Mein Lieblingsplatz
oder eine Hommage an mein persönliches Heimchaos
Wo würde Murphy seine Chaostheorie in allen Punkten sofort bestätigt bekommen, wo würde sich jeder Chaosforscher zu Hause fühlen?
Leute, die mich näher kennen, werden diese Frage sofort beantworten können: Es kann sich, selbstredend, nur um mein Zimmer handeln. Frei nach dem Motto: „Nur Kleingeister halten Ordnung, das Genie überblickt das Chaos.“ lebe ich einem Chaos, das Seinesgleichen sucht.
Dem Besucher fällt zu aller erst ein mit allen möglichen (und bisweilen auch unmöglichen) Dingen beladener Schreibtisch ins Auge (das kann durchaus wörtlich gemeint sein, wenn irgendein Stapel genau zum rechten Zeitpunkt umfällt): Computerspiele, Wörterbücher und ungelesene Zeitschriften kann man hier genauso finden, wie alle mögliche fliegenden Zettel, die teilweise wichtige Informationen bereithielten (für den seltenen Fall, dass sie zu dem Zeitpunkt, zu dem sie gebraucht würden, gefunden werden), teilweise aber auch nur Unsinn enthalten oder einfach leer sind.
Neben Geschichtereferaten und einer Zeichenausrüstung, die auch nicht ganz vollständig ist, muss auch noch ein Computer auf dem arg überladenen Tisch Platz finden. Was das Ordnung – Halten auf diesem Möbel noch zusätzlich erschwert, ist ein dauernd stattfindender Umschichtungsprozess, der dadurch bedingt ist, dass ich doch ab und zu Hausübungen machen muss, und daher die Mitte des Arbeitsplatzes frei räume.
Das nächste hervorstechende Merkmal meines Zimmers ist das Bett, das, die Zimmermitte beherrschend, gleichzeitig mein weiches Nachtlager, meine Lagerstätte für diverse Tätigkeiten (darunter Lesen, Fernsehen und auch Hausübungen schreiben – aber nur, wenn der Schreibtisch zu voll ist) und eine zusätzliche Ablage-fläche ist. Selbstverständlich befindet es sich ständig im ungemachten Zustand.
Neben meinem Bett die nächste Chaosquelle: Mein „Nachtkastel“. Obwohl eher klein, beherbergt es doch einen (mit Verlaub) Sauhaufen, der dem auf meinem Schreibtisch um nichts nachsteht. Ganze Bücherstapel türmen sich in ungeahnte Höhen, während es für verschiedenste Gebrauchsutensilien Platz bietet.
Man kann hier Bleistifte ebenso finden wie kaputte Uhren, Taschentücher neben Gameboys, Notizen zu seltsamen Themen und etliche andere Dinge, von denen ich manchmal nicht einmal weiß, dass ich sie besitze.
Last, but not least: Der Fußboden. Viele werden jetzt denken: „Der Fußboden wird doch hoffentlich noch begehbar sein!“. Dazu kann ich nur sagen, falsch gedacht! Zwar nicht immer, aber doch häufig, muss man sich erst seinen Weg durch diverse Materialien bahnen, die ich irgendwann, irgendwo, wofür auch immer brauchen könnte (daher ist das Mitbringen von Macheten durchaus von Vorteil, wenn man vorhat, mich zu Hause zu besuchen).
Zur Grundausstattung eines chaotischen Fuß-bodens (zumindest ist es bei mir so) gehören zwei Rucksäcke (eine Schultasche und einer, der eigentlich immer leer ist), Bücher die auf dem Nachttisch keinen Platz mehr gefunden haben, Mappen, die auf Grund von Platzmangel vom Schreibtisch verbannt wurden, Schulsachen, für die dasselbe gilt und noch mindestens fünf andere, platzraubende Gegenstände.
Und zu guter Letzt, noch die Ausnahme die jede Regel braucht: Meine Bücherregale. Ich möchte nicht sagen, dass sie ein Muster an Ordnung sind, aber im Vergleich zum Rest meines Zimmers sind sie es durchaus. Größtenteils sogar nach Themengebieten geordnet, bewahre ich hier alles auf, was ich im Laufe der letzten acht Jahre an Lesbarem zusammengetragen habe.
Wer jetzt vielleicht denkt, dass ich nach dieser langen Schilderung des in meinem Zimmer vorherrschenden Chaos’ vielleicht sagen will, dass ich mein Zimmer nicht sonderlich mag, der irrt sich gewaltig. Trotz (oder gerade wegen) der Unordnung mag ich mein Zimmer, und das hat einen einfachen Grund: Es gehört mir allein. Hier darf ich entscheiden, wie es auszusehen und was zu geschehen hat.
Hier herrscht eine für mich (und wie mir mein Vater oft bestätigt, höchstwahrscheinlich nur für mich) sehr heimelige Atmosphäre, hier fühle ich mich geborgen (ich weiß, das klingt jetzt kitschig, ist aber so).
Natürlich, die Unordnung ist nicht jedermanns Sache und der bisweilen in der Luft hängende Geruch nach Staub ist eine potenzielle Gefahr für jeden Allergiker, aber trotzdem habe ich hier einen Großteil meines bisherigen Lebens und viele schöne Stunden verbracht. Hier habe ich gemeinsam mit Frodo und all den anderen den einen Ring zerstört und Mittelerde gerettet, hier habe ich gemeinsam mit Harry Potter seine ersten Schultage verbracht, ich habe viele Heldentaten und Abenteuer (wenn auch nur in meiner Phantasie) miterlebt und an meinem PC Welten gerettet, Gegner niedergerungen und Aufgaben gelöst.
Ich habe viele Stunden vor dem Fernseher verbracht. Hierher kann ich mich zurückziehen, wenn ich von allen anderen in Ruhe gelassen werden will und mies drauf bin (was in letzter Zeit leider öfter vorkommt als früher).
Hier höre ich Musik (die meine Eltern immer häufiger gemeinhin als Lärm bezeichnen), hier habe Süßigkeiten kiloweise vertilgt, hier bereite ich mich auf Tests und Schularbeiten vor (einer der eher weniger erfreulichen Dinge dieser Aufzählung), ich hatte Freunde zu Besuch und führte interessante Gespräche. Hier bewahre ich alle wichtigen und unwichtigen Dinge auf, die mich an schöne Begebenheiten erinnern.
Und aus allen diesen Gründen ist dieses Zimmer das, was es bereits seit eineinhalb Lebensjahrzehnten – auf die ich zurückblicken kann – ist (obwohl sich natürlich die Einrichtung im Laufe der Jahre geändert hat), nämlich mein Zuhause und schlicht und einfach der schönste Platz, den ich kenne oder mir vorstellen kann.