Kranken, Hudson charterte schließlich nur für sich und seine Begleiter eine Boeing 747 zurück nach Los Angeles. Pressebetreuerin Collart küsste und umarmte ihn zum Abschied – die Boulevardblätter titelten: „Aids-Kuss!“. Thomas klemmte die Zeitungen mit ihren lauten Schlagzeilen in den klapprigen Zeitungsständer vorm Kiosk. 14 Jahre später infizierte er sich selbst mit dem Virus.
Mehr als 25 Jahre später gibt es noch immer Momente, in denen sich Thomas so fühlt, wie sich Rock Hudson damals gefühlt haben muss: Das Virus gleicht einem Stigma. Jeder Anruf bei einem neuen Arzt koste ihn als HIV-Infizierten Überwindung. Dort muss er seine Infizierung erwähnen, mehrfach sei er abgewiesen worden, sagt Thomas, 42, ein schlaksiger Typ, die Haare zu dünn, das Lächeln gewinnend.
Der Verwaltungsfachwirt lebt als Single an der Ostsee, treibt viel Sport, schwimmt, spielt Basketball. Trotz des stürmischen Wetters an diesem Januartag trägt er seine Laufschuhe, acht bis zehn Kilometer will er heute noch laufen.
Erst im vergangenen Herbst wollte Thomas den Zahnarzt wechseln, füllte das Anmeldeformular wahrheitsgemäß aus. Der Verwaltungsfachwirt spürte, wie die Arzthelferinnen im Flur der Praxis zusammenstanden, ihn musterten, mit dem Arzt im Behandlungsraum verschwanden. „Eigentlich“ nähmen sie keine neuen Patienten mehr an, wurde ihm schließlich mitgeteilt. Da es sich um einen Notfall handele, könnte er am nächsten Abend als letzter Patient noch einmal vorbeischauen. Doch für seine Schmerzen sei eine zeitnahe Behandlung „eigentlich“ sinnvoller, er könne es „gern auch woanders“ versuchen, erinnert er sich heute.
„Ansteckendere Infektionskrankheiten als HIV“
Thomas fand einen anderen Zahnarzt, wieder eine Empfehlung aus dem Kollegenkreis. Auch der vertröstete ihn auf den Abend, „nach der offiziellen Sprechstunde“, erst dann sei gewährleistet, dass das Personal den Raum und das benutzte Besteck gründlich desinfizieren könne für die Patienten nach ihm.
Eine nicht-repräsentative Umfrage bei 16 Zahnarztpraxen zeigt: In den meisten Fällen bekommt man auch kurzfristig einen Termin innerhalb der üblichen Sprechstunde. Erwähnt man die HIV-Erkrankung, wird der Termin in 15 Fällen auf das Ende der Sprechstunde verlegt.
„Repräsentativ“ seien diese Testanrufe natürlich nicht, aber „schon auffällig“, sagt Dietmar Oesterreich, Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer. Dabei sei bekannt, dass ein Zahnarzt bei jedem Patienten dieselben Maßnahmen zur Hygiene sowie zur Infektionskontrolle durchführen müsse, egal ob der seine Infektion in der Anamnese angebe oder nicht. Es könne auch sein, dass dem Patienten eine HIV-Infektion nicht bekannt sei. „Es gibt außerdem ansteckendere Infektionskrankheiten wie etwa Hepatitis B“, sagt eine Zahnärztin aus Hamburg.
Wissenschaftliche Publikationen machen deutlich: „Es ist unsinnig, HIV-positive Patienten am Ende der Sprechstunde einzubestellen, so wie es in manchen Praxen Usus ist.“ Hinweisen von Patienten, die sich in Praxen ausgegrenzt fühlen oder gar abgelehnt wurden, gehe man nach entsprechender Information auf Basis des Berufsrechts nach, sagt Dietmar Oesterreich.
„Jeder Patient, der sich ausgegrenzt oder ungerecht behandelt fühlt, muss den Fall bei der jeweiligen Landesärztekammer anzeigen“, rät Alexander Dückers von der Bundesärztekammer. Ihm selbst seien keine Fälle bekannt.
Helga Neugebauer, Ärztin für innere Medizin und für die Aids-Hilfe Hamburg tätig, dagegen schon. „Wir haben schon heftige Aussagen gehört“, sagt sie. Ein Zahnarzt habe beispielsweise einen Betroffenen angebrüllt: „Sie haben meine Praxis verseucht!“
Immer wieder die Frage: „Wie hast du dich angesteckt?“
Auf der Website der Zahnärztekammer in Berlin kann man eine Liste einsehen mit Zahnärzten, die ausdrücklich bereit sind, HIV-Patienten zu behandeln. Für Thomas ist auch solch eine Liste eine Art Diskriminierung. Es hat lange gedauert, bis er sich zu einem Gespräch durchringen konnte. „Mein Problem ist nicht das Virus, sondern das Verhalten derer, die damit konfrontiert werden und deren Unwissenheit.“ Oft fühle es sich so an, als habe sich nichts geändert, seit er als Teenager die Zeitungen mit den Rock-Hudson-Schlagzeilen einsortiert hat.
Dabei leben in Deutschland mit mehr als 73.000 Betroffenen so viele HIV-Infizierte wie nie zuvor, jedes Jahr kommen fast 3000 Fälle dazu, davon sind 2500 Männer.
In den vergangenen Jahrzehnten hat sich die medizinische Versorgung enorm verbessert: Aids ist noch immer nicht heilbar, aber aus der tödlichen Krankheit ist eine chronische geworden, mit der man leben kann. Betroffene wie Thomas nehmen jeden Tag eine ordentliche Dosis antiviraler Medikamente, davon abgesehen leben sie ein ganz normales Leben. Wäre da nicht die Angst. Die Angst der anderen, sich anzustecken.
Seit zwölf Jahren weiß Thomas, dass er HIV positiv ist. Seine Eltern wissen es nicht. Er scheut die immer gleiche Reaktion, die auf das Geständnis folgt: „Wie hast du dich angesteckt?“ Eine Frage, die für ihn wie ein Vorwurf klingt: Du hast dich infiziert, weil du schwul bist, weil du kein Kondom benutzt hast, weil dein Lebenswandel unstet war. Aids als Strafe für unmoralisches, verwerfliches Verhalten. So empfindet es Thomas.
Anfangs weihte er nur seine Geschwister und enge Freunde ein. Sie mieden ihn nicht, fürchteten nicht die körperliche Nähe zu ihm. Durch diese Erfahrung bestärkt vertraute sich Thomas auch anderen an und kann nun zig Beispiele aufzählen, die die Ängste seiner Umwelt dokumentieren, als sie von seiner Infektion erfuhren – bei der Arbeit, im Sportverein.
Auch Dennis aus Hamburg, 34, outet sich nur als HIV-Infizierter, wenn es sich nicht vermeiden lässt. Nachdem er bei einer Zahnärztin in Hamburg einen extra detaillierten Fragebogen ausfüllen und dann ebenfalls ans Ende der Sprechstunde gedrängt werden sollte, verließ er die Praxis und schrieb der Ärztin einen Brief. „Ich war gekränkt, wütend, enttäuscht“, sagt Dennis. Die Ärztin antwortete, entschuldigte sich, legte eine Kopie des neuen und inzwischen gekürzten Auskunftsbogens bei und gab an, sie habe sich mit dem Robert-Koch-Institut besprochen: Dennis habe recht, eine standardmäßige Reinigung des Behandlungsbestecks sei ausreichend.
Die OP-Schwester einer Tagesklinik in Hamburg war weniger einsichtig. Sie weigerte sich, bei der Operation von Dennis‘ Knie zu assistieren. Zwei Tage vor dem Eingriff bekam er einen Anruf, dass er nicht operiert werden würde. „Ich geriet in Panik“, sagt Dennis, hatte er doch seinen Arbeitgeber informiert, freigenommen, Freunde eingespannt, die ihm nach der OP im Alltag helfen sollten. Sein Orthopäde fand einen anderen Orthopäden. „Nur weil ich Druck auf die neue Praxis ausübte, konnte ich zwei Tage nach dem ursprünglich geplanten Termin operiert werden.“
Die Ärztekammer Hamburg, der Dennis den Vorfall schilderte, schrieb ihm, die HIV-Infektion eines Patienten stelle keinen „Grund für die Ablehnung einer OP dar“.
Die HIV-Infektion
Die Infektion mit HIV erfolgt über Körperflüssigkeiten wie Blut, Sperma und Scheidensekret, aber auch über die Muttermilch. Außer ungeschütztem Vaginal- und Analverkehr gilt die gemeinschaftliche Nutzung von Spritzen durch Drogensüchtige als ein Hauptübertragungsweg.
Bei normalem Körperkontakt gibt es dagegen kein Infektionsrisiko, da die Körperhaut im Gegensatz zur Schleimhaut über eine schützende Hornschicht verfügt. Bei Verletzungen oder Ekzemen können allerdings auch hier Erreger eindringen. Beim beruflichen Umgang mit Kollegen am Arbeitsplatz besteht ebenso wenig Ansteckungsgefahr wie bei Besuchen von Schwimmbad oder Sauna oder gemeinsamem Essen. Kein Risiko gibt es auch bei ärztlichen und zahnärztlichen Behandlungen, da die Desinfektion von Instrumenten das Virus zuverlässig abtötet.
Chronik
1981: Vor allem in Kalifornien und New York sterben junge Männer an einer Krankheit, die das Immunsystem der Kranken ausschaltet. Am 5. Juni berichtet die US-Gesundheitsbehörde CDC erstmals über die auffällige Zunahme seltener Krebs- und Lungenentzündungsformen bei jungen Homosexuellen.
1982: In Deutschland und anderen europäischen Ländern werden die ersten Fälle diagnostiziert. Die erworbene Immunschwächekrankheit wird Aids (Aquired Immunodeficiency Syndrome) genannt.
1983: Die Forschungsgruppen von Robert Gallo (USA) und Luc Montagnier (Frankreich) identifizieren das Virus, das die Krankheit auslöst. Später erhält es den Namen HIV (Human Immunodeficiency Virus).
1984: Der erste HIV-Antikörpertest wird vorgestellt.
1985: In Atlanta findet die erste Welt-Aids-Konferenz statt. Durch den Aidstod des US-Schauspielers Rock Hudson wird die Krankheit einer breiten Öffentlichkeit bekannt. In Deutschland dürfen ab Herbst keine Blutpräparate mehr ohne vorherigen HIV-Test verkauft werden. Über 2300 Menschen – darunter mehr als 1800 Bluter – hatten sich zuvor infiziert.
1986: Aus Afrika werden die ersten Aidsfälle gemeldet.
1987: AZT, das erste Medikament, das den Verlauf der Krankheit verlangsamen kann, erhält eine Zulassung.
1988: Die WHO führt den 1. Dezember als Welt-Aids-Tag ein.
1991: Die rote Schleife wird internationales Symbol für den Kampf gegen Aids.
1995: Sogenannte Protease-Hemmer kommen als neues Aidsmedikament auf den Markt.
1996: Die Vereinten Nationen gründen UNAIDS, eine Unterorganisation der Uno für den Kampf gegen die Krankheit.
1999: Wissenschaftler finden Belege dafür, dass das HI-1-Virus von einer Schimpansen-Unterart stammt, die nur im westlichen Zentralafrika vorkommt.
2003: Der erste Fusionshemmer kommt als vierte Klasse von Aidsmedikamenten in den USA auf den Markt.
2004: Die WHO startet die Initiative „3 by 5“. Danach sollen 2005 drei Millionen Infizierte mit Medikamenten versorgt werden.
2005: Nach Angaben der UNAIDS sind über 40 Millionen Menschen weltweit mit HIV infiziert – ein neuer Höchststand. Das Berliner Robert Koch-Institut geht von 2600 Neuinfizierten in Deutschland aus. In Deutschland leben insgesamt 49.000 HIV-Positive.
2006: Der jüngste Welt-Aids-Bericht von UNAIDS meldet, dass die Rate der Neuinfektionen sich erstmals seit dem Ausbruch der Seuche verlangsamt. Immer noch erhalten viele Infizierte und Erkrankte in der Dritten Welt keine Versorgung, besonders HIV-positive Kinder.
2008: Uno-Generalsekretär Ban Ki Moon legt einen Bericht vor, nach dem im Dezember 2007 weltweit schätzungsweise 33,2 Millionen Menschen mit HIV infiziert waren.
Die Krankheit Aids
Das HI-Virus zerstört allmählich das Immunsystem, indem es die Zahl der T-Helferzellen im Blut drastisch senkt. Während in den ersten Wochen nach der Infektion grippeähnliche Symptome auftreten können (aber nicht müssen), folgen der Ansteckung mit HIV meist mehrere Jahre ohne körperliche Anzeichen. Währenddessen vermehrt sich das Virus im Körper. Mit dem Beginn der ARC-Phase (Aids Related Complex) treten erneut Beschwerden wie nach der Infektion auf. Wenn die eigentliche Krankheit beginnt, spricht man von der Diagnose Aids (Acquired Immunodeficiency Syndrome).
Aids wird durch verschiedene Erkrankungen definiert. Sogenannte opportunistische oder Sekundär-Infektionen und Tumoren nutzen die schwache Immunabwehr aus. Trotz einer Behandlung stirbt der Patient an einer der Folgeerkrankungen. Zusätzlich können schon im Vorfeld virenhemmende Medikamente eingesetzt werden. Beide Maßnahmen verlängern die Lebenserwartung und steigern die Lebensqualität der Betroffenen.
Das Virus
Das Humane Immundefizienz-Virus (HIV) ist ein Retrovirus. Diese Erreger sind in der Lage, ihren genetischen Code in das Erbgut des Wirtskörpers, in diesem Falle des Menschen, einzubauen. Deshalb kann das Virus nach einer Infektion nicht wieder vollständig aus dem Körper entfernt werden.
Das Virus kommt in zwei Stämmen vor. HIV-1 ist weltweit verbreitet. Mikrobiologen unterscheiden Subtypen mit den Buchstaben A bis I und O. Der zweite Stamm, HIV-2, ist vorwiegend in Westafrika verbreitet. Ansteckungs- und Krankheitsverlauf sind in beiden Fällen ähnlich.
Die Verbreitung in Deutschland
In Deutschland lebten Ende 2010 nach einer Schätzung des Robert Koch-Instituts (RKI) rund 70.500 Menschen mit HIV/Aids. Rund 300 diagnostizierte Neuinfektionen wurden dem Institut für 2010 gemeldet. 550 Menschen starben an den Folgen von Aids. Zum Vergleich: Mitte der neunziger Jahre starben in Deutschland bis zu 2500 Menschen pro Jahr an der Krankheit.
Am häufigsten steckten sich homosexuelle Männer neu mit HIV an, deren Zahl lag 2010 bei rund 2200 Fällen. In 580 Fällen erfolgte die Ansteckung nach heterosexuellem Kontakt. Rund 170 Drogenabhängige steckten sich mit dem HI-Virus an.
1 Kommentar
welch schweres thema und so wahrhaftig und ehrlich
einfach frei raus
super geschrieben