Die zweite Chance – Teil 12

“Was meinst du?“

Florian stand Sven direkt gegenüber. Unsicher machte er einen Schritt zurück.

„Tu nicht so unschuldig. Erst starrst du mich Tagelang an und dann erfahr ich dass du schwul bist.“

„Ähm… also das…“

„Florian.“

„Was.“

„Halt die Klappe und komm mit.“

„Äh… Wohin?“

Statt einer Antwort spürte er Svens Hände auf seinen Schultern. Florian zuckte zusammen bevor er mit Nachdruck herumgedreht wurde. Sven schob ihn weiter den Flur entlang in den hinteren Teil des Hauses.
Eine Tür am Ende stieß er auf und schob Florian weiter vor sich her.
Auf der anderen Seite verschlug es ihm die Sprache. Für Florian sah es aus wie das Wohnzimmer mit Sofa, Fernseher und Anbauwand. Doch das war nicht das was seine Aufmerksamkeit forderte.
Etliche Kerzen verteilten ein flackerndes Licht. In der Mitte des Zimmers war eine karierte Decke ausgebreitet. Ein Korb aus dem der Hals einer Flasche herausguckte stand darauf.

„Äh… Sven… was soll das hier?“

„Was denkst du denn?“

Sven zog ihn zu der Decke, setzte sich dort auf den Boden und lächelte Florian an.

„Setz dich. Eigentlich wollte ich das ja draußen aufbauen. An einem See oder auf einer Lichtung im Wald. Aber bei dem Wetter…“

„Das war was du zu tun hattest?“

„Was dachtest du denn? Und jetzt setz dich endlich.“

Florian nahm nervös neben ihm Platz und versuchte es sich so gut es geht auf dem harten Boden bequem zu machen.

„Und wie gefällt es dir?“

„Ganz gut. Nur diese Anbauwand hättest du verstecken können.“

„Das war zwar nicht das, was ich hören wollte. Aber ich weiß was du meinst“, Sven sagte dies mit einem abschätzenden Blick zum besagten Möbelstück.

„Sven, was wird das hier?“

„Wie meinst du das?“

„Na, ich mein ich mag dich wirklich und ich… ich würde wirklich gern mehr Zeit mit dir verbringen und auch mal was zusammen unternehmen, dich vielleicht besser kennen lernen und jetzt hast du dir hier so viel Mühe gegeben und ich weiß einfach nicht was ich jetzt denken soll…“

„Halt die Klappe“, wurde er wieder von Sven unterbrochen.

Sven rückte näher an Florian heran, beugte sich langsam zu ihm rüber und kam mit seinem Kopf immer weiter zu seinem. Er konnte seinen Atem im Gesicht fühlen als er nur noch Zentimeter von ihm entfernt war.
Florians Herz schlug ihm bis zum Hals als Sven eine Hand in seinen Nacken legte und ihn das letzte Stück zu ihm hinzog.
Und dann spürte er Svens Lippen auf seinen.
Warm und weich lagen sie auf seinen.
Nur um kurz darauf von Svens Zähnen abgelöst zu werden, die leicht in seine Lippe biss.
Florian merkte wie sein Arm vor Aufregung anfing zu zittern auf dem er sich aufstütze.
Sven fuhr leicht mit seiner Zunge über die Stellen, die er grade noch gebissen hatte. Schließlich verstärkte er den Druck auf Florians Lippen und forderte mit seiner Zunge einlass.
Florian war froh, dass er schon auf dem Boden saß.
Er hatte das Gefühl sich bei dem Kuss kaum noch halten zu können.
Erst als sein Gehirn nach einer Ewigkeit nur noch ein „wupah“ als Output von sich gab löste sich Sven wieder von ihm.

„Alles klar?“

Ja…sicher…“

Florian sah trotzdem etwas unsicher zu Sven.
Sein Gesicht brannte.

„Du bist echt niedlich wenn du so schüchtern bist.“

„Ich bin nicht niedlich!“

„Und ob! Willst du was trinken?“

Ohne ein Antwort abzuwarten zog Sven die Sektflasche und zwei Gläser aus dem Korb. Vorsichtig goss er die Gläser voll und Florian wollte sich schon ein Glas nehmen als Sven ihn davon abhielt.

„Warte da fehlt noch was.“

Sven griff noch einmal in den Kork und holte zwei Erdbeeren hervor die er in den Gläsern versenkte.

„Jetzt darfst du.“

Florian nahm ein Glas und nahm grinsend ein Schluck.

„Sven wo führt das hin?“

„Muss das irgendwohin führen? Lass es doch erst Mal anfangen.“

„Was anfangen?“

Sven verdrehte gespielt seine Augen.

„Komm mal her.“

Er drehte Florian ein wenig zu sich herum und zog ihn heran. Florian lag mit seinem Kopf an ihn gelehnt während Sven seine Arme um ihn gelegt hatte und festhielt.

„Du hast es doch vorhin schon gesagt. Ein bisschen Zeit verbringen, sich besser kennen lernen und dann mal sehen ob deine Verliebtheit bleibt.“

Erst nach einer kurzen Pause fuhr Sven fort.

“Genauso wie meine.“

Florian riss seine Augen auf als er das gehörte verarbeitet hatte. Er drehte seinen Kopf und versuchte Sven in die Augen zu sehen, was in seiner derzeitigen Position gar nicht so einfach war.

„Du… bist auch…?“

„Was denkst du denn warum ich das hier mache.“

Sven zog ihn wieder zu sich und küsste Florian erneut.

„Daran könnte ich mich gewöhnen.“

„Darfst du auch ruhig. Ich habe nicht vor damit aufzuhören.“

Florian genoss Svens Nähe. Ab und zu nippten sie an ihren Gläsern bis sie leer waren und Sven sie wieder füllte.

„Du Sven? Wer weiß eigentlich das du schwul bist?“

„Eigentlich nur meine Freunde. Deshalb wollte ich auch nicht weg. Bei denen musste ich mich nicht mehr verstellen.“

„Deine Eltern wissen es nicht? Und was ist wenn die nach Hause kommen?“, fragte Florian leicht panisch. Ein weiteres unfreiwilliges Outing wollte er nicht über sich ergehen lassen.

„So schnell kommen die nicht. Die sind auf einem Geburtstag und haben danach noch über eine Stunde fahrt vor sich.
Und wer weiß es von dir?“

„Musst du das wirklich noch fragen? Seit Gestern weiß es eigentlich jeder. Meine Familie weiß es seit ungefähr einem halben Jahr. Aber das ist eine längere Geschichte die ich dir aber lieber ein anderes Mal erzähle.“

„Aber wir haben doch Zeit. Und ich würde gerne mehr über dich erfahren.“

„Das ist aber kein so erfreuliches Thema. Und will uns jetzt nicht den Abend verderben.“

„Oh… hat das was mit eurem Umzug zu tun? Ihr seid Alle immer so verschlossen wenn das erwähnt wird.“

„Treffer. Ich erzähle dir ein andermal; versprochen. Die Anderen wissen es ja auch schon.“

„Okay.“

Sven suchte nach einer bequemeren Position. Florian legte seinen Kopf auf seinen Bauch.

„Ein Picknick im Wohnzimmer ist echt unbequem.“

„Hättest du lieber irgendwelche Baumwurzeln im Rücken?“

Florian wusste nicht wie lange sie zusammen auf der Decke saßen. Erst als eine Uhr im Zimmer Mitternacht schlug merkte er wie spät es wirklich war.

„So langsam muss ich wieder nach Hause, sonst geben meine Eltern noch eine Vermisstenanzeige auf.“

„Ich will aber nicht, dass du schon gehst.“

Sven unterstützte dies indem er seine Finger leicht auf Florian Bauch kreisen lies, was ihn zum kichern brachte.

„Ich will doch eigentlich auch nicht los.“

Widerwillig löste sich Florian trotzdem von Sven und stand langsam auf. Dieser sah ihm dabei zu. Ein breites Lächeln zierte sein Gesicht, was Florian irritierte.

„Was?“

„Nichts.“

Sven schüttelte leicht seinen Kopf bevor er ebenfalls aufstand und Florian zu Türe brachte.

„Fahren wir morgen zusammen zur Schule?“

„Ich habe erst zur zweiten Stunde. Und früher aufstehen werde ich nicht einmal dir zu liebe.“

„Dann muss ich so lange auf dich verzichten?“

„Ich kann dir ja noch was zum Überbrücken geben.“

Erneut fühlte Florian Svens Lippen auf seinen bevor er sich schließlich doch auf den kurzen Weg zu seinem eigenen Zuhause machte.

Florian hatte das Gefühl die halbe Nacht wach zu liegen. Er konnte es noch immer nicht fassen was er am Abend erlebt hatte.
Florian hatte sich verliebt und Sven war es genauso ergangen.
Noch vor ein paar Stunden waren seine einzigen Gedanken nur von der Frage beherrscht, ob er an seiner Schule wieder geschnitten wurde.
Jetzt konnte er nur noch an Sven denken und an das Gefühl ihn ganz nah an sich zu spüren.
Sven hatte gesagt, dass er auch verliebt war.
Waren sie jetzt zusammen?
Hatte er einen Freund?
Sie hatten beide nichts dergleichen gesagt. Aber es fühlte sich so an. Sven schien es ernst zu meinen, sonst hätte er sich heute Abend sicherlich nicht so viel Mühe gemacht.

Mit dem Gedanken einen festen Freund zu haben schlief er glücklich ein.

*-*-*

„Morgen Leute.“

Sven kam in der ersten Pause zu Florian und der restlichen Clique unter den Ahornbaum.

„Hi Sven“, kam es von den Anderen.

Florian merkte wie sein grinsen immer breiter wurde als er Sven ansah. Sein Gefühl sagte ihm seinem Freund direkt um den Hals zu fallen und ihn für den Rest der Pause zu küssen bis sie keine Luft mehr bekamen.
Aber sein gesunder Menschenverstand sagte ihm etwas anderes. Höchstwahrscheinlich war es nicht klug Sven auf dem Schulhof zu küssen. Immerhin wusste hier noch niemand, dass er auch schwul war.

„Morgen Flo“, wurde Florian von Sven speziell begrüßt.

Für die meisten seiner Freunde war damit die Begrüßung erledigt und wendeten sich wieder ihren Gesprächen zu.
Nur Marcus zog seine Augenbrauen zusammen

„Moment mal…“

Er sah zwischen Florian und Sven hin und her die sich beide noch immer ansahen.

„Du darfst ihn Flo nennen? Ist da etwas was ihr uns sagen wollt?“

„Was sollten wir denn sagen?“, erwiderte Florian ohne den Blick von Sven zu lösen.

„Ich glaub das ist gar nicht mehr nötig, so wie ihr euch anschmachtet.“

Sven legte seine Hand auf seinen Rücken und hauchte ihm einen Kuss auf die Wange.
Für Außenstehende sah es wohl so aus als hätte er ihm etwas ins Ohr geflüstert.
Danach sah er grinsen zu den anderen während Florians Kopf eine rote Farbe annahm.
Nicht zum ersten Mal seit dem letzten Abend fragte er sich woher Sven seine Selbstsicherheit nahm.
Marcus stürzte auf Florian und Sven zu, umarmte beide gleichzeitig.

„Herzlichen Glückwunsch ihr beiden!“

Erst jetzt wurde den Anderen bewusst worum es eigentlich ging. Natürlich mussten beide von Allen Glückwünschen über sich ergehen lassen. Die Aufregung die dabei entstand störte Florian nicht wirklich. Nur kurz kam ihm in den Sinn, der ganze Schulhof könne mitbekommen, dass er mit Sven zusammen war. Aber eigentlich war ihm das jetzt auch egal. Zumal Sven auch nicht den Eindruck machte, dass es ihn stören wurde.
Florian sah wieder zu seinem Freund. Sven sah ihn kurz an und lächelte ihm zu bevor er wegen der allgemeinen Aufregung gespielt die Augen verdrehte.

„Euch ist doch klar, dass das gefeiert werden muss“, warf Lars in die Runde.

„Klasse am besten gehen wir am Samstag mal wieder in die Disco.“

„Samstag geht nicht. Da haben wir schon was vor“, machte Sven die Planung gleich wieder zunichte.

„Was hast du denn da schon wieder geplant.“

Florian dachte direkt wieder an den letzten Abend und Svens Indoor-Picknick im Wohnzimmer.

„Das weißt du nicht? Ich habe gar nichts geplant. Das ist bei uns Straßenfest. Und von beiden neuen Familien wird wohl erwartet, dass sie dort erscheinen. Haben mir zumindest meine Eltern gesagt.“

„Das ist nicht dein erst oder?“

Die Aussicht alle Nachbarn an einem Ort zu begegnen behagte ihm gar nicht. Den meisten war er bisher immer aus dem Weg gegangen.

„Mach dir keinen Kopf immerhin bin ich auch da“, munterte ihn Sven auf.

Ihren Discobesuch verschoben sie so auf ein anderes Wochenende.

Nach ein paar Stunden konnten sie dann die Schule wieder verlassen. Zum ersten Mal fuhr Sven mit ihm zusammen die Strecke nach Hause.
In ihrer Straße angekommen standen sie etwas unsicher vor ihren Häusern. Durch das Küchenfenster konnte sie Svens Mutter sehen.
Floria lächelte verlegen. Am liebsten hätte er seinen Freund richtig verabschiedet.

„Ich komm heut Abend noch einmal vorbei wenn ich die Hausaufgaben fertig habe.“

Okay, ich freu mich drauf.“

Florian sah Sven nach wie er auf sein Haus zuging. Dort drehte er sich noch einmal um, winkte Florian zu und verschwand schließlich durch die Haustüre.
Als Sven nicht mehr zu sehen war schob Florian sein Fahrrad zum Schuppen. Aß eine Kleinigkeit um sich kurz darauf an seine Hausaufgaben zu setzen.
Aus dem Nachbarzimmer hörte er immer wieder ein Tatütata von Laura das ihn von den Aufgaben ablenkte.

Kurz vor acht saß er wieder mit seinen Eltern und seiner Schwester am gedeckten Tisch. Tom war diesmal nicht anwesend, da er noch eine Einführungsveranstaltung an der Universität hatte.

„Wie war die Schule heute Laura?“

„Kunst war heute toll. Wir haben ganz großes Papier bekommen und dann mussten wir mit den größten Pinseln malen die da waren.“

„Und was hast du gemalt?“

„Unser Haus! Aber das durfte ich noch nicht mitnehmen weil die Farbe so dick drauf war.“

„Und wie war Florians Tag?“, fragte seine Mutter.

Der finstere Blick von Florian sorgte bei seiner Familie nur für ein grinsen.

„Was denn? Du erzählst doch nichts freiwillig.“

„Florians Tag war bestimmt gaaanz toll! Der Sven von gegenüber hat ihn geküsst!“, sagte Laura mit einem Kichern.

„Das ist hier ja fast schlimmer als bei der Stasi“, nuschelte Florian vor sich hin. Dass er dabei trotzdem rot anlief schein seine Eltern nicht weiter zu stören.

„Das erklärt war du schon den ganzen Tag mit einem grinsen herum läufst“, sagte seine Mutter.

„Mama!“

„Ist doch war. Und wie lange geht das schon?“

„Wer sagt denn dass da was geht? Es war doch nur von einem Kuss die Rede.“

„das erklärt aber nicht, warum du seit ein paar Tagen mit einem verklärten Gesichtsausdruck herumläufst.“

Florian legte sein Besteck zur Seite und gab sich geschlagen. Laura nutze die Gelegenheit um sich wieder den Puppen in ihrem Zimmer zu widmen. Es gab wohl noch immer eine die vor dem Phantasiefeuer aus dem Puppenhaus gerettet werden musste.

„Wir sind seit gestern zusammen“, sagte er während sein Kopf noch roter wurde als er ohnehin schon war.

Die nächste halbe Stunde musste sich Florian Ratschläge zum gebrauch von Kondomen und dem oft zu leichtfertigen Umgang mit Sex anhören. Zwar hatte er dieses Gespräch schon einmal mit seinem Vater geführt; aber diesmal hatte er zum einen irgendwie den Eindruck als wäre es viel Praxisnäher.
Was ihm noch peinlicher war.
Und zum andern schienen es seine Eltern auch noch zu genießen.
Doch erst nachdem sie ihn auch noch beglückwünscht hatten, konnte er wieder in sein Zimmer gehen.

Florian lag auf seinem Bett und hörte Musik, als es kurz an der Zimmertür klopfte und Sven in sein Zimmer kam.

„Hi du.“

„Hi!“

Florian sprang von seinem Bett auf um seinen Freund zu umarmen.

„Ich hab dich vermisst Kleiner“, sagte Sven als er Florian Umarmung erwiderte.

„Erst ‘Flo’ und jetzt ‘Kleiner’; wie willst du mich denn noch nennen.“

„Ich werd einfach Alles ausprobieren was mir einfällt.“

„Das hört sich gar nicht gut an. Ich glaub, ich muss mir das mit dir doch noch einmal überlegen“, erwiderte Florian mit gespieltem ernst.

„Und ich muss dich dann wohl wieder überzeugen.“

Mit Florian an den Händen ging Sven langsam rückwärts zu dessen Bett. Er ließ sich fallen und zog Florian zu sich herunter bis er auf ihm lag.
Ein inniger Kuss folgte bis nicht nur Florian außer Atem war.

„Und schon hast du mich wieder überzeugt.“

Svens Augen strahlten ihn an.

„Genau das wollte ich erreichen.“

Florian schloss seine Augen und genoss Svens Hände die ihm über den Rücken strichen. Seinen Kopf hatte er auf seine Brust gelegt.
Nach einer gefühlten Ewigkeit glitten Svens Fingerspitzen tiefer bis sie unter dem Bund seiner Jeans verharrten.
Eine Gänsehaut überzog Florians Rücken und er war sich sicher, dass Sven auch sein zittern mitbekam.

„Sven ich hab noch nie…“

„Ist doch nicht schlimm. Wir haben alle Zeit der Welt. Und ich kann warten.“

„Ach, wirklich? Hätte ich nicht gedacht“, provozierte ihn Florian.

„Sei bloß ruhig. Am liebsten würde ich dir deine Sachen von Leib reißen“, erwiderte Sven während er mit einer Hand wieder über Florians Rücken strich.

„Und warum machst du es dann nicht?“

„Weil mir grade reicht dich so zu spüren. Und weil ich denke, dass du eh noch nicht so weit bist.“

Mit einer Mischung aus Enttäuschung und Erleichterung drückte sich Florian wieder an Sven. Seinen Kopf wieder auf der Brust seines Freundes lauschte er dem beruhigenden pochen seines Herzen.

*-*-*

Am nächsten Samstag bewahrheitete sich dann Svens Ankündigung.
Schon als er am Morgen die Treppe herunterkam sah er im Hausflur ihren alten Gartenpavillon. Florian konnte sich nicht erinnern, dass sie ihn in den letzten Jahren benutzt hätten.
In der Küche hatte es seine Mutter bereits geschafft ein heilloses Chaos anzurichten. Von ihr selbst war nichts zu sehen.
Ein Topf mit heißem Wasser stand auf dem Herd. Halbfertig geschälte Kartoffen lagen auf dem Tisch und nahmen schon eine leicht braune Farbe an. Und die Arbeitsplatte war mit ungekochten Nudeln überschüttet.
Solange Florian nicht selbst für das Chaos verantwortlich war störte ihn so etwas gewaltig.
Er versuchte die Unordnung zu ignorieren und schmierte sich erst einmal ein Brötchen das noch vom Frühstück kross getoastet war.
Mit seinem Essen machte er sich auf der Suche nach seiner Familie. Selbst nach einigem Rufen was sie weder im Haus noch im Garten aufzufinden.

Florian zog sich seine Schuhe an, nahm seinen Schlüssel aus der Schublade und verlies das Haus auf der suche nach seiner Familie.
Die Luft war wieder etwas wärmer geworden. Aber vor allem hatten sich die Wolken, die jeden Tag immer mal wieder für einen leichten Nieselregen gesorgt hatten, verzogen. Schon als er das Haus verlassen hatte hörte er Lärm von einem Ende der Straße. Florian schlenderte sie entlang, während er die Reste seines Brötchens aß.

Vor einem Doppelhaus sah er dann auch eine größere Menge versammelt. Auf der großen, gepflasterten Fläche der angrenzenden Garagen lagen Planen herum, wurden Kohle Grills aufgebaut. Und vor allen versuchten die Anwesenden die passenden Stangen der mittlerweile vermischten Gartenpavillons zu finden.
Die halbe Nachbarschaft schien schon anwesend zu sein. Ein Haufen Kinder Spielte Fangen und Laura schien immer mittendrin zu sein. Florian hatte gar nicht bemerkt wie viele Kinder es hier wirklich gab. Sogar Lars der vierjährige Enkel der Nachbarn war mit dabei.

Beim näherkommen sah er dann auch seinen Vater und Sven die ebenfalls die Stangen sortierte.

„Hast du den Pavillon nicht mitgebracht? Dann kannst du direkt wieder zurück um ihn zu holen“, bekam er gleich von seinem Vater zu hören.

Der Aufbau schien bisher nicht wirklich erfolgreich zu laufen, normalerweise bekam er so etwas nicht zu hören. Es sah wirklich so aus als hätten sie alles erst einmal auf einen Haufen gekippt und jetzt mit dem Aufbau überfordert.
Die nicht besonders freundliche Begrüßung durch seinen Vater veranlasste ihn auch lieber gleich zurück nach Haus zu gehen.

„Warte ich helfe dir!“, hörte er zu seiner Erleichterung Sven hinter sich.

Florian wartete kurz bis sein Freund zu ihm aufgeschlossen hatte. Zur Begrüßung begnügte sich Florian allerdings mit einem gequälten Lächeln, viel lieber hätte er ihn richtig begrüßt, aber wenn ein Großteil der Nachbarschaft anwesend war wollte er Sven lieber doch nicht küssen.
So liefen sie schweigend zu Florian Haus wo er die Haustür aufschloss und Sven hereinließ.

„Ich sollte wohl so schnell wie möglich mit meinen Eltern reden.“

„Musst du nicht unbedingt. Du weißt doch gar nicht was du vielleicht für einen Stress bekommst. Und irgendwie geht das doch auch so.“

„Stimmt, aber das ich hätte vorhin schon gerne gemacht.“

Sven drückte Florian gegen die Wand. Seine Lippen trafen Florians zu einem innigen Kuss.

„Das wäre natürlich ein Grund“, grinste Florian nachdem sie sich wieder voneinander gelöst hatten.

„Das ist der Pavillon.“

Florian zeigte auf den verschnürten Karton neben ihnen. Jeder von ihnen packte ein Ende um ihn gemeinsam über die Straße zu tragen. Besonders Sven, der nicht wusste wie groß der Pavillon wirklich war, fluchte den halben Weg über das Gewicht.
Wieder vor den Garagen angekommen breiteten sie erst einmal alle Einzelteile des Pavillons aus.
Aber viel hatte Florian eigentlich nicht zu tun. Fast die hälfte der Anwohner schien hier schon anwesend zu sein. Florian hatte ständig das Gefühl irgendjemandem in Weg zu stehen. Nach einer Weile stand er am Rand und beobachtete Sven, wie er mit den Anderen versuchte die zusammenpassenden Stangen zu finden.

„Florian, wir sind hier doch schon genug könntest du deiner Mutter helfen gehen?“, fragte sein Vater schließlich als er ihn am Rand die Szene beobachten sah.

„Wo ist sie denn?“

„In der Küche, wahrscheinlich Salate machen.“

Florian verzog sein Gesicht bei dem Gedanken an die Kochkünste seiner Mutter. Auch wenn er lieber bei Sven geblieben wäre verabschiedete er sich erst einmal bis zum Abend.

Zum zweiten Mal ging Florian wieder nach Hause. In der Küche fand er seine Mutter zwar nicht vor, dafür war jedoch zu sehen, dass sie dort gewesen war.
Die Unordnung war noch Größer geworden.

Florian wollte grade die herumstehenden Gewürze durchsehen als er schon wieder durch die Türklingel gestört wurde. Vor der Türe fand Florian die Unterbrechung jedoch als alles andere als schlimm.

„Hi, ich dachte ich lenk dich noch ein wenig ab“, grinste ihm Sven entgegen.

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