Traumschiff – Teil 56

Ein schönes neues Jahr wünsche ich euch. Auch 2016 geht es mit „Traumschiff“ weiter. Ich hoffe euch gefallen die Fortsetzungen und würde mich auch dieses Jahr über Kommis freuen.

Euer Niff

Jerome

Um halb Neun brechen die ersten auf. Noah, der ja mit dem Roller da ist, holt Rolf mit nach Bremen, Armin und Denise nehmen Dirk und Mike mit und Paolo und Enrico sind ja mit dem Daccia mobil.

Sie bieten Jo und Jo an, sie mit zunehmen und bei Jo zu Hause ab zu setzen. Jo´s Golf bleibt hier, für Ole und auch Frank, die heute aber damit eigentlich heimfahren wollen. Oles Mutter hat ja noch Marie und Heiner im Auto. Papa möchte aber, das Frank den Skoda Kombi nimmt, weil der Automatik hat, weil Frank nur einen gesunden Arm hat und dann nicht schalten muss. Außerdem soll er morgen um zehn herkommen und mit Mama die Bilder, die bereits hier sind, nach Bremen fahren und in dem Container einlagern. Bei Wolfi stehen auch noch etliche, die Lis und Frank dort bei Wolfis Mutter abholen werden, bevor sie nach Bremen fahren. Wenn es nicht gut klappt mit dem Fahren bei Frank, dann kann Mama ja auch fahren. Ole sagt zu Wolfi, das er ja dann den Golf benutzen kann, solange sein Freund Volker den Fiat hat und Frank den Kombi benutzt.
Ich werde morgen von Martin zur ersten Abiprüfung gefahren, Sergej holt den Skoda mit und Kevin fährt mit Wolfi im Fiat nach Bremen. Beide kommen dann mit dem Zug zurück. Ich bin etwas aufgeregt, wegen morgen, eine ungewohnte Umgebung und bestimmt noch ein paar andere Schüler, die dort mit mir ihre Prüfungen ablegen werden, das ist neu und ungewohnt für mich.
Noah und Natascha gehen noch mit den Zwillingen zu dem Daccia, als die zwei los wollen und sie knutschen alle noch ein bisschen zum Abschied, sogar Rolf und Paul wagen einen längeren Abschiedskuss, das sieht doch gut aus mit den beiden.
Am Partywochenende werden alle hier übernachten, in Zelten, im Baumhaus vielleicht, oder, wenn sie ungestört sein wollen in den Zimmern und Gästezimmern. Mal sehen, wie sich das so entwickelt. An dem Wochenende ist ja dann am Sonntag auch die Bremer Landesmeisterschaft der Jugend im Ringen, da darf Noah noch nicht mal Bier trinken am Samstag.
Das wird ihm nicht gefallen, aber wenn er gewinnen will, muss er sich zurück halten auf der Party und Ringkämpfe mit Enrico wird er sich am Samstag bestimmt auch verkneifen, obwohl ich das eher für ein Märchen halte, das Sex der Kraft und Kondition abträglich sein soll. Ich denke, von einer Nummer baut man doch nicht gleich ab und es muss ja nicht die ganze Nacht durch gepoppt werden. Ich muss das mal googeln, da steht doch bestimmt was drüber im Internet.
Frau Gut nimmt Torsten wieder mit und bringt ihn nach Hause. Sprüche scheint er in Sigrids Gegenwart nicht mehr raus zu lassen, jedenfalls keine doppeldeutigen. Fazit: „Liebe macht zahm….auch Furzknoten.“

Carl August

Die Leute gehen jetzt nach und nach heim und die beiden Seeleute fahren jetzt auch, Paolo holt sie mit zu Herr Jensens Wohnung. Alle haben sich per Handschlag verabschiedet und ein paar Umarmungen gab es auch. Man bleibt auf jeden Fall in Verbindung über Skype und E-Mail
Die zwei müssen früh los, mit dem Zug nach Hamburg und dann weiter mit der Lufthansa.
Dr. Morbach hat sich gefreut, das sie Erste Klasse fliegen, aber das ist immer so bei Schiffsoffizieren. Das ist ein langer Flug und der ist halt in der First Class wesentlich entspannter. Das Schiff ist so gut wie fertig und wird spätestens Übermorgen in See gehen.
Das dass mit der Überführung von Kevins Mama so schnell gegangen ist, hat mich schon gewundert aber auch gefreut. Nun müssen wir einen würdigen Rahmen finden um sie hier ordentlich zu bestatten. Ich denke, das alle bis auf die Seeleute an der Beisetzung teilnehmen werden, schon allein um Kevins Willen, für den das Ganze nicht leicht sein wird. Auch Rufus Weiden mit seiner Familie werden da sein und auch für ihn wird das ganze mit vielen Erinnerungen an die gemeinsame Kindheit mit seiner Schwester einher gehen.
Mal schauen, wie wir das so gut wie möglich hin bekommen. Ich überlege, ob ich dort einen Nachruf auf die Tote halten soll, so eine Art Grabrede. Das werde ich mit Kevins Onkel und mit Martin und Kai besprechen.
Ich werde später mal noch Lis dazu befragen, was die so dazu meint. Ich denke mal, das Wolfis Eltern, Frau Jensen und Frau Gut auch mitkommen werden auf den Friedhof. Die Zwillinge werden sich frei holen müssen am Nachmittag, alle anderen haben ja dann Zeit, an der Feier teilzunehmen.
Martin, Kai und die Jungs räumen jetzt die Terrasse kurz auf, bevor wir dann alle rein gehen. Halb Zehn ist es und die Jungs, vor allem Jerome und Sergej, werden wohl bald schlafen gehen, da morgen einiges von Ihnen verlangt wird.Martin, Kai und die zwei Jungs sagen „gute Nacht“ und gehen runter in ihre Wohnung. Auch unsere Kinder und da schließe ich Sergej jetzt einfach mal mit ein, gehen auf ihre Zimmer und Mutter, Frieda und Paul gehen ebenfalls hoch. Als Lis und ich dann im Bett liegen, machen wir uns noch ein paar Gedanken zu der Beisetzung, bevor wir einschlafen.

Paolo

Nachdem wir die beiden Jo´s zu Hause abgesetzt haben, fahren wir zu unseren neuen Wohnung. Ich erzähle Rico von der Nachhilfe mit Wilfried und auch, das wir das Auto bis auf weiteres benutzen können, abends und auch am Wochenende und wir jetzt erst ein Eigenes kaufen, wenn er den Führerschein hat. Das gefällt ihm natürlich, da können wir in Ruhe eins aus suchen. Der Skoda, der Kombi, wie Jerome den einen hat, der ist gut, aber auch nicht billig, aber ich habe gesehen, das ein Arbeitskollege einen Daccia Duster hat, das ist eine Art SUV, der sieht cool aus und ist relativ preiswert. Mal sehen, wir haben ja jetzt erst mal Zeit zum gucken.
Natascha und ich haben ein bisschen geschmust und uns gut unterhalten, über unsere Zukunftspläne, also die, die wir für uns haben. Über eine gemeinsame Zukunft zu reden, erscheint uns noch etwas zu früh, wobei das natürlich auf einen längerfristigen Zeitraum bezogen wäre. Was die Planung für die nächsten Tage angeht, werden wir versuchen, uns so oft wie möglich zu sehen.
Bis zu der Party sind es ja noch zwölf Tage, in denen wir Eis Essen und Kino einplanen wollen oder einfach nur im Bürgerpark spazieren gehen wollen, nach Möglichkeit allein, nur wir zwei, was Aktivitäten mit den Anderen ja nicht aus schließt.
Es ist schon anders, wenn man verknallt ist, man sieht vieles plötzlich anders, manches als nicht mehr so wichtig an, denkt viel an den anderen, ist abgelenkt und gedanklich bei der Person, in die man verliebt ist. Ich denke, das ist bei Rico und Noah genau so, eigentlich wohl bei allen Verliebten.

Natascha

Es war ein schöner Abend heute. Paolo und ich haben viel geredet und waren auch ein bisschen spazieren auf dem Grundstück, haben ein bisschen geknutscht und über die nächste Zeit geredet. Er bedrängt mich nicht und respektiert mich, obwohl ich mir manchmal etwas mehr Mut wünschen würde, was seine Hände angeht. Das wird sich aber spätestens am Partywochenende ändern, notfalls werde ich dann handgreiflich und wenn er erst mal auf Touren ist, mein Schätzchen, dann wird er auch seine Schüchternheit ablegen.Ich werde den kleinen, feurigen Italiener schon finden, der ganz bestimmt in ihm steckt. Bei der Vorstellung muss ich grinsen, wir kriegen das schon hin mit der beiderseitigen Jungfernschaft, das wäre doch gelacht.
Jerome muss mir noch ein paar Kondome aus seinem Sortiment überlassen, ich weiß ja nicht, ob Paolo welche mit bringt. Sicher ist sicher. Ich habe mir auf jeden Fall eine Statusveränderung vorgenommen, von unschuldig hin zu wissend, wie es sich anfühlt, sag ich mal und für Paolo wird das vielleicht wohl derselbe Schritt sein, vermute ich mal, obwohl er ja die Achtzehn schon überschritten hat. Er ist nicht der Typ für schnelle Abenteuer, macht nicht den Eindruck, als hätte er Sex mäßig schon viel erlebt.
So, jetzt geh ich schlafen, schreibe ihm aber noch kurz eine Nachricht. Noch mal Bilder, nackte, aus zu tauschen, ist mir heute Abend zu gefährlich, weil ja Rico auch zu Hause ist und mir es mehr als nur peinlich wäre, würde der so was mit bekommen. Nach her hält der mich noch für eine Schlampe, obwohl ich ja nur ein total verliebter Teenager bin, der mit seinem Auserwählten zusammen erfahren will, wie Liebe und auch Sex natürlich, sich zu zweit anfühlen.

Lis

Carl August und ich sitzen noch mit Oma und Frieda im Wohnzimmer. Alle anderen sind nach Hause oder auf ihre Zimmer gegangen. Wir machen uns gerade Gedanken zu der Beisetzung von Kevins Mutter.Das Carl August die Trauerrede halten will, finde ich gut. Er kann das von seiner Art her bestimmt gut. Seit sein Vater damals und Friedas Mann gestorben sind, hatten wir mit Beisetzungen eher wenig zu tun. Carl August und ich waren wohl auf der ein oder anderen Beerdigung von Leuten aus Geschäftskreisen oder Politik, aber unsere Kinder waren noch nie bei so was dabei. Das wird für beide eine vollkommen neue Erfahrung werden. Für Kevin ist das bestimmt schwer, Abschied von der Mutter zu nehmen, die er persönlich nie kennen lernen durfte, bei Rufus, der seine Schwester sehr geliebt hat, wird es bestimmt noch mehr weh tun, als bei dem Jungen.
Oma sagt, das sie und Frieda nichts Schwarzes zum Anziehen haben und mit Kai noch zum Shoppen fahren müssen. Auch ich überlege gerade, ob ich was passendes zum Anziehen habe. Es ist ja Sommer, da muss man ja keinen Mantel oder so was haben, mal sehen, morgen, was der Kleiderschrank hergibt. Was Neues haben wir dann immer noch schnell gekauft, wenn nötig, das ist das kleinste Problem.
Das Telefon klingelt, ich schau zur Uhr, die zeigt zehn vor elf. Wer ruft denn jetzt noch an um diese Zeit. Ein dummes Gefühl überkommt mich. Carl August, bei dem der Apparat gelegen hat, nimmt das Gespräch an und macht den Lautsprecher an. Ulf klingt besorgt, als er fragt, ob Noah noch da ist , wenn nicht, wann er weg gefahren ist. Er sei noch nicht zu Hause, obwohl er spätestens um zehn da sein wollte. Angst kriecht in mir hoch. Hoffentlich ist dem Jungen nichts passiert. Carl August sagt zu Ulf, das Noah den Rolf mitgenommen hat nach Bremen und fragt gleich, ob Ulf die Nummer von Rolfs Mutter hat. Hat er nicht und Oma steht auf: „Ich gehe Paul rufen, der hat bestimmt die Nummer von Rolf´s zu Hause.“ „Wir fragen schnell Paul“. Sagt Carl August zu Ulf. Der sagt: „ Ich weiß, wo Paul wohnt, notfalls muss ich dort hin fahren.“ Im Hintergrund hört man Irene was sagen. „Wann ist er denn los gefahren?“, will Ulf jetzt wissen. „Kurz vor Neun sind die Beiden los“, sagt Carl August. Oma kommt mit Paul, der nur mit einer Unterhose bekleidet und ziemlich strubbelig ist, mitten aus dem Schlaf gerissen. Er hat sein Handy dabei und gibt jetzt laut die Nummer von Rolfs zu Hause an. Ulf bedankt sich, verspricht, wieder anzurufen, wenn er mehr weiß und legt auf. Paul hat mittlerweile Rolfs Handy angerufen und nach etwas warten geht der Anrufbeantworter an. Er probiert es erneut mit dem selben Ergebnis.
„Er geht nicht dran, was ist denn überhaupt passiert?“, fragt er mit deutlich Sorge in der Stimme.
„Noah ist noch nicht zu Hause“, sagt Carl August zu ihm, „ob und was passiert ist, wissen wir auch nicht. Carl August wählt Martins Nummer und als der sich meldet, sagt er: „Ulf Schroer hat angerufen, Noah ist noch nicht zu Hause. Bereite dich darauf vor, das wir noch wegfahren. Wir fahren mit dem Achter. Nimm mal eine gute Taschenlampe mit, für alle Fälle. Ich melde mich dann wieder.“
Ich sage: „Wir lassen unsere beiden Jungs schlafen vorerst wegen der Prüfungen, Paul kann sich Anziehen gehen, er kann mitfahren, wenn wir was wissen.“ Paul geht schnell nach oben und ist zehn Minuten später angezogen wieder da.Das Telefon geht wieder, Ulf sagt, das auch Rolf noch nicht daheim ist und seine Mutter in großer Sorge ist. Paul hat sein Handy am Ohr, spricht plötzlich: Rolf, Rolf bist du das? Nein, hier ist Paul, Paul Gruber, wer ist denn da dran? Wo ist Rolf?“ jetzt hört er wohl zu, was geantwortet wird. „Mach den Lautsprecher an“, sag ich und dann hören wir: „Die Jungs sind von einem Auto gerammt worden und über die Leitplanken geflogen.Wir sind in der Uniklinik in Bremen.Was wer ab bekommen hat, wissen wir noch nicht genau, beide sind zur Zeit in Behandlung. Am besten wird es sein, sie kommen her. Bringen sie bitte Sachen mit für die Jungs und benachrichtigen sie die Eltern. Das wollte eigentlich die Polizei machen.Weitere Auskünfte darf ich nicht machen. Auf wieder hören.“
Carl August spricht noch kurz mit Ulf, ruft dann Martin an und sagt zu Paul: „Komm, wir fahren,
Lis, willst du mit?“
„Nein, so viele Leute dort, das ist nicht gut, ich bleibe hier“, sag ich, „ruf bitte sofort an, wenn du was weißt, damit ich den Jungs morgen früh was sagen kann. Fahrt vorsichtig“, sag ich und küsse ihn zum Abschied. Dann klingelt Martin und die zwei gehen zur Tür.
Oma geht kurz hoch und kommt mit der Geneverflasche zurück. „So“, sagt sie, „auf den Schreck muss noch einer obendrauf.“ Ich hole drei Gläser und Oma schenkt großzügig ein. Normal bin ich kein Schnapstrinker, aber auf diesen Schreck nehme ich auch einen. „Darauf, das es glimpflich ausgeht für die Beiden. Hoffentlich wird alles Heil. Prost!“ Sie und Frieda setzen das Glas an und dann fliegt der Kopf in den Nacken und der Schnaps ist weg. Ich nippe zuerst und trinke dann auch alles auf einmal runter und muss mich regelrecht schütteln danach.Die beiden haben da halt mehr Übung als ich.
„Jetzt heißt es warten“, sagt Frieda, greift nach der Flasche und schenkt nach. „Für mich bitte nicht“, sag ich, „ ich muss nüchtern bleiben und vor allem wach“, sag ich. Die Minuten kriechen dahin, das Telefon liegt stumm vor mir. Ich mache eine CD an, Klassik, Verdi und lass uns von der Musik berieseln. Oma und Frieda reden leise über Paul, ich döse ein bisschen.

Noah

Mit Rolf hintendrauf bin ich schnell auf der Bundesstraße sechs, die Bremerhavener Heeresstraße,die direkt nach Bremen führt. Es ist neun und kaum Verkehr. Wir haben gerade Osterholz-Schermbeck passiert, sind in einem Waldstück und es dämmert bereits stark. Aus einer Einmündung von links kommt ein Auto ohne Licht gefahren, das uns, ohne zu bremsen anstößt und gegen die Leitplanke schleudert. Es kracht laut, wir schreien wohl beide, fliegen durch die Luft und dann wird es dunkel.
„Können sie mich hören, Hallo“ dröhnt es in meinem Kopf und ein helles Flackern huscht über meinen geschlossenen Lidern hin und her. Meine Beine tun weh und das Atmen fällt mir schwer. Das Flackern hört auf und von weitem höre ich ein Martinshorn, versuche die Augen zu öffnen. Irgendwas drückt in meinen Rücken, es tut weh und ich stöhne. „Gleich holen wir dich raus hier, Junge halt dich so ruhig, wie möglich“, sagt eine Stimme und fragt dann wohl jemanden anderen: „Hast du den Anderen versorgt, wenn ja, sollen die Feuerwehrleute ihn nach vorne tragen. Ich brauche dich jetzt hier.“ Rolf, der redet von Rolf, der war ja bei mir, fällt es mir heiß ein.Oh Scheiße, das Ringen um die Landesmeisterschaft kann ich jetzt wohl knicken,geht es mir durch den Kopf, als wenn das jetzt wichtig wäre.
Das Martinshorn, das immer lauter wurde, verstummt jetzt, blaue Blitze zucken über meine Lider. Türen knallen und Stimmen kommen näher. „Gut, das ihr kommt“, sagt die Stimme dicht bei mir, „die Jungs hat es übel erwischt. Wir müssen sie schnellstmöglich in die Uniklinik bringen. Holt ihr den, der da vorne mit der Trage steht und bringt ihn gleich weg, der ist schon erstversorgt. Wir kommen gleich nach, wenn wir ihn hier raus haben aus dem Gebüsch, wir sehen uns dann in der Klinik.“
Jetzt sagt er: „Nimm du ihn vorsichtig bei den Schultern, komm, stell die Trage hier hin und auf drei heben wir ihn langsam an und legen ihn vorsichtig drauf.“ Eine Hand fasst meine an:“Drück, wenn du mich hören kannst“, sagt die Stimme. Ich drücke die Hand. „OK“, sagt er, „er hört mich. Wir legen dich jetzt auf eine Trage, das kann kurzfristig sehr weh tun. Im Krankenwagen bekommst du dann mehr gegen die Schmerzen. Wir müssen hier raus, hier können wir nicht viel machen.“ Dann höre ich:“Bei drei………eins, zwei, drei….“ Ich werde hoch gehoben, schreie vor Schmerz, dann merke ich unter mir Fläche, gerade, es drückt nicht mehr in den Rücken, stöhne laut vor Erleichterung, der Schmerz ebbt ab. Die Trage wird hoch gehoben, es kommt noch wer dazu, greift wohl an, es ruckt und dann wird es wieder dunkel.Im Unterbewusstsein höre ich das Tatü Tata des Martinshorns, merke einen Einstich am linken Unterarm. Versuche mühsam die Augen zu öffnen, aber es geht nicht. „Hörst du mich?“ fragt die Stimme wieder, die wieder meine Hand genommen hat. Ich drücke und er sagt:“OK, wir sind gleich in der Uniklinik, da werdet ihr versorgt. Es wird alles gut. Ich habe dir was gegen die Schmerzen gegen. Gleich wird es besser.“ Ich drücke wieder.
Von der Ankunft kriege ich nichts mit. Erst, als sie mich auf einen anderen Untergrund legen, höre ich wieder Stimmen. „Herr Schroer……Herr Schroer, hören sie mich?“, fragt jemand.
Herr Schroer??….ist Papa jetzt auch hier?
Wieder“Herr Schroer……..“ „Noah““, krächze ich, „Noah bin ich.“ „OK, sorry, Noah, du bist jetzt in der Notaufnahme der Uniklinik. Dein Freund und du hattet einen Unfall mit dem Motorroller. Wir ziehen dich jetzt aus und untersuchen dich, werden röntgen und Blut ab nehmen und alles durch checken, wenn es weh tut dabei oder dir schlecht wird, egal was, sofort Bescheid sagen, OK?“, sagt er, nach dem er auch meine Hand ergriffen hat. Ich drücke für verstanden. Dann schneiden sie wohl meine Kleider kaputt. „Oh“sagt eine Stimme und ein weiblich, verschämtes Kichern ist auch zu hören. Entweder meint er mein Höschen oder mein Ding, jedenfalls ist da einer wohl sehr erstaunt. „Bitte“ sagt die Stimme von eben und Ruhe ist.
Es wird kühl untenrum und wenig später auch obenrum, alle Kleider sind weg, die Reste hat man unter mir vorsichtig raus gezogen und zwei Hände tasten meine Gliedmaßen und meinen Leib ab. Das rechte Bein spart er aus und er macht Bemerkungen zu bestimmten Regionen. Schmerzen habe ich gar keine, was aber wohl an dem Medikament liegt, das ich bekommen habe. „Wir fahren zum CT“, sagt die Stimme und jemand deckt mich zu. Das Teil, auf dem ich liege, setzt sich in Bewegung. Ich muss dann wohl wieder weg getreten sein, weil ich vom CT und vom Röntgen nichts mit bekomme.

Carl August

Wir nehmen die B sechs, die wird Noah auch gefahren sein und ich beobachte den rechten Straßenrand. Paul ist ganz still, hat bestimmt Angst um seine Freunde, besonders um Rolf. Ich habe auch Angst, hoffentlich hat Noah keinen Alkohol getrunken und hoffentlich geht das alles gut aus hier. Hinter Osterholz-Schermbeck leuchtet ein Blaulicht an der Seite ein Polizeiauto, dann kommt ein Warndreieck ins Blickfeld und dahinter ein Feuerwehrauto, auch mit Blaulicht, das beleuchtet mit Scheinwerfern die Straße und ein Einmündung links. Hinter dem Feuerwehrauto halten wir an und sofort kommt ein Polizist. Ich steige aus und sofort sagt der Polizist: „Sie können hier nicht stehen bleiben, es gibt hier nichts zu sehen.“ „Mein Name ist Carl August Remmers, wir suchen zwei Jungs, die mit einem Roller unterwegs nach Bremen sind. Sie sind dort nicht an gekommen.“
„Sind sie mit den Jungs verwandt oder warum suchen sie?“, will der Polizist wissen. „Der Fahrer ist mein Patenkind“, sag ich, „die beiden waren bei uns zu Besuch und sein Vater hat angerufen und gefragt, ob er schon weg ist. Die zwei sind kurz vor neun weg gefahren und hätten längst zu Hause sein müssen.“
„Sie hatten hier wohl einen Unfall“, sagt der Beamte, „die Spuren deuten darauf hin, das ein Auto aus der Straße „An der Forst“ in die B sechs eingebogen ist und den Motorroller gerammt hat. Die Jungs sind wohl über die Leitplanke in den Wald und dort drüben in dieses Gebüsch geflogen. Der Motorroller wurde stark beschädigt und blieb wohl an der Leitplanke liegen. Um zwei und zwanzig Uhr sieben wurden wir verständigt, das hier ein Roller liegt und haben dann erst die Verletzten dort im Gebüsch bemerkt.
Sie wurden Notärztlich versorgt und in die Uniklinik gebracht.Der Autofahrer ist flüchtig. Wir nehmen jetzt hier die Spuren auf und ich wäre ihnen dankbar, wenn sie die Eltern verständigen würden, wo ihre Jungs abgeblieben sind.“ Ich sage das zu und geh zum Auto. „Was ist mit Rolf?“, will Paul wissen, „und mit Noah?“ „Sie sind in der Uniklinik. Ich rufe jetzt seinen Vater an und dann fahren wir dort hin“, sag ich, „was mit ihnen ist, erfahren wir erst dort.“
Ich rufe Ulf an, gebe alle Infos weiter und dann informiere ich Lis. Martin ist unterdessen bereits Richtung Bremen los gefahren. Wir steigen an der Klinik aus und Ulf fährt ebenfalls auf den Parkplatz. Er und Irene, so wie noch eine Frau, ich denke mal, es ist Rolfs Mutter, kommen auf uns zu. Ich umarme beide kurz, begrüße die andere Frau und berichte von unterwegs, was der Polizist gesagt hat. Überm Reden gehen wir auf den Eingang zu und landen vor der Notaufnahme. Wir werden von einer Frau im weißen Kittel gefragt, was uns herführt und ich sage, das wir zu den beiden Jungs wollen, die mit einen Motorroller verunglückt sind.
„Die werden immer noch untersucht“, ist die Auskunft, „nehmen sie bitte in der Wartezone Platz, wir geben sofort Nachricht, wenn wir wissen, was genau die Jungen haben und ob sie schon zu ihnen können.“
In der eher tristen Wartezone, ein paar Bilder, von Wolfi vielleicht, täten hier ganz gut, sitzt noch ein älterer Mann und blättert in einer schon arg mitgenommenen Zeitschrift.
Wir setzen uns alle hin und ich berichte von dem Abend bei uns. Rolfs Mutter beobachtet Paul und der sie. Plötzlich steht Paul auf und setzt sich neben Rolfs Mutter. „Ich bin Paul, Paul Gruber und ich bin seit ein paar Tagen mit Rolf befreundet“, sagt er, nachdem er ihre Hand genommen hat. „Bist du auch…….“sagt sie und schaut ihn an. Sie hat es noch nicht ausgesprochen, da sagt er schon: „ Schwul, meinen sie, ja, bin ich. Es wird bestimmt noch mal alles gut.“ „Ich hoffe das sehr“, sagt sie und duldet seine Hand. Sie unterhalten sich leise und kommen sich wohl auch ein bisschen näher.
Nach etwa dreißig Minuten, Ulf läuft immer hin und her, kommt ein Arzt in meinem Alter und wir werden in Kenntnis gesetzt.Zuvor fragt er, wer die Eltern sind und ob die Nichtverwandten mithören dürfen. Nachdem die Zustimmung gegeben ist, berichtet er.
„Ulf Schroer hat einen Oberschenkelbruch kurz über dem Kniegelenk, und eine komplizierte Knöchelfraktur, beides am rechten Bein, wohl durch den Aufprall auf die Leitplanke, zwei Rippen sind gebrochen, diverse Prellungen und Blutergüsse durch den Aufprall in den Büschen und eine Gehirnerschütterung oder besser gesagt, ein Schädelhirntrauma, innere Verletzungen konnten bisher keine festgestellt werden. Die Brüche müssen beide operativ behandelt werden, danach, wenn alle Blessuren versorgt sind, kommt er für vierundzwanzig Stunden auf die Intensivstation zur Überwachung und Mittwoch früh, wenn alles gut aussieht, auf die Chirurgische Station.
Zu Rolf Junghans, er hat fast identische Verletzungen am rechten Bein, also auch zwei Frakturen, allerdings ist die zweite, eine doppelte, über dem Knöchel nicht so kompliziert. Das wird aber auch operativ behandelt. Seine Rippen sind heil, aber das linke Schlüsselbein ist gebrochen und auch der Unterkiefer ist beschädigt, ebenfalls Schädelhirntrauma, Prellungen und Hämatome. In der Zeit, in der Noahs Bein gemacht wird, wird Rolfs Kiefer operiert. Akute Lebensgefahr besteht nicht, beide waren bedingt ansprechbar und ihr jetziger Zustand ist stabil und soweit zufrieden stellend. Die Operationen dauern bestimmt drei Stunden, danach Intensiv Station, es wäre also sinnvoll, wenn sie alle nach Hause fahren würden.“
Ulf sagt: „Noah ist privat versichert, also komplett, mit Chefbehandlung.“ Ich sage dann:“Für Rolf gilt das gleiche.“
„Wir sind normal versichert, aber für Krankenhausbehandlungen haben wir eine Zusatzversicherung,
die auch alle Sonderleistungen abdeckt“ sagt jetzt Frau Junghans. „Gut“, sagt der Arzt, „geben sie das an, wenn sie die Aufnahme an der Rezeption machen. Rufen sie dann morgen nach acht Uhr an, dann wird man ihnen sagen können, ob und wann sie die beiden sehen können.“
„Legen sie die zwei bitte dann in ein Zimmer“, sage ich zu dem Arzt, „sie sind befreundet und werden kein Einzelzimmer wollen.“ „Das machen wir gerne“, sagt der Arzt, „So, ich muss wieder rein, bis Morgen früh dann.“
Wir, Martin, Paul und ich, gehen mit den anderen noch bis an die Aufnahme, dort verabschieden wir uns. „Ich will dich morgen in der Firma nicht sehen“, sage ich zu Ulf, „kümmere dich um Noah und Irene. Wenn es was neues gibt, ruf an, egal wann, hast du gehört?“ „Ok, und Danke, Carl August“, sagt er. „Da nicht für“, sag ich und Rolfs Mutter gebe ich mein Kärtchen und sage: „Wenn sie in irgendeiner Form Hilfe brauchen, rufen sie mich bitte an, Frau Junghans. Wir haben Quasi alle Möglichkeiten, wenn es drauf ankommt“, und dann gehen wir los.Paul hat sich per Händedruck bei ihr verabschiedet. Sie hat ihm über die Haare gestrichen und sie macht einen sehr netten Eindruck auf mich.
Paul ist ganz still und ich leg meinen Arm um ihn. „Das wird alles wieder, gut Paul, beide haben viel Glück gehabt“, sage ich. „Warum ist dieses Schwein abgehauen und hat sie da liegen lassen. Sie hätten auch verbluten können oder anders sterben. Sie haben da hilflos im Gebüsch gelegen“, sagt er bitter. „Du hast ja recht, Jung und ich hoffe, das man den Fahrer schnappt, aber wir müssen froh sein, das es nicht schlimmer gekommen ist.“
Wir sind am Wagen und Paul und ich steigen hinten ein. Ich lege ihm meinen Arm um die Schulter und er lehnt sich an mich und weint ein bisschen. Der Ärmste, jetzt geht es gerade mal ein bisschen besser nach allem und dann verunglückt sein Schwarm. Er macht schon einiges mit. Langsam beruhigt er sich wieder, bleibt aber an mich angelehnt sitzen, bis wir zu Hause sind. Bevor wir aussteigen, sagt er leise: „Danke“.
„Ist schon Ok, Paul“, sag ich, „guck, das du ein bisschen schlafen kannst.Morgen früh gehst du nicht zur Schule, komm runter, wenn du gefrühstückt hast oder frühstückt alle mit uns. Dann erfährst du, was es neues gibt. Ulf informiert Lis und mich, wenn sie die Jungs gesehen haben.“
„Gute Nacht, Herr Remmers“, sagt er an der Treppe.
Oben bei meiner Mutter hat noch Licht gebrannt, sie werden auf uns gewartet haben.Paul kann ihnen ja Bericht erstatten.
Lis sitzt im Sessel, ist eingenickt, das Telefon auf dem Schoß. Sanft kraule ich durch ihr weiches Haar, das ich so an ihr liebe. Sie ist schon eine tolle Frau, meine Lis. Jetzt wach sie auf. „Hallo“, sag ich und beuge mich runter, um sie zu küssen., Als ich den Kuss beende, schaut sie mich an und fragt:“Was ist passiert.“ „Komm“, sag ich, „wir gehen ins Bett, ich erzähl dir alles im Schlafzimmer. Vorab, die Jungs sind nicht in Lebensgefahr, hat der Arzt gesagt.“

Rolf

Irgend was piepst dauernd und ich kann mich kaum bewegen. Wie Watte ist es in meinem Kopf und mein Gesicht tut etwas weh. Gedämpftes Licht ist hier und alles ist fremd, irgendwie unheimlich. Alles ist ausgetrocknet in meinem Mund und ich kann den Mund nicht öffnen. Wie zugebunden oder geklebt fühlt sich das an.
Wir waren unterwegs nach Hause, Noah und ich. Ich hatte die Arme um seinen Bauch gelegt und den Kopf mit Blick nach rechts auf seinen Rücken gelegt. Mein Helm hat kein Visier und ich wollte keine Mücken in die Augen kriegen. Dann dieser Knall und dann habe ich losgelassen und bin irgend wo rein gekracht. Mehr fällt mir im Moment nicht ein.
„Ah, du bist ja wach“, sagt eine freundliche Männerstimme zu mir und ein Gesicht beugt sich in mein Blickfeld. Ein nettes Gesicht mit dunklen Augen, dreißig dürfte er sein. „Hast du starke Schmerzen?“, fragt er und dann, „Dein Kiefer ist gebrochen, ihr hattet eine Unfall. Der Kiefer ist verdrahtet, deshalb kannst du den Mund nicht öffnen und nur schlecht sprechen. Nahrung gibt es ab Morgen vorerst nur flüssig. Hast du Durst?“ Ich klimpere mit dem Augenlidern und er holt ein Plastikflasche mit Schlauch, den er zwischen meine Lippen schiebt. „Langsam saugen, du darfst dich nicht verschlucken und nur wenig auf einmal trinken“, sagt er. Ich sauge vorsichtig etwas Tee in meinen Mund, schlucke ihn und sauge erneut. Eine Wohltat, so ein bisschen Tee…..soooo gut. Ich sauge, schlucke und sauge noch einmal, dann zieht er den Schlauch raus. „Danke“, nuschel ich, kaum verständlich, durch die Zähne.
„Später gibt es noch mal was“, sagt er. „No..ah?“, nuschel ich durch die Zähne. Er versteht mich aber, weiß, was ich will. „Der liegt hier direkt neben dran, hinter der Glaswand“, sagt er, „ihm geht es ähnlich wie dir.“ „Mama“, nuschel ich wieder. „Eure Eltern waren hier, als ihr operiert worden seid. Es ist jetzt fünf Uhr morgens, später, in der Frühe kommen sie wieder“, sagt er, „versuch zu schlafen.“ Er geht und kommt mit einer kleinen Infusionsflasche wieder und wechselt eine aus. „Jetzt wirst du noch ein bisschen schlafen. Hier über dir hängt der Klingelknopf, weil du schlecht rufen kannst“, sagt er , „ich bin immer in der Nähe, hier oder bei deinem Freund, der schläft fest.“
Ich döse wohl wieder ein.

Jerome

Es ist so vier in der Frühe, als ich wach werde, weil es an unsere Schlafzimmertüre klopft. Ich richte mich auf, mache Licht und sage: „Herein“ Sergej blinzelt und richtet sich dann ebenfalls auf. Die Türe öffnet sich langsam und Pauls brauner, strubbeliger Haarschopf erscheint. „Sorry, darf ich rein kommen“, fragt er. Seine Stimme klingt weinerlich und ich sage:“Ja, komm rein, was ist denn los, Paul.“
„Rolf und Noah sind verunglückt, mit dem Motorroller“, sagt er und fängt wieder an zu schluchzen.
„Er hat einen bösen Traum“, sagt Sergej jetzt und dann.“Paul, wach auf, du träumst.“
„Ich träume nicht, ich kann nicht schlafen, die zwei hatten auf der Heimfahrt einen Unfall, man“, stößt er jetzt hervor. „Los“, sag ich, „leg dich zwischen uns und erzähl, ist es schlimm“, sage ich, total erschrocken und ziehe ihn aufs Bett. Auch Sergej scheint jetzt realisiert zu haben, das Paul nicht phantasiert und macht ihm Platz und deckt ihn mit zu.
„Ich war schon am schlafen, als die Oma mich geweckt hat und sie hat gesagt, ich müsse mit meinem Handy runterkommen, sie bräuchten Rolfs Nummer. Ich hab was übergezogen und bin mit dem Handy runter. Noahs Vater hatte angerufen und gefragt, ob er noch hier wäre bei uns. Dein Vater hat dann bei Rolf zu Hause angerufen und der war auch noch nicht daheim. Dein Vater, Martin und ich sind los gefahren, die B sechs entlang Richtung Bremen.“ Er stockt schluchzt wieder, fährt dann aber fort. Er erzählt von der Unfallstelle, was die Polizei gesagt hat und das der Verursacher abgehauen ist und die Jungs im Wald gelegen sind, schwer verletzt.
Dann berichtet er über das Klinikum, was der Arzt gesagt hat und das beide operiert sind und intensiv liegen. Sergej und ich sind schon geschockt jetzt.
„Warum hat uns keiner gerufen?“, frag ich. „Wegen eurer Prüfung heute“, sagt Paul, „deine Mutter wollte, das ihr weiter schlaft. Jetzt habe ich euch geweckt, tut mir leid.“
„Leg dich hin“, sag ich, versuch zu schlafen. Zweieinhalb Stunden haben wir noch.“ „Danke“, sagt er und dreht mir seinen Rücken zu. Ich mache das Licht wieder aus, aber es dauert, bis ich noch mal eingeschlafen bin. Der Gedanke, das sie nicht in Lebensgefahr sind, beruhigt mich einigermaßen.

Joachim Mohrbach

Viel geschlafen haben wir nicht. „Das können wir im Flieger noch“, hat Johannes gesagt, „Wir müssen noch einmal richtig Poppen in meinem Bett, das dann für längere Zeit keinen Sex mehr hat.“ Das haben wir dann auch getan und als wir jetzt ins Taxi zum Bahnhof steigen, sind meine Beine noch ein bisschen wie Pudding. Dreimal bin ich gekommen, zuerst einmal in seinem Mund und dann zweimal auf meinen Bauch, als er mich regelrecht auf dem Bett fest genagelt hat. Gut, das wir erste Klasse fliegen, auf weichen Polstern sitzen und die Beine lang machen können. Ich habe mir noch Bepanthen auf und in den Po geschmiert aber nur dünn, sonst gibt es einen verräterischen Fettfleck in der Hose. Jo hat gelacht und hat gemeint, ich hätte jetzt schon den richtigen Seemannsgang.
Pünktlich fährt der Zug los, das große Abenteuer beginnt für mich. Die erste große Reise mit Bahn und Flieger zu meinem neuen, schwimmenden Arbeitsplatz hinaus auf die Meere dieser Welt an Bord eines Schiffes, das im Bewusstsein der Menschen als das Traumschiff aus der gleichnamigen Fernsehserie angesehen wird. Ob unser Traum dort Bestand hat, unsere Liebe wächst, wird die Zukunft zeigen. Ich bin da eigentlich sehr zuversichtlich.
Mit nur sieben Minuten Verspätung sind wir in Hamburg, fahren mit einem Taxi zum Flughafen und checken dort ein, als es Zeit wird. Ein Airbus der Lufthansa fliegt uns jetzt nach Fernost, der Zeit entgegen und im Morgengrauen des Mittwochs landen wir nach zweimal umsteigen, endlich in Manila.
Ein Taxi, das auf deutschen Straßen wohl nicht mehr fahren dürfte, bringt uns zur Werft und dann sehe ich sie, zum ersten mal aus der Nähe in ihrer rein, weißen Pracht am Kai liegen, elf Jahre alt und riesig und schön, unser neues zu Hause, die MS Europa. Wir werden erwartet, Jo hat am Flughafen eine SMS geschrieben.Der Kapitän und Teile der Besatzung stehen auf dem Schiff in der Nähe des Aufgangs und wir werden seemännisch begrüßt. Der Kapitän sagt ein paar Worte, heißt den neuen Arzt an Bord willkommen und stellt mich den deutschen Besatzungsmitgliedern vor. Den Rest der Crew werde ich im Laufe der Fahrt nach Genua noch kennenlernen, wenn Jo mir das ganze Schiff zeigt.
Wir beziehen eine für uns vorbereitete Doppelkabine mit Bad und dort steht auch bereits unser anderes Gepäck, so das wir, nach einem Frühstück im Kreis der Offiziere, unser neues Zu Hause einräumen und wohnlich gestalten können. Im Laufe des Tages, am frühen Nachmittag, sagt Jo, laufen wir dann aus, zunächst von Schleppern gezogen und dann weiter mit eigener Kraft Richtung Europa, nach Italien. Das Wetter ist toll, es ist warm schon am frühen Morgen, über der Stadt allerdings hängt eine Dunstwolke, Nebel ähnlich und bestimmt nicht besonders gesund.
Die Betten, Koje sagt der Seemann sind gut und auch die ganze Einrichtung ist nobel hier. Ich denke, hier lässt es sich leben. Um Dreizehn Uhr, nach dem Essen lerne ich meinen neuen Arbeitsplatz kennen, von dem ich bereits einiges weiß. Man kann sogar operieren hier, so ist das Schiff ausgerüstet. Es gibt da wohl für Personendampfer international gültige Standards.

Noah

Ich höre leises Piepsen, rhythmisch, und ein leises Rauschen, werde langsam wieder wach.Mein rechtes Bein schmerzt und lässt sich nicht bewegen, atmen tut auch weh, sticht auf der rechten Seite. Unfall, fällt es mir heiß ein, wir hatten einen Unfall, mit dem Roller. Rolf war bei mir, wo er wohl ist .Ich habe Durst, alles ist trocken. „Haa..llo“,versuche ich zu rufen, „ist da einer?“ Dann kommt ein Gesicht in mein Blickfeld, nett, freundlich schauend, jünger wie Papa. Dunkle Augen blicken mich an. „Hallo, Noah“, sagt das Gesicht, lächelt dabei. Süß ist der, denk ich. „Hast du Schmerzen?“, fragt er, „Ja“, krächze ich, „in dem Bein, rechts, und Durst habe ich.“ Das Sprechen geht nur mühsam und undeutlich, aber er hat mich wohl verstanden. Er kommt mit eine Flasche, an der ein Schlauch ist und steckt den Schlauch in meinen Mund. „Saugen, aber langsam, kleine Schlucke und nicht verschlucken“, sagt er. Ich sauge vorsichtig und Tee ohne Zucker läuft in meinen Mund, vernichtet die üble Trockenheit, bevor er durch die Kehle nach unten läuft. Er ist kühl, der Tee, fast kalt und erfrischt mich richtig. Fünfmal lässt er mich saugen, dann nimmt er die Flasche weg. „Das reicht erst mal“, sagt er. „Wo ist Rolf“, frag ich, jetzt nach dem Tee klappt das mit der Stimme schon besser. „Der liegt nebenan, hinter der Glaswand und war auch schon kurz wach“, sagt der Süße, „ er hat ähnliche Verletzungen, wie du. Ihr wurdet operiert und es ist alles soweit gut verlaufen.Jetzt müsst ihr nur noch gesund werden. Schule fällt zunächst mal aus, vor den Ferien wirst du wohl nicht mehr hin müssen. Und jetzt gebe ich dir auch noch was gegen die Schmerzen und zum Schlafen.“ Er geht, kommt dann wieder und hängt eine kleine Flasche an den Tropf. Ich döse dann wohl wieder weg, schlafe ein. Im Weg dösen denk ich an die Schule, aber dann auch an das Ringen, das wird wohl dieses Jahr wieder nichts mit dem Landesjugendmeister.

Carl August

Um sieben Uhr sitzen wir alle beim Frühstück, auch Oma, Frieda und Paul sind herunter gekommen. Die zwei Jungs, Sergej und Jerome müssen früh los nach Bremen, also frühstücken wir heute früher als sonst. Jerome und Sergej tippen auf ihren Handys rum, schreiben SMS an die anderen. Die Freunde haben ein bestimmtes Verfahren vereinbart, wer wen verständigt, wenn irgend etwas ist. Mein Handy geht auch und der Polizist, der heute Nacht mit mir gesprochen hat, hat Ulf informiert , das dass Fahrzeug, das den Unfall verursacht hat, auf Grund des gefundenen Rücklichtglases als Nissan 350 Z identifiziert werden konnte und zwar in Blau Metallic, wie die Spuren am Roller zeigen. Da es kein alltägliches Fahrzeug ist, rechnet man stark damit, den Verursacher des Unfalls auf jeden Fall zu finden.
Ulf und Irene fahren jetzt mit Rolfs Mutter wieder in die Klinik, sie dürfen jetzt für eine halbe Stunde zu den Jungs auf die Intensiv Station. Ulf verspricht, nach dem Besuch gleich an zu rufen und zu berichten, wie es den Beiden geht.
Nach dem Auflegen berichte ich von den Erkenntnissen über das Auto, was Jerome und Sergej gleich weiter geben. Enrico ist laut Jeromes Auskunft total geschockt und hat geschrieben, das er in die Klinik fahren will, statt zur Arbeit. Ich lasse mir Enricos Nummer geben und rufe ihn an. Er ist total aufgeregt und es gelingt mir nur langsam, ihn zu beruhigen. Ich erzähle ihm, was in der Nacht vor gefallen ist, was Noah ab bekommen hat und das er ihn erst morgen besuchen kann, weil er keinen Zutritt zur Intensiv Station bekommt.
Ich überrede ihn, zur Arbeit zu gehen und sich heute Abend zu melden oder mit Paolo vorbei zu kommen. Er sieht wohl ein, das es anders keinen Sinn macht und verspricht, vernünftig zu sein.
Auch Paul wird wohl Rolf erst morgen sehen können, will aber später nach Bremen zu Rolfs Mutter fahren und von ihr hören, was der jetzt endgültig hat und wie es ihm geht. Martin kann ihn mitnehmen, wenn er mit Ole auf die Baustelle fährt.
Das ganze sorgt natürlich schon verständlicher weise für Aufregung und das der Typ einfach abgehauen ist und die Jungs dort im Wald liegen ließ, ist schon der Aufreger schlecht hin.

Paolo

Mit Herrn Remmers Hilfe ist mein total verliebter Bruder wieder auf dem Boden der Tatsachen gelandet. Ich habe ihn geweckt, als Jeromes SMS von dem Unfall kam. Rico war echt geschockt, hat geschrien und sogar geheult vor Angst und ist jetzt stinke wütend auf den Fahrer, der einfach abgehauen ist. Jetzt zieht er sich an, obwohl er erst um zehn im Hilton sein muss. Er will mit mir nach Bremen fahren und dort noch ein bisschen rumlaufen, was kleines kaufen zur Genesung für sein Schätzchen.
Nach dem ich ihn in der Stadt abgesetzt habe, fahre ich in die Firma, Der Meister hat die Einteilung für heute geändert, ich muss mit einem älteren Kollegen und einem Azubi, nämlich Wilfried, nach Bremen ins Viertel, wo überwiegend reiche Leute wohnen. Dort sollen wir einen großen Carport, den unsere Firma vor sechs Jahren gebaut hat, reparieren. Das Bo-Frost Auto hat beim Rangieren den tragenden Pfosten vorne rechts beschädigt, der muss nun heute aus getauscht werden.
Dazu muss das Dach mit dem tragenden Querbalken ,mit einer Stahlstütze ab gefangen und etwas hoch gedrückt werden, bevor der kaputte Pfosten entfernt und ersetzt werden kann.
Als der kleine LKW geladen ist, fahren wir drei los. Ich erzähle, das zwei meiner Freunde gestern Abend auf der Fahrt nach Bremen einen schweren Unfall hatten und jetzt in der Uni-Klinik liegen. Auch von dem vermutlichen Auto, dem blauen Nissan Z, und der Fahrerflucht erzähle ich meinen Arbeitskollegen.Gerhard, durch jahrelanges „Bild“ lesen geprägt fordert, gleich „Kopf ab“ für den Täter. Seit sein Auto mal beschädigt wurde und der Täter nicht ermittelt werden konnte, ist eine Fahrerflucht für ihn mindestens so schlimm wie Mord.
Nach zwanzig Minuten Fahrt, es ist ziemlich Verkehr, sind wir dann vor Ort. Das Anwesen liegt ganz am Ende einer Sackstraße, Gasse kann man hier nicht sagen, die mit einem Wendehammer endet.
Der Carport ist sehr groß, hat Platz für zwei Autos und auf der linken Seite steht ein Wagen, der mit so einer Art Winterplane, Faltgarage sagt man auch, abgedeckt ist. Der rechte Stellplatz ist frei, so das wir arbeiten können. Ich nehme eine Kabeltrommel und klingel an der Haustüre. Die Frau, die mir öffnet, kommt mir bekannt vor und ich überlege, woher, komme aber im Moment nicht drauf. Durch ein Fenster neben der Türe reiche ich ihr den Stecker und rolle dann im Gehen das Kabel ab, bis zu dem kaputten Pfosten.
Gerhard , so heißt der eine Kollege und Wilfried haben schon eine Stütze unter den Querbalken gestellt und angezogen, so das der Pfosten entlastet ist. Wilfried muss die Stütze vorsichtshalber festhalten, während Gerhard und ich die Verschraubungen lösen und den Posten aus seiner Verankerung raus nehmen.
Den beschädigten Pfosten leg ich mit Gerhard auf die Ladefläche und trage den neuen mit ihm zum Carport. Wilfried guckt derweil in der Gegend rum und hält die Stütze fest. „Das muss auch so ein Flitzer sein, der da unter der Plane, so flach, wie der gebaut ist, und Schlappen hat der drauf und geile Alufelgen“, sagt er. „Das geht uns einen Scheißdreck an, guck lieber her, damit du was lernst“, sagt Gerhard zu ihm. Wilfried verdreht die Augen und schüttelt den Kopf.
Der Zapfen an dem neuen Pfosten ist etwas dicker, wie das Loch im Querbalken und Gerhard sagt, das er den Zapfen etwas ab stemmen muss.
Wir legen den Pfosten auf zwei Hölzer, den Zapfen Richtung Haus und Gerhard stemmt mit Holzhammer und Stecheisen den Zapfen schnell und geschickt nach. „So macht man das“, sagt er zu Wilfried und wohl auch zu mir. Wir stellen den Pfosten wieder hin, es passt und wir verschrauben alles, die Stütze wird entlastet, alles ist bestens „Pause, Männer, Frühstück“, sagt Gerhard. Eigentlich war die schon vor einer halben Stunde, aber auf Montage verschiebt sich das schon mal. Gerhard setzt sich ins Auto, liest dort im großen Käseblatt der Nation, ich setze mich mit Wilfried auf die große Werkzeugkiste bei dem schönen Wetter. Er fragt ein wenig nach zu dem Unfall und ich erzähle halt, das einer der Jungs mit meinem Bruder zusammen ist.
Darauf kommt zunächst keine Reaktion, dann fragt er:“Und du, hast du auch einen Freund?“ „Nein“, sag ich, „ich habe eine Freundin, eine ganz süße, ich bin nicht schwul, obwohl wir eineiige Zwillinge sind.“ Diese Antwort scheint ihm vor erst zu genügen, denn er fragt nicht weiter nach. Wir reden noch über die Nachhilfe, was sie jetzt machen in der Schule und was nach den Ferien kommt.
Gerhard kommt, also ist die Pause rum und wir stehen auf und räumen jetzt alles zusammen.
Das ab stemmen hat Späne und Stückchen produziert und einige sind bis unter das Auto geflogen. Wilfried geht mit Handfeger und Schaufel rum und kehrt alles auf. Er geht am Auto in die Knie und bückt sich bis fast auf den Boden, um die Stückchen unterm Auto raus zu kehren. Er stützt sich am Auto ab dabei.Gerhard geht zur Haustür, um den Auftragszettel mit der Zeit unterschreiben zu lassen und den Stecker der Trommel zu holen.. Wilfried und ich räumen das Werkzeug aufs Auto und warten dann auf Gerhard.
„Der Flitzer da vorn, der hatte auch einen Unfall“, sagt Wilfried, „da ist hinten am Radkasten und darüber einiges kaputt unter der Plane.
„Echt jetzt?“frag ich, „was ist denn das für ein Wagen?“. Wilfried geht zu dem Wagen und löst die Plane so, das der rechte hintere Teil und das Rad sichtbar werden. Beulen und tiefe Längskratzer, blau metallic mit roten Farbspuren und ein Z-Logo in der Radnabe….ich glaub es nicht. Ich mach zwei Fotos mit dem Handy. „Deck alles wieder zu und dann zum Auto“, sag ich zu ihm, „mach schnell.“ er zieht die Plane runter und ein Gummizug hält sie jetzt wieder so, das man nichts sieht.
„Das ist er, der mit dem Unfall gestern,hundert pro“, sagt Wilfried, „ruf die Bullen, mach schon, bevor Gerhard kommt und los will. Das ist ganz frisch, noch kein Rost oder Dreck“
„Ich ruf Herr Remmers an“, sag ich und wähle die Nummer über Kurzwahl. Als er sich meldet, sag ich fast atemlos: „Hier ist Paolo, wir sind auf einer Baustelle in Bremen, Schanzendorfer Straße ganz durch, letztes Grundstück. Hier steht zugedeckt ein Nissan Z, blau metallic mit Beulen und Kratzern hinten rechts und roten Farbspuren, alles ganz frisch. Soll ich die Polizei rufen?“ „Schanzendorfer ganz hinten?, OK ich rufe die Polizei. Bist du ganz sicher bei den Angaben?“, sagt er. „ Ich schick zwei Bilder, wir, Wilfried und ich, haben alles genau gesehen, er hat die Plane hoch gehoben. Es stimmt alles“, sag ich. „OK“, sagt er, „ich kümmere mich darum.“ Er hat aufgelegt.
Gerhard kommt und sieht uns an, das was nicht stimmt. „Was ist los, habt ihr was angestellt?“, fragt er und hält jedem von uns zehn Euro hin. „Trinkgeld“, sagt er und lässt den Motor an. Er dreht in dem Wendehammer, der hier am Ende ist und wir fahren raus, nach vorne zur Hauptstraße und biegen nach rechts zur Stadt hin ab. Nach etwa dreihundert Metern fährt ein Streifenwagen an uns vorbei. Jetzt ist der Typ fällig. Plötzlich weiß ich, woher ich die Frau kenne, die war im Hilton, beim Almauftrieb, jetzt bin ich mir ganz sicher. Den Namen weiß ich aber nicht.
„Gerhard“, sag ich, „das Auto da im Carport, das war das Auto, das meine Freunde gestern von der Straße gefegt hat und der dann abgehauen ist.“ „Echt jetzt, woher willste denn das wissen?“, fragt er.
„Ich habe mich beim kehren über dem Radkasten abgestützt und gemerkt, das es verbeult war und tiefe Rillen drin waren“, sagt Wilfried, „ich habe dann hinten die Plane angehoben, ein Nissan Z, blau metallic mit roter Farbe vom Roller und eine verkratzte Alufelge, alles ganz frisch. Ich wette, das ist der.“ „Dat wäre ja der Hammer, Jungs“, sagt Gerhard, „erzählt dat aber auch alles schön so dem Chef, ich will da keinen Ärger kriegen. Man, Kopp ab, das Schwein, aber mit einem stumpfen Beil.So eine Sau, einfach abhauen.“ Wilfried und ich grinsen uns an, die Sprüche kennen wir. Zehn Minuten später sind wir auf dem Hof der Firma und ich geh mit Wilfried ins Büro, wir berichten dem Chef und der sagt, das wäre in Ordnung, was wir gemacht haben.
Er sagt, das er den Herrn Remmers auch noch anruft jetzt und schickt uns zum Abladen.

Carl August

Nach Paolos Anruf verständige ich sofort die Polizei, gebe alles so weiter, schicke die Bilder hin und man verspricht, sofort zu handeln. Auch Angaben zu Paolo, warum er dort war und wie sie darauf gekommen sind, wollen sie wissen. Ich gebe Auskunft, so gut ich kann und nenne auch den Namen der Firma, in der Paolo jetzt arbeitet. Die Beamten sagen, das bereits ein Streifenwagen unterwegs dorthin ist und ein Team der Spurensicherung verständigt ist. Die werden, wenn sich der Verdacht erhärtet, das Auto abholen und eingehend untersuchen und die Beweise sichern.
Ich bin gespannt, was da rauskommt.Ich wähle Ulfs Nummer, die dürften ja jetzt wieder von der Klinik daheim sein, da kann ich auch gleich hören, wie es den Jungs geht. Danach werde ich Lis informieren.
Ulf fragt noch mal nach, wo genau das Auto steht und dann sagt er: „Wir, du und ich, kennen die Leute, die da wohnen“, sagt er dann“, „ die waren sogar auf dem Empfang im Hilton. Da wohnt der Straaten, Maschinenbau Straaten . Die haben einen Sohn, der dürfte so drei – vier und zwanzig sein, der studiert hier in Bremen, der war auch da mit den Töchtern vom dem Kaffeeheini. Die haben am Tisch gesessen, wo unsere Jungs und Mädels gesessen haben. Vielleicht ist der Junge ja der Fahrer.“ Das wäre natürlich der Hammer, wenn sich das so bestätigt.Ich frage nach den zwei Jungs und er sagt, das beide um neun ansprechbar waren, der Zustand ist stabil und die Operationen sind gut verlaufen. Morgen Früh kommen die Beiden auf ein Zimmer auf der Privatstation des Professors.
Ab Mittag darf man sie dann auch besuchen und Paul und Enrico sollten wohl den Anfang machen und nicht so viele auf einmal. Das werde ich an die Jungs so weitergeben und das wird auch dann klappen, denk ich.
Jetzt informiere ich Lis, die dann im Haus alles wichtige weitergibt und auch Jerome und Sergej informieren wird per SMS. Martin rufe ich selber an, der ja mit Ole noch auf die Baustelle fährt.
Gut ist vor allem, das die beiden Jungs jetzt in Ruhe gesund werden können und auch, das der Verursacher wohl auch so gut wie gefasst ist.
Die beiden Seeleute sind in der Luft und werden wohl noch heute auf dem Schiff eintreffen. Der Rest der Woche wird der Vorbereitung der Ausstellung gewidmet sein, was wohl Wolfi mit Kevin, Frank und Lis erledigen werden. Am Sonntag landet die japanische Delegation in Bremen und wird im Hilton wohnen. Am Montag beginnen wir dann dort mit einem Deutsch-Japanischen Frühstück und am Nachmittag um vier werden wir dann die Ausstellung eröffnen, die dann zwei Wochen geöffnet sein wird. Bei einer Berliner Modell Agentur haben wir ein paar Damen und auch Herren geordert, die für die Betreuung der Japaner nach dem offiziellen Tagesprogramm zuständig sind. Die werden auch im Hilton wohnen. Die meisten japanischen Delegationen erwarten das so, also wird es auch gemacht. Darum kümmert sich aber jemand anderes, ich habe nichts zu tun bei der Aktion.

Onkel Jo

Der Empfang an Bord war herzlich und Joachim wurde besonders begrüßt von seinen neuen Kolleginnen und Kollegen, die ja auch zu Patienten werden können auf See. Nach dem wir uns etwas eingerichtet haben, einige haben schon geguckt, als der Käpt´n für uns beide die gleiche Kabinennummer sagte und Offiziere eigentlich eine Einzelkabine haben, aber ich denke, das es gut ist, das alle wissen, was Joachim und mich verbindet.
Beim Rundgang durch das Schiff hat Joachim dann auch die restliche Besatzung kennen gelernt, die zum großen Teil aus Asiaten besteht. Nur Schlüsselpositionen und der Service für die Passagiere sind mit deutschen oder europäischen Männern und auch Frauen besetzt. Von letzteren werden wohl bei Joachims Aussehen bestimmt die ein oder andere sehr schnell ein paar Wehwechen bekommen um den neuen Arzt näher kennen zu lernen. Pech gehabt, Mädels, aber so was von….der ist mein und nachts noch mehr.
Die Vorräte für die nächsten Tage sind gebunkert, in Genua wird neu eingedeckt, die Schlepper kommen um halb zwei und nach festmachen der Trossen laufen wir , von drei Schleppern gezogen, aus. Zwei Sirenenstösse zum Abschied gibt der Käpt´n, dann bleibt die Werft achteraus zurück. Nach erreichen des freien Fahrwassers werden die Trossen gelöst und wir fahren mit eigener Kraft, Kurs West, Südwest, Richtung Europa.
Die Fahrt führt uns durch den SUEZ-Kanal ins Mittelmeer und dann dort direkt nach Genua, wo wir dann für ein paar Tage festmachen, bunkern und dann Passagiere aufnehmen für eine Mittelmeer Kreuzfahrt, Joachims erster Kontakt mit Passagieren, welche wohl nicht nur an Seekrankheit leiden werden. Ich bin sicher, das er das gut meistert.
Morgen hat Joachim ein Gespräch beim Kapitän, wohl zwecks besserem kennen lernen und auch, um ihm seine Kompetenzen und Aufgaben näher zu bringen. Da der Kapitän uneingeschränkt verantwortlich ist, gibt es Dinge, bei denen er unbedingt zu unterrichten und auch zu hören ist.
So ein Schiff ist eine kleine Welt für sich und der Kapitän ist der absolute Herrscher an Bord. Sein Wort ist Gesetz und dafür trägt er auch die Gesamtverantwortung und muss sich auf seine Offiziere verlassen können.
Die Führung durch den Sanitätsbereich und das Vorstellen der hier tätigen Leute erfolgt nach her, wenn wir mit dem Schiffsrundgang durch sind. Joachims Bereich besuchen wir zum Schluss und er bleibt dann dort zur Einweisung, während ich beim Kapitän erscheinen muss, um die Mittelmeer Kreuzfahrt Versorgung mäßig vorzubereiten, der Küchenchef nimmt da ebenfalls teil.

Ole

Die SMS mit der Unfallnachricht hat uns sehr betroffen gemacht, selber wissend, mit welchen unangenehmen Begleiterscheinungen ein solch harter Eingriff in die körperliche Unversehrtheit einher geht. Spontan habe ich meine Frank umarmt geküsst und geknuddelt, froh, das uns bei unseren Unfällen nichts schlimmeres passiert ist.
Auch Mutsch und Marie sind erschrocken über das Pech von Noah und Rolf und erbost über den geflüchteten Fahrers. Frank, der nach her zu Remmers fährt, bringt mich mit dem Kombi zur Schule, wo Martin mich um Elf ab holt, wenn wir, wie so oft, auf die Baustelle fahren.
In der großen Pause gehe ich mit Dirk und Mike zum Direx. Die Jungs sind alle über den nächtlichen Unfall unterrichtet, die Mädels natürlich auch. Paul ist heute nicht zur Schule gekommen, hat aber um Neun eine SMS geschickt und geschrieben, das er heute Nacht mit Carl August und Martin nach Rolf und Noah gesucht hat und das sie noch in der Uniklinik waren.
Dirk berichtet dem Direx dann von dem Gespräch mit dem Herrn Werthmüller und gibt auch einen Brief seiner Mutter ab, in dem auch ein Blatt ist, das der Kripobeamten geschrieben hat. Der Direx sagt uns, das er wohl ein disziplinarisches Verfahren einleitet mit dem Ziel, den Werthmüller aus dem staatlichen Schuldienst zu entlassen oder in ein anderes Bundesland zu versetzen, obwohl das aus seiner Sicht das Problem nicht löst.Er hat den Schulrat eingeschaltet, will auch die Eltern und den Schülervertreter informieren und einen breiten Konsens erzielen um den Mann weg zu kriegen hier.
Mit dieser doch zufriedenstellenden Nachricht gehen wir auf den Schulhof zurück zu unseren Freunden. Um halb elf brummt mein Handy und eine SMS von Carl August gibt die neusten Erkenntnisse zum Unfallflüchtigen, Paolos unheimlicher Glücksfall beim Auffinden des Autos, an uns weiter, was ich kurz vor elf auf dem Pausenhof an alle weitergebe. Freude darüber das die Person vermutlich gefasst wird oder schon ist, kommt auf und als Martin kommt, steig ich guter Laune in den SUV. Heute müssen wir auch bei dem Makler, dem Hinnerk, vorbei fahren und Wohnungsschlüssel abholen für Wolfis Freund, der mit seinem Mädel eine Wohnung in Bremerhaven ansehen will. Das Mädchen wird von den Zeugen Jehovas, die ihren Austritt aus der Sekte nicht akzeptieren und massiv Stalking betreiben, verfolgt und Volker will mit einem Umzug, weg von Bremen zunächst mal Abstand schaffen.
Martin ergänzt Carl Augusts Informationen mit einem Namen, Straaten, und sagt, das der auch beim Almauftrieb dabei war und laut Aussage von Herrn Schroer sogar mit zwei Mädchen bei uns am Tisch gesessen hat. Jetzt erinnere ich mich, das Wolfi ein Disput mit dem hatte und Jerome uns draußen gesagt hat, wer das ist. Das sind ja vielleicht Zufälle, oder, und das Paolo jetzt mit dem Lehrling das Auto findet auf der Arbeit…….Wahnsinn, fast unglaublich.
Wir halten vor einer älteren Villa, gut in Schuss und toll anzusehen. „Hier wohnt Hinnerk mit seinen Mädels. Büro ist unten, geh, hol die Schlüssel und die Unterlagen“, sagt Martin zu mir und ich steig aus und geh klingeln.
Dörte macht mir auf und im Büro bekomme ich die Sachen von der besagten Wohnung. „Die Wohnung gehört der Oma von Jerome“, sagt Dörte, „die Bedingungen stehen auf dem Blatt, handeln müsst ihr dann mit der alten Frau Remmers, wenn euch was zu viel ist.“ „OK, danke“, sag ich und verabschiede mich. Jetzt fahren wir zur Baustelle.

Wolfi

Mit meinem Schatz bin ich heute Morgen mit meinem Auto nach Bremen aufgebrochen. Martin hatte uns von Noah und Rolfs Unfall erzählt, so das uns beiden der Appetit auf Frühstück gerade vergangen ist. Auf dem Weg nach Bremen sind wir dann an der Unfallstelle vorbei gefahren. Am der Leitplanke waren deutliche Spuren des Crash zu sehen und wir sind froh, das die beiden noch leben und wieder gesund werden.
Auf der Uni erzähle ich Volker, das er und seine Freundin heute die Wohnung in Bremerhaven besichtigen können, weil Ole die Unterlagen und die Schlüssel mitbringt. Wir drei können ja mit dem Auto hinfahren und er kann dann den Wagen mit nehmen. Er schickt seiner Freundin eine SMS, sie ist in einem anderen Kurs als er und sie kommt dann später zu uns.
Froh darüber, das dass so gut funktioniert, gehen wir gemeinsam in den Hörsaal zur ersten Vorlesung.

Frank

Nach dem ich Ole heute an der Schule abgesetzt habe, bin ich mit dem Kombi zu Remmers gefahren. Dort haben Frau Remmers und ich noch Bilder und diverses Zubehör zum Aufhängen eingepackt und dann sind wir zu der Firma gefahren und haben dort alles zunächst in den Container gestellt.
Dann haben wir begonnen, nach Wolfis Plan die Bilder aufzuhängen, die für die zwei langen Wände vorgesehen sind. Später werden noch Stellwände gebracht, die Herr Remmers in der Firma nach Wolfis Vorgaben hat anfertigen lassen. Die werden dann aufgestellt und ebenfalls mit Bildern aus verschiedenen Kategorien behängt, so das später etwa siebzig Exponate zu sehen sind. Einen Teil davon will Carl August mit Preisauszeichnungen versehen und die Bilder zu Wolfis Gunsten verkaufen. Zwei junge Arbeiter der Firma sind uns behilflich, haben Leiter, Werkzeug und vieles was wir brauchen dabei und wir kommen gut voran.
Um Elf erscheint Carl August und informiert Lis und mich in Sachen Unfallflucht und Zustand der beiden Verletzten. Das der Verursacher mit Schroer und Remmers bekannt ist und sogar auf dem Geburtstagsempfang war, macht Lis betroffen, wobei ihre Gedanken sich wohl eher um die Eltern des Jungen drehen als um diesen selber. Jahrelange gute Bekanntschaft mit den Eltern macht die Sache nicht einfacher und Lis will, wenn alles geklärt ist, die Mutter des Jungen kontaktieren und mit ihr reden, helfen, wenn es geht. Die Eltern kann man wohl nicht für das Verhalten des Jungen verantwortlich machen, es sei denn, sie wissen was passiert ist und decken das Verhalten des Sohnes.
In der Mittagszeit geht Lis mit den zwei Jungs und mir in die Werkskantine zum Mittagessen. Einige der Anwesenden kennen sie wohl noch aus der Zeit, das sie hier übersetzt hat und kennen sie wohl auch von werksinternen Veranstaltungen. Sie grüßt in die ein oder andere Richtung oder winkt zurück, wenn jemand winkt Carl August stößt jetzt auch zu uns und das wir hier essen, sorgt schon ein wenig für Gesprächsstoff. Der Chef isst wohl öfter hier und das fordert natürlich die Qualität der Speisen und das Essen schmeckt gut und die Portionen passen auch.“Mein Vater hat schon immer zwei oder drei mal in der Woche in der Kantine gegessen und keiner wusste vorher, wann. Die Köche haben sich immer angestrengt, denn wenn es nicht gut war, gab es einen Rüffel für die Küche“, erzählt er uns beim Essen.

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3 Kommentare

  1. Hallo Niffnse,

    alles gute für das neue Jahr!
    Das war echt spannend. Aufregung gleich im neuen Jahr, das geht ja schon gut los.
    Freue mich auf viele weitere spannende Teile.

    LG Claus

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    • Andreas auf 2. Januar 2016 bei 15:24
    • Antworten

    Hallo Niff,
    ich wünsche Dir auch alle Gute und Gesundheit für das gerade angefangene Jahr,
    Dass es wieder so spannend und aufregend sein muss – – – sehr gut gelungener Teil
    der Lust und Vorfreude auf weiteres macht.
    LG AndreaS

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  2. Hallo Niff, auch dir alles Gute für 2016. Das ist wieder eine gelungene, spannende Fortsetzung, die Lust auf mehr macht.

    VlG Andi

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