Murmeltier – Tag 1

Auf was hatte ich mich da eingelassen? Ich musste von allen guten Geistern verlassen sein, meine Zustimmung gegeben zu haben! Aber ich konnte meinem Chefredakteur diesen Wunsch nicht abschlagen. Hatte er mich doch tatsächlich überredet, in diese Einsame Gegend zu fahren, um einen Reisebericht über diese Pampa zu verfassen. Ich und Reiseberichte!

Mit meinen vierundzwanzig Jahren war ich einer der jüngsten Reporter unserer hiesigen Zeitung. Hatte immer für das Ressort Wirtschaft und Politik geschrieben und nun einen Reisebericht!

Nach meinem abgebrochenen Studium der Wirtschaftswissenschaften bin ich irgendwie da hineingeschlittert. Ein Freund aus alten Tagen traf mich, kurz bevor ich das Studium hingeschmissen hatte. Er erzählte mir von dieser Stelle bei der Zeitung und ich begriff, dass das meine Zukunft werden sollte.

Schon seit ich Kind war, hatte ich gefallen am Schreiben gefunden. Kleinere Geschichten waren es am Anfang, die dann immer mehr an Umfang zunahmen. Aber bisher hatte ich noch nie einen Gedanken daran verschwendet, sie auch zu veröffentlichen. In der Schule dann, hatte ich immer mit Abstand die besten Aufsätze geschrieben. Das Schreiben hat mich auch im Studium nicht losgelassen.

Allerdings bestand mein Vater auf dieses Studium. Viel lieber hätte ich etwas in Richtung Schreiben gemacht, aber dann wäre mir die Unterstützung meiner Eltern entzogen worden. Also fügte ich mich und studierte eben Wirtschaftswissenschaften.

Interesse hatte ich schon daran, aber es war nicht mein Traum. Und je länger ich mich durchs Studium quälte, desto mehr hasste ich mich, nur um des Frieden willen diesen Scheiß zu machen.

Aber dann kam die Erleuchtung, in Form eben dieses Freundes. Ich bewarb mich kurzerhand bei der Zeitung, legte ihnen einige Artikel vor und wurde prompt genommen. Zwei Jahre hatte ich nun schon bei der Zeitung gearbeitet, war von meinen Eltern finanziell unabhängig und fühlte mich wohl.

Zuerst das Studium, dann die Arbeit bei der Zeitung, ließen keine Zeit für Beziehungen. Wenn sich mal etwas anbahnte, hielt es nicht lange. Um genau zu sein: bevor ich mit dem Mädel im Bett landete, war auch schon wieder Schluss. Meine Gewohnheiten und Eigenarten ließen keine Beziehungen zu. Öfter schrieb und recherchierte ich die ganze Nacht durch, um morgens das Ergebnis an die Redaktion zu mailen. Dann war ich den ganzen Tag nicht mehr ansprechbar. Aber es gab auch Tage, da war ich schon der erste in der Redaktion und verließ sie als letzter.

Ja, diese Arbeit machte Spaß! Ich lebte für meinen Beruf. Für alles andere hatte ich keine Zeit. So kam es, dass ich mich mehr und mehr von zwischenmenschlichen Beziehungen entfernte. Es war mir egal, für mich zählte nur das Schreiben. Sehen, wie mein Name über den Artikel stand!

Es gab viele Angebote von anderen Zeitungen, aber die richtige, die richtig Große war nicht dabei. Also schrieb ich weiter in der Hoffnung, dass es eines Tages kommen würde.

Und nun ein Reisebericht! „Da kommst du mal unter Leute, betrachte es wie einen kleinen Urlaub“, sagte mein Redakteur mit einem schelmischen Grinsen im Gesicht. Aber was soll´s, ich konnte ihm diesen Gefallen nicht abschlagen. Viele Neuigkeiten gab es eh zur Zeit nicht, in Politik und Wirtschaft.

So stand ich nun in meinem Zimmer und packte für die nächsten vier Tage meine Sachen. Gut, ein Koffer würde genügen dachte ich mir. Ich stopfte die Sachen mehr recht als schlecht rein und eilte ins Bad, um noch meine Waschsachen zu holen.

Vor dem Spiegel verharrte ich. Betrachtete mich selbst. Viele Leute schätzten mich immer jünger, als ich war. Ich empfand es nicht so. Gut, ich wusste wie alt ich war, aber dass ich regelmäßig in Gaststätten nach dem Ausweis gefragt wurde, wenn ich mir einen doppelten Klaren bestellte, wurmte mich doch. Es war nun mal mein Lieblingsgetränk, zusammen mit einem schönen, frischgezapften Bier. Also blieb mir nichts anderes übrig, als mich auszuweisen, was mir immer wieder erstaunte Blicke einbrachte.

Sicher, von einem Bartwuchs konnte man nicht reden, die paar Fusseln konnte man sich mit einem feuchten Lappen aus dem Gesicht wischen. Meine schwarzen Haare hingen mir etwas wirr im Gesicht. Mir gefiel es, andere rieten mir immer wieder zu einem Besuch beim Frisör. Meine Augen waren braun, ich fand, sie passten zu meinem Gesamtbild.

Ich löste mich von meinem Spiegelbild und verstaute die Sachen noch im Koffer. Deckel zu und fertig. Mein Laptop stand schon bereit und die Reiseunterlagen hatte ich auch sicher verstaut. Lange sollte es nicht mehr dauern, und Jo würde mich abholen.

Jo, eigentlich Joachim, einer der Fotografen der Zeitung sollte mich begleiten. Er war fünfundvierzig Jahre alt, verheiratet und hatte zwei Kinder. Ich hatte nur selten mit Fotografen zu tun, kannte sie aber alle. Er war ein ruhiger und bedachter Mitmensch. Auf dieser Tour war er auch Fahrer, also konnte ich wenigstens die Fahrt genießen.

Kaum hatte ich meinen Gedanken zu Ende gedacht, schon klingelte es. Ich schnappte mir meine Sachen und eilte die Treppe hinunter.

„Hallo Jo“, begrüßte ich ihn mit Handschlag, „also ab, in die Pampa“, sagte ich spöttisch.

„Ben, du wirst dich wundern, aber die Pampa ist wunderschön. Ich war schon mal im Urlaub dort und es war wirklich toll“, sprach er zu mir und öffnete den Kofferraum.

Ich stellte meinen Koffer rein, den Laptop wollte ich doch lieber mit nach vorn nehmen.

„Jo, ich glaub es dir. Aber du weißt, dass ich lieber hiergeblieben wäre. Also, lass uns los fahren, dass wir noch rechtzeitig ankommen.“

Er grinste mich an. Wusste er doch von meinem Ruf.

„Ben, du wirst sehen, es wird dir auch gefallen“, ließ sich auf den Fahrersitz des Firmenwagens fallen und startete den Motor.

Die Fahrt verlief ruhig, viel sprachen wir nicht. Die Landschaft zog an mir vorbei und wurde immer hügeliger. Dieses ständige auf und ab begann an meinen Magen zu ziehen. Jo bemerkte es und steuerte einen Rastplatz an.

„Machen wir erst mal eine Pause, nicht das du noch das Auto vollkotzt“, sagte er mit einem Grinsen im Gesicht.

Meine Gesichtsfarbe schien einen leicht grünlichen Schimmer zu haben. Der erste Weg führte mich zu den Toiletten, denen ich mein Frühstück übergab. Wie sollte ich nur diese Fahrt überstehen?

Autofahren durfte ich auch, aber hatte kein eigenes. Den kurzen Weg zur Redaktion machte ich immer mit dem Fahrrad. Und in den Bergen war ich noch nie. Ich glaubte in diesem Moment zu sterben.

Wie lange sollte die Fahrt noch gehen? Ich verfluchte meinen Chefredakteur von ganzen Herzen. Blass betrat ich den Gastraum, wo mich Jo mit einem Grinsen erwartete.

„Hier, eine Reisetablette“, und hielt mir die Schachtel hin.

Ich nahm gleich drei davon, die ich mit dem Wasser, was Jo für mich bestellt hatte herunter spülte. Es dauerte eine Weile, bis endlich wieder etwas Farbe in mein Gesicht zurückkehrte. Jo hingegen, schien es nichts auszumachen.

Vor ihm stand ein Teller mit dem leckersten Steak und er ließ es sich schmecken. Ich musste den Kopf abwenden, beschlich mich doch schon wieder so ein komisches Gefühl, das nach Toilette schrie.

Aber mein Magen beruhigte sich langsam. Es wurde immer besser und ich bestellte mir einen Kaffee.

„Hoffentlich bleibt der drin“, sagte Jo zu mir, „soll ich noch eine Tüte besorgen?“

Ich schaute ihn gequält an und nickte nur. Er erhob sich und ging zur Toilette. Als er zurückkam lächelte er mir zu und hob eine große Plastiktüte hoch.

„Die sollte reichen, oder was meinst du?“

„Ich denke die reicht, kann eh nur ein Glas Wasser, ein Kaffee und drei Tabletten kommen, den Rest hab ich schon abgegeben“, und erhob mich, um ihm zum Auto zu folgen.

Die Fahrt ging weiter, die Berge wurden höher aber erstaunlicherweise meldete sich mein Magen nicht mehr. Die Tabletten schienen ihre Wirkung zu tun. Aber ich wurde müde, verdammt müde. Ein Schütteln an meiner Schulter weckte mich.

„Was, schon da“, fragte ich schlaftrunken und sah Jo groß an.

„Nein, noch nicht“, sagte er mit einem entschuldigenden Lächeln.

„Wir müssen einen Zwischenstopp machen. Die Straße ist gesperrt, es hat einen Unfall gegeben. Ich dachte mir, wir könnten eine Nacht in diesem Hotel übernachten und fahren dann morgen früh gleich weiter.“

Nun erst sah ich, dass wir vor einem kleinen, aber feinem Hotel standen.

„Gut, machen wir es so. Es geht ja aufs Spesenkonto.“

Wir stiegen aus und betraten die Lobby des Hotels. Eine junge Dame empfing uns und schnell hatten wir jeder ein Zimmer. Wir verabredeten uns, in einer Stunde im Gastraum, um noch etwas zu essen.

Ich warf meinen Koffer aufs Bett und suchte ein paar frische Sachen raus, die ich nach dem duschen anziehen konnte. Ein Blick in den Spiegel verriet mir, dass ich besser aussah, als bei unserem ersten Halt.

Frisch geduscht und angezogen begab ich mich zum Gastraum. Jo entdeckte mich und winkte mich zu sich.

„Na, geht’s besser“, seine Augen fixierten mich.

„Ja, die Pillen bewirken ja wahre Wunder. Hast du noch welche, für morgen mein ich?“

Er schob mir die Packung über den Tisch. „Danke, sag was du dafür bekommst“, aber er schüttelte nur mit dem Kopf.

„Ist schon gut, behalte sie. Ich hab immer welche dabei. Meiner Frau geht es genauso, wie dir. Also, schon Hunger?“

Was für eine Frage! Mein Magen hing mir in den Knien. Wir griffen nach der Karte und bestellten bei der Kellnerin unser Essen.

„Ich nehme dann noch einen doppelten Klaren und ein Pils“, sagte ich zu ihr und ihre Augen wurden groß.

„Darf ihr Sohn denn schon Alkohol trinken?“, und schaute dabei Jo an.

Der musste sich ein Lachen verkneifen, „ja, darf er, und ich bestelle das gleiche für mich“, sagte er nur trocken.

Ich saß daneben und wurde rot. Wieder, schon wieder passierte es! Als die Dame mit der Bestellung den Tisch verließ, musste Jo lachen.

„Also, du solltest mal versuchen, dir wenigstens einen Bart wachsen zulassen um dir Peinlichkeiten zu ersparen.“, sagte er immer noch glucksend zu mir.

Ich setzte eine säuerliche Mine auf und sagte nichts. Die Getränke kamen und ich goss den doppelten in einem Zug in meinen Rachen. Die Kellnerin schaute mich irritiert an.

„Noch einen bitte, mein Vater hat es erlaubt“, und hielt ihr das leere Glas entgegen.

Ihr Blick ging wieder zu Jo, der nickte. Sie griff das Glas und verschwand mit schnellen Schritten.

Grinsend nahm ich mein Bier in die Hand, „Prost!“, sagte ich zu ihm.

„Prost“, und hielt mir das Glas entgegen. Wir mussten beide lachen.

„Also, Papa, wie geht es morgen weiter“, und stellte mein Bierglas wieder auf den Pappdeckel.

Er grinste mich an.

„Also, morgen früh, mein Sohn, stehen wir um drei Uhr auf, machen ein schnelles Frühstück und dann geht’s weiter. Ich denke wir kommen dann gegen acht oder neun an. Checken ein und je nach Lust und Laune beginnen wir dann mit der Arbeit.“

Ich zog die Augenbrauen hoch.

„Was, um drei Uhr schon Frühstück? Das ist nicht dein Ernst, oder?“

„Doch, ist es. Hab es schon vorhin geklärt, dass wir etwas zum Frühstück bekommen. Die Zimmer sind auch schon bezahlt. Also, vergreif dich nicht an der Minibar, sonst kommt noch eine Rechnung nach.“

Ich musste grinsen. Minibar hört sich gut an, ist mir im Zimmer gar nicht aufgefallen.

Die Kellnerin erschien wieder bei Tisch und stellte meinen doppelten Klaren ab. Fragend schaute sie zu Jo. Der lächelte sie an.

„Entschuldigung Fräulein, aber ich muss da etwas aufklären. Das ist nicht mein Sohn, sondern mein Kollege. Er ist schon vierundzwanzig und darf Alkohol trinken. Machen sie sich also keine Sorgen.“

Sie schaute mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. Ihre Gesichtszüge formten sich langsam zu einem Lächeln.

„Oh, Entschuldigung“, stammelte sie und verließ den Tisch fluchtartig.

Jo und ich lachten uns an und prosteten uns wieder zu. Das Essen war hervorragend und ich nahm noch einen Nachtisch. Satt und zufrieden gönnte ich mir noch einen doppelten, bemerkte aber schon die Wirkung des Alkohols.

Wir verabschiedeten uns und suchten die Zimmer auf. Ich zog mich aus, legte mich ins Bett und versank in einen traumlosen Schlaf. Der Wecker riss mich viel zu früh aus dem Schlaf. Mit einem Auge blinzelte ich zu der Anzeige.

Zwei Uhr Dreißig! Was macht man nicht alles für eine Story, selbst wenn es nur ein Reisebericht war. Ich machte mich im Bad fertig und schluckte gleich wieder drei Reisetabletten.

Sachen noch schnell zusammengepackt und schon war ich auf dem Weg zur Gaststube. Jo saß schon am Tisch und nippte an seinem Kaffee.

„Guten Morgen“, sagte ich und setzte mich ihm gegenüber.

„Na Sohn, gut geschlafen?“, fragend schaute er mich an.

„Ach, Papa“, seufzte ich übertrieben, „geschlafen schon, aber viel zu kurz. Aber ich kann ja gleich weiterschlafen. Du musst ja fahren.“

Wir mussten beide lachen. Woher hatten die um diese Zeit schon frische Brötchen, ging es mir durch den Kopf.

*-*-*

Nachdem alle Sachen wieder im Auto verstaut waren machten wir uns auf den Weg, der Pampa entgegen. Die Musik dudelte leise vor sich hin und meine Augenlieder wurden wieder schwer.

Sicher die Tabletten, dachte ich noch, im nächsten Augenblick schlief ich schon. Ich wurde durch ein Geräusch wach, öffnete meine Augen und sah etwas blitzen. Wird sicher eine Spiegelung gewesen sein.

Aber dieses blenden lies mich erst einige Male blinzeln, bevor ich wieder etwas sah.

„Jo, wie weit ist es noch?“, fragend schaute ich zu meinem Fotografen.

„Wir sind gleich…“, weiter kam er nicht.

Hinter uns gab es einen Ohrenbetäubenden Krach, Jo trat aus Instinkt das Gas voll durch und der Wagen beschleunigte zunehmend. Erschrocken sah er in den Rückspiegel und ich sah Angst in seinen Augen!

„Jo, was ist los“, fragte ich mit zittriger Stimme.

Aber von ihm kam keine Reaktion. Es schien, als ob er mit einem Auge in den Rückspiegel schaute, mit dem anderen die Straße vor sich fixierte. Nach einigen hundert Metern hielt er an und stellte den Motor mit zittrigen Fingern ab.

„Ben, hinter uns ist eine Lawine runtergegangen. Ich, ich… ich kann es nicht glauben. Aber eine Sekunde später und ich glaub….“.

Ich sah ihn erschrocken an.

„Du meinst wirklich, also ich mein, äh eine Lawine?“, und meine Stimme wurde schrill.

„Ja doch, verdammt noch mal“, und Jo verlor die Fassung, „die hätte uns fast von der Straße gefegt!“

Wir sahen uns mit weit aufgerissenen Augen an. Mechanisch drehten wir uns zu den Türen und öffneten sie. Als wir aus dem Auto waren, bemerkte ich eine Stille, wie ich sie noch nie wahrgenommen habe.

Es gab keinerlei Geräusche, als ob alles verstummt war. Als ob kein Leben mehr existierte.

Vorsichtig gingen wir den Weg zurück, aus dem wir gerade gekommen waren. Wir  sahen die Schneemassen, die über der Straße lagen.

Eigentlich konnte man von einer Straße nichts mehr sehen, ja noch nicht mal eine Ahnung haben, wo lang sie verlief. Es war nur noch Schnee zu sehen Meterhoch vor uns. Wir schauten uns an, keiner war eines Wortes mächtig.

Dieser Eindruck, dem Tod noch einmal von der Schippe gesprungen zu sein hielt uns fest.

„Jo, lass uns weiterfahren, wir können eh nichts tun“, selbst meine Stimme hörte sich beunruhigend gedämmt an.

Er schaute mich an, nickte leicht und drehte sich um, um zum Auto zu gehen. Ich folgte ihm. Erst, als wir die Türen geschlossen hatten schauten wir und an. Uns wurde auf einmal der ganze Umfang bewusst.

Ich sah eine Träne aus dem Augenwinkel von Jo tropfen. Er dachte sicher an seine Kinder, an seine Frau. Wir nahmen uns gegenseitig in den Arm und schluchzten wie kleine Kinder.

„Jo, ist gut“, sprach ich mit brüchiger Stimme, „wir haben es überstanden!“, meine Stimme bekam wieder etwas Stärke.

Er lag zitternd in meinem Arm, „ich weiß, aber es hätte nicht viel gefehlt und wir wären jetzt nicht mehr“, wieder ergriff ein Schauer seinen Körper.

Sicher, er hatte Familie, viel mehr zu verlieren als ich. Aber hingen wir nicht alle an unserem Leben? Wollten wir nicht alle überleben? Er lag immer noch zitternd in meinen Armen. Was sollte ich tun? Ich wusste es nicht, war ratlos, hilflos!

Aber eh ich mich versehen hatte, löste er sich ruckartig aus der Umarmung.

„Wir sollten so schnell wie möglich die Rettungskräfte informieren. Nicht dass hinter uns noch ein Auto war, dass es erwischt hat“, Jo klang auf einmal sehr professionell, fast als ob er die ganze Sache mit einer nüchternen Betrachtungsweise analysierte.

„Fahren wir in die Stadt“, sagte ich nach einem Blick auf mein Handy, das kein Netz zeigte.

Jo zog sein Handy heraus, mit dem gleichen Ergebnis. Er nickte und startete schon den Motor, um mit einem rasanten Start, den Weg in Angriff zu nehmen. Vor der Örtlichen Feuerwache hielten wir und sprangen aus dem Auto.

Wir liefen zum Büro des Wachhabenden. Je weiter wir in das Gebäude eindrangen, umso mehr Geschäftigkeit bemerkte man.

„Wo wollt ihr denn hin?“, fragte uns eine Stimme.

Gleichzeitig drehten wir uns um und standen einem Mittvierziger gegenüber.

„Wir wollten zum Wachhabenden, die Straße wurde von einer Lawine getroffen.“

Jo hatte sich wieder voll im Griff, im Gegensatz zu mir!

Er schaute uns eindringlich an, „woher wisst ihr das“, wollte er wissen.

„Wir sind mit dem Auto gefahren und plötzlich ging die Lawine hinter uns runter“, Jo schaute ihm in die Augen, starrte fast.

„Leute, wir haben hier zwei, die den Lawinenabgang miterlebt haben“, rief der Mittvierziger in den Raum.

Schlagartig verstummten die Gespräche, es wurde so leise, dass man eine Stecknadel  hätte fallen hören können. Alle drehten sich zu uns, ihre Augen nahmen uns ins Visier. Leises Gemurmel machte sich wieder breit.

Der ein oder andere klopfte uns auf die Schulter und ein älterer Mann kam auf uns zu.

„Ich bin der Wachführer, Hanns Herrmann“, und streckte uns die Hand hin.

Wir ergriffen sie und eine deutliche Freude machte sich in seinem Gesicht breit.

„Was fahrt ihr für ein Auto?“, wollte er von uns wissen. Jo musste kurz nachdenken. Die letzten Erlebnisse saßen tief in ihm.

„Es ist ein schwarzer VW Polo.“

Kaum hatte er es gesagt, schon breitete sich ein leiser Jubel aus, der immer mehr zunahm. Ich und Jo standen ziemlich ratlos da. Wir wussten nicht, was das zu bedeuten hatte. Aber Hanns legte den Arm um uns und klopfte unsere Schultern kräftig.

„Ist sicher für euch seltsam, aber nach euch wollten wir gerade suchen. Also“, setzte er zu einer Erklärung an,  „unsere Kameras nehmen im zehn Sekundentakt die Zufahrtsstraße auf. Und kurz bevor die Lawine herunterkam, hat sie einen schwarzen Polo fotografiert. Aber dann wurde die Kamera von der Lawine mitgerissen. Also dachten wir, dass ihr es auch wärt.“, er musste tief Luft holen, es ging ihm sichtlich an die Nieren.

Da begriffen wir beide erst, das, wenn Jo nicht noch instinktiv Gas gegeben hätte, es uns auch erwischt hätte. Wir schauten uns an und die Farbe aus unseren Gesichtern wich. Hanns wendete sich von uns ab und gab Bescheid, den Einsatz abzubrechen.

Erleichterung machte sich in den Gesichtern der Retter breit.

„Wir sprechen uns noch“, sagte Hanns wieder zu uns, damit waren wir entlassen.

Wir verließen das Gebäude und gingen zu unserem Wagen.

„Also“, setzte Jo an, „fahren wir erst mal ins Hotel und checken ein.“

Ich nickte nur und schon startete er den Motor. Vor dem Hotel war keine Menschenseele zu sehen. Wir betraten die Lobby und eine freundlich wirkende Frau nahm uns in Empfang.

„Guten Tag, was kann ich für sie tun?“

„Mein Name ist Joachim Schneider und das ist mein Kollege Ben Krause“, wobei er auf mich zeigte, „wir hatten zwei Zimmer gebucht, eigentlich schon gestern, aber wir konnten nicht pünktlich anreisen. Ein Unfall zwang uns zu einer Pause.“

Sie schaute mich mit großen Augen an. Sicher dachte sie, was alle denken, die mich das erste Mal sehen. Aber ich machte keine Regung, soll sie doch denken was sie will.

„Die Herren haben es also noch geschafft herzukommen?“ fragte sie verwundert, es klang aber nicht vorwurfsvoll, eher überrascht.

„Soeben ist eine Meldung gekommen, dass der Ort von der Außenwelt abgeschnitten ist, eine Lawine hat die einzige Zufahrtsstraße unpassierbar gemacht“, sie sah mich immer noch musternd an.

„Ja, die Lawine ging hinter uns runter, hätte uns beinahe getroffen“, sprach Jo ganz sachlich.

Sie riss vor Überraschung die Augen auf.

„Da haben sie aber noch mal Glück gehabt“, im selben Moment ging die Tür hinter ihr auf und ein junger Mann betrat die Rezeption. Ich schätzte ihn etwa in meinem Alter, blonde, halblange Haare die etwas kürzer als meine waren.

Strahlend blaue Augen sahen mich an und ein Lächeln bereitete sich auf seinem Gesicht aus.

Er musterte mich mit seinem Blick und ich schaute verlegen weg, wandte mich wieder der Frau an der Rezeption zu.

„Das ist mein Sohn Karl, er wird sich gleich um ihr Gepäck kümmern. Ich hoffe sie haben sich auf einen etwas längeren Aufenthalt bei uns eingestellt.“

Wir sahen sie verwundert an.

„Ich denke, dass es noch eine Weile dauern wird, bis die Straße wieder passierbar ist“, drehte sich um und nahm zwei Schlüssel vom Brett hinter ihr.

„Was denken sie denn, wie lange es dauern wird, bis man wieder fahren kann?“

Jo machte ein ernstes Gesicht und nahm den ihm entgegengestreckten Schlüssel.

„Also, die Lawine scheint alles zu übertreffen, was der Ort bis jetzt erlebt hat. Beim letzten Mal hat es eine Woche gedauert, bis die Straße wieder frei war“, sagte sie und reichte mir meinen Schlüssel.

Ich nahm ihn und sah auf die Zimmernummer. Na toll, wie passend dachte ich, die dreizehn.

Karl schaute mich schmunzelnd an, als ob er ahnen würde, was in meinem Kopf vorging.

„Sie brauchen sich aber keine Gedanken zu machen, wir sind gut ausgerüstet. Und falls etwas knapp werden sollte, können wir aus der Luft versorgt werden. Natürlich nur, wenn das Wetter mitspielt“, die Frau lächelte uns an, unsere Minen zeigten aber keine Freude.

Jo dachte dabei an seine Familie und ich wollte eh nicht hier sein, und dann noch so lange bleiben müssen! Karl kam um den Tresen herum und griff sich unser Gepäck.

„Auf Zimmer zwölf und dreizehn“, sagte seine Mutter und schon verschwand er.

Ich lief hinterher, Jo blieb noch an der Rezeption und unterhielt sich weiter. Mir war es einfach zu viel, wollte nur noch unter die Dusche und dann einen Klaren plus frischgezapftes Bier trinken. Karl stand vor der Tür mit der dreizehn.

„Bitte, dein Koffer“, sagte seine schöne Stimme. Mich durchfuhr ein leichtes Kribbeln. Aber ich stand doch gar nicht auf Jungs, dachte ich verwirrt. Er schenkte mir noch einen kurzen, offenen und durchdringenden Blick und lief mit Jo´s Koffer weiter.

Ich wollte die Tür aufschließen, aber meine Finger zitterten. Was war das denn jetzt? Der Kerl brachte mich total durcheinander. Endlich hatte ich es geschafft, die verdammte Tür zu öffnen.

Schnell rein und Tür wieder zu! Ich stand in einem freundlich eingerichteten Zimmer. Großes Bett, Tisch, Stühle, kleines Ruhe Sofa einen Fernseher. Ich ging zum Fenster und sah das erste Mal diesen Phantastischen Ausblick.

Die weißen, schneebedeckten Berge erhoben sich vor mir. Ihre Konturen zeichneten sich scharf vom strahlend blauen Himmel ab. Der war genauso blau, wie die Augen von Karl. Was waren das denn wieder für Gedanken, schüttelte mit dem Kopf und schmiss meinen Koffer aufs Bett.

Eine Woche gefangen in diesem Hotel! Mann, hoffentlich haben die wenigstens einen funktionierenden Internetanschluss! Mist, durchfuhr es mich, der Laptop lag noch im Auto. Na, wird schon keiner klauen dachte ich bei mir, Jo wird sicher abgeschlossen haben.

Ich öffnete meinen Koffer und räumte die Sachen in den Schrank. Nahm noch frische Sachen und suchte das Bad auf. Klein aber fein, war mein erster Gedanke. Großer Spiegel, Duschkabine, Waschbecken und natürlich Kloschüssel.

Herz, was brauchst du mehr. Ich duschte erst einmal, das warme Wasser tat gut, meine Lebensgeister kehrten zurück. Eine Woche ging es mir immer wieder durch den Kopf. Was sollte ich in der ganzen Zeit nur machen.

Der Reisebericht würde nur zwei Tage dauern. Was kommt danach? Am besten den ganzen Tag an der Bar verbringen. Mehr wusste ich mir selbst nicht zu sagen. Ich war fertig mit duschen, rubbelte mich trocken und betrachtete mich im großen Spiegel.

Ich bin zu mager, ging es mir durch den Kopf. Drei, vier Kilo mehr würden mir guttun. Mal sehen, wie das Essen hier ist. Vielleicht kommt ja etwas auf die Rippen. Ich zog mich an und griff den Schlüssel.

Ein Blick zur Uhr sagte mir, dass es erst zehn Uhr war. Wo sollte ich hin? Also, erst mal die Bar aufsuchen und abchecken, was sie alles im Angebot haben. Unten angekommen suchte ich den Gastraum.

Die Lobby war verlassen. Ich drehte mich einmal in der Runde und sah eine Tür, die vielversprechend aussah. Nachdem ich sie geöffnet hatte, wurde ich mit einem Blick in den Gastraum belohnt.

Ich ging hinein. Er war leer, wer sollte auch zu dieser Zeit schon hier sein? Ich setzte mich auf einen Barhocker an der Theke. Ein junges Mädel steckte den Kopf durch eine Seitentür. Sie setzte ein Lächeln auf und kam näher.

„Kann ich helfen?“, fragte sie mit einer lieblichen Stimme. Ich musste erst einmal schlucken. Sie war das weibliche Gegenstück von Karl! Die Gesichtszüge ebenmäßig, ebenso blonde Haare aber länger als Karls und diese blauen Augen!

„Willst du etwas“, fragte sie nochmal und riss mich damit aus meinen Gedanke.

„Ja“, musste erst mal wieder Ordnung in meinen Kopf bringen, „ich hätte gern ein Bier und einen doppelten Klaren.“

Sie legte den Kopf schief und sah mich forschend an.

„Es geht mich ja nichts an, das man schon zu dieser Zeit Alkohol trinkt, aber bist du nicht ein bisschen zu jung dafür?“

Natürlich! Wieder mal kam ich mir wie ein vierzehnjähriger vor! Ich griff meine Brieftasche und legte ihr mein Ausweis vor. Sie warf einen Blick darauf und errötete. Sie sah zu niedlich aus.

Wortlos zapfte sie ein Bier und stellte es vor mir auf einen Pappdeckel. Auch der Klare wurde eingefüllt und landete griffbereit neben dem Bierglas.

„Bitte sehr, und verzeihen sie nochmals, ich wusste nicht…“. „Schon gut, geht mir öfter so“, und musste grinsen.

„Kann ich noch etwas für sie tun“, verlegen schaute sie mich an.

„Also, das du hat mir besser gefallen, bleib einfach dabei“, und ein Lächeln machte sich auf ihrem Gesicht breit.

„Gut, wenn du auch du zu mir sagst“, wieder dieses leichte Rot im Gesicht.

„Darf ich fragen, wie du heißt? Meinen Namen kennst du ja“, amüsiert schaute ich in ihre blauen Augen.

„Ich heiße Katrin und bin die Tochter der Wirtsleute.“

Sie wirkte etwas verunsichert.

„Und du arbeitest hier, oder nur zur Aushilfe“, ich wollte mehr über sie erfahren.

„Ich studiere zurzeit, aber ich hab im Moment Semesterferien und helfe bei meinen Eltern.“

„Darf ich fragen was du studierst“, kaum hatte ich die Frage gestellt wurde die Seitentür aufgerissen und Karl kam herein.

Seine Augen erfassten mich und ein „oh“, kam über seine Lippen.

„Ich wollte nicht stören, aber du sollst mal zu Mutter gehen, sie hat ein Problem“, sagte er zu ihr, hielt mich aber fest im Blick.

Sie müssten Zwillinge sein, war mein erster Gedanke, obwohl Katrin jünger aussah, war es ein Gesicht.

„Das ihr Geschwister seit hab ich gerade mitbekommen, aber mal eine Frage: seid ihr Zwillinge?“

Karl schaute mich immer noch an und ein Grinsen schlich sich in sein Gesicht.

„Nein, das ist meine kleine Schwester“, was ihm sofort einen Hieb in die Seite einbrachte.

„Ha, die zwei Jahre“, sagte sie schnippisch, drehte sich um und verschwand in der Tür.

„Immer die kleinen Schwestern“, Karl war amüsiert.

Ich griff meinen doppelten und schüttete ihn in einem Zug hinunter. Karl betrachtete mich mit einem nachdenklichen Gesicht.

„Entschuldigung, musste sein. Die ganze Aufregung muss ich erst mal verarbeiten“, achselzuckend nahm ich mein Bier und spülte mit einem großen Zug nach.

„Ich hab gehört“, sprach er mit leiser Stimme, „habt echt Glück gehabt.“

„Kannst du mir noch einen einschenken?“ fragte ich ihn und schob das Glas in seine Richtung.

„Ähm, darfst du überhaupt schon trinken?“

Jetzt geht das wieder los! Ich musste mich beherrschen.

„Willst du auch meinen Ausweis sehen“, fragte ich leicht säuerlich.

Er griff zum Glas und schenkte ohne ein weiteres Wort nach. „Muss noch was erledigen“, kam nur knapp von ihm.

„Sollte etwas sein, einfach die Klingel drücken, dann kommt jemand“, und schon war er ebenfalls verschwunden.

Hatte ich ihn verärgert? Ich hatte doch nicht die Absicht, so schroff rüberzukommen! Ach, was soll´s, nach einer Woche würde ich wieder fahren und dann sicher nicht mehr hier herkommen.

Auf gar keinen Fall würde ich mir diese Tour noch einmal antun! Ich schnappte das Glas und kippte den Klaren hinunter. Gerade als ich zum Bier greifen wollte öffnete sich die Tür zum Gastraum und Jo kam rein. Er legte den Arm um meine Schulter.

„Das kann ich jetzt auch vertragen!“

„Wenn du etwas bestellen willst, musst du die Klingel betätigen, hat Karl jedenfalls gesagt.“

Ohne zu zögern drückt er die Klingel und kurz danach erschien Karl wieder. Er sah mich mit so einem traurigen Blick an, der mir ein Schauer über den Rücken jagte.

„Was kann ich tun“, er schaute Jo an und gab mir endlich einmal die Möglichkeit, ihn von der Seite zu mustern.

Eine tolle kleine Stubsnase und wie ich kaum Bartwuchs. Eigentlich sieht er echt schnucklig aus. Ein Schubser ließ mich wieder in die Realität zurückkehren.

„Ich fragte, ob du auch noch etwas möchtest.“

Jos Augen waren auf mich gerichtet.

„Ja, ich nehme noch ein Bier und einen Doppelten“, gab ich an Karl gewandt, von mir.

Ich wusste, dass ich gerade dabei war, mich volllaufen zu lassen. Aber ich wollte einfach abschalten, die ganze Scheiße die passiert war vergessen! Mit traurigem Blick stellte Karl die bestellten Sachen vor mir.

Was soll´s, dachte ich, eine Woche und dann… Ich prostete Jo zu und stürzte den klaren runter.

„Ben, trink nicht so viel“, Jo legte den Arm wieder um mich und Karl drehte sich weg. „hast du einen besseren Vorschlag?“

Ich war gereizt.

„Aber mit Alkohol wird es auch nicht besser“, schüttelte nochmal an meiner Schulter und nahm den Arm von mir.

„Besser wird es nicht, aber erträglicher“, sagte ich zu ihm und trank mein Bier in einem Zug aus.

„Gib mir mal den Autoschlüssel, ich muss noch meinen Laptop holen“, sagte ich in einem fordernden Ton.

„Hoffentlich gibt es hier wenigstens Internet“, setzte ich barsch nach.

Karl drehte sich ruckartig um und an seinem geöffneten Mund erkannte ich, dass er etwas sagen wollte, ließ es aber. Ich schnappte den Schlüssel und verschwand. Mit langsamen Schritten kehrte ich zurück zur Gaststube, den Laptop unterm Arm.

Ich setzte mich wieder an den Tresen, neben Jo und startete den Rechner.

„Mist, kein Internet, jedenfalls kein WLAN. Wo sind wir hier nur gelandet?“

Mein Ton wurde sarkastisch. Karl schaute mich traurig an. Was hatte der denn? Ach, der Alkohol schien meine Wahrnehmung zu trüben. Ich bestellte noch mal etwas zu trinken, das mir Karl auch reichte.

„Ich melde mich mal bei der Redaktion, sag, dass es länger dauert.“

Jo stand auf und wollte grade gehen, als ich ihn am Arm festhielt.

„Bestell ihm, dass er mich nie wieder in die Pampa schicken soll, sonst bin ich verschwunden!“

Mir war alles egal. Auch der Blick, den mir Karl zuwarf. Ich wollte nur weg hier! Ich schüttete mir meinen Schnaps in den Hals und deutete Karl, nachzufüllen. Ich wusste, was ich machen würde.

Einfach volllaufen lassen. Und dann ins Bett kriechen und die nächsten Tage verschlafen! Jo kam zurück und sah mir schon von weiten an, das es wohl mehr als eine Runde war, die ich in der Zwischenzeit niedergemacht hatte.

„Ben, hör auf zu trinken“, sagte er in einem flehentlichen Ton.

Ich hab mich noch nie so gehen lassen, schon gar nicht vor einem Kollegen. Aber ich war zu benebelt, um noch klare Bilder zu sehen.

„Lass mich“, und schob den Arm beiseite, den er mir um die Schulter gelegt hatte.

Jo sah mich ernst an.

„Und, was haben sie gesagt?“, fragte ich schon mit schwerer Zunge.

„Es geht in Ordnung, sie haben es schon in den Nachrichten gehört.“

Ich nickte nur und zeigte mit dem Finger auf mein leeres Glas. Karl schaute fragend zu Jo, der ebenfalls nur mit den Achseln zuckte.

„Füll schon nach, oder soll ich verdursten“, fuhr ich ihn barsch an.

Er schenkte nach. Aber sein Blick war traurig. Was ging es mich an. Er ist schließlich nur der Kellner und nicht mit mir verwandt. Nach einigen weiteren Runden konnte ich mich nicht mehr auf dem Hocker halten.

Ich rutschte runter und lag der Länge nach im Gastraum. Jo zog mich hoch, aber meine Beine wollten das Gewicht meines Körpers nicht halten. Karl kam zu Hilfe und gemeinsam schleppten sie mich auf mein Zimmer.

Sie ließen mich wie einen nassen Sack auf das Bett fallen, wovon ich schon nichts mehr mitbekam. Ich schlief schon vor dem Aufschlag.

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