Traumschiff – Teil 4

Ole              Donnerstag,30.04.2010

„Guten Morgen, die Herren, aufstehen“, weckt mich die Stimme eines gut gelaunten Krankenpflegers mit Namen Hugo um 06:45 Uhr, quasi mitten in der Nacht und ich brauche erstmals ein paar Minuten, bis ich wieder weiß, was los ist.

Mein schmerzender Arm und die ungewohnte Umgebung lassen alles, was passiert ist, noch mal gegenwärtig werden. „Versuchen sie mal aufzustehen, Herr Jensen“, sagt Hugo, „wir wollen ihr Bett machen. Vorher machen wir noch die Infusion ab, den Zugang lassen wir aber vorsichtshalber noch bis morgen drin“.

„Ich habe aber Schmerzen und da könnte man ja vielleicht noch etwas Schmerzmittel rein spritzen, das ist mir lieber, als irgendwas schlucken zu müssen“, sage ich zu Hugo. „Das geht auch über den Zugang, das machen wir gleich, wenn wir mit den Betten fertig sind“, antwortet der.

 Als er die Flasche und den Schlauch entfernt und den Zugang verschlossen hat, geht es ans Aufstehen. Ich versuche, die Beine zur rechten Seite aus dem Bett auf den Boden zu stellen, was mir auch gut gelingt. Als ich mich dann aufrichte, warte ich auf irgendeine negative Reaktion meines Körpers, aber es passiert nichts.

 Mit vorsichtigen Schritten geh ich Richtung Bad, um zunächst mal zu pinkeln. Das ging gestern den ganzen Tag nicht, das liegt wohl an den Nachwirkungen der Narkose. Jetzt jedenfalls klappt das wunderbar und anschließend fühle ich mich viel besser.

Nach dem ich an meinem Schrank einen Waschlappen und frische Wäsche geholt habe, beginne ich mit der einarmigen und deshalb eingeschränkten Morgentoilette und zieh mir dann mühsam eine frische Boxer und eine Bermuda an, bevor ich wieder in s Zimmer zurück gehe.

Hugo hilft mir auf meine Bitte hin beim Anziehen eines T-Shirts und so frisch angezogen kann ich mich wieder in mein nun frisch gemachtes Bett legen.

Torsten kann nicht aufstehen, da sein Knöchel eingegipst und an einem Gestell hoch gehangen ist. Der wird jetzt von Hugo auf  das Waschen nach dem Frühstück vertröstet, was ihm gerade recht zu sein scheint. Das Frühstück wird dann auch gleich gebracht und wir trinken jetzt erst mal gemütlich Kaffee. Frühstück im Bett, das hat man ja nicht so oft.

Anschließend mache ich noch ein kleines Nickerchen, wer weiß, was heute noch alles auf mich zu kommt.

Jerome

Da ich mich langsam wieder an den Alltag gewöhnen will, stehe ich um 08:00 auf, den Wecker hatte ich heute Nacht, als ich durch den Cremantgenuss gezwungener Maßen auf die Toilette musste, auf 08:00 Uhr gestellt. Ich will nach dem Frühstück dann auch gleich mit den Laufübungen anfangen.

Nach dem üblichen Reinigungsritual fahre ich frisch angezogen, mit Max und Moritz auf dem Schoß, nach unten zum Frühstück. Das gibt’s immer, wenn man runter kommt, weil das dann vom Personal nach Abfragen von Wünschen für jeden gebracht wird.

Mama und Natascha sitzen schon beim Frühstück und ich warte auf irgend welche Kommentare wegen meines frühen Erscheinens, war es doch, seit ich aus der Reha zurück bin, eher meist 10:00 Uhr, wenn ich zum Frühstück runter kam. Allerdings höre ich kein Wort in dieser Richtung sondern von beiden ein fröhliches „Guten Morgen “,  was ich ebenso freundlich erwidere.

Von Frau Gut, unserer Köchin, werde ich nach meinen Wünschen gefragt und bestelle mir einen Kakao und ein Rührei mit Toast. Das kommt dann auch bald und ich lass es mir schmecken. Es geht mir ganz gut heute Morgen und ich habe vor, mindestens 5 Runden heute Vormittag durch unseren Park zu laufen.

Nach etwa 30 Minuten taucht Martin auf und hilft mir beim Anlegen von Max und Moritz. Er hat auch den Rollator mit gebracht und durch die Terassentüre fahre ich hinaus in den Garten und gehe auf die „Piste“.

 Anfangs vorsichtig und fast ohne Schmerzen, gehe ich durch unseren Park und nach einer Eingewöhnungsphase werde ich auch langsam schneller. Bald ist die Muskulatur warm und es klappt ganz gut. Früher haben wir als Kinder oft im hinteren Bereich des Parks gespielt und Martin hatte mir sogar dort ein Baumhaus gebaut.

Dort war ich schon ewig nicht mehr und da werde ich auch wohl mit dem Rollator kaum hinkommen, weil dort kein befestigter Weg hinführt. Querfeldein konnte ich mit dem Ding ja wohl kaum fahren oder doch?

Der Rasen war kurzgeschnitten und der Untergrund trocken. Ich kann es ja mal versuchen. Es sind ungefähr 35 Meter bis zu den Büschen und Bäumen und dann noch etwa 15 Meter bis zu dem Baum, in dem das Haus gebaut ist.

Es interessiert mich schon, ob es noch steht. Hier habe ich oft gesessen und hier war mir auch irgendwann klar geworden, das etwas anders ist mit mir, das ich halt Jungs lieber mag als Mädchen und ja, das ich wohl schwul bin. Damals war ich zuerst traurig und verunsichert und es hat einige Zeit gebraucht, bis ich das als unabänderlich akzeptiert habe.

Das letzte Mal war ich mit 15 Jahren hier  gewesen, danach war das Interesse an dem Baumhaus irgendwann vorbei. Ich nehme mir vor, wenn ich ohne Rollator laufen kann, werde ich nochmal herkommen und gucken, ob das Baumhaus noch OK ist.

Weiter geht es durch den Park und nachdem ich das Tempo noch mal gesteigert habe, fang ich leicht an zu schwitzen. Das hält mich aber nicht davon ab, zügig weiter und bald in die  zweite Runde zu gehen. Im Vorbeigehen winkt mir Mama von der Terrasse aus zu und auch Oma und Frieda sind mittlerweile erschienen und sitzen bei Mama.

Einerseits freut es mich, dass alle Anteil nehmen an meinen Fortschritten aber ich komme mir auch gleichzeitig wie ein Schauläufer vor. Fehlt nur noch, dass sie mir beim nächsten Vorbeikommen Noten geben wie beim Eiskunstlauf. Das amüsiert mich jetzt schon, wenn ich mir das so bildlich vorstelle, wie Oma und Frieda die Tafeln mit den Nummern hochhalten „Jerome Haltung 8,9“.

Ich glaub, sowas nennt man Galgenhumor. Mit solchen Gedanken beschäftigt, mache ich im gleichen Tempo weiter und es dauert nicht so lange, da lauf ich wieder an der Terrasse vorbei. Inzwischen ist auch unser Gärtner auf der Bildfläche erschienen und fährt mit dem Rasentraktor in den hinteren Bereich des Parks.

Auf einem kleinen Anhänger befinden sich Gerätschaften und verschieden Plastiktüten. Ich nehme mal an, dass er in dem rechten Teil des Parks, wo er eine etwa 30 mal 20 Meter große Fläche als Gemüsegarten angelegt hat, arbeiten will. Dort hat er auch ein Treibhaus aufgestellt.

Da auch ein befestigter Weg dorthin führt, beschließe ich kurzer Hand, einmal dort hin zu laufen, und zu schauen, was er da heute macht. Früher haben wir öfter zugeschaut und manches Mal auch mitgemacht, bei der Arbeit im Gemüsegarten und im Sommer frische Tomaten direkt vom Stauch in den Mund zu stecken, das war für uns als Kinder was ganz tolles.

Herr Rücker, oder Heinz, wie wir in immer nennen durften, war etwa in Martins Alter. Er wohnte mit seiner Frau an der Zufahrt zu unserem Anwesen und beide waren schon fast 25 Jahre bei uns beschäftigt. Die Frau von Heinz machte in unserem Haushalt sauber und kümmerte sich auch um andere wie den Einkauf von Waren.

Also gehe ich jetzt zügig dem Traktor hinterher und erreiche nach etwa 5 Minuten den Teil des Parks, in dem der Gemüsegarten liegt.

Ole

Ich werde wach, weil mich ein Wortwechsel zwischen Frank und Thorsten stört. „Ich lass mich von dir nicht waschen, Heiner, das das mal klar ist“, mault Thorsten. „Ich heiß nicht Heiner, ich bin Frank. Heiner ist auch Zivi und der hat seit 3 Tagen frei und kommt erst morgen wieder“, entgegnet Frank.

 „Oh, ich dachte, du wärst Heiner und ich hab gehört,  der soll schwul sein. Von dem lass ich mich nicht waschen“, gibt Thorsten ein wenig prollig von sich. „ Ob der Heiner jetzt schwul ist weiß ich nicht, und das ist auch Heiners Sache, aber ich muss dich jetzt waschen, sonst krieg ich mit der Oberschwester Stress“, sagt Frank und nimmt die Decke von Thorstens Bett.

„Wenn es dann sein muss“, sagt Thorsten, „aber die Glocken wasch ich mir selber.“ „Mann, mach mal nicht so einen Zirkus, jeder hier hat doch sowas und ich denke, es wird dir keiner was klauen“, melde ich mich jetzt mal zu Wort, „willst du lieber stinken wie ein Iltis. Der Frank wird dir schon nix weg gucken oder waschen.“

Frank fackelt nicht lange, zieht Thorsten das hinten offene Krankenhaushemd aus  und wäscht mit einem Waschlappen gekonnt Thorstens Vorderfront außer den Bereich zwischen den Beinen und trocknet sie wieder ab.

Dann richtet er in auf, so gut es geht und wäscht seinen Rücken ab. Als der Rücken trocken ist, reibt er die Haut mit Franz-Branntwein ab. Nun dreht er Torsten vorsichtig auf die Seite und wäscht seinen Po. „Ihh, das kitzelt am Arsch, lass das“, quiekt Torsten, „mit mir könnt ihr das nur machen, weil ich nicht weg laufen kann“.

„Hier hast du einen frischen Waschlappen für deine Glöckchen, die wolltest du ja selber waschen “, sagt Frank dann grinsend zu Torsten  und reicht im anschließend das Handtuch.

Nun holt er aus Torstens Schrank ein frisches Nachthemd und zieht im das über den Kopf an und bindet es auf dem Rücken zu, weil der wegen dem hoch gehängten Bein keine Hose anziehen kann. „Fertig, jetzt ist unser Kleiner wieder frisch“, sagt er und räumt die Waschutensilien auf, „ war das jetzt so schlimm für dich?“

„ Nein, es ging, aber du bist ja auch nicht schwul“, sagt Thorsten und grinst frech zu mir herüber. „ Das weißt du doch gar nicht,  Kleiner, ob ich das nicht bin, aber wenn es so wäre, würde ich mich nie an einem halben Kind vergreifen und auf der Arbeit sowie so nicht“, sagt Frank und verschwindet mit dem Waschzeug.

Zurück bleiben ein verdutzt dreinschauender Thorsten und ein nachdenklicher Ole.

Jerome

„Guten Morgen Herr Rücker“, grüße ich den Gärtner, der mit dem Rücken zu mir dabei ist, die Sachen von dem kleinen Anhänger abzuladen. Er dreht sich um, sieht mich und lächelnd sagt er: „Hallo, guten Morgen, Herr Remmers, ich bin froh, dass sie wieder laufen können, wenn es wohl auch noch der Unterstützung bedarf“, antwortet er und zeigt auf den Rollator.

„Früher haben sie immer Jerome gesagt, das war mir viel sympathischer, Herr Rücker“, sage ich. „Dann müssen sie aber auch wieder Heinz zu mir sagen, wie früher“, antwortet er grinsend, „ dann sag ich mit ihrer Erlaubnis auch wieder Jerome“. „Abgemacht, Heinz“,  sage ich zu Heinz und sehe mir dann die Sachen an, die er abgeladen hat.

„ Heute will ich mal drei Reihen verschiedenen Kohl setzen“, sagt Heinz und er beginnt damit, mit einer Schnur eine Linie im Beet abzustecken. An der Linie vorbei steckt er dann mit Hilfe eines Holzes Löcher in den Boden und setzt die Pflanzen ein.

Nach einer Weile sag ich dann: „ So, Heinz, ich geh dann mal weiter üben, viel Erfolg mit dem Kohl“.  „Dir auch viel Erfolg beim Trainieren, Jerome, damit du bald wieder ohne dieses Ding dort laufen kannst“, sagt er und zeigt auf den Rollator.

Ich nehme meine Runden wieder auf und laufe jetzt in etwas erhöhtem Tempo weiter die Wege entlang. Bevor ich wieder an der Terrasse vorbei komme, auf der immer noch Mama und Martin sitzen, merke ich an der rechten Seite unten ein Druckgefühl, nicht schlimm, aber auch nicht angenehm.

Ich beschließe, noch eine Runde zu laufen und dann eine Pause einzulegen. Unterwegs wird das Gefühl an der Ferse aber immer intensiver und merklich langsamer als vorher bewältige ich den Rest der Runde und komme wieder zur Terrasse.

Martin hat sofort im Blick, das irgendwas nicht stimmt. Kaum das ich sitze, ist er schon bemüht, die Prothesen aus zu ziehen. Als der Rechte, der Max, aus ist, sehen wir, das eine Rötung und eine kleine Blase an der der Unterseite des Beinstumpfes entstanden ist. „Scheiße“, ist Martins erster Kommentar und er greift direkt zu Handy, um Schmelzer anzurufen.

Ole

Seit der Waschaktion geht mir Franks letzter Satz nicht mehr aus dem Kopf. Ist das jetzt ein Fake oder ist er vielleicht schwul. Jedenfalls lässt der Satz ja einige Optionen offen und Frank sieht ja auch noch gut aus. Also, der könnte mir schon gefallen als Freund, den würde ich gerne mal näher kennen lernen.

Torsten ist wieder beim Fernsehen und die Sendung ist in meinen Augen eher Schrott, nix für mich. Ich werde versuchen, noch ein wenig zu schlafen. „Torsten, nimm bitte den Kopfhörer, das geht mir so nicht ab und ich will noch ein wenig schlafen“, sage ich und Torsten tut dann auch gleich, um was ich ihn gebeten habe. Schnell bin ich weg gedämmert und werde erst wieder wach, als die Visite im Zimmer ist.

„Guten Morgen die Herrn“, tönt es nicht gerade leise und der Chefarzt mit seinem Gefolge kommt ins Zimmer. „Ole Jensen, Fahrradunfall, leichte Gehirn-erschütterung, Op. nach Handgelenksfraktur, Schulterprellung mit Hämatom, keine Komplikationen, könnte übermorgen nach Hause entlassen werden“, betet der Stationsarzt meine Daten runter.

„Na, Herr Jensen, oder darf ich Ole sagen, wie fühlen sie sich?“ fragt der Chefarzt und schaut mich erwartungsvoll an. „Ja und ganz gut“, antworte ich und ernte ein Lächeln dafür.

 „Schön, dann sehen wir uns morgen noch einmal und dann geht es Übermorgen nach Hause“, sagt er „gehst du noch zur Schule?“  „Ja, wir sind gerade im Abitur“, antworte ich.  „So, du bist doch erst siebzehn, und schon Abi?“, fragt er.

„Ich habe ein Jahr übersprungen, deshalb bin ich jetzt am Abitur, aber die meisten Klausuren sind schon rum. Der Rest ist erst in der übernächsten Woche und den werde ich ja dann auch mitmachen können, die rechte Hand ist ja in Ordnung“, sag ich.

„Dem steht nichts im Wege, nur Sport ist im Moment Tabu, auch schwimmen solltest du nicht. Beim Duschen musst du halt was drum machen. Die Drainage ziehen wir nach her und dann kannst du übermorgen wieder heim. Der Hausarzt übernimmt den Rest oder du musst in die Ambulanz kommen. Das kannst du dir aussuchen“, sagt der Chef, nickt mit zu und wendet sich dann Torsten zu.

„Torsten Sieber, Skatebordunfall, komplizierte Knöchelfraktur“, fängt der Stationsarzt sein Statement an. „Ich weiß, den kenn ich ja schon, gibt es was neues oder verläuft alles normal?“, will der Chefarzt wissen. „Alles normal, keine Komplikationen“, sagt der Stationsarzt.

„ Hallo Torsten, wie geht es dir?“ will er wissen. „Ganz gut, nur es juckt immer unter dem Verband und da kann man nicht kratzen“, sagt Torsten. „Deine Mutter soll die eine Stricknadel mitbringen, mit der kannst du dann vorsichtig kratzen, allerdings nicht im direkten Wundbereich, das wäre nicht gut“, meint der Chef.

 „Früher, als die Damen noch ein Korsett trugen, haben die Leute gerne eine Korsettstange zum Kratzen benutzt, Die waren flexibel, damit kam man überall hin aber das gibt’s ja heute so gut wie gar nicht mehr“, fügt er lachend hinzu, „wenn du aber eine Oma hast, dann kannst du die ja mal fragen, ob sie sowas noch hat.“

Lachend verabschiedet sich das Visitenteam und dann ist wieder Ruhe im Zimmer.

Jerome

Wir, Martin und ich sind wieder mal mit Max und Moritz auf dem Weg zu Dr. Schmelzer. Offensichtlich habe ich mir eine kleine Blase gelaufen und die ist auch noch auf gegangen. Schieße, ich habe wohl etwas übertrieben.

Hoffentlich wirft mich das nicht allzu lange zurück, das würde mir stinken. Gerade jetzt, wo es angefangen hat, gut zu laufen und Spaß zu machen, wieder auf eigenen Beinen zu rennen. Als wir ankommen, setzt Martin mich in den Rolli und mit Max und Moritz auf dem Schoß geht es rein in das Klinikum.

Dr. Schmelzer wartet schon auf uns und nach kurzer Begrüßung wird das Bein eingehend untersucht. „Das ist eindeutig eine Blase, das ist jetzt zwar nicht so gut, aber auch kein Weltuntergang.

 Wir werden das jetzt behandeln und dann muss das abheilen. Die Prothese, ich meine jetzt speziell Max, muss erneut angepasst werden, Moritz hat ja keine Probleme verursacht“, sagt er nach der Begutachtung. Mit einer Salbe und einem Verband wird nach Desinfizierung der Blase das Ganze verbunden.

„Übermorgen kommst du wieder, dann schauen wir, ob wir weitermachen können. Dann werden wir auch Max anpassen, das macht jetzt keinen Sinn. Nimm beide mit nach Hause und bring sie  dann auch wieder mit“, sagt er und  schickt uns dann nach Hause.

„Ich möchte hier noch einen Kakao trinken“, sag ich zu Martin, der daraufhin vor sich hin lächelt. „Ok, dann ab in die Cafeteria, dort soll es doch hin gehen?“, fragt er, „oder sollen wir ein anderes Cafe aufsuchen?“ „Martin“, sage ich etwas lauter, „ du weißt ja wohl, warum ich dort hin will, also lass bitte die Späße. Ich will einfach ein Gespräch mit dem Jungen führen, vielleicht mag er mich ja auch ein wenig.“

„Pscht, ist ja gut, ich habe es nicht bös gemeint“, sagt Martin und schiebt den Rolli in die Cafeteria. „Soll ich mal nach Ole Jensen schauen, ich bin ja hier wohl eher im Weg“, sagt er, nachdem er mich an einen freien Tisch geschoben. „Ja, geh, du störst jetzt wohl, der redet ja kein Wort mit mir, wenn du hier dabei sitzt“, schick ich ihn fort.

Jetzt sitze ich hier am Tisch und warte, ja auf was warte ich denn eigentlich? Auf meinen Schwarm? Oder auf eine Illusion? Ich weiß es selber nicht, aber als er dann in meine Richtung kommt, fängt mein Herz an zu klopfen, ich meine also schneller zu klopfen, als normal.

„Hallo, guten Tag, du bist ja schon wieder hier“, lächelt er mich an und mir wird schon ein bisschen anders bei dem Lächeln. Der könnte mich jetzt glatt um den Finger wickeln. „Ja, ich habe mir eine Blase gelaufen beim üben und jetzt muss Max erneut angepasst werden und ich kann erst wieder üben, wenn die Blase heil ist“, sage ich und langsam beruhigt sich mein Puls wieder.

„Möchtest du wieder einen Kakao mit Sahne?“ fragt er und ich nicke: „Ja gerne“  „Ich habe gleich Pause, dann kann ich dir ein bisschen Gesellschaft leisten, wenn du möchtest“, sagt er und schaut mich erwartungsvoll an. „Ja gerne“, sag ich, „das würde mich freuen“, antworte ich und werde wieder leicht rot. „Dann bis gleich und den Kakao bring ich dann mit“, sagt er und macht sich auf den Weg zur Theke.

Das läuft ja vielversprechend, denke ich und freue mich, das er gleich zu mir kommt. Ob er wohl auch schwul ist? Hoffentlich, denn er gefällt mir sehr gut.

Ole

Es klopft an der Tür und ein älterer Herr in einem dunkelgrauen Anzug betritt unser Zimmer. „Hallo, guten Tag, ich bin Martin und ich möchte zu Ole Jensen“. „Das bin ich, aber ich kenne sie nicht“, antworte ich und sehe ihn erstaunt an. „Ich arbeite im selben Haus wie ihre Mutter und da ich gerade mit Jerome Remmers hier in der Klinik bin, wollte ich mal schauen, wie es ihnen geht. Die alten Damen, bei denen ihre Mutter arbeitet, wollen das immer wissen“, sagt er und stellt sich unten vor mein Bett.

„Ich hatte bis jetzt noch nicht das Vergnügen, die beiden Damen kennen zu lernen, aber dass sie Anteil an meinem Unfall nehmen, weiß ich von meiner Mutter. Sie können meinen Dank ausrichten und ihnen sagen, das ich wohl übermorgen hier entlassen werde“, teile ich dem Herrn mit und wundere mich selbst über meine geschwollene Ansprache. Ich muss innerlich ein wenig lachen.

„Jerome sitzt unten in der Cafeteria und ich wollte halt die Gelegenheit nutzen, kurz rein zu schauen“, erklärt er noch mal sein Hiersein. „Wie geht es denn dem jungen Herrn Remmers, kommt er voran mit seinem Lauftraining“, drehe ich den Spieß jetzt mal um, „Mutter erzählt nicht so viel von ihm.“

 „Er hat sich heute eine Blase am rechten Bein gelaufen und die muss jetzt erst mal heilen. Dann wird die Prothese wieder angepasst und das Training geht weiter“, sagt Martin, „ er wartet in der Cafeteria auf mich.  „Wie kommt er denn mit seiner Behinderung zurecht?“, will ich wissen.

 „So langsam scheint er es zu akzeptieren, dass es so ist und jetzt wird er wohl auch alles tun, um mit diesen Prothesen wieder richtig laufen zu lernen. Heute hat er es wohl ein wenig übertrieben, daher die Blase und jetzt ist erstmals Zwangspause“, erzählt der Herr Martin oder heißt der so mit Vornamen? Egal.

„Was ist denn genau mit der Hand, wird das alles wieder OK oder kann da was zurück bleiben?“, will er von mir wissen. „Die Ärzte meinen, dass alles wieder ganz gesund wird und ich keine Probleme mit dem Handgelenk bekommen werde, na und die Schulter muss halt heilen, da bleibt auch nichts zurück“, erkläre ich.

„Schön, das freut mich, aber die beiden alten Damen noch viel mehr. Die mögen ihre Mutter sehr und waren ganz schön geschockt, als die Nachricht von ihrem Unfall kam. Sie werden bestimmt ein Fläschchen Cremant auf die gute Nachricht trinken“, sagt er schmunzelnd.

„Ich werde dann mal wieder gehen, weiterhin gute Besserung und vielleicht sieht man sich ja mal wieder“, sagt Martin, nickt auch Torsten kurz zu und  wünscht uns beim rausgehen noch eine gute Zeit.

Torsten fragt: „Wer war das denn jetzt, den kanntest du wohl gar nicht, oder?“ „Nein, persönlich kenn ich den nicht,  eigentlich nur von Erzählungen meiner Mutter.  Die arbeiten bei derselben Familie. Meine Mutter betreut dort zwei ältere Damen und der Martin ist dort Fahrer und so eine Art Bodyguard für den Sohn der Familie“, antworte ich.

„Der Junge hat bei einem Unfall beide Füße verloren und die Beine unterhalb der Knie waren auch noch in Mitleidenschaft gezogen. Jetzt hat der ganz teure Prothesen bekommen, mit denen er wieder ganz normal gehen soll, wenn das alles klappt“, erzähle ich Torsten, was ich so weiß von diesem Jerome.

„Krass“, meint Torsten, „keine Füße mehr, das ist ja echt schlimm. Da sind wir beide ja noch gut weg gekommen bei unseren Unfällen.“

Jerome

Er kommt zurück und er hat sogar zwei Tassen auf dem Tablett und seine Kellnerschürze ausgezogen. „So, bitte schön, dein Kakao und nun erzähl mal ein bisschen von Dir, wenn du magst“, sagt er und setzt sich mir gegenüber auf den Stuhl.

 „Na gut, kann ich machen“, sage ich, „ ich heiße Jerome Remmers bin noch 18 Jahre alt und ich hatte vor gut drei Monaten einen schweren Unfall, bei dem ich meine Füße verloren habe. Nun habe ich zwei Spezialprothesen bekommen, mit denen soll ich, nach einer Eingewöhnungs- und Übungszeit wieder normal laufen können, so das keiner merkt, dass ich überhaupt behindert bin.“

Ich trinke vorsichtig von dem heißen Kakao bevor ich fortfahre: „Jetzt habe ich mir leider eine Blase am rechten Bein gelaufen und kann erst wieder üben, wenn das wieder heil ist. Es ging eigentlich heute schon ganz gut und es wird auch bestimmt mal so werden, wie der Arzt es gesagt hat. Ich werde wieder normal laufen können. So, jetzt bist du mal dran, erzähl bitte mal was über dich und was du so machst“.

Er lächelt und sieht mich an: „Da gibt es nicht viel Aufregendes zu erzählen. Ich heiße Sergej Radic, bin fast 20 Jahre alt und bin im dritten Ausbildungsjahr zum Hotelkaufmann. Ich habe eine  Wohnung hier in der Nähe, die ich mit zwei Studenten teile. Den Job hier mache ich halt noch zusätzlich, weil das Geld zum Leben sonst nicht reicht“.

 Er trinkt von seinem Tee und fährt dann fort: „ Eine Woche lang, Vormittags, wann immer es geht, bediene ich hier und ab 14:00 Uhr arbeite ich dann bis 22:00 Uhr im Hotel, und das auch jedes zweite Wochenende. Die Woche drauf ist es umgekehrt, zuerst Hotel und dann nachmittags hier.

 Im August habe ich Prüfung und wenn ich bestanden habe, werde ich mich auf einem Kreuzfahrtschiff bewerben.“

Wieder nimmt er einen Schluck und schaut mir dabei in die Augen: „Meine Eltern wohnen in Dresden und können mich finanziell leider nicht unterstützen, weil die nicht so  viel Geld haben und ich auch noch 4 Geschwister in Dresden habe.  Die wohnen alle noch zu Hause  und gehen dort auch noch in die  Schule“, erzählt er weiter. Dann fragt er: „ Was machst du denn, gehst du auch noch zur Schule?“

„Ich mache dieses Jahr mein Abitur, wenn alles klappt. Der Unfall hat mich schon etwas zurück geworfen, aber in der nächsten Zeit werde ich das mit Hilfe meiner Lehrer wohl weitgehend auf holen“, erzähle ich ihm. „In welche Schule gehst du denn hier?“, will er wissen.

„Meine Schwester und ich haben private Lehrer, die zu uns nach Hause kommen. Das ist zwar bequem, aber man hat dadurch logischer Weise auch keine Schulkameraden oder Freunde, das ist der große Nachteil an der Sache, weil man sich oft ein bisschen einsam vor kommt“, erzähle ich weiter.

„ Viele Freunde habe ich hier in Bremerhaven jetzt auch nicht, eigentlich nur die zwei, die mit mir in der WG zusammen wohnen“, meint Sergej und sagt weiter: „Da ich fremd in Bremerhaven war und nach dem ich die Lehrstelle hier bekommen habe, habe ich natürlich alle  Freunde zu Hause zurück gelassen. Ich habe ja auch kaum Zeit, neue Freunde zu finden bei der vielen Arbeit, aber ich brauch halt das Geld, um über die Runden zu kommen.“

„Bekommst du denn nicht genügend Geld in deiner Ausbildung, das du noch so viel Stunden neben her arbeiten muss?“, frage ich ihn. „Ich kriege nur 510,- Euro Ausbildungsvergütung, davon muss ich dann Miete und Nebenkosten bezahlen. Außerdem brauche ich ja auch noch Fahrgeld, das sind zusammen auch 80,- Euro im Monat und dann ist schon nicht mehr genug übrig, um leben zu können“, erklärt er seine Lage.

„ Hier mache ich etwa 20, manchmal bis 24 Stunden in der Woche und kriege 7,65 Euro brutto die Stunde. Da bleiben im Monat netto so etwa 500,- Euro, dann habe ich also rund 1000,- Euro insgesamt und das geht dann schon“, rundet er das Bild ab.

„Krass“, sage ich, „ich kann da nicht mitreden, Kosten habe ich eigentlich so keine und bekomme ein gutes Taschengeld und Kleider und so Sachen gibt’s natürlich auch. Ich weiß gar nicht, was ich so in einem Monat koste, aber allein das Gehalt von Martin dürfte deutlich über 2000,- Euro liegen und der ist ja nur für mich da. Das regeln alles meine Eltern“.

„Ich will mich trotzdem nicht beklagen“, sagt Sergej, „ ich komme ja ganz gut zurecht, aber ein bisschen mehr Freizeit hätte ich schon gerne, um mal aus zugehen, zu tanzen oder sowas zu unternehmen. Wenn ich ausgelernt habe, werde ich auf einem Kreuzfahrtschiff anheuern, das war eigentlich immer mein Wunsch, mit so einem Schiff zur See zu fahren.“

„Wenn du da mal Probleme hast, eine Stelle zu finden, dann lass es mich wissen“, sag ich zu ihm, „ ich habe da so ein paar Beziehungen, dann kriegst du bestimmt eine Heuer auf einem Kreuzfahrer. Aber das ist ja noch ein bisschen hin, oder?“

„Im Juni gehen die Prüfungen los und Mitte Juli endet dann der Ausbildungs-vertrag. Ich habe mich auch schon bei einigen Reedereien beworben, aber noch keine Antwort erhalten. Ich bin mal gespannt, ob das klappt“, erzählt er mir.

Ich finde das eigentlich schade, das er dann wohl auch nicht mehr lange hier sein wird. Es wird wohl kaum Sinn machen, darauf zu hoffen, dass es zu einer Beziehung zwischen uns kommt, wenn er ab August für Monate überall in der Weltgeschichte rum fahren wird.

„Gib mir mal deine Handynummer, dann kann ich dich anrufen, wenn ich etwas für dich erreichen kann“, sag ich zu ihm, „ich werde meinen Vater bitten, einmal zu prüfen, ob deine Bewerbung eingegangen ist und ob du Chancen auf einen Job hast.“

„Warum willst du das für mich machen?“, fragt er und sieht mich wieder sehr intensiv an. Er gibt mir ein handgeschriebenes Kärtchen, auf dem seine Adresse und seine Handynummer stehen. Auch ich schiebe im meine Karte rüber und sage dann:„Ich konnte dich von Anfang an gut leiden und ich hatte auch ein bisschen gehofft, dass wir uns näher kennenlernen werden.“

Mit leicht gerötetem Gesicht, die Augen auf dem Tisch, rede ich einfach weiter: „ Weis du, ich habe das bisher noch keinem erzählt, ich mache mir nichts aus Mädchen und, ja, eh, na ja, ich habe mir schon insgeheim gewünscht, das du vielleicht genau so fühlst und mich auch ein bisschen magst, weil du ja auch sehr nett zu mir bist. Ich hoffe, ich schockiere dich jetzt nicht gerade mit meinem Gespräch?“

Hatte ich das jetzt alles gerade gesagt, ich, die Klemmschwester in solchen Dingen? Er sitzt noch immer bei mir am Tisch und ist nicht gegangen, als ich wieder hoch schaue.

 Er sieht mich an, nicht böse oder so. „Ich weiß nicht, ob ich jetzt genau so fühle, wie du, aber ich weiß, dass ich dich von Anfang an sehr gern mochte. Ich hatte zu Hause schon mal eine Freundin, aber das war nicht so berauschend, aber ich habe eigentlich auch nie bewusst für einen Jungen geschwärmt aber bei dir habe ich mich immer gefreut, wenn ich dich gesehen habe.“

Er trinkt den Rest aus seiner Tasse aus. „Meine Pause ist jetzt leider schon zu Ende und ich würde gerne noch weiter mit dir reden, aber vielleicht können wir uns ja mal treffen, woanders meine ich und in Ruhe über alles reden“, sagt er und fährt dann fort: „Ich muss auch erst einmal darüber nachdenken, das mir heute ein Junge, ein sehr netter wohlgemerkt, eine versteckte Liebes-erklärung, und das war es ja wohl, gemacht hat. Ich ruf dich an, versprochen. Dass du dich jetzt bei mir geoutet hast, zeigt mir, das du mir wohl sehr viel Vertrauen entgegen bringst“, sagt er und räumt das Geschirr zusammen.

„Bleib sitzen, ich komme gleich noch mal her, ich muss den Geldbeutel holen und meine Schürze wieder anziehen“, sagt er und geht mit dem Geschirr zur Theke. Mein Herz klopft und ich frage mich, ob das richtig war, ihm das so zu sagen.

Andererseits, was habe ich zu verlieren, wenn er mich deswegen ablehnen würde. Bis jetzt habe ich ja eigentlich nur von ihm geschwärmt, oder habe ich mich schon verliebt? Ich weiß es nicht so genau, aber wenn er sowie so zur See fahren will, dann hat das ja keine Zukunft für uns, wenn er denn überhaupt auf mich stehen würde.

Er kommt zurück, wieder im Dienst und sagt: „Der Kakao geht auf mich und eine Kleinigkeit habe ich noch für dich“.  Er legt ein Milka-Herzchen vor mich und sagt: „Etwas süßes für dich, das beruhigt dich ein bisschen. Ich ruf dich an, versprochen.“ „Danke“, sag ich, verwirrt jetzt wieder. Ein Schokoladenherz für mich. Nachdenklich drehe ich das Herz in meinen Fingern und als ich ihn dann wieder anschaue, lächelt er.

„Mach es gut, bis zum nächsten Mal“, sagt er, „ wir könnten ja mal ins Kino gehen, wenn ich ein Wochenende frei habe. Überleg dir was, ich melde mich.“

An einem anderen Tisch wird nach ihm gerufen, er winkt mir kurz mit der Hand und geht dann wieder seiner Arbeit nach. Ich bin jetzt doch ein bisschen traurig, weil es so gelaufen ist. Ich mag ihn doch schon etwas mehr und, na ja, ich bin halt etwas enttäuscht.

„Hallo“. Ich schrecke auf und realisiere, dass Martin hinter mir steht. „Können wir losfahren?“ fragt er. „Ja, Martin, lass uns nach Hause fahren, ich bin müde und möchte eine Stunde oder auch zwei ruhen“, sage ich und er greift sich  den Rolli und schiebt uns hinaus zum Auto. Er fragt nicht und ich bin ihm dankbar, dass er mich jetzt gerade ganz in Ruhe lässt.

Zu Hause lege ich mich ins Bett und bin auch bald eingeschlafen. Es war doch ein anstrengender Tag und so ist es kein Wunder, das ich so müde bin. Im Traum bin ich dann mit Sergej plötzlich auf hoher See an Bord einer weißen Yacht und wir trotzen zusammen den Wogen, die der Sturm unserem Schiff entgegen treibt.

Ole    Freitag, 01.05.

Zehn vor sieben kommen sie wieder zum Wecken und wieder heißt es aufstehen und waschen gehen für mich. Heute Nacht habe ich besser und ohne Schlaf-Tablettenhilfe  geschlafen. Torsten kann ja im Bett liegen bleiben. Als ich aus dem Bad komme und vor meinem Schrank stehe, um ein frisches T-Shirt an zu ziehen, kommt Frank mit dem Frühstück.

Er mustert mich, für mich ziemlich auffällig von oben bis unten, bevor er das Tablett an meinem Bett abstellt. „Gefällt dir, was du siehst?“ rutscht es mir raus und gleich werde ich ein bisschen rot. Er wird auch rot, hat aber doch so viel Mut zu sagen: „Du brauchst dich nicht zu verstecken, du siehst schon verdammt geil aus!- Oh man, Sorry, Entschuldigung“. Und weg ist er.

„Der ist ja doch schwul, ich fass es nicht“, kreischt Torsten aus seinem Bett heraus, er hat das wohl gerade voll mit bekommen. „Halt mal deine Klappe und kümmer dich um deine Sachen“, sag ich leicht wütend und mache mich auf den Weg zum Flur. Da wir das letzte Zimmer auf dem Gang sind, bekommen wir auch immer zuletzt das Frühstück

Da das Frühstück von Torsten muss noch draußen im Wagen stehen, nehme ich an.  Frank soll Torsten das Tablett bringen und dann müssen wir mal reden, denk ich. Als ich rauskomme, lehnt Frank mit dem Kopf auf den Armen am Wagen und redet offenbar mit sich selber: „Oh Gott, bin ich soo blöd“ höre ich mehrmals.

Vorsichtig lege ich meine Hand auf seine Schulter und merke, wie er ganz starr wird. „Frank, es ist alles OK, du hast nichts Falsches getan. Du bist mir nicht zu nahe getreten und ich bin auch nicht sauer auf dich“, sag ich leise.

Er hebt den Kopf, immer noch ein bisschen rot und sagt leise und stockend: „Sorry, mein Mund war, na ja, war wohl schneller als mein Gehirn, aber du siehst auch wirklich toll aus. Ja, und wie du dir jetzt wohl denken kannst, bin ich halt, na ja, schwul halt, du weißt schon, ich steh halt eben auf Jungs und wenn ich dann sowas tolles sehe, na ja, dich eben, dann, ja, dann rutscht mir manchmal so was raus, nochmal sorry.“

Ich kann einfach nicht anders, ich lege meinen gesunden Arm um ihn und zieh ihn ein wenig zu mir ran. „Es macht nichts, Frank, ich bin auch schwul und du gefällst mir auch und ich glaub, ich mag dich sehr. Wir kennen uns zwar erst gerade mal 2 Tage, aber du hast mich eigentlich ganz froh gemacht mit deinem Spruch.“

Wir bleiben einen Moment so eng beieinander stehen, ich kann ihn riechen, seine Haare und sein Deo, er riecht einfach gut und es macht mich an. Ich möchte meine Nase in seine Haare wühlen und ihn eigentlich nicht mehr loslassen.

Mir fällt ein, das wir ja für alle sichtbar auf dem Flur stehen und ich gerade eine Latte bekomme wie schon lange nicht mehr. „Lass uns reingehen, bring Torsten sein Frühstück, ich muss unter die Decke. Man, du machst mich gerade wahnsinnig an“, sag ich und löse mich von ihm.

Er sieht nach unten und grinst über die Riesenbeule in meiner kurzen Schlafhose. „Dann ab unter die Decke, du kleiner Lüstling“, sagt er grinsend und streicht frech einmal kurz über die Shorts. Fast geht mir einer ab bei der Berührung und ich haste eilig Richtung Bett.

„Du hast ja eine Latte, Ole“, kreischt Torsten nicht gerade leise und macht mich wütend. „Halt einfach mal deinen Mund, das geht dich nichts an und wenn ich eine habe, dann wohl nicht wegen dir“, stauch ich ihn zu Recht, „und wenn du jetzt nicht aufhörst mit dem dummen, hirnlosen Gelaber, dann werde ich sauer und denk dran, du kannst nicht weglaufen.

Frank kommt jetzt mit Torstens Frühstück und stellt das an seinem Platz ab. Bevor Torsten was sagen kann, sagt Frank: „Torsten, bitte halt jetzt einfach den Mund und esse was. Später können wir dann ja über alles was heute Morgen war und ist, reden. Denk erst mal darüber nach, was du denn dazu sagen willst und vor allem, bleib sachlich, es will keiner was von dir“.

„Wieso eigentlich nicht, bin ich so hässlich, mach ich euch nicht an?“ kommt es prompt und etwas beleidigt von Torsten. „ Du hast doch gehört, was Frank gesagt hat, später reden wir, jetzt stopf dir ein Brötchen in den Mund und gib Ruhe“, sag ich und beginne ebenfalls, mein Frühstück zu verzehren. „Ich muss weiter, bis nach her“, kommt es von Frank und dann ist er auch schon raus.

Ich bin jetzt schon ein bisschen verwirrt und denke über alles nach. Torsten ist Gott sei Dank jetzt mal ganz ruhig und ein Blick zu ihm sagt mir, dass ihn das auch mehr beschäftigt, als er das eigentlich will.

Sergej

Was ist nur mit mir los? So kenne ich mich gar nicht. Mich hat doch noch nie ein Junge so angemacht, wie der Jerome. Ich bin doch eigentlich gar nicht auf Jungs fixiert, wieso kann ich ihn so gut leiden und warum berührt mich sein Schicksal so stark.

Ich will mich doch nicht in einen Jungen verlieben, oder? Ich will mich im Moment gar nicht verlieben, ich brauche einen klaren Kopf für meine Prüfung und dann bin ich sowie so weg. Für eine Beziehung habe ich jetzt keine Zeit, und was dann später auf dem Schiff ist, das weiß ich doch jetzt auch noch nicht.

Jetzt mach ich erst mal hier meine Schicht und dann gucke ich zu, dass ich pünktlich ins Hotel komme. Zurzeit bin ich für 3 Monate im Service an der Bar, das geht zwar erst gegen Abend richtig los aber ich muss doch um 14:00 Uhr dort sein.

 Heute wird Jerome ja nicht hier her kommen und ich kann mal etwas Abstand zu der ganzen Geschichte halten. Meine komischen Gefühle für den Jungen haben mich von Anfang an verwundert. Als er das erste Mal hier gesessen hat, war er mir gleich mehr als nur sympathisch, was sonst bei fremden  eigentlich nicht der Fall ist.

Ole

Es geht schon auf Mittag zu, die Visite ist schon durch und der Fernseher läuft, als Frank zu uns ins Zimmer kommt. Er hat ein Sandwich in der Hand und kaut. „Ich habe gerade Pause und ich meine, wir sollten über alles reden, bevor ich heute nach Hause gehe“, sagt er, „Torsten, mach mal die Glotze aus, sonst kann man ja nicht reden.“

Widerspruchslos und auch seltsam ernst kommt Torsten der Aufforderung nach und macht den Fernseher aus. Frank nimmt einen Stuhl und setzt sich zwischen die beiden Betten, so, dass er jedem ins Gesicht schauen kann beim reden. Ich habe die ganze Zeit an meinem Laptop gespielt und klappe den nun zu und schieb ihn runter auf meine Beine.

„Ich werde dann mal anfangen und etwas über mich erzählen“, sagt Frank und legt auch gleich los. „ Ich heiße Frank Richter, bin 20 und mache gerade Zivildienst hier im Klinikum. Das ich schwul bin, habt ihr ja Dank meiner Schusseligkeit heute Morgen bestimmt mit bekommen.

 Dass dem so ist, weiß ich seit meinem 14. Lebensjahr, damals habe ich mich halt in einen Klassenkameraden verliebt, der aber, oh Wunder auch, natürlich nicht schwul war“, bemerkte er wohl eher ironisch.

„Es hat ihn aber nicht gestört, dass ich schwul bin und er hat auch niemanden etwas darüber erzählt. Wir waren dann halt normal befreundet, aber für mich war das alles nicht so einfach“, fährt er fort und ein Blick auf Torsten zeigt mir, dass er sehr genau zuhört.

„Ständig mit jemanden zusammen zu sein, ihn zu lieben, aber auch zu wissen, dass er eben nur freundschaftliche Gefühle für einen übrig hat, ist auf Dauer schon sehr belastend, aber irgend wann nach etwa einem Jahr habe ich es dann wohl doch realisiert.

Mit 16 habe ich mich dann in einen Schüler aus der Klasse über mir verliebt und nach einer gewissen Zeit hat er dann meine Gefühle auch erwidert. Seitdem sind wir zusammen. Leider studiert er seit Semesterbeginn vorigen Jahres in München und wir sehen uns nur sehr selten.

Wir haben zwar vereinbart, dass wir nicht unbedingt auf einander warten müssen, aber ich vermisse ihn doch sehr und wünsche mir, dass ich zu Beginn des neuen Semesters auch einen Studienplatz in München bekomme. Dann kann ich wieder mit ihm zusammen sein.

 Ole, du gleichst ihm schon ein wenig und als ich dich heute Morgen halbnackt da stehen sah, ist halt meine ganze aufgestaute Geilheit über mich gekommen und ich wollte dich am liebsten anfassen und noch mehr. Im Nach hinein bin ich froh, dass der kleine da noch im Zimmer war, wer weiß, wo meine Hände sonst gelandet wären.“

„Ich bin nicht klein, ich bin halt nur jünger“, kommt es von Torsten. „Ja, und schwulenfeindlich dazu“, sage ich, „obwohl du überhaupt nicht realisierst, dass man das überhaupt nicht beeinflussen kann. Als ich so alt war, wie du, hatte ich auch noch nicht das Gefühl, schwul zu sein. Das kam erst, da war ich schon 16 und es hat mir schwer zu schaffen gemacht, bis ich es akzeptieren konnte.“

„Es hat uns keiner gefragt, ob wir schwul sein wollen und auch dich wird keiner fragen, wenn du vielleicht in ein oder zwei Jahren feststellst, das du einen Jungen geil findest und du gerne mehr mit ihm machen möchtest“, schlägt Frank jetzt in die gleiche Kerbe, „ das muss nicht sein, aber die Möglichkeit besteht immerhin und was ist dann?“

„Also, wenn dein Vater mal wieder über Schwule herzieht, dann sag ihm ruhig, dass du zwei kennst, die überhaupt nicht die Klischees erfüllen, die er den Schwulen allgemein so zuordnet.

Sag ihm auch, das dir keiner von den Schwulen die du kennst, jemals zu nahe getreten ist und sag ihm, das ein Schwuler dich gewaschen hat, ohne dir an die Nüsse zu gehen oder dir einen runter zu holen. Das denkt er doch, das wir sowas machen, oder?“sage ich, normal, nicht heftig aber doch bestimmt, zu ihm und schaue dabei fest in seine Augen, solange, bis er den Blick senkt.

„OK, OK! Ich sag ja nichts mehr. Für mich ist das halt alles neu, ungewohnt, ja regelrecht abenteuerlich, weil ich ja zu Hause immer nur negative Kommentare dazu höre. Ich glaube euch ja jetzt, das das alles so ist, wie ihr das sagt, ob ich aber meinem Vater so einfach widersprechen werde, kann ich nicht sagen. Ich habe Angst vor seiner Reaktion“, kommt es von Torsten und Frank und ich schauen uns erleichtert an.

„Was sagen denn eure Eltern dazu, dass ihr auf Jungs steht?“, will Torsten verständlicherweise wissen. „Ich habe leider nur noch meine Mutsch, mein Vater ist vor ein paar Jahren tödlich verunglückt. Meine Mutter hat keine Probleme mit meiner Veranlagung und will einfach nur, dass ich glücklich werde“, sage ich und schau dann den Frank an.

„Bei mir gab es schon ein wenig Aufregung, mein Vater hatte mich und meinen Freund beim Knutschen erwischt und wir hatten eine peinliche Viertelstunde zu überstehen“, erzählt Frank nun,  „als aber meine Eltern dann aber anfingen, über Safersex zu reden, wussten wir beide, das sie es akzeptieren werden. Ja und heute wären sie froh, wenn mein Paul nicht in München wäre, denn dann würde ihr Sohn viel ausgeglichener sein, als das jetzt der Fall ist.“

„Krass“, meint Torsten und macht ein nachdenkliches Gesicht, „ich glaube, das mir das hier zumindest sehr geholfen hat, euch und damit auch andere Schwule besser zu verstehen und ich werde mich auch nicht mehr zu abfälligen Äußerungen hinreißen lassen. Wollen wir Freunde sein? Bitte!“

„Gerne, Torsten“, sagt Frank und gibt ihm die Hand. Er schaut ihm ins Gesicht und sagt dann: „Komm schon her, lass dich mal von einer Schwuchtel umarmen, das ist echt nicht schlimm“, und zieht ihn hoch und drückt ihn an seine Brust. Torsten wehrt sich nicht und als Frank ihn los lässt, hat er ganz rote Backen bekommen.

Als ich jetzt auch noch aufstehe und ich vorsichtig umarme und „Freunde“ sage, wird er so richtig rot.  „Jetzt hast du 2 schwule Freunde und kannst damit angeben in deiner Klasse, obwohl ich davon ausgehe, das da auch welche sind, die mehr auf Jungs stehen als auf Mädchen“, sag ich, nachdem ich ihn wieder los gelassen habe.

„Ich wüsste jetzt mal keinen, aber ich glaube auch nicht, dass sich da einer so einfach outen würde. Dafür werden zu viele negative Dinge mit dem Wort „Schwul“ in Verbindung gemacht, so dass der Eindruck entsteht, das schwul sein immer Scheiße ist in unserer Klasse“, sagt Torsten.

„So“, sagt Frank, „nach dem das jetzt erst mal geklärt ist und meine Pause auch beendet ist, werde ich mich nochmal in die Arbeit stürzen und um 14:00 Uhr habe ich Feierabend. Vielleicht können wir ja dann mal in der Cafeteria noch einen Tee oder sowas trinken, Ole, was hältst du davon?“

„Gerne Frank, ich freu mich. Hol mich einfach ab, wenn du Zeit hast und auch wenn ich eingenickt sein sollte, dann weck mich einfach“, sag ich zu Frank und freu mich darauf, mal mit ihm alleine zu sein. Er ist zwar in einer Beziehung, aber ich könnte mir vorstellen, dass wir zumindest mal ein bisschen gegen meine sexuelle Unwissenheit tun könnten, wenn er damit einverstanden ist.

Jerome

Heute Morgen habe ich mal wieder lange geschlafen, warum sollte ich auch früh aufstehen, ich kann ja doch nicht üben. Sergej hat bis jetzt noch nicht angerufen und heute Mittag beim Essen, Papa war auch da, habe ich ihm mal die Daten der Bewerbung gegeben.

Er will mal nachfragen, wie die Chancen stehen und ein bisschen an der Beziehungsschraube drehen, damit Sergej einen Job bekommt. Der ist zwar dann weg aber ich denke das eine Beziehung zu Sergej ehe nicht zustande kommt, weil der einfach nicht will.

 Ich würde schon wollen und der Gedanke daran macht mich geil. Ich glaube, dass ich mir jetzt mal einen runter holen muss und dabei werde ich mir vorstellen, mit Sergej auf meinem Bett so richtig rum zu machen. Ich kann ihm ja den Vorschlag machen, mit mir bei uns schwimmen zu gehen, mit dem Heimvorteil könnte ich ihn ja vielleicht verführen, damit ich endlich mal meine Unschuld verliere.

Nun lieg ich ganz entspannt auf meinem Bett und die Spuren meiner Tätigkeit habe ich einfach mit meiner Shorts abgeputzt. Ich fühl mich gut und döse ein wenig vor mich hin, als plötzlich das Handy piept. Auf dem Display ist die Nummer von Sergej und sofort bin ich hell wach.

„Hallo, Sergej“, melde ich mich. „Hi Jerome, ich hoffe, ich stör dich nicht bei irgendwas“, fragt er. „Nein, ich lieg auf dem Bett, üben kann ich ja wegen der Blase noch nicht wieder“, sag ich. „So gut möchte ich es auch mal haben, nachmittags einfach auf dem Bett zu liegen, vielleicht sogar noch nackt, he“, frotzelt er zurück. Wenn der wüsste!

„ Hehe, wie kommst du darauf, dass ich nackig bin“, frage ich amüsiert zurück. „Nur so, ich habe gerade versucht, mir das vorzustellen“, gibt er zurück. „Und“, sag ich, „würde dich das in irgend einer Form anmachen, dann könnte ich mich ja aus ziehen“, sage ich provozierend mit absichtlich rauer Stimme.

„Ich bin mir nicht sicher, ob mich das anmachen würde, auf der anderen Seite würde ich es gerne mal ausprobieren, wie es auf mich wirkt“, spielt er mir den schwarzen Peter wieder zurück.

Das Gespräch fängt an, mich zu reizen und auch meinem Kleinen da unten scheint es zu gefallen. Jedenfalls versucht er gerade wieder, ein Eigenleben zu entwickeln. „Ich muss dir gestehen, dass ich wirklich nackt auf meinem Bett liege und dein Gespräch gerade deutliche Reaktionen an mir hervor ruft“, kann ich mir nicht verkneifen, zu sagen.

„ Und warum liegst du um diese Uhrzeit nackt auf deinem Bett, Jerome“, fragt Sergej jetzt mit eher verhaltener Stimme. „Ja, mein Lieber, wie du bestimmt weiß, haben Jungs in unserem Alter öfter bestimmte Bedürfnisse, die dann mangels anderer Gelegenheit in Handarbeit erledigt werden müssen, was dir ja bestimmt auch nicht allzu fremd sein sollte“, geh ich jetzt einfach mal aufs Glatteis.

„War es denn wenigstens schön und befriedigend so allein?“, will er leise wissen. „Oh, in Gedanken war ich nicht allein, da war ein blonder Schatz bei mir, der viel Ähnlichkeit mit einem gewissen Sergej hatte“, versuche ich ihn noch weiter aus der Reserve zu locken. „Du hast mich echt als Vorlage genommen? Bor, ist das jetzt ein Kompliment oder fährst du echt so auf mich ab, Jerome Remmers?“, fragt er.

„Beides, Sergej, Beides. Ich mag dich und du siehst toll aus und ich würde gern mit dir mal ein paar Sachen machen, die ich nur vom Hörensagen oder aus dem Internet kenne. Du solltest wissen, dass ich die totale Jungfrau bin und wenn ich jetzt vor dir stehen würde, würde ich wahrscheinlich kein einziges Wort rausbringen.“

„Vielleicht sollten wir uns doch mal hier bei uns treffen, wir haben ein Schwimmbad im Keller“, sag ich, „im Wasser kann ich mich ungehindert bewegen und in meiner heimischen Umgebung fühl ich mich halt im Moment am sichersten.

Martin könnte dich abholen und du könntest hier bei mir übernachten, wenn du es willst. Vielleicht kommen wir ja dann mal über das Redestadium hinaus und mal sehen, was draus wird.

Es würde bestimmt ein schönes Wochenende werden und ich denke, das meine Familie auch nichts dagegen hätte, wenn du zu mir kommen würdest“.

„Ich weiß nicht so recht, was das werden könnte. Das muss ich erst mal mit mir ausmachen, bevor ich dir zusage. Aber bis zu meinem nächsten freien Wochenende sind es noch ein paar Tage. Gib mir ein bisschen Zeit, du weißt, das ich mir über meine Veranlagung noch nicht im Klaren bin und Jungfrau wie du bin ich auf Männer bezogen auch“, sagt er.

Wenn ich ehrlich bin, habe ich das so auch erwartete, aber das ist ja kein Grund, die Hoffnung auf zu geben.  „Überleg es dir, Sergej, wir müssen ja auch nicht unbedingt im Bett landen, wenn du es nicht möchtest, deswegen kannst du trotzdem kommen, als Freund so zu sagen ,das müsstest du doch schaffen, oder?“ sag ich zu ihm.

„Ich denk drüber nach und melde mich früh genug, versprochen“, sagt er, „und ich wünsch dir noch einen schönen Tag. Erkälte dich nicht so nackt auf deinem Bett, sonst kannst du am Wochenende doch nicht mit mir in eurem Pool schwimmen, wenn ich denn komme. Tschüss, Jerome“. „Tschüss Sergej, dir auch noch einen schönen Tag, bis Übermorgen in der Klinik“, sag ich und drück dann das Gespräch wieder weg.

Der Kleine da unten hat sich wieder beruhigt und ich werde jetzt mal runter gehen und Schwimmbad und Whirlpool nutzen, um auf andere Gedanken zu kommen. Eine Sauna werde ich mir auch noch gönnen. Ab morgen habe ich wieder Schule und es wird bestimmt nicht einfach werden.

Ole

14:00 Uhr ist gerade mal vorbei, als Frank in normalen Kleidern erscheint und mich zur Cafeteria abholen kommt. Torsten würde Zwar gerne mit, kann aber auf Grund des befestigten Gipsbeins das Bett nicht verlassen und mit Bett hätten wir wohl kaum eine Chance.

Wir fahren runter und suchen einen freien Tisch, möglichst in einer Ecke, damit wir uns ungestört unterhalten können. Nach dem wir bei der Bedienung zwei Cappuccino bestellt haben, beginnt Frank zu erzählen.

Er erzählt noch mal kurz von seinem Comingout, wie er seinen jetzigen Freund kenne gelernt hat und das es schon die große Liebe aus seiner Sicht ist.

Allerdings weiß er auch, dass es schwer ist, seinen Freund solange weg zu wissen und wenn man dann noch vereinbart hat, das man ruhig auch mal an einem anderen Kuchen naschen darf, wenn der Druck zu groß wird, dann weiß er natürlich nicht, ob sein Freund jetzt treu bleibt.

Er hatte eigentlich nicht vor, sich mit jemand anderem einzulassen, aber sein Vorsatz ist in den letzten Tagen, seit er mich jetzt kennt, doch mal ins Wanken geraten.

„Ich werde heute Abend mal beim telefonieren fragen, ob ich immer noch der einzige bin, mit dem er geschlafen hat. Wenn das so ist, dann werde ich auch treu bleiben, denn bis August ist nicht mehr lang und ich geh davon aus, das ich eine Studienplatz in München bekommen werde“, sagt er

„ Und wenn er jetzt wie vereinbart, nicht treu war, was dann Frank?“, will ich wissen. „Nun, dann könnte ich mir schon vorstellen, unsere Freundschaft zu vertiefen, denn ich mag dich auch sehr gerne. Allerdings werde ich dir keine Versprechungen für die Zukunft machen, was unsere Beziehung betrifft, Ich gehöre zu Paul und Paul zu mir und er wird mich genau so wenig aufgeben, wie ich ihnen. Ich hoffe, dass du damit leben kannst, auch wenn wir vielleicht zusammen im Bett landen. Mein Herz gehört Paul“, gibt er mir unmissverständlich zu verstehen.

„Ich mag dich sehr, Frank, aber ob du meine große Liebe wärst, kann ich nicht sagen. Dafür kribbelt es auch zu wenig in meinem Bauch. Aber ich würde gern ein bisschen mehr mit dir machen, ich kann mir nur schwer vorstellen, mein ersten Erfahrungen in einem anonymen Daarkroom zu machen. Mit dir würde ich mich aber trauen „sag ich und habe dabei unbewusst seine Hand genommen.

„Mal sehen, was draus wir“, sagt er, „morgen weiß ich mehr und dann setzen wir uns noch mal zusammen und reden in aller Freundschaft. Sag Torsten bitte nichts von unserem Gespräch, ich weiß nicht, ob er das seinem Vater sticht und ich will keinen Ärger hier, weil ich mit einem Patienten was anfange.“

„Ich werde ihm nichts sagen und wir werden auch hier nichts anfangen, wenn, dann wenn ich hier entlassen bin und dann können wir uns ja bei mir oder bei dir verabreden.

 Ich möchte dich dann auch mal meiner Familie und meinen Freunden vorstellen, denn auch, wenn wir nicht zusammen in einem Bett landen, möchte ich auf deine Freundschaft nicht mehr verzichten, da zu mag ich dich viel zu gern“, sag ich und streichel seine Hand.

„Danke, du bist lieb, Ole. Wenn ich keinen Freund hätte, würde ich dich direkt behalten als meinen Schatz, so gern habe ich dich“, sagt Frank und streichelt nun meine Hand.

„So, Ole, sei mir nicht böse, aber ich muss jetzt mal nach Hause. Meine Mutter wird schon auf mich warten. Nicht das sie sich jetzt Sorgen macht aber ich komme eigentlich jeden Tag pünktlich und verspäte mich ganz selten. Es wundert mich, dass sie noch nicht angerufen hat“, sagt er und steht auf.

„Bis morgen, mein Freund“, sag ich und nehm in kurz in den Arm. Er drückt mir kurz seine Lippen auf die Wange und dann löst er sich von mir und geht.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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2 Kommentare

  1. Hallo Hermann,

    vielen Dank für den vierten Teil, der mir wirklich gut gefallen hat und ich warte auf den kommenden Teil. Dir viel Erfolg beim schreiben und viele Ideen, damit Du uns noch viele Geschichten präsentierst.

    LG
    Ralf

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  2. Hallo Hermann,

    ich habe deine Geschichte gelesen und sie hat mir gut gefallen.
    Was mir persönlich nicht gefällt ist, dass du in der Gegenwart anstatt in der Vergangenheit schreibst.
    Klar, jeder hat seinen Schreibstil, aber in der Vergangenheit sollte es schon geschrieben sein, meinst du nicht. 😉
    Jedes Märchen, jeder Roman ist in der Vergangenheit geschrieben… so liest es sich auch besser. 🙂

    Liebe Grüße,

    Sephi 😀

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