Kriegskinder – Teil 11 – Ehrliche Antwort

Der Morgen graute und Frank blinzelte in den neuen Tag. Leise schlich er nach unten und machte sich eine Schnitte zum Frühstück. Dann schnappte er sich seine Schultasche und schlich sich aus dem Haus. Wieso mussten sie auch immer sonnabends Schule haben? Gerade heute, wo doch sein Vater da war.

Peter erwartete ihn schon am Weg. „Na, ist dein Vater noch gekommen?“ „Ja, aber erst ziemlich spät. Er hatte noch auf dem Bau zu tun. Katrin wird Augen machen, wenn sie ihn heute sieht“, grinste Frank. Er erzählte nichts, über die erste Begegnung an der Pumpe. Das ging schließlich keinem etwas an.

Die vier Unterrichtsstunden, die sie an dem Tag hatten, zogen sich wieder einmal wie Kaugummi. Nach schier endlos langer Zeit hatten sie es geschafft und Frank wollte so schnell wie möglich nach Hause. Auch Peter legte einen schnellen Schritt vor.

„Also, sehen wir uns heute Abend“, und Peter verabschiedete sich von seinem Freund. Beide wollten sich am Kanal treffen. Sie wollten nachsehen, ob der Baum noch da war und ein bisschen Zeit für sich allein haben, da für Katrin gesorgt war.

Fröhlich ging Frank den Weg weiter. Am Wegesrand sah er eine Gestalt im Gras sitzen. Ihn beschlich beim Näherkommen ein ungutes Gefühl. Irgendwie kam ihm diese Person bekannt vor. Als er dicht vor ihm stand, durchzuckte es ihn wie ein Blitz. Reiner! Natürlich! Die roten Haare sagten alles.

Reiner schaute auf und lächelte Frank an. „Hallo“, sagte er im Aufstehen und klopfte sich den Staub von der Hose. Beide reichten sich die Hand. „Ist denn dein Vater da?“, fragte er. „Ja. Haben sie es schon mal auf dem Hof versucht?“ Reiner schaute verwirrt. „Ja, sicher hab ich das, aber es hat keiner geöffnet.“

„Tja, dann weis ich auch nicht wo die beiden sind. Ich komme gerade aus der Schule. Wollen sie mitkommen?“ Reiner lächelte ihn an. „Wenn ich darf?“ „Sicher doch, wenn sie ein Freund meines Vaters sind. Also, los geht’s“, und beide gingen in Richtung Hof.

Vor dem Tor blieb Reiner stehen und starrte in die andere Richtung. Frank drehte sich um und sah in der Ferne Vater und Katrin. Er schaute kurz zu Reiner und sah, wie sein Gesicht immer blasser wurde und die Knie anfingen zu zittern. Er sagte keinen Ton.

Jan hatte Katrin auf der Schulter und musste das Pferdchen spielen. Dann erblickte er Frank und neben ihn einen Mann. Die roten Haare ließen keine Zweifel aufkommen, wer dieser Mann war. Jan wurde zum Ärger von Katrin immer langsamer. Bis er ganz stehenblieb. Es trennten sie noch zwanzig Meter, aber keiner von beiden bewegte sich auch nur ein Stück. Jan beugte sich vor und ließ Katrin von der Schulter.

Frank betrachtete diese Situation und ihn beschlich ein beklemmendes Gefühl. Keiner der beiden bewegte sich, sie starrten sich nur an. Waren die beiden wirklich einmal Freunde, dachte er. Katrin kam zu ihm und er nahm sie auf den Arm, ohne den Blick von den beiden abzuwenden.

Jan bekam einen starren Blick und man merkte ihm die Anspannung an, mit der er langsam loslief. Als er fast bei Reiner war hielt dieser ihm die Hand hin. „Hallo Jan“, hörte er ihn leise sagen. Jan blieb stehen und schaute mit einem Blick auf Reiner, der Frank das Blut in den Adern erstarren ließ. So hatte er seinen Vater noch nie gesehen.

„Was willst du?“ Frank musste die Ohren spitzen, so leise, aber auch bedrohlich sprach sein Vater. Reiner ließ die Hand sinken. Seine Knie schlotterten immer mehr, auch seinem Vater sah er an, dass er sich zusammenreißen musste, um seine Aufgewühltheit zu verbergen.

Frank setzte Katrin auf den Boden. „Geh ins Haus und warte dort auf mich“, flüsterte er in ihr Ohr und gab ihr einen sanften, aber bestimmenden Schubs. Katrin wollte zuerst nicht gehen, aber als Frank in Richtung Haus zeigte zog sie doch ab.

Er hob den Kopf wieder und die beiden standen sich immer noch gegenüber. Keinen Zentimeter hatten sie verändert.

„Jan, ich möchte…“ „Was willst du hier?!“ „“Bitte…“, und Frank hörte das Flehen in der Stimme von Reiner. „Geh und lass dich hier nicht wieder sehen“, sagte Jan. Zornesröte stand in seinem Gesicht, als er mit starrem Blick an Reiner vorbeiging. „Aber so lass mich doch erklä…“

„Nein!!“, donnerte die Stimme von Jan. „Das hättest du schon vor einigen Jahren machen können. Nun ist es zu spät“, und Jan fasste Frank am Arm und zog ihn mit auf den Hof.

„Jan, bitte, bitte…“ Aber er wollte nicht mehr hören. Er zog Frank immer weiter in den Hof. „Jan, ich kann doch nichts dafür, bitte glaub mir doch!“, flehte dieser, „ich habe nie aufgehört dich zu lieben“, schluchzte er leise, aber immer noch deutlich hörbar.

Frank und Jan blieben wie vom Donner gerührt stehen. Jan schossen wilde Gedanken durch den Kopf, vor allem ein Gedanke stieß wie eine Nadel in sein Hirn. Hatte sein Sohn das eben gehört?! Und Frank schoss es durch den Kopf, was er eben gehört hatte. Vater und Sohn sahen sich an. Und beide wussten, dass sie richtig gehört hatten.

Jan war wütend und holte tief Luft. „Das mein Lieber kommt ja wohl Jahre zu spät.“ Er ließ Frank los und machte einige Schritte in Reiners Richtung. „Wie du sehen kannst hab ich Kinder, also verschwinde von hier“, und Jan hob die Hand. Frank betrachtete die Situation und seine Gedanken flogen wie wild durch seinen Kopf. Hatte er da wirklich richtig gehört? Sein Vater und Reiner hatten sich einmal geliebt?

Sein Vater und ein Junge? Ihm knickten die Knie ein, es wurde ihm schwarz vor Augen und die Luft blieb ihm weg. An den Aufprall am Boden konnte er sich nicht erinnern. Als er die Augen wieder aufschlug sah er in das besorgte Gesicht seines Vaters. „He, na, wieder unter den Lebenden?“ Es sollte sich lustig anhören, verfehlte aber zu hundert Prozent seine Wirkung.

„Papa, wo ist Reiner?“, war das einzige was er vorbrachte. Eine Sorgenfalte bildete sich auf Jans Stirn. Franks Augen fingen wieder an zu flattern. „He, kleiner. Keine Angst. Er ist in der Küche und macht dir einen Tee.“ Frank schloss die Augen und nickte nur leicht mit dem Kopf.

Als er endlich wieder seine Sinne beieinander hatte, lag er ganz allein auf der Liege. Aus der Küche hörte er gedämpft gesprochene Worte. Das waren eindeutig die Stimmen von Vater und Reiner, dachte er sich.

Aber was war mit ihm geschehen? Wieso ist er abgeklappt? Reiner hat also vor Jahren seinen Vater geliebt, was ist daran so schlimm? Dann sah er, wie sein Vater mit erhobener Hand auf Reiner zuging, bevor es dunkel um ihn wurde. Aber da war noch etwas, kurz vor seinem Abklappen, was ihm durch den Kopf ging.

In diesem Augenblick wurde ihm bewusst, dass er sich in Peter verliebt hatte! Er liebte einen Jungen! Er war schwul! Und diese Erkenntnis traf ihm so schnell und heftig, dass er abklappte!

Immer noch drehte es sich in seinem Kopf, aber er musste aufstehen und nachsehen, was die beiden in der Küche machten. Langsam und an die Wand gestützt ging er in Richtung der Stimmen. Worte konnte er nicht verstehen, aber der ruhige Tonfall beruhigte ihn.

„Hallo, ich bin wieder da“, sagte er und sein Vater sprang auf um ihn zu stützen. Er führte ihn an den Tisch und platzierte ihn auf einen Stuhl. „Alles wieder klar?“ Sein Vater schaute besorgt. „Bei mir ja. Und bei euch?“

Die beiden schauten sich an, dann blickten sie wieder auf Frank und nickten mit dem Kopf. Frank strahlte. „Ich dachte schon, dass ihr euch an die Gurgel gehen wolltet.“  Beide bekamen einen roten Kopf, was Frank zu einem Lächeln zwang.

„Wie geht es dir?“, fragte Reiner. „Es geht schon wieder, ich weiß auch nicht was da eben passiert ist. Aber ich glaube, das mir etwas bewusst wurde.“ Jan schaute zu seinem Sohn. Er dachte an eine Situation, die er selbst erlebt hatte. Er saß auf dem Baumstamm und Kurt erzählte von seiner Liebe zu Gerda. Da wurde ihm bewusst, dass er auf Jungen stand und ist auch abgeklappt! Sollte etwa sein Sohn auch? Oder war es die Erkenntnis, dass sein Vater vielleicht auf Männer stehen könnte?

Nie hatte Jan eine Andeutung gemacht, vielleicht hat ihm das aus der Bahn geworfen? Die Aussage von Reiner war ja deutlich genug! „Was ist dir bewusst geworden?“, fragte Reiner auch schon und nahm ihm die Worte aus dem Mund. Frank schaute von einem zum anderen. Er schüttelte den Kopf.

„Das möchte ich nicht sagen, entschuldigt, aber ich kann es nicht sagen“, und das Blut in seinen Ohren rauschte wieder. „Frank, ich bin dein Vater, du kannst mir alles sagen. Oder soll Reiner kurz rausgehen?“

Frank schüttelte mit dem Kopf und nahm einen Schluck, vom inzwischen kalten Tee. „Nein, ich will nur nicht darüber reden, bevor ich mir nicht hundertprozentig sicher bin“, und stellte die Tasse wieder auf den Tisch.

„Kannst du dich noch an den Tag erinnern, als du fast ertrunken wärst?“, fing Reiner zu erzählen an. Sicher konnte sich Jan daran erinnern! Gerade hatte er doch selber an diesen Tag gedacht! Später hat er Reiner den wahren Grund für sein Abklappen erzählt. Wieso fängt er nun davon an? Hätte ich ihn nur nicht mit ins Haus genommen!

„Dein Vater ist kurz nachdem wir uns kennenlernten auch mal abgeklappt. Aber er ist ins Wasser gefallen und ein Freund von ihm und ich mussten ihn retten. Ihm ist in diesem Moment auch etwas bewusst geworden, was er lange nicht sagen wollte. Schließlich ist er dann doch mit der Wahrheit herausgerückt.“

Frank schaute zu seinem Vater, der sich mit den Händen das Gesicht rieb. „Reiner, es ist gut jetzt“, sagte er in einem bestimmenden Ton. „Papa, ich bin schwul“, und es wurde ganz still in der Küche.

Frank schaute auf die Tischplatte und Jan und Reiner schauten sich zuerst entsetzt, dann aber mit immer breiterem Lächeln an. Wieder ergriff Jan das Kinn seines Kindes und hob den Kopf an. „Das war die Erkenntnis, die dich eben getroffen hat?“, fragte er ungläubig. „Ja“, hauchte Frank.

„Das muss wohl in der Familie liegen, dass ihr dann immer wegtretet“, lachte Reiner und klopfte beiden Puschs auf die Schulter. Jan stand auf und zog seinen Sohn in eine Umarmung, wie schon lange zuvor nicht mehr. Beide strahlten sich an und das Blitzen in ihren Augen verriet, dass sie auch das letzte Geheimnis des anderen kannten.

„Aber wieso bin ich und Katrin dann?“ Diese Frage hatte Jan erwartet. „Das ist eine lange Geschichte. Aber ich versuch sie mal kurz zusammenzufassen“, sagte Jan und setzte sich wieder an den Tisch.

„Es war 1945 kurz nach dem Krieg“, begann er zu erzählen, während Reiner aufstand und Kaffeewasser ansetzte. „Ich hatte einen Freund, einen guten Freund gefunden. Aber dann schummelte sich noch ein Typ in mein Leben.“ Er schaute zu Reiner, der leicht rot wurde. „Und dieser Freund zeigte mir, was ich wirklich war.“ Frank lauschte der Geschichte vom Kennenlernen der beiden und musste viel lachen. Vater erzählte und Reiner goss allen einen Kaffee ein und machte hier oder da Ergänzungen.

„Schließlich war von Reiner nichts mehr zu hören, ich fiel in ein Loch und kam erst wieder raus, als ich deine Mutter kennenlernte.“ Alle schwiegen für einen Moment betreten. Jan erzählte weiter, ließ auch nicht aus, dass er mit den Kindern überfordert war und sich verdrückt hatte. Er räumte schonungslos auf. Frank lauschte gespannt, jedes Wort sog er in sich auf. Noch nie hatte der Vater seine Gefühle und Gedanken so vor ihm ausgebreitet.

„Also habe ich meine Existenz dem Verschwinden von Reiner zu verdanken?“ Jan schaute zu ihm und nickte mit dem Kopf. „So gesehen ja“, und Jan wurde nachdenklich. „Und was ist passiert?“ Frank schaute Reiner an.

Reiner saß am Tisch und schien mit seinen Gedanken zu kämpfen. Eine Träne löste sich aus seinem Auge und Jan ergriff seine Hand. Sie sahen sich an und Frank spürte die immer noch tiefe Verbundenheit der beiden. Ein Schauer lief ihn über den Rücken. Wie sehr mussten die beiden sich noch lieben.

„Ich hielt es damals nicht mehr aus“, begann er langsam zu erzählen, „ich wollte unbedingt meine Großeltern, die mich aufzogen, wiedersehen. Oft hatte ich mit deinem Vater deshalb gestritten. Er wollte, dass ich hinfahre, aber ich, obwohl die Sehnsucht so groß war, konnte es nicht. Dann hatte er mich soweit. Ich packte meine Sachen und wollte nach zwei Wochen wieder zu Haus, also hier auf dem Hof sein.“

Jan hielt noch immer die Hand von Reiner und Frank lauschte mit offenem Mund. „Ich machte mich auf den Weg nach Hamburg, die letzte mir bekannte Adresse die ich von ihnen hatte.“ Frank sah den Schmerz, der Reiner tief ins Gesicht furchte. „Angekommen in der großen Stadt machte ich mich auf die Suche. Nach einer Woche hatte ich sie gefunden. Sie wohnten wieder auf dem Land und hatten einen Hof übernommen. Natürlich freuten sie sich, dass ich da war, aber diese Freude wurde getrübt. Mein Großvater war inzwischen todkrank.“

Reiner musste schlucken und Jan rutschte dichter an ihn, um ihn in den Arm zu nehmen. Er schaute auf und ein Lächeln huschte durch sein Gesicht. „Ich musste länger da bleiben, das wurde mir klar. Also schrieb ich deinem Vater jeden Tag einen Brief, aber ich erhielt keine Antwort.“ Wieder musste er mit den Tränen kämpfen.

„Nach drei Monaten verstarb mein Großvater. Großmutter konnte den Hof nicht allein bewirtschaften und ich wollte wieder zurück. Also suchten wir einen Käufer. Großmutter wollte ich für das Geld in einem guten Heim unterbringen. Sie wollte dort bleiben. Schließlich fanden wir jemanden, der den Hof kaufen wollte. Und dann begann alles schwierig zu werden.“

Reiner hob mit zittrigen Händen seine Tasse und schlürfte einen Schluck Kaffee. „Der Käufer war ein alter Nazi. Als wir den Vertrag unterschreiben wollten, kam die Polizei und wir wurden verhaftet. Man warf uns Spekulation vor. Es war alles an den Haaren herbeigezogen, aber er steckte mit den Beamten unter einer Decke. Sie wollten uns nur billig den Hof entwenden.“

Reiner musste wieder schlucken. Frank sah zu seinem Vater, dem auch die Tränen in den Augen standen. „Ich hatte nie aufgehört, Briefe an Jan zu schreiben, aber es kam und kam keine Antwort. Auch aus dem Gefängnis hab ich regelmäßig geschrieben, aber es blieb stumm. Dann kam es zur Verhandlung. Ich wurde zu vier Jahren verurteilt, meine Großmutter kam in ein Armenhaus, wo sie nach zwei langen Jahren verstarb. Noch nicht mal zu ihrer Beerdigung durfte ich“, und Reiner musste sich an Jan anlehnen.

Es verging eine Zeit, bis er sich gesammelt hatte und weitersprechen konnte. „Nach den vier Jahren durfte ich den englischen Sektor nicht verlassen, das war die Auflage, die ich erhielt. Ich versuchte trotzdem, wieder zu Jan zu kommen. Aber ein „guter Freund“ der mir dabei half, verpfiff mich. Also hatten sie mich wieder und ich fuhr wieder ein. Zwei Jahre lautete das Urteil.“

Frank sah, wie sich ein wenig Trotz im Gesicht von Reiner bemerkbar machte. „Aber nach den zwei Jahren bin ich dann zur Fischerei gegangen. Ich durfte nur auf Schiffe, die Länder anfuhren, die keine Verbindung zu den Russen hatten. Aber sie wurden nachlässig. In einem Hafen von Australien bin ich von meinem Schiff auf das Schiff eines Russen übergewechselt. Sie staunten nicht schlecht, als ich dort um Asyl bat. Hielten mich für vollkommen verrückt, aber sie nahmen mich mit. Von Russland aus, bin ich dann auf einem Schiff der DDR hierhergekommen.“

Jan schaute auf und seine Augen blitzten. „Fast wären wir uns in Rostock über den Weg gelaufen. Er kam dort an und ich hab im Hafen gearbeitet“, gluckste er und Reiner machte ein glückliches Gesicht. „Tja, und da bin ich nun.“

„Aber wieso ist die Post nie angekommen?“, fragte Frank ganz aufgeregt. Die beiden Männer schauten sich an und man konnte die Trauer in ihren Augen sehen. „Das haben wir auch noch nicht rausgefunden. Es gibt viele Möglichkeiten, aber Gewissheit haben wir nicht.“

„Es muss doch jemand gegeben haben, der die Briefe abgefangen hat.“ Frank schaute immer noch mit offenem Mund auf die beiden. „Wir wissen es wirklich nicht, aber vielleicht finden wir es ja mal raus. Jetzt haben wir uns endlich wieder und versuchen die Jahre zu vergessen“, sagte Jan und stand auf um zwei Flaschen Bier zu holen.

„Bleibt ihr nun zusammen?“ Frank starrte in zwei hochrote Gesichter. Er hatte sie wohl kalt erwischt, aber er wollte Klarheit. „Also, wenn dein Vater noch will“, kam es leise von Reiner. Jan stellte die Flaschen auf den Tisch und zog Reiner zu sich in den Arm. „Lassen wir es auf uns zukommen. Wir gehen die Sache langsam an, oder?“, hauchte er in Reiners Gesicht.

Dieser nickte nur leicht und vergrub sein Gesicht in die Schulter von Jan. Frank betrachtete die beiden. Ob er und Peter auch mal so verliebt sein werden? Er mochte Peter und wusste, dass Peter ihn ebenso mochte. Aber liebten sie sich wirklich, oder hatten sie lediglich nur festgestellt, mit Hilfe des andern, dass sie auf Jungen standen?

War es wirklich Liebe? Frank fühlte eine Unruhe in sich aufsteigen. Er fuhr sich fahrig durch die Haare und zappelte auf seinen Stuhl hin und her. „Also, ich lass euch dann mal allein“, nuschelte er, „ich hab heute noch eine Verabredung.“

Jan und Reiner schauten ihn an und nickten nur. „Ja, geh, ich kümmer mich um Katrin. Und stell uns mal deine Verabredung vor, wenn er das denn will.“ Nun war es an Frank hochrot zu werden. Er grinste die beiden schief an und verschwand so schnell es ging aus dem Haus.

Er brauchte Zeit, Zeit zum Überlegen. Zu viel hatte er in den letzten Stunden erfahren. Das war schon gewaltig. Sein Vater war schwul! Und er ist es auch! Wie kann man das nur alles verstehen. Wie soll man das begreifen?

Er ging zum Kanal wo er schnell die Stelle fand, an dem der Baum immer noch fest vertäut lag. Also wurde er noch nicht abgeholt. Kurz dachte er an Herrn Wurl, den alten Parkwächter, dann erschien vor seinem Augen Bilder, die so verworren waren, dass er mit dem Kopf schütteln musste.

Hinter sich hörte er ein knacken. „He, da bist du ja“, rief er freudig, als er Peter erblickte. „Hallo, wartest du schon lange auf mich?“ Frank stand auf und machte einen Schritt zu seinem Freund. Sie standen sich dicht gegenüber und beide schauten in die Augen des anderen.

Die Stimmung war zum Zerreißen. Keiner machte eine Bewegung. Dann fingen beide an zu lächeln, erst ein wenig, dann immer mehr und fielen sich in die Arme. Lippen fanden und öffneten sich und die Welt um ihnen herum versank. Sie drehten sich und wurden leicht wie Federn.

Nach einer Ewigkeit lagen sie nebeneinander im Gras und strichen zärtlich über die Wange des anderen. „Ich wünschte, dass das hier niemals endet“, flüsterte Peter und eine Träne fiel auf den Boden. „Peter, ich hab mich in dich verliebt…“, und auch bei Frank fiel eine Träne zu Boden.

Die Köpfe näherten sich wieder und sie verschmolzen zu einem unendlichen Kuss.

Lieber Leser.

Ich hoffe, dass euch meine Geschichte ein wenig Lesevergnügen bereitet hat. Ihr könnt euch sicher vorstellen, wie es weitergeht. Und bevor ich nun ganz sentimental abrutsche, möchte ich diese kleine Geschichte doch beenden. Die Personen sind wie immer frei erfunden und kommen in der Realität eigentlich nicht vor. So, ich hoffe ihr habt Verständnis, aber die nächste Geschichte liegt schon in den Tasten! Bis dann mal wieder, Euer Hardy

 

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