23. Wichtige Fragen
Falco
Ich konnte einfach nicht glauben, was ich da gerade gehört hatte. Alles schien doch so gut zu passen und dann kommt Herr Brinkmann auf die Idee, Jonas irgendwo anders unterbringen zu wollen. Langsam merkte ich, wie die Wut in mir hochstieg.
Hatte ich mir doch so schön vorgestellt, wie es wäre, wenn Jonas bei uns bleiben würde. Das Zimmer neben dem meinen wäre einfach optimal für Jonas. Klar musste es noch renoviert werden, aber das meiste würden wir beide alleine hinbekommen und meine Eltern würden uns bei dem Rest bestimmt helfen.
‚Oh, man, das kann doch alles nicht sein!‘, dachte ich.
Mir wurde schon ganz flau im Magen und ich drückte Jonas‘ Hand fester, die ich ja immer noch in der meinen hielt. Als ich ihn ansah, merkte ich, dass es ihm genauso ging wie mir, denn er erwiderte meinen Blick aus traurigen, feucht glänzenden Augen. Sofort holte ich ein sauberes Taschentuch aus meiner Hosentasche und reichte es Jonas, der es leise dankend entgegennahm.
Noch einmal lächelte ich Jonas an, wandte mich dann wieder an unseren Gegenüber und meinte zaghaft: „Herr Brinkmann, das geht nicht.“
Dieser schien etwas überrascht zu sein und stutzte. Er wartete darauf, dass ich eine Erklärung abgab.
„Kann Jonas denn nicht bei uns bleiben? Wir haben genug Platz bei uns und er würde sogar ein eigenes Zimmer bekommen. Wenn er in so ein betreutes Wohnen kommt kennt er doch niemanden.“
Langsam fühlte ich mich sicherer und redete mich richtig in Rage.
„Und er braucht doch jemanden, der sich um ihn kümmert. Er braucht eine Familie, die für ihn da ist. Er kann doch nicht einfach irgendwohin abgeschoben werden!“
Was mich in diesem Moment angetrieben hatte, wusste ich nicht genau, aber ich wollte für Jonas kämpfen. Ich wollte und konnte nicht zulassen, dass er einfach von uns weggerissen werden sollte.
„Bei uns hat Jonas alles, was er braucht und wir können sogar zusammen in die Schule gehen. Wir können zusammen lernen und wir können zusammen reiten und andere Dinge unternehmen.“
Nach einer kurzen Pause fügte ich flehend hinzu: „Bitte!“
„Bitte Herr Brinkmann, können Sie denn da gar nichts machen?“
Herr Brinkmann sah mich und Jonas lange an. Mir war, als hätte ich ein kleines Lächeln auf seinen Lippen gesehen, doch sein anfängliches Schweigen machte nicht nur mich nervös. Immer und immer wieder schaute er zwischen Jonas und mir hin und her.
„Das ist eigentlich nicht üblich in so einem Fall. Ich hole mal deinen Vater wieder rein“, fing er mehr oder weniger nichtssagend an, unterbrach sich dann aber selbst, als er an die Tür ging und Bernd wieder ins Büro winkte.
Natürlich sah mein Vater unsere traurigen Gesichter, sagte aber nichts, sondern setzte sich einfach wieder zu uns.
Nachdem Herr Brinkmann ebenfalls wieder hinter seinem Schreibtisch Platz genommen hatte, begann er: „Bernd, danke dass du gewartet hast. Nachdem mir Jonas alles erzählt hat, konnte ich euch meine Hilfe auf jeden Fall zusagen. Ich habe auch gleich nachgesehen, ob wir noch einen Platz für ihn in einem unserer Häuser für betreutes Wohnen frei haben. Allerdings scheinen Jonas und Falco davon nicht so begeistert zu sein. Dein Sohn hat mir erzählt, er könne auch bei euch bleiben. Er hat sich dabei sogar sehr für Jonas ins Zeug gelegt. Du kannst stolz auf ihn sein.“
Mein Vater nickte nur, lächelte aber anerkennend in meine Richtung und Herr Brinkmann fuhr nach einer kurzen Pause fort.
„Normalerweise ist es so, dass der Junge oder das Mädchen in einem betreuten Umfeld untergebracht wird. Wir nennen das „betreutes Wohnen“. Dort können wir die Jugendlichen unterstützen und ihnen eine geeignete Hilfestellung für ihren weiteren Lebensweg geben. Die Hilfestellung umfasst neben der häuslichen Betreuung auch psychologische Hilfe, da viele von ihnen eine schicksalhafte Vergangenheit haben.“
„Und da gibt es keine andere Möglichkeit? Wir hatten eigentlich gedacht, Jonas könne bei uns bleiben“, fragte mein Papa nach.
„Wie schon gesagt, normalerweise ich es nicht üblich, aber Ausnahmen bestätigen bekanntlich die Regel. Uns ist am Wohl von Jonas gelegen. Vorausgesetzt ihr könnt Jonas ein neues zu Hause bieten und wenn Jonas das auch möchte, spricht für mich nichts weiter dagegen.“
Ich atmete erleichtert auf. Sollte er doch bei uns bleiben können?
Auch Jonas entspannte sich wieder, was ich daran merkte, dass er meine Hand nicht mehr ganz so fest drückte und er mich sogar zaghaft anlächelte, als ich ihn kurz ansah.
„Cool! – Dann kann Jonas also bei uns bleiben?“, rief ich aufgeregt und sah Herrn Brinkmann freudestrahlend an.
„Also, wie schon gesagt: Wenn Jonas das auch möchte und sonst nichts dagegen spricht, würde das von meiner Seite aus gehen. Wir müssen uns natürlich noch ein genaues Bild von eurem Zuhause machen, aber ich denke, vorläufig spricht nichts dagegen“, sprach er und sah nun Jonas direkt an.
„Jonas, möchtest du bei den Bernsteins bleiben?“
24. Entscheidungen
Jonas
Zum dritten Mal schon erzählte ich nun meine Geschichte und obwohl es mir immer noch sehr schwer fiel, hatte ich bereits einige Übung darin. Als ich fertig war und Herr Brinkmann den Vorschlag mit dem betreuten Wohnen gemacht hatte, wäre ich am liebsten aufgesprungen und weggerannt.
‚Ich will da nicht hin!‘
Einzig und allein Falco hinderte mich am Weglaufen.
Ich spürte, wie mir vor Enttäuschung langsam die Tränen kamen und sich ihren Weg über meine Wangen bahnten. Als Falco mir ein Taschentuch reichte, versuchte ich, dankbar zu lächeln, doch mir war ganz und gar nicht nach lächeln. Nur am Rande bekam ich mit, wie Falco begann, auf Herrn Brinkmann einzureden. Ich saß einfach nur völlig fertig daneben und schaute den beiden zu. Alles war so unwirklich, als ob irgendein schlechter Film ablaufen würde und ich nur zusehen würde.
Erst als Bernd wieder dazu gekommen war, wurde ich wieder hellhörig. Herr Brinkmann hatte ihm die Situation erklärt und ein Satz dabei hatte seinen Weg in meine Gedanken gefunden. Hatte er wirklich gesagt, es gäbe da eine Möglichkeit?
Als ich meinen Namen hörte, wurde mir erst bewusst, dass Herr Brinkmann mich irgendwas gefragt hatte und ich merkte erst jetzt, dass alle Blicke auf mich gerichtet waren.
„Öhm, was?“, fragte ich überrascht und auch etwas verlegen.
„Jonas, möchtest du auch bei den Bernsteins bleiben?“, wiederholte er die Frage und sah mich dabei erwartungsvoll an.
Ich nickte nur zögernd. Alles war irgendwie so irreal. So als wäre ich tatsächlich nur ein Beobachter in irgendeinem Film, doch Falco holte mich in die Realität zurück, indem er meine Hand leicht streichelte.
„Ja, das möchte ich“, sagte ich leise, um mein Nicken zu bestätigen.
„Um nichts auf der Welt möchte ich zurück zu meinem Vater und in ein Heim möchte ich auch nicht“, sprach ich weiter.
„Okay“, sagte Herr Brinkmann und lächelte mich freundlich an.
„Dann haben wir das schon mal geklärt. Ich muss das noch mit meinem Chef abstimmen, aber wie sich das darstellt, wird es da keine Probleme geben. Dann kannst du bei den Bernsteins bleiben. Ich werde morgen bei euch vorbeischauen und mir dein neues zu Hause ansehen.“
„Auch werde ich heute noch zu dem zuständigen Richter fahren, damit wir das Sorgerecht erhalten. Das ist aber eigentlich nur Formsache. Jonas, ich weiß, es ist schwer für dich, aber ich muss dir noch eine wichtige Frage stellen“, Herr Brinkmann machte eine kurze Pause und sah mich ernst an.
„Dein Vater hat dir viel Leid zugefügt, möchtest du eine Anzeige erstatten?“
Ich musste einen Moment überlegen, was ich wollte. Eine wahre Flut an Gedanken stürmte in meinen Kopf. Ja, die Zeit war mit meinem Vater war mehr als schwer gewesen. Und ja, es hatte mehr Streitereien als sonst was gegeben und er hatte mir gedroht. Doch … sollte ich meinen eigenen Vater, der er nun mal war, anzeigen? Diese Frage zu beantworten war gar nicht so einfach.
„Wenn es geht, möchte ich das momentan nicht“, fing ich deshalb zögerlich an. „Am liebsten möchte ich ihn einfach nie mehr sehen.“
„Das ist kein Problem. Du musst es nicht machen und ich kann gut verstehen, dass du deinen Vater nicht mehr sehen möchtest. Falls du es dir anders überlegen solltest, können wir das auch noch später machen“, erwiderte Herr Brinkmann.
„Gut. Dann fahrt mal nach Hause und Jonas… es wird alles gut werden – versprochen. Ich melde mich heute Abend noch telefonisch bei euch, um euch auf den Laufenden zu halten und morgen früh sehen wir uns bei euch wieder“, sagte er.
Erleichtert sah ich Falco an, der meine Hand losließ, mich plötzlich in den Arm nahm und fest drückte.
Erst dann standen wir auf und verabschiedeten uns von Herrn Brinkmann.
Als wir wieder draußen waren, wurde ich auch von Bernd noch mal umarmt.
„Ich hoffe, es geht dir nun ein wenig besser. Ich fahre euch noch in die Stadt, damit ihr was zum Anziehen für dich kaufen könnt“, sagte er leise.
„Falco, du hast ja meine Karte. Kauft davon bitte alles, was Jonas in den nächsten Tagen zum Anziehen benötigt. Wir werden heute Nachmittag noch schauen, wie wir das mit seinem Zimmer machen und was wir alles dafür brauchen. Vielleicht kann er bis alles fertig ist, noch bei dir bleiben?“, fragte er an Falco gewandt.
„Mach dir keine Sorgen Papa, wir werden Jonas schon ausstatten und klar kann er bei mir bleiben“, meinte Falco und lächelte mich dabei an.
Bernd
Ich war froh, dass der Termin bei Michael Brinkmann so gut gelaufen war und er so viel Vertrauen in uns hatte, dass Jonas vorerst bei uns bleiben kann. Denn für den Jungen wäre es bestimmt das Beste und die beiden Jungs verstanden sich vom ersten Moment an sehr gut.
Falco war richtig aufgeblüht, seit Jonas bei uns war und er schien ihn wirklich sehr zu mögen, sonst hätte er sich nicht so für ihn ins Zeug gelegt.
Auch ich hatte Jonas in den letzten Tagen liebgewonnen. Auch wenn er in seinem Leben bisher nicht so viel Glück gehabt hatte, wollte ich alles dafür geben, dass sich das in Zukunft ändern würde.
Auf dem Weg zum Auto suchte ich mein Handy aus der Tasche und rief meine Frau an, um ihr die letzten Neuigkeiten zu erzählen. Auch sie freute sich sehr für Jonas.
Als wir alle wieder im Auto saßen und uns angeschnallt hatten, fuhr ich in Richtung Zentrum. Hier konnten die Jungs in Ruhe alles einkaufen und ich wollte in der Zeit schon mal schauen, wie wir das Zimmer am besten würden renovieren können.
Als ich die Jungs in der Stadt absetzte, wünsche ich ihnen noch viel Spaß und meinte: „Ruft an, wenn ihr soweit fertig seid. Ich hole euch dann wieder ab.“
„Machen wir und Danke Papa“, sagte mein Sohn und entlockte mir damit ein Lächeln.
25. Hose, Socken, Unterwäsche
Falco
Als wir ausgestiegen waren und mein Daddy wieder weggefahren war, sahen wir uns erst mal ein bisschen unschlüssig an.
„Wir könnten dort drüben ein Baguette essen und dabei planen wohin wir gehen“, schlug ich dann vor.
„Das ist eine gute Idee, ich habe langsam richtig Hunger“, lächelte Jonas mich an.
Wir gingen also zu dem Bäcker, der auch sehr leckere Baguettes verkaufte und suchten uns jeder ein großes davon aus. Jonas bestellte sich eins mit Schinken-Käse und ich eines mit Tomaten und Mozzarella. Dazu bestellte ich noch zwei Kaffee und bezahlte alles zusammen.
Danach suchten wir uns einen Platz draußen vor dem Bäcker, wo wir in Ruhe essen konnten. Glücklicherweise war sehr schönes Wetter und so hatte man draußen ein paar Tische und Stühle aufgebaut. An einem der freien Tische ließen wir uns nieder.
„Wollen wir in dem Kaufhaus anfangen und wenn wir da nicht alles bekommen, schauen wir weiter?“, schlug ich wieder vor.
Jonas nickte zustimmend, zum Reden war sein Mund gerade zu voll.
„Am besten wir fangen bei der Unterwäsche an und arbeiten uns dann bis zu den Jacken vor, dann können wir nichts vergessen“, sagte ich und biss ebenfalls von meinem Baguette ab.
Als wir beide fertig gegessen hatten, brachten wir noch das Geschirr zurück und gingen quer über die Straße zum Kaufhaus, wo wir uns gleich die Unterwäscheabteilung suchten.
„Trägst du lieber Slips, Boxer oder Retros?“, fragte ich Jonas.
Er grinste und meinte: „Am liebsten Retros, die finde ich am bequemsten“.
Also gingen wir als erstes an das Regal mit den Retros und suchten gemeinsam ein paar schöne raus. Ab und zu zeigte ich Jonas welche, die mir gut gefielen und wir merkten schnell, das wir einen ähnlichen Geschmack hatten. Danach suchten wir noch Socken, einigen T-Shirts sowie anderen Dingen, die Jonas benötigen würde, zusammen.
Obwohl ich eigentlich noch nie so gerne shoppen gewesen war, hatte es mir mit Jonas sehr viel Spaß gemacht. Erst drei Stunden später hatten wir fast alles zusammen, es fehlten nur noch Hosen und Schuhe.
Ein paar Hosen waren aber auch schnell gefunden und um sicherzugehen, dass diese auch passen würden, hatten wir noch die Anprobe gesucht.
Es gab nur zwei Kabinen, die jeweils mit einem Vorhang verschlossen wurden und vom Rest des Kaufhauses nicht einzusehen waren. Leider schienen beide besetzt zu sein.
Als wir aber näher kamen, trat gerade ein älterer Mann aus der rechten Kabine und so nutzten wir die Gelegenheit, um diese für uns zu beanspruchen. Jonas ging mit den ganzen Hosen in die nun freigewordene Kabine und zog den Vorhang hinter sich zu.
Ich dagegen wartete brav davor und schaute mich ein wenig um. Dabei fiel mir auf, dass die Farbe an den Wänden vielfach abgeblättert war und insgesamt ein wenig renovierungsbedürftig aussah.
Jonas
Die Kabine war sehr notdürftig eingerichtet, es gab nur einen kleinen Hocker und einen Spiegel. Ich legte die Hosen also auf den Hocker und zog den Vorhang zu, erst danach wechselte ich in die erste neue Jeans.
Als ich aber den Reißverschluss hochziehen wollte, merkte ich, dass ich wohl ein wenig zu schnell damit gewesen war und mein T-Shirt mit eingeklemmt hatte.
‚Mist! ‘ dachte ich, sowas kann aber auch nur mir passieren.
Hastig versuchte ich nun, den Reißverschluss wieder nach unten zu ziehen, aber er bewegte sich keinen Millimeter mehr.
In der Hoffnung, Falco zu entdecken, lugte ich vorsichtig aus der Kabine, öffnete den Vorhang dabei aber nicht.
Wie ich gehofft hatte, stand Falco wartend vor der Kabine und schaute sich um. Einen Moment betrachtete ich ihn und wieder hatte ich dieses schöne Gefühl im Bauch.
‚Ich glaube, ich habe mich in Falco verliebt.‘
Leicht kopfschüttelnd verwarf ich diesen Gedanken und wurde mir der momentanen Lage wieder bewusst. „Falco … ähm … kannst du mal bitte kommen und mir helfen?“
Er reagierte sofort, kam zum Vorhang und fragte mich: „Was ist denn?“
„Kannst du bitte mit reinkommen, ich habe hier ein kleines Problem“, meinte ich verlegen. Dabei trat ich etwas zur Seite, damit Falco in die Kabine konnte.
Als wir nun zu zweit in der Kabine standen, war fast kein Platz mehr für uns beide. Ich lehnte bereits an der hinteren Wand und konnte mich kaum bewegen. Dann zeigte ich auf den halb geschlossenen Reißverschluss.
„Ich glaube, ich war ein wenig zu schnell und habe da was eingeklemmt.“, sagte ich leise und spürte, wie mir das Blut in den Kopf schoss.
Falco fing natürlich an schallend zu lachen, was meine Verlegenheit aber nicht im Mindestens besänftigte.
„Solange es nur das T-Shirt ist und keine wichtigeren Teile…“, prustete er.
„Kannst du mir bitte mal helfen, ich bekomme es echt nicht mehr auf“, sagte ich, ohne auf seinen Kommentar zu reagieren.
Immer noch lachend ging er langsam in die Hocke und schaute sich das Malheur an. Als er vorsichtig seine Finger in meine Hose schob, um von innen gegenzudrücken, merkte ich, wie sich langsam etwas bei mir regte.
‚Auch das noch! Wie peinlich kann es eigentlich noch werden?!‘
Durch sein Reiben an meinem empfindlichen Körperteil wuchs dieses unaufhaltbar und da die Hose recht eng geschnitten war, zeichnete sich mein gutes Stück mehr als deutlich ab.
Die Farbe meines Gesichtes wechselte sofort von rot in dunkelrot. Falco hatte natürlich nicht übersehen, dass sich bei mir was regte und schaute mich von unten grinsend an.
Fortsetzung folgt…