Unbegrenzte Möglichkeiten – Teil 11 (Final)

Als Isaac endlich auch fertig war mit seiner allmorgendlichen Wasch- und Zähneputzorgie (Wie kann man nur so gründlich sein?) machten wir beide uns auf den Weg zum KFO und nach einem kurzen Trip waren wir auch schon da.

Während Isaac sich schon „unters Messer“ legte, wie mir so schön sarkastisch einfiel unterhielt ich mich ein wenig mit dem Sohn des Doc, der wie ich so ganz nebenbei erfahren durfte auch schwul war.

„Wie viel werden das denn noch?“ dachte ich mir.

Es dauerte nicht besonders lange bis Isaac auch schon wieder in der Tür stand und mich und Richie aus unserem doch inzwischen sehr angeregten Gespräch riss.

„Und? Wie siehts aus?“, fragte ich ihn.

„Alles wieder an Ort und Stelle“, grinste er mich an und nach einem prüfenden Blick konnte ich nur bestätigen, dass tatsächlich alle Beschädigungen durch die kleine Schlägerei verschwunden waren.

Wir verabschiedeten uns also von Richie und seinem Vater und machten uns wieder auf den Weg nach draußen.

„Und was machen wir jetzt?“, fragte ich Isaac.

„Ich weiß auch nicht so genau. Was hältst du davon, wenn wir ein bisschen durch Hollywood spazieren gehen?“ an seinem Gesicht konnte ich schon erkennen, dass er meine Antwort schon vor der Frage kannte aber um ihm dann den Gefallen zu tun, sagte ich ganz lieb „Ja“ und wir machten uns auf den Weg.

Nach einiger Zeit und einigen Augenblicken voller Schrecken im amerikanischen Stadtverkehr kamen wir dann tatsächlich auch in der berühmtesten Ecke von Los Angeles an und gingen ein bisschen über den Sunset Boulevard. Ich hatte schon immer mal davon geträumt die ganzen Stars und Sternchen treffen zu können doch da hatte ich wohl mal wieder die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Wir sahen zwar viele Sternchen – nämlich die auf dem Boden – aber vor den Stars ließ sich keiner blicken. Eigentlich war das ja auch gar nicht nötig gewesen denn ich hatte ja meinen Star schon gefunden.

Irgendwann hörte ich eine Stimme hinter mir, die meinen Namen rief. Ich hörte zuerst gar nicht drauf und dachte, dass jemand anders gemeint sei denn wer sollte mich mitten in L.A. schon rufen? Ich kannte ja nun wirklich niemanden. Doch als ich dann auch noch Isaacs Namen hörte war mir schon ziemlich klar, dass nur wir beide gemeint sein konnten.

Wir blieben also kurz stehen und drehten uns um, um zu sehen wer uns denn da gerufen hatte. Zu meiner Überraschung war es ein Mädchen von vielleicht 15 oder 16 Jahren die mit ihrer genervt wirkenden Mutter hinter uns stand.

„Mum sie sind es wirklich siehst du – ich habe es dir doch direkt gesagt“ hörte wir das Mädchen flüstern – allerdings war es weniger ein flüstern als schon mehr ein leises sprechen. Naja die Mutter auf jeden Fall wirkte nun doch nicht mehr ganz so genervt wo vorher. Anscheinend hatte sie auch erkannt, dass ihre Tochter sie nicht auf den Arm genommen hatte.

Nichtsdestotrotz stellte ich mir immer noch eine Frage nämlich was wollte dieses Mädchen eigentlich von uns beiden?

„Hallo“, sagte Isaac in seinem unbeschreiblich lieb wirkenden Ton, den er immer auflegte, wenn er sich zu jemand anders besonders höflich verhalten wollte, das hatte ich inzwischen schon herausgefunden.

„Ehm hallo“ hörten wir das Mädchen sagen „Ich wollte… ich wollte euch beide nur fragen, ob ich ein Autogramm von euch haben könnte.“

„Na klar“, sagte Isaac und ich weiß nicht woher aber irgendwo holte er einen Kugelschreiber raus und wartete darauf, dass das Mädchen ihm zeigt, worauf er denn jetzt unterschreiben sollte. Sie hielt ihm dann auch schon ein Stück Papier hin, was Isaac zuerst ziemlich interessiert ansah und danach schwungvoll seine Unterschrift draufsetzte.

Nun sei ich dran meinte er und gab mir das Blatt. Ich warf einen kurzen Blick drauf und musste erst einmal schlucken, das war ein Photo von Isaac und mir händchenhaltend auf einer Couch sitzend – es konnte eigentlich nur in der Talkshow aufgenommen worden sei. Ich unterschrieb also auch und Mutter und Tochter verschwanden so schnell, wie sie gekommen waren.

Mir ging aber irgendwie dieses Photo von mir und Isaac nicht mehr aus dem Kopf. Isaac merkte schnell, dass ich ziemlich angestrengt über irgendetwas nachdachte und wollte natürlich auch direkt wissen worüber ich grübelte.

„Hast du das Photo nicht gesehen?“, fragte ich ihn

„Doch klar habe ich das und ich kann nur sagen, dass du unheimlich süß darauf aussiehst“, grinste er zurück

„Ja schon aber… naja für mich ist es eben einfach ungewöhnlich mich auf so einem Photo wiederzusehen“, antwortete ich

„Klar, das kann ich gut verstehen, was meinst du wie mir das am Anfang ging? Ich hatte immer das Gefühl, als hätten die ganzen Fans ein Stück aus meinem Familienalbum geklaut. Ich weiß auch nicht wieso aber ich empfand diese Photos immer als etwas sehr privates.“

„Und jetzt?“, fragte ich ihn

„Ich habe mich dran gewöhnt aber manchmal ist es immer noch komisch. Klar du weiß, wann und wo und vor allem wofür die Photos gemacht worden sind aber trotzdem. Auf jeden Fall wirst du dich jetzt auch daran gewöhnen müssen, dass du dich auf vielen Photos sehen wirst. Und Nick, es werden nicht nur die Photos sein. Du wirst dich noch mit einigen anderen Dingen auseinandersetzen müssen, wo du vielleicht bisher nicht dran gedacht hattest.“

Während wir weitergingen und Isaac mir erzählte was auf mich zukommen würde wurde mir erst so richtig bewusst, dass ich nie wirklich daran gedacht hatte wirklich einmal prominent zu werden. Na klar jeder träumt irgendwann mal davon eine große Rolle in einem Film zu bekommen oder einen Riesenhit zu produzieren. Keines dieser beiden Sachen traf auf mich zu aber trotzdem war ich nicht mehr der „normale“ Junge von nebenan.

Ich war der Freund von Isaac Hanson und ich glaube an diesem Morgen dachte ich dann wirklich darüber nach, dass es ab und zu auch unangenehm sein kann ständig im Rampenlicht zu stehen. Andererseits wusste ich, dass mir mit Isaac an meiner Seite eigentlich nichts unangenehm zu sein braucht und dass ich bei ihm immer jemanden finden würde, der mich verstand.

Wir redeten noch eine ganze Weile darüber was wohl in Zukunft auf uns beide zukommen würde und wir beschlossen uns aktiv für andere schwule Jugendliche einzusetzen, die es nicht so einfach haben würden wie wir zwei. Wir wussten, dass nicht alle Eltern so leicht reagieren würden wie unsere Eltern und wir wussten, dass nicht alle Freunde von jungen Schwulen das sind, was sie vorgeben zu seinem nämlich wirklichen Freunde. Isaac und ich wussten nicht genau auf welche Art wir diesen Kids helfen konnten aber wir hatten uns fest in den Kopf gesetzt zu helfen – ganz egal auf welche Art.

Aufmerksamkeit dürfte wohl kaum das Problem dabei sein – klar, die Hansons waren auch nicht ständig im Fernsehen aber die Presse hat immer Interesse daran zu verfolgen, was sich bei Stars und Sternchen tut – wenn man das nun einmal dafür nutzen könnte anderen Kids zu helfen dann war das doch das beste, was man machen konnte.

Als es auf den Mittag zuging und wir beide dann doch ziemlich hungrig wurden beschlossen wir uns beim nächsten Pizza Hut anzuhalten und uns erst mal gründlich satt zu essen.

Gesagt getan, ehe wir uns versahen saßen wir auch schon da und hatten eine riesengroße Pizza vor uns stehen, die wir beide aber in rekordverdächtiger Zeit aufgegessen hatten.

Nach dem Essen merkte ich, dass Isaac nicht ganz so munter und aufgeweckt wirkte wie noch ein paar Stunden zuvor und fragte ihn daher ob irgendwas nicht in Ordnung wäre.

„Nein Nick, es ist alles in Ordnung – solange du bei mir bist ist immer alles in Ordnung. Aber genau das ist das Problem: Du bist nicht immer bei mir. Ich weiß, dass wir diese Diskussion schon mal hatten und ich weiß, dass die dein Schulabschluss sehr wichtig ist – ich will ja auch, dass du da alles fertig machst aber…“

Ich konnte Isaac verstehen – ich konnte ihn viel besser verstehen, als er vielleicht dachte. Auch ich hatte viel drüber nachgedacht ob ich nicht vielleicht doch die Schule, Schule sein lassen sollte und einfach mit Isaac den Rest meines Lebens verbringen sollte und ich glaube in diesem Moment hatte ich die Entscheidung getroffen und wollte Isaac schon sagen, dass ich alles für ihn aufgeben würde doch er ließ mich gar nicht erst zu Wort kommen.

„Nick solange du noch zur Schule geht würde ich gerne… naja ich würde eben gerne bei dir bleiben.“, sagte er.

„Bei mir? In Deutschland?“ das ganze überraschte mich noch mehr als wenn mir jemand gesagt hätte, dass ich eine Million im Lotto gewonnen hätte. Alles was Isaac darauf sagte war ein simples „Ja“.

„Aber? Ich meine was ist mit eurer Musik?“, fragte ich ihn

„Wenn wir Musik machen, dann fliege ich eben in die Staaten und mache Musik. Aber den Hauptteil meines Lebens will ich mit dir zusammen sein.“

Wir unterhielten uns noch eine Weile darüber, wie das ganze zu realisieren sein und welche Möglichkeiten wir hätten. Auch auf dem Weg zurück ins Hotel waren wir noch immer damit beschäftigt uns auszumalen, was wir die nächste Zeit noch alles zusammen unternehmen würden. Es war einfach traumhaft.

Abends dann saßen wir wieder mit Taylor und Zac am Tisch im Hotelrestaurant und ließen und das dortige Buffet schmecken. Als ich so mit den Hansons an einem Tisch saß gingen mir alle Dinge, die ich bisher mit den drei erlebt hatte noch einmal durch den Kopf.

Wie ich Isaac damals kennengelernt hatte im Hotel, wenn ich darüber nachdachte wie komisch ich mich gefühlt hatte als ich bemerkte wer mich da gerade umgerannt hatte.

Ich dachte daran, wie gut und gleichzeitig wie schlecht ich mich dabei gefühlt hatte Isaac beim Wichsen im Whirlpool vom Hotel überrascht zu haben und vor allem daran, wie wir beide darauf reagiert hatten. Wie wäre es wohl gelaufen, wenn wir damals schon gewusst hätten, was wir für den anderen empfinden? Ich musste leicht grinsen.

„Hey Nick dein Eis läuft gleich sonst wohin“, lachte mich Taylor an und ich konzentrierte mich für einen Moment wieder auf das Essen aber musste trotzdem immer wieder daran denken, wie es damals weiterging, als die drei mich zu sich nach Hause einluden und mir Isaac seine Liebe gestand. Wir uns zum ersten Mal vor jemand anders als Paar zu erkennen gaben und wie die Moffatts darauf reagierten, wie Isaac mich bei mir zuhause überrascht hatte und was für ein unerwarteter Erfolg daraufhin unsere Schulfete geworden war. Dann natürlich an unseren wunderbaren Australien-Urlaub und an Taylor und daran, wie Taylor mit seinem neuen Boyfriend zusammengekommen war. Natürlich kamen mir dabei auch wieder die Szenen im australischen Fernsehe wieder ins Gedächtnis und meine ungeheure Aufregung an dem Tag.

Ich dachte noch eine ganze Weile darüber nach, dass ich es tatsächlich geschafft hatten den einen Menschen auf der Welt zu finden, der mir das geben konnte was ich immer schon haben wollte: Liebe!

An diesem Abend schlief ich wieder einmal in den Armen meines Liebsten ein – noch glücklicher, als ich es jemals zuvor gewesen war. Ich hatte denjenigen gefunden wonach andere ihr Leben lang vergeblich suchen – meinen Isaac.

Am nächsten Morgen wollten wir wieder nach Hollywood und uns noch ein bisschen umsehen. Wir Isaac und ich machten uns also fertig und nachdem wir Taylor und Zac „aufgesammelt“ hatten fuhren wir mit dem Hotelaufzug ins Erdgeschoss und machten uns auf den Weg nach draußen. Dort angekommen warteten wir darauf, dass die Ampel endlich grün wird und dabei verhielten sich Taylor und Isaac wieder einmal wie zwei kleine Kinder. Als die Ampel endlich grün wurde rief Isaac: „Wer als erster auf der anderen Seite ist und lief los“. Plötzlich ging alles ganz schnell: Ich hörte Taylor in einem kreischenden Ton den Namen seinen Bruders rufen und dann sah ich auch schon das Auto, dass um die Ecke kam und trotz roter Ampel direkt auf Isaac zufuhr. Das nächste was ich sah war nur, dass Isaac in hohem Bogen über die Straße geschleudert wurde. Ich hörte Bremsen quietschen und konnte mich selber schreien hören, „NEEEEEEEEEEEEEEIN“

Danach nur noch Stille…

„Nick… Nick… NICK“, irgendwer rüttelte an meinem Körper, doch ich wollte nichts mehr mit niemandem zu tun haben.

„Nick wach auf was ist denn los?“

Ich öffnete die Augen und sah, dass ich immer noch bei Isaac im Bett lag.

„Ike wo sind wir?“, fragte ich leise

„In meinem Bett. Im Hotel“, antwortete er etwas verdutzt.

Es war also alles nur ein Traum gewesen. Kein Auto, kein Unfall. Ich konnte nicht anders ich fing an zu heulen wie ich noch nie zuvor in meinem Leben geheult hatte. Ich wollte Isaac nie mehr loslassen.

„Nick was ist denn los?“, fragte mich Isaac

„Nichts“, antwortete ich noch immer etwas schluchzend.

„Aber bitte versprich mir, dass du mich niemals verlassen wirst, ja?“

Isaac gab mir einen langen und tiefen Kuss, sah mir tief in die Augen und gab mir mit ebenfalls leicht verheulten Augen seine Antwort.

„Versprochen.“

 — THE END —

 

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1 Kommentar

    • Markus auf 28. Februar 2017 bei 12:56
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    Also auch wenn das ganze eine Geschichte ist ich fand sie toll. Deine Schreibweise ist einfach toll 👍👍👍👍👍👍 weiter so.

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