Welcome Kapstadt – Teil 2

» Na ja, weißt du, die Luft hier oben ist selten ganz ruhig. Erst wenn es wirklich eng wird gehen die Lampen an. Ist am besten du gewöhnst dich dran. «

Er hatte gut reden. War hier oben praktisch zu Hause und denkt womöglich, jedem müsste das irgendwie egal sein. Aber ich sagte nichts und versuchte mein Essen zu genießen.
Shaun hob mir wortlos seinen Becher Rotwein vor die Nase. Ich schnaufte tief durch. Zum einen weil er dabei wieder so umwerfend lächelte, zum anderen weil ich noch nie Rotwein getrunken hab. Ja, erst in dem Moment wurde mir das klar.
Ich stieß dann auch mit ihm an und trank. Auf einen Zug leerte ich den Becher. Gut, er war ja nicht voll und Durst hatte ich auch.
Ich sah, dass Shaun nur einen winzigen Schluck genommen hatte und ihn mit geschlossenen Augen im Mund herumzuwerfen schien.

» Ah, « sagte er dann, » wie gut doch die Heimat schmeckt. «

Jetzt war ich wieder der Depp. Keine Ahnung wie man Wein trinkt. Er musste mich für den absoluten Dorftrottel halten und ich konnte ihm nicht mal böse sein.

» Und, wie schmeckt er dir? « fragte er.

» Ganz ausgezeichnet « heuchelte ich. War der Wein wirklich gut? Ich konnte guten von schlechtem Wein überhaupt nicht unterscheiden.
Wir aßen fertig und wieder sah ich zu, wie Shaun den ganzen Plastikkram zusammensteckte, so dass nur noch zwei Schalen übrig blieben. Ich tat es ihm nach und es gelang mir tatsächlich.
Nachdenklich starrte er auf seinen Becher. Er war scheinbar nicht hier, im Augenblick wenigstens nicht.

» Shaun? «

» Ja? «

» Du liebst deine Heimat, nicht? «

Es war eine doofe Frage vielleicht, aber ich musste seine Stimme hören. Und ich musste irgendwann wissen, ob er Wert auf eine Unterhaltung legte. Und ich spielte auf seine Aussage von vorher an.
Seine dunklen Augen strahlten irgendwie und Schritt für Schritt begann mich dieser Junge zu faszinieren.

» Ja, aber ich liebe sie nicht nur « sagte er dann leise, » ich verehre sie. Es gibt kein schöneres Land. Jedenfalls keines das ich kenne. «

» Und Deutschland, was ist mit dem? «

» Weißt du, ich bin oft hier. Natürlich ist Deutschland auch schön. Aber es hat kein Meer. Und es ist irgendwie eintönig. Südafrika ist die Welt in einem Land. Und du bist das erste mal da? «

Ich nickte.

» Ja. «

» Und was machst du? «

» Bin in den Ferien bei meiner Schwester in Somerset West. «

Seine Augen strahlten noch mehr.

» Hey, das ist nur eine halbe Autostunde von Stellenbosch.«

Warum strahlte er so? Ein kleiner Schauer lief über meinen Körper.

» Und was machst du dort? «

Endlich kam Schwung auf. Ich würde ihn löchern bis ich jede Einzelheit über sein Leben wusste.

» Ich studiere. Stellenbosch hat eine der berühmtesten Universitäten der Welt. «

Ich wusste davon nichts, aber ich glaubte ihm eh jedes Wort.

» Und was studierst du? «

» Jura. «

Ich nickte begeistert.

» Sicher nicht einfach? «

» Es geht, bin eh im ersten Semester. Mein Vater ist ja auch Jurist und von daher… «

Ich nahm den letzten Schluck aus meinem Becher und lehnte mich zurück. Ich wollte ihn dann nicht fragen wie alt er war. Älter jedenfalls als ich dachte, aber spielte das eigentlich eine Rolle? Geil war er, Basta.
Trotzdem suchte ich weiterhin seine Unterhaltung.

» Sag mal, wenn du so oft nicht zu Hause bist, was sagt deine Freundin dazu? «

Er lächelte.
» So viel bin ich nun auch nicht unterwegs. Nur in den Ferien. Aber im Augenblick hab ich keine Freundin. Von daher kein Problem. «

Aha. Nun ja. Im Augenblick. Immer diese schwammigen Aussagen. War da mal eine? Ist da was, aber noch nichts Konkretes? Dieses zappeln lassen ist mörderisch. Ich erwähnte es ja schon: Schwul zu sein ist manchmal trotz allem ziemlich anstrengend.
Unsere Tische wurden abgeräumt und es war angenehm wieder mehr Platz zu haben.
Shaun setzte seinen Kopfhörer auf und sah sich einen Film an. Ich schloss die Augen, jetzt war ich wirklich nur noch müde.
Noch einmal kam der Steward mit seinem Wagen, zum Abschluss nahm ich eine Tasse Kaffee – so wie Shaun auch.
Auf einmal ging das Licht im Flieger aus. Zunächst erschrak ich darüber, dann war ich froh. So würde ich noch besser schlafen können. Shaun beugte sich vornüber und fummelte an seinen Füßen. Ich sah, dass er seine Schuhe auszog.

» Ist bequemer « sagte er und widmete sich dann wieder dem Film.

Ich konnte nicht sehen was er sich ansah, aber irgendwie war mir das dann auch egal. Ich hätte auch gern meine Schuhe ausgezogen, aber klar, wieder würde ich mich als Banause hinstellen wenn ich es ihm nachmachte. Ich bin ja gewiss nicht unselbständig, aber jetzt schien es als wäre das wohl doch nicht so. Nur, wie hätte ich auch auf die Idee kommen sollen?

» Lässt du mich mal durch? « fragte er eine Weile später.

Shaun sah mir direkt in die Augen. Das war trotz der herrschenden Dunkelheit schon ziemlich aufregend.

» Klar. «
Ich stand auf und stellte mich in den Gang. Jetzt sah ich das erste Mal seine ganze Figur. Er war etwas größer als ich und zweifellos trieb dieser Schnuckel Sport. Er hatte im Verhältnis breite Schultern und schmale Hüften.
Ach ja, hatte ich auch gelesen. Die Jugend in Südafrika ist sportlich, ausnahmslos. Seinem saftigen Hintern nach zu urteilen war er vielleicht Tänzer oder Schlittschuhläufer, die haben ja oft so nen Arsch, auf dem man ein Glas Bier abstellen kann. Aber Eis in Südafrika? Wohl eher nicht. Wenn ich dagegen meinen mickrigen Körper verglich..
Nun gut, er lief zu den Toiletten und ich sah seinem schönen Gang nach. Fast grazil waren seine Bewegungen. Zu grazil für einen Hetero??
Mein kleiner Freund muckte wieder ordentlich auf. Wieder begann der Flieger zu schaukeln; ich warf mich blitzartig auf meinen Sitz und schnallte mich an. Wie gut dass niemand mein ängstliches Gesicht sehen konnte. Trotzdem zog ich nun auch meine Schuhe aus. Es tat wirklich gut.
Mein Blick fiel auf Shauns Schuhe unter seinem Vordersitz. Turnschuhe.
Dann begann mein Herz zu pochen. Was zog mich zu denen hin? Was nur? Aber ich konnte nicht widerstehen und griff nach einem der Schuhe und hielt ihn in der Hand. Keine billige Machware, da kenn ich mich aus. Daran mal schnuppern? Nein, besser nicht, es war so schon geil genug.
Aber da war er auch, dieser völlig unnatürliche Wunsch, mal die Zehen eines solch hübschen Boys in den Mund zu nehmen. Einfach darauf herumlutschen. Ist das pervers? Ja, möglich. Aber ich hatte es bis dato ja auch noch nicht getan.
So schnell wie ich den Schuh genommen hatte stellte ich ihn zurück. “Schwein” sagte ich zu mir, aber mich deswegen verachten? Nein, ich handelte schließlich unter einem fremden Zwang.
Sekunden später stand Shaun auch schon wieder neben mir.

» Bleib sitzen, ich komm auch so vorbei « sagte er und tat es. Ich zog meine Beine an und seine Hüfte schwang sich an meinem Gesicht vorbei, so unglaublich nah – hätte nur noch reinzubeißen brauchen. Und er war barfuss. Ein Schauer sauste quer durch meinen Körper. Wie schade dass ich seine Füße nicht so genau sehen konnte. Bestimmt hatte er knufflige Zehen. Und dann wieder dieser Duft, der meine Sinne umnebelte.
Er ließ sich in seinen Sitz fallen, rückte das Kissen zurecht und setzte den Kopfhörer auf. Wie geschmeidig er sich bewegen konnte.
Ich schloss mal wieder die Augen. Mann oh Mann. Ein so hübscher Strolch neben mir. Sieht verdammt gut aus, riecht gut, läuft hier oben einfach ohne Strümpfe herum. Ich sog tief Luft in meine Lungen. Das war recht schwer zu ertragen. Und die Nacht stand mir ja erst noch bevor.
Ich betätigte den Knopf in der Lehne und drückte sie ganz weit nach hinten. Endlich schlafen. Wegtreten aus all dieser Aufregung der letzten Stunden. Dass mir Shauns Schuh nicht aus dem Kopf ging, na ja, das war abnormal. Aber ich stand zu meinen perversen Gedanken. Tat ich ja zu Hause auch, wenn ich meine geliebte Kerze mit ins Bett nahm. Es machte mir Spaß und alles andere war mir egal.
Noch einmal schnappte ich diesen süßen Duft auf, den Shaun an sich hatte, dann wollte ich nur noch schlafen.
Ich setzte den Kopfhörer auf und ließ mich von irgendeiner Schnulzenmusik einlullen.
Wie schön musste es sein, neben ihn im Bett zu liegen, sich in einer eisigen Winternacht ganz eng an ihn zu kuscheln? Ihn im Arm zu haben und durch seine seidenen Haare zu fahren, ihn am Morgen durch einen Kuss zu wecken? Oder mit ihm im Meer zu schwimmen und sein Muskelspiel beobachten zu können? Viel Phantasie brauchte ich nicht.

» Sieh mal « sagte er plötzlich und stieß mir sanft in die Seite.

Müde öffnete ich meine Augen.

» Was ist ? «

» Da, da unten. Ein Mordsgewitter «

Ich richtete mich auf, aber sehen konnte ich nichts.

» Wo? «

» Na, da. Komm rüber, sieh dir das an. «

Nun gut. Ich war es nicht der sich auf seinen Körper stützen wollte. Er war es.
Ich beugte mich über ihn und sah hinaus. Gewaltige Blitze zuckten dort unter uns herum. Schön anzusehen, in der Tat, aber gleichzeitig gingen die Lampen zum anschnallen an und meine Angst war auch wieder da.
Wie lange würden wir brauchen, bis wir da unten aufschlugen? Fünf, zehn, fünfzehn Minuten? Diverse Katastrophenfilme dieses Genres liefen wie im Film vor meinen Augen ab. Ein Kloß steckte in meinem Hals.

» Könnte jetzt erst Mal ungemütlich werden « sagte Shaun so quasi, als würde gleich der Pizzaservice kommen.

» Na toll « antwortete ich und setzte mich zurück.

Wenigstens hatte ich seinen Bauch und seine Schulter berühren können. Zwangsläufig. Ich war wieder wach und mutmaßte, dass ich in dieser Nacht keinen Schlaf finden würde. Wegen ihm nicht, dem Abstürzen nicht und überhaupt.
Dann begann es den Flieger ordentlich durchzuschütteln. Wie auf einer kleinen Achterbahn schien es rauf und runter zu gehen. War schon reichlich doof, weil ich jetzt noch mehr Angst bekam.

» Shaun? «
» Ja? «

» Tut mir leid wenn ich dich nerve, aber ich hab jetzt richtig Schiss. «

Er sah mich an und lächelte. Warum tat er das dauernd?

» Keine Angst, das ist völlig harmlos. «

» So? « fragte ich.

» So weit hier oben können uns die Gewitter nichts anhaben. Es sind nur die Turbulenzen die das verursachen. «

» Ach, und die sind harmlos? «

Ich begann so langsam an seinen Ausführungen zu zweifeln und hatte mich dabei wohl auch noch im Ton vergriffen.

» Nein, sind sie nicht « sagte er.

Aber das klang eher barsch. Er schien gemerkt zu haben dass ich seine Unterhaltung suchte, was er vielleicht gar nicht wollte – oder ihn endgültig nervte.

» Gut, ich lass dich ab sofort in Ruhe « grummelte ich so leise, dass er es nicht hören konnte und lehnte mich wieder zurück.

Dabei hätte er doch bloß seine Hand auf meinen Arm zu legen brauchen und schon wäre alles gut gewesen. Ich ließ ihn sterben. Also zumindest darin, dass ich ihn ignorieren würde. Nicht um meine, sondern um seinetwillen.
Ich hatte mich blöd angestellt, mir sonst was zusammengedichtet und nun war er zu recht sauer. Die letzten acht Stunden würde ich auch ohne seine Kommentare verbringen. Wenn da bloß diese verdammte Angst nicht gewesen wäre.
Die Lichter zum anschnallen gingen irgendwann wieder aus und an Bord war es ruhig. Niemand unterhielt sich, da und dort flimmerte ein Monitor und gelegentlich lief das Bordpersonal durch die Reihen.
Ich musste mal pinkeln und bekam Durst.
Ohne etwas zu sagen stand ich auf und lief zu den Toiletten. Es war komisch, man hatte das Gefühl wie auf einem Wasserbett zu laufen.
Als ich das Klo betrat war mir eher zum kotzen zumute als – wie erträumt – zu einem Stelldichein mit meinem Schwanz. Der war so winzig geworden dass ich mich entgegen aller Gewohnheit auf den Klo setzten musste um Bier, Wein und Kaffee loszuwerden. Wie schade eigentlich, aber nicht immer hat man seine Gefühle in der Gewalt. Auch in umgekehrter Richtung nicht.
Das laute, saugende Geräusch als ich den Spüler betätigte ließ mich erstarrten. Ich fürchtete einen Augenblick, der Sog könnte mich in die Kloschüssel zerren und dann würde ich da hinausgezogen in die Nacht, die hier oben – laut Aussage des Piloten – Minus 50 Grad betrug. Aber nach ein paar Sekunden riss ich mich zusammen. Ich begann einzusehen, dass ich mich wie ein kleines Kind benahm.
Ich wusch meine Hände und sah in den großen Spiegel. Na ja, das hast du auch schon besser hingekriegt mit deinem Aussehen, sagte ich mir. Aber es war nicht zu ändern. Mann, ich würde 14 Tage nicht Schlafen aus lauter Angst vor dem Rückflug.
Ich trat aus dem Klo und um die Ecke befand sich die Anrichte.
Da saß er und nagte an einem Hähnchenschlegel. Dieser schnuffiige Steward, der mir schon im Flughafen aufgefallen und wegen dem ich mit diesem dicken Brillentyp zusammen gestoßen war. Niedlich sah er aus, aber auch ein bisschen müde.
Er sah mich an und legte den abgenagten Knochen auf einen Plastikteller. » Kann ich etwas für Sie tun? «
Oh, hätte er doch dieses blöde Sie weggelassen.

» Kann ich etwas zu trinken haben? « fragte ich ziemlich schüchtern zurück und saugte diesen schönen Boy in mich auf.

Er machte die Kühlschranktür auf und zeigte hinein. Ich seufzte.

» Ein Bier bitte « sagte ich, ohne zu ahnen ob das um diese Uhrzeit überhaupt noch angebracht war.

Aber eigentlich war mir das auch egal. Etwas trinken, womit ich diese Angst einfach vergessen und anschließend schlafen konnte wie in Abrahams Schoß.

“Adrian Bogel” las ich auf seinem Namensschild auf seiner Uniform. Sie war einfach genial auf ihn zugeschnitten. Er zog eine Dose aus dem Fach.

» Haben Sie Sekt an Bord? « hörte ich eine schöne, vertraute Stimme auf einmal hinter mir. Aber so richtig freuen konnte ich mich nicht.

Der junge Steward fragte Shaun an.

» Gibt’s was zu feiern? «

» Yepp, ich hab Geburtstag. Seit einer Minute. «

Sofort stand Adrian auf und schüttelte Shaun kräftig und herzlich die Hand.

» Und, wie viel Lenze sind es? «

Ich horchte genau hin.

» 20 « antwortete Shaun.

20. Aber da änderte sich gefühlsmäßig bei mir nichts. Vier lausige Jahre.. Außerdem heißt es, dass man mit 20 auf dem Höhepunkt der sexuellen Leistungsfähigkeit ist.

» Moment. Äh, wie ist der Name? «

» Shaun. Shaun Schweizer. «

« Ich komm gleich wieder « sagte Adrian und verschwand.

Nun stand ich da alleine mit Shaun, wir blickten uns in die Augen. Warum sah er mich immer so komisch an? Ich blickte an ihm herunter. Die Beule in seiner Hose war nicht getürkt, in meinen Gedanken mein ich, die war echt.
Zum hinfassen war sie. Oh, und wie gern hätte ich meine Hand da drumgelegt. Weiter unten lugten seine nackten Zehen unter den Hosenbeinen hervor. In der Tat, schöne Zehen. So schön wie seine Hände. Wie überhaupt alles an ihm passte.
Ich streckte ihm meine Hand entgegen. Nun konnte ich ihn anfassen ohne Angst haben zu müssen, er könnte das falsch interpretieren.
Fest drückte ich zu. Wir sahen uns an und es war ganz seltsam. Eigentlich war mir jetzt nach einem.. Ich überlegte ein paar Sekunden. Was konnte mir passieren? Nichts.

» Alles Gute zu deinem Geburtstag « sagte ich, zog ihn zu mir und gab ihm einen leichten Kuss auf die Wange.

» Äh… Danke. «

Sein Gesichtsausdruck in dem Moment ist leider nicht zu beschreiben. Überrascht, entsetzt, angeekelt, freudig.. Keine Ahnung. Die Sekunde reichte mir. Er roch so gut, seine Haut fühlte sich an wie ein junger Pfirsich. Und schmecken? Na ja, dazu war die Sache zu kurz.

» Der war für dein Verständnis für so einen Blödian wie mich « versuchte ich meine Tat in etwa zu rechtfertigen. Ich brauchte ihn, jetzt und hier.
Er starrte mich an.

» Was heißt Blödian? «

» Oh, kennst du das Wort nicht? «

» Schon,.. aber das bist du doch nicht. «

Und zu meinem grausigen Entsetzten klang das ehrlich. Shaun, ich liebe dich!!

» Darf ich dich etwas fragen? «

Shaun sah mich an.

» Klar. «

» Warum hast du keine Strümpfe an? «
Er wurde leicht rot und das gefiel mir. So sah er eher aus wie ein kleiner Junge, den man bei einer schlimmen Tat erwischt hat.

» Viele Südafrikaner tragen keine Strümpfe. Die laufen lieber barfuss durch ihr Haus und den Garten. Das ist halt so. «

Ich nickte, ohne zu verstehen warum das so war. Adrian kam um die Ecke, eine Flasche in der Hand.
» Tschuldigt, die musste ich der Ersten Klasse richtig abluchsen. Aber die trinken heute nichts, warum auch immer. Echter Champagner. Baujahr 2000. «

Aha. Dann bediente er also doch die Bonzen in den breiten Sitzen.
Gekonnt entkorkte er die Flasche lautlos und wider Erwarten holte er zwei echte Gläser aus einem der Schränke, keine billigen Plastikbecher.

» Und Sie trinken nicht mit? « fragte Shaun.

Er schüttelte den Kopf.

» Bin, wie man sicher gut erkennen kann, im Dienst. «

Shaun grinste.

» Ja, aber wenn Sie nicht mittrinken wird das nichts. Einen Schluck wenigstens. «

Adrian sah sich um und zog die Schultern hoch.

» Na gut, einen Schluck kann mir keiner verbieten. «

» Prima, seh ich auch so « sagte Shaun.

Ich betrachtete mir die beiden. Meine Angst war augenblicklich in den Tiefen des nahen Alls verschollen. Mann oh Mann, da stand ich zwischen zwei überaus schnuckeligen Typen in einer Anrichte eines Airbus in 13 Kilometern Höhe, sauste in eisiger Umgebung mit fast Schallgeschwindigkeit um die halbe Welt, trank Champagner und mir ging es von Minute zu Minute besser.
Welch Einstand in die Ferien. Ich hätte Shaun nun doch so richtig abknutschen können. Ich sah ihm in die Augen und hoffte, er könnte mir diesen Wunsch darin ablesen.
Natürlich tat er das nicht.
Wortlos hoben wir die Gläser, nickten mit dem Kopf und stießen an. Mich freute, dass Adrian keine Ausnahme machte.
Die Luft war trocken da oben und so blieb nach dem Prosit nichts mehr in den Gläsern.
Ohne Fragen schenkte uns Adrian nach, nur sein Glas bleib leer.
Shaun stieß mit mir an und diesmal versuchte ich meine Blicke sprechen zu lassen. Dass er wunderschön war, ich ihn ganz lieb fand, und dass er mir verzeihen sollte. Denn immerhin gab’s ja ne kleine Meinungsverschiedenheit, auch wenn er sie gar nicht mitbekommen hatte.
Aber dann stieg mir der Champagner in den Kopf. Entweder der hatte 20 Prozent Alkohol oder… Aha ja, man riet ja vom Trinken über den Wolken ab. Also Alkohol sollte man lassen, wegen der dünnen Luft und so weiter.
Es änderte nichts daran, dass Shaun dreimal so schön wurde wie er eh schon war. Ich hielt mich an der Kante der Anrichte fest, aber so dass es die beiden nicht bemerkten. Schwindel ohne Ende raubte mir die klaren Gedanken.
Gut, der lange Tag, die Fahrt, der Flughafen, die Aufregungen – und dann so spät. Warum sollte das ohne Folgen bleiben? Ich versuchte mich zusammenzureißen, aber das war wirklich nicht einfach.

» Ist dir schlecht? « fragte Shaun, dessen Beobachtungsgabe mir schon langsam Angst machte.

» Nein, es ist nur… «

» Komm, ich bring dich auf deinen Platz. «

Sagte es und hakte sich bei mir unter. Er berührte mich nicht nur, er packte jetzt kraftvoll zu und ich konnte seine Körperwärme spüren. Dieses süße Parfüm riechen, das ausgezeichnet zu ihm passte, sein Atem. Alles nicht nur nah, sondern am nähesten. Warum war mein Sitz nicht in drei Kilometer Entfernung?
Er schob mich, unter den Achseln haltend, vor sich durch den engen Gang. Soviel ich sehen konnte schliefen alle und keiner bemerkte diese für mich geile Aktion. Bewusst ließ ich mich durchhängen und Shaun hatte Kraft. Viel Kraft.
Ohne Anstrengung hievte er mich auf meinen Platz, kroch wie eine Katze über mich hinweg und ließ sich in seinen Sitz fallen. Und dann langte er um mich herum und schloss – natürlich direkt über meinem hyperempfindlichen Teil – meinen Gurt.
Dieses “Klick” spürte ich in meinem Bauch. Und seine Hände. Sie lagen förmlich auf meinem besten Stück. Aber warum brauchte er so lange, um sie wegzunehmen? Was fummelte er denn da noch herum? Nichts mehr mit Schwindel. Nichts mehr mit sterben lassen. Handeln wäre angesagt gewesen.
Er zog den Gurt nur fester an, mehr war da nicht. Leider. Dieser Junge war echt um mich besorgt, er tat das bestimmt nicht, um mich unzüchtig anzufummeln. Was mir allerdings mehr als lieb gewesen wäre.
Aber immerhin war ich ja fast Ohnmächtig, konnte Sachen machen die ich sonst nie tun würde. Was ich ihm später ja hätte auch glaubwürdig machen können.
Darum legte ich eine Hand auf seine, während er meinen Gurt auf seinen Sitz überprüfte und stöhnte, als wäre mir schlecht. Aber in meiner Hose begann sich nun – dank Ablehnung meinerseits unter Dusche am Morgen – mein geliebter Spielkamerad zu regen.
Shauns Berührung machte mich einfach fuchsteufelswild. Nie mehr, so schwörte ich da, würde ich Tropfgeil in einen Flieger steigen. Denn ich spürte es ganz deutlich: Meine Hose wurde an der Eichelspitze feucht. Ich hatte noch nie Lusttropfen gehabt, aber das mussten sie sein. Nur, wie konnte es die geben, wenn man gar keinen Steifen hatte? Und die Zipphosen waren fürchterlich dünn. Jeder Tropfen würde sichtbar werden.
Was für eine Nacht. Die Sturzbäche unter meinen Achseln setzten wieder ein und nun spürte ich auch Schweißtropfen auf meiner Stirn. Sie kitzelten, als sie an meiner Schläfe herunterrannen.

» Ich glaub ich ruf jetzt ne Stewardess « sagte Shaun plötzlich.

» Dir geht’s ja wirklich nicht gut. «

Ich drückte seine Hand fester.
» Nein, nicht nötig. «

» Find ich aber doch. «

» Shaun, bitte… «

» Ich denke du solltest jetzt einfach ruhig sitzen bleiben, nichts sagen und abwarten. «

Ein kleines rotes Männchen leuchtete über seinem Sitz an der Decke auf. Ich wusste zunächst nicht, was das zu bedeuten hatte, aber wenig später stand – der süße Adrian an unseren Sitzen. Ich fragte mich, warum er kam, schließlich war er für die Bonzen zuständig und nicht für das gewöhnliche Pack auf dieser Seite der Kabine.

» Hallo ihr beiden. Was liegt an? «

» Dario geht es nicht gut. Ich denke, er hat die Reisekrankheit. «

Reisekrank. So ein Schwachsinn; ich war allerhöchstens Liebeskrank. Wenn man von einem geilen Boy dermaßen befummelt wird, dann konnte das nicht ohne Folgen bleiben. Letztendlich bin ich ja keine gewöhnliche Hete.

» Da hab ich was für, bin gleich wieder da. «

Oh Shaun, fass mich an. Küss mich, rede mit mir, lass mich deine Füße streicheln und sonst noch so manches, was du an und bei dir hast.
Ich ließ seine Hand nicht los. Ich wollte sie den ganzen Flug über nicht mehr loslassen. Adrian stand kurz darauf wieder bei uns, hielt mir eine Tablette und ein Glas Wasser hin.

» Hier, nimm, dann geht es dir gleich wieder besser. «

Schelm. Besser? Gegen das, was ich hatte, gibt es keine Pillen. Nichts gibt’s da. Dennoch nahm ich die Tablette, legte sie in den Mund und trank den Becher auf einen Zug leer. Allerdings war die Pille wie durch ein Wunder in meinem Mund hängen geblieben. Sie merkten es nicht, aber ich sah wieder Shauns besorgtes Gesicht.
Mit geschlossenen Augen lehnte ich mich erschöpft zurück.
» Danke « sagte ich leise.

» Aber warum bist du hier und nicht in der Bonzenklasse? « fragte ich Adrian.

» Da sind nur zwei und die schlafen. «

Ging das so einfach? Sicher nicht. Ich nickte dankbar und Adrian verschwand. Auf einmal spürte ich, wie mir Shaun mit einem Taschentuch sanft die Stirn abtupfte.
In diesem Augenblick fuhr mein Generator herunter. Die Anspannung ließ nach, auch meine Angst. Ich genoss diese Berührung. So zart hatte mich noch nie jemand berührt. Und Shaun kümmerte sich wirklich rührend um mich.

Ein ganz anderes Bild entstand dann in meinem Kopf. Es hätte ihm Scheißegal sein können wie es mir ging. Aber das war es ihm scheinbar nicht. Ich drehte den Kopf zu ihm und blinzelte.

» Danke. «

» Keine Ursache. Wie geht es dir? «

» Weiß nicht wie ich es beschreiben soll. Schwindel und doch nicht und so ein Kribbeln im ganzen Körper.. «

» Meine Güte, so einen schweren Fall hab ich selten erlebt. Also da waren hier oben ja schon ein paar Kaliber dabei, aber du bist einer der größten. «

Wie das Kribbeln zustande kam, das hätte ich ihm gern gesagt. Dass er allein dran Schuld war und nicht der Sekt und auch nicht der Flieger oder die Angst. Ich schloss die Augen, aber einen winzigen Spalt ließ ich offen. Als Shaun mal wieder einen Blick nach draußen warf, nahm ich heimlich die Pille aus meinem Mund und schnickte sie unter meinen Sitz.
Ich musste Shaun unbedingt anfassen. Irgendwo. Brauchte seinen Körperkontakt, ich konnte mich gegen diesen Zwang nicht wehren. Und ich tat es.
Langsam legte ich meine Hand auf seinen Arm und er sah mich echt besorgt an.

» Shaun, tut mir leid, dir so blöde Umstände zu machen, aber ich denke die ganze Zeit wie wir abstürzen könnten.. «

Er rückte näher zu mir und legte seine Hand um meinen Hals. Ja, genauso hatte ich es haben wollen. Und ich würde ihn aus aktuellem Anlass bitten, sie dort zu lassen.

» Dario, deine Angst ist unbegründet. Worauf schließt du denn das? Hör und sieh dich um. Alles ist in bester Ordnung. «

» Ach Shaun « säuselte ich, » ich hab halt einfach Angst. «

Plötzlich begann er meinen Hals zu streicheln. So zart, so fürsorglich und nichts war gespielt. Das hätte ich gespürt.

» Shaun? «

» Ja? «

» Ich.. äh.., ich wäre froh wenn du mich nicht loslassen würdest. «

So, damit war es raus und amtlich. Niemand der nicht schwul ist äußert so einen Wunsch und nun würden die nächsten Sekunden über den weiteren Ablauf der Reise entscheiden.
Und was tat er? Er lehnte sich an mich, legte seinen Arm um meine Brust und drückte mich.

» Wenn du willst – kein Problem. «

Ein Traum. Alles was in den letzten Minuten passiert war, glich einem Traum.
Aber was, wenn es nun unten an der Haustür klingeln würde, Daggi in mein Zimmer stürmte und fragte, ob ich mit ihr und ihrem Hund spazieren gehen wollte? Oder wenn mich Mam oder Paps aus dem Traum rissen?
Ich nahm Shaun fest am Arm.

» Kneifst du mich mal? « fragte ich ihn.

» Warum? «

» Damit ich weiß, dass ich nicht träume. «

Ich spürte mit geschlossenen Augen dass er mich ansah.

» Oh Dario, das ist kein Albtraum. Es passiert doch nichts.. «
Er hatte es nicht verstanden.

» Nein, ich hab keine Angst wenn du bei mir bist. Ich find es so schön wie du dich um mich kümmerst. Das meine ich ist ein Traum. «

Yepp, wenn er es da nicht begriffen hatte, würde er nie tun.
Es wurde warm an meiner Wange und ich realisierte dass es sein Atem war.

» Du bist ein dummer Junge. Nichts hier ist ein Traum « flüsterte er mir ganz nah ins Ohr. Gänsehaut war angesagt.

Er verstand wirklich nicht. Welch grausames Spiel. Ich nahm so beiläufig wahr, dass es zwei Uhr in der Nacht war. Kein Monitor war mehr an, keine Stimmen, nichts. Nur das leise Geräusch der Turbinen. Es schien, als wäre ich allein mit Shaun in diesem Flugzeug. Er sollte es jetzt wissen. Ich war bereit, mich zu stellen.
Ich nahm seine Hand und drückte sie. ” Du, du bist ein Traum” wollte ich ihm dadurch mitteilen.
Er nahm seine Hand nicht weg. Sein Gesicht war meinem noch immer ganz nah und nun würde ich ihm sagen, dass ich mich in ihn verknallt hatte.
Ein Schatten trat plötzlich neben uns und ich ließ Shaun los, er setzte sich sofort wieder richtig in seinen Sitz.
Der Schatten kniete sich im Gang neben mich und eine Hand fasste meinen Arm.

» Wie geht es dir? Hat dir die Tablette geholfen? « flüsterte Adrians schöne Stimme.

Noch ein Traum. Er sagte du.

» Ja, prima, mir geht es schon viel besser « sagte ich und immerhin – gelogen war das nicht.

» Freut mich. Wenn du möchtest kannst du zu mir nach hinten kommen, es ist jetzt die langweiligste Zeit hier an Bord. «

Kaum dachte ich an Träume, wurde ich hin und hergerissen. Shaun? Auf jeden Fall. Adrian? Auch. Verdammte Zwickmühle.

» Kann Shaun mitkommen? «

» Na klar, wenn er möchte. «

Adrians Schatten verschwand.

» Was hattet ihr denn zu flüstern? «

» Adrian hat Langweile und er meinte, wir könnten zu ihm kommen wenn wir wollten. «
Wollte ich das wirklich? Es war so schön neben Shaun. Seine Nähe zu spüren vor allem.

» Also sei mir nicht böse, Dario, aber ich bin jetzt saumüde. Du kannst ja alleine zu ihm. Er wird außerdem am besten verstehen, wie das mit deiner Flugangst ist. «

Hoppla. Was war das? Es war ihm egal dass ich zu dem süßen Schnuckel ging? Ich schnaufte tief. Wenn er was von mir gewollt hätte, wäre er entweder mit mir gegangen oder er hätte mich gebeten hier zu bleiben. Statt dessen war ihm das alles scheinbar völlig egal.
Und dann fiel mir Siedendheiß ein, dass Shaun gar nicht schwul sein konnte. Er hatte mich nicht nach einer Freundin gefragt. Aber so eine Frage ist Standard wenn man herausfinden will ob ein Junge schwul sein könnte. Könnte, wohlbemerkt.
Durch diese Erkenntnis getrieben stand ich auf. Adrians Anziehungskraft war einfach zu groß. Und dann fand ich es trotz negativer Erlebnisse schön in der Anrichte. Man stand da wie in einer Bar und die Erde sauste da unten vorbei.

» Wo sind wir eigentlich? « fragte ich Adrian, als ich zu ihm in die Anrichte kam.

Er sah auf die Uhr und machte ein schiefes, nachdenkliches Gesicht.

» Hm, ich denke unter uns liegt jetzt rechts die Sahara, kurz hinter Ägypten. «

Mir stockte der Atem. Sahara, Ägypten. Namen, die ich nur aus der Erdkunde kannte.

» Dann kommt Somalia, der Kongo, die Victoriafälle… «

Ich hörte nicht weiter zu. Erst jetzt wurde mir klar wo ich mich hier eigentlich herumtrieb. Ach, wenn doch Daggi dabei wäre und wir würden spekulieren über die Affen da unten in den Bäumen, den Dschungel, die wilden Tiere. Ich fand es echt schade dass ich das alleine bewältigen musste. Shaun kannte das wohl alles schon so genau – dem würde solch eine sentimentale Reaktion nur ein Achselzucken hervorlocken.

» Was ist, möchtest du mitkommen? «

» Wohin? « fragte ich neugierig.

» Na, lass dich überraschen. «

Ohne weitere Worte folgte ich ihm nach vorn. Wo wollte er denn mit mir hin?
Wir kamen zu der Business – Class. Sie war voll besetzt, aber alle hingen in den Sitzen und pennten.
Und plötzlich standen wir in der First – Class. Ich warf einen kurzen Blick in die Kabine und sah die beiden einzigen Passagiere zugedeckt und längenlang ausgestreckt in ihren komfortablen Sitzen.
Die Anrichte, die sah hier aus wie eine richtige Bar. Sogar mit Barhockern, den besten Getränken in den beleuchteten Regalen, hinter denen sich im Spiegel mein Antlitz ausmachen ließ. Jetzt war ich wirklich im siebten Himmel.

» Setz dich doch « sagte Adrian.

» Darf ich denn hier sein? «

» Eigentlich nicht. Aber immerhin bist du mein Cousin, der zufällig an Bord ist. Und damit geht das schon klar. Was möchtest du trinken? «

Ich schluckte. Ich und Adrians Cousin. Mir schwante, dass er viele Cousins haben würde. Aber es war mir egal. Ich setzte mich und verlangte nach Mineralwasser, ich hatte einen richtigen Brand.
Adrian setzte sich neben mich.

» Und, wie geht es dir jetzt? «
Ich sah ihn an. So stellte ich mir einen Traum vor.

» Ich weiß nicht.. « sagte ich plötzlich.

» Ist dir nicht besser? Willst du zurück auf deinen Platz? «

» Nein, nein. Es ist.. «

Woher hatte ich das Gefühl, mit Adrian über alles reden zu können? Zusammengezählt kannte ich ihn ein paar Minuten, und trotzdem.. Nun ja, es war ja auch mein Seelenschmerz. Ich fühlte soviel für Shaun und ich wurde mit diesen Gefühlen nicht einig.

» Es geht um Shaun. «
» Warum? Ich versteh nicht.. Habt ihr Streit oder sowas? «

» Nein, es hat mit ihm nichts zu tun, also ich meine es kommt nicht von ihm. Wir haben uns hier oben kennen gelernt und.. ich mag ihn. «

Adrian starrte eine Sekunde zur Decke und lächelte mich dann dermaßen an, dass ich beinahe schwach wurde.

» Aha. Dacht ich’s mir doch « sagte er dann.

» So? «

» Seine Augen, seine Figur, sein Gesicht – er ist hübsch. So wie du. «

Das saß.

» Und was heißt das dann? «

» Och, da geht sowas schon mal ziemlich schnell. «

» Was denn? « Adrian war fast noch schlimmer als Shaun.

» Dass man sich näher kommt. «

» Sag mal, spürst du wenn jemand schwul ist? « fragte ich dann ziemlich aufgekratzt und direkt ins Gesicht.

Adrian grinste.

» Meistens. «

» Und was ist mit Shaun? Dass ich es bin hast du ja scheinbar schon rausgefunden. «

» Den würde ich nicht aus den Augen lassen. «

» Wie meinst du das? «

» Der traut sich nicht, so wenig wie du. Das ist alles.«

Ich schluckte.

» Und wie kommst du zu der Erkenntnis? «

» Ich spüre es. Ganz einfach. Nachdem du ihm einen Kuss gegeben hast – was ein Hetero nie gemacht hätte und eindeutig dein Part war – ist er geblieben. Er hat dich zum Sitz geführt, er hat sich gekümmert. Ein Hetero hätte irgendeinen Kommentar dazu abgegeben. In der Regel nichts schönes. Aber das hat er nicht. «

» Und da kann ich mich drauf verlassen? «

» Zu 99 Prozent. Der Rest ist der übliche Unsicherheitsfaktor. Aber ich denke den kannst du getrost ignorieren. «

» Und wie, bitte, soll ich jetzt mit ihm umgehen? «

» Du kannst ja… «

Er machte große Augen und schnippte mit dem Finger.

» Warte. «

Er stand auf und ließ mich allein in der Bonzenklasse zurück. Ich sah mich genauer um. Alles vom Feinsten hier. Wenn ich einmal reich werden würde, dann wäre das… Quatsch. Reich werden. Ich schlug die Beine übereinander und schlürfte mein Wasser. Genießen. Wolltest du nicht jede Minute genießen? fragte ich mich.
Daggi fiel mir ein und ich sah auf die Uhr. Es war kurz vor drei. Sie würde tief und fest schlafen, vielleicht träumte sie ja auch von mir.

» Schau mal, wen ich aufgesammelt habe « sagte Adrian und grinste bis über beide Ohren.

Shauns Anblick riss mich aus meinen Grübeleien. In jedem Licht sah er anders aus. Jetzt, angeleuchtet durch das Vitrinenlicht, wirkte er fast übernatürlich. Bronzefarben seine Haut, die Haare schimmerten und das Leuchten in seinen Augen stammte wohl kaum von dieser Welt.
Mir wurde wieder warm, wie schon so oft.

» Da steckst du. Ich hab dich im ganzen Flugzeug gesucht. «

Ich freute mich darüber unheimlich. Gesucht? Er suchte mich sicher nicht weil er mich liebte. Er suchte mich, weil er sich Sorgen machte. Mann, Shaun…

» Überall warst du wohl nicht, sonst hättest du mich hier gefunden « sagte ich schelmisch.
Mir gingen Adrians Worte nicht aus dem Kopf. “Er traut sich nur nicht, so wie du.” Konnte ich etwas dagegen machen? Shauns Augen funkelten mich an.
Adrian mischte sich ein.

» Shaun, was möchtest du trinken? «
Er trank Orangensaft, Adrian erzählte uns ein bisschen über seine Arbeit über den Wolken und wir hörten nur zu. Ich dachte einen Moment lang, dass es trotz allem ein Job sein könnte, der auch mir Spaß machen würde.
Shaun saß neben mir, ab und zu berührten sich unsere Knie. Er wirkte ausgelassen und fröhlich, so wie ich auch. Ich wäre hier sitzen geblieben, eine Ewigkeit. Adrian verschwand immer mal wieder um nach seinen Passagieren zu sehen und ich war dann mit Shaun alleine. Wir starrten uns durch den Spiegel in der kleinen Bar an, aber wir schwiegen. Warum? Warum fand ich keine Worte? Warum fand er keine Worte?
Nach einer halben Stunde war endgültig Schluss, ich konnte nicht mehr. Und auch Shauns Augen wurden immer kleiner. Warum hatte er mich gesucht, obwohl er angab, todmüde zu sein?
Wir sagten Adrian gut Nacht und schlichen zu unseren Sitzen.
Shaun legte seinen Kopf so, dass er meinem ziemlich nahe war. Ich konnte seinen Atem spüren und seine Körperwärme. Tat er das mit Absicht? Das machte mich nach einer Weile dermaßen an.
Ich wurde frech und legte meine Hand auf seinen Schenkel. Wenn er schlief würde er es eh nicht bemerken und ich kam irgendwie auf meine Kosten. Spürte er es, musste er etwas tun. Es war herrlich ihn zu berühren.
War er bloß einsam und suchte nur deswegen meine Nähe?
Seine Schuhe fielen mir ein, und meinem kleinen Freund auch. Ich musste jetzt dringend etwas gegen diesen Druck tun. Shaun und schwul? Möglich, aber auch nicht. “99 Prozent” hatte Adrian gesagt. Aber was war mit dem einen, dem restlichen Prozent? Das alles half mir nicht wirklich weiter. Mein Schwanz drückte gegen die Hose und ich hielt es kaum noch aus. Zumal mich wieder dieser süße Duft einhüllte und mir den Verstand zu rauben drohte.
Langsam fummelte ich ein Taschentuch aus meiner Hosentasche und wartete, bis Shaun seine Stellung wechseln würde. So wie jetzt konnte er kaum durchhalten, das war unmöglich.
Derweil wurde mir wieder warm, überall. Meine Hand begann seinen Schenkel zu streicheln. Ein so ein geiles Gefühl hatte ich noch nie. Ich brauchte ja bloß ein bisschen höher zu fahren..
Shaun räusperte sich – drehte sich zu mir und dann sank seine Hand auf meinen Schoss. Direkt auf mein hartes Stück.
Ich erstarrte. Schlief er wirklich? War das Zufall? Ich beobachtete seine Hand, während ich um die zwei Kilo abnahm. Nur Flüssigkeitsverlust durch Schweiß. So heiß war es mir in der höchsten Sonne eine Sommers nicht.
Er musste meinen Prügel doch spüren.. Nein, wenn er schlief natürlich nicht.
Das Taschentuch wurde feucht in meiner Hand. Ich MUSSTE jetzt etwas tun.
Langsam nahm ich sein Handgelenk und führte den Arm zu seinem Knie. Shaun muckste sich nicht und so gelang es mir endlich, meinen Reißverschluss zu öffnen und das Taschentuch rein zustecken. Ich stülpte es über meine Eichel und umgreifte das Paket.
Shaun setzte sich dann mit geschlossen Augen erst grade hin, drehte sich weg und sein Kopf fiel zur Fensterseite. Ich atmete auf. Nun war ich ungestört. Verstohlen blickte ich auf die Sitzreihe über dem Gang neben mir, aber da lag nur einer längs auf den Sitzen und pennte, ansonsten konnte mich niemand beobachten. Und dunkel genug war es außerdem.
Großartige Bewegungen brauchte ich sowieso nicht und schon wenigen Minuten später schüttelte mich ein Orgasmus, wie ich ihn selten erlebt hatte. Völlig fertig sank ich in mir zusammen und nahm das total durchnässte Taschentuch aus der Hose.
Wohin damit? Schon komisch dass es an den Vordersitzen keine Abfalltüten oder sowas gibt. Schnell stopfte ich das Korpus Delicti hinter eine Zeitschrift im Gitter an der Rücklehne des Vordersitzes.
Endlich ging es mir besser. Erschöpft lümmelte ich mich in den Sitz und nachdem sich mein Herzschlag wieder normalisiert hatte, übermannte mich der Schlaf. Ich dankte Fritz für seinen Tipp und streckte meine Beine in den Gang.
Wie lange der Schlaf dauerte wusste ich nicht, aber irgendetwas machte mich wach. Der Flieger schaukelte wieder ein wenig, aber so allmählich hatte ich mich daran gewöhnt.
Aber das war es nicht, was mich geweckt hatte.
Ich sah zu meinem Schnucki. Der hatte mir irgendwie den Rücken zugekehrt – und ich sah ganz deutlich dass sein Arm in Bewegung war. Oh Gott, dachte ich, er wird sich doch nicht..?
Gespannt beobachtete ich die rhythmischen Bewegungen. Shaun holte sich einen runter, das konnte gar nicht anders sein. Sofort regten sich wieder die Gefühle und es kam mir vor, als hätte ich es meinem Lümmel gar nicht gegeben.
Shauns Körper räkelte sich ab und zu und die Bewegungen wurden schneller. Ich hätte am liebsten zugegriffen und ihm den Rest besorgt, aber das brachte ich nun doch nicht fertig.
Nach einer Weile zuckte sein Körper zusammen und die Bewegung hörte auf. Ich war in dem Moment auf 300 und stellte mich wieder schlafend. Aber durch einen schmalen Spalt im neugierigen Auge sah ich, wie Shaun sich aufsetzte, zu mir sah um dann blitzschnell etwas im Vordersitz verschwinden zu lassen.
Ich versuchte, nicht zu grinsen. Wir hatten beide das gleiche getan. Wie Jammerschade, zusammen wäre es das absolute Topereignis hier oben geworden. Logisch, dass ich nun nach dem trachtete, was er da reingesteckt hatte. Ob er mich auch beobachtet hatte? Mir wurde wieder heiß bei dem Gedanken. Und keine Anzeichen, dass mein Schwanz jemals wieder seine Ruhestellung einnehmen würde.
Shaun stand auf und stellte sich auf seinen Sitz, um sachte über mich hinweg in den Gang zu steigen. Jede Berührung mit ihm glich einem Stromschlag, sein Parfüm hatte sich verändert. Es roch jetzt irgendwie anders. Viel, viel intensiver und aufregender.
Dann öffnete er die Gepäckklappe über uns und nahm etwas heraus.
Kaum war er verschwunden, griff ich in das Gitter vor seinem Sitz. Es war die Hölle an Gefühlen, als ich mit meinen Fingerspitzen etwas feuchtes befühlte. Ich bemächtigte mich der Sache und in wenigen Sekunden hatte ich mein Taschentuch gegen seins getauscht.
Ich hielt es in der geschlossenen Hand, und es war genauso pitschnass wie meins. Hastig und unheimlich erregt schnüffelte ich daran und fürchtete dabei in Ohnmacht zu fallen. Schnell steckte ich es in das Gitter meines Vordersitzes.
Shaun blieb diesmal länger weg und als er kam und ich ihn an mir vorbeiließ, roch er anders.
Er kuschelte sich wieder zusammen und schien weiterzuschlafen.

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