Welcome Kapstadt – Teil 4

» Was ist, wollt ihr euch erst bei uns ein bisschen frisch machen und einen Happen essen? Shaun, wie sieht es aus, wirst du erwartet? «
» Eigentlich nicht. Mein Onkel ist mit meiner Mutter bei der Weinernte und ich habe einen Schlüssel zum Haus. Ich hab’s nicht eilig. «
Mein Herz hüpfte. Jede noch so kurze Sekunde wollte ich mit ihm zusammensein, und da kam das gerade richtig. Ich sagte dazu nichts.
“Somerset West” las ich auf einem Schild an der Autobahn, kurz darauf bogen wir in die Helderberg College Road ein. Ein schönes Viertel, am Hang gelegen. Wir waren da.
Automatisch öffnete sich das Tor zur Einfahrt und ich war bereits da hin und weg, so schön hatte ich es mir nicht vorgestellt.
Wir stiegen aus, ich nahm meine Sachen und Shaun half mir beim hineintragen.
Nadine zeigte mir mein Zimmer in dem einstöckigen Haus, führte uns zum Pool, den Garten. Es war unbeschreiblich. Als mein Blick die Berge auf der einen Seite das Meer und den Strand weit unten auf der anderen traf, legte ich meinen Arm um Shauns Hüfte. Mehr oder weniger unbewusst, aber ich spürte Shauns Arm dann auch auf meiner Schulter. Völlig weggetreten schaute ich in die schöne Landschaft und lehnte meinen Kopf an seinen.
» Shaun, dein Land ist wirklich schön « sagte ich.
Nadine räusperte sich hinter uns und ich erschrak.
» Jungs, ihr seid aber ein hübsches Paar. Muss ich mal jetzt einfach loswerden. «
Shaun wurde sofort rot, ich bestimmt auch. Verlegen sahen wir zu Boden.
Sie lächelte und kam mit zwei Sektgläsern auf uns zu. » Hier, zum einstimmen. Ist früh, weiß ich, aber es gibt ja immerhin einen Grund. «
Ich erschrak. » Ja, tatsächlich, den gibt es. Shaun hat nämlich heute Geburtstag. «
Nadine starrte uns an. » Und das sagst du erst jetzt? «
» Sorry, aber ich hab einfach nicht mehr dran gedacht. «
Nadine nahm Shaun spontan in der Arm. » Alles Gute wünsche ich dir. Wie alt wirst du denn?«
» 20 « kam ich ihm zuvor.
Sie musterte ihn. » Sieht man dir gar nicht an. «
Er wurde verlegen. » Danke. «
Auch Wolfgang kam dann zu uns, gratulierte ihm und stieß mit uns an. Aus Angst, mir könnte wieder schwindlig werden, nahm ich nur einen winzigen Schluck.
» Ja, und nun haben wir im Moment kein Geschenk für dich, « flötete meine Schwester mit gespielten Sorgenfalten im Gesicht, » aber ich denke, das lässt sich ändern, nicht wahr Wolfgang?. «
Der nickte, als wüsste auch er was da Plan war.
Wie kamen sie nur dazu? Sie kannten ihn doch erst kurze Zeit. Aber gut, Nadine ließ ihn ihrer Reifezeit wenig anbrennen und Shaun wäre auch ihr Fall gewesen. Ein winziger Funken Eifersucht machte sich in mir breit, obwohl ich wusste dass ich nichts zu befürchten hatte. Oder doch?
Wie aus dem Nichts stand plötzlich eine kleine dunkelhäutige Frau neben uns und hielt ein großes Holzbrett in den Händen, mit Brotschnitten, Tomaten, aber alles andere an Gemüse oder Früchten darauf kannte ich nicht.
» Darf ich vorstellen « sagte Nadine, » das ist Sonja, unsere gute Fee. «
Sie war einen Kopf kleiner als ich und hatte ein ganz süßes Lächeln auf den Lippen, trug ein Kopftuch und ihr Alter war schwer einzuschätzen.
» Nice to meet you « sagte sie, stellte die Platte auf einen kleinen Tisch und gab uns die Hand.
Schon verschwand sie auch wieder und entgeistert sah ich ihr nach.
» Kudu, Springbock, Wildschwein, Strauß, Klippspringer « sagte Wolfgang und deutete mit einem Finger über die Schnitten.
Ich sah Shaun überrascht an.
» Das isst man hier, unter anderem. Du musst es probieren, wirst sehen, es wird dir schmecken. «
Ich versuchte von jedem ein Stück und war begeistert.
» So, « sagte Shaun, nachdem wir die Platte geputzt hatten, » jetzt wird es Zeit für mich zu gehen. «
Ich sah ihn an und mein Herz begann zu klopfen.
» Klar « sagte Wolfgang und Shaun gab Nadine die Hand.
» Vielen Dank auch, das Essen war sehr gut. Ich werde Dario anrufen und ihm sagen wann er kommen soll « sagte er und sah mich dabei so lieb an.
Wolfgang kritzelte unsere Telefonnummer auf einen Zettel.
» Ja, aber ich fahr jetzt sowieso mit. Ich muss schließlich sehen wo und wie du wohnst « mischte ich mich ein.
Shaun nahm mich am Arm. » Na, dann lass uns fahren. «
Wieder ein paar Minuten herausgeschunden. Ich konnte mir schon da gar nicht mehr vorstellen was ich ohne ihn machen würde.
Kurze Zeit später fuhren wir von der Schnellstraße in einen staubigen Feldweg. Rechts und links nur Weinreben, dahinter die hohen Berge und alles wurde von der Sonne durchflutet. Es war phantastisch. Ich überlegte einige Minuten lang, ob ich auch hier wohnen könnte.
Schließlich säumten die Straße hohe Eukalyptusbäume, Rosenhecken, Kakteen, Agaven, Bananen und Dattelpalmen.
Dann eine Art Koppel, umzäunt. Und darauf pickten zwei riesige Straußenvögel auf dem Boden herum.
Ich brachte den Mund nicht bis das Gebäude des Weinguts vor uns auftauchte.
Doch, dachte ich, hier kannst du leben. Hier möchte ich bleiben.
Wolfgang parkte den Wagen vor dem schmucken Eingang und wir stiegen aus. Viel Grün ringsum. Bäume, Hecken, Beete – nichts von all dem kam mir bekannt vor. Ganz im Hinterkopf war da immer noch die unterschwellige Angst vor einem Traum. Aufwachen und aus – vorbei. Ich griff nach Shauns Arm und drückte ihn. Im Traum hat man sicher nicht solche Gefühle. Shaun lächelte mich an, er ahnte sicher was ich dachte.
Wir halfen ihm beim hineintagen seines Gepäcks.
» Ist wohl keiner da. Während der Weinlese sind halt alle da draußen, jede Hand wird gebraucht « sagte Shaun.
Das Haus war groß, fast schon riesig und ich würde eine Karte brauchen um mich da zurecht zu finden. Shaun ging die breiten Stufen zum ersten Stock hinauf und wir folgten ihm. Edle Gemälde an der Wand, sogar ein paar Büsten berühmter Einheimischer standen in den Gängen.
Dann betraten wir sein Zimmer. Wider Erwarten war es nicht allzu riesig, aber dennoch größer als unser Wohnzimmer zu Hause. Viele alte Möbel, jede Menge Bücherregale, ein rustikaler Schreibtisch mit Computer und allem was dazugehört. Und ein großes, fast überdimensionales Bett.
» Ich brauch so ein großes Lagerfeld, weil ich unruhig schlafe und schon mal quer in dem Ding aufwache « sagte Shaun verschmitzt.
Mir wurde warm als er das sagte. Ich versuchte es mir vorzustellen, aber es gelang mir nicht. Außerdem muckte mein kleiner Freund seit langem auch mal wieder auf.
Ich ging zum Fenster und von hier aus konnte man die großartige Allee einsehen, die wir durchfahren hatten. Auch hier dachte ich, da könntest du leben.
» So, können wir dir noch irgendwie helfen? Ich denke wir müssen jetzt fahren « unterbrach Wolfgang meine Gedankengänge.
» Nein, alles Okay. Vielen Dank für die Hilfe. «
Da fuhr ein Stich in mein Herz. Nun hieß es, Abschied von Shaun zu nehmen. Nicht für immer zunächst, aber wann würden wir uns wiedersehen?
Wolfgang verschwand diskret aus dem Zimmer. » Ich warte unten, aber macht nicht zu lange. Nadine wartet auf dich. « Sein Grinsen war nicht zu übersehen, aber ich war ihm für diese Handlung unendlich dankbar.
Ach, Nadine. Klar, sie ist meine Schwester und ihr hatte ich diese Ferien zu verdanken. Aber im Augenblick zählte nur Shaun. Wir standen uns gegenüber und sahen uns an. Wie er einen so direkt in die Augen blicken konnte war schon fast Körperverletzung.
Langsam näherten wir uns und dann folgte ein leidenschaftlicher Kuss. Intensiv und betörend umnebelte mich wieder dieser Duft und ich drückte Shaun so fest, dass es ihm schon weh tun musste.
» Wann sehen wir uns wieder? « fragte ich ängstlich. Ich hoffte, er würde nicht sagen “ich melde mich”. Ich musste wissen wann wir uns wieder gegenüberstanden.
» Am liebsten wäre mir, du würdest gar nicht gehen. «
Hatte ich richtig gehört? Diese schon fast lästigen Schmetterlinge sausten wieder wie wild durcheinander. Es war das selbe Gefühl wie im Flieger.
Ich schluckte und streichelte seinen Rücken, den Kopf auf seine Schulter gelegt. » Ich mag ja gar nicht weg. Aber ich glaube da müssen wir durch. «
Feuchte Augen. Kam mir vor wie ein Weib. Abschiedstränen. Aber warum nicht?
» Gut, ich rufe an. Vielleicht werde ich ja beim Ernten gebraucht, dann müssen wir einen Kompromiss finden. Aber am Wochenende klappt das mit Sicherheit. «
Mit einem unbeschreiblichen Blick fuhr er mit seinem Handrücken über meine Augen. » Heul doch nicht. «
Er hatte gut reden. Lebte im Paradies und ich nur in dem leidlichen Gedanken, ihn bald nicht mehr wiederzusehen.
Wochenende. Es war Mittwoch. Viel zu lange bis dahin.
Er langte in seine Hosentasche und hielt mir breit grinsend – ein Taschentuch entgegen. » Bis dahin hab ich ja das – zum Überbrücken. «
Ich starrte auf das zusammenknüllte Etwas und erschrak.
Ich zitterte als ich in meine Tasche langte und ihm das Gegenstück zeigte. » Und ich hab das.. « sagte ich mit einem Beben in der Stimme.
Wir sahen uns an.
» Du hast es bemerkt.. Dass ich..? « fragte ich ihn.
» Klaro. Ich hab dich fast keine Sekunde aus den Augen gelassen. So wie du mich wohl auch nicht. War schon ein bisschen neidisch wie schnell es dir… « Er grinste.
» Wann hast du.. ich meine, wann hast du das an dich genommen? « fragte ich ihn.
» Als du zum waschen gingst. «
Ich lachte. » Ich hab die Dinger schon vorher ausgetauscht. «
Shaun sah erst auf sein Taschentuch, dann auf meins. » Ich glaub es nicht… Jeder hat jetzt wieder seins… «
Er lachte laut. » Das ist ja wohl der Hammer. «
» Gut, dann müssen wir jetzt wohl noch mal tauschen « sagte ich und hielt ihm mein Taschentuch zitternd hin. Er nahm es und gab mir seins.. Ich hatte ein unbeschreibliches Gefühl dabei. Immerhin war das nun ja ziemlich intim.
Ein kurzes Hupen riss uns aus diesem erotischen Zustand.
» Okay, du musst gehen. Aber wie gesagt, spätestens am Wochenende kommst du. «
» Ich warte auf die Sekunde wieder hier zu sein. «
Noch einmal küssten wir uns, dann brachte mich Shaun nach unten.
Ich stieg zu Wolfgang in den Wagen und als wir die Allee hinausfuhren winkte ich durch die Heckscheibe. Auch Shaun hob seine Hand. Es kam mir vor als würde ich in diesem Moment aus dem Traum erwachen.
» Hat euch ganz schön erwischt.. « sagte Wolfgang wie beiläufig.
» Ja, hat es. Ich hoffe, es stört euch nicht.. «
» Quatsch. Shaun ist ein sehr lieber Kerl und außerdem mag ihn deine Schwester. Das hat viel zu heißen. Wann wollt ihr euch wiedersehen? «
Ich war ehrlich. » Wir wollten uns gar nicht erst trennen.. «
» Oh, so schlimm? «
» Nein, ich denke es ist viel schlimmer. «
Wolfgang lächelte und fuhr mir freundschaftlich über den Arm. » Keine Angst, wir werden dich zu nichts zwingen. Wenn du lieber bei ihm sein möchtest als bei uns, dann lässt sich das regeln. «
Mein Gesicht hellte sich auf. » Wirklich? «
» Naja, deine Schwester und ich wissen, was lieben heißt. «
Ich atmete auf, dennoch war mir nicht wohl. Konnte ich ihnen das wirklich antun?
Als wir ankamen, hatte Nadine meinen Koffer ausgepackt und die Sachen in die Schränke eingeräumt. Sie saß auf der Terrasse und schälte Kartoffeln.
» Und, habt ihr ihn gut abgeliefert? « fragte sie.
» Ja. Aber irgendwie war das nicht so der Hit. « Wolfgang zwinkerte mir zu als er das sagte.
» Was? Wieso? Ist was passiert? « Nadine sah von ihren Kartoffeln auf.
» Nun, die beiden wären wohl am liebsten zusammengeblieben. «
Sie sah mich an. » Stimmt das? «
» Ach Nadine, so schlimm ist es nicht. Es wäre halt schön gewesen.. «
» Nein « sagte Wolfgang fast theatralisch, » ist nicht schlimm. Es ist viel schlimmer. « Und dabei grinste er mich an, wofür ich ihm um den Hals hätte fallen können. Immerhin war er schon über dreißig und nicht immer kann man von diesen Jahrgängen Verständnis in dieser Sache erwarten.
» Dario, wenn du lieber bei ihm deine Ferien verbringen möchtest, dann tust du das auch. Wenn er das möchte, vorausgesetzt. Sicher, wir haben uns auf dich gefreut, aber unter diesen Umständen kannst du ja jederzeit wiederkommen. In deinen nächsten Ferien meine ich. «
Ich war sprachlos. Irgendwie konnte all das überhaupt nicht wahr sein. Ich setzte mich zu ihr.
» Ist das dein Ernst? «
» Ich mache über solche Dinge gewöhnlich keine Späße. Wichtig ist doch, dass es dir gut geht, dass du dich wohlfühlst. Du musst abschalten, das hat Priorität. Wann wollt ihr euch wiedersehen? «
» Shaun weiß noch nicht, ob er auf dem Weinberg helfen muss. Aber am Wochenende würde es sicher klappen. «
» Na, ist doch prima. Dann haben wir dich zwei oder drei Tage und dann gehst du zu ihm. Einverstanden? «
Ich gab ihr spontan einen Kuss.
» Spar dir das auf, da ist jemand der mehr damit anfangen kann « sagte sie und schälte ihre Kartoffeln weiter.
» Dann geh ich jetzt mal duschen « sagte ich.
» Ja, tu das. Auf der Ablage im Bad findest du alles. «
Ich ging in mein Zimmer und ließ mich erst mal auf das Bett fallen. War genau meine Größe und auch die Matratze nach meinem Geschmack. Nicht zu weich und nicht zu hart.
Ich ging in mein Bad gegenüber. Schön, ein eigenes Bad zu haben. Dann gab’s keine Hektik, denn Körperpflege kann bei mir schon mal länger dauern.
Ich zog mich aus und wieder war da ein Spiegel, der fast von der Decke bis zum Waschbecken ging. Da stand ich nun also. Weit weg, verliebt, glücklich. Diesen Zustand galt es zu halten. Nur ja keine Gedanken an Sachen verschwenden, die für so eine Trance tödlich waren. Zum Beispiel die Tage zählen. Oder an die Schule denken..
Ich betrachtete meinen kleinen Freund, der wohl schon etwas vom Normalzustand abgewichen war. Nein, diesmal nicht. Aufheben. Für Shaun. Nun wollte ich rattig bleiben, auch wenn ich die Lektion letzte Nacht noch nicht vergessen hatte. Ich fummelte in meiner Tasche und nahm Shauns Taschentuch in die Hand. Feucht war es nicht mehr, nur noch ein zerknülltes, undefinierbares Etwas. Aber an diesem Zustand würde sich nichts mehr ändern. Dennoch, dieses Andenken musste vorübergehend sein. Ich wagte es nicht, das Taschentuch einer näheren Inspektion zu unterziehen, ich konnte mir sonst keine Garantie geben.
Schnell stieg ich unter die Dusche, um unkontrollierte Handlungen auszuschalten. Das Wasser war zuerst richtig kalt und es dauerte eine Weile, bis es die für mich angenehme Temperatur erreicht hatte. Ich schloss die Augen und ließ das Wasser an mir herunterlaufen. Wohlig war mir, ich fühlte mich saugut und Shauns Anblick hatte sich offenbar in meinem Gehirn festgefressen.
Während dem Abendessen klingelte das Telefon. Sofort klopfte mein Herz, obwohl meine Schwester viele Anrufe bekam.
» Dario, dein Shaun… «
Mein Herz rutschte in die Hose. Was würde Shaun bloß denken? Er musste gehört haben dass sie “dein” gesagt hatte.
Aber egal, es stimmte ja auch, irgendwie.
Was würde er nun sagen? Dass er nicht kann weil viel Arbeit in den Weinbergen ist? Oder war ich am Ende nur eine Episode in seinem Leben, die er nun beenden wollte? Ich weiß, abstruse Gedanken, aber sie waren da. Und der Weg zum Telefon wurde zur Zerreißprobe.
» Hallo Shaun? «
» Hi Dario. Also die Arbeiten gehen zügig voran, außerdem haben wir dieses Jahr viele Erntehelfer. Man braucht mich nicht unbedingt. Wann kannst du kommen? «
Ich schluckte und rief ins Esszimmer: » He ihr beiden. Shaun meint, ich könne zu ihm kommen, er ist sozusagen frei. «
» Na, dann wollen wir dich nicht aufhalten. Wenn du magst fahre ich dich morgen früh zu ihm hin « rief Wolfgang
Diese Schmetterlinge. » Shaun, wie wär es mit morgen?«
» Ja, passt mir. Ich bin eh zu Hause, egal wann du kommst. «
Ich küsste ihn durch das Telefon – und bekam prompt eine Antwort.
Keine Episode. Er wollte wirklich dass ich zu ihm komme.
Langsam aß ich das vorzügliche Nachtessen, aber meine Gedanken waren freilich nicht mehr hier.
» Wie lange wirst du bleiben? « fragte Nadine.
Daran hatte ich gar nicht gedacht. Ich konnte schlecht die zwei Wochen bei ihm bleiben, aber trotzdem, so lange wie möglich. Mein kleiner Freund schwieg bei den Gedanken, obwohl sicher war dass etwas passieren würde. Die Vision mit Shaun in einem Bett zu liegen überstieg dennoch meine Vorstellungskraft. Mein Geist entschwand. Ich sah uns in seinem riesigen Bett herumkuscheln. Dabei wusste ich ja noch gar nicht wie Shaun nackt aussah. War sein kleiner Freund groß, klein, dick, dünn, gerade oder krumm? Beschnitten oder nicht? Es kribbelte wieder in meinem Bauch. Musste ich mir selber Sorgen machen? Mit meinen 14 Zentimetern konnte ich ja nun nicht grade protzen. Rico fiel mir ein. Dem seiner war fast 18 cm lang und trotzdem hatte Rico an jenem denkwürdigen Nachmittag nichts gesagt.
Ich griff in meine Tasche und befühlte Shauns Taschentuch. Doch, in dem Augenblick wurde mein Spielkamerad aufmerksam.
Quatsch, dachte ich. Sollte er sich irgendwie dazu äußern, dann wäre das nur ein Zeichen dass Shaun Wert auf andere Dinge legte. Dinge, die mit Freundschaft nichts zu tun hatten. Die Kondome fielen mir wieder ein. Ich musste herausfinden, was es mit diesen Dingern auf sich hatte.
» Schmeckt es dir nicht? « fragte Nadine, » du stocherst so lustlos in dem Essen.. «
Ich erschrak. Noch nie hatte ich beim Essen andere Gedanken der Art, dass ich vergaß die Gabel zum Mund zu führen. Nun, irgendwann ist immer das erste Mal und ich nickte eifrig.
» Doch, schmeckt ganz toll. «
» Meine Güte. Ich war ja auch schon öfter verliebt, aber ich glaube du schlägst mich da um Längen.. « Sie grinste und Wolfgang tat es ihr nach.
» Nadine, bitte.. «
» Wirst du die Nacht überleben? « fragte sie schließlich.
Ich konterte. » Keine Ahnung. Legt aber schon mal die Nummer vom Notarzt zurecht, man kann schließlich nie wissen.. «
Wir lachten und dann kam auch Unterhaltung auf. Wir redeten über alles Mögliche und es gelang mir sogar, Shaun für Augenblicke zu vergessen.
Es gab diesen köstlichen Rotwein und ich erfuhr auch viel über den Anbau hier. Schaden konnte es nicht, denn in Shaun stand mir immerhin ein Fachmann gegenüber.
» Was meintet ihr, als ihr von Shauns Geburtstagsgeschenk geredet habt? «
» Ach ja, darüber wollten wir auch noch mit dir sprechen. «
Was hatten die beiden denn nur ausgeheckt? Ich hatte keinen blassen Schimmer.
» Nun, wir haben uns gedacht dass wir euch einladen. «
» Wohin? «
» In Kapstadt ist nächste Woche Premiere für “Das Phantom der Oper”.
Sie hätten mich auch in die Kanalisation schleifen können; solange Shaun dabei war spielte das alles keine Rolle. Aber ich war noch nie in einer Oper und der Gedanke, ganz dicht bei Shaun zu sitzen, beflügelte mich wieder.
» Toll, ich glaube das wird ihm gefallen. «
Keine Ahnung, ob Shaun etwas für Kultur übrig hatte. Aber in Anlehnung an sein Allgemeinwissen dürfte das schon funktionieren.
» Und wann wäre das? «
Nadine stand auf und kramte in einer Schublade. » Am kommenden Montag. «
Sie hatte die Karten also schon. Wie konnte das gehen? Sie wussten von Shaun doch gar nichts.
» Woher konntet ihr wissen, dass ich jemanden – sozusagen mitbringe? «
» Hehe « flötete Nadine, » wir haben eben den sechsten Sinn. «
» Quatsch. Nun sagt schon. «
» Ursprünglich wollten wir Sonja damit überraschen. Sie tut soviel für uns, und wir dachten es wäre an der Zeit ihr auch mal etwas Gutes zu tun. Nun haben wir eben die Pläne geändert. Für Sonja fällt uns dann schon noch was passendes ein. «
» Sie wusste davon noch nichts? » fragte ich.
» Nein, wir wollten es ihr am Freitag sagen. Nun hat sich das halt erledigt. «
Wir saßen noch lange in dem gemütlichen Esszimmer, Geschmackvolle Wandteppiche, Masken, Figuren auf dem Boden. Und keine Lampen an der Decke. Wir aßen bei Petroleumlicht. Das erzeugte eine ganz tolle Atmosphäre und nun war ich gespannt wie das bei Shaun aussehen würde.
Irgendwann sagte ich gute Nacht und verschwand in meinem Zimmer. Erst da merkte ich, wie müde ich war. Wie lange hatte ich kein Auge zugemacht?
Ich ließ mich aufs Bett fallen und starrte an die Decke. Der Tag begann noch einmal vor mir abzulaufen, also eher auch die Nacht. Da oben im Flieger. Jede Minute fiel mir ein und dann entschlummerte ich in einen traumlosen Schlaf.
Als hätte der Blitz neben mir eingeschlagen sauste ich im Bett hoch. Es war hell inzwischen und ein mörderischer Lärm drang von der Terrasse in mein Zimmer. Ich sprang hoch und öffnete die Tür, die direkt zu Terrasse und Pool führte. Es waren wohl irgendwelche großen Vögel, die so schrecklich schrieen.
Ich setzte mich aufs Bett. Dass mein Spielkamerad steckensteif zum Bauchnabel zeigte und seinen Anteil wollte, ignorierte ich ausnahmsweise. Sonst wäre mir das nie passiert, aber heute nicht. Shaun. Da war er. So real, als würde er neben mir liegen. Und würde das in 24 Stunden vielleicht so sein?
Mein Kopf wurde heiß, als ich mich vor ihm knien sah, seine Eichel mit der Zunge umkreisend und wie Shaun dabei lustvoll aufstöhnte. Wie ich seine Nüsschen ableckte, und dann wieder mit meiner Zunge seine Mundhöhle erforsche. Seine Brustwarzen küsste und seinen Bauch abschnupperte.
Während mein Kopfkino die wildesten Szenen abspielte, sah ich an mir herunter.
Irgendwie war ich stolz, als sich an meiner Eichel ein klarer Tropfen bildete und langsam herunterlief.
Aber dann geschah etwas, was ich nie für möglich gehalten hatte. Ich spürte ein brennen im Bauch, wie sich mein Unterleib zusammenzog, mir dabei ein wohliger Schauer über den gesamten Körper lief und plötzlich ein Strahl herausspritzte, gefolgt von einem zweiten und einem dritten. Völlig baff sah ich die Flecken auf dem Bettuch, wie restlicher Samen an meinem Schwanz über meinen Hoden herunterlief und ins Bett tropfte.
Wie war so etwas möglich? Ich hatte meinen kleinen Freund doch überhaupt nicht berührt.. Ich atmete schwer und schnell, das ganze geschah so ohne Vorwarnung.
Dann kam der Schreck. Hastig stand ich auf und in der Verzweiflung schnappte ich mir einen Slip und begann die Spuren zu beseitigen. Ganz würde mir das nicht gelingen, aber ich hatte keinen Plan wie ich das vertuschen konnte.
Nach einigen Minuten beruhigte ich mich. So deutlich würde man das schon nicht sehen, außerdem würde Sonja die Wäsche wechseln und die würde es eh nicht bemerken.
Nichts desto trotz: Ein Junge hatte es geschafft, mir einen Orgasmus ohne Berührung zu verschaffen. Welch großartige Leistung.
Ein tiefblauer Himmel und eine gleißende Sonne erwarteten mich auf der Terrasse. Nadine und Wolfgang saßen an dem Tisch und frühstückten.
» Aha. Scheinst die Nacht ja doch überlebt zu haben « begrüßte mich meine Schwester.
» Ja, gerade noch so. «
Ich hatte nicht bemerkt dass ich nur in meinem Slip vor ihnen stand und den Rest meiner äußeren Erscheinung dürfte nicht grade dem eines Models entsprochen haben. Ich war noch dermaßen abgelenkt von dem “Ereignis”, dass ich mir um mein Äußeres keine Gedanken gemacht hatte. Jedenfalls musterten mich die beiden ausgiebig.
» Hey Bruderherz, hast ja ne richtig gute Figur bekommen seit ich dich das letzte Mal so gesehen habe. Und diese wilde Frisur – steht dir wirklich ausgezeichnet. «
Ich wurde bestimmt rot, denn es war mir schrecklich peinlich.
» Ist ja auch schon.. vier Jahre her.. « lenkte ich stotternd ab.
» Na dann komm, setz dich. «
» Moment, ich zieh mir was anderes an.. «
Ich ging ins Bad und unterzog mich einer ausgiebigen Dusche.
Wenig später schlürfte ich den Kaffee und aß von dem Brot, das hier so völlig anders schmeckte. Ich musste meine Geschmacksnerven, was Erinnerungen betraf, abschalten.
Satt lehnte ich mich zurück.
» Und, wann soll ich dich zu Shaun fahren? «
» Am liebsten gleich « antwortete ich Wolfgang.
» Na dann los. Hast du schon gepackt? «
» Äh, was? «
» Ja, also ich würde an deiner Stelle ein paar Sachen mitnehmen. «
Ich hatte das völlig vergessen. Ich ging ja nicht zum Nachmittäglichen Kaffeekränzchen.
»Eine Minute.. « sagte ich und stürmte in mein Zimmer. Schnell hatte ich die wichtigsten Dinge des alltäglichen Lebens in meinen Rucksack gepackt. Sollte ich etwas vergessen haben, Shaun konnte mir bestimmt aushelfen.
» So eine Panik kenne ich nicht « sagte Nadine, als ich an ihr vorbei in die Garage rannte, wo Wolfgang schon mit laufendem Motor auf mich wartete.
» Dann warst du doch noch nie so richtig verliebt. «
» Frecher Bengel « rief sie mir nach. » Pass auf dich auf und melde dich mal, okay? «
» Wird gemacht « rief ich ihr aus dem Wagen zu, während Wolfgang das Auto aus der Einfahrt steuerte.
Nun ging es also los. Nichts Negatives kreiste in meinen Gedanken. Es gab nur noch Shaun. Dieses wundervolle Geschöpf und ich wagte nicht mir auszumalen, was nun alles passieren würde. Ich war einfach nur noch der glücklichste Mensch auf der Südhalbkugel dieser Erde.
» Tut mir leid, dass dein Schwager nicht der Norm entspricht « sagte ich nach einer Weile schweigender Fahrt. Warum ich es sagte weiß ich nicht, aber ich hatte das Gefühl, mich irgendwie entschuldigen zu müssen.
Wolfgang lächelte. » Dummkopf. Du solltest mich inzwischen besser kennen. Glaubst du, wir hätten dich ziehen lassen wenn wir etwas gegen dich hätten? «
» Versteh ich jetzt nicht. Ihr könntet doch dann froh sein wenn ein missratenes Familienmitglied mit abartiger Neigung nicht unter einem Dach bei euch wohnen würde. «
Plötzlich fuhr Wolfgang von der Schnellstraße auf einen Parkplatz, hielt an und machte den Motor aus.
Er schnaufte tief durch und sah nach vorne. » Dario, hör bitte genau zu. Du bist weder abartig noch missraten. Du bist ein charmanter, lieber Kerl, den man einfach gern haben muss. Was du fühlst und für wen, das spielt weder für Nadine noch für mich eine Rolle. Es ist dein individuelles Leben, nicht unseres. Wir mögen dich. Wenn du uns jetzt ein paar Tage abhanden kommst, dann liegt es daran dass wir dir dieses.. na ja, Abenteuer gönnen. Nimm mit was sich dir im Leben bietet, und wir wären die Letzten die dir das nicht gönnen. «
Irgendwie war ich sprachlos. Ein Zustand, den ich höchst selten kenne. Ich musterte Wolfgang das erste Mal intensiv. Hinter dem etwas markanten Äußeren steckte jemand ganz anderes. Ein Mensch, wie ich ihn noch nie kennen gelernt habe.
» Wolfgang, ich denke es ist kein Abenteuer. «
» Ja, ein dummes Wort, aber mir ist nichts Besseres eingefallen. «
» Schon gut. «
Er startete den Motor und wir fuhren weiter. Inzwischen war es richtig heiß geworden und ich spürte mal wieder Schweiß auf der Stirn. Aber daran war nicht nur die Hitze von außen Schuld.
“Rustenburg” stand da auf einem Schild und Wolfgang bog in die Seitenstraße ab.
Staubiger Feldweg. Weinreben. Ich spürte Shauns Nähe ganz deutlich und mein Herz auch. Wie konnte man eigentlich so neben der Kappe sein? Wegen einem Jungen?
» Und, nervös? « fragte mich Wolfgang überflüssigerweise.
» Was würdest du denn an meiner Stelle sein? « fragte ich grinsend zurück.
» Ich würde sterben. Ein bisschen wenigstens. «
» Na, dann weißt du wie es mir geht. «
Er strich mir über den Arm. » Ich drück euch die Daumen. «
Und er meinte das wohl ernst.
Wie in Zweitlupe kam das wunderschöne Portal des Weinguts auf uns zu. Ein Traum, dachte ich wie schon so oft. Es konnte nicht wahr sein.
Ich sah plötzlich nur noch ein weißes T-Shirt, weiße, kurze Hosen. Blonde Haare, mit denen der Wind spielte, bronzefarbene Arme und Beine, Augen wie aus dem Bilderbuch und ein umwerfendes Lächeln. Wie lange hatte Shaun hier schon auf mich gewartet? Er musste damit rechnen dass ich erst Abends kommen könnte, und nun stand er da.
Wolfgang hielt den Wagen an und meine Beine zitterten als ich ausstieg. Langsam kam Shaun die Treppen herunter.
» Hallo Dario. «
In dem Moment drückten sich Tränen aus meinen Augen und ich war machtlos dagegen. Nein, nie in meinem Leben würde ich wieder von hier fortgehen. Ich schwörte es mir. Ich würde es gar nicht können. Es zählte nur noch eins: Shaun. Ein Engel. Mein Engel.
Einen Meter vor mir blieb er stehen. Wieder dieser Blick, der in mich hineinsah. Diese sinnlichen Lippen, die ich schon küssen durfte. Und zeitgleich schnappte ich wieder diesen Duft auf. Seine zarte Haut, die schönen Hände.. Und natürlich, Shaun war barfuss. Ich schluckte und wischte mir unbeholfen über die Wangen.
» Ok Jungs, macht’s gut. Dario, du rufst bitte an wenn ich dich holen soll. «
Ich hörte die Worte, aber ich musste sie erst sortieren.
» Äh.. ja, klar.. wie lange darf ich bleiben? «
Ich sah zu Shaun, dann zu Wolfgang. Was würde gleich kommen? Sonntag, Montag.. ?
» Frag Shaun, er muss das bestimmen. Ciao ihr beiden. «
Wolfgang startete den Wagen und fuhr die Allee hinaus. Wie einem Geist sah ich ihm nach. Er hatte mir kein Ultimatum gestellt und an mir lag es nicht.
Ich spürte eine Hand auf meiner Schulter und drehte mich um.
» Hey junger Mann, ich bin auch noch da « sagte Shaun mit einer Stimme, die meine Sinne kitzelte.
» Tschuldigung, aber ich… «
Er ging den letzten Schritt auf mich zu, nahm meinen Kopf in seine Hände und ehe ich es mir versah küsste er mich. Mitten auf diesem Platz, wo uns jeder sehen konnte. Ich umarmte ihn und drücke ihn mal wieder ganz fest an mich.
» Shaun, bitte, red mir das nicht aus, aber: Ich will nie mehr hier fort. «
Er schob mich von sich. » Langsam, Dario. Erst Mal haben wir Zeit genug für uns. «

» Blödsinn. Wir können gar nicht genug Zeit haben.. «
» Nein, so war das nicht gemeint. Ich hab ja auch noch Semesterferien und ich hab nichts dagegen wenn du die ganzen 14 Tage hier bleibst. «
Sammeln, ich musste meine Gedanken sammeln und ordnen. Er hatte nichts dagegen wenn ich die ganze Zeit bei ihm blieb. Nadine und Wolfgang setzten mir keine Grenze, Shaun durfte entscheiden..
» Du meinst das im ernst? «
» Klar, was soll die Frage? «
» Weiß nicht. Das klingt so.. so unwirklich. «
» Solange es nur so klingt, spielt es ja keine Rolle oder? Jetzt komm rein, du musst dringend etwas trinken. «
» So? «
» Du heulst soviel, das muss von innen heraus ersetzt werden. « Shaun grinste fast schon unverschämt.
Ich knuffte ihm in die Seite. » Ist schließlich auch kein Wunder. So ein Schnuffi wie du ist schon ein paar Tränen wert. «
» Schnuffi? «
» Ja. Frag mich nicht wie ich das übersetzen soll, aber das ist bei uns ein gängiges Wort für einen schnuckeligen Boyhasen. «
Sein Gesicht war anschließend nur noch ein riesiges Fragezeichen und ich hätte mich über seine Mine totlachen können.
» Schnuckeligen Boyhasen? « wiederholte er, wobei sich das richtig drollig anhörte.
» Yepp. Genau so. «
Er schüttelte lächelnd den Kopf und ich nahm meinen Rucksack auf.
Unsere Arme um die Schultern gelegt betraten wir das Anwesen.

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