Traumschiff Teil 103

Verein?… in Erwartung… Regenbogenhochzeit… Adoption… Trauer … Bonn… Überraschung… neue Perspektiven

Es geht auf die Hochzeit zu, die Vereinsfrage wird konkret, Oma trumpft auf, Lex geht bald auf Reisen und noch so einige Überraschungen wird es geben in diesem Kapitel.

Danke an die Kommi-Schreiber und an meine Beta-Leserin, auf geht es…

Kevin, Sonntag, 03.10.2010,  20:00 Uhr auf der Fahrt mit Wolfi zurück in die WG

Nach einem nicht alltäglichen Nachmittag und einem sehr guten Essen bei meinen Vätern sind mein Schatz und ich auf dem Weg nach Bremen in die WG. Morgen beginnt meine Woche mit dem Besuch der Berufsschule, Blockunterricht, zwei Wochen am Stück, in Bremen, täglich von acht Uhr bis Sechzehn Uhr an fünf Tagen, das Wochenende dazwischen ist frei. Da fahre ich, wenn es trocken ist, mit dem Rad hin, das ist knapp sieben Kilometer. Wenn es regnet, fährt Wolfi mich oder auch schon mal Mike, wenn Wolfi ganz früh los muss. Es klappt immer mit der Fahrerei, immer ist jemand da, wenn das Wetter eine Fahrt mit dem Rad nicht zu lässt. Freunde und dann so viele, etwas, das unheimlich schön ist und viel Spaß haben wir auch des Öfteren.

Jetzt kommen wir von Martin und Kai, den Bauch voll mit einem super guten Steak, butterzart, rosa und saftig, mit fantastischer Pfeffersauce, Pommes und feinen grünen Bohnen, zum Nachtisch einen Obstsalat mit einem Weindressing und als Schlusspunkt einen doppelten Espresso,…göttlich.

Da mein Schatzi noch fahren musste, habe nur ich von dem feinen Roten ein Glas getrunken, es war ein Barolo, samtig weich, mit einem Hauch Restsüße. Meine Väter haben das drauf, das mit dem guten Essen.

Unser Besuch bei Frau Wörner, wir waren fast zwei Stunden bei ihr, war sehr schön, aber auch etwas deprimierend. Sie sieht gar nicht gut aus, ist abgemagert und hat nicht mehr viel Kraft, finde ich. Einzig der Fiffi hat noch mal positive Lebensgeister in ihr geweckt. Diese Freude allein war schon das Risiko wert, den Hund zu ihr herein zu schmuggeln. Wolfi hat die Möglichkeit, hinter das Gebäude zu kommen, entdeckt und ist mit Fiffi in der kleinen Reisetasche an der Stirnwand des Hauses durch ein Gebüsch bis zur Hausecke geschlichen. In der Zeit bin ich ins Haus, habe mich angemeldet und wurde dann zum Zimmer geleitet, das ich nach dem schwachen „Herein“ dann zügig betrat.

Frau Wörner, im Bett sitzend, war hoch erfreut, als sie mich als den Besucher erkannte. „Kevin“, rief sie, „das ist aber mal eine schöne Überraschung, ich freue mich sehr, dass du gekommen bist. Wo hast du denn deinen Freund gelassen und was macht denn der Fiffi?“

„Hallo, guten Tag, Frau Wörner, ich hoffe, es geht ihnen gut. Wolfi, mein Freund, der wird gleich kommen“, sag ich zu ihr, „kann ich die Türe etwas öffnen, nur ganz kurz?“ „Ja, schon, aber warum denn?“, will sie wissen. „Wir haben eine Überraschung für sie, Wolfi und ich“, antworte ich, „Wollen sie ihn sehen?“ „Ihn?“, fragt sie mit großen Augen, „Ihr habt doch nicht etwa…..oder doch?“

Wolfi schlüpft zur Türe herein, die ich sofort wieder schließe. Aus der Tasche fiept es und ich hoffe inständig, dass er jetzt nicht vor Freude bellt. Ich öffne die Tasche und setze den wild mit dem Schwanz wedelnden und fiependen Fiffi auf ihren Schoß.

Sie bringt keinen Ton raus zunächst und auch der Kleine bellt nicht. Sie nimmt ihn hoch und er leckt ihr Gesicht ab, stumme, unsagbare Freude auf beiden Seiten. Einfach nur schön und ergreifend.

Dann, nach zwei Minuten, legt er sich und nur der Schwanz wedelt immer noch. „Danke! Danke, dass ihr das getan habt, das ich ihn nochmal sehen und knuddeln kann, meinen kleinen Liebling. Ich freue mich so sehr“, sagt sie mit leicht zitternder Stimme, „das habt ihr gut gemacht, ihr beiden, danke vielmals. Ich bin froh, dass er jetzt bei mir ist und ihr auch. Außer Ottmar Wagner kommt kein Besuch und ich würde mich freuen, wenn ihr ab und zu vorbei kommen könntet.“

Sie streichelt den Hund, der jetzt den Kopf auf die Pfoten gelegt hat und sagt: „Nehmt euch einen Stuhl, setzt euch her und du, Kevin, geh ins Bad, hole ein großes weißes Handtuch, das decken wir über den Hund, wenn es klopft. Dann sieht ihn keiner und er bellt dann auch nicht. Dieses Versteckspiel habe ich immer mit ihm gespielt, wenn Werner von draußen zurück kam und nach dem Hund suchte.“

Als ich mit dem Handtuch zurück kam, wollte sie wissen, wie es uns in letzter Zeit ergangen ist und wir erzählten ihr einiges über uns und unsere Freunde. Bei Wolfi wollte sie alles über die Bilderfirma wissen, seine Zukunftspläne und praktisch alles, was er so in absehbarer Zeit vom Leben erwartete. Dann war ich an der Reihe, sie wollte wissen, warum ich kein Gymnasium besuche und ich erzählte, dass das im Heim keine Option war. „Die wollen, das mit dem Erreichen der Volljährigkeit, die Leute das Heim verlassen“, sag ich, „da sind Abitur und Studium kein erstrebenswertes Ziel aus Sicht des Trägers, der das Heim finanziert.“

„Wärst du denn lieber aufs Gymnasium gegangen?“, fragt sie. „Ich habe eine gute mittlere Reife und wenn ich ausgelernt habe, habe ich ein Fachabitur. Damit kann ich dann auch studieren, wenn ich das will, Frau Wörner“, sag ich. „Und, willst du das?“, fragt sie weiter. „Mal sehen, ich habe noch nicht darüber nach gedacht“, sag ich, „könnte es mir aber vorstellen. Ich bin ja gerade erst ins zweite Ausbildungsjahr gekommen und möchte zuerst die Lehre gut abschließen. Gegen Ende der Ausbildung, dann bin ich ja auch schon neunzehn, werde ich mich entscheiden, wie es weiter gehen soll.“

Just in diesem Moment klopft es und ruck zuck, lege ich das Handtuch über den Hund, während Frau Wörner unter dem Handtuch den Schwanz des Fiffi runter drückt und festhält. Eine Schwester guckt ins Zimmer und fragt, ob Frau Wörner ein Kännchen Kaffee möchte. Als sie das bejaht, holt die Schwester draußen von einem Servierwagen ein Gedeck Kaffee, das auf einem Tablett steht.

Ich steh auf, geh ihr entgegen und nehme ihr den Kaffee ab, worauf sie das Zimmer wieder verlässt.

„Puh, das ist ja gut gegangen“, sagt Frau Wörner und deckt den Hund wieder auf.

Später dann, nach etwa einer Stunde, das Tablett mit dem Kaffeegeschirr habe ich zwischendurch raus getragen und dort auf dem Wagen abgestellt, verabschieden wir uns von Frau Wörner. Wir haben viel erzählt von uns und dem Hund und wir versprechen, in zwei Wochen mit dem Hund wieder zu ihr zu kommen. Das freut sie sehr. Sie ist ein wenig erschöpft, will jetzt ein wenig schlafen und nach dem Wolfi mit dem Hund über die Terrasse verschwunden ist, gehe ich durch den Gang zurück nach draußen und dort zum Auto, wo mein Schatz bereits wartet. Wir geben uns eine FIVE wegen der gelungenen Hundeaktion und fahren dann zu Martin und Kai nach Hause, wo ein tolles Essen zubereitet wird, das wir dann auch alle vier richtig genießen. Um kurz vor acht brechen wir dann auf, zurück in die WG nach Bremen zu den Anderen.

Carl August, Sonntagabend, 03.10.2010, 20:30 Uhr mit Lis, Oma und Tante Frieda im Wohnzimmer

Nach dem Abendessen, Paolo und Natascha sind nach oben gegangen, haben wir uns rüber gesetzt, wollen über den Ablauf des nächsten Wochenendes reden. Meine Mutter hat da schon ganz konkrete Vorstellungen, wie das alles ablaufen soll. Da ist zunächst mal den Donnerstag- Abend Shopping mit den Jungs und Mädels, die keine festliche Garderobe haben, Garderobe, wie sie halt zum Almauftrieb angesagt war. Da werden wohl alle Mädels und Jungs mit fahren, die nicht dort waren.

Lis beginnt, diejenigen auf zu zählen, die ihr Mitkommen für Donnerstag zu gesagt haben.

Da sind zunächst Marie und Denise und von den Jungs Robin, Torsten, Dirk und Mike aber auch Paul und Rolf. Lex muss auch mit, genauso wie Tom und Micha, nicht zu vergessen die Zwillinge.

Nicht mit müssen Jerome und Sergej, auch Ole und Frank, so wie Wolfi, Kevin und Noah waren ja schon für den Almauftrieb chic. Alwin und Gerry haben einen Anzug, Alwin von Lars Konfirmation und Gerry von der Meisterfeier, so dass beide auch nicht mit kommen müssen. Matze und Chris haben von ihrem Abiball her jeder noch einen guten Anzug, Ralf hat auch einen guten Anzug, genau wie Marvin, so müssen sie ebenfalls nicht mit zum Shopping.

Das sind also dann dreizehn Leute, dazu Oma, Frieda und natürlich Lis, die auch mit kommt. Vier Autos müssen es schon sein am Donnerstag um sechzehn Uhr dreißig, wobei ein Auto dann erst fährt, wenn auch die da sind, die bis sechzehn dreißig arbeiten müssen wie Micha, Rolf und Paolo. Tom hat, genau wie Enrico, Frühschicht, sie sind also rechtzeitig da.

Lis hat schon in dem Geschäft, in das sie gehen wollen, angerufen und gesagt, was am Donnerstag ab geht. Die wollen dann aus der Bremer Zweigstelle des Geschäfts noch diverse Anzüge nach Bremerhaven bringen lassen, dass genügend Auswahl vorhanden ist. Krawatten, Fliegen und Schals für die Mädels in Regenbogenfarben hat Oma mit Jeromes Hilfe schon im Internet bestellt und das Zeugs soll bis Mittwoch da sein.

Das ich mal mit einer Regenbogenkrawatte auf eine schwule Hochzeit gehe, hätte ich mir nie träumen lassen und es wird wohl auch nicht die letzte sein, davon gehe ich jetzt mal aus. Das Ganze wird schon für ein bisschen Aufsehen sorgen und das soll auch so sein. Ein Hinweis an die Politik, endlich eine volle Gleichberechtigung her zu stellen zwischen Paaren, die sich lieben und die heiraten wollen. Einen mir bekannten Reporter, von dem ich annehme, das er auch schwul ist, habe ich einen Tipp zukommen lassen, was da am Samstagvormittag ab etwa halb elf abgeht. Ich wette, dass das dann spätestens Montag in der Zeitung steht.

Kai nimmt zum Shoppen die Protzkiste mit Oma, Frieda und Lis, Ralf fährt den Achter und Martin den Q7, Paolo kann dann den Kombi fahren mit den Nachzüglern, dann reicht das platzmäßig und wird bestimmt ein lustiges Erlebnis für alle. Die anderen Jungs und Mädels wollen bestimmt auch dorthin, zu mindestens die, deren Partner gerade neu eingekleidet wird. Ich werde der ganzen Chose fern bleiben, das sollen die Frauen gefälligst selber machen, sie wollten es ja so.

Der Wirtschaftssenator hat noch mal nach gefragt nach den bestellten Bildern. Ich habe im Wolfis Nummer gegeben und gesagt, dass alles in Arbeit ist. Er hat dann mit Wolfi vereinbart, das der zunächst mal an Hand einer Liste beginnt, bereits fertige Bilder in verschiedenen Bereichen auf zu hängen.

Damit will Wolfi in der nächsten Woche, wenn die Hochzeit vorbei ist, anfangen und er hat Matze und Chris gebeten, ihm dabei zu helfen. Da das Aufhängen der Bilder extra bezahlt wird, hat er ihnen das als vorüber gehenden Nebenjob angeboten, bis sie was anderes gefunden oder alle Aufträge abgewickelt sind.

Werkzeug zum Aufhängen der Bilder und das Zubehör hat Wolfi mit Martins Hilfe bereits besorgt und da Matze ein Auto hat, können er und Chris das Aufhängen übernehmen. Handwerklich geschickt genug sind beide dafür und ich denke, das klappt gut. Damit ist Wolfi frei zum Bilder machen und die anderen Zwei haben zunächst mal einen Job, der auf vierhundert Euro Basis abgewickelt wird.

Das wird alles die Buchhaltung bei uns regeln, die Wolfi und sein noch junges Unternehmen fachlich begleitet. Ulf hat das einem der jüngeren Mitarbeiter in der Firma übertragen. Der bekommt von Wolfi immer aller Daten und einmal im Monat fährt Wolfi hin und dann besprechen sie alles. Das machen wir solange, bis Wolfi die Sachen selber beherrscht und es dann auch selber machen will.

Da der Kultursenator auch einige Bremer Schulen mit ein paar Bildern verschönern will, wird den Jungs zunächst einmal die Arbeit nicht ausgehen. Auch in der ständigen Ausstellung in der Firma werden immer wieder mal Bilder verkauft, zwei bis drei im Monat, das läuft doch ganz gut und das wir im Hilton auch eine Bilderecke machen wollen, habe ich zu dem dortigen Direktor gesagt und sie machen sich jetzt Gedanken über das wo und wie.

Morgen früh muss ich für drei Tage nach Luxemburg fliegen und über Lieferung und Preise für Stahl zum Schiffsbau verhandeln. Drei für Einkäufe zuständige Leute fliegen mit, aber da es um große Mengen und um einen Festpreis geht, muss ich da mit. Es geht um einen hohen Millionenbetrag und da bin ich dann lieber dabei. Mittwochabend bin ich zurück, mal sehen, wie weit dann alles gediehen ist für das große Verpartnerungsevent.

Jerome, Montag, 04.10.2010, 22:30 Uhr . im Bett mit Sergej

Heute, nach dem sechsten Schnuppertraining mit Alwin und Co. Trainer Matze, der ja auch schon drei Jahre fast Karate trainiert und der einen braunen Gürtel hat, haben wir oben zusammen gesessen, gegessen und geredet, wie es in Zukunft mit dem Training laufen soll. Dabei war natürlich auch die Frage akut, ob wir einen eigenen Verein gründen wollen und wo wir dann auch mit so vielen Leuten trainieren wollen. Der Fitnessraum ist nicht groß genug für ein ordentliches Training, wenn alle mitmachen. Bisher ist auf jeden Fall bei allen Jungs, aber auch bei den Mädels, viel Interesse vorhanden.

Ich habe schon überlegt, mal mit Hinnerk und Dörte zu reden, ob wir nicht noch ein leerstehendes Gebäude haben in der Familie, in dem man vielleicht einen geeigneten Trainingsraum einrichten kann. Es gibt ja, wie wir nach der letzten Suche wissen, noch einige Gebäude in verschiedenen Gebieten hier und in Bremerhaven, die einen Leerstand voraus gesetzt, für uns nutzbar wären. Der Verein könnte ja dann auch noch andere Jugendliche und junge Erwachsene aufnehmen und wenn das Gebäude es her gibt, könnte man ja auch noch ein Fitnesscenter und oder eine Sauna dort rein bauen und das eventuell sogar gewerblich betreiben. Ich werde mal mit Papa darüber reden, hören, was der denn meint.

Alwin hat uns während der Schnupperstunden auch einiges über Karate erzählt, wo es herkommt, welcher Sinn oder welche Bedeutung dahinter steckt und das es im Grunde genommen sehr viel auf Respekt aufbaut. Gewisse Rituale, zum Beispiel ein umfassendes Begrüßungsritual und andere sind in dem von Wettkämpfen geprägten sportlich ausgerichteten Karate von heute etwas in den Hintergrund gedrängt worden. Zurzeit sind Bestrebungen im Gange, Karate als olympische Disziplin zu etablieren. Die Chancen stehen gut.

Wenn wirklich alle mitmachen, dann sind das ja vorweg mal vierundzwanzig Jungs und vier Mädels, das reicht für einen Verein auf jeden Fall und mit Alwin als Sensei, so heißt der Lehrer und Matze als Senpai oder Vize hätten wir auch die Voraussetzungen, um einen Verein zu gründen. Das rechtlich Notwendige kann Papa mal mit Oliver Salm klären, um eine eventuelle eigene Immobilie werde ich mich kümmern. Sollte es soweit kommen, kann Ole mit einer Unterstützung durch Papas Leute einen Entwurf für eine Satzung machen.

Von rechts kriecht nun eine Hand unter meinen Schlafhosenbund, sucht nach meinem Torpedo, der allerdings bereits schläft und mit einem genuschelten: „Morgen früh, Schatz“, drehe ich mich mit dem Po zu ihm und murmle: „Gute Nacht, Hasi“. Ich hoffe, dass er jetzt nicht enttäuscht ist, aber ein aufs Ohr gehauchter Kuss und dann sein Po an meinem sagen mir, das er jetzt auch lieber schläft und wir uns Morgen früh was Gutes tun unter der warmen Dusche.

Alwin, Dienstag, 5.10.2010, morgens um 09:45 Uhr, in der großen Pause, mit Noah, Lex und Dirk, Armin und Denise, sowie Natascha, Sigrid, Torsten und Robin, Lars und Marie am alten Fahrradständer auf dem Schulhof.

Mit zwölf Leuten stehen wir hier, welch eine ansehnliche Clique, finde ich und Thema unseres Gesprächs ist der Verein, den zu gründen Jerome und auch die meisten in unserem Kreis als sinnvolle Option ins Auge gefasst haben. Natascha, die ja bereits wie Jerome, über Immobilien verfügen kann, glaubt schon, dass sie mit Omas und Papas Hilfe und dem Makler etwas finden, was unseren Ansprüchen an zunächst mal Fläche, gerecht wird. Der Fitnessraum in der WG ist definitiv zu klein für ein Training mit mehr als zehn Leuten und es ist durch die aufgestellten Geräte auch nicht ungefährlich, mit mehr Leuten dort was für den Karatesport zu machen.

Jerome hatte ja schon angedeutet, für eine vernünftige Trainingsmöglichkeit gerne noch mal was zu investieren, wenn genügend Freunde mit machen. Jetzt sucht Wohl der Makler, als auch Jeromes Familie nach in Frage kommenden Räumlichkeiten für das Vereinsprojekt. Mal sehen, was daraus wird. Bis dahin denke ich, hat Matze auch einen Dan mehr und bekommt den unteren schwarzen Gürtel von dem es drei Stufen gibt. Dann können wir beide Stunden geben und uns das Training einteilen. Da Lars auch bald einen braunen Gürtel, erste Kyu, bekommt, ist ja noch einer mit guten Kenntnissen da, der bei der Anleitung der anderen Mädels und Jungs helfen kann.

Im Bundesland Bremen gibt es über fünfundzwanzig Vereine, die im Deutschen Karateverband mit den Vereinen aus anderen Bundesländern zusammen geschlossen sind. Über die genauen Formalien der Vereinsgründung will Jerome mit seinem Papa und der Rechtsabteilung des Konzerns reden, damit alles Hand und Fuß hat. Es ist gut, wenn man auf solche Hilfen bauen kann.

Der Name des Vereins soll auf jeden Fall zeigen, das bei uns alle mitmachen können, die kein Problem mit schwulen Jungs haben. Wie wir das zum Ausdruck bringen, müssen wir noch raus finden. Jeder soll sich dahingehend Gedanken machen. Da ab dem neunten Oktober hier in Bremen die Herbstferien beginnen, wollen wir bis zum Ende der ersten Ferienwoche Vorschläge und Ideen sammeln, die mit dem Verein zu tun haben und uns dann zusammensetzen und alles besprechen.

Mit meinen Eltern habe ich geredet und ich bekomme jetzt bald ein Auto, das heißt eigentlich übernächste Woche schon.

Es war gar nicht so schwer, sie zu überreden und da ich mir so einen ausgesucht habe, wie ihn der Matze und auch Gerry haben, einen Daccia Duster, ein kleiner SUV, der in Anschaffung und Unterhaltung nicht so teuer ist, waren sie schnell einverstanden und ich bin echt froh.

Lars bekommt dann wohl einen Roller, so dass auch er mobiler wird, den Führerschein dazu hat er schon zwei Monate. Seit der Party ist er ganz offensichtlich verliebt in die hübsche blonde Cousine von Kevin, die Sabine, deren Vater den coolen PC-Laden unter der WG betreibt.

Ich bin mal gespannt, ob es was von Dauer ist, das wäre dann seine erste feste Beziehung. Mama hat ihn dann mit dem obligatorischen Safer Sex Gespräch genervt, das macht sie jedes Mal aufs Neue, wenn Lars ein Mädel kennen gelernt hat. Jetzt hat er von seinem Taschengeld einen zweiten Helm gekauft, wohl für die Sabine, seine neue Flamme. Sie sieht hübsch aus und scheint auch voll OK zu sein.

Noah, Dienstag, 5.10.,2010,  12:15  Uhr am Kiosk in der Schule mit Lex und Alwin

Mein Handy geht, es ist Mamas Nummer und ich frage mich, was sie jetzt will, sie ruft sonst nie in der Schule an, komisch. „Ja, hallo“, sag ich, „was gibt es denn?“ „Noah, es ist was Schlimmes passiert, der Opa ist tot“, sagt sie. „Mein Bruder hat vorhin angerufen und der Oma und mir Bescheid gesagt. Sie haben ihn heute Morgen, nach dem er nicht zu ihnen gekommen ist, zu Hause im Bett gefunden“, erzählt sie weiter, „da war er aber wohl schon ein paar Stunden tot.“ Sie wirkt gefasst am Telefon, weint nicht, meine Mama. „Er wird jetzt obduziert“, sagt sie, „das ist bei einer unklaren Todesursache heute wohl immer so. Oma fährt morgen früh mit mir dorthin, da ist ja doch jetzt einiges zu regeln. Enrico kann ja in der Zeit für euch kochen oder ihr geht Essen, solange ich nicht da bin. Papa weiß schon Bescheid und kommt heute um halb drei heim.“

Na, das sind ja Neuigkeiten, denk ich und man sieht mir wohl auch an, dass es nichts Gutes war, da am Handy. „Was Schlimmes, Noah?“, will Lex dann auch gleich wissen, also berichte ich von der Sache, um die es bei Mamas Anruf ging. Beide sprechen mir ihr Beileid aus, wohl wissend, dass der Opa mich und Rico und ja irgendwie auch sie als schwule Jungs nicht akzeptieren konnte.

Meine Trauer hält sich in Grenzen, ich muss es wohl auch erst mal realisieren, das er jetzt tot ist und ich mich nicht mehr mit ihm aussprechen kann. Ob er mein Schwul sein wohl jemals akzeptiert hätte?… Ich glaube eher nicht. Die Klingel geht und wir müssen wieder in die Klasse, Mathe, bei Hausschulte, nicht schlecht, der macht das immer interessant und auch lehrreich. Der war wohl Oles Lieblingslehrer und wir mögen ihn auch.

Beim rein gehen berichte ich Dirk, Armin und Denise kurz, was geschehen ist. Auch sie sprechen mir ihr Beileid aus. Jetzt erst mal eine Doppelstunde Mathe und dann ist es geschafft für heute. Nach her fahre ich mit dem Roller zu Ricos Wohnung, er kommt nach der Frühschicht heute mit dem Zug aus Bremen. Von dort aus telefoniere ich dann mit Papa, der kann ja dann auch zu Rico kommen, zum Essen und auch so, zu Hause ist ja eh keiner. Rico schick ich eine SMS, vielleicht kann er ja auch was mitbringen zum essen oder kochen.

Das mit Opa stresst schon ein wenig, Mama und auch Oma werden schon traurig sein und Papa und ich werden wohl zu der Beisetzung fahren. Ob Enrico mit fährt, stelle ich ihm frei, obwohl ich ihn schon gern dabei hätte. Man soll ruhig sehen, dass ich schwul bin und meine Familie, Oma eingeschlossen, voll hinter mir steht. Flagge zeigen, nennt Sergej das immer und genau das will ich dort tun. Mama und auch Oma werden nichts dagegen sagen, denk ich mal und was der Rest der Verwandtschaft denkt, ist mir egal. Der Bruder von Mama und auch die Schwester haben selber je zwei Kinder und die vom Bruder dürften etwa, zumindest der Älteste, in meinem Alter sein. Mal sehen, ich könnte mir schon vorstellen, dass die homophob sind bei ihrer frommen Erziehung, wir werden sehen.

Am Freitag haben Dirk, Kevin und ich, Fahrschulprüfung, Führerschein mit siebzehn. Da bin ich schon etwas aufgeregt, je näher der Tag kommt und die zwei anderen bestimmt auch. Gelernt haben wir alle recht viel, Theorie müsste auf jeden Fall klappen, Praktisch hängt immer von der Tagesform ab. Ich hoffe ja nicht, dass schon am Freitag die Beerdigung ist von Opa, das wäre ja nicht so doll.

Ich muss mich auf den Unterricht konzentrieren, es ist ja bald Schluss und dann kann ich mich um andere Dinge kümmern.

Wolfi, Dienstag,05.10.2010, nach der Uni um 15:30 Uhr, in der WG.

Matze und Chris kommen gleich, wir wollen über ihren neuen Nebenjob, nämlich Bilder aufhängen im Wirtschaftsministerium und später in den Schulen oder auch sonst wo, reden und einen Plan machen. Auch das Werkzeug und Aufhängmaterial will ich ihnen geben. Eine kleine Treppenleiter haben sie von Matze zu Hause mit genommen.

Sie bringen Robin mit, der dann in der Zeit nebenan im Fitnessraum trainieren will. Später dann, wenn Kevin aus der Berufsschule zurück ist, wollen beide, Robin und er, ein bisschen Singen üben. Alle bleiben sie dann zum Abendbrot, das habe ich Ole und Frank, die heute mit Küchendienst dran sind, schon in der Frühe gesagt.

Matze und Chris werden die verkauften Bilder nach einer von mir gemachten Liste vor Ort aufhängen. Da das Aufhängen der Bilder zusätzlich bezahlt wird, machen wir das auf der Basis eines vierhundert Euro Jobs, das wollen die beiden so und auch der Buchhalter in der Firma von Carl August findet das OK so. Auf diese Art haben wir alle drei was davon, ich kann weiter fleißig Bilder machen mit Kevin und Chris und Matze haben einen Nebenjob, der ihnen aus reicht und bei dem sie auch noch ein bisschen rund kommen in Bremen und auch später wohl auch in Bremerhaven.

Robin macht mir eine coole Webseite für das Geschäft mit meinen Bildern, was da genau drauf ist, das besprechen wir noch beide, bevor er in der nächsten Woche daran anfängt.

Jetzt kommen die Drei und Robin geht kurz mit Chris in den Fitnessraum, während Matze gleich zu mir in den Raum kommt, wo ich Bilder auf ziehe oder rahme. Ich habe die Listen der einzelnen Aufträge schon vorbereitet und die Bilder entsprechend vor sortiert. Als nun auch Chris da ist, erkläre ich beiden das System und wir besprechen alles.

Später werden sie die Bilder für den ersten, eventuell auch den zweiten Auftrag einladen, in meinen Audi Avant, da ist viel mehr Platz. Ich nehme dann so lange Matzes Duster als Fahrzeug, das haben wir so ab gemacht, das ist einfach besser so. Beide, er und Chris, freuen sich über den Job, lässt er doch einiges an Spielraum, zeitlich, mein ich. Sie können ihre Termine dort selber mit den Leuten abmachen, wann es dort am besten passt, so dass sie nicht an feste Arbeitszeiten gebunden sind. Ich habe dann den Rücken frei, kann Fotos schießen und Bilder fertig machen, das passt alles irgendwie gut. Kevin macht immer fleißig mit, wenn er nicht auf der Arbeit ist und manchmal landen wir dann auch auf dem großen Arbeitstisch, auf dem ich an den Bildern arbeite. Sex in der Werkstatt, uns gefällt es und so kommt es auch öfter dazu. Mein Hasi ist da nicht verwöhnt, braucht keine weiche Matratze, Hauptsache, es macht Spaß.

Papa und Mama sind stolz, dass es mit den Bildern, aber auch mit Kevin und mir so gut läuft und sie mögen meinen Schatz einfach nur gern. Papa sagte neulich, dass er wohl keine so liebe und nette Schwiegertochter bekommen hätte, die meinem Kevin das Wasser reichen könnte. Mich hat das aus seinem Mund sehr gefreut, klang es da vor Jahren doch schon anders, als Ingos Vater ihnen sagte, das ich der schwule Junge bin, den der Trainer missbraucht hat. Papa hat wohl im Laufe der Jahre viel dazu gelernt, vor allem wohl, das schwule Menschen nicht anders und vor allem auch nicht schlechter sind, als Heten.

Jetzt, wo er all unsere Freunde kennt, die er alle mag, weil sie einfach OK sind, aber auch um die positive Einstellung der meisten Eltern und Großeltern weiß, hat er keinerlei Vorbehalte mehr gegen Homosexualität. Meinen Schatz, den mag er jetzt ganz besonders, von Mama will ich in Bezug auf Kevin gar nicht erst reden. Er gehört einfach mit zur Familie, gerade so, wie ich es bei Martin und Kai tue und am Wochenende werden meine Eltern auch mit aufs Standesamt gehen, zur Hochzeit von Martin und Kai. Das wiederum freut meinen Kevin ganz doll und Martin und Kai natürlich auch.

Robin, Dienstag, 05.10.2010, 18:30 Uhr, in der WG beim Abendbrot, zwischen Jerome und Sergej.

Seit viertel vor Vier bin ich mit Chris und Matze hier in der WG in Bremen. Während sie was mit Wolfi besprochen haben, habe ich im Fitnessraum trainiert. Zuerst habe ich mich auf dem Ergometer warm gefahren, zehn Minuten bei sechzig Watt und immer über siebzig Umdrehungen. Da komme ich dann leicht ins Schwitzen. Anschließend habe ich an den Geräten trainiert, mit einer Chipkarte, auf der die Art und die Anzahl der jeweiligen Geräte und Übungen gespeichert sind. Zusammen mit Matze habe ich ein für meine Bedingungen erforderliches Programm auf der Karte programmiert, das später dann Stück für Stück gesteigert werden soll, je nachdem, wie sich meine Leistungen entwickelt und verbessert haben.

Drei Durchgänge habe ich, mit Pausen dazwischen, absolviert und bin dann hoch, in Kevins und Wolfis Zimmer zum Duschen. Unterwäsche und einen frischen Jogginganzug habe ich im Rucksack von zu Hause mit gebracht. Kevin hat mich dann auf dem Rücken mit Bodylotion eingerieben, weil meine Haut vom Cortison immer noch beeinträchtigt ist. Danach haben wir beide ein bisschen Singen geübt, bis Wolfi mit Chris und Matze von unten hoch gekommen ist. Dann sind wir alle rüber in den großen Wohnraum, weil es dort Abendbrot gibt.

Jetzt sitzen wir um den Tisch, Jerome und Sergej, Wolfi und Kevin, Mike und Dirk und auch Ole und Frank sind da und halt wir drei, Matze, Chris und ich. Paul, der ja auch hier wohnt, ist bei Rolf und bleibt da bis Morgen früh und wird von Rolfs Mama zur Uni gebracht, hat Jerome erzählt.

Jetzt ist der Opa von Noah Thema, der hat wohl zu Hause heute Morgen tot im Bett gelegen, erzählt Jerome. Noahs Mutter ist mit der coolen Oma dorthin gefahren.

Falls der Opa am Freitag bestattet wird, kann Noah seine Führerscheinprüfung wohl nicht machen, sagt Jerome jetzt. Das wäre natürlich nicht schön aber auch, wenn der Opa homophob war, muss Noah doch zur Beisetzung fahren. Das wird er dann wohl auch tun, denk ich.

Alle, die von dem Tod erfahren haben und nicht in der Schule schon kondoliert haben, haben eine SMS an Noah geschickt und ihr Beileid aus gedrückt. Das sollte unter Freunden schon sein, finden wir.

So ein Todesfall sorgt immer für Aufregung und stürzt auch Menschen oft ins Leid, aber das gehört halt mit zum Leben dazu und trifft irgendwann alle Menschen. Mein Papa war gerade mal dreißig Jahre alt und wenn ich jetzt nicht operiert wäre, würde ich wohl auch nicht älter geworden sein und so jung zu sterben, das ist einfach Kacke, finde ich.

Nach her fahren wir zu uns und wenn Mama kommt, fahren Chris und Matze zu Bommers, so heißen Matzes Wahleltern, nach Bremen. Morgen wollen sie dann ins Wirtschaftsministerium, die Zwei und das mit dem Aufhängen der Bilder regeln und nach Möglichkeit auch beginnen. Bis um halb drei wollen sie dann bei uns sein, wir wollen in den Bürgerpark gehen. Dort wollen mir Chris und Matze das Rollschuh fahren bei bringen, etwas, das es auch vorher nicht gegeben hat.

Rad fahren kann ich ja jetzt schon, das habe ich mit Matze und Chris letzte Woche geübt und das klappt schon ganz gut.

Matze und auch Chris haben Rollerskates und sie bringen mir ein Paar mit, Größe siebenunddreißig. Ich bin mal gespannt, ob ich das hin kriege. Schutz für Knie und Ellenbogen wollen sie mir auch mitbringen. Ein paar dicke Handschuhe, um die Hände bei einem eventuellen Sturz zu schützen, habe ich auch. Natürlich muss auch der tolle Helm mit, den ich von Matze bekommen habe. Ich freue mich auf morgen und erzähle jetzt auch den Anderen, was wir morgen vor haben.

Bei Alex muss ich am Freitag wieder erscheinen, Messen, Wiegen und Untersuchen steht auf dem Programm, aber erst am späteren Nachmittag, mit Chris und Matze, und daran anschließend wollen Alex und der Markus uns ihre zukünftig gemeinsam genutzte Wohnung zeigen.

Danach wollen sie mit uns zu einer Wirtschaft in ihrer Nähe gehen und mit uns Hähnchen und Pommes essen. Pommes standen sehr selten auf meinem Speiseplan und vom Hähnchen nur die Brust, das weiße, doch eher trockene Fleisch.

Ich habe Chris des Öfteren beneidet, wenn er herzhaft in den saftigen Schenkel eines Brathähnchens gebissen hat. Diese Erfahrung werde ich am Freitag auch haben und Pommes mit Majo esse ich dann auch. Das wird bestimmt geil und ich freue mich drauf. Ob ich dann auch mal ein richtiges Bier trinken darf?? Mal sehen, was Alex dazu sagt.

So geht es Stückchen für Stückchen hinein in ein normales Leben, von dem wir Wegmanns so lange geträumt und an deren Realität wir wohl alle viele Jahre nicht mehr geglaubt haben. Alle freuen sich mit mir, die neuen Freunde, die Familie und da gehört Matze für mich schon dazu, die Nachbarn, da war ich immer das arme Kind, einfach alle die mich kennen und schon immer kannten, es ist so easy, so obercool, affengeil einfach.

Ich werde Mama vorschlagen, dass wir die Leute, die direkt an der OP Lösung mit gewirkt haben, zu einer kleinen, internen Party zu uns nach Hause einladen, bei der wir uns dann im kleinen Kreis noch einmal richtig bedanken.

Da wäre zunächst mal Noah, dann Jerome und Natascha, Alex natürlich und auch Matze und wir drei Wegmänner. Bestimmt wollen auch alle ihre Schätzchen mitbringen, dann wären das Elf Leute, da reicht der Platz bei uns schon aus, mal sehen, was Mama und Chris dazu sagen.

Dirk, Freitag , 08.10.2010, Abend, 19:00 Uhr, auf der „Seuten Deern“, mit seinen Eltern und Mike.

Nach einem sehr guten Essen, eingeleitet durch ein gutes Glas Sekt, feiern wir auf Einladung von Mama meinen bestandenen Führerschein. Das ist der erste Lappen in unserer Familie und als Mike mich dann auch noch von uns aus mit dem Golf zum Schiff fahren ließ, war alles perfekt. Damit ich zur Feier des Tages auch was trinken kann, hat mein Schatz, vom Sekt abgesehen, auf Alkohol verzichtet. Das ist wohl nicht ganz uneigennützig, wo doch Bier in überschaubarer Menge meine Libido, auch einfach Geilheit genannt, ankurbelt und das wird ihm dann wohl einen spritzigen Abend bescheren.

Darüber bin ich bestimmt nicht traurig und die Fortsetzung der Feierlichkeiten in meinem neuen Bett sind durchaus in meinem Sinne. Ich freue mich einfach mal drauf, auf die Spielchen zu zweit.

Die Idee mit dem Schiff hatte Mama und ich muss sagen, das ist echt geil hier, ganz toll und auch das Essen war voll OK.

Alle waren wir zufrieden und das Mama bezahlt, ist doch auch voll OK.

Das Geld für den Führerschein habe ich lange angespart und auch hier und da ein bisschen gejobbt, bei Mikes Papa zum Beispiel. Mama und Papa haben natürlich auch was dazu getan, logisch aber den Löwenanteil habe ich erspart. Darauf bin ich nun auch ein bisschen stolz, auch wenn ich jetzt kein Auto besitze. Mein Hasi wird mich schon öfter fahren lassen, ich werde schon Fahrpraxis bekommen, denke ich und irgendwann wird es dann auch für ein eigenes Auto reichen, hoffe ich.

Mike und ich, das ist einfach gut, perfekt so zu sagen und das wir zusammen sind, ist einfach toll, schön und wir sind, auch mehr als zufrieden, glaub ich, mein Hase und ich.

Unsere Zukunftsplanung steht, seine und meine Eltern stehen zu uns, unseren Plänen und die Freunde machen es halt perfekt.

Mike macht ja nun ein Fernstudium und ich bewundere seinen Ehrgeiz und seinen Fleiß bei der Durchführung, ich wäre da wahrscheinlich eher zu antriebslos, so ganz ohne Druck von außen, würde mich wohl auch zu viel ablenken lassen. Mike, der schafft das und er ist auch in unserer Beziehung derjenige, der uns voran bringt, der mich mit zieht, vom Sex mal abgesehen, da bin ich wohl der, der aktiver auf die Zweisamkeit drängt. Wir ergänzen uns gut, er tut mir gut und ich ihm auch und das ist einfach nur gut und klappt immer und auch, wenn wir mal nicht einer Meinung sind, finden wir immer eine gemeinsame Lösung, mein Schatz und ich.

Von all unseren Freunden kamen nach Bekannt werden des Prüfungsergebnisses Glückwünsche per SMS und ein bisschen gemeinsam feiern wollen wir auch noch demnächst. In der Schule läuft es auch gut und wenn ich mal was nicht gleich verstehe, hilft Mike, der kann das echt gut und hat vieles einfach gut drauf. Mit Lex, der neben mir sitzt, verstehen wir, Mike und ich, uns sehr gut und ich kann vor Klassenarbeiten auch mit ihm zu Remmers fahren und dort gemeinsam mit ihm und einem Lehrer üben.

Da kommt es vor, das wir zu fünft oder sechst sind, die dann dort Aufgaben machen. Robin ist meistens dabei, Natascha und oft Sigrid mit Torsten und dann wird auch konzentriert gearbeitet. Das hilft natürlich allen, gut voran zu kommen und der Robin, der wird von Tag zu Tag besser. Ich finde, der wird mal so schlau und klug wie Ole, Talent hat der Kleine auf jeden Fall, aber das wussten wir ja schon, das er für wahr kein Dummer ist. Er entwickelt sich rasant, auch körperlich und er ist jetzt schon ein super schönes Kerlchen. Wenn Mike nicht wäre…, na, wir wissen ja noch gar nicht, auf was der Kleine letztendlich steht. Auf dem Schiff habe ich öfter mal über sein Verhältnis zu Boris nach gedacht, aber Boris hat jetzt wohl eine feste Freundin und Robin muss sich wohl erst mal selber finden.

Mama hat jetzt bezahlt und wir brechen auf. Es war toll hier und auch das Essen war hervorragend. Hier waren wir nicht zum letzten Mal und die Preise waren auch in Ordnung. Mike fährt uns alle heim und er und ich freuen uns darauf, das von mir getrunkene Bier ab zu bumsen, wobei ab zu lieben wohl eher passt. Gestern waren wir ja zum Shoppen, feinen Zwirn kaufen mit der Oma. So etwas tragen Mike und ich normal eher nicht aber für Martin und Kai machen wir da gerne einmal eine Ausnahme.

Als wir alle in das Kaufhaus eingefallen sind, schienen alle schon auf uns zu warten. Immer zwei von uns wurden von einer Verkäuferin oder einem Verkäufer unter die Fittiche genommen und los ging es mit aussuchen und dann anprobieren. Dirk und ich haben jeder einen tollen schwarzen Anzug anprobiert und da sie gepasst und geil aus gesehen haben, haben wir sie auch gleich genommen. Andere waren nicht so schnell fertig, Torsten brauchte elf Versuche, bis ihm das Teil, ein dunkelgrauer Zweireiher, endlich gefallen hat.

Lis war derweil mit den Mädchen erfolgreich und um neunzehn Uhr waren wir dann auf dem Heimweg zu Remmers. Von dort aus fuhren wir, nachdem auch die anderen, die nicht mit waren, die Sachen gesehen hatten, zu Mike nach Hause.

Wolfi, Freitag, 08.10.2010, abends, 19:30 Uhr, bei ihnen zu Hause.

Wir, das sind Mama und Papa, Martin und Kai, mein Schatz und ich, sitzen in unserem großen Wohnzimmer und feiern mit einem guten Glas Sekt die Führerscheinprüfung, die Kevin heute Morgen mit Dirk und Noah souverän bestanden hat. Da wir heute am Vorabend der Hochzeit hier bei uns schlafen wollten, sind Martin und Kai noch auf einen Sprung zu uns gekommen, um im kleinen Rahmen Kevins Erfolg zu feiern. Führerschein mit siebzehn, toll und dann Morgen die Hochzeit seiner geliebten Väter, ein geradezu tolles Wochenende.

Morgen, um elf Uhr, ist Show-Time im Rathaus, mit einem großen Aufgebot an Freunden und Sympathisanten. Alle, die irgendwie können, kommen im feinen Zwirn zur Verpartnerung, von Oma Remmers kurzer Hand zur Hochzeit erhoben und es soll ein eindrucksvolles Event werden. Martin und Kai werden mit Omas tollem Wagen von Ralf kutschiert. Anschließend wird dann richtig groß gefeiert, mit Musik und Tanz sogar, hat Jerome gesagt. Die Oma und Jeromes Papa haben alles organisiert und wie ich die kenne, wird es an nichts fehlen.

Da wir alle im guten Anzug, mit Regenbogenfliege oder Krawatte auftreten, die Protzkiste zum Einsatz kommt, der Bürgermeister persönlich das Ganze durchführt und sogar Presse vor Ort sein soll, das war Oma Gesines Idee, die aber sofort Carl August und auch Lis Beifall hatte, wird das bestimmt ein eindrucksvolles Event. Auch die Mädels putzen sich groß raus und für die hat Oma Schals aus Seide, ebenfalls Regenbogen farbig, bestellt. Wir treffen uns alle bei Remmers, um zehn, auch die meisten Eltern kommen dahin und dann fahren wir im Konvoi, die Protzkiste voran und alle Autos haben ein Regenbogenband an der Antenne.

Morgen früh wird der Wagen von Oma noch in einer renommierten Gärtnerei geschmückt. Das alles wird schon für ein bisschen Aufsehen sorgen, soll es auch. Es soll daran erinnern, das schwule Menschen endlich die gleichen Rechte bekommen, wie andere auch und das Schwul sein ganz normal ist, seit es Menschen gibt auf der Welt.

Es ist jetzt fast Neun und Martin will mit Kai nach Hause. Morgen wird es für alle ein aufregender und bestimmt auch langer Tag werden. Wenn die Zwei fort sind, werde ich mit Kevin auch hoch gehen, wohl zum schlafen, denk ich. Ein bisschen guten Sex hatten wir schon heute Nachmittag, als wir hier bei Mama waren. Nach dem Mittagessen in der WG sind wir her gefahren.

Jerome, Samstag, 09.10.2010, um 15:30 Uhr, in der „Alten Luneschleuse“ in Bremerhaven mit Sergej und der ganzen Hochzeitsgesellschaft.

Der Wecker hat früh um halb sieben schon Musik gemacht und es war wohl Zeit, auf zu stehen, zu duschen und dann zu frühstücken. Halb acht war unten für alle Frühstück, die im Haus sind und nicht schon unterwegs. Ralf war mit Oma und Frieda schon zeitig vor Sieben in die Gärtnerei gefahren, wo dann die Protzkiste den Hochzeitsschmuck erhalten hat, die sah echt geil aus. Bunte Blumen im Gesteck auf einer Regenbogenfahne, die sich über die klotzige Haube spannte, bunte Bänder in großer Zahl, es sah einfach geil aus, edel und auch teuer aber das wollten Oma und Frieda ja so haben, mal so richtig auf die Kacke hauen. Mit dem Auto ist ihnen das auf jeden Fall mehr als gelungen.

Oma, die wohl die gesamte Organisation leitet, hat allen Jungs gesagt, das auch ihre Eltern kommen sollen und auch anschließend mit zur Feier in die Alte Luneschleuse eingeladen sind. Auch Markus Meinle und Alex Brunner sind eingeladen, ebenso Matzes Wahleltern. Torstens Mutter kommt auch mit seiner Schwester, der Vater baggert in Baden-Württemberg und kann nicht kommen.

Die Woche an sich war bis auf die Shoppingtour und die Fahrprüfungen eher langweilig. Der Tod von Noahs Opa war für uns eher nicht von Bedeutung, trotzdem haben alle ihr Beileid Noah gegenüber zum Ausdruck gebracht.

Der war natürlich auf Grund der negativen Einstellung des Opas gegen über ihm und Enrico und der Homosexualität überhaupt eher von der Tatsache betroffen, sich nun nicht mehr mit seinem toten Großvater über dessen Homophobie und den Umgang mit seinem schwulen Enkelsohn auseinander setzen zu können. So richtig traurig schien er nicht zu sein und Ulf, sein Papa, auch nicht.

Montag vor Mittag, um elf, ist die Beisetzung und morgen Nachmittag fahren Ulf, Noah und Enrico dorthin, in die Nähe von Hildesheim.

Mama telefoniert täglich mit Irene, Noahs Mama, der das alles schon schwer zu schaffen macht. Hinzu kommt, dass wohl auch Irenes Geschwister eher homophob sind und dass die Stimmung dort  zurzeit sehr stressig ist für Irene.

Nach dem ich Sergej heute früh erbarmungslos wach geknutscht habe und wir uns ausgiebig und liebevoll geküsst haben, trug er mich ins Bad zum duschen. Wie immer unter dem heißen Wasser, entspannten wir uns gegenseitig und sind um fünf nach halb acht als Letzte unten beim Frühstück erschienen, wo schon fleißig gemampft wurde. Kaffeeduft lag in der Luft und bald waren auch wir voll dabei, die erste gute Mahlzeit des Tages einzunehmen. Das Brautpaar…..kicher, saß ebenfalls am Tisch, raus geputzt und gestylt war allerdings noch niemand. Das ist dann wohl gleich im Anschluss los gegangenen und es war auch bestimmt ein bisschen hektisch für die meisten, denk ich.

Um neun Uhr ist das Auto zurück gekommen und Oma und Frieda haben sich nun mit Hilfe von Frau Jensen, die schon so gut wie fertig war, in Schale geschmissen. Alle anderen, wir eingeschlossen haben das auch getan.

So gegen halb Zehn kamen die ersten Autos, die mit von hier aus im Konvoi fahren werden. Lex, im feinen Zwirn sah er ganz toll aus, verteilte an alle die Regenbogenbänder für an die Autos und alle machten die auch dran, versteht sich. Wer keine Antenne hatte, fand schon eine andere Möglichkeit, die bunten Bänder sichtbar anzubringen. Lex fragte auch gleich, wer von den Herren bereit sei, noch eine Regenbogenkrawatte oder Fliege an zu ziehen und auch das machten die meisten gern. Für alle langte es dann doch nicht, da aber jedes Auto geschmückt ist, wird Oma wohl sehr zufrieden sein.

Um Punkt halb Elf setzte sich der Konvoi, angeführt von der geschmückten Protzkiste mit Ralf am Steuer in Bewegung, um das Bremerhavener Standesamt in der Hafenstraße vierzehn, das heute außer der Reihe, Papa hat das geregelt, für uns geöffnet war und wo der Bürgermeister dann auch für den Verwaltungsakt, von Oma extra immer Hochzeit genannt, auf uns wartete.

Der Konvoi rief schon einiges an Interesse unter den am späten Vormittag bei den in der Stadt unterwegs laufenden Leuten hervor, vor allem auch, weil wir nicht auf direktem Weg, sondern durch die Straßen gefahren sind, in denen auch Leute unterwegs waren.

Im Standesamt, im Trauzimmer war nur Platz für etwa zwanzig Leute und da gingen halt zuerst mal die mit, die Martin und Kai am Nächsten standen.

Kevin, Wolfi natürlich dazu und dann Familie Remmers mit Anhang, also mit Paolo und Sergej und Ralf, der mit Lex dabei war. Zusätzlich bat Papa dann noch Wolfis Eltern und die Familie Weiden mit in das Trauzimmer, Frau Jensen und Frau Gut als Arbeitskolleginnen des „Braupaares“ quetschten sich dann auch noch dazu, der Rest musste draußen bleiben. Da wir ja im Anschluss für den Rest des Tages in der alten Luneschleuse feiern würden, war das ja eigentlich auch egal, ob man nun direkt im Trauzimmer war oder nicht. Papa hatte die Türe zum Gang offen gelassen, damit man zumindest ein bisschen mit hören konnte.

Martin und Kai hatten jeder einen hell grauen, tollen Anzug an, mit buntem Sträußchen am Revers und Regenbogenkrawatte. Beide sahen toll aus und Kevin und Wolfi waren ebenfalls in grau, wie schon beim „Almauftrieb“. Wir und die meisten anderen Männer waren eher dunkel gekleidet und die Frauen waren alle toll und sehr festlich raus geputzt. Der Bürgermeister, ebenfalls in einem dunklen Anzug, fand tolle Worte, bedauerte auch, dass es immer noch Unterschiede bei der Gleichstellung gebe und wünschte den beiden zum Schluss alles Gute für den weiteren Lebensweg.

Nach dem Martin und Kai sich geküsst hatten, unter Applaus der Anwesenden, räusperte sich der Bürgermeister und läutete dezent mit einer kleinen Bimmel. Es trat Ruhe ein.

Dann erhob er noch einmal seine Stimme: „Sehr verehrtes Paar, liebe Anwesende! Auf Betreiben des Herrn Remmers habe ich den heute verpartnerten Männer und dem hier ebenfalls anwesenden Kevin Balzer noch zwei Dinge von Amts wegen mit zu teilen. Der hier anwesende Kevin Balzer ist mit heutigen Datum Kevin Weiden. Darüber hinaus ist er sein Einverständnis Voraus gesetzt, ab heute der Adoptivsohn der beiden verpartnerten Männer. Herzlichen Glückwunsch. Nun sind nur noch die erforderlichen Unterschriften zu leisten. Das bisher von den Eheleuten Remmers ausgeübte Sorgerecht erlischt, beziehungsweise geht auf das neue Paar über.“

Überraschung; davon wusste selbst Kevin nichts und wir auch nicht. Das hat Papa wohl mit Hilfe von Oliver Salm geregelt. Super und strahlende Gesichter bei den Betroffenen, einfach toll.

Applaus und dann, na was wohl: „Plopp“,….. die Brause. Wer ernsthaft geglaubt hatte, das Oma und Frieda den Cremant vergessen hätten, der sah sich jetzt getäuscht und Frau Gut und Frau Jensen reichten nun allen Gläser, gefüllt, versteht sich, währen Kai und Martin und unser Kevin, mit Tränen in den Augen, zunächst unterschrieben und sich dann glücklich in den Armen lagen. Der Bürgermeister, auch mit einem Glas im der Hand, wünschte den Dreien alles Gute und nach einem kräftigen Schluck ging das große Gratulieren los.

Nach und nach kamen dann auch die Leute von draußen zum gratulieren, während wir, die wir ja schon gratuliert hatten, mit den Gläsern auf den Gang auswichen, um Platz zu machen.

Eine gute halbe Stunde später, es war schon zwölf Uhr durch, gingen wir zu den Autos, um dann hupend in Richtung „Alte Luneschleuse“ auf zu brechen, im Konvoi, versteht sich. Durch die bunt geschmückten Autos angelockt, hatten sich doch über fünfzig Zuschauer eingefunden. Diese standen entlang des Weges und es gab sogar hier und da Applaus und erst, als der Konvoi auf dem Weg war, verliefen sich die Leute. Ein Reporter der hiesigen Zeitung hatte Bilder gemacht und von Papa einen Ausdruck mit Infos zu dem heutigen Ereignis bekommen.

Der Parkplatz an der Schleuse war knapp bei so vielen Autos, aber letztendlich hatte dann jeder einen Platz und alle strömten nacheinander in das Lokal, das heute wohl nur für uns geöffnet war, „geschlossene Hochzeitsgesellschaft“ stand in einem mit Blumen umrandeten Schild an der Eingangstüre. Nach einem sehr leckeren Mittagessen von einem tollen kalt-warmen Buffet mit viel Fisch und den schon legendären Bratkartoffeln haben wir fast alle einen Spaziergang entlang der Lune gemacht. Es ist trocken, etwas bewölkt und ab und an kommt auch die Sonne durch, also gutes Wetter zum Spazieren gehen.

Unterwegs habe ich dann Robin erzählt, das die Idee, ihm zu helfen, hier bei einem Spaziergang mit Chris und den anderen am Tag der Beisetzung von Kevins Mama geboren wurde und das wir ja dann mit Chris auch das erste Mal bei ihm zu Hause waren, um ihn kennen zu lernen. Spontan sprang er vor mich und umarmte mich „Das war meine Rettung, Phase eins und ich bin glücklich, dass es mir jetzt gut geht und besonders, das ich Natascha und dich und all die Anderen zu Freunden habe. Dank euch ist mein Leben jetzt toll und Kapitän kann ich nun auch werden“, rief er laut und Freudestrahlend aus, der jetzt schon nicht mehr so kleine Mann. Mama und Papa haben ihn dann eine Weile zwischen sich genommen und haben sich angeregt unterhalten. Frau Wegmann ging zwischen Matze und Chris, das Brautpaar, die Bärenbräute…..lacht, hatten Kevin zwischen sich, dahinter Oma und Frieda, die Wolfi zwischen sich genommen hatten.

Jetzt sind wir gerade wieder im Lokal angekommen, wo jetzt ein tolles Kuchenbuffet auf uns alle wartet und da geht es jetzt, allen voran der Furzknoten, zur Sache. Schwarzwälder von Frau Jensen sind insgesamt vier da und darauf fährt ja keiner so ab, wie der Torsten.

Noah, Sonntag, 10.10.2010, 18:30 Uhr , bei Oma zu Hause, mit Ulf, Rico und Mama

Hurra, ich habe am Freitag den Führerschein bestanden und nicht nur ich, auch Dirk und Kevin haben gut bestanden und wir sind alle froh. Papa, Rico und ich haben ein paar Sachen eingepackt, dann fahren wir nach Harsum, das liegt bei Hildesheim, sobald Rico da ist.

Dort wohnt Oma und da ist morgen früh um elf die Beisetzung meines Opas. Rico hat natürlich frei.

Enrico war sofort bereit, mit mir dorthin zu fahren, mich und Papa zu begleiten und Markus Meinle hat ihm auch sofort frei gegeben für Morgen, geht für ihn ins Hilton arbeiten, macht eine Doppelschicht, weil Enrico für die USA Reise so kooperativ war.

Als Rico das erzählt hat, da kam bei mir noch mal ein bisschen vom schlechten Gewissen hoch, weil ich ihm doch deswegen so einen Stress gemacht habe, meinem Schatz. Nun ja, ich habe daraus gelernt und es wird wegen solcher Kleinigkeiten keinen Streit mehr zwischen uns geben.

Wir haben dunkle, meist schwarze Sachen gepackt, Rico hat seine Kleider schon gestern Abend raus gelegt und Paolo hat noch eine Jacke von Bremerhaven mit gebracht für meinen Schatz.

Papa will mich nach her mit dem Auto fahren lassen, deswegen bin ich schon etwas aufgeregt. So einen großen Schlitten wie den A sechs habe ich noch nie gefahren und dann ja auch noch fast nur Autobahn.

Da ist volle Konzentration angesagt, aber Papa sitzt ja neben mir. Es ist ein Firmenauto und Vollkasko versichert, das beruhigt doch ein wenig. Rico ist ja auch bei mir, es wird schon klappen, Zeitdruck ist ja keiner also kann ich es ruhig angehen lassen.

Die Taschen sind verstaut, Enrico wird bestimmt noch schnell duschen nach der Frühschicht und er zieht sich ja dann auch noch um. Ich mache jetzt erst mal in der Zeit noch Kaffee für uns drei, Rico wird jeden Moment kommen. Ein Kaffee geht immer, sagt Papa öfter.

Jetzt geht die Haustür, mein Schatz kommt, der Markus hat ihn gebracht. Ich laufe in den Flur, um ihn mit einem Kuss und einer festen Umarmung zu begrüßen. Er geht dann auch gleich nach oben, um sich fertig zu machen. Gerade mal fünfzehn Minuten später sitzt er mit Papa und mir reisefertig vor einer Tasse Kaffee, die nun mehr nur noch halblangen Locken sind noch feucht, aber das macht ja im Auto nichts.

Die Eröffnung, das ich jetzt gleich fahren darf, kommentiert er mit: „Oh, cool, darfst du denn das schon?“ und erst jetzt rafft er wohl so richtig, das ich seit Freitag auch einen Führerschein habe. Etwas rot um die Nase steht er auf, sagt: „Sorry“, umarmt und küsst mich dann. „Vor lauter, lauter hätte ich das jetzt echt schon wieder vergessen, das du ja am Freitag die Prüfung bestanden hast“, entschuldigt er sich. „Gestern die Hochzeit, Donnerstag mit den Damen shoppen und Freitag halb Elf Schicht, es war alles eine Hetze, auch heute und dann sprang das englische Auto nicht gleich an und Markus ist nervös geworden. So kamen wir ja dann auch auf den letzten Drücker hier an. Na ja, und am Mittwoch, nach dem Tod deines Opas ist der Führerschein bei mir wohl etwas in den Hintergrund getreten.“ „Das macht doch nichts“, sag ich, „wir feiern das so wie so später, jetzt fahren wir erst mal zu Oma und Mama.“

„Wir haben alle Zeit der Welt“, sagt Papa, „sonst würde ich Noah und auf der Rückfahrt dann dich nicht so ohne weiteres fahren lassen. Ob wir um sechs Uhr oder erst um Sieben dort ankommen, das ist echt wurscht und Irene weiß auch nicht, das Noah jetzt das Auto fährt. Die hätte wohl keine ruhige Minute, wenn sie das wüsste.“

„So“, sagt Papa jetzt, „auf, ihr zwei, dann machen wir uns mal so langsam auf den Weg. Noah, schau mal nach, ob die Kaffeemaschine in der Küche auch aus ist, dann können wir los.“

Nach dem ich die Geräte in der Küche kontrolliert habe, gehen wir zum Wagen und Papa gibt mir den Schlüssel.

Ich stelle Sitz und Spiegel ein und dann erst starte ich den Wagen. Leise läuft der Sechszylinder mit seinen zweihundert KW und Quattro- Antrieb, ein tolles Auto und langsam fahre ich rückwärts aus unserer Einfahrt auf die Straße, nach dem ich einen von rechts kommenden Lieferwagen von DPD vorbei gelassen habe.

Nach Einlegen des ersten Ganges lasse ich langsam die Kupplung kommen, gebe etwas Gas und das Auto setzt sich in Bewegung, ohne dass ich den Motor abgewürgt habe. Das fing ja schon mal ordentlich an und mit jedem gefahrenen Meter wurde ich ruhiger und folgte den Anweisungen des Navis und natürlich achtete ich auch auf das, was Papa sagt.

Der Duft meines geliebten Schatzes, der in der Mitte hinter mir saß, beruhigte mich ebenfalls und es dauerte gerade mal zehn Minuten, bis wir die Auffahrt zu BAB 27 erreichten und in Richtung Hannover auf die Autobahn auffahren. Das Einfädeln in den Regen, fließenden Verkehr klappte gut und zunächst auf der rechten Spur bleibend, fahre ich mit etwa einhundert Kilometer pro Stunde zwischen einigen LKW.

„Schau mal nach hinten, ob du ausscheren und eine Fahrbahn mehr nach links fahren kannst“, sagt Papa und kurz drauf bin ich auf der mittleren Spur der hier dreispurigen Autobahn. Jetzt habe ich dann auch das Tempo erhöht und fahre in etwa hundertdreißig, die Lastwagen rechts immer beobachtend. Auch den von hinten kommenden Verkehr auf der linken Spur habe ich in den Spiegeln immer im Auge. Es läuft ganz gut finde ich und Papa hat noch nicht einmal gemeckert.

Es ist schon neu und ungewohnt, mit einem solchen Schiff auf einer doch recht vollen Freitagsnachmittagsautobahn zu fahren, kein Vergleich zum Fahrschulauto und mit dem Stadtverkehr, der ja auch sehr stressig sein kann.

Als jetzt etwa dreihundert Meter vor mir ein LKW ausschert und links hinter mir mal gerade keiner kommt, gebe ich Gas und wechsele rüber auf die linke Spur. Ein Blick auf den Tacho zeigt mir einhundert sechzig, so schnell wie nie vorher mit einem Auto gefahren bin, das ist voll der Wahnsinn und in dem Wagen kommt einem das nicht so schnell vor. Ruhig läuft die Maschine, das Auto liegt gut auf der Straße, einzig die Windgeräusche sind lauter als vorher. Nun bin ich an dem LKW vorbei und wechsele unter Reduzierung der Geschwindigkeit wieder auf die mittlere Fahrbahn. „Gut gemacht“, sagt Papa, mehr nicht aber es tut echt gut, so etwas zu hören. Im Rückspiegel strahlt mich Rico an und macht einen Kussmund. Ich liebe ihn, meinen kleinen, so lieben und so tollen Italiener, er macht mich einfach so froh.

Die Strecke bis zum Verlassen der Autobahn, etwa zweihundert Kilometer bis zu der Abfahrt Harsum, etwa zehn Kilometer vor Hildesheim habe ich ganz ordentlich in knapp zwei Stunden gemeistert und dann führte uns der Navi zu Omas Häuschen, das sie nach Opas Ruhestand am Ortsrand bezogen hatten. Hier war Opa bis vor zwei Jahren Pfarrer an der evangelische St. Andreas Kirche. Hier sind Mama und auch ihre beiden Geschwister geboren worden und auch aufgewachsen und als Bub im Alter von sechs bis etwa zwölf Jahren war ich auch in den Ferien mal bei Opa und Oma zu Besuch über mehrere Tage. Mit dreizehn wollte ich aber dann nicht mehr dorthin, bin lieber zu Hause geblieben.

Ich tutete kurz, als wir vor dem Haus halten, Papa hatte schon beim Verlassen der Autobahn eine SMS an Mama geschickt, das wir gleich da sind. Es dauerte auch nur ein paar Sekunden, bis nach dem Tuten die Haustüre aufging und Mama, ganz in Schwarz, herauskam, um uns zu begrüßen. Da sie mich jetzt am Steuer sah, wusste sie gleich, das ich den Lappen jetzt in der Tasche hatte und als sie mich in den Arm genommen hat, gratulierte sie mir. „Ich bin die ganze Strecke her gefahren“, sagte ich stolz, worauf ihr Blick zu Papa ging. Der zuckte nur mit den Schultern, grinste und sagte dann: „Schroers können halt Auto fahren und Noah ist ein Schroer durch und durch, genau wie seine Mutter.“ Darauf hatte Mama halt keine Antwort, begrüßte nun Rico und auch den Papa.

Dann gingen wir ins Haus, wo neben der Oma auch noch Mamas Geschwister anwesend waren. Die Begrüßung uns gegenüber fiel allerdings durch diese beiden eher kühl aus, die durch Oma umso herzlicher und als sie Enrico in den Arm nahm, guckte mein Onkel gerade mehr als dumm aus der Wäsche. Sie, Mamas Geschwister, machten sich auch bald vom Acker. Wahrscheinlich ist ihnen die Anwesenheit von gleich zwei von diesen Schwuchteln doch zu viel gewesen. Vielleicht ist es ja auch nur Angst vor einer Ansteckung oder so. Ich bin jedenfalls froh, dass sie nun weg sind. Spätestens Montagabend sind wir wieder in Bremen, denk ich und dann ist das hier Geschichte und ich wette, das Oma mit Mama, wenn alles geregelt ist, auch zurück nach Bremen fährt. Rico und ich werden später im Wohnzimmer auf der Couch schlafen, Papa kommt zu Mama ins Gästezimmer, das Haus ist halt nicht sehr groß aber für eine Nacht wird es gehen.

Jetzt gibt es gleich Abendbrot und dabei werden wir Oma und Mama von der tollen Hochzeit am Samstag erzählen und Rico will auch noch die Shoppigstorie erzählen, hat er versprochen. Morgen früh um halb neun gibt es Frühstück, halb Elf ist Gottesdienst und danach Beerdigung. Um drei Uhr will Papa mit uns zurück und dann darf mein Schatz mal den dicken Audi fahren.

Kevin, jetzt Weiden, Sonntag,10.10.2010, 18:00 Uhr mit Wolfi, Martin und Kai und dem Fiffi beim Spaziergang auf dem Remmerschen Anwesen.

WOW, die Hochzeit meiner Väter war geil und dann erst die Adoption. Ich bin echt ein Glückspilz.

Von der Namensänderung wusste ich ja, aber das mit der Adoption, das das jetzt auch an diesem tollen Tag geklappt hat, war schon für uns alle eine Riesenüberraschung und auch eine große Freude.

Torsten war so nett und ist während wir im Rathaus waren, mit dem Fiffi draußen spazieren gegangen. „Ihr werdet das da drin ja auch ohne mich hinkriegen, hoffe ich“, hat er gesagt, „ich nehme solange den Hund und halte draußen die Stellung.“ Sigrid ist dann, weil ja eh nur zwanzig Leute da rein konnten, auch bei Torsten geblieben.

Es war schön und feierlich und meine zwei Väter haben auch laut ja gesagt auf die Frage des Bürgermeisters, ob sie sich verpartnern wollen.

Als alles rum war, kam der schon bei allen Anlässen obligatorische Cremant und der schmeckte mir, nach allem, was da gerade geschehen war, einfach super gut, fast so gut, wie die Küsse, die ich von meinen Vätern und von Wolfi bekommen habe.

Dann sind sie alle über uns drei hergefallen, haben uns gedrückt, geküsst und gratuliert. Anschließend sah ich aus wie ein gerupftes Huhn und musste erst mal meine Kleider und Haare wieder in Ordnung bringen. Alwin half mir bei der Frisur, Wolfi bei den Kleidern und dann war der frischgebackene junge Herr Weiden wieder fein. Kevin Weiden, hört sich doch cool an, oder? Jetzt heiße ich, wie meine Mutter geheißen hat und das bedeutet mir viel.

Der Fiffi springt fröhlich und bellend um uns rum und als wir am neuen Teich vorbei gehen, winkt uns Lis von der Terrasse aus zu.

Später, gegen zwanzig Uhr, fahren wir dann zurück in die WG und morgen beginnt eine weitere Woche Berufsschule, Blockunterricht in Bremen. Wolfi bringt mich dorthin, bevor er zur Uni fährt und holt mich am Nachmittag auch wieder ab. Ich bin gespannt, ob er heute Abend mal den Herrn Weiden poppen will und damit meine ich nicht meinen Onkel Rufus. Bis jetzt war er ja immer mit Herrn Balzer intim, jetzt ist Herr Weiden an der Reihe. Der Unterschied dürfte kaum auffallen, denk ich grinsend.

Martin hat mir ein paar Zettel ausgedruckt, auf denen meine neuen Daten stehen. Die soll ich in der Schule, aber auch im Hilton abgeben, dass meine Daten dort geändert werden. Auch den frisch erworbenen Führerschein und den Perso muss ich jetzt umändern lassen.

Es wird ein paar Tage dauern, bis das erledigt ist und auch, bis sich alle, mich eingeschlossen, an den neuen Namen gewöhnt haben.

Jetzt sind wir zurück in der Wohnung, essen eine Kleinigkeit zum Abendbrot, bevor wir dann anschließend zurück zu den anderen nach Bremen fahren und dort das ereignisreiche Wochenende in unserem Bett lustvoll zu Ende bringen.

Herr Wolf bumst Herrn Weiden und oder umgekehrt, mal schauen, was er möchte. Martin und Kai sind noch ziemlich platt, sind sie doch heute Morgen erst um halb Fünf eingeschlafen. Wir waren zwar schon um drei Uhr hier zu Hause aber die Zwei haben, den Geräuschen nach zu urteilen, noch ein wenig Hochzeitsnacht gefeiert, was Wolfi und ich zwar antörnend fanden, dann aber auf Grund der von mir getrunkenen Menge Bier doch lieber geschlafen haben. Wir haben dann später etwas länger geduscht am sehr, sehr späten Vormittag, gegen dreizehn Uhr dreißig.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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