Relationships – Teil 1

Er riss das Lenkrad herum, aber es war zu spät, mit voller Wucht traf das entgegenkommende Auto die Beifahrerseite. Miriam war sofort tot, Charlie hingeben starb langsam. Unter großen Schmerzen sah er wie seiner Frau das Blut an der Lippe entlangfloß.

Dann überkam auch ihn der graue Nebel, der sich langsam in ein tiefes Schwarz verwandelte.

Tommy war gerade vierzehn geworden, als seine Eltern bei diesem schweren Verkehrsunfall ums Leben kamen. Alle Verwandten glaubten sie müssten sich nun rührend um den Kleinen kümmern, doch nur einer war dabei der es ernst mit ihm meinte.

Onkel Henry, der Bruder seiner Mutter, war auch zum gesetzlichen Vormund bestimmt worden. Dieser übernahm auch das kleine Antiquitätengeschäft der Cumminghams.

 

* *

 

Das alles war jetzt dreizehn Jahre her, inzwischen war Tommy Cummingham ein hochgewachsener Mann geworden, blondes, kurzes Haar die immer seine blauen Augen einwenig verdeckten. Und mit seiner sportlichen Figur konnte er sich überall blicken lassen.

Tommy hatte sich mit dem geerbten Geld das Dachgeschoss des alten Londoner Hauses in der St. John’s Street zu einer kleinen Wohnung ausgebaut.

Er hatte die Schule glänzend bestanden, ein Studium absolviert und sich zu einem bekannten Londoner Modefotografen gemausert.

Durch seinen Geschmack an Formen und Farben des Berufes wegen, fiel es ihm auch nicht schwer seine Junggesellenwohnung geschmackvoll aus zustatten. Er ließ das hohe Gebälg in vier Zimmer umbauen.

Eine kleine Küche die er fast nie benutzte, weil er so selten Zuhause war, ein Bad in dessen gusseisernen Wanne er oft stundenlang verweilen konnte, was allerdings ja auch nicht oft vorkam. Das große Zimmer war in Wohnzimmer und Essecke unterteilt.

Über eine kleine Wendeltreppe gelangt man  ins Schlafzimmer auf der Empore. In warmen Farbtönen und stilvollen Möbeln hatte sich Tommy eine Oase der Ruhe geschaffen, in der er sich immer wieder gerne zurückzog.

Durch den Ersatz der einen Giebelmauer in ein großes dreieckiges Fenster wirkte natürlich alles viel größer. Wenn es herrliches Wetter war, hatte man hatte man hier eine schöne Aussicht auf ganzen Stadtteil.

 

* *

 

Doch dies war wieder einer jener Tage an denen sich London ganz und gar in Nebel verhüllte. Tommy lag noch in seinem Bett und überlegte sich ob er nicht lieber liegen bleiben sollte, doch er hatte sich gestern für heute viel vorgenommen, daß er seinen Entschluss liegen zu bleiben verwarf.

Er lief die kleine Wendeltreppe herunter Richtung Bad, als er ein kratzendes Geräusch an seiner Wohnungstür vernahm.

Es konnte niemand anderes sein als seine Retrieverhündin Astra sein. Das Winseln bedeutete, daß sie Gassi gehen wollte und es eilig hatte raus zukommen. Er lief zu der Wohnungstür und öffnete. Astra sprang mit einem Satz herein, so daß Tommy fast das Gleichgewicht verlor.

„Astra altes Mädchen, kannst du es mal wieder nicht abwarten raus zukommen, warte kurz ich muß mir nur noch schnell was anziehen.“

Er stieg in seine Jeans zog sich eine Jacke über und griff nach der Leine Es war recht kühl draußen, und Tommy beschloss nicht die große Runde über die St. Paul´s Kathedrale zu laufen, sondern nur einmal um den Block.

Zuhause angekommen, entledigte er sich seiner Klamotten, stellte Astra ihr Futter und Wasserschale hin, und machte sich auf den Weg ins Bad.

Als er gerade unter das angenehme heiße Wasser der Dusche seinen Körper einseifte, klingelte das Telefon.

So ein Mist dachte sich Tommy drehte die Dusche ab und warf sich während er zu Telefon lief einen Bademantel über.

„Cummingham“.

„Hi hier is Pierre, was machst du gerade?“, kam es aus dem Hörer.

„Ich bilde hier gerade ne große Wasserlache auf dem Boden“, gab Tommy zur Antwort.

„Läufst du aus?“, Pierre konnte sich das Lachen am Telefon nicht verkneifen.

„Haha, ich stand grad noch eben unter der Dusche und dort werde ich auch wieder hingehen, du kannst dich ja später wieder melden. „

„Soll ich nicht kommen um dir den Rücken einseifen?“, fragte Pierre verschmitzt.

Tommy lachte laut auf.

„Nein, nein, du willst doch was ganz anderes einseifen.“

 

* *

 

Pierre war einer seiner Topmodelle, einer der Sorte, um den sich Fotografen rissen. Er war ein schlank gebauter junger Mann Anfang Zwanzig, aber er sah jünger aus. Seine dicken schwarzen Locken waren aus seiner hohen Stirn zurückgekämmt und seine dunklen Augen unter schrägstehenden Brauen gaben seinen Gesicht ein etwas fremdes, beinah teuflisches Aussehen.

Man mußte ihn schon eine Weile kennen, bevor man heraus fand, daß dies Aussehen eine glatte Lüge über das Wesen von Pierre war. Manche aber fanden es nie heraus.

„Natürlich kannst du rüber kommen, aber bist du da bist, bin ich gestriegelt und angezogen, aber du kannst ja zum Frühstück vorbei kommen. Also, bis dann. Tschau.“

Tommy legte den Hörer auf und wandte sich gerade dem Bad zu, als der tiefe Gong der Türglocke ertönte. Und wie sollte es anders sein, da stand Pierre vor der Tür.

„Wie hast du das schon wieder so schnell geschafft?“, fragte Tommy erstaunt.

„Hast du noch nie was von der Erfindung namens Handy gehört, ich stehe schon die ganze Zeit auf der Treppe draußen.“

„Na komm schon rein mir wird’s langsam kalt ich hab nichts darunter an“, sagte Tommy und nahm Pierre in den Arm und drückte ihn.

Pierre lies seine Hände nach unten wandern,

„Einen knackigen Arsch hast du immer noch, muß ich schon sagen“, meinte Pierre und grinste teuflisch.

„Lass das, ich geh jetzt duschen und du kannst in der Zwischenzeit den Kaffee machen“, sagte Tommy und löste die Umarmung

Nach dem Duschen lief Tommy in sein Schlafzimmer und zog sich an.

 

* *

 

Die Zwei frühstücken in aller Ruhe und erzählten sich dies oder jenes, eben den Klatsch aus der Branche und amüsierten sich herzlich darüber.

„Bist du mit deine eigenen Auto da oder soll ich dich mit in die City nehmen?“, fragte Tommy.

„Oh Tommy da wäre toll, ich bin nämlich heut morgen zu dir gelaufen und ich habe keine Lust den ganzen Weg zurück zu laufen“, antwortete Pierre

„Na das würde dir aber nicht schaden, ich sehe da ein paar Fettpölsterchen, die da nicht hingehören.“

„Wo hab ich Fett sitzen guck mich an, kein Gramm zuviel an mir.“

Tommy begann zu lachen, es freute ihn immer wieder wenn er Pierre aufziehen konnte. Sie räumten ab zogen sich etwas über, und liefen die Treppe hinunter, wo sich der alte Laden befand.

„Morgen Onkel Henry, ist die Lieferung mit der alten Truhe schon gekommen?“

„Morgen mein Junge, guten Morgen Pierre, nein aber der Lieferant hat versprochen er soll heut Mittag eintreffen.“

Sein Onkel war alt geworden und verheiratet war er auch nicht. Über den Verlust seiner Schwester war er nie ganz richtig weggekommen obwohl er das Tommy nie zeigte.

„Okay Onkel Henry, ich muß weg. Ich bin heut Mittag nicht zum Lunch da“, sagte Tommy beim verlassen des Ladens.

„In Ordnung mein Junge, Tschüss ihr beiden habt einen schönen Tag.“

 

* *

 

Beide trabten hinaus zu Tommys Range Rover. Sie stiegen ein und mit einem leisen Surren zog der Diesel langsam an.

„Warum fährst du so langsam?“, fragte Pierre.

„Ich mußte gerade an Christin denken, sie rief mich gestern an, sie hätte von irgendeinem Notar eine schriftliche Mitteilung bekommen, daß sie etwas geerbt hätte. Ich solle doch heute morgen früh vorbeikommen“, gab Tommy zur Antwort.

„Nimmst du mich mit, ich hab heut frei – keine Aufträge. Ich habe Christin schon seit.. warte…ja seit der Fotosession in Soho nicht mehr gesehen.“

„Gibt es da nicht vielleicht einen anderen Grund?“

„Thomas Edward Cummingham, du denkst aber auch immer das Schlechteste von mir.“

„Das würde mir zu denken geben.“

Lachend hielt Tommy vor der Wohnung von Christin in der New Kent Road an. Beide stiegen sie aus und liefen in das haus, wo Christin ihre Wohnung besaß.

 

* *

 

„Mensch Pierre dich habe ich ja schon eine Ewigkeit nicht mehr gesehen, du siehst wie immer blendend aus“, sagte Christin nach dem sie die Wohnungstür geöffnet hatte.

„Man tut was man kann“, antwortete Pierre und strich sich eingebildet durch die Haare.

„Hallo Tommy, danke für dein kommen“, begrüßte Christin Tommy und gab ihm einen Kuss auf die Wange.

„Und ich geh wieder leer aus“, Pierre zog einen Schmollmund.

Christin lachte und gab ihm in einer stürmischen Umarmung auch einen Kuss.

„Kommt doch rein, meine Mutter ist auch schon da.“

„Deine Mutter? Ich dachte du hast keinen Kontakt mehr zu ihr“, fragte Tommy erstaunt.

„Doch wir haben Kontakt, aber wir telefonieren meist eigentlich nur, weil es von Dorchester, wo sie lebt, hierher für Besuche zu weit ist, aber kommt erst mal rein ich will euch meiner Mutter vorstellen“, antwortete Christin und schloß hinter den beiden die Tür.

„Mutter das ist Tommy Cummingham und Pierre Fromboise ich hab dir schon von ihnen erzählt.“

Eine etwas älter wirkende Frau stand von ihrem Stuhl auf und kam auf die Drei zu.

„Das ist aber nett, daß ich sie beide auch mal kennen lerne, Christin hat mir schon einiges von ihnen erzählt.“

„Ich hoffe nur Gutes“, sagte Pierre dem es sichtlich peinlich war, was man an seinem rotem Kopf deutlich sehen konnte.

„Guten Morgen Miss Stonehagen, es freut mich ebenfalls sie kennen zu lernen“, sagte Tommy und gab artig die Hand. Alle setzten sich an den kleinen Tisch am Fenster, wo Christin jedem Tee einschenkte.

 

* *

 

„Warum ich dich hergebeten habe, könntest du uns zum Notar begleiten und dort auf uns warten?“, fragte Christin, an Tommy gewandt.

„Tue ich gerne, wenn dir es nichts ausmacht das Pierre mitkommt, denn ich glaube den bekomme ich heut eh nicht so schnell los“, sagte Tommy und schaute lächelnd zu Pierre.

„Auch gut dann hab ich ja genug Unterstützung dabei“, kam es von Christin.

„Eine Erbschaft ist doch nicht so schlimm?“, meinte Pierre mit einem fraglichen Gesichtsausdruck.

„Naja, wenn man weiß von wem die Erbschaft kommt, kann es auch unangenehm sein“, gab Christins Mutter von sich.

Tommy schaute Christin an, „dass musst du mir jetzt aber genauer erklären.“

„Später, wenn alles rum ist und ich weiß was ich genau geerbt habe“, meinte Christin.

„Du hast geerbt? Und deine Mutter?“, fragte Pierre.

„Tja das ist es eben, meine Tochter ist als Alleinerbe eingesetzt, meine Gegenwart bei dieser Sache verstehe ich auch nicht“, entgegnete Miss Stonehagen und nahm auf dem Sofa Platz.

„Wo wohnt denn der Notar, welche Strasse?“, fragte Tommy.

„Moment ich schau noch mal nach …… in der Bayswater Road“, gab Christin von sich.

„Man, das ist eine sehr vornehme Gegend direkt am Hyde Park, das muß ja schon eine größere Erbschaft sein, wenn der Notar seine Kanzlei dort unterhält“, meinte Pierre.

„Ist es auch“, sagte Christin in leisen Ton.

„Mir ist gar nicht wohl bei der ganzen Sache“, sprach Miss Stonehagen ebenso leise.

„Kinder was ist denn mit euch los, ich weiß eine Erbschaft ist immer mit einem Todesfall verbunden ist, aber ihr macht um das Erbe so ein Geheimnis, ich versteh das nicht“, sprach Pierre.

„Das ist auch schwer zu verstehen Pierre, wenn man nicht die Hintergründe kennt. Aber ich erkläre es gern euch beiden sonst gebt ihr eh keine Ruhe“, und Christin setzte sich zu ihrer Mutter.

„Also ganz von Anfang an, Stonehagen ist der Mädchenname meiner Mutter, den sie nach dem Tod meines Vaters wieder angenommen hat. Mit dem richtigen Familiennamen, also der Name meines Vaters war Earl von Ballater. Und Ballater liegt in Schottland Nähe Aberdeen.“

„Das würde ja heißen du und deine Mutter wären eine Lady Ballater?“, warf Tommy ein.

„Ganz recht wir haben den Titel Lady, worüber wir aber keineswegs Stolz sind.“

„Man fasst es nicht, da kenne ich Christin schon eine Ewigkeit und jetzt stellt sich heraus, das sie von blauen Blut ist. Wahnsinn“, sagte Pierre.

„Ach Pierre das ist doch nicht so wichtig“, entgegnete Christin.

Tommy stand auf und lief zum Fenster, „und was hat das jetzt mit der Erbschaft bei der Kanzlei am High Park zutun?“

„Ich denke meine Tochter wird das ganze Anwesen bei Ballater und die Ländereien erben. Was anderes kann ich mir nicht vorstellen, da der Verstorbene keinerlei Nachkommen und außer uns keinerlei Verwandtschaft besitzt“, meinte Christins Mutter.

„Mutter lass gut sein, ich weiß nicht, ich trau diesem alten Tunichtgut nicht über den Weg.“

„Jetzt verstehe ich gar nichts mehr, “ sagte Pierre mit einem total fassungslosen Gesichtsausdruck.

„Da müßtet ihr doch euch freuen, wenn wirklich eine solche Erbschaft ansteht.“

Christins Blicke wanderten zu ihrer Mutter.

„Pierre, das ist nicht so leicht, wenn du die Vorgeschichte kennst verstehst du vielleicht. Der Verstorbene ist, ich meine war der Bruder meines Vaters und durch eine Testamentsfälschung, die wir ihm nie nachweisen konnten, eignete er sich sämtlichen Besitz an und ließ meinen Vater, der eigentliche rechtmäßige Erbe weil er der Ältere von beiden war, leer ausgehen. Mein Vater hat dies nie verwunden  und ist vor lauter Kram gestorben.“

Christins Mutter standen die Tränen in den Augen, Tommy stand auf und reichte ihr ein Papiertaschentuch.

„Es tut mir leid aber ich habe den Tod meines Mannes nie richtig überwunden, und der Hass auf meinen Schwager Stuart ist in den letzten Jahren nicht weniger geworden, er hat uns alles genommen was uns lieb und teuer war. Wir mussten noch einmal von ganz vorne anfangen.“

„Kennt Ihr das Anwesen überhaupt?“, wollte Pierre wissen.

„Natürlich kennen wir es, ich wurde dort geboren und habe dort die ersten vier Jahre meines Lebens verbracht. Als Kind war das für mich unverständlich warum ich da nicht mehr spielen konnte, und wir in eine entfernte Stadt zogen. Aber seither war nie wieder jemand von uns dort.“

Christin trank einen Schluck ihres Tees und sprach langsam weiter.

„Es wurde bei uns nicht mehr darüber gesprochen und so geriet es auch langsam bei mir in Vergessenheit und meine glückliche Kindheit habe ich meiner Mutter zu verdanken. Erst seit drei Tagen ist dies alles wieder auftaucht, als der Brief von der Kanzlei kam.“

Tommy kniete sich vor Christin.

„Was immer auch kommen mag Christin ich bin für dich da, jederzeit“, sagte er leise zu ihr.

„Vergesst mich nicht, auf mich könnt ihr auch zählen““, baute sich Pierre stolz auf.

Nun mußte auch Miss Stonehagen lachen und nach der zweiten Tasse Tee ging es allen wieder viel besser.

 

* *

 

Nach einem ausgiebigen Mittagessen beim Italiener um die Ecke, fuhren alle vier in die Bayswater Road. Vor der Tür der Kanzlei verabschiedeten sie sich voneinander und Tommy und Pierre machten einen ausgiebigen Sparziergang im Hyde Park um das Long Water herum.

„Na, was macht die Liebe Pierre schon eine neue Flamme gefunden?“, fragte Tommy.

„Ach hör auf, du redest gerade so, als hätte ich mit jedem Mann in London ein Verhältnis gehabt. Es gibt eh nur einen, dem ich treu ergeben bin und das bist immer noch du!“

„Immer noch der gleiche Pierre wie ich ihn kenne. Du hast dich kein bisschen verändert. Es sind jetzt schon drei Jahre her, daß wir uns im Guten getrennt haben und du gibst immer noch nicht auf. Irgendwann wird dir schon der Richtige über den Weg laufen“, sagte Tommy und starrte geradeaus.

„Und du, bist doch auch noch solo?“, kam es von Pierre.

„Das wird auch noch lange so bleiben befürchte ich, der Mann der mich so akzeptiert wie ich bin, meinen Beruf, meine Lebensweise, dass sind alles Dinge, die nicht so leicht zu verdauen sind.“

„Setzt du deine Erwartungen nicht ein bisschen hoch an, du bist viel zu streng mit dir Tommy, so kann das nicht weiter gehen. Ich hab wegen dir schon lange ein ungutes Gefühl, ja ich hab Angst um dich. Über kurz oder lang bleibst du auf der Strecke, machst dich nur selber runter. Das merkt man bei jedem Fotoshooting, an allem und jedem hast du was aus zusetzen, nie bist du zufrieden mit einer Einstellung, dort noch ein bisschen höher, den Kopf noch weiter nach hinten, ab und zu sieht es so aus als quälst du deine Fotomodelle gerne. Und dann bist du ewig auf Reisen heute New York morgen Hongkong, daß hält doch kein normaler Mensch aus…….“

Pierre verstummte. Tommy hatte die ganze Zeit zu Boden geschaut.

„Du hast ja Recht, aber ich weiß auch nicht warum, wenn ich mich in meine Arbeit stürze, bleibt keine Zeit zum Nachdenken und zum Grübeln“, sagte“, sagte Tommy fast nicht hörbar.

„Das habe ich an deinem letzten Bildband schon gemerkt.“

„Du hast es gesehen, wie fandest du es?“

„Natürlich habe ich es mir gekauft. Es ist wunderschön wie alle deine Bildbände, aber dieses steckte so voll Sehnsüchten, es war den Bildern deutlich anzumerken, Tommy, das du auf der Suche bist. Die ganze Ausdrucksweise der Gesichter und dann noch diese weiten einladenden Landschaften.“

Pierre hatte recht, Tommy wusste schon lange, daß er mit der jetzigen Situation nicht zufrieden war. Die Einsamkeit, die Leere in seinem Herzen brachte ihn fast um. Er jagte von einem Termin zum anderen und lebte mehr aus seinem Koffer, und war nur noch selten Zuhause.

Es war ihm bekannt, daß es so nicht mehr weiter gehen konnte. Wie Pierre eben schon sagte, auf kurz oder lang blieb er auf der Strecke. Er wusste es aber selbst, hatte er keinerlei Ahnung, wie er sich aus diesem Loch selbst heraus ziehen sollte.

Schweigend lief er neben Pierre her und hatte nicht mal gemerkt, daß ihm Tränen die Wangen herunter liefen.

„Nimm mein Taschentuch, ich kann nicht mit ansehen wie du heulst, sonst kommen mir auch noch die Tränen denn ich ertragen es nicht dich leiden zu sehen. Ich mußte dir das einfach mal sagen, auch wenn du es nicht hören willst“, sprach Piere.

„Du hast ja recht Pierre. Ich weiß selber, daß etwas nicht stimmt, aber ich weiß auch nicht wie ich dieses Problem in den Griff bekommen soll.“

„Du solltest dich doch vielleicht mal mehr umsehen, es laufen überall so viele Single herum, da müsste doch irgendetwas für dich dabei sein.“

Jetzt musste Tommy lachen.

„Du würdest mich doch mit jedem verkuppeln.“

„Ja würde ich, nur allein deswegen um dich wieder lachen zu sehen. Ich möchte wieder diese glücklich blauen Augen strahlen sehen, in die ich mich von Anfang an so verliebt habe…..“

Pierres Stimme versagte.

„Du bist so ein lieber Freund, bin so froh das ich dich habe“, erwiderte Tommy und hängte sich bei Pierre ein.

Nach ungefähr einer Stunde trafen sie sich wieder mit den zwei Damen in einem nahegelegenen Cafe.

„Christin ist dir nicht gut, du bist ganz schön blass um die Nase,“ fragte Pierre besorgt.

„Da bin ich wohl nicht alleine, wenn ich Tommys roten Augen sehe, weiß ich das die letzte Stunde bei euch auch nicht gerade berauschend war.“

Tommy sah auf.

„Nicht so schlimm, ich bin von einem guten Freund nur zurecht gestutzt worden, das war an der Zeit aber gehört jetzt nicht hierher.“

„Tommy, du fängst mit dem Blocken schon wieder an, fang wieder an zu leben“, sagte Pierre ärgerlich.

„Da muss Pierre recht geben, auch mir ist das schon seit längerem aufgefallen, daß du wie ein irres kleines Männchen herumläufst und deine Leute damit schikanierst“, kam es von Christin.

„Christin“, kam es von Christins Mutter scharf.

„Ach lass mal Mutter, Tommy, Pierre und ich sind jetzt schon solange gut befreundet, das man ab und wann Kritik äußern kann, ohne das gleich die Welt unter geht.“

„Na wenn du meinst Christin. Ich kenne das nicht, den Umgang den ihr miteinander pflegt daß ist mir fremd. Zu meiner Zeit hatte man zwar auch gute Freunde, aber das Privatleben blieb eben privat. Bei euch jungen Leuten sieht das immer so leicht und …. unbeschwert aus.“

„Miss Stonehagen, das ist nicht so leicht wie es aussieht“, unterbrach Pierre Christins Mutter, „an  Freundschaften muss man arbeiten sie pflegen. Nur so kann man das Vertrauen erhalten und behalten das man unter Freunden genießt.“

Pierre schaute nacheinander in Christins und Tommys Augen, die ihm das eben Gesagte mit einem Lächeln bestätigten.

„So jetzt habe ich aber Hunger, bestellt ihr schon mal den Tee und ich werde mir mal die tolle Auslage in der Theke anschauen“, meinte Pierre.

„Auslage? Eher doch den jungen Mann dahinter,“ warf Tommy ein. Pierre rollte mit den Augen und verschwand.

 

* *

 

„Darf ich euch alle heute Abend zum Essen einladen?“, fragte Tommy.

„Du sagtest doch heute morgen du hättest noch soviel Arbeit“, unterbrach Christin Tommy.

„Wie Pierre schon vorhin sagte ich soll anfangen zu Leben und was gäbe es nicht da besseres als ein Dinner mit seinen besten Freunden.“

Christins Mutter stellt ihre Tasse Tee ab.

„Es ehrt mich, daß sie mich zu ihren Freunden zählen lieber Tommy, aber ich denke ich bin da doch einwenig fehl am Platz.“

„Miss Stonehagen…“

„Sagen sie ruhig Margreth zu mir Tommy.“

„Also …. Margreth, sie haben in den letzten Stunden über mich und Pierre soviel erfahren ohne das was sie ohnehin von Christin“, er schaute lächelnd zu Christin, „sicherlich schon erfahren haben, daß ich finde sie gehören schon dazu, in unseren kleinen erlesenen Kreis von Freunden.“

„Wenn das so ist, nehme ich die Einladung gerne an, aber bitte nicht in eines der sündhaft teuren Restaurants hier ich habe dafür nicht mal was rechtes  an zuziehen.“

„Mutter, dass wäre sicher kein Problem mit den Klamotten, aber ich denke eher, daß Tommy uns zu sich nach Hause einladen wollte, denn er ist ein kleiner begnadeter Koch.“

Nickend stimmte Tommy ihr zu.

„Dann bin ich mal gespannt auf das Essen, wenn meine Tochter so von ihren Kochkünsten vor schwärmt.“

Inzwischen näherte sich Pierre dem Tisch mit einem total überladenen Teller an Naschereien und setzte sich auf seinen Stuhl.

„Das alles willst du essen, denk einwenig an deine Figur, sonst kannst du Bilder für Elefantenmode machen lassen“, sagte Christin lachend.

„Menno ich konnte nicht widerstehen…..“, sagte Pierre und stopfte sich das erste Sahnetörtchen in den Mund.

„Ich glaube eher du bist dem jungen Mann hinter der Theke erlegen, der dir den Teller so voll geladen hat“, amüsierte sich Tommy.

„Du musst aber auch zugeben er sieht auch wirklich süß aus,“ entgegnete Pierre und nahm sich schon ein weiteres Törtchen vor.

Alle fingen an zu lachen und genossen ihren Tee.

 

* *

 

Nach dem Zahlen verabredeten sie die Zeit für das abendliche Dinner. Tommy fuhr alle nach Hause, bevor er noch ein paar Besorgungen für das Essen erledigte. Danach beeilte er sich um genügend Zeit für die Zubereitung zu haben.

Daheim angekommen stellte er den Proviant auf der Theke seiner Küche ab, warf seine Jacke auf den Sessel und suchte in seiner CD-Sammlung nach passender Musik. Er legte sie ein und drehte die Anlage auf mittlere Lautstärke.

Den Esstisch zog er genau in die Mitte des Raumes, stellte die vier Stühle dazu und wandte sich dem Schrank zu. Er entschied sich für den lindgrünen langen Läufer und breitete ihn über den Tisch aus. Auf beiden Seiten hing der Läufer fast bis zum Boden.

Mit dem edlen weißen Porzellan aus einer deutschen Manufaktur und die glatten langstieligen Gläser deckte er phantasievoll den Tisch. Mit den mitgebrachten Blumen gab er den Tisch den letzten Pfiff. Als letztes stellte er eine alte dicke Kerze darauf.

In der Küche ausgebreitet lagen inzwischen alle Lebensmittel die er für sein Essen brauchte. Er begann damit die Kräuter zu waschen, die er später für seine Kräutercremesuppe benötigte. Er schüttete die Sahne in einen Topf und ließ sie bei geringer Hitze heiß werden, gab die Kräuter dazu und pürierte sie bis alles zu einer sämigen grünen Brühe wurde.

Mit etwas Mehl im Wasser aufgelöst, band er die Suppe ab. Mit Salz, Pfeffer und etwas Knoblauch verfeinerte er den Geschmack. Da das Fleisch etwas länger im Ofen garen mußte, nahm er sich dies als nächstes vor.

Er stellte eine Pfanne auf den Herd und lies sie heiß werden. Das gewürzte Stück Fleisch wurde er in einwenig Olivenöl scharf anbraten. Er gab Zwiebeln und Karotten dazu und goss das Ganze mit Rotwein auf. Danach schob er den Topf in den Ofen.

Die Kartoffeln waren inzwischen weich gekocht. Er schüttete das Wasser ab und goss einwenig Milch hinzu. Tommy gab etwas Muskat, Salz und Pfeffer dazu um es danach mit dem Pürierstab zu einem feinen Kartoffelbrei zu verarbeiten.

Tommy war froh, daß er sich seine Küche so modern einrichtete. Ohne Mühe konnte er in kürzester Zeit ein zauberhaftes Essen zaubern. Als Nachtisch hatte  sich gebackene Äpfel mit Vanilleeis ausgesucht. Er schälte die Äpfel, entkernte sie und legte sie in ein eingefettetes Blech.

Er tat ein wenig Butter in eine Schüssel gab Zucker und grob gemahlene Haselnüsse dazu, um dann alles danach mit einem Schneebesen zu vermischen. Diese Mischung füllte er in die Löcher der Äpfel, wo sich vorher das Kerngehäuse befand. Tommy übergoss jeden Apfel mit ein wenig Cognac und streute Zucker darüber.

Er nahm das Blech und schob es bei mittlerer Hitze in den zweiten Ofen. Nachdem er sich gerade frisch gemacht hatte, begann Astra an zu knurren und lief schwanzwedelnd zur Wohnungstür. Da ertönte auch schon der Gong der Tür.

Tommy schaute noch mal in den Spiegel zog sein Hemd zurecht und öffnete die Wohnungstür.

„Mensch Tommy, da strömt ein wohltuender Geruch die Treppe herunter, mir läuft das Wasser im Mund zusammen“, sagte Pierre und begrüßte Tommy mit einem Kuss auf die Wange.

„Pierre ist gierig wie immer hast du auch genug gekocht Tommy, daß es für uns alle reicht?“, fragte Christin, die hinter Pierre die Wohnung betrat.

Margret bewunderte Tommys schöne Wohnung und auch den geschmackvoll gedeckten Tisch. Lange saßen sie da unterhielten sich über Mode und Zukunftsprojekte und genossen in vollen Zügen das Essen.

„Also Tommy, ich muß meiner Tochter recht geben. Das Mahl war ausgezeichnet und kann sich mit jedem Restaurant messen.“

Tommy ein wenig rot geworden bedankte sich und setzte noch ein Kaffee auf. Christin und Pierre räumten den Tisch ab und trugen alles in die Küche. Währenddessen sah sich Margreth in der Wohnung um, und am meisten beeindruckten sie die Fotografien an den Wänden.

„Tommy sind alle Bilder hier von ihnen?“

„Ja Margreth, sind alle von mir.“

„Das sind sehr ausdrucksstarke Bilder finde ich, man spürt was sie bewegt hat diese Bilder zu machen.“

„Mutter ich wusste gar nicht, daß du so ein großes Kunstverständnis hast.“

„Kind, du weißt vieles noch nicht von mir.“

 

* *

 

„Apropos nicht wissen, ihr habt überhaupt nichts von der Testamentseröffnung erzählt,“ warf Pierre ein.

„Da lässt sich auch nicht so leicht darüber reden Pierre“, entgegnete Christin.

„Ich habe den ganzen Besitz geerbt mit dem großen Herrenhaus, dem Anwesen und den Ländereien und einem kleinen Rätsel.“

An Pierre machte sich die steigende Neugier bemerkbar.

„Großes Herrenhaus? Das möchte ich mal sehen. So was habe ich noch nie von innen gesehen.“

Tommy kam mit dem Kaffee aus der Küche und wandte sich an Christin.

„Einem kleinen Rätsel? Hört sich interessant an, erzähl bitte mehr davon.“

„Nachdem der Notar uns über die Besitzverhältnisse aufgeklärt hat meine Mutter hat übrigens Wohnrecht auf Lebenszeit bekommen, übergab er mir noch einen persönliche Brief meines Onkels adressiert direkt an mich. Ich weiß nicht woher er meine jetzige Adresse her hat, aber ich denke bei dieser Kanzlei gibt es viele Möglichkeiten.“

„Und was steht in diesem Brief drin?“, fragte Tommy.

„Moment ich kann ihn euch vorlesen, ich hab ihn in meiner Handtasche, ….hier ist er, also hört genau zu:

 

Ballater 13 Mai 1997

 

Liebe Christin,

 

ich weiß, daß du dich wahrscheinlich nicht mehr an mich erinnern kannst, aber mir ist klar, daß du dich wunderst, warum ich gerade dir das ganze Vermögen vermacht habe. Mit deiner Mutter Margreth habe ich mich vor Jahren verfeindet und über den Tod deines Vaters war ich genauso verbittert wie ihr beiden, obwohl deine Mutter bestimmt jetzt das Gegenteil behauptet.

Das ich deinen Vater indirekt enteignete hatte seine Gründe, die du sicherlich auch heute noch nicht verstehen würdest, aber glaube mir es war nur zu eurem Besten.

Ich muß ein bisschen weiter ausholen, damit du mein Handeln vielleicht doch verstehst. Einer deiner Urahnen hatte sich auf eine unsägliche Weise im Übermaß Reichtum angeschafft.

Dieses Geheimnis wurde von Generation zu Generation weiter gegeben. Nun hatte dein Ururgroßvater im ersten Weltkrieg eine Heidenangst, das dieses Vermögen durch den Krieg komplett verloren gehen würde und versteckte es.

Damit es nicht gleich gefunden werden konnte, auch von den Nachkommen nicht, beschrieb er das Versteck in einem Rätsel, daß bis heute noch niemand gelöst hat, zudem fehlt einer der wichtigsten Pergamentrollen.

Eine undichte Stelle im Haus verriet dennoch das Geheimnis und so war die Suche nach dem Familienschatz der Ballater geboren. Es hat schon einige Todesfälle gegeben, und zur Zeit als dein Vater das Erbe antreten wollte gab es wieder eine Gruppierung die deinem Vater nach dem Leben trachtete.

So beschloss ich das Ruder selbst in die Hand zu nehmen, und fälschte das Testament. Ich wollte lediglich deinen Vater aus der Schussbahn bringen und nicht nur ihn sondern deine Mutter und dich auch. Du mit deine süßen vier Jahren der Stolz deines Vaters. Die Gruppe wurde festgenommen und ich hatte vor euch wieder zurück zu holen, aber da dein Vater bereits schwerkrank im Krankenhaus und man konnte nichts mehr für ihn tun.

Richte bitte nicht über mich, denn der Tod meines Bruders der auf mir lastet, war Strafe genug. Das Anwesen dir zu vermachen, ist eine kleine Wiedergutmachung obwohl es deine Vater nicht mehr zurück bringen kann.

 

Dein Onkel Stuart

Earl von Ballater

 

„So jetzt wisst ihr genauso viel, wie ich.“

Ein langes Schweigen folgte nach diesem vorgelesenen Brief.

„Und was hast du jetzt vor?“, fragte Tommy der als erstes die Schweigen brach.

„Ich weiß es noch nicht genau, aber ich werde Ende das Monats meine Mutter nehmen und mit ihr hinfahren. Ich möchte doch zumindest noch mal sehen, wo ich als kleines Kind gespielt habe.“

Tommy stand auf und lief zu seinem alten Sekretär und zog seinen Planer aus dem Fach.

„Christin ich hätte da einen Vorschlag.“

„Raus damit ich bin schon gespannt.“

„Ich hab dir doch erzählt, daß ich doch diesen Auftrag eines französischen Modehauses bekommen habe. Sie möchten, das ich ihre Mode fotografiere und das Ganze in Schottland.“

„Oh ich weiß worauf du hinaus willst.“

„Ja…., wir, daß heißt wenn du und Pierre einverstanden seid, könnte gemeinsam nach Ballater fahren. Den Auftrag erledigen und nebenher auch noch dir zur Seite stehen.“

„Also ich bin dabei, es fällt mir nicht schwer mich für das Ende des Monats frei zu machen, Tommy. Und außerdem dürfte ich endlich wieder mit dir zusammen arbeiten,“ sprach Pierre und ein breites Grinsen erhellte sein Gesicht.

„Langsam Pierre, Christin muß erst mal zustimmen. Einen Urlaub würde mir jedenfalls gut tun, auch wenn dabei ein wenig Arbeit anfällt.“

Christin sah ihre Mutter an und man merkte ihr deutlich an, daß es in ihrem Kopf arbeitete.

„Also Christin, ich finde du solltest Tommy das Angebot nicht ausschlagen, zudem würde ich das erstemal auch was über deine Beruf mitbekommen,“ sagte Margreth und legte den Arm um ihre Tochter.

„Margreth“, Tommy setzte sich wieder neben sie, „ich hätte da noch eine Überraschung für sie. Die Kollektion ist nicht nur für uns Jüngere gedacht, sondern auch für das ältere Semester. Hätte sie nicht Lust auch mit zumachen, ich kann ihnen versprechen es wird sehr interessant und natürlich springt auch was für sie dabei heraus, das Modehaus ist sehr großzügig.“

Christin fing an zu Lachen, stand auf und fiel Tommy um den Hals.

„Das alles würdest du für mich tun? Ich kann das gar nicht fassen, was du gerade eben von dir gegeben hast.“

„Es war mein Ernst, und außerdem für gute Freunde bin ich immer da, egal in welcher Lage sie sich gerade befinden.“

„Hört, hört“, Pierre war von seinem Stuhl aufgesprungen

„Das ist mein alter Tommy wie ich ihn kenne. Und wenn ich recht hinschaue kann ich da ein gewisses Funkeln in deinen Augen erkennen.“

Christin schaute Tommy fragend an.

„Das verlangt nach einer Umarmung, Christin mach Platz jetzt bin ich dran.“

Natürlich blieb es nicht bei der Umarmung, sondern Pierre mußte Tommy gleich noch einen Kuss geben.

„Also“, sprach Tommy, wieder zu Atem gekommen, „dann ist das abgemacht. Ich kümmere mich um alles und bringe alles zu Laufen. Aber Pierre eine Bitte hätte ich noch, wenn du dir das nächste mal Sorgen um mich machst, warte nicht mehr so lange wie jetzt, sondern sage es mir gleich, okay?“

„Okay, das habe ich vernommen.“

 

* *

 

In den nächsten zwei Wochen lief Tommy zu Hochtouren auf, er erkannte sich fast selber nicht mehr. Endlich hatte er was worauf er sich freuen konnte. Er gab die Maße nach Paris durch, damit diese gerade rechtzeitig zur Abfahrt, die Kleidung schicken konnte.

Er ging mit Margreth zum Friseur und verpasste ihr einen neuen Look, aber ohne ihre Natürlichkeit zu verändern. Als der Termin der Abreise näher rückte, fing er an das Auto und den Hänger mit seiner Ausrüstung zu beladen.

Auch die Klamotten aus Paris trafen endlich ein und so konnte der Tour nach Schottland nichts mehr im Wege stehen.

„Ach Tommy, hättest du fünf Minuten Zeit für mich und könntest zu mir in den laden kommen“, rief sein Onkel Henry von der Hintertür des alten Hauses.

„Natürlich Henry, einen Moment ich komme gleich zu dir.“

Er schloß den Rover ab, und lief ins Haus zum Laden.

„Komm her Junge ich möchte dir noch etwas zeigen, bevor ihr nach Schottland fahrt.“

„Was denn? Mach es bitte nicht so spannend.“

„Mein Kollege in Stonehaven hat mir doch die alte Truhe versprochen, und vorhin wurde sie geliefert.“

„Und was ist so besonderes an der Truhe?“

„Sieh selbst. Ist das nicht das Wappen der Earls von Ballater?“

„Mensch du hast Recht es gleicht dem, daß uns Christin gezeigt hat.“

„Und das ist noch nicht alles. Beim Säubern habe ich ein kleines Geheimfach entdeckt. Diese Pergamentrolle war darin versteckt. Ich kann nichts damit anfangen, es sind irgendwelche Verse. Aber irgendwie kommt es mir so vor, als würden mehrere Seiten davon fehlen. Der Großteil ist in Latein geschrieben, nur wenn es um Ortsangaben geht ist es in unserer Sprache verfasst. Ich habe versucht es ein wenig zu übersetzten, aber ich bin nicht weit gekommen. Irgendetwas mit Steinen und vergangenem. Ich dachte du könntest damit was anfangen, da Latein eins deiner Lieblingsfächer war.““

Tommy lachte laut auf

„Henry, das ist schon ein paar Jahre her mit Latein. Aber weil du sie in dieser bestimmten Truhe gefunden hast, macht sie erst interessant. Ich hab dir doch von dem Testament erzählt, welches Christin erhalten hat und da geht es um ein Rätsel über einen Familienschatz, und da steht etwas von einer fehlenden Pergamentrolle. Es wäre zwar ein solcher Zufall, wenn  das die Gesuchte wäre, aber du glaubst nicht wie uns das bestimmt weiterhelfen würde. Wie bist du eigentlich an diese Truhe gekommen?“

„Wie gesagt habe ich sie von meinem Kollegen günstig erstanden, weil sie angeblich bei ihm ein Ladenhüter wäre und er meinte in London hätte ich bestimmt mehr Glück, diese Truhe an den Mann zu kriegen.“

„Und wie ist er an das Ding gekommen, es stammt sicherlich aus dem Familienbesitz der Ballater?“

„Er erzählte mir er habe sie ersteigert. Dem Gutsherrn hatte es ziemlich erwischt, anscheinend an der Börse verspekuliert. Und um den Besitz zu retten, hat er mehrere kostbare Möbelstücke veräußert um das Gut zu retten.“

„Tu mir bitte den Gefallen und halte sie noch zurück, vielleicht möchte sie Christin wieder ersteigern. Und falls du noch mehr Sachen mit dem Siegel der Familie auftreiben kannst dann mache es bitte.“

„In Ordnung Tommy, ich werde mich umhören, kann dir aber nichts versprechen. Und Junge sei vorsichtig, melde dich bitte bei mir, wenn ihr da oben angekommen seid.“

„Ja Henry mache ich, und versprich mir Astra bitte nicht so viel Süßes zu geben, auch wenn sie noch so bettelt.“

„Okay Tommy.“

Beide Männer nahmen sich in den Arm und drückten sich zum Abschied noch mal kräftig.

 

* *

 

Tommy saß im Auto und schaute nachdenklich das Pergament an, wenn das wirklich das richtige Papier wäre…. aber egal jetzt mußte er erst einmal seine Mitfahrer abholen. Er startet den Rover und mit einem Ruck setzte sich der Wagen in Bewegung.

In der New Kent Road angekommen, winkte ihm Christin bereits entgegen umringt mit einem Meer von Koffern. Er schob sich in die Parklücke, was mit dem Hänger gar nicht so einfach war.

„Sind das alle Koffer, oder kommt da noch mehr dazu?“, fragte Tommy grinsend.

„Alle? Das sind doch nicht viel, aber ich kann dich beruhigen es sind alle.“

„Dann ist ja gut, denn ich weiß ja nicht wie viel unser Prinz Pierre wieder mitnehmen will, du kennst ihn doch“, und beide fingen laut an zu lachen.

„Ihr beide seid heut morgen aber sehr gut aufgelegt, das kann ja nur eine heitere Fahrt werden.“

Margreth war aus dem Haus gekommen und stand nun vor den beiden. In den letzten zwei Wochen hatte sie sich total verändert. Sie schien jünger geworden zusein, ein paar Sorgenfalten weniger im Gesicht.

„Margreth steig du zu mir nach vorne ein, deine Tochter und Pierre haben hinten genug Platz“, und Tommy hob ihr die Beifahrertür auf.

 

* *

 

Sie durchquerten halb London, überfuhren die Themse bei der Vauxhall Bridge um zur Fullham Road zu gelangen wo sich Pierres Wohnsitz befand.

„Mein Gott ihr seid schon da? Da muß ich mich jetzt aber beeilen.“

Pierre schien gerade aus der Dusche zukommen, denn sein lockiges Haar hing noch tropfend an ihm herunter.

Tommy nahm seine Taschen und wandte sich zu Pierre.

„Du, ich trage schon mal dein Gepäck herunter, und verstaue es, hast du noch mehr?“

„Nur noch meine Schminkkoffer, den bringe ich dann selbst herunter.“

„“Ich bin immer noch der Meinung Pierre, den hast du nicht nötig.“

Pierre schmunzelte und gab Tommy einen Kuss auf die Wange.

„Danke lieb von dir.“

Tommy verstaute alles und warte vor dem Auto, als Pierre aus dem Haus gestürzt kam.

„Ich hab so schnell gemacht, wie ich konnte“, zu Christin, die ihm aus dem offenen Wagenfenster zu lächelte.

„Ich weiß Pierre, du bist ja so bekannt für deine Pünktlichkeit.“

 

* *

 

Noch einmal durchfuhr Tommy London, merklich langsamer denn der Stadtverkehr hatte deutlich zugenommen, schließlich fuhren jetzt die meisten in ihr Büro oder zur Arbeit. Aus der Stadt heraus, ordnete sich Tommy auf der E15 Richtung Newcastle ein.

Es war eine gemütliche Fahrt quer durch England, vorbei an Cambridge und Nottingham. Hinter der Abfahrt York wurde es ruhiger auf der Autobahn und Tommy hielt Ausschau, wo sie einen gepflegten Lunch einnehmen konnten.

An einer kleinen Raststätte hielt Tommy den Wagen an und alle strecken erst mal ihre steifen Glieder.

„“Mensch Leute, ich hab ja was total vergessen euch zu erzählen“, kam es plötzlich von Tommy.

Und Tommy erzählte den dreien was sich am Morgen Zuhause bei im zu getragen hatte. Nachdem sie gegessen hatten, beugten sie sich alle über das Papier.

„Das kann ja keiner lesen,“ meinte Pierre enttäuscht.

„Hast ja oft genug andere Sachen gemacht als auf zu passen im Unterricht. Na egal, lasst uns weiterfahren, wir haben noch ein Stück vor uns. Ich möchte heute Abend nicht zu spät in Newcastle ankommen. Dort habe ich zwei Zimmer reserviert, damit wir morgen frisch gestärkt weiter fahren können“, meinte Tommy und stand auf.

Tommy zahlte die Rechnung, während die anderen schon zum Wagen voraus gingen. Und weiter ging es Richtung Norden, vorbei an Middlesbrough und Sunderland. Gegen neun steuert Tommy das Gefährt auf den Parkplatz der Pension.

Ein alte Frau öffnete die Tür und wies ihnen ihre Zimmer zu. Nach einem kleinem Mahl verabschiedeten sie sich von einander und gingen in ihre Zimmer.

„Eine ganze Nacht mit dir allein in einem Zimmer wie aufregend“, meinte Pierre frech grinsend.

Tommy hatte sich inzwischen ausgezogen und sich auf das Bett geworfen.

„Pierre hör auf mit dem kindisch sein, mach dich endlich fertig und komm ins Bett.“

„Hast du es so eilig?“,  fragte Pierre.

„Ach Quatsch, ich möchte endlich schlafen, wir müssen morgen früh raus, denn wir haben erst ein wenig mehr als die Hälfte der Strecke zurückgelegt.“

„Bist du ein Spielverderber“, sagte Pierre und zog sich ebenfalls aus.

Nachdem er sich gewaschen hatte, kam er ins Bett und Tommy löschte das Licht. Aber Tommy konnte nicht einschlafen. Zu viele Gedanken rasten ihm durch dem Kopf und machten ihm zu schaffen. Da lag wohl einer der hübschesten Jungen neben ihm im Bett, den er immer noch liebte.

Ja er liebte Pierre! Erst als sie sich damals getrennt hatten, erkannte Tommy wie sehr er ihn brauchte und sich nach ihm sehnte. Aber die ewigen Streits ohne jeglichen Grund, die fortwährenden Eifersuchtsdramen von Pierre all das war ihm einfach zuviel geworden, er konnte es nicht mehr ertragen. Und in wie weit sich Pierre in den letzten drei Jahren verändert hatte, konnte er nicht beurteilen. Und die Kurzbesuche, mit denen Pierre ihn ab und zu überfiel, brachten über die Lage auch keinen rechten Aufschluss.

Bisher hatte er es vermieden, mehr als einen geschäftlichen Kontakt zu halten. Nun lag Pierre neben ihm auf der Decke und sein Atem war tief und gleichmäßig. Im Mondschein der durch das Fenster drang, schimmerte seine nackte Haut.

Tommy war von der Schönheit Pierres immer wieder aufs neue angetan. Seine Männlichkeit hatte sich merklich ausgeweitet, seine Gesichtszüge waren kantiger, doch irgendwie weicher geworden, die Muskeln viel ausgeprägter und vom Rest war Tommy sowieso fasziniert.

Lächelnd erinnerte er sich an die heißen Nächte mit ihm zurück, aber er mußte sich zwingen nicht weiter darüber nach zu denken, da ihn diese Gedankengänge nicht kalt liehen. Er wusste nicht was er machen sollte.

Seine Liebe gestehen und dann so weiter machen wie es geendet hat. Nein dazu hatte er keine Lust und auch nicht die Nerven. Der Wunschtraum eines gemeinsamen Lebens würde einer bleiben. Doch was, wenn sich Pierre wirklich geändert hat?

Er wirkte jetzt oftmals so viel erwachsener. Ohne es aus zu probieren, konnte er auch nicht wissen, ob es funktionierte. Hin und her gerissen kuschelte er sich unter die Bettdecke  und viel in einen tiefen unruhigen Schlaf.

„He Kleiner aufwachen.“

Tommy schlug die Augen auf und sah direkt in Pierres Augen. Sein Arm tat weh und er konnte die Ursache hierfür schnell sehen. Pierre schien wohl die ganze Nacht auf seinen Arm gelegen zu haben. Tommy richtete sich auf zog Pierre zu sich heran und gab ihm einen langen innigen Kuss.

„Hoppla, jetzt versteh ich gar nichts mehr Tommy.“

„Da gibt’s auch nichts zu verstehen“, und Tommy stand auf und verschwand im Bad.

Pierre saß immer noch auf dem Bett und wusste nicht, was er davon halten sollte. Das eben war so ein hingebungsvoller Kuss gewesen, er verstand die Welt nicht mehr. Er zog sich wortlos an und wartete bis Tommy fertig war.

Am Frühstückstisch trafen sie die beide Damen, die es sich bereits schmecken liehen.

„Na ihr beiden, gut geschlafen?“

Als Christin die Blicke von Tommy sah, bemerkte sie, das sie gerade in ein Fettnäpfchen getreten war, und vermied es noch weiter zu fragen.

„Ich hab geschlafen wie ein junger Gott“, hachzte Pierre.

„Und geschnarcht wie ein alter Bär“, hängte Tommy an.

Alle lachten und Christin vergaß wegen dem grimmigen Gesicht zu fragen. Wieder im Auto, machten sie sich auf den letzten Teil der Strecke Richtung Aberdeen. In Edinburgh aßen sie zu Mittag, als dann endlich das Wetter schöner wurde.

Die erste Sonne seit ein paar Tagen. Mittlerweile waren sie von der E15 runter und fuhren die Landstraße Richtung Aberdeen, und bei Montrose lasen sie das erstemal Ballater. Tommy bog links ab in die kleine Nebenstraße Richtung Ballater.

Die Aussicht war traumhaft schön. Rechts und Links erstrecken sich die Highlands – Natur pur, unberührt, wild und unbeschreiblich weit. Im Wagen war es inzwischen ruhig geworden. Jeder sah aus dem Fenster und lies das Gesehene auf sich ein wirken.

„Da noch 26 km, dann sind wir da,“ meinte Tommy.

Deutlich war Christins schwerer Atemzug zuhören. Margreth nahm die Hand der Tochter in die Ihrige und drückte sie fest. Sie schauten sich in die Augen und Christin erkannte, daß ihrer Mutter die Tränen kamen.

Nun standen sie an der Einfahrt des Anwesens. Das schmiedeeiserne Tor umrahmt von einem Steinbogen stand offen. Tommy legte den Gang ein und ließ den Wagen langsam anrollen. Sie durchfuhren eine lange Allee eingereiht von großen alten Buchen, die bereits anfingen ihr Herbstlaub zu tragen.

Auf beiden Seiten lagen riesige Rasenflächen mit einzelnen kleinen Teichen, hier und da verschiedene Bäume deren alter schon schwer zu schätzen waren. Nach ein paar Biegungen lichteten sich die Bäume und das alte Herrenhaus kam zum Vorschein.

„Nun wisst ihr, warum ich damals nach dem Notar so weiß im Gesicht war, das alles gehört nun mir……“, sagte Christin leise in die Stille des Wagens, wo lediglich das leise Surren des Diesels zuhören war.

„Mann o Mann, da brat´ mir doch einer nen Elch, so groß habe ich mir das nicht vorgestellt,“ meinte Pierre und drückte sich regelrecht die Nase an der Scheibe platt.

Tommy hielt den Wagen genau vor der großen alten Eichentür und stellte den Motor ab. Sofort öffnete sich die Tür und zwei Diener kamen zu Wagen und öffneten den Damen die Tür. Als Christin aus dem Rover stieg, kam eine alte weißhaarige Frau herbei gelaufen.

„Madge, bist du es wirklich, arbeitest du noch immer hier,“ rief Margreth von der anderen Seite des Autos, nachdem auch sie ausgestiegen war.

„Oh Lady Ballater, sie sind es wirklich, ich dachte nicht, daß ich sie hier je wieder sehen würde.“

Beide Frauen fielen sich in die Arme und drückten sich herzlich.

„Madge, wir haben uns damals geeinigt, daß du Margreth zu mir sagst, und das soll auch so bleiben. Und darf ich dir vorstellen, daß ist die kleine Christin, mit der du stundenlang im Park gespielt hast.“

Christin stand steif da und bekam kein Wort heraus. Zu überwältigend war dieser erste Eindruck.

„Christin, ich muss zugeben ich habe dich oder muß ich schon „Sie“ sagen nicht erkannt“

„Sie dürfen ruhig Du sagen Madge“, stammelte Christin.

„Ich kann mich noch sehr genau erinnere nur ihr Haar das war damals noch schwarz.“

Auch Christin umarmte die alte Frau ebenfalls innig. Pierre und Tommy waren ebenfalls ausgestiegen. Pierre half den Diener das Gepäck auszuladen und Tommy koppelte den Hänger ab und schob ihn auf die Seite.

„Mister, sie können ihren Wagen von James in die Garage fahren lassen“, sagte Madge zu Tommy.

Margreth kam hinzu.

„Ach Madge darf ich dir unsere zwei jungen Männer vorstellen, das ist Thomas Cummingham ein Modefotograf aus London und Pierre Fromboise aus Frankreich, lebt aber auch in London und übt wie Christin den Beruf des Modells aus. Beides sind gute Freunde der Familie“, und Margreth zwinkerte lächelnd Tommy zu.

„Ich grüße die zwei Herren, obwohl ich zugeben muss, das ich sie Mister Fromboise schon kenne.“

„Mich kennen?“, antwortete Pierre verlegen.

„Ja auch wir in Schottland liegen nicht so abseits um irgendwelche Modejournale zu bekommen und in einigen davon habe ich sie schon gesehen“, erwiderte Madge.

Pierre nickte verlegen, denn er wusste nicht was er darauf antworten sollte.

„So Bob, führe die Herrschaften auf ihre Zimmer und bringe mit dem jungen Stallburschen dann das Gepäck nach oben.“

„Geht in Ordnung Miss Madge“, und Bob geleite die Vier zum Eingang.

Nach dem Eintreten blieben sie erneut stehen. Eine mächtige Eingangshalle tat sich vor ihnen auf. Tommy schaute mit dem Augen eines Fotografen und erkannte herrliche Motive für seinen Fotoauftrag. Gegenüber hing ein großes, altes Gemälde, daß sich bis zur Decke erstreckte, umrahmt von einem golden, kunstvoll verzierten Stuckrahmen der am oberen Rand mit einer Krone endete.

Darunter befand sich eine Kommode auf der eine goldene Uhr und zwei dazu passende Kerzenständer standen. An beiden Seiten des Bildes verliefen Treppen in das obere Stockwerk.

„Darf ich die Herrschaften hier herauf bitten?“, alle folgten Bob die linke Treppe rauf.

„Dass darf ja nicht war sein, daß ist ja noch mein altes Zimmer und nichts hat sich darin verändert,“ sagte Margreth als Bob die Tür zu ihrem Zimmer öffnete.

 

* *

 

An Tommys Tür klopfte es.

„Herein“, sagte Tommy.

Pierre kam ins Zimmer.

„Und ich dachte ich habe die Hochzeitssuite bekommen, aber wenn ich dein Zimmer sehe…“

„Neidisch?“, lachte Tommy.

„Naja, dafür habe ich einen herrlichen Ausblick auf den Park“, und lief zu den Fenstern und sah hinaus. Draußen lagen die Stallungen und dahinter ein großer See mit einer winzigen Insel. Darauf stand ein weißer Pavillon.

„Hätt ich mir ja denken können, daß du auch noch den schöneren Ausblick hast.“

„Wieso?“, fragte Tommy, kam zu Fenster und schaute hinunter.

„Ach du meinst wegen dem schnuckeligen Stallburschen der da unten gerade sein Hemd aus zieht.“

„Wo, lass mich auch sehen… man sieht der gut aus, sag ja, du hast die bessere Aussicht, ich hab nur nen alten Gärtner vorm Fenster.“

Tommy musste laut lachen.

„Vielleicht kannst du ja mit dem da unten anbandeln.“

Pierre verdreht die Augen und ging schnurr stracks aus dem Zimmer.

„He Pierre nicht beleidigt sein…“

„Und warum, du ziehst mich doch immer auf. Auch ich hab Gefühle falls du es vergisst.“

Abrupt war das Lächeln aus Tommys Gesicht verschwunden.

„Sorry Pierre, das wollt ich nicht, ich …“

Tommy senkte seinen Blick.

„Was ich, sag es mir.“

Pierre war mittlerweile wieder zu Tommy herangetreten.

„Ich liebe… ich kann es nicht lass mir noch einwenig Zeit, Pierre, bitte!“

„Nein Tommy du hast jetzt angefangen und nun beende es auch. Sag was du sagen wolltest, ich will es hören!“

„Was willst du hören, he, daß ich dich immer noch liebe und ich mich fast nach dir verzerre.“

Tommys Tonfall war mittlerweile sehr scharf geworden.

„Dass ich deswegen durch die Hölle marschiere und es mir nicht eingestehen will, daß ich ohne dich nicht sein kann.“

Tommy drehte sich weg und begann zu weinen. Die Tür ging auf und Christin kam herein.

„Was ist denn hier los, kann mir das jemand vielleicht erklären?“

„Nichts ist…“, sagte Tommy barsch.

Pierre schaute Christin und machte eine beruhigen Geste mit der Hand. Danach ging er zu Tommy und stellte sich hinter seinen Rücken und legte sanft seine Hand auf die Schulter, dabei verspürte er ein leichtes Zucken, daß Tommys Körper durchlief.

„He Tommy, warum bist du nicht früher damit heraus gerückt? Ich war doch immer für dich da.“

„Meinst du, mir ist das leicht gefallen, den Abstand zu dir zu halten in den vergangen Jahren. Ich konnte einfach damals nicht mehr, diese Streitereien, Dramen ich bin zu so was nicht geschaffen…“

Tommy hat sich umgedreht und Pierre und Christin konnte sein Gesicht sehen. Dicke Tränen rannen über sein Gesicht, sein ganzer Körper bebte vor Aufregung. Christin trat heran und nahm seine Hand.

„Und deswegen hast du dich das letzte ganze Jahr so in Arbeit gestürzt um das nicht zeigen zu müssen?“, fragte sie mit leiser Stimme.

„Was hättest du an meiner Stelle getan, den einzigsten Kerl den du liebst – den ganzen Tag Streit. Ja ich liebe Pierre mehr als mein Leben, aber ich bin nicht bereit das fort zuführen, womit wir damals aufgehört haben.“

„Halt ganz langsam Tommy.“

Pierre nahm Tommys Gesicht zwischen die Hände und wischte die Tränen weg.

„Zum ersten damals war damals ich war einundzwanzig und hatte viel Flausen im Kopf.“

„Und jetzt…?“

„Tommy lass mich ausreden. Es war alles neu für mich, der Job und du und alles was außen herum alles stürmte auf mich ein wie eine Bombe. Kannst du dir vielleicht vorstellen, daß mich das vielleicht überforderte?“

Pierre sah Tommy eindringlich in die Augen.

„Und zweitens Tommy, vielleicht hast du es ja auch schon selber gemerkt, ich bin älter geworden und bin lang genug dabei jetzt um einiges aus zuhalten. Und vor allem, ich liebe dich auch Thomas, ich habe dich nie aufgegeben. Meine Männergeschichten sind alles nur Erfindungen von anderen, denn ich war dir die letzten drei Jahre wirklich treu und das sollte dir Liebesbeweis genug sein.“

Tommy erschütterte ein weiterer Weinkrampf und Pierre nahm ihn in den Arm.

„Ja, lass es raus. Lass alles raus was sich angestaut hat.“

Christin verließ leise das Zimmer, denn sie wollte die beiden nicht mehr stören. Fünf Minuten später klopfte es an ihrer Tür. Sie ging hin, öffnete und Pierre stand vor ihr.

„Kann ich ein wenig zu dir rein kommen?“

„Aber natürlich, setz dich doch.“

„Danke, ich hab Tommy ins Bett gesteckt und er ist eben vor Müdigkeit eingeschlafen.“

„In den Schlaf geweint…, ich hab auch nicht daran gedacht das die Fahrt vielleicht zu anstrengend für ihn wäre und wenn ich bedenke, daß er das alles schon lange mit sich herum trägt.“

„Ist jetzt egal Christin, jetzt ist alles raus und ich lasse ihm genügend Zeit sich an die neue Situation zu gewöhnen. Mehr möchte ich nicht tun, nicht daß er das Gefühl bekommt, daß ich ihn zu was drängen möchte.“

„Du liebst ihn ebenfalls immer noch.“

„Natürlich liebe ich Tommy, ich habe nie damit aufgehört.“

„Ist schon gut Pierre, aber geh nun zurück, damit du da bist wenn er auf wacht.“

 

* *

 

Tommy lag in diesem großen französischen Bett und schlief fest. Das alles war jetzt wirklich zu viel für ihn gewesen, das war sein erster Schuss vor den Bug. Dieser kleine Anfall von Schwäche war ihm Zeichen genug, daß er nicht so weiter gehen würde.

Total erschöpft ist er mit diesem Gedanken eingeschlafen. Er spürte mollige Wärme um sich herum, und als er langsam zu sich kam, merkte er das sein Gesicht aufs Pierres Brust befand, und dessen Arm eng um ihn geschlungen war.

„Na mein großer, bist du endlich wieder da?“

Pierre strich ihm zärtlich über das Gesicht und wurde mit einem Lächeln auf Tommys Mund belohnt.

„So Tommy und nun höre genau zu. Bitte sag mir sofort wenn ich dich nerve, beleidige, bedränge oder was auch immer, nur sprich mit mir. Bitte sag mir alles was dich bedrückt. Lass mich an deinen Gefühlen und Gedanken teilhaben und schließ mich nicht aus, denn nur so haben wir zwei eine Zukunft, denke ich.“

Tommy richtete sein Kopf einwenig auf und schaute Pierre direkt in die Augen.

„Du machst dir im Ernst Gedanken über eine gemeinsame Zukunft?“

„Natürlich Tommy, ich liebe dich, ich will mein Leben mit dir verbringen. Meine Geheimnisse mit dir teilen, einfach alles teilen was es gibt in einer Partnerschaft. Auch wenn wir uns durch unsere Jobs des öfteren nicht sehen werden, ja ich will mit dir zusammen sein.“

Tommy musste schlucken und wieder merkte er das Nass in seinen Augen.

„Und vor allem ich will dich zu nichts drängen, worüber du dir selber nicht im klaren bist. Du bist du, etwas besonderes ja etwas ganz besonderes, und ich will an deinem Leben teilhaben, bei dir sein, egal wie deine Verfassung ist. Ich will einfach immer für dich da sein.“

Tommy legte sein Kopf wieder nieder und begann leise zu reden.“

„Dass ist das, was ich mir immer gewünscht habe… jemand der für mich da ist und für den ich da sein kann. Ich liebe dich Pierre.“

Tommy drehte sich und gab Pierre ein Kuss, worauf dieser ihn noch fester in den Arm nahm.

„So und jetzt gehst du duschen, ziehst dir was anderes an und kommst runter zu Dinner, die anderen warten schon auf uns.“

 

* *

 

Tommy lief die Treppe herunter und schaute sich die Gemälde an den Wände dabei an. Schon hörte er das Gelächter aus einer der unteren Räumen. Er öffnete langsam die Tür und trat ein. Christin und Pierre standen da und schauten ihn an. Margreth nahm ein weiteres Champagnerglas und gab es Tommy.

„Ich finde wir sollten das jetzt ein wenig feiern“, und stieß mit den dreien an.

„Grund genug haben wir ja“, meinte Pierre, legte seinen Arm um Tommy, der das mit einen zarten Lächeln auf seinen Lippen erwiderte.

„Also Kinder mir wer recht, wenn ihr beiden du und Margreth zu mir sagen würdet, denn ich habe irgendwie das Gefühl, daß ich zwei Söhne dazu bekommen habe.“

Tommy und Pierre bedankten sich herzlich bei ihr.

Das Essen wurde aufgetragen und sie begaben sich zu Tisch. Während des Essens versuchte Tommy ihnen zu erklären, was für Fotomotive er sich vorgestellt hat. Die Damen waren sehr davon begeistert, als er ihnen erzählte, daß er wunderschöne Abendkleider dabei hätte.

Nach dem Essen zogen sich die Vier in die Bibliothek zurück.

„Ach Tommy ich hab inzwischen die Pergamentrollen gefunden, sie waren ihm Familiensafe und die, die du mir gegeben hast passt genau dazu. Ich habe sie schon ein wenig übersetzt“, sagte Christin.

„Und über was handelt das Rätsel nun?“, wollte Pierre wissen.

„Das weiß ich selbst nicht so richtig, ich muß erst mal schlau aus diesen Reimversen werden…..“

Christin vertiefte sich wieder in die alten Schriftstücke.

„Da denkst du man hat ein interessantes Leben als Modell, reist um die ganze Welt und dann nach einer Erbschaft kommen solche Sachen wie Familienschatz und andere Dinge heraus,“ warf Tommy kopfschüttelnd ein und ging zur Bar und schenkte sich einen Scotch ein.

„Gibst du mir auch einen, ich könnte jetzt auch was vertragen“, sagte Christins Mutter, die es sich im großen Ohrensessel bequem gemacht hatte.

Pierre legte noch ein paar Holzstücke in den offenen Kamin und außerdem Prasseln und Knistern des Feuers, war im Augenblick im Zimmer nichts zu hören. Jeder für sich selbst, machte sich seine Gedanken über das was alles vorgefallen war.

Christin vertieft in ihre Papiere, Tommy stand am Fenster und lies seinen Blick nach draußen wandern und Pierre, angelehnt am Kaminsims, schaute den Flammen zu wie sie offensichtlich auf dem Holz wild umher tanzten.

„Lasst uns ins Bett gehen Kinder, es ist spät geworden“, sprach Christins Mutter und erhob sich schwerfällig aus ihrem Sessel und ging auf die Tür zu.

„Mutter du hast recht, wir sind alle recht müde und morgen können wir uns frisch gestärkt an die Tat machen.“

Christin gab Tommy und Pierre einen gute Nachtkuss auf die Wange und verließ ebenso das Zimmer.

„So jetzt sind nur noch wir beide übrig“, sagte Pierre schelmisch zu Tommy.

„Na und, ich wird mich jedenfalls auch in die Kiste schmeißen, weil ich morgen wieder fit sein muß, die Landschaftsaufnahmen müssen noch in den Kasten und dazu brauche ich offene und klare Augen“, sagte Tommy und trabte davon.

Im Rausgehen drehte er sich noch einmal um.

„Aber mein Zimmer werde ich nicht verschließen, nie wieder“, und schloß dann die Tür hinter sich.

Pierre dagegen, nun ganz alleine im Zimmer, setzte sich in einen der großen Sessel direkt vor den Kamin und starrte ins Feuer.

„Er hat sich endlich entschieden“, stammelt Pierre vor sich hin und nippte noch einmal an seinem Glas, bevor auch er aufstand, das Licht löschte, und sich auf den Weg zu Tommys Zimmer machte.

 

* *

 

Tommy war früh aufgestanden und obwohl er sich nach dieser herrlichen Nacht nur schwer von Pierre trennen konnte, es ging eben nicht anderst.. Er lag immer noch tief schlafend auf Tommys Bett, sehr verführerisch nur halb mit dem Laken bedeckt.

Nach den sich Tommy angezogen hatte, kniete er zu Pierre und gab ihm einen kleinen Kuss auf die Stirn, worauf dieser die Augen öffnete.

„Müssen wir schon aufstehen, ich bin noch so müde“, murmelte er.

„Nein mein Kleiner, bleibe ruhig noch liegen. Ich dagegen bin dann für eine Weile an der frischen Luft. Also bis später, wir sehen uns dann.“

Aber das hörte Pierre schon nicht mehr, er war wieder in die tiefe Welt des Schlafes versunken.

Mit der Spiegelreflexkamera und verschiedenen Objektiven machte sich Tommy auf den Weg. Er lief quer durch den Park, um danach die ersten kleinen Anhöhen zu erklimmen, die sich hinter dem Anwesen befanden.

Am dritten Hügel blieb er stehen, und ließ den Blick über die Landschaft schweifen. Weite, grüne Wiesen taten sich vor ihm auf, an deren Halmen man sehen konnte wie der Wind mit ihnen spielte. Kleine winzige Farbtupfen deuteten darauf hin, daß es noch ein paar Blumen gab, die ihre kräftigen Farben der schwachen Herbstsonne entgegen strecken.

Vereinzelt standen auch Büsche, meist bei kleinen Felsengruppen, aber Bäume waren hier keine zusehen. Es war wie eine andere Welt, wenn man aus dem Park heraus trat und auf diese offen Fläche kam. An einem größeren Steinhügel blieb er stehen.

Hier schien früher eine Mauer gestanden zu haben, und mehrere große Steine lagen darin verstreut, überwuchert von wild rankenden Pflanzen, die Tommy noch nie gesehen hat.

„Da liegen die alten Ballaters begraben, daß war der Familienfriedhof.“

Tommy für erschrocken herum und der alte Gärtner aus dem Park stand hinter ihm.

„Entschuldigen sie junger Herr, ich wollte sie nicht erschrecken. Aber ich drehe immer eine Runde bevor ich im Park anfange zu arbeiten.“

„Ist nicht schlimm, ich rechnete eigentlich mit keinem hier draußen.“

Tommy streckte die Hand aus.

„Mein Name ist Thomas Cummingham.“

„Ich heiße Emilio.“

„Klingt nicht wie ein Name von hier.“

„Ja meine Mutter war Italienerin, daher der Name.“

„Und warum ist das alles hier so verwildert?“

„Weil ich das Verbot hatte, mich darum zu kümmern, weil der Earl böse war auf seine Urahnen, wegen diesen lächerlichen Familienschatzes.“

„Lächerlich?“

„Ja lächerlich oder glauben sie junger Herr, das es diesen Schatz wirklich gibt?“

Tommy wollte dem alten Mann von den Papieren nichts sagen, vielleicht auch aus guten Grund, man weiß ja nie bei Fremden.

„Habe da mir noch keine Meinung drüber gebildet, ich werde jetzt weiter gehen um noch ein paar Schnappschüsse zu schießen. Vielen Dank für die Geschichte Emilio.“

Der Gärtner nickte ihm zu und machte sich auf den Rückweg. Tommy sah ihm lange nach, bevor er sich selber weiter bewegte. Komischer Kauz, dachte sich Tommy und suchte weiter nach passenden Motiven.

 

* *

 

Nach einer Weile hörte er ein Rauschen und folgte diesem Geräusch. Nach ein paar großen Büschen tat sich ein kleiner See auf. Das Rauschen kam von einem Wasserfall, der sich an der Stirnseite des Sees befand. Er nahm seine Kamera und schaute durch, ob es ein gutes Motiv wäre.

Tommy traute seinen Augen nicht, da stand der Stallbursche splitterfaser nackt und den Fall und genoss anscheinend die tosenden Wassermassen. Ganz selbst verständlich drückte Tommy auf den Auslöser seiner Kamera und fotografierte diesen Jüngling.

Seine dunklen lockigen Haar hingen lang über seine Schulter und verdeckten ein wenig den breiten braungebrannten Rücken. Man könnte fast meinen, diesen Körper hatte Michelangelo geschaffen. So eben und perfekt in der Linie wie es Tommy selten gesehen hatte.

Da drehte sich der Jüngling um, und Tommy mußte nach Luft schnappen. Was er da vor die Linse bekam war nicht von schlechten Eltern, erste Sahne. Ihm fiel Pierre, ein ob er ihm die Bilder überhaupt zeigen sollte.

Doch er wollte ehrlich bleiben, wenn er die Negative entwickelt hatte, würde er ihm sie zeigen. Nach dieser Liebeserklärung gestern würde sie eh zwischen ihnen einiges ändern, daß hatte Tommy sich fest vorgenommen.

„Hallo junger Herr, wollen sie nicht zu mir kommen, daß Wasser ist herrlich.“

Tommy ließ vor Schreck fast die Kamera fallen, Mist er hatte ihn entdeckt. Etwas unbeholfen rief er zurück.

„Nein ich glaube nicht, das Wasser ist mir zu kalt.“

„Ach kommen sie, ich stehe hier jeden Morgen.“

„Vielleicht ein andermal“, und Tommy machte sich schleunigst aus dem Staub.

Schnell war er den Weg zurück gelaufen den er gekommen war, aber der Stahlbursche haftete ihm immer noch im Kopf.

 

* *

 

„Da bist du ja endlich“, sagte Pierre und begrüßte Tommy mit einem flüchtigen Kuss.

„Was mehr ist nicht drin nach heut nacht?“, meinte lächelnd Tommy.

„Du kannst ruhig mehr haben wenn du willst“, und Pierre drückte ihn aufs Bett und küsste ihn nach allen Regeln der Kunst.

„Du Pierre kannst du mir nachher helfen“, sagte Tommy noch einwenig außer Puste.

„Bei was denn?“

„Beim entwickeln der Bilder, die ich vorhin geschossen habe. Mir ist da was vor die Linse gekommen, daß solltest du dir vielleicht anschauen.“

„Machen wir, aber erst nach dem Frühstück Christin und Margreth warten sicher schon, obwohl du jetzt meine Neugierde geweckt hast.“

Beide beeilten sich in den grünen Salon zu kommen, wo die Mahlzeiten eingenommen wurden. Warum man ausgerechnet ihm diesen Namen gab verstand Tommy nicht. Lediglich eine Schmuckdose, die auf dem Kaminsims stand, enthielt diese Farbe, sonst war rein gar nichts in grün gehalten, so sehr Tommy sich auch bemühte er fand nichts in diesem Farbton in diesem Zimmer.

Er entschloss sich später Madge zu fragen.

„Da seid ihr ja endlich, wir wollten grad ohne euch anfangen“, sagte Christin.

Tommy ging zu den Damen und begrüßte beide mit einem Handkuss.

„Man wie vornehm da wird ich doch glatt rot“, und Christin begann laut zu lachen an.

„Reich mir doch bitte den Bacon rüber“, sagte Pierre, der seinen Teller schon recht voll geladen hatte.

Tommy schaute erstaunt.

„Ist das nicht ein bisschen viel, ich will ja nicht…“

„Immer wenn ich… Sport getrieben habe, muss ich meinen Hunger stillen.“

„Welchen Sport?“, fragte Margreth.

Tommy und Pierre schauten sich verliebt an und fingen an zu grinsen.

„Mutter es gibt Dinge, die sollten an Tisch unausgesprochen bleiben“, kam es von Christin.

Und nun fingen alle Vier laut an zu lachen.

„Es freut mich, die Herrschaften so vergnügt zu sehen.“

Madge war mit einer Kanne Kaffee lautlos herein getreten.

„Darf ich noch jemand nach schenken?“, fragte sie leise.

„Ja, mir bitte Madge“, sagte Tommy und hob ihr die Tasse hin.

„Darf ich sie etwas fragen Madge?“, begann Tommy.

„Ja natürlich Mister Cummingham.“

„Warum wird dieses Zimmer grüner Salon genannt?“

„Nicht wegen den Möbeln wie ihnen sicherlich schon aufgefallen ist. Draußen vor dem Fenster befindet sich ein Seerosenbecken und das ist in einem kräftigen Grün gestrichen. Und immer wenn im Sommer und Herbst die Sonne drauf scheint, dann spiegelt sich das Wasser hier in diesem Zimmer und lässt es grün erscheinen.“

„Eine einfache Erklärung, auf die natürlich niemand kommt, wenn man es noch nicht gesehen hat,“ meinte Tommy und stellte endlich wieder seine Tasse hin die er die ganze Zeit gehalten hatte.

 

* *

 

Nach dem Frühstück erkundigte Tommy sich wo er seine Bilder entwickeln könnte. Bob führte ihn in das Kellergewölbe und wies im ein Zimmer ohne Fenster. Das ist genau das richtige für mich, dachte sich Tommy. Tommy ging zu seinem Anhänger und trug die benötigten Dinge zum entwickeln in den Keller.

„Kann ich ihnen helfen Sir?“

Tommy drehte sich erschrocken um, vor ihm stand der Stallbursche.

„Möchte ja schließlich sehen was, für tolle Bilder sie geschossen haben.“

Tommy wurde rot im Gesicht.

„Ich heiße übrigens Marc.“

Tommy immer noch total sprachlos, drückte ihm die Flaschen mit dem Entwickler in die Hand.

„Danke sehr nett, kann jede Hilfe gebrauchen“, stammelt Tommy der langsam seine Fassung wieder fand. Marc war wirklich eine Augenweite. Schwarze Haare und eine Topfigur und die niedlichsten brauen Augen die es gab, wie Tommy fand.

„Wo soll das Zeug denn hin?“

„In den Keller.“

„Okay, ich folge ihnen.“

Als alles im Keller war, begann Tommy die Geräte aufzubauen. Marc stand neben ihm und schaute interessiert zu.

„Ach Tommy da bis…oh du hast Besuch?“

Pierre war herein gekommen.

„Ähm.. das ist Marc der … Stallbursche“, stammelte Tommy.

„Das sehe ich, dann bin ich mal gespannt was für Bilder du geschossen hast.“

Tommy war froh das der Raum schon abgedunkelt war, sonst hätte jeder seinen hochroten Kopf gesehen.

Als das erste Bild mit Marc zu Vorschein kam, war dieser ganz entzückte.

„Hast du dir mal Gedanken gemacht, wie es mit einer Modellkarriere wäre, Marc?“, fragte Pierre.

Marc sah Pierre entgeistert an.

„Ich, nein bestimmt nicht. Die sehen doch alle viel besser aus, in den Hochglanzmagazinen“, sprach Marc.

„Doch ich meine es ernst. Du siehst wirklich gut aus, du könntest einigen Konkurrenz machen.“

„Und wie soll ich das anstellen? Hier in dieser Einöde wo soll ich da Fotos von mir her kriegen?“

„Naja, da wären ja schon einmal ein Paar. Sehr interessante sogar, wie ich finde“, meinte Pierre mit einem Lächeln.

Pierre nahm das Bild in die Hand, dass Marc von vorne zeigte.

„Und außerdem hast du hier den besten Modefotografen aus England hier stehen.“

Tommy drehte sich um.

„Pierre mach mal halb lang, übertreibst du nicht ein bisschen?“

„Sie sind Modefotograf?“, fragte Marc mit leuchtenden Augen.

„Ja bin ich und wenn du willst kann ich dir ja ein paar Adressen geben, an die du dich wenden kannst, falls du wirklich Interesse an einem Fotoshooting hast.“

„Der Meister hat gesprochen, Mensch Tommy mit einem Empfehlungsschreiben von dir wäre er doch echt besser dran“, sagte Pierre.

„Du hast ja Recht Pierre. Auch ich finde, daß unser Freund hier eine tolle Ausstrahlung, mal sehen was ich tun kann.“

„Marc hat doch ungefähr meine Größe, meinst du nicht das ihm einige meiner Anzüge passen, die du für mich mitgenommen hast.“

„Du hast recht, dann könnte passen.“

Marc stand nichts sagend neben den beiden und trauten seinen Ohren nicht.

„Also Marc, wenn du Zeit hast komm nach dem Mittagessen hinter das Haus, da machen wir die ersten Bilder“, sagte Tommy und verließ das Zimmer.

„Meint der das ehrlich, Mister?“, fragte Marc Pierre.

„Ja, meint er, Tommy spaßt mit so was nie. Ach übrigens ich heiße Pierre, und kannst ruhig du sagen bin ja ungefähr in deinem Alter.“

„Dass steht mir als Bediensteter eigentlich nicht zu“, kam es von Marc.

„Hab dich nicht so, Madge wird dir nicht gleich den Kopf herunter machen.“

„Danke Pierre, sehr nett von dir, wie kann ich das je wieder gutmachen…“

Ich wüsste schon was, dachte Pierre und setzte sein freches Lächeln auf.

 

* *

 

Tommy war oben in seinem Zimmer, um die Dresses für den Mittag heraus zulegen. Da das Wetter heute noch zu heben schien, entschloss er sich, die Kollektion im Landhausstil zu nehmen. Für die Herren hatte er attraktive Zopfpullover in verschiedenen Formen und Farben und passend dazu verschiedene Cord und Lederhosen.

In schlichten Braun und Grüntönen waren Hosen oder Röcke, Jacken und Blusen farblich abgestimmt für die zwei Damen dabei. Dieser Landhausstil war in diesem Herbst wohl wieder der absolute Renner, dachte Tommy.

Er hatte sich natürlich auch die Kollektionen anderer Häuser angeschaut und der Trend schien auf diese urgemütlichen Klamotten hinaus zulaufen. Er ließ, durch einen der Diener nach Pierre und Marc schicken, weil er vor dem Essen noch eine kurze Kleiderprobe für angebracht hielt.

Ungefähr wusste er zwar schon, wem er was anziehen wollte, aber die reale Kontrolle war ihm doch am liebsten.

Es klopfte an der Tür und Marc trat herein.

„Sie haben nach mir rufen lassen Sir.“

„Als erstes, ja hab ich, und als zweites mein Name is Tommy und lass bitte das Sir weg, das stört mich kolossal, hört sich irgendwie so altbacken an.“

„Geht in Ordnung S.. Tommy.“

„Da komm ich wohl genau richtig“, Pierre war ein getreten.

„Zu was richtig?“, sagte Tommy und sah ihm direkt in die Augen.

„Ähm…..ja, ich….“

„Lass mal Pierre, is ja egal. Würdest du die Sachen anprobieren die ich da auf der Kommode für dich bereit gelegt habe? Und Marc tu mir den Gefallen und zieh endlich die Stallklamotten aus, mein Zimmer riecht jetzt schon nach Stall. Ach ja, bei der Gelegenheit kannst du ja auch gleich duschen, denn nach der Anprobe wirst du mit uns zu Mittag essen.“

Mark wurde rot.

„Und was soll ich dann anziehen?“

„Die Sachen, die ich für dich herausgesucht habe, sind für die Fotos sie liegen alle auf dem Bett, müssten dir von der Größe her alle passen“, sagte Tommy.

„Das ist schon klar, aber was soll ich zum Lunch anziehen?“, fragte Marc.

Da fiel Pierre ins Gespräch ein.

„Da wir ja die gleiche Größe haben kannst du was von mir haben, meine Koffer sind mal wieder viel zu voll, ich geh rüber, suche etwas aus und bringe es dann.“

„Okay, dann kann ich ja beruhigt duschen gehen.“

Tommy wies ihm die Tür des Bades und folgte ihm.

„Kannst alles benutzen was da steht, und da in dem kleinen Koffer sind jede Menge verschiedener Proben die ich von Kosmetikfirmen geschenkt bekommen habe.“

„Ich muss ihnen noch mal danken Sir.“

„Marc, das heißt Tommy und du, verstanden und jetzt geh duschen, ich hab noch ein bisschen zu tun.“

Als er das Bad verließ, kam gerade Pierre herein, mit ein paar Klamotten über Arm und schwarzen Schuhen in der Hand.

„Was meinst du, würde ihm das stehen, Tommy?“, fragte er.

„Dem würde ein Kartoffelsack stehen, so gut wie er aussieht, hast doch die Bilder gesehen, oder?“, kam die Gegenfrage von Tommy.

„Apropos Bilder könnte ich das eine haben,“ sagte Pierre und fing an zu lachen.

„Du kleiner Mistkerl, für was brauchst du das Bild, du hast ja jetzt mich“, meinte Tommy gespielt empört

„Hab ich das?“, das Lachen war von Pierres Gesicht verschwunden.

Ernste falten legten sich auf seine Stirn.

„Ich will dich zu nichts drängen Tommy, das weißt du.“

„Das machst du nicht Pierre, wirklich nicht, aber ich brauche ein wenig Zeit um mich an diese neue Situation zu gewöhnen.“

„Heißt das…?“

„Ja, ich will mit dir zusammen leben, ich wünsch mir das jetzt schon solange. Ich muß auch zugeben, das ich mir ab und zu in London größere Wohnungen angeschaut habe oder über einen Umbau meiner Wohnung nach gedacht habe, daß sie für zwei Personen reicht. Uns zwei!“

„Oh Tommy, du machst mich zum glücklichsten Menschen der Welt!“, meinte Pierre, lief zu Tommy und nahm ihn in den Arm um ihn fest zudrücken.

„Ich will ja bei eurer Zweisamkeit nicht stören, aber ich fange allmählich an zu frieren, kann mir jemand was zum an ziehen geben?“

Marc stand nur mit einem Handtuch um die Hüften umwickelt in der Badetür. Er hatte was von einem griechischen Gott. Seine Muskulatur war sehr ausgeprägt und Pierre mußte kräftig schlucken.

„Dich hab ja ganz vergessen.“

Tommy ging zum Bett, nahm ein paar Kleidungsstücke und reichte diese Marc.

„So probier mal an, will sehen wie dich das kleidet.“

Marc nahm das Handtuch ab, und griff nach dem von Pierre mitgebrachten Slip.

Tommy traute seinen Augen nicht, Marc stand total nackt neben ihm und Tommy mußte sich eingestehen, daß Marc sich nicht verstecken brauchte. Auch Pierre blieb das nicht verborgen, der sich gerade, wegen der Anprobe auch aller Kleidungsstücke entledigt hatte.

Marc bemerkte, daß er von den beiden anderen so antaxiert wurde.

„Sorry, dass ihr euch vorhin so innig in den Armen gelegen habt und nun Pierres geilen Body sehe, kann ich nicht einfach wegstecken, das erregt mich auch,“ sagte Marc und sein Gesicht färbte sich in ein tiefes Rot.

„Mensch Marc, daß macht doch nichts, wir sind doch unter uns, wir werden schon nicht über dich herfallen“, sagte Pierre um die Spannung im Raum zu lösen.

„Schade“, stammelt Marc leise.

Pierre schaute auf.

„Hört, hört jetzt wird’s interessant,“ und schaute dabei Tommy an.

„Was soll das heißen? Schade? Na?“, fragte Tommy und ging auf Marc zu.

„Muss ehrlich zugeben das ich noch nie….. mit einem anderen Mann geschlafen hab, daß mir jetzt richtig peinlich ist.“

Tommy hob sein Kopf hoch, so daß er ihm in die Augen schauen konnte.

„Und was soll daran schlimm sein?“

Tommy schaute fragend Pierre an, der gleich verstand was Tommy fragend wollte, und nickte zustimmend. Tommy nahm Marc in den Arm und gab ihm einen langen sinnlichen Kuss auf den Mund. Pierre näherte sich von hinten und streichelte Marcs Rücken.

 

* *

 

„Wo die Jungs heut wieder bleiben, ich hab so ein Hunger“, Christin nippte an ihrem Wein.

„Sei doch nicht so ungeduldig Christin, sie werden sich gleich kommen, aber sag mal warum liegt da ein fünftes Gedeck?“ frage Christins Mutter.

„Ich weiß es nicht, hab mir darüber noch gar keine Gedanken gemacht. Aha, da scheinen sie zu kommen ich höre Gelächter und Stimmen, die Treppe herunterkommen“, sagte Christin.

Die Tür ging auf und Tommy und Pierre kamen mit dem Stallburschen herein gelaufen.

„Christin und Margreth darf ich euch vorstellen, das ist Marc ein Neuzugang, er wird uns heute Mittag kräftig bei der Fotosaison unterstützen“, sagte Pierre und setzte sich zu Christin.

„Und wer übernimmt jetzt eigentlich deine Tätigkeiten im Stall?“, wollte Christin wissen.

„Oh, das ist kein Problem ich hätte sowieso ab morgen für zwei Wochen frei gehabt“, kam es von Marc.

„Da haben wir ja Glück gehabt, das wir dich noch vorher entdeckt haben“, lächelte Pierre.

Pierre schaute Tommy an.

„Wir? Den Mark hab ja wohl ich entdeckt, das hier mal klarstellt“, kam es von Pierre.

„Entschuldigung Pierre, du hast ihn natürlich entdeckt“, sagte Tommy und mußte schmunzeln.

Tommy erklärte den Vieren, wie er sich den Ablauf des Mittags vorstellt. Er wurde, von dem Essen das herein getragen wurde, unterbrochen.

„Also liebe Madge, wenn das genauso wieder gut schmeckt wie es duftet, werde ich hier bestimmt noch ein paar Pfund zunehmen“, meinte Christin.

Auf Madge´s Gesicht zeichnete sich ein Lächeln.

„Du brauchst ja nicht so viel essen, Christin“, meinte Pierre und legte sein freches Grinsen auf.

„Jetzt hör aber auf, ich esse doch hier nicht viel, im Gegensatz von dir, du ist ja mittlerweile für zwei.“

„Es schmeckt ja auch hervorragend, und außerdem sind Modells mit ausgeprägter Figur immer mehr gefragt, als irgend so ein Hungerknochen, von denen es genug gibt.“

Tommy sah ihn an.

„Ja aber auch keine Modell mit dicken Bäuchen.“

Alle fingen herzhaft an zu lachen und begannen zu essen. Nur Pierre schaute sehr böse zu Tommy, der wiederum einen Kuss zu ihm schickte, dass Pierre das Böse sein schwer fiel. Tommy wandte sich zu Christin.

„Was mir grad einfällt, wie weit bist du eigentlich mit der Übersetzung der alten Papiere voran gekommen?“, fragte Tommy.

„Ach hör auf, entweder habe ich schon zulange kein Latein mehr gehabt, oder der Verfasser konnte es nicht und hat gravierende Fehler rein geschmuggelt. Ich bin fast fertig, aber irgendwie hab ich das Gefühl es fehlt etwas, oder passt nicht zusammen, weil es überhaupt keinen Sinn macht. Vor dem Tee heute Mittag werde ich es fertig übersetzen, und wir können uns ja dann darüber unterhalten“, antworte Christin.

„Okay mach das, und ich mach mich jetzt auf und befördere meine Kamera und andere Dinge nach draußen, das wir nachher gleich anfangen können“, sagte Tommy und erhob sich.

„Ich helfe dir gleich“, sagte Pierre, der schmatzend seinen Yorkshirepudding auslöffelte.

 

* *

 

Tommy hatte sich eine schöne Stelle im Park ausgesucht. Eine kleine Gruppe von alten Buchen standen hinter einem großen Findling, der sich majestätisch gegen den Himmel streckte. Er begann mit Marcs Einzelaufnahmen.

Marc mußte sich auf den Stein legen und verträumt in verschiedenen Posen in den Himmel schauen. Marc fand es interessant, dagegen er das häufige umziehen der Kleidung als anstrengend empfand. Die zwei Damen ließ er auf einem Kiesweg laufen, Margreth trug ein Korb mit wunderschönen herbstlichen Blumen bei sich, die farblich auf ihre Kleidung abgestimmt war.

Dann ließ er Pierre und Marc, angelehnt  an einer Eiche eine Unterhaltung führen, und fotografiere sie aus verschiedenen Perspektiven. Von allen Vieren folgten dann im Anschluss einige Aufnahmen, wie sie sich gegenseitig über einen kleinen Bachlauf halfen, der sich durch das ganze Anwesen zog.

Dabei rutsche Pierre aus und stand mit einem Fuß im Wasser. Sofort brachen alle in Gelächter aus, nur Pierre fing wie wild an zu fluchen.

„Aber Mister Fromboise, wo bleibt ihr Anstand, hier sind Damen zugegen“, sagte Tommy und bog sich vor lachen.

Als sie sich alle ein wenig beruhigt hatten, schlug Tommy vor für heute Schluss zumachen, sieben Filme seien verknippst und das Licht sei ja jetzt auch nicht mehr so optimal. Alle waren einverstanden und halfen die Sachen einzusammeln, um sie wieder ins Haus zutragen.

Margreth lief zu Tommy.

„Also Tommy ich muß schon sagen, soviel Spass wie heute hatte ich schon lange nicht mehr. So langsam verstehe ich meine Tochter, warum sie diesen Beruf ausübt.“

„Wenn du glaubst Mutter, das es immer so einfach abläuft, hast du dich getäuscht. Heute war halt alles ideal, und Tommy hat uns ja auch prima eingewiesen, daß ist nicht immer so.“

„Stimmt Margreth, ich muß deiner Tochter recht geben, oftmals verschwindet die Sonne, oder ein Modell folgt nicht den Anweisungen, weil es denkt es besser zu wissen, oder die Farben der Kleidung harmoniert einfach nicht mit der Umgebung. Manchmal sind es winzige Details, die eine ganze Fotoserie zu nickte machen, weil es beim fotografieren nicht aufgefallen ist“, sagte Tommy.

„Aber trotzdem war es schön, wie gesagt es war ein schöner Mittag. Treffen wir uns nachher alle zum Tee?“, fragte Margreth.

Alle bejahten die Frage und gingen in ihre Zimmer. Tommy begab sich gleich in den Keller, um schon mit dem Entwickeln an zu fangen. Er war zu neugierig wie die Fotografien geworden sind. Marc war mit Pierre gegangen, um sich Ratschläge über Kleidungen ein zu holen, damit er wusste, wonach er bei dem nächsten Shoppen Ausschau halten sollte.

Christin machte sich gleich an die alten Pergamente und fasste alles was sie übersetzt hat auf einem Blatt zusammen. Margreth dagegen lief zur Küche. Sie klopfte an der schweren Eichentür und trat ein.

 

* *

 

„Aber Margreth, warum klopfst du denn an?“, sagte Madge und stellte eine Kanne Tee auf den Tisch.

„Ich wollte dich nicht erschrecken“, erwiderte Margreth und setze sich an den Personaltisch.

Bob kam herein und holte das Geschirr für den Fünfuhrtee. Er versuchte es lautlos aus dem Schrank zu nehmen, was ihm aber deutlich misslang. Polternd flog ein Kuchenteller auf den Boden und zerbrach in viele Stücke.

„Mensch Bob, pass doch ein bisschen auf, bald haben wir kein Geschirr mehr, wenn du so weiter machst“, sagte Madge und bückte sich um die Scherben auf zu heben.

Bob, dem es sichtlich peinlich war, sagte kein Wort und versuchte so schnell wie möglich, die Scherben zu beseitigen.

„Ich habe eine Frage an dich Margreth“, und Madge setze sich zu ihr an den Tisch.

„Willst du nicht wieder hier einziehen? Es gehört ja jetzt deiner Tochter, und das Anwesen steht gut da. Der eingesetzte Verwalter erwirtschaftet genug Geld, daß sich Christin nicht drum sorgen müsste, das Anwesen zu verlieren.“

„Ich weiß nicht recht, natürlich ist mir der Gedanke schon durch Kopf gehen lassen, als mir Christin das erstemal von der Erbschaft erzählte. Aber ich weiß nicht ob ich mich daran gewöhnen könnte, wieder hier zu leben. Zu viele schmerzliche Erinnerung werden wieder wach, die Entbehrungen danach, der Neuanfang und auch der Tod meines Mannes Charles.“

„Es muss schlimm für dich gewesen sein, der Tod deines Mannes und dann noch die Kleine alleine groß zu ziehen.“

„Stimmt ich hatte niemand an den ich mich wenden konnte und von Stuart meinem lieben Schwager wollte ich keine Hilfe, dazu war mein Stolz einfach zu groß. Aber Christin hat mir viele schöne Stunden bereitet.“

„Du hast es aber geschafft, die Kleine ist eine so wunderschöne Frau geworden. Überlege es dir mit dem Umziehen, ich denke einfach auch daran, daß du zu Hause, oft alleine bist und hier hättest du immer Gesellschaft. Kennst du Violett noch, die Tochter des Warenlagerhalters, sie wohnt auf dem Nachbargrundstück. Und seit sie Witwe ist, verbringt sie viele Mittage bei mir, sie müsste in deinem Alter sein“, sagte Madge.

„Wäre ja schon reizvoll hier wieder zu leben, aber dann bin ich doch soweit weg von Christin, die in London lebt.“

„Du kannst mit dem Zug nach London fahren, oder wenn du es eilig hast mit dem Flugzeug von Aberdeen nach London brausen, in der heutigen zeit sind das alles keine Entfernungen mehr.“

„Lass mir Zeit Madge, ich werde mir das genau überlegen, wir sind ja noch ein bisschen hier.“

Margreth stand auf und verließ die Küche. Madge sah ihr besorgt nach und machte sich kopfschüttelnd wieder an ihre Küchenarbeit.

 

* *

 

Tommy hatte inzwischen drei der sieben Filme entwickelt. Mit einer Lupe betrachtete er genau jedes einzelne Bild der Serie, und war zufrieden mit dem was er produziert hatte. Jetzt war es nur noch daran, die Auftraggeber von den Bilder zu überzeugen, aber darüber machte sich Tommy keine Sorgen, bis jetzt wurden ihm alle Fotoserien abgekauft, die er erstellt hatte.

Mehr Gedanken machte er sich über das Zusammenleben mit Pierre. Sollte er wirklich den Schritt wagen, es noch einmal zu versuchen. Es würde sein ganzes Leben ändern, denn er war es mittlerweile gewohnt sich alleine durchzuboxen.

Aber ein Leben zu zweit, die Sehnsucht danach war einfach zu groß. Er hatte es satt, zu Parties immer alleine zu erscheinen, während andere eng umschlungen mit ihren Partnern kamen. Das ewige Generve, was er sei immer noch solo.

Es gab so viele Dinge, die dafür sprachen, eine Beziehung wieder ein zugehen. Nur eines dagegen, seine Angst.

 

* *

 

„Wo Tommy denn bleibt er kommt noch zu spät zum Tee“, sagte Christin und schaute auf die Wanduhr.

Die Tür ging auf und Tommy kam herein geeilt. In diesem Augenblick fing die Uhr an zuschlagen.

„Bin ja noch pünktlich. Wollt nur noch ein paar Bilder entwickeln und hab euch paar mitgebracht“, sagte Tommy-

„Toll Tommy zeig her“, sagte Pierre und riss ihm die Bilder aus der Hand.

„Wow! Tommy ich bin immer wieder fasziniert, wie du es schaffst, es so in Bilder umzusetzen, daß es so, wie soll ich sagen… mir fällt kein anderer Ausdruck als geil ein.“

Christin und Marc waren aufgestanden und zu Pierre gegangen. Alle waren sie so in die Bilder vertieft, daß niemand die Bitte von Margreth beachtete.

„Kinder könnt ihr euch bitte wieder hinsetzen.“

Erst als sie es energischer sagte, sahen sie auf und setzten sich auf ihren Platz zurück.

„Ich habe mich entschlossen, eigentlich hat mich auch Madge davon überzeugt, wieder hier her zu ziehen.“

Einen Augenblick lang hätte man eine Stecknadel fallen hören können, so leise war es im Raum.

„Und wenn du nichts dagegen hast, Christin, würde ich gerne die Wohnung in Dorchester verkaufen.“

„Ich muss dir ehrlich sagen, daß ich mir darüber auch Gedanken gemacht habe, und ich freue mich, dass du dich so entschieden hast“, meinte Christin.

„Du hast dich aber sehr schnell entschieden“, sagte Madge, die gerade die Tür herein kam.

„Ja Madge, du hast mich überzeugt und zwar mit einem Wort. Einsamkeit. Christin und ich telefonierten zwar fast täglich miteinander, aber ständig ist sie unterwegs und hat keine Zeit. Und wenn ich hier wäre, wie du schon sagtest, hätte ich dauernd Gesellschaft. Und was Christin angeht, sie hat dann ein richtiges Zuhause, wo sie wann immer sie will, heimkehren kann.“

Christin stand auf und umarmte ihre Mutter.

„Du hast die richtige Entscheidung getroffen Mutter glaub mir.“

Bei einer weiteren Tasse Tee unterhielten sie sich über die Zukunftspläne von Margreth, bis Tommy einfiel daß sie heute sich ja noch um etwas anderes kümmern wollten. Zudem hatte er auch ein Entschluss gefasst, nachdem er sich das Wort Einsamkeit durch den Kopf gehen ließ.

„Das war eine gute Idee von dir Marc, unsere Nachforschungen hier in der Bibliothek abzuhalten.“

„Danke Christin, dachte nur daran, wo man am besten Rätsel lösen kann, da fiel mir das hier auf Anhieb ein, wegen der vielen Bücher.“

„Christin, kannst du mir sagen, was das für Namen sind auf der Liste?“, fragte Tommy.

„Schau Tommy auf diesem Pergament stehen diese Namen nicht in Latein. Ich habe sie in der Reihenfolge heraus geschrieben, wie sie dort standen“, antwortete Christin.

„Caithness – Sutherland – Ross&Cromarty – Inverness – Nairnshire – Moray – Banff – Aberdeen – Kincardine – Argyll. Und was soll der Ausdruck Kopfstadt darunter?“ wollte Pierre wissen.

Christin nahm das Pergament in die Hand.

„Schau hier das Wort für Kopf und hier für Stadt.“

Tommy musste grinsen.

„Christin das ist nicht das Wort für Kopf, sondern für Haupt, also heißt es Hauptstadt.“

„Und was bringt uns das jetzt weiter mit der Hauptstadt?“, wollte Pierre wissen.

Die Tür ging auf und Margreth kam beladen mit einem Tablett herein.

„Ich habe Madge davon überzeugt, daß ihr heute die Bibliothek nicht mehr so schnell verlassen werdet, da hat sie euch ein Tablett voll Sandwichs gemacht. Und für einen guten Rotwein habe ich gesorgt, ich geh nur noch mal schnell Gläser holen.“

Sie stellte das Tablett auf den Tisch ab, wobei ihre Blicke über die Liste glitten.

„Was hat es denn mit den Grafschaften auf sich?“, fragte sie.

„Welche Grafschaften meinst du Mutter?“, kam es von Christin.

„Die auf der Liste, daß sind alles Grafschaften aus unserer Gegend.“

„Hier in der Gegend?“, wollte Marc wissen.

„Ja ich kenne Aberdeen, Banff, und Inverness, aber daß die Grafschaften sein sollen, wusste ich nicht“, meinte Marc weiter.

„Sind sie auch nicht mehr Kinder, aber das könnt ihr sowieso nicht wissen, 1975 schlossen sich diese Grafschaften zur Region Highlands zusammen, wobei das Gebiet durch den Glen Mor getrennt wird. Das Gebiet in dem wir her uns befinden, seht selbst hier auf der Landkarte“, mit einem Finger wies sie auf ein Gebiet neben Aberdeen.

„Nennt man Grampain oder Grampain Mountains, dessen höchster Berg mit 1343 m sich Ben Nevis nennt.“

„Aber hallo, Mutter woher weißt du das alles?“

„Kind du vergisst, daß ich hier aufgewachsen bin und zudem mußte ich in meiner Abschlussarbeit eben über diese Grafschaften schreiben, so was vergisst man nicht so schnell.“

„Kinder ich verschwinde noch mal kurz um die Gläser zu holen, bin gleich da und helfe euch“, und verschwand durch die Tür.

„Hauptstädte“, rief Pierre laut in die Menge.

„Pierre kannst du vielleicht sagen, was du meinst“, sagte Tommy.

„Aber natürlich. Jede Grafschaft hatte so was wie eine Hauptstadt, man nannte sie früher zwar anders, aber die müssten doch heute auch noch existieren, so wie Aberdeen.“

„Haben wir hier nicht ein Buch, wo so etwas drin stehen könnte?“, sagte Christin und drehte sich zu den Bücherregalen.

Alle liefen hinüber und begannen Buchtitel zu lesen. Pierre brummte vor sich hin.

Tommy sah ihn an.

„Was ist denn mit dir los, Pierre?“

„Seht ihr nicht, wie viele Bücher hier stehen, daß kann ja ewig dauern.“

„Denke ich nicht“, meldete sich Marc von der oberen Galerie.

„Schaut mal hier „Alte Grafschaften“, genau was wir jetzt brauchen.“

Marc kam die Wendeltreppe herunter gelaufen und alle setzen sich wieder um den runden Tisch.

„Und nach was suchen wir jetzt genau?“, wollte Christin wissen.

Pierre zog die Liste zu sich.

„Wir suchen jetzt alle sogenannten Hauptstädte dieser Grafschaften heraus.“ „

„Und was soll uns das bringen?“, fragte Christin verwundert.

„Das weiß ich jetzt auch noch nicht, muß ich eingestehen, aber vielleicht finden wir was, wenn es vor uns auf dem Blatt steht.“

Marc nahm sich die Liste.

„Also drei Städte haben wir ja schon, das ist Aberdeen, Inverness und Banff, jetzt müssen wir nur noch den Rest herauskriegen.“

Tommy öffnete das Buch, und schaute nach dem Goslar.

„Was steht als erstes da?“

„Caithness“, sagte Marc.

„Aha, Caithness, was steht denn hier. Ehemalige Grafschaft von Nordschottland mit der Hauptstadt Wick.“

„Das ist hier oben“, sagte Christin und zeigte auf die Landkarte.

Pierre fertigte ein ungefähre Skizze von Nordschottland an, und malte einen Punkt auf der oberen Seite und schrieb Wick dazu.

„Als nächstes kommt Sutherland“, sagte Tommy.

„Moment… hier steht Hauptstadt Denoch“, kam es von Marc.

„Das ist hier.“

Und Pierre malte wieder einen Punkt und schrieb diesmal Denoch daneben.

„Ross&Cromarty?”

„Dingwall.”

„Inverness ist Inverness, das ist klar. Nairnshire?”

„Nairn!“

„Und Moray?“

„Elgin.”

„Dann kommt Banff und Aberdeen. Kincardine?“

„Stonehaven hier steht.“

„Und zu guter letzt, Argyll?“

„Lochgilphead.“

„Wo liegt den das?“, wollte Christin wissen.

Alle beugten sich über die Karte. Tommy nahm das Buch.

„Da steht südwestlicher Teil von Schottland.“

„Da ist es“, Marc wies mit dem Finger auf die Karte, „hier bei Glasgow steht es.“

Pierre hatte alle Städte eingetragen und mit Punkten versehen. Piere kratzte sich am Kopf und grübelte.

„Wenn man… wenn man alle Punkte miteinander verbindet“, Pierre fuhr langsam von Punkt zu Punkt, „dann er gibt es ein Zeichen.“

„Ein Zeichen?“, sagte Christin und runzelte ihre Stirn, „dass sieht mir eher wie der Buchstabe „S“ aus.“

„Du hast recht Christin““, meinte Tommy und nahm alle Pergamente in die Hand.

„Wenn alle Seiten einen Buchstaben ergeben, bekommen wir ein Lösungswort“, sprach Tommy weiter.

„Ach herrje, wenn wir für alle Rätsel so lange brauchen wie für dieses, sitzen wir ja noch ewig“, meinte Pierre und lies sich wieder in seine Stuhl fallen.

„Das würde ich nicht sagen Pierre, wie gesagt habe ich alle Seiten übersetzt“, Christin nahm Tommy die Papiere aus der Hand.

„Beim Zweiten ist mir aufgefallen, daß das „T““ so komisch geschrieben wurde, nicht im Schreibstil der anderen Buchstaben. Und auf der Vierten Seite das gleiche, nur das es sich hier um das „N““ handelt. Zu den anderen kann ich nichts sagen.“

Tommy nahm die dritte Rolle in die Hand.

„Und über was handelt dieser Text?“

Christin nahm ihr Block zu Hilfe.

„Einen Moment, ja da steht es, da geht es hauptsächlich um Formen, Kreise und runde Dinge.“

„Kreisrund?“, Tommy nahm sein Blatt.

„Dann schreib ich mal ein kreisrundes „O“ hier rein. S T O N … und der letzte Buchstaben fehlt, aber nach meiner Meinung heißt das Stone, es gibt gar keine andere Möglichkeit.“

„Stone“, Pierre fing an zu lachen, „jetzt sind wir soweit wie vorher.“

„Du, Christin wo ist das sechste Pergament, daß ich dir mitgebracht habe und du glaubtest es wäre das Mittelstück.“

Christin hob alles hoch, konnte es aber nicht finden“, ich glaube, daß liegt noch in meinem Zimmer, warte ich hole es schnell.“

Christin lief zur Tür und lief hinaus.

„Also Jungs, ich weiß ja nicht wie es euch geht, aber ich habe mordsmäßig Hunger“, sagte Pierre und griff sich ein Sandwich von der Platte.

Marc hob sich den Magen

„Du hast recht. Merke erst jetzt, wie mir der Magen rumpelt.“

Marc und Tommy nahmen sich auch ein Sandwich und bissen genüsslich hinein. Christin kam die Treppe herunter und lief in die Bibliothek.

„Ihr seid mir ja die Rechten, mich schuften lassen, und ihr haut euch die Mägen voll. Habt ihr mir wenigstens etwas übrig gelassen?“

Marc hob die Platte hoch.

„Es sind genügend da, hast die freie Auswahl.“

„Lass mir aber die mit dem Fisch darauf, die sind so herrlich salzig“, sagte Pierre und griff nach dem nächsten Sandwich.

„Salzig?“, meinte Tommy.

„Da wird man doch nur durstig davon. Apropos Durst wollte deine Mutter nicht gleich, mit Gläsern, wieder da sein?“

Tommy und Christin sahen sich an und legten ihr Essen auf den Tisch. Beide liefen sie zur Tür in die Vorhalle.

„Ich gehe in die Küche und du gehst in den Livingroom, da habe ich auch eine Vitrine mit Gläsern gesehen“, sagte Tommy und lief Richtung Küche davon.

 

* *

 

Christin öffnete die Tür und schaute in den Raum hinein. Auf dem Stuhl neben der Vitrine saß ihre Mutter mit einem Buch in der Hand.

„Mutter?“

Ihre Mutter schaute auf, und Christin sah das sie weinte.

„Mutter, was ist denn geschehen?“

„Ich habe hier dieses Album gefunden, es ist voll mit Bilder von deinem Vater.“

Christin nahm das Album in die Hand und überflog mehrere Seiten.

„Er fehlt mir so Christin, wie sehr wünschte ich, er könnte all das hier miterleben.“

Christin nahm ihre Mutter tröstend in den Arm  und strich ihr über das Haar.

„Er wäre sicher stolz auf dich gewesen, daß du dich entschieden hast wieder hierher zuziehen, da bin ich mir ganz sicher.“

Tommy hat die kurze Unterhaltung von der Tür aus mitbekommen. Er sah auch die Tränen bei Christin fließen. Langsam schloß er die Tür hinter sich, die zwei Frauen sollten jetzt für sich alleine sein. Er lief zurück in die Bibliothek und schloß hinters sich die Tür.

„Also Jungs wenn ihr jetzt nichts dagegen hab, verschieben wir die Rätselstunde auf morgen.“

„Wieso, was ist denn?“ wollte Pierre wissen.

„Naja die beiden haben ein ernstes Gespräch und ich denke, daß wir sie heut Abend nicht mehr zu Gesicht bekommen werden“, sagte Tommy.

„Also gut, brechen wir ab. Wenn ich ehrlich bin, könnte ich eine Runde Schlaf gebrauchen, ich bin so müde“, meinte Pierre.

Marc stand auf.

„Ich schließe mich dir an Pierre. Ich gehe auch zu Bett. War ja ein richtig aufregender Tag heute.“

Pierre gab Tommy noch ein Kuss und verließ mit Marc das Zimmer. Tommy löschte sämtliche Lichter und folgte ihnen.

 

* *

 

Vor Pierres Tür blieb Tommy stehen und klopfte. Schon fast ausgezogen, öffnete Piere seine Tür.

„Ich weiß, das du müde bist. Aber dürfte ich noch ein wenig zu dir rein kommen, ich hätte dir gerne was gesagt.“

„Für dich Tommy, nehme ich mir gerne Zeit, daß weißt du doch, auch wenn ich grade Hundemüde bin, komm rein!“

Beide setzen sich auf das Bett von Pierre.

„Ich …wollte dir eigentlich nur sagen, daß ich mich entschieden habe. Ich möchte wieder mit dir zusammen sein.“

Pierre begann zu lächeln.

„Ist dir das jetzt so schwer gefallen. Wenn ich ehrlich bin, warte ich schon seit drei Jahren auf diesen Satz. Ich bin so überglücklich und Tommy…“

Eine kleine Pause entstand.

„Ich liebe dich Tommy!“

Tommy fiel Pierre um den Hals und zog ihn ganz fest an sich.

„Und wie soll unser gemeinsames Glück in der Zukunft aussehen?“, fragte Pierre.

„Wenn du willst nehmen wir uns eine gemeinsame größere Wohnung.“

„Nein Tommy, das will ich nicht, in deiner Wohnung  fühle ich mich so wohl, wenn es dir nichts ausmacht möchte ich zu dir ziehen. Du hast ja schon mal den Gedanken gehegt umzubauen, da könntest du die Speicherkammer hinter deinem Schlafzimmer ausbauen, was hältst du von dem Gedanken?“

„Auf die Idee hätte ich selber kommen können. Wäre ein tolles Schrankzimmer für unser Klamotten und all die anderen Dinge die wir so haben. Wenn wir zurück kommen werde ich gleich den Architekten anrufen, das es so schnell wie möglich umgesetzt  wird.“

„Mein Tommy ist am planen. Wenn du jetzt deine Augen sehen könntest, dieses strahlende Blau.“

„Das ist alleine dein Verdienst Pierre.“

„Und du bist dir wirklich sicher, daß ich zu dir ziehen soll?“

„Ja Pierre, so sicher wie noch nie in meinem Leben. Ich will dich bei mir haben, für dich da sein. Will deine Gegenwart spüren, dich spüren. Anders möchte ich jetzt nicht weiterleben. Sonst geh ich den Bach runter, wie du es schon so treffend bemerkt hast. Ich brauche dich Pierre.“

„Ich brauche dich auch Tommy, wollte nie mein Leben ohne dich führen. Meine Liebe zu dir ist in all den Jahren nur noch stärker geworden. Das ist der Grund, warum ich es so lange ausgehalten habe und ich auf diesen Augenblick warten konnte ohne verrückt zu werden.“

Tommy strich Pierre zärtlich über die Wange und zog ihn für einen Kuss zu sich.

„Ich liebe dich auch Pierre, lass mich bitte nie wieder alleine.“

„So schnell wirst du mich jetzt nicht mehr los. Das schwöre ich dir!“

„Wenn es dir nichts ausmacht,  möchte ich morgen Abend einwenig mit den anderen zusammen feiern.

„Nein, habe ich nichts dagegen. Ich denke Christin wird sich freuen uns wieder vereint zu sehen.“

„Das denke ich auch. Und was machen wir mit Marc?“

Pierre sah Tommy fragend an.

„Wie, was machen wir mit Marc.“

„Vielleicht ist dir entgangen, daß der Junge binnen kürzester Zeit, sich in dich verknallt hat.“

„Ach Gottchen, nicht das noch. Ich will ihm doch nicht das Herz brechen.“

„Musst du aber, dein Herz gehört jemandem anderen.“

„Ich weiß es gehört alleine dir!“

„Du, da fällt mir was ein. Deine Wohnung wird doch frei, du könntest ihm sie doch vermieten. Das er weiterhin Lust hat, hier als Stallbursche zu arbeiten, kann ich mir nicht vorstellen. Der Junge war beim Fotografieren so mit Herz und Seele dabei, er ist ein richtiges Naturtalent.“

„Du hast recht, so werden wir es machen, wir haben ja eh gesagt, wir wollen uns um ihn kümmern, da haben wir in London, wenn er in unserer Nähe Wohnt die besten Möglichkeiten dazu. Ich finde, wir sollten ihm den Vorschlag morgen unterbreiten. Ich weiß ja nicht mal, ob er damit einverstanden ist.“

„Da mach ich mir keine Sorgen darüber, bei so einem verlockenden Angebot kann keiner nein sagen.“

„Da muss ich dir recht geben.“

„So lieber Pierre, jetzt kannst du dich hinlegen, ich gehe dann in mein Zimmer.“

„Du Tommy?“

„Ja, was ist ?“

„Bleibe hier, mein Bett ist groß genug für zwei.“

Tommy mittlerweile aufgestanden.

„Wenn du meinst, dann bleibe ich gerne.“

Und Pierre zog Tommy an seiner Gürtelschnalle zu sich aufs Bett.

 

* *

 

Zur gleichen Zeit bei Christin und ihrer Mutter.

„Mutter, erzähl mir von Vater, nicht so wie ich ihn kenne sondern vor meiner Zeit. Wie hast du ihn kennengelernt, daß hast du mir all die Jahre nicht erzählt.“

„Oh ist das lange her. Dein Vater war damals schon ein stattlicher Mann, alle sagten wen den mal kriegte, hatte Glück.“

„Die Glückliche warst du!“

„Ja, aber nicht gleich von Anfang an. Es war eines dieser tollen Herbstfeste, die wie jedes Jahr nach der Ernte gefeiert wurden. Entweder es fand direkt in Ballater auf dem großen Platz statt, oder es wurde hier auf dem Grundstück im Park gefeiert, es war das größte gesellschaftliche Ereignis hier.“

„Und da hast du Vater dann kennengelernt?“

„Ja und nein, aber jetzt langsam, alles der Reihe nach. Also wenn die Ballater – Brüder das Fest veranstalteten, wusste vorher niemand, was es geben würde. Dieses Jahr war es dann ein riesiges Kettenkarussell, daß die Brüder gemietet hatten. Es waren auch Verwandte aus der Grafschaft Caithness da, und eine Cousine war ständig mit deinem Vater zusammen. Niemand wusste ob Charles und Mayfloor nun zusammen waren, oder gar verlobt.“

Christin legte das Album zur Seite und lauschte den Worten ihrer Mutter.

„Bis mir das Missgeschick mit dem Essen passierte. Ich war zu den Stallungen gegangen, wo das Zelt mit den Speisen stand. Es war ein riesiges Buffet, mit allem was ein Herz begehrt. Ich nahm mir also einen Teller, und lud mir den Teller randvoll.“

„Heute bist du aber bescheidener“, meinte Christin und lächelte.

„Ja und mit dem Teller und einem Glas Bowle drehte ich mich dann Richtung Ausgang, und dabei stieß ich mit deinem Vater zusammen. Das Essen klatsche an seinen Tweedanzug und fiel auf den Boden und seinen Schuhen. Ich sah hoch errötet in seine tiefbraune Augen, die durch seine wildes, volles Haar fast verdeckt wurden.“

„Was hat er denn gesagt?“

„Gar nichts. Er fing einfach an zu lachen. Ich stand völlig beschämt vor ihm und er hatte nichts besseres zu tun, als lauthals zu lachen. Ich war im ersten Augenblick wie vor den Kopf gestoßen und wusste nicht, was ich sagen wollte. Er meinte darauf ich solle nicht so belämmert schauen, daß könne ja jedem mal passieren.“

Christin musste jetzt ebenfalls lachen, als sie sich diese bildlich vorstellte.

„Er sagte er ziehe sich schnell um, aber ich solle hier auf ihn warten. Die Dienerschaft hatte die Spuren meines Malheurs schnell beseitigt und als er wieder kam konnte man nichts mehr davon mehr sehen.

>So junge Dame sie schulden mir eine Fahrt mit dem Karussell und einen Tanz< sagte er zu mir. Ohne zu antworten ließ ich mich, von ihm aus dem Zelt führen. Ich mußte ihm dauernd in seine Augen schauen, ich war so damit vertieft, daß ich alles um mich herum vergaß. Auf dem Karussell hielt er dann, die ganze Zeit die Hand. Und aus dem Tanz wurden unendlich viele, denn er tanzte mit mir die ganze Nacht, bis die Musiker ihre Instrumente einpacken.“

„Da wäre ich gerne dabei gewesen, Mutter.“

„Glaube ich dir, er brachte mich dann noch nach Hause, wie es sich für einen Gentleman seines gleichen gehörte. Und an der Tür gaben wir uns dann den ersten Kuss. Dann verließ er mich wieder.“

„Ist das romantisch Mutter, daß war Liebe auf den ersten Blick. Das müsste mir auch passieren.“

„Von da ab trafen wir uns jeden Tag, bis wir dann ein  Jahr später heirateten. Es folgten die schönsten Jahre meines Lebens, den ich fühlte mich auf dem Anwesen, wie eine Prinzessin. Dein Vater las mir jeden Wunsch von den Augen ab und unser größtes Glück war, als du dann geboren wurdest. Du warst Vaters ganzer Stolz.“

Nach diesen Erzählten wurden Margreth Augen wieder feucht und kleine Tränen rannen an den Wangen hinunter.

„Wir sind doch von blauem Geblüt, hatte Vater eigentlich eine Rangfolge auf den Thron des englischen Königshauses?“

„Ja er kam an siebenundfünfzigster Stelle der Thronfolge.“

Ein lauter Schrei unterbrach ihre Unterhaltung, ein dumpfer Knall folgte. Christin rannte zur Tür und riss sie auf. In der Eingangshalle war es dunkel.

Sie suchte vorsichtig den Lichtschalter an der Wand. Das Licht flammte auf und sie sah Marc vor der offenen Bibliothekstür auf dem Boden liegen. Sie rannte zu ihm, und kniete neben ihm nieder. Blut rann aus einer Wunde an seinem Kopf.

Mittlerweile war Margreth und auch der Rest des Hauses, die ebenfalls durch den Krach aufmerksam wurden, herbei gelaufen.

„Kann mal jemand einen Arzt rufen“, sagte Christin und versuchte die stark blutende Wunde mit ihrer Hand zu zuhalten.

„Gibt es hier denn keinen Verbandkoffer?“, fragte Tommy, der nur mit einer Unterhose und einem geöffneten Hemd dastand.

Christin entglitt ein kurzes Lächeln und schaute Tommy fragend an. Dieser zuckte nur mit den Schultern und kniete sich ebenfalls neben Marc auf den Boden.

„Marc kannst du mich hören, so sag doch was Marc!“

Inzwischen kam Bob, mit einem kleinen Kästchen angerannt und reichte es Tommy.

„Ich habe Doc Harverst angerufen, er ist bereits unterwegs zu uns“, sagte Madge völlig außer Atem.

Tommy versuchte die Blutung mit einer Menge Mull zu stoppen.

„Pierre presse du bitte deine Hand darauf, Christin ist schon ganz weiß im Gesicht. Könnte mir mal jemand ein Kissen und eine Decke holen, dieser Boden ist nicht gerade sehr warm“, rief Tommy.

Und wieder verschwand Bob. Da kam Marc zu sich, der sich mit Stöhnen bemerkbar machte.

„Marc ganz ruhig, nicht bewegen. Weißt du was passiert ist?“, fragte Tommy und drückte Marc vorsichtig auf den Boden zurück, der versuchte auf zustehen.

Bob kam mit der verlangten Decke und dem Kissen. Christin half Tommy, Marc das Kissen vorsichtig unter den Kopf zu legen und Margreth deckte in mit der Decke zu.

„He Leute, was ist den los, warum behandelt ihr mich wie ein kleines Kind?“

„Du blutest stark am Kopf Marc,“ sagte Christin und erst jetzt sah Marc, dass Christins Pullover und Hände mit Blut verschmiert waren.

An der Tür klopfte es, und nachdem Bob sie öffnete, trat ein älterer Herr mit einem Köfferchen herein.

„Oh Doc Harverst, danke daß sie so schnell gekommen, hier auf dem Boden liegt der junge Mann.“

„Ja Madge…. oh Margreth du hier?“

„Ja ich bin es, aber bitte Bill kümmere dich erst um Marc.“

Doc Harverst sah sich die Wunde an.

„Na noch einmal Glück gehabt, genäht muß es nicht werden, aber ich denke sie werden noch ein paar Tage Kopfschmerzen haben.“

Er legte Marc einen Pressverband an und gemeinsam mit Tommy half er ihm auf. Etwas zittrig auf den Beinen führten sie ihn in den Livingroom.

„So junger Mann jetzt erzählen sie mal, was ihnen da passiert ist.“

„Also,“ Marc hob sich den Kopf, „ich hatte noch Durst und lief noch in die Küche, da sah ich, daß die Tür der Bibliothek offen stand und hörte ein Geräusch. Als ich eintreten wollte, wurde ich über den Haufen gerannt und spürte nur noch einen Schlag auf meinen Kopf. An danach kann ich mich nicht mehr erinnern.“

„Das muss wohl dieser Briefbeschwerer vom Schreibtisch gewesen sein,“ sagte Pierre der eben eintrat und eine Kugel in der Hand hielt.

Tommy schaute Christin an.

„Komm wir schauen mal, ob etwas fehlt.“

Christin machte das Licht an und traute ihren Augen nicht. Sämtliche Unterlagen waren auf dem Boden verstreut. Tommy wollte sie gerade aufheben, als ihn Christin daran hinderte.

„Sollen wir nicht vielleicht die Polizei rufen?“

„Meinst du wirklich, fehlt doch anscheinend nichts“, meinte Tommy.

„Doch die Pergamentrollen, ich kann keine davon sehen“, sagte Christin.

„Also gut, dann rufe die Polizei an und ich werde mich anziehen und mit Pierre draußen mich ein wenig umschauen.“

„Ich denke, dass brauchst du nicht Tommy, der, der das hier angerichtet hat, ist schon längst über alle Berge. Aber mit dem Anziehen fände ich ein gute Idee, würde mich nicht wundern, wenn die Polizei später komisch schauen würde, wenn zwei so gutaussehende junge Männer fast nackt vor ihnen stehen würden. Bei euch beiden alles okay?“

„Ja ist es.“

Und zum erstenmal sah Christin, der zufriedenen Gesichtsausdruck bei Tommy, den sie so sehr vermisst hatte.

Die Polizei nahm alles ins Protokoll und verabschiedete sich. Doc Harverst und Margreth hatte sich es in den Sesseln vor dem Kamin bequem gemacht.

„Warum hast du dich in all den Jahren nicht bei mir gemeldet?“

„Ich wollte nicht, ich habe eigentlich mir hier und allem vor langem abgeschlossen. Ich wusste nicht, daß ich noch mal  hierher kommen würde, aber das Schicksal hat es anscheinend gut gemeint.“

„Ja hat es, mich hat es schwer getroffen, als ich damals von der Geschichte hörte, aber bevor ich reagieren konnte, wart ihr schon fort. Ist die junge Frau, deine Tochter Christin?“

„Ja ist sie.“

„Ist ja ein richtige Schönheit geworden.“

„Das nutzt sie auch in ihrem Beruf aus, sie ist Fotomodell“, sagte Margreth stolz.

„Ich kann mich nich genau m sie erinnern, als ich sie auf die Welt geholt habe, wie stolz Charles war und sie überall herum trug und jedem zeigte.“

„Ja Charles war sehr stolz auf die kleine, und er wäre es heute immer noch wenn er noch leben würde.“

„Es ist spät, ich werde jetzt gehen, darf ich dich besuchen?“

„Aber natürlich, wann immer du willst.“

„Werde jetzt noch mal nach dem Patienten sehen und dann verschwinden.“

„So junger Mann, ich denke sie sollten sich jetzt ins Bett legen, die zwei Herren können sie ja dorthin begleiten.“

Tommy und Pierre schauten sich verdutzt an.

„Nicht damit sie uns noch irgendwo umfallen.“

Marc versuchte aufzustehen, aber im sackten die Füße weg. Tommy und Pierre griffen unter und halfen ihm unter. Christin sah entsetzt an sich herunter.

„Hoffentlich kriege ich das wieder raus, Mutter.“

„Jetzt gehe erst mal duschen und ich bringe Bill noch zur Tür.“

„Na dann wird ich mal in mein Zimmer gehen, auf Wiedersehen Mister Harverst, leider kann ich ihnen keine Hand geben, wie sie ja sehen.“

„Schon gut Christin.“

„Sie kennen mich?“

„Er hat dich auf die Welt gebracht Christin.“

„So lernt man die Leute kennen.“

Christin nickte Bill noch einmal zu und verließ das Zimmer.

 

* *

 

Die drei Herren waren bereits in Marcs Zimmer angelangt.

„Was meinst du sollen wir ihn gleich für das Bett fertig machen, Tommy?“

„Ich weiß nicht, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass er das alleine kann, so wie der herum taumelt.“

Marc anscheinend wieder ein bisschen klarer, räusperte sich.

„Ihr wollt mich doch jetzt nicht etwa alleine lassen?“

Pierre sah Tommy verwundert an.

„Was machen wir jetzt, ich will nicht hier in dem kleinen Zimmer übernachten, etwa du?“

„Nein, ich bestimmt auch nicht,“ meinte Tommy und sah zu Marc, der wie ein Betrunkener auf dem Bett lag.

„Ich habe das größte Bett im Zimmer Pierre, also bringen wir ihn zu mir.“

„Und was wird aus mir, ich möchte auch nicht gerne alleine schlafen“, sagte Pierre mit seinem bekannten Grinsen.

„Ich sagte ja, ich habe das größte Bett von uns.“

„Zu dritt? Das könnte interessant werden.“

Nun fingen beide an zu lachen, sie hoben Marc aus seinem Bett, und führten ihn vorsichtig zu Tommys Zimmer. Ab und zu gab er ein Stöhnen von sich, aber er konnte weitgehend fast alleine laufen. Im Zimmer angekommen lies er sich gleich auf das Bett fallen. Piere machte sich daran seine Schuhe auszuziehen. Tommy öffnete die Hose und Pierre zog sie nach unten aus.

Marcs gut behaarte Beine kamen zu Vorschein und Tommy und Pierre lächelten sich an.

„Hast du dir eigentlich schon mal Gedanken über eine WG Gedanken gemacht Tommy.“

„Ich genüge dir wohl nicht mehr du kleiner Schuft“, sagte Tommy und stürzte sich auf Pierre und begann ihn zu kitzeln.

Pierre fing an zu lachen, und versuchte sich aus dieser Lage zu befreien. Da verloren beide das Gleichgewicht und beide fielen zu Boden. Pierre lag auf Tommys Brust, die er auch gleich mit Küssen zu liebkosen begann.

Tommy schloß die Augen, und atmete tief durch. Er spürte Pierres Wärme auf sich, er spürte Pierre auf sich! Er war glücklich, und vor allem ein unendliches Wohlbehagen breitete sich in seinem Körper aus.

„He nicht einschlafen“, sagte Pierre und biss im in die Brustwarze.

„Aua, dir gebe ich`s wart`s nur ab.“

Tommy setzte sich auf Pierre und begann ihn wieder überall zu kitzeln. Pierre wand sich unter Tommy, aber er hatte keinerlei Chance sich zu befreien.

„Hör auf….hör endlich auf, ich kann nicht mehr“, presste Pierre unter lachen heraus.

„Wenn du wieder brav bist, überlege ich mir das noch mal.“

Pierre packte Tommy am Nacken und zog ihn zu sich herunter, ihre Lippen berührten sich und sie verloren sich in einen unendlichen Kuss.

„Also wenn man euch beiden so zuschaut, kann man richtig neidisch werden.“

Das war Marc, er hatte sich ein bisschen aufgerichtet und den beiden zugeschaut.

„Also wenn ich mal auch jemanden finde möchte ich auch so geliebt und lieben wir ihr beide. Man sieht es euch förmlich an, wie sehr ihr euch liebt.“

Tommy schaute liebevoll Pierre an

„Das war bisher nicht immer so Marc. Für so eine Liebe muß man auch kämpfen, entbehren und tolerieren. Du musst den anderen so akzeptieren, wie er ist und darfst nichts an ihm ändern wollen. Viele Gespräche führen, damit keine Missverständnisse entstehen und vor allem gemeinsame Dinge machen und dem anderen trotzdem genug Freiraum lassen. So kann eine langfristige Beziehung entstehen und erhalten werden, es ist also richtige Arbeit.“

Auch Pierre war ganz fasziniert Tommys Worten gefolgt, und war erstaunt, daß sein Freund dies nun gerade gesagt hatte.

„Das ist eine ganze Menge, die man da beachten muß, aber wenn es hilft eine Liebe zu erhalten, dann bin ich alles bereit zu tun“, meinte Marc.

Pierre mischte sich ein.

„Marc vergiss aber nicht, das gilt auch immer für die andere Seite nicht nur für dich selbst“, sagte er und warf Tommy einen flüchtigen Blick zu und schaute zu Boden. Tommy war einwenig beschämt, weil er bemerkte, daß er sich damals nicht an diese Richtlinien gehalten hatte und somit Mitschuld an der ersten Trennung trug.

Er nahm Pierre erneut in den Arm.

„Lieber Pierre ich schwöre dir hier und heute feierlich vor Zeugen, daß ich dich lieben und ehren werde, für dich immer da sein werde, wann immer du mich brauchst. Auf deine Belange achten  und dir immer zuhören werde, wann immer du mir etwas zusagen hast. Ich werde dich schützen vor Habgier, Neid und Eifersucht und treu sein mein Leben lang.“

Eine kurze Stille breitete sich aus und nur das Knistern des Feuers war zuhören.

Kleine Tränen liefen über die Wangen von Pierre.

„Das war wohl die schönste Liebeserklärung, die ich je gehört habe“, und drückte Tommy fest an sich.

„Hat mal jemand ein Taschentuch für mich, denn so viel Rührseligkeit ertrag nicht mal ich“, sagte Marc und wischte sich die Tränen aus den Augen.

.

* *

 

Marc hatte einen Brummschädel, als hätte er die Nacht durch getrunken. Er war aufgestanden, weil er nicht mehr liegen konnte, der Schmerzen wegen. Tommy und Pierre schlummerten noch fest und lagen eng umarmt noch im Bett.

Beide hatten ein Lächeln auf den Gesichtern. Marc zog sich vorsichtig an und verließ leise das Zimmer. Er lief die Treppe hinunter in sein Zimmer um duschen zu gehen. Konnte er das überhaupt? Er mußte sich ja nicht die Haare waschen.

Er zog sich aus und stellte sich unter die Dusche. Er drehte das Wasser auf, und es ergoss sich der heiße Strahl über seinen Körper. Wie gut das tut, dachte Marc und beschloss ein wenig länger unter der Dusche stehen zu bleiben.

„Guten Morgen Kleiner“, meinte Tommy und strich Pierre zärtlich über das Gesicht.

Pierre öffnete seine Augen.

„Zwicke mich, denn ich träum wohl noch.“

„Warum?“

„Weil wohl der geilste Typ in meinen Arm liegt den ich mir wünschen kann.“

„Auf deiner Brust schläft es sich auch gut.“

Pierre richtete sich auf.

„Wo ist denn unser Gast?“

„Der hat sich vor einer viertel Stunde angezogen und hat sich aus unserem Zimmer geschlichen.“

„Unserem? Soll das heißen ich soll zu dir rüber ziehen?“

„Wenn du nichts dagegen hast, wär mir das schon recht, weil ich auf deine Nähe nicht mehr verzichten will.“

„Natürlich bin ich einverstanden, aber meine Sachen lasse ich drüben, sonst wird’s hier zu eng.“

Tommy lachte. Sie standen auf und gingen beide gleichzeitig ins Bad.

„Geh wir zusammen duschen?“

„Baden wäre mir jetzt mit dir lieber, aber wir wollen ja pünktlich beim Frühstück sein“, sagte Tommy und drehte das Wasser an. Marc war inzwischen noch einwenig nackt auf seinem Bett gelegen, weil er sich nicht gleich anziehen wollte nach dem Duschen. Er dachte über die beiden da oben nach. Wie gerne hätte er auf so eine Freundschaft, so geliebt zu werden, daß war sein Traum.

 

* *

 

„Reichst du mir mal bitte die Marmelade, Tommy?“

Tommy hob die Schale zu Christin. Die Tür ging auf und Marc kam herein.

„Na wie geht es dir?“,  Margreth war auf gestanden und tastete vorsichtig am Verband.

„Ich fühle mich als hätte ein Elefant, Walzer auf mir getanzt.“

„Ja Bill…Doc Harverst meinte, du wirst noch ein paar Tage Kopfschmerzen haben. Aber nun setze dich erst mal und iss was, danach geht es dir bestimmt besser.

Marc setzte sich zwischen Tommy und Pierre und wunderte sich, daß der Stuhl frei war. „Ähm Marc, Tommy und ich hätten dir ein Angebot zu machen. Da wir wissen wie sehr dir das Spass gemacht hat, daß mit dem Modeln, haben wir uns überlegt ob du nicht auf die Modellschule in London gehen willst? Marc sah Tommy entgeistert an.

„Aber wie soll ich mir das leisten, ich habe nicht viel Geld und London ist sicher teuer. Eine Wohnung die Schule, nein das kann ich nicht. Pierre wandte sich ihm zu.“

„Auch darüber haben wir uns Gedanken gemacht, Marc. Wie du weißt ziehe ich zu Tommy und da wir meine Wohnung wird dann frei. Da kannst du wohnen solange du willst. Und wegen der Schule brauchst du dich nicht zu sorgen. Tommy und ich haben beschlossen dich zu fördern und dir die zwei Jahre zu zahlen.“

Marc saß total geistesabwesend da.

„Man ist das ein Angebot Pierre. Und übrigens Tommy, herzliche Glückwunsch zur neuen Liebe!“, sagte Christin, stand auf und umarmte die beiden.

„Das würdet ihr wirklich für mich tun“, sagte Marc noch total durch den Wind.

Tommy legte seine Hand auf Marcs Schulter.

„Weißt du Pierre und ich haben erkannt, was für ein Potential in dir steckt, du bist ein richtiges Naturtalent. Aber ohne Modellschule geht es nun mal nicht, das ist wie eine Visitenkarte. Und ich möchte ja schließlich auch später weiterhin Fotos von dir machen.“

Marc wusste nicht ob er jetzt los heulen soll, oder laut lachen.

„Das verlangt nach einem Glas Champagner“, sagte Margreth und zog an der Glocke.

Nach wenigen Sekunden kam Bob herein.

„Sie wünschen?“

„Bob könnten sie vielleicht uns bitte einen Champagner bringen wir haben etwas zu feiern.“

 

* *

 

Tommy stand an den Stallungen und prüfte das Lichtverhältnis. Vor diesem alten Gemäuer ließen sich sicher auch gute Motive finden.

Und dann hatte er, ja auch noch den großen Kasten. Das Herrenhaus aus dem achtzehnten Jahrhundert, wirkte nicht so schwer und klotzig, wie man es von den Häusern seiner Art gewohnt war. Die hellen Farben der Fenster die teilweise fast ganz von grünem Efeu umwachsen waren.

Die Fassade war ein paar Farbnuancen dunkler als das Holz der Fenster und Türen und an den Rändern mit gleichfarbigen Backsteinen abgesetzt. Das Dach hatte schon lange sein kräftiges Rot verloren, da es durch die Witterung stark verblasst und mit Moos überzogen war.

„Wie soll dich Tommy denn fotografieren, solange du den Verband am Kopf hast geht das nicht.“

„Beruhige dich Pierre, dafür habe ich schon eine Lösung gefunden. Ich habe für Marc verschieden Mützen und Hüte bereit gelegt, irgendwie wird das schon gehen. So hört zu, wenn Bob alle Sachen heraus getragen hat, können wir anfangen.“

Tommy drehte sich um und zeigte Richtung Stallungen.

„Da drüben beim Rang Rover habe ich die Kleiderbox aufgestellt, da könnt ihr euch umziehen. Heute mache ich ausschließlich Fotos mit sportlichen Freizeitlook von euch, und außerdem probiere ich etwas Neues. Ich möchte alle Einstellungen mit euch zusammen machen, also alle vier werden zu sehen sein. Ich denke ihr könnt nun euer erstes Outfit anziehen. Für dich Pierre habe ich die dunkelbraune Cordhose raus gesucht, zieh dazu den hellen Trojerpullover an.“

„Dazu passen die Schnurboots recht gut“, meinte Pierre, „und was für eine Jacke hast du mir zugedacht?“

„Diese braune Lederfliegerjacke mit Webpelzbesatz, das bringt auch deine dunklen Augen zur Geltung.“

Pierre nahm die Sachen und begann sich in der Kleiderbox umzuziehen.

„So Marc du bist dran, man könnte meinen, die in Paris wussten was du für einen Beruf du hier ausübst.“

„Wieso, die kennen mich doch gar nicht.“

„Schau mal, sieht doch aus wie ein Reiterlook.“

Tommy hob eine hellbraune Cordjacke in den Händen, dazu passend ein Karohemd, dessen Rücken und Ärmel aus Cord bestanden und eine schmal geschnittene, schwarze Hose dazu.

„So und oben drauf ziehst du diese Mütze auf.“

Tommy zog vorsichtig die Mütze zurecht und versuchte dabei den verband völlig verschwinden zulassen, was ihm natürlich auch gelang.

„Was mir grad einfällt, jetzt sind wir schon vier Tage hier und ich bin noch kein einziges mal ausgeritten.“

„Wenn ihr alle Lust habt, können wir das ja heute Mittag nachholen, ich weiße meinen Kollegen an, die Pferde für nach her zu satteln.“

„Das wäre toll Marc, ich habe das schon lange nicht mehr gemacht.“

Margreth stand ein wenig beklommen da und dachte und ich noch nie.

„Mist ist in dieser Hose Schurwolle drin?,“ wollte Marc wissen, der seine Klamotten schon anhatte.

„Kann sein Marc, ist dir das unangenehm?“

„Ja schon es juckt halt.“

Pierre kam aus der Kleiderbox.

„Daran wirst du dich gewöhnen müssen. Manche Firmen nehmen Materialien, die sich nicht grad mit jedem Hauttyp vertragen. Ist nun mal so, hast das Zeug ja nicht ewig an.“

„Und was hat der Herr edles für uns raus gesucht?“, fragte Christin.

„Abwarten, für dich Margreth habe ich diesen Kurzarmpullover mit Rauten-Muster und dazu passend einen Cardigan. Und für drunter ziehst du bitte diese hochgeschnittene, beige Hose an. Wenn du willst kannst du die farblich abgestimmten Kurz-Stiefeletten anziehen oder diese schwarzen Halbschnürschuhe, kannst du dir dann selber aussuchen. So hier bitte schön.“

Margreth schaute nur noch erstaunt, aber folgte Tommys Anweisungen.

„So jetzt zu dir Christin, ich möchte das du diese Boucle‘ – Kombination anziehst. Drunter das  bordeauxfarbene Rollkrageshirt und dazu passend diese Pumps in Farbe schwarz-bordeaux.“

Bob hatte inzwischen einen kleine Bistrotisch mit zwei Stühlen vor der Treppe des Eingangs aufgestellt. Tommy montierte noch zusätzliche Scheinwerfer, weil er mit dem Licht und dem Schattenwurf nicht zufrieden war.

Die zwei Damen setzten sich die Herren stellten sich dahinter. Aus verschiedenen Perspektiven fotografierte Tommy nun die Vier. Danach schickte er Christin und ihre Mutter zum umziehen.

Sie sollten sich dann drinnen am geöffneten Bibliotheksfenster positionieren. Marc und Pierre lehnte sich davor an die Hausmauer.

„Ich finde wir sollten mit der Suche weitermachen Tommy,“ meinte Christin, die sich gerade gegen den Fensterrahmen lehnte und ihr Haar zurückstreifte.

„Du willst weitermachen, obwohl die Polizei gesagt hat, ihr sollt die Finger davon lassen?“

„Ja Mutter, schon alleine deshalb, weil hier im Haus jemand herum läuft, der alles ausgeplaudert und da draußen einen Kumpanen hat.“

„Stimmt, und du hast uns noch nicht erzählt, was auf dem sechsten Pergament stand oder hast du es noch nicht übersetzt?“, fragte Tommy und begann wieder Bilder zu schießen.

„Ja unterhaltet euch weiter, das kommt gut auf den Bildern.“

„Doch ich habe es übersetzt, und als wir das Wort Stone heraus bekommen haben, fiel mir dieses Papier auch gleich wieder ein.“

Pierre schaute zu Christin hinauf.

„Hat das einen bestimmten Grund, oder nur so…?“

„Ja hat es, auf diesem Schriftstück erscheint des öfteren der Titel „Stein des Vergangenen“, und nach dem Wort Stone muß es ja etwas miteinander zu tun haben, oder?“

„Man, gibt das super Bilder, redet weiter“, und Tommy kniete vor ihnen, um ein paar Bilder von unten zumachen.

„Stein des Vergangenen, wusste gar nicht das wir eine Steinesammlung im Haus haben.“

„Haben wir auch nicht Marc, dass muss etwas anderes bedeuten“, sagte Margreth und überlegte fieberhaft über diese Bedeutung nach.

Tommy wechselte einen neuen Film ein, „solange wir nicht den Sinn von Stone und Steine des Vergangenen nicht wissen kommen wir nicht weiter. Ich mach jetzt jedenfalls Schluss, denn ich hab mächtig Hunger bekommen, seit mir der Geruch aus der Küche in die Nase gestiegen ist.“

„Stimmt, Madge ist eine super Köchin, wenn ich so weiter mache nehme ich doch noch zu“, sagte Pierre.

„Hast du doch schon Pierre“, sagte Marc und alle fingen an zu kichern.

„Ist ja schlimmer, als im Hühnerstall bei euch“,  meinte Pierre und sammelte seine Sachen ein.

„Ich komm gleich nach“, sagte Marc, „ich sage nur noch kurz Georg Bescheid, wegen den Pferden.“

„Ja tu das, wir treffen uns dann drinnen, ich räume mit Pierre und Christin noch etwas auf.“

Marc bog um die Ecke des alten Hauses und sah wie der Sohn des alten Gärtners in sein Auto stieg und eiligst davon brauste. Er machte sich nicht weiter Gedanken darüber und ging in den Stall.

 

* *

 

Madge trug gerade die Suppe auf, als Marc herein stürmte.

„Sorry, aber Georg wusste nicht wem er welches Pferd geben sollte, da mußte ich ein wenig behilflich sein.“

„Das ist kein Grund hier so rein zu stürmen, setz dich und iss jetzt“, sagte Madge ein wenig empört.

Ihr war es nicht recht das der junge Marc mit den Herrschaften an einem Tisch saß. Aber es war der Wunsch des Fotografen gewesen. Und den Wünschen von Christins Gästen hatte auch sie sich zu fügen. Pierre und Christin mussten einwenig grinsen.

Marc legte einen unschuldigen Blick auf, und zuckte mit der Schulter.

„Was für ein Pferd bekomme ich denn?“, fragte Pierre um die Unterhaltung wieder fortzusetzen.

„Einen schwarzen Araber, wild und ungestüm.“

„So wie du“, hauchte Tommy zu Pierre und beide mussten grinsen.

Nach einem zweiten Stück Apfelkuchen schob auch Pierre den Teller von sich,

„Ich kann nicht mehr, noch etwas mehr und ich platzte. Aber der Kuchen schmeckt ja so gut.“

Margreth erhob sich von ihrem Stuhl.

„Ich werde Madge sagen, daß sie dir noch ein Stückchen aufheben soll, damit du nach unserem Ausritt noch etwas bekommst.“

 

* *

 

Tommy fühlte sich unwohl in den Reiterhosen, obwohl im Pierre versicherte er sähe richtig forsch in diesen Hosen aus. Ganz besonders drückte es ihm im Schritt und er war versucht es zu richten, doch sein guter Anstand verbot es ihm einfach dahin zulangen.

So zupfte ungeduldig er an der Hose herum, aber ohne merklichen Erfolg damit zu haben.

„Können wir dann los reiten?“, fragte Marc.

Georg half Christin und Margreth aufs Pferd. Langsam trabten alle zum hinteren Ausgang, denselben Weg, den auch Tommy bei seinem ersten Sparziergang genommen hat. Alle waren sehr ausgelassen, und genossen es in vollen Zügen.

Auf dem Pferd hatte man noch einen weitaus besseren Ausblick über das Heidemoorland, als man es zu Fuß hatte. Sie ritten auch an dem See mit dem Wasserfall vorbei und Pierre grinste Tommy zu. Pierre hatte mal wieder eine super Figur auf dem Sattel, es war eigentlich egal was oder wo er etwas machte, er sah immer hinreißend aus.

Tommy war glücklich, obwohl er dieses Glück noch nicht richtig fassen konnte. Die Angst, daß doch etwas sie trennen könnte, war noch zu groß. Er begnügte sich jedenfalls damit hinter Pierre her zureiten und ihn auf dem feurigen Araber zu beobachten.

Die Beiden schienen füreinander geschaffen zu sein, strahlten gemeinsam soviel Eleganz und Würde aus, aber auch Wildheit und Risikobereitschaft.

„Was sind denn das für Mauerreste da drüben?“, wollte Christin wissen.

Tommy ritt zu ihr gleich auf.

„Das ist der Friedhof deiner Urahnen, daß hat mir Emilio euer Gärtner vom Park erzählt.“

„Wusste gar nicht, daß es den gab und ich dachte alle wären auf dem Stadtfriedhof begraben“, meinte Margreth und blieb stehen.

„Komm Mutter lass und rüber reiten und uns in der Vergangenheit schnüffeln, mal sehen wer von uns ersten dort ist.“

Und schon gab Christin ihrer Stute die Sporen. Pierre und Marc ließen sich das nicht nehmen und setzten sofort nach. Nur Tommy und Margreth trabten gemächlich hinter her.

„Ach Tommy, ich bin so froh, daß ihr mitgekommen seid. Ich fühle mich richtig Wohl in eurer Gesellschaft, nur ab und zu seit ihr mich doch einwenig stürmisch für mein Alter.“

Tommy lächelte ihr zu gab aber keine Antwort. Zu sehr war er damit beschäftigt, Pierre zu beobachten.

„Du bist sehr in Pierre verliebt Tommy.“

Tommy wurde aus seinen Träumen gerissen und wurde rot.

„Ähm… ja.“

„Man sieht es ihm an,“ ihre Augen schauten Richtung Pierre.

„Wie glücklich er ist, aber du scheinst noch nicht so richtig überzeugt zusein.“

„Doch schon.“

„Aber? Was macht dich so unsicher, Tommy? Etwas besseres wie Pierre kann dir doch nicht passieren. Er ist so ein lieber netter Junge.“

„Margreth…., es fällt mir schwer darüber zu reden.“

„Wenn du nicht willst, ist es nicht schlimm.“

„Ist schon in Ordnung. Als ich mich vor drei Jahren von Pierre trennte, schwor ich mir, nie wieder eine Beziehung ein zugehen. Dieses auf und ab mit Pierre hat mich so aus der Reihe gebracht, daß ich nur noch ein nervliches Frack war. Ich bin danach erst mal drei Monate ins Ausland um Abstand zu gewinnen. Ich weiß nicht wie es mit Pierre werden wird, aber daß wir uns in den drei Jahren geändert haben, das ist gewiss. Ich habe nur Angst vor diesem Neuanfang, weil ich nicht so enden will, wie damals.“

„Tommy, wenn du genug Vertrauen zu Pierre hast, dann wird es auch in eurer Beziehung gut gehen. Du darfst nicht dauernd schwarz sehen, das ist Vergangenheit und wie du schon sagtest jetzt ist es ein Neuanfang. Du musst alles Vergangene zurück lassen, weiter leben und nicht in der Vergangenheit herum stochern. Tommy ich weiß wovon ich rede, habe das selbst erlebt, und ich bin damit kein bisschen weiter gekommen.“

„He ihr zwei, wollt ihr da Wurzeln schlagen, kommt endlich und schaut euch das hier an“, rief Christin und stieg von ihrem Pferd ab.

Tommy und Margreth lächelten sich an und ritten zu den Anderen. Sie stiegen ebenfalls von den Pferden und mühten sich über die zerfallene Randmauer.

„Ist schon komisch, hier steht kein Stein mehr, alle wurden umgeschmissen,“ sagte Christin, die zwischen den Grabsteinen umher streifte.

Tommy bückte sich und versuche einen Stein von den Überwucherrungen zu befreien, “ Kenny Ballater – Gestorben für seine Familie –  Gott sei seiner Seele gnädig. Gestorben… das kann nicht ganz stimmen, da hat sich jemand vermeißelt, schaut mal. Gestorben von 1034-40.“

„Hier schaut, bei diesem Stein auch, Andrew Ballater Gestorben 1057-1286.“

Alle fingen an, die Steine zu befreien. Überall standen Jahreszahlen, auch einige, die wirklich das Todesdatum sein hätten können. Tommy fotografierte jeden Stein einzeln und dann noch den gesamten Platz soweit es noch Möglich war.

Schweigend machten sie sich auf den Rückweg zum Herrenhaus. Margreth durchbrach als erste die Stille.

„Ich denke ihr werdet den Abend sicher wieder in der Bibliothek verbringen, ich werde Madge an heißen, euch wieder Sandwichs zu richten.“

Die Pferde waren schnell versorgt. Alle zogen sich etwas bequemeres an.

„Tommy, weißt du wo mein grüner Pullover liegt, der mit den weißen Streifen?“

„Meinst du den hier?“

Tommy hob den Pullover hoch, der neben dem Stuhl auf dem Boden lag.

„Ja genau der, weiß gar nicht wie er da hin gekommen ist, hatte ihn doch in die Tasche zurückgelegt.“

Pierre ging auf Tommy zu und nahm den Pulli an sich. Tommy griff nach seiner Hand und zog ihn zu sich.

„Ich wollte dir nur noch mal sagen, wie sehr ich dich lieb hab Pierre.“

Pierre sah in die funkelnden Augen von Tommy und gab ihm einen Kuss.

„Will ja nichts sagen, aber das sollten wir vielleicht auf später vertagen, so schwer ich mich jetzt auch von dir trennen kann“, meinte Pierre und zog sich den Pulli über.

Beide liefen die Treppe hinunter und alberten dabei herum. Unten in der Bibliothek wurden sie von Marc und Christin schon erwartet.

„Tommy ich wäre dafür du entwickelst die Bilder, und ich schau mit den Jungs nach, ob wir Bücher finden, in denen wir etwas über die Jahreszahlen heraus finden.“

Tommy ging in seine Dunkelkammer und fing an die Negative zu entwickeln. Die drei anderen machten sich auf Suche nach den besagten Büchern.

„Das ist schwerer als ich dachte, alles voller Geschichte und nirgends eine Jahreszahl, wie sollen wir da weiterkommen“, sagte Pierre und stellte einen dicken Wälzer zurück.

„Wir sollten vielleicht mehr nach Biographien suchen“, meinte Marc.

Alle warteten auf Tommy, damit sie wenigstens die Jahreszahlen der Steine hatten, aber ohne Nachschlagewerk dafür, würde es ihnen ja eh nichts bringen. Also suchten sie weiter und merkten nicht wie Madge das Zimmer betrat und die Sandwichs brachte.

Auch das sie wieder ging nachdem sie das Tablett abgestellt hatte, wurde von den Dreien nicht registriert, so vertieft waren sie mit dem lesen der Bücher. Marc fiel fast von der Leiter, als plötzlich das Regal nachgab und nach innen weg schwang.

Aus dem so entstandenen Gang Margreth und Tommy kamen lachend heraus gelaufen.

„Und solche Geheimgänge gibt es im ganzen Haus.“

„Ja Tommy, aber ich kenne nicht mehr alle, dieser war mir nur noch in guter Erinnerung.“

Erst jetzt merkten die beiden, wie sie von den Anderen total schockiert angeschaut wurden. Christin legte ihr Buch ab.

„Könntet ihr euch vorher vielleicht bemerkbar machen, ohne uns so zu erschrecken.“

„Genau“, meinte Pierre, „ich hätt mir vor Schreck fast in die Hosen gemacht…“

„Jetzt rege dich nicht auf, Margreth hat mir von den Geheimgängen erzählt und ich fragte sie, ob sie mir einen zeigen könnte. Ich wusste doch nicht, daß wir in der Bibliothek raus kommen würden.“

„Ist ja auch jetzt egal Tommy, hast du die Bilder fertig?“, meinte Christin.

„Ja habe ich, sie sind sogar sehr gut geworden, man kann deutlich jeden Stein einzeln lesen. Hier schaut!“

Tommy verteilte die Bilder und Pierre versuchte an Hand der Platzbilder ein Skizze an zulegen

„Also, wenn man sich das alles zusammen nimmt, liegen dir in eine gewissen Reihenfolge.“

„Wie meinst du das?“, fragte Christin.

„Schau her Christin, wenn du dir das genau anschaust, stehen die in einer Reihe im Halbbogen.“

„Naja. versuchen wir erst mal die Bedeutung der Jahreszahlen heraus zu bekommen.“

„Kind komm doch mal her, ich hab hier etwas gefunden.“

Christin lief zu ihrer Mutter.

„Da steht was von Anna Stuart um 1707. Steht das irgendwo drauf?“

„Ja auf dem ersten Stein steht das, wenn ich nach meine Plan jedenfalls gehe“, meinte Pierre.

„Das habe ich dieser Buchreihe gefunden, schau mal in den anderen nach, vielleicht steht ja noch mehr drin.“

„Moment, ja hier 1057-1286 Cammore Dynastie“, sagte Margreth.

Tommy hatte alle Jahreszahlen abgeschrieben und lief die Empore hinauf um die Zahlen zu vergleichen.

Marc war dabei, das nächste Buch zu durchforsten.

„Ich hab hier etwas sogar zwei Zahlen 1531 – Jakob I und 1603- Jakob VII.“

„Das sind alles Zahlen von den Steinen, schreib es auf dem Plan Pierre.“

„Was für eine Jahreszahl hatte Jakob der I.?“, fragte Pierre.

„Moment, das war 1531“, kam es von Marc.

„Gut das wäre dann der neunte Stein, und der andere Jakob der zehnte Stein.“, meinte Pierre wiederum.

Christin nahm das nächste dicke Buch aus dem Regal.

„Die haben vielleicht eine Verwandtschaft, wenn es so viele Bände davon gibt. Da habe ich wieder eine Zahl 1034-1040 Duncun I.“

„Das wäre dann der achte Stein,““ meinte Pierre und zeichnete es auf seinem Plan ein.

„Hier steht was bei 1329-1371, das sind gleich zwei Namen Stuart der I. und Robert II.“, meinte Margreth freudestrahlend, da sie auch etwas gefunden hat.

Am Ende hatten sie sämtlichen Zahlen heraus bekommen.

„Also wenn ich jetzt alle Namen in Reihenfolge untereinander schreibe,“ Pierre schrieb eifrig die Namen auf, „..und was fällt euch auf?“

„Was soll uns auffallen“, meinte Tommy.

„Schaut euch doch mal die Anfangsbuchstaben an….“

Christin nahm sich das Blatt.

„M-A-C-B-R-E-S-D-J-J-, Mac Bresd JJ, wer soll das den sein?“, fragte sie.

„Also wenn es jemand von hier war, dann könnten wir Bill…ähh ich meine Doc Harverst fragen. Er betreibt in seiner Freizeit Historienkunde vom Ort, vielleicht kann er euch weiter helfen.“

„Woher kennst du diesen Bill Mutter?“, sagte Christin frech grinsend.

„Sei nicht so neugierig Christin, aber ich sehe schon, du gibst eh keine Ruhe, bevor ich dir das erzähle. Bill ist mein Jugendfreund, mit ihm war ich vor deinem Vater zusammen. Reicht diese Erklärung?“

„Reicht vollkommen Mutter“, meinte Christin und mußte lachen.

 

* *

 

Margreth hatte Bill am Abend eingeladen und ihm die Sachlage am Telefon erklärt. Er erzählte, er kenne den Namen irgendwo her und würde in seinen Bücher nachschauen. Danach wolle er sofort kommen.

Margreth kam wieder ins Zimmer.

„Bill wird gleich kommen, er kennt den Mann. Er will nur noch schnell, in seinen Unterlagen nachschauen. Er hat mir übrigens erzählt, daß die Polizei weiter im Dunkeln tappt, und nach Bills Rat, haben sie die alten Unterlagen von früher heraus geholt. Sie haben einen Hinweis gefunden, daß einer der damaligen Bande noch auf freien Fuß sein muß, er ist nach einer wilden Verfolgungsjagd entwischt. Sie wissen zwar nicht genau wie er aus sah, aber sein ungefähres Alter. Er mußte jetzt so um die fünfzig sein.“

„Na toll, reicht uns nicht dieses schwere Rätsel, müssen wir uns jetzt auch noch mit einem alten Ganoven herum schlagen“, ärgerte sich Pierre und lies sich in den Sessel fallen.

„Also der, der mich zusammen geschlagen hat, der war nicht alt, daß hätte ich gemerkt. So wie der mich von den Füßen gehauen hat, nein das war ein junger Typ, darauf könnte ich schwören“, meinte Marc und nahm sich ein Sandwich.

„Ich habe auch Hunger Kinder, komm wir essen was, bis Bill hier auftaucht.“

Alle nahmen etwas und suchten sich einen Platz, wo sie in Ruhe ihre Sandwichs essen konnten. Die Tür wurde geöffnet und Madge kam herein.

„Da komme ich ja gerade richtig, ich dachte mir, ich mache ein wenig Punsch, da es draußen doch recht kühl geworden ist.“

„Danke Madge, das ist lieb von dir. Ach ja ich wollte dir noch sagen, daß wir noch Doc Harverst erwarten, also wundere nicht wenn es an der Eingangstür läutet.“

Madge verließ das Zimmer.

„Um noch mal auf vorhin zurück zu kommen, das könnte schon noch ein Problem geben, das hier jemand herum schwirrt, der auf den Familienschatz aus ist. Und wenn wirklich hier im Haus jemand alles ausplaudert, dann müssen wir ganz schön acht geben, was wir hier sagen“, sagte Christin.

Tommy schaute aus dem Fenster und glaubte jemand durch den Garten rennen zu sehen. Aber bevor er noch mal richtig hinschaute war diese vermeintliche Person verschwunden.

Er drehte sich wieder zu den anderen aber äußerte sich nicht über das Gesehene.

„Wer arbeitet eigentlich hier alles im Haus genau?“

Margreth überlegte.

„Erst einmal Madge und ihre zwei Zimmermädchen Claire und Phillis, dann die zwei Diener Bob und Gilbert, Georg der Stallbursche und Marc“, sie lächelte zu Marc hinüber, der es erwiderte.

„Und noch der alte Emilio unser Gärtner. Aber das sind alles vertrauenswürdige Personen, die schon lange dem Haus angehören.“

„Und trotzdem spielt einer falsch von ihnen“, meinte Tommy und goss sich ein wenig Punsch ein.

Es läutete an der Tür und Bill kam wie versprochen, mit ein paar Unterlagen unterm Arm.

„Na Marc alles wieder in Ordnung mit dir?“

„Bis auf ein bisschen Kopfweh, geht es Doc.“

„So, jetzt kommt mal alle her. Ich habe ein paar Unterlagen heraus gesucht über diesen Mac Bresd JJ.“

Christin setzte sich neben Bill

„Was bedeutet eigentlich JJ hinter diesem Namen?“

„Mac Bresd war Künstler, und jeder Künstler hat ein Zeichen, daß er für seine Kunstwerke benutzt um sie zu kennzeichnen.“

„Und was hat dieser Künstler gemacht, gemalt?“, wollte Pierre wissen.

„Langsam, ich erzähl euch erst mal wer dieser Mensch war. Er lebte hier in Ballater im 1800 Jahrhundert. Er hatte sein Atelier in der Stadt und verkehrte fast ausschließlich in den vornehmen Kreisen. Seine Statuen und Büsten waren sehr begehrt, und sind noch heute im ganzen Umland auf den Gutsbesitzern zu sehen.“

Tommy nahm sich noch einen Punsch und setzte sich zu den anderen.

„Und bei euch hier hat er auch seine Spuren hinterlassen. Es war ein Großauftrag von Andreas Earl von Ballater.“

„Andreas? Hört sich nach einem Deutschen an“, bemerkte Tommy nebenbei.

„Du hast nicht ganz recht, Andreas wurde hier in England geboren, seine Mutter war eine Deutsche aus dem Hause Arenberg.“

„Blaues Blut zu blauen Blut, die waren ja eh alle miteinander verwandt um tausend Ecken“, meinte Pierre und grill nach einem weiteren Sandwich.

„Ja und eben dieser Andres lies für den hinteren Park fünfzehn Statuen anfertigen, die Großzahl aus der griechischen Mythologie, Götter und so.“

„Das sind wohl die halbstarken Nackten, die hinten im Park stehen?“

Alle schauten Pierre an, und fingen an zu lachen.

„Was denn, schaut sie euch doch mal genau an, alles Muskelpakete und wenn du den Blick tiefer schweifen lässt, dann bekommst du einen Lachanfall. Die Modell mussten sehr gefroren haben, als sie Akt standen.“

Pierre biss herzhaft in sein Sandwich, verschluckte sich aber, weil er dem Gelächter der anderen einstimmte. Bill nahm ein anderes Dokument in die Hand.

„Mac Bresd stellte darauf hin, mehrere Bildhauer ein und machte sich an den Auftrag. Und nach sieben Jahren standen alle Figuren auf ihrem Platz.“

„So schnell?“, warf Margreth ein.

„Ja, er verwendete irgendein weicheres Gestein aus dem Ausland.“

„So langsam kommen wir der Sache schon näher. Stone – Mac Bresd, es fügt sich langsam etwas zusammen.“

Tommy setzte sich zu den anderen, die sich alle einen bequemen Platz in der Bibliothek gesucht hatten. Bill rührte in seinem Punsch umher.

„Was ich noch vergessen habe zu sagen, Mac Bresd ist unmittelbar nach Fertigstellung der Statuen verschwunden und ist auch nie wieder aufgetaucht. Die Arbeiter wurden von dem Earl persönlich ausgezahlt und das Atelier wurde geschlossen. Es stand auf dem Platz, wo heute der neue Supermarkt steht.“

„Also verschwunden, das wird ja immer mysteriöser“, warf Marc ein.

Christin richtete sich auf.

„Also fassen wir zusammen wir haben das Wörtchen Stone, die zehn Grafschaften, Mac Bresd JJ, zehn Grabsteine und jetzt noch fünfzehn Statuen von irgendwelchen griechischen Göttern, seht ihr da den Zusammenhang?“

„Was hast du gemeint Tommy jetzt fügt sich einiges zusammen?“, fragte Marc.

„Na ich würde sagen, wir schauen uns doch mal die Statuen im Park morgen genauer an, vielleicht finden wir ja da was.“

„Und wie sollen wir das bitte schön machen, ohne das es auffällt? Ich meine ja nur, irgend jemand hier spioniert uns nach und nicht zu vergessen, der Typ der draußen noch herum schleicht. Ich weiß nicht wie du das machen möchtest Tommy, wenn unser kleines Date mit den Figuren unentdeckt bleiben soll“, sagte Christin.

„Lass mich mal nur machen, mir ist da schon etwas eingefallen“, erwiderte Tommy und nahm einen kräftigen Schluck von seinem Punsch.

 

* *

 

Am nächsten Morgen saßen alle ein wenig müde am Frühstückstisch. Es war doch spät geworden. Bill erzählte noch einige Anekdoten aus der Zeit, als er mit Margreth zusammen war. Es wurde viel gelacht und allen steckte noch der Punsch in den Gliedern.

Pierre saß lustlos auf seinem Stuhl und überlegte ob er ein Marmeladenbrot oder lieber Eier mit Speck essen sollte.

„Ich glaub, ich lege mich wieder in mein Bett.“

„Das könnte dir so passen Pierre, wir haben heute morgen eine Menge Arbeit“, stachelte Tommy.

„Bist du verrückt, Tommy? Arbeit? Was hast du da denn wieder ausgeheckt?“

„Ganz einfach, wir machen unsere nächste Fotoserie über elegante Abendgarderobe an den Statuen. Dazu brauchen wir aber verschiedene Dekorationen, die aufgebaut werden müssen. Und dazu brauche ich euch alle.“

Im Flüsterton sprach Tommy weiter.

„Und außerdem gibt es uns die Gelegenheit die Statuen genau zu untersuchen“, und wieder lauter werdend, „ich habe Bob in die Stadt geschickt, um hier für uns ein  paar Sachen zusammen zu suchen. Lampen und ein paar Stoffe …etc. eben alles was ich mir so vorstelle. Und wenn er wieder da ist, können wir mit dem Aufbau beginnen.“

„Du bist ein Sklaventreiber Tommy, das du es weißt, und das noch zu einer unmenschlichen Zeit“, meinte Pierre und griff nach der Silberschale mit Rührei, nachdem er sich entschieden hatte was er essen wollte.

Margreth nahm einen Schluck ihres Kaffees.

„Mich interessiert nur was Tommy für Kleider für uns ausgesucht hat mehr nicht, dich nicht auch Christin?“

„Ich mach mir da keine Gedanken darüber. Ich habe volles Vertrauen in Tommy. Er kennt meinen Geschmack sehr genau. Und bis jetzt hat er mich nie enttäuscht, was das anbetrifft.“

Christin lächelte Tommy flüchtig an.

 

* *

 

Bob kam nach einer Stunde zurück und hatte edle Damast- und Brokatstoffen mitgebracht. Mit Gilbert zusammen, befestigte Bob nach den Wünschen von Tommy die Lichterkette entlang der Figuren. Stühle wurden herbei geschafft und auch Tische. Überzogen mit edler Tischwäsche und glänzenden Geschirr gedeckt, sah das Ganze recht festlich aus.

„Und was hast du jetzt mit diesen Stoffen vor Tommy?“, fragte Christin und begann einen davon auseinander zufalten.

„Es sind genau fünfzehn Stück, Christin, na klingelt es schon im Köpfchen.“

„Willst du etwa jede einzelne Statue mit Stoff behängen, sieht ein wenig blöd aus, finde ich.“

„Nicht die Figuren, die Sockel möchte ich einwickeln.“

Gesagt getan. Tommy begann bei Herkules, er sah jedenfalls nach einem aus, den Sockel zu umwickeln. Marc ging ihm zur Hand.

„Du Tommy“, sprach Marc leise, „schau mal, da ist eine Zahl eingeritzt, eine Achtzehn.“

Tommy winkte die anderen herbei, um ihnen den Fund zu zeigen. Nach Außen hin schien es, als würden sie über die Passform und wie der Stoff hängen sollte, zu reden. Sie umwickelten jeden Sockel und es hatte den Anschein, als würde Pierre Anweisungen von Tommy notieren. Dabei schrieb er jede Zahl auf, die sie fanden. Kurz vor dem Mittagessen waren sie fertig.

„Ist ja richtig toll geworden, sich richtig edel aus!“, meinte Christins Mutter.

„Das erinnert mich irgendwie an die Feste die damals hier gefeiert wurden. Bill hat erzählt, nachdem wir damals fortgegangen waren wurde hier nichts mehr gemacht, mein Schwager brach jeglichen gesellschaftlichen Kontakt ab.“

Christin nahm ihre Mutter in den Arm, als sie deren verklärten Blick sah.

„Was hältst du davon Mutter, bevor wir abreisen, hier noch ein kleines Fest zu veranstalten. Du lädst alle Freunde von früher ein, so hast du auch die Möglichkeit, alte Kontakte wieder aufzufrischen.“

Margreth schaute Christin in die Augen.

„Ach Kind, woher nimmst du immer diese phantastischen Ideen?“

Beide fielen sich in die Arm und drückten sich kräftig. Tommy sah auch bei Christin die Tränen in den Augen stehen.

 

* *

 

Während dem Essen sprachen sie nur noch über dieses Abschiedsfest und vergaßen beinahe die Zahlen der Sockeln, die Pierre aufgeschrieben hat.

„Also was sollen wir jetzt mit den Zahlen anfangen, die ich aufgeschrieben hab? Ich sehe da überhaupt keinen Sinn drin. Wenn in einem Sockel etwas versteckt sein soll, dann müssen wir alle fünfzehn Sockel aufbrechen“, meinte Piere.

„Ja und jeder sieht was wir machen, es kann aber nur einer sein ich kann mir nicht vorstellen das in allen etwas drin ist“, sprach Christin.

„Hohl sind sie alle, das habe ich gemerkt als ich, als ich mit Tommy die Stoffe befestigt habe. Es könnte also in jedem etwas drin sein, aber welcher… ich weiß auch nicht“, sagte Marc.

„Aber die Zahlen müssen doch irgendwas bedeuten, zähl doch alle einmal zusammen Pierre“, sagte Christin und rückte näher an Pierre heran.

Christins Mutter richtete sich auf.

„Kinder wie wäre es, wenn wir erst mal alles abräumen lassen und dann weiter machen. Ich denke, wenn jemand herein kommt, und sieht was ihr hier macht, wäre das nicht von Vorteil. Ich meine wir wissen ja nicht wer im Haus hier alles ausplaudert.“

„Ich habe eine gute Idee kommt doch in Pierres und mein Zimmer, wir müssen eh noch die Kleider für die Saison heraussuchen. Dann fällt auch nichts auf“, sagte Tommy und stand ebenfalls auf.

Alle waren mit dem Vorschlag einverstanden und begaben sich nach oben. Pierre hatte mittlerweile alles zusammen gerechnet.

„Ich weiß nicht mit 525 kann ich auch nichts anfangen.“

Christin ließ sich aufs Bett fallen.

„Moment ganz langsam, wir haben jetzt das Wort Stone, dann noch Stein der Vergangenen, Mac Bresd JJ, zehn Grafschaften, zehn Grabsteine und fünfzehn Statuen. Stein der Vergangenen, damit können nur die Statuen und ihre Sockel gemeint sein, oder? Und dann diese Zahlen… Pierre teile doch die Zahl 525 durch die Anzahl der Statuen.“

„Das gibt fünfunddreißig“, antwortete Pierre, nachdem er es errechnet hatte.

„Steht die bei den Zahlen dabei?“

„Ja das wäre die viert letzte Statue sie trägt die Nummer fünfunddreißig“, antwortete Piere.

Christin ließ ein kleinen Jauchzer los.

„Das ist es bestimmt und schaut hier, zehn Grafschaften und zehn Grabsteine und dann noch fünfzehn Statuen, nehmt die Zahlen zusammen, das ergibt auch fünfunddreißig. Es muß also diese Statue sein ,oder?“

Alle schauten Christin an, die total aufgewühlt neben Pierre stand.

„Christin, dass muss ich dir lassen, deine Kombinationsgabe ist wahnsinnig“, sagte Pierre und klopfte Christin auf die Schulter.

Tommy hatte verschiedene Abendkleider heraus gelegt, meist doch in schwarz gehalten, schlicht geschnitten und mit kleinen Accessoires versehen. Für Pierre und Marc gab es verschiedene Formen von Anzügen. Den klassischen Westenanzug oder Anzüge mit Stehkragen, von allem war etwas dabei.

Alle hatten sie ihre Sachen heraus gesucht, und liefen gemeinsam hinunter. Dabei überlegten sie eifrig, wie sie unbemerkt an den Sockel überprüfen könnten, ob irgendwelche Öffnungen daran waren. Tommy begann mit seinen Bildern, und jeder schaute ab und zu nach der elften Statue.

Wie immer gab es viel zu lachen, und als Pierre mit Fratzen schneiden nicht mehr aufhörte, mußte sie das Ganze unterbrechen. Madge kam mit einem Korb vom Haus her gelaufen.

„Entschuldigung, hat von Ihnen euch jemand Emilio gesehen, er ist schon den ganzen Mittag verschwunden“, sagte Madge und stellte ihren Korb auf dem Boden ab.

Pierre lief gleich zu dem Korb und schaute neugierig nach was zum Essen.

„Tut mir leid Madge, aber hier bei uns war er nicht, daß hätten wir bemerkt“, erwiderte Margreth.

„Das ist überhaupt nicht seine Art, einfach zu verschwinden, so kenne ich ihn gar nicht“, murmelte Madge.

Tommy und Christin schauten sich an, sollte er derjenige sein, der alles nach draußen trägt? Marc rief Tommy zu sich.

„Tommy hier hat sich was am Sockel gelöst, der Stoff rutscht herunter.“

Er zog am Stoff herum, bis er endgültig zu Boden ging.

„Er hält einfach nicht mehr, kann mir mal jemand helfen“, rief Marc.

Tommy und Christin liefen zur Statue hinüber. Marc hatte sich inzwischen auf den Boden gekniet und tastete den Sockel nach Unebenheiten ab.

„Und schon was gefunden?“, sagte Tommy leise.

Christin nahm den Stoff zu sich und begann ihn an die Befestigungen zu klammern. Marc schaute Tommy an, als ein kleines Stückchen vom Sockel nachgab. Er drückte es fest hinein und die Platte, die der Sockel als Zierte trug, sprang einwenig auf einer Seite auf.

Mittlerweile hatte Christin den Stoff wieder fallen lassen und sich ebenso hinter die Statue begeben. Tommy zog vorsichtig die Platte auf. Ein prall gefüllter Beutel und eine Schatulle kamen zum Vorschein.

Christins Augen begannen zu leuchten.

„Mutter…. Pierre kommt schnell her, wir haben es gefunden.“

Pierre lies augenblicklich seine Tasse mit Tee fallen und lief zu den dreien.

„Was ist es denn zeigt schon her.“

Tommy griff nach dem Beutel und zog ihn aus dem Sockel heraus, Marc tat das selbige mit der Schatulle.

„Mach sie auf ich will sehen was drin ist“, Christin hüpfte unruhig von einem zu anderen Bein.

Tommy zog ein Messer aus der Tasche und machte sich an dem stark verwitterten Schloss zu schaffen. Mit einem leisen Klicken sprang das Schloss auf. Tommy öffnete langsam den Deckel. Es verschlug allen den Atem.

„Der muß ein Vermögen wert sein, schaut mal wie schön der funkelt.“

Ein eigroßer Diamant eingebettet in blauem Samt, entfaltete seine ganze Schönheit, im einfallenden Sonnenlicht.

Tommy nahm ihn heraus und hob ihn gegen das Licht.

„Wie viel Karat der wohl haben mag?“

Marc machte sich am Beutel zu schaffen. Als er ihn öffnete, kullerten verschiedene Edelsteine heraus und fielen auf den Rasen. Margreth bückte sich und hob sie auf.

„Der ganze Beutel ist voll davon“, sagte Marc und griff mit der Hand hinein.

Christin nahm einen Smaragd von Margreths Hand.

„Wisst ihr was wir da gefunden haben, das alles ist bestimmt…den Wert man bestimmt nicht schätzen kann.

„Doch kann man, circa drei Millionen Pfund is das alles wert.“

Alle fuhren erschrocken herum. Ein junger Mann mit gezückter Pistole stand vor ihnen.

„Aber Billy, was soll das, was tust du?“, sagte Madge mit leicht erstickender Stimme.

„Er führt nur das fort, was ich damals nicht zu Ende bringen konnte“, sagte Emilio und trat hinter einem Busch hervor.

 

* *

 

Also war Emilio der Entflohene von damals, dachte sich Tommy und auch der, der alles nach draußen trug.

„Das ist mein Sohn Billy, er hilft mir nur dabei, an mein recht mäßiges Erbe zu kommen das mir zu steht.“

Alle schauten Margreth fragend an.

„Ja Lady Ballater, mein Vater war nicht der Stallbursche, wie alle damals dachten, es war ihr Schwiegervater.“

„Also ihr Mann und ich sind Halbbrüder. Kingley nahm meine Mutter nur zur Frau, um ihr aus der Notlage zu helfen. Ich habe lange genug auf diesen Augenblick gewartet. Zu lange.“

Er nahm einen Knüppel und zog seinem Sohn eins über dem Kopf. Dieser brach zusammen und Emilio nahm sich seiner Waffe an.

„Bleiben sie stehen junge Herren und es passiert ihnen nichts. Christin nimm den Beutel und Schatulle und bring sie mir rüber!“

Christin machte was ihr gesagt wurde.

„Ich wusste gar nicht, daß wir per Du sind….“, sagte Christin ärgerlich  und lief auf Emilio zu.

Weil Mark aufstand, war Emilio einen kleinen Augenblick abgelenkt und Christin nutzte diesen Augenblick aus.

„Das kannst du auch selber tragen“, sagte sie und warf ihm die Sachen zu.

Emilio total überrascht, torkelte rückwärts, von der Wucht des Aufpralls. Er verlor das Gleichgewicht und stürzte zu Boden. Tommy und Pierre nutzen die Gelegenheit und warfen sich auf Emilio um ihm die Waffe abzunehmen.

Bei einem kurzen Handgemenge löste sich dann ein Schuss. Madge schrie auf. Aus Pierres Ärmel rann Blut. Tommy holte aus und schlug mit der Faust in Emilio ´s Gesicht, worauf dieser bewusstlos liegen blieb.

„Pierre…. Schatz, was ist mit dir?“

Pierre lag mit schmerzverzerrtem Gesicht auf dem Boden und hielt sich den Arm.

Tommy lief zu Pierre und nahm ihn in den Arm.

„Mach mir jetzt bloß nicht schlapp Pierre, sag doch was…“

„Keine Sorge, so schnell stirb sich nicht. Es ist nur ein Streifschuss….. es tut nur so höllisch weh…“

Marc war zum Haus gerannt, um die Polizei zu verständigen. Margreth beugte sich herunter und hob die Waffe auf.

„Also dir Mitkerl hab ich zu verdanken, daß ich meinen Mann verloren habe. Wegen dir haben wir hier weg müssen…“

„Mutter nicht!“

Christin nahm Margreth die Waffe ab und streckte sie Madge entgegen, die sie in ihren Korb gleiten lies.

„Er ist es nicht wert auf dumme Gedanken zu kommen Mutter, er wird schon seine gerechte Strafe bekommen.“

Sie nahm ihre Mutter in den Arm, die darauf verbittert zu weinen anfing. Tommy presste ein Tuch auf Pierres Wunde und drückte ihn fest an sich.

„He Kleiner, drück nicht so, oder willst du mich umbringen, ich bekomme ja fast keine Luft mehr.“

Tommy lächelte und lockerte seinen Griff und küsste Pierre auf die Stirn.

 

* *

 

Mit lauten Sirenen kamen ein Polizeiwagen und ein Krankenwagen in den Park gefahren. Marc wies die beiden Fahrer ein, wohin sie fahren sollten. Auch Bill kam angebraust. Beide Männer, wieder zu sich gekommen, wurden abgeführt und ins Auto gebracht.

Bill verarztete Pierre und legte ihm einen Verband an. Christin schaute ihre Mutter an.

„Was Hass und Geldgier aus einem Menschen alles machen können, seinen eigenen Sohn hat er zusammen geschlagen, ich fasse es nicht. Er wollte nicht mit ihm teilen.“

„Geldgier und Hass verändern Menschen nachteilig, Kind. Ich kann es ihm nicht mal verdenken, jetzt wo wir wissen wer er wirklich ist.“

„Du glaubst ihm Mutter?“

„Ja tue ich. Es wurde viel gemunkelt damals, aber als Kingley sie heiratete, geriet es in Vergessenheit. Mir wurde das alles später mal alles von deinem Vater erzählt, als ich Emilio hier als Gärtner hier kennen lernte.“

„Und dir geht es gut?“, fragte Bill und kam auf Margreth zu.

Christin lies die Beiden alleine und ging zu Tommy und Pierre. Sie saßen eng umschlungen auf einer Parkbank.

„Wenn ich euch so zusehe, könnte ich richtig neidisch werden.“

„Ach Christin, dich erwischt es auch noch irgendwann“, meinte Tommy und strich Pierre über die Haare.

Christin machte sich auf den Rückweg zum Haus.

„Weißt du eigentlich, daß ich richtig Angst um dich hatte? Da habe ich mich endlich dazu entschlossen, mein Leben mit dir zu teilen und da kommt dieser Idiot und schießt auf dich…“

Tommy standen die Tränen in den Augen.

„He Kleiner, es ist nichts passiert und so ein kleiner Kratzer, wirft mich nicht gleich aus der Bahn. Du hast mich jetzt am Hals und bekommst mich nie mehr los“, entgegnete Pierre und wischte Tommys Tränen weg.

„Ich liebe dich Pierre!“

„Und ich dich Tommy.“

Beide umarmten sich und gaben sich einen Kuss.

 

* *

 

Die Vorbereitungen für das Fest liefen auf Hochtouren. Als Überraschung für Margreth hatten Marc und Christin es sogar geschafft, ein Kettenkarussell zu mieten.  Tische und Bänke wurden in kleinen Gruppen überall im Park verteilt.

Madge überschlug sich in ihrer Küche und zauberte lauter Leckereien und sie mußte mehrere Male Pierre aus der Küche schmeißen, weil er überall am probieren war. Ein kleines Zelt wurde aufgeschlagen. Später sollten hier die Speisen rein gestellt werden.

Es hatte viele Bekannten aus Margreths früherer Zeit hier zugesagt. Und Christin wollte, das es ein tolles und unvergessenes Erlebnis für Ihre Mutter werden würde. Margreth selbst war wenig zu gegen. Sie verbrachte die meiste Zeit mit Bill, soweit es sein Dienst erlaubte.

Sie machten viele Ausflugstouren. Tommy dagegen, war voll und ganz mit seinen Fotos beschäftigt. Er war nach Ballater gefahren und hatte die Bilderserien per Computer nach Paris gesandt. In Paris war man begeistert.

Es wurde versprochen, daß sein nächster Auftrag ihm sicher wäre. Auch wurde er nach Marc gefragt, wo man dieses begabte Fotomodell her hatte. Es wären schon Aufträge eingegangen, und man wollte wissen, wie Marcs Terminkalender wäre.

Tommy machte denen in Paris klar, daß sein Schützling, noch ein Jahr die Modellschule besuchen wollte, aber für Fotoshottings bestimmt Zeit hätte. Marc war begeistert, und fiel Tommy vor Dankbarkeit um den Hals.

„Nana, wer wird hier denn gleich fremd gehen?“, fragte Pierre ironisch.

Pierre beglückwünschte Marc, und fand sich damit ab einen weiteren gutaussehenden Konkurrenten auf dem Markt zu haben.

Christin hatte sich die während der ganze Zeit, um einen Juwelier bemüht. In Inverness hatte sie einen gefunden. Er wollte die Steine zur Weiterverarbeitung kaufen. Nur der große Diamant sollte im Familienbesitz bleiben.

„Was hast du jetzt mit dem vielen Geld vor Christin?“, wollte Christins Mutter wissen.

„Du hast mir immer vom Traum meines Vaters erzählt. Er wollte nachdem ich auf der Welt war, ein Kinderinternat aufmachen.“

„Ja, er liebte dich über alles. Und dann dachte er an die vielen Kinder, die mittellos oder ohne Eltern aufwachsen mussten. Das war ihm ein großes Anliegen.“

„Deswegen möchte ich das Geld hierfür verwenden Mutter. Ich möchte Vaters Traum verwirklichen. Weißt du ich brauche das Geld nicht für mich, ich verdiene genug. Und das Gut steht in einem tadellosen Zustand, das es genug abwirft. Ich sehe also keinerlei Probleme auf uns zukommen.“

„Dein Vater wäre stolz auf dich gewesen“, sagte Margreth und strich ihrer Tochter zärtlich über die Wange.

Alle waren begeistert von Christins Vorschlag und versprachen, bei jeder Gelegenheit dafür zu werben und Spenden einzusammeln.

 

* *

 

Der große Abend kam. Die letzten Vorbereitungen wurden getroffen, das Essen aufgetragen, Laternen und Fackeln entzündet und Lichterketten angeschlossen.

Und sie kamen.

Sie kamen in Scharen auf das Grundstück geströmt. Viele Gesichter erkannte Margreth sofort und es gab eine herzliche Begrüßung. Andere wurden erst durch erzählte Erinnerungen erkannt. Es war ein rauschendes Fest.

Die Überraschung mit dem Kettenkarussell war gelungen. Margreth stand mit feuchten Augen davor.

„Würdest du mir die Ehre erweisen, eine Runde zu drehen?“, wollte Bill wissen und nahm ihre Hand.

„So viele du willst Bill“, lächelte ihm Margreth entgegen.

„Ich denke da bahnt sich was an Christin“, meinte Tommy und nahm Christin in den Arm.

Sie strahlte über das ganze Gesicht, und freute sich für ihre Mutter. Es wurde gesungen, getanzt und fürstlich gespeist. Alle waren glücklich und hatten viel Spass. Erst spät verließen die letzten Gäste die Feier.

Es wurde beschlossen, nach alter Tradition, das fest jetzt jedes Jahr zu veranstalten und sich alle hier wieder trafen. Die Aufräumarbeiten gingen zügig voran. Tommy packte währenddessen, seinen Hänger voll und das Gepäck der anderen ein.

Er einigte sich mit Marc, daß er in einer Woche mit dem Zug folgen würde. Bis dahin hätte er hier alles geregelt. Margreth verabschiedete sich von Bill und versprach ihm in zwei Wochen wieder da zu sein, wenn sie zu Hause alles geregelt hätte. Der Notar der Familie erwies sich hier als sehr hilfsbereit.

Vor der Abfahrt trafen sich alle noch vor dem Haus. Bill war gekommen und schenkte Margreth eine rote Rose. Marc umarmte alle und machte ein Gesicht als würden sie sich nie wieder sehen.

„Marc, ich werde mit Tommy dich am Bahnhof abholen. Also nicht traurig sein, es ist ja nur für eine Woche. Oder willst du jetzt bei jeden Abschied so ein Gesicht auflegen?“, sagte Pierre.

Jeder begann zu lachen, und die vier stiegen in den Rover ein.

Tommy fuhr los, und Christin ließ noch einmal den Blick über das alte Gemäuer wandern.

„Wer hätte gedacht, das die zwei Wochen, die wir hier verlebten, unser ganzes Leben umkrempeln würden.“

 

* *

 

In London hatte alle schnell der Alltag eingeholt. Tommy mußte seinem Onkel einwenig zur Seite stehen, denn seit der Bekanntgabe der Steinfunde und dessen Geschichte in der Zeitung, war der kleine Antiquitätenladen bekannt geworden. Täglich strömten mehrere Dutzend Leute in den Laden.

Onkel Henry und Tommy einigten sich darüber, daß sie eine Hilfe einstellen würden. Am besten jemand mit Schreinerwissen, der Henry am besten unterstützen konnte.

Christin hatte wieder Werbeaufträge und Pierre packte alle seine Sachen und zog zu Tommy. Die Möbel wollte er Marc überlassen. Am Freitag kam Christin die Beiden besuchen. Sie schwelgten in Erinnerungen, und Christin beschloss am Sonntag mit zugehen um Marc vom Bahnhof abzuholen.

An der Tür klingelte und Tommy öffnete.

„Sind sie Mister Cummingham?“, Tommy nickte.

„Ich habe hier ein Expressbrief aus Amerika. Würden sie hier unterschreiben.“

Tommy unterschrieb und nahm den Brief in den Empfang. Er schloß die Tür und nahm sich den Brieföffner, der auf der Kommode neben der Tür lag. Tommy öffnete das Couvert, und lass es in aller Ruhe.

„Tja, ich bleibe euch nicht lange erhalten, außer ihr packt wieder eure Koffer und fliegt mit mir nach Amerika. Da hab ich meinen nächsten Auftrag. Und ich möchte eigentlich nicht auf dieses eingeschworene Team verzichten!“

Tommy lachte, als ihm die beiden um den Hals flogen.

Und Amerika….tja, das ist eine andere Geschichte!

 

* Ende *

 

 

 

 

 

 

 

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