Traumschiff – Teil 89

Das ich jetzt mit Folge Neunzig anfange, war nie in der Planung, eher so dreißig bis max. vierzig Kapitel hatte ich geplant, aber dank der vielen positiven Reaktionen aber auch, weil sie mir alle immer mehr ans Herz gewachsen sind, ist es dann immer mehr geworden, eine Soap geradezu und es

ist noch Luft nach oben. Ab Kap neunzig werden immer die Wochen abgehandelt, natürlich, wenn es erforderlich ist, auch besondere Tage und da es bald zwei wesentliche Schauplätze des Geschehens mehr gibt, mit den Leuten in den USA und mit der WG, werde ich, um es nicht zu unübersichtlich werden zu lassen, mehr Zeit und auch mehr Ortsinformationen einfließen zu lassen, damit der Leser gleich alles zuordnen kann. Wenn euch das zu viel werden sollte oder zu wenig ist, schickt ein Kommi.

Sonntag…..Abfahrten …..Ermittlungen, Pläne…..Abgründe………Mission Herzbube, der Countdown……Love is all you need

Jerome, Sonntag, etwa null Uhr dreißig, im Baumhaus

Sergej und ich haben mit unserem Sorgenkind das Baumhaus erklettert und sind in die Schlafsäcke gekrochen. Wie beim letzten Mal liegt Robin zwischen uns und bekommt von uns einen richtigen Gute Nacht Kuss. „Bleibt locker“, sagt der Knirps, unsere Gedanken durch schauend, zu uns, „wir werden uns noch öfter mal küssen, wenn ich zurück bin, als Brüder, so zu sagen. Habt keine Angst um mich, Alex ist bei mir und wir werden es schaffen, gesund zurück zukommen, nach dem wir mit Winston Pizza gegessen haben.“
Sein unerschütterlicher Optimismus überträgt sich irgendwie auf mich und ich glaube fest daran, das er zurück kommt, gesund versteht sich.
Jetzt ist er eingeschlafen, Sergej auch und ich liege wach und lausche dem fernen Summen des Aggregates, dessen schwaches Geräusch mit dem leichten Wind zu uns getrieben wird. Unten, in den Zelten ist Ruhe eingekehrt und ich denke an Ralf und Alex, aber auch an Doc. Alex und Markus Meinle, die jeweils zusammen in ein Zelt gekrochen sind. Es hat heute so ausgesehen, als ob es zwischen den jeweiligen Leuten so richtig knistert, das es ernst wird und alles auf eine Beziehung hinaus laufen könnte, etwas was wir uns alle wünschen würden um unserer Freunde willen.
Die zwei Männer sind lebenserfahren und werden nichts überstürzen und selbst, wenn sie noch vor Abflug des Doc. Alex im Bett landen würden morgen, würde das beide wohl eher bestärken, als abschrecken, es mit einander zu versuchen.
Wir haben vereinbart, um halb acht zu wecken und dann alle ins Schwimmbad runter zu gehen, um zu duschen und den Schlaf aus den Augen zu waschen, bevor es um Neun Uhr Frühstück gibt für alle.
Martin bringt für Boris auch ein paar Sandswitches mit und was zum trinken für unterwegs, immerhin ist er ja doch ganz schön lang auf der Piste, der Junge. Mama, das weiß ich, wird ihm noch ein bisschen Spritgeld zu stecken und das finde ich auch OK so. Die Zeit mit Boris war cool und er ist einfach ein toller Typ. Langsam fallen mir die Augen zu und ich drifte ins Land der Träume.

Doc Alex, Sonntag, etwa 00:45……, im Zelt mit Markus Meinle

Seit etwa fünfzehn Minuten liegen wir neben einander in den Schlafsäcken und es ist natürlich für uns beide ungewohnt, so wie hier jetzt zu liegen, so nah bei einander und jetzt beugt er sich über mich und fragt: „Ich möchte dir einen Gute Nacht Kuss geben, darf ich?“ „Ja, gerne doch, mach nur“, sage ich und strecke ihm meine Hände entgegen, um seinen Kopf zu mir herunter zuziehen. Seine Lippen legen sich feucht und warm auf meine und nach etwa zehn Sekunden stupse ich einfach mit meiner Zunge gegen seine geschlossenen Lippen die sich jedoch direkt öffnen um meiner Zunge den nötigen Raum zu geben, in seinem Mund nach seiner zu suchen. Das ist jetzt schon weit über einen Gute Nacht Kuss hinaus und meine rechte Hand liegt in seinem Nacken und zieht ihn fester auf meinen Mund.
Das ist es, was mir seit mehr als zwei Jahren fehlt…, Wärme, Nähe, Küsse und…Liebe? Ist es auf dem Weg dorthin, finden sich nicht nur unsere Körper, sondern auch unsere Herzen?
Ich spüre es, es könnte klappen, er bringt mein Herz zum Beben und seit ewiger Zeit ist wieder dieses Kribbeln im Bauch. Wir schnaufen beide durch die Nase und er liegt jetzt halb auf mir und obwohl wir beide kaum Luft kriegen, will keiner von uns beiden den Kuss lösen, ….Wahnsinn!
Kurz vorm Ersticken lösen wir uns dann doch und er legt den Kopf auf meine Brust. Ich kraule durch sein Haar, eine Hand streicht auf seinem Rücken auf und ab und ich fühle mich ihm so nahe, wie ich seit langem keinem Menschen mehr war und ich glaube, dass das hier mit uns beiden was ganz Großes werden kann.
„Das war sehr schön“, sag ich an sein Ohr, „mach das bitte noch einmal, es hat mir sehr gefallen.“
„Mir auch“, sagt er leise, hebt den Kopf und küsst mich erneut, mit noch mehr Leidenschaft wie eben und es ist noch schöner. Ich bin längst hart und er wohl auch, aber mehr wie küssen will ich hier im Zelt nicht.
„Morgen“, flüstere ich an sein Ohr, „Morgen wird es mehr. Jetzt sollten wir schlafen, bevor es außer Kontrolle gerät.“ „Du hast ja recht, wenn wir jetzt nicht aufhören…..“ Er lächelt im Dunkeln, legt sich dann neben mich, dreht sich auf die Seite, mit dem Gesicht zu mir.
„Gute Nacht, Alex“, flüstert er. „Gute Nacht, Markus“, sag ich, „es ist ein schönes Gefühl für mich, hier mit dir zu liegen.“ „Ich freue mich auf morgen“, flüstert er zurück und dann versuchen wir, zu schlafen, was uns nach den paar Bierchen, die wir zusammen getrunken haben, auch bald gelingt.
Ich freue mich auch auf morgen und ich glaube, dass ich dann auch ein bisschen aufgeregt sein werde nach so langer Abstinenz, aber das kriegen wir hin, mein Koch und ich. Seine ruhigen Atemzüge sagen mir, dass er eingeschlafen ist und ich versuche, ihm zu folgen.

Alex (Lex), Sonntag 00:10………

Zehn nach zwölf, nach dem sie mit dem Singen aufgehört haben, sage ich zu Ralf, dass ich gern zum Schlafen ins Zelt kriechen möchte und frage auch, ob er mitkommt. Er sagt: „Ich hole uns noch zwei Bier, ich habe bisher kaum was getrunken und habe Durst, ist das OK?“ „Ja klar“, sag ich. „Ich geh dann schon ins Zelt und warte da auf das Bier und vor allem auf dich.“ Er geht Richtung Kühlschränke und ich zu unserem Zelt, wo hinter dem Eingang eine Taschenlampe liegt, die ich jetzt an knipse. Kurz darauf schiebt er sich durch den Eingang in die textile Behausung, in der wir beide heute den Rest der Nacht verbringen wollen und er reicht mir eine der beiden Bierflaschen hin.
„Prost“, sagt er und wir stoßen leise an und trinken dann jeder einen guten Schluck. „Danke“, sage ich und öffne jetzt mit der freien Hand, auf dem Schlafsack sitzend, meine Schuhe und streife sie ab.
Es sind zwei Schlafsäcke da, einer davon ist ein leichte Sommerschlafsack, der andere ein normaler. Der Sommerschlafsack ist so groß, das zwei Personen gut Platz darin haben und Ralf schaut mich an und fragt dann: „Traust du dich mit mir darein, ich verspreche auch, ganz brav zu sein?“
Ich zögere die Antwort etwas hinaus und sein Blick wird traurig. „Klar, trau ich mich“, sag ich, „und dir traue ich auch. Obwohl das alles sehr schnell geht mit uns beiden, habe ich keine Angst, mit dir in dieses Ding zu kriechen. Bedingung ist aber, dass jeder seine Unterhose an behält. Nackt würde ich das wohl kaum ertragen und für mehr als kuscheln und schlafen bin ich zurzeit noch nicht bereit. Nackt würden meine Vorsätze wohl dauerhaft gefährdet sein und Schlaf würde ich wohl auch nicht finden.“
„OK, ich verspreche, dass ich nur mit dir kuschel und nichts tue, um dich anzumachen und zu mehr zu überreden“, sagt er und beginnt sich auszuziehen, nach dem er die Flasche ausgetrunken und weg gelegt hat. Ich trinke meine ebenfalls leer und lege sie an das Fußende und ziehe mich nun auch aus.
Das geht bei beiden schnell, ein T-Shirt und eine Bermuda, darunter eine Pants, mehr hatten wir ja eh nicht an und mit der Pants kriechen wir gemeinsam in den leichten Sommerschlafsack. Die dabei unvermeidlichen Berührungen unserer nackten Haut sendet leichte Stromschläge durch meinen Körper und ich bin froh, die Pants noch an zu haben und so etwas mehr Kontrolle über meinen Unterleib zu haben, der sich ja eigentlich nach mehr sehnt, was ich mir aber zum jetzigen Zeitpunkt und hier in einem Zelt schon mal gar nicht, gestatten werde.
„Gute Nacht, Alex“, kommt es von Ralf, „Schlaf gut.“ „Einen Gute Nacht Kuss hätte ich schon gerne von Dir, das müssten wir doch ohne Komplikationen hinkriegen“, meine ich und sofort beugt er sich zu mir herüber und drückt seine warmen, vollen Lippen fest auf meine. Schön ist das, sehr schön und es kribbelt dabei im Bauch. Dann lässt er nach und legt sich auf die Seite, streckt seinen Po in meine Richtung. „Schlaf fein“, sagt er und ich antworte: „Du auch“, drehe mich mit dem Gesicht zu ihm und lege meinen Unterarm auf seine Hüfte.
Es ist nicht leicht, Schlaf zu finden, mit seiner Nähe, seinem Duft und auch der Wärme, die er ausstrahlt. Ich bin mir sicher, dass ich mich in ihn verknallt habe und dass es wächst, mehr wird jeden Tag und ich bin froh, dass er jetzt hier bei mir liegt, meine Gedanken beherrscht und mich froh stimmt. Ich habe mich in Ralf verliebt und es freut meine neuen Freunde und meine neue Familie. Bei uns zu Hause würde alles ausrasten und ein paar fehlende Zähne wären das mindeste, was mich dort erwartet hätte.
Seit der Trennung von Uwe hatte ich keinen richtigen Sex mehr und wenn ich gewollt hätte, dann hätte ich das heute hier haben können mit dem Mann, den ich so sehr mag aber wenn ich daran denke, schleicht sich Uwes anklagender Blick vor meine Augen, der mir sagt, nein, der von mir fordert, die Umstände seines Todes aufzuklären, von ihm Abschied zu nehmen an seinem Grab, damit er Ruhe und Frieden findet. Das will ich tun und dann, dann ist es an der Zeit, Ralf und mir eine Chance zu geben, mit einander glücklich zu werden, wenn wir es beide wollen und davon gehe ich aus.
Hier freut man sich mit und für uns, unterstützt uns und gibt uns das Gefühl, normal zu sein, nicht anders und vor allen nicht schlecht. Mit diesen Gedanken und einem guten Ausblick in die Zukunft schlafe ich ein, an den Mann geschmiegt, der mir sehr schnell mein Herz gestohlen hat und ich seines hoffentlich auch.

Carl August, im Haus, Sonntag, 01:35……

Nach einigen Gläsern feinem Roten aus Portugal sind alle in einem der vielen Betten hier im Haus verschwunden, Ulf und Irene bei uns hier unten in dem Fremdenzimmer, Robins Mutter bei Jerome, da ist ja auch noch ein Zimmer frei und Noahs Oma schläft in Nataschas zweitem Gästezimmer, so dass alle unter sind. Frau Gut und Frau Jensen belegen das eine Gästezimmer bei der Oma oben. Ulf wollte und konnte wohl auch nicht mehr fahren und da auch Irene Alkohol getrunken hat, bleiben sie einfach hier.
Es war ein schöner Abschluss unserer gemeinsamen Zeit auf dem Schiff und auch ein netter Abschiedsabend für Boris und auch für die Amerika-Fahrer. Tolles Wetter, tolles Essen und viel tolle Leute, eine super gute Mischung und auch der Ausblick auf eine neue, andere Zukunft mit Studium und WG, alles hat gepasst, finde ich und ich glaube, das alle mehr als zufrieden waren mit dem heutigen Abend.
Nun beginnt bald für Jerome und einige der Jungs um ihn, Sergej und Ole, Frank und auch Paul das Uni leben, ein neuer Abschnitt, auch das Wohnen in der WG wird sie fordern. Auch Wolfi und Kevin werden dann dort wohnen und im nächsten Jahr werden noch einige dazu kommen, Platz ist ja genug dort, fürs erste auf jeden Fall.
Den Ralf werden wir nach seinem Zwischenspiel als Fahrer wahrscheinlich wieder im Hilton beschäftigen, obwohl, wenn Mutters Nobelkiste aus England da ist, haben wir ein Auto mehr, als wir Fahrer haben. Mal sehen, wie der Ralf seine Sache macht, vielleicht kann er das eine Jahr, wenn er will, hier bleiben, bevor er dann mit Alex zusammen ein Studium beginnt. Bis dahin ist es ja noch ein bisschen Zeit und wir müssen nichts überstürzen. Wenn er lieber ins Hilton will, dann ist das auch OK. Das werden wir mit den betroffenen zusammen bereden und auch dann entscheiden, immer daran gemessen, was für alle am besten sein wird.
Ich bin gespannt was mein Freund von der Kripo morgen an Neuigkeiten mit bringt und wie unser Alex mit diesen Neuigkeiten umgeht. Dass sein älterer Bruder nun wieder in den Focus der Ermittlungen gerückt ist, vielleicht oder wahrscheinlich etwas mit dem Tod seines damaligen Freundes Uwe zu tun hat, das wird ihn treffen, denk ich und wütend machen. Hoffentlich lässt er sich nicht zu irgendwelchen dummen Aktionen hin reißen, das wäre der Aufklärung und auch ihm selber nicht dienlich. Wir müssen ein Auge auf ihn haben, ich werde Ole, Sergej, den Ralf und Jerome über alles auf dem Laufenden halten, damit Alex von allen mit beobachtet werden kann und wir reagieren können, wenn er etwas vor hat.
Wenn sich da Vorwürfe gegen seinen Bruder ergeben sollten, kann ich mir schon vorstellen, das Alex ihn wütend und zornig zur Rede stellen will, was erstens nicht ungefährlich ist für ihn und zweitens wir das besser alles der Polizei überlassen, das Ermitteln und auch ein eventuelles Verhaften.
Ein Blick auf den Wecker sagt mir, dass es an der Zeit ist, zu schlafen und das werde ich jetzt versuchen. Lis schläft schon fest neben mir in ihrem Bett.

Martin , zunächst in ihrer Wohnung, Sonntag 07:00……….

Kai und ich sind beim ersten Ton des Weckers munter und wir machen uns fertig, um das bestellte Frühstück für alle abzuholen. Bei „Dat Backhus Jens Schulte“ hat die Chefin für alle Frühstück bestellt und gestern haben wir schon Plastikkisten in den Achter hinten getan, damit wir alles dort rutschfest verstauen, das Essen und Kaffee und Kakao, letzterer in Flaschen. Eine Kreditkarte hat sie uns auch gegeben und nach der Morgentoilette und einer Tasse Kaffee fahren wir los.
Die Bäckerei liegt unweit des Bürgerparks an der Schiffdorfer Chaussee und nach gut zehn Minuten fahren wir dort vor. Wir werden quasi schon erwartet und wir beginnen, die Sachen zu verladen. Diverse belegte Brötchen, Sandwiches und Kuchen, Kakao und Kaffee to Go, alles wird rutschfest in den Kisten gepackt, der Kaffee kommt in eine Warmhaltekiste aus Styropor, damit er nicht kalt wird.
Nach Bezahlen mit Karte geht es dann direkt wieder zurück und gleich runter über den Weg bis dicht an den Zeltplatz, wo schon einige verstrubbelte und Zombie artige Gestalten herum laufen.
Wir werden freudig begrüßt und die meisten helfen beim Ausladen und Anrichten der Sachen auf den Tischen, auf denen gestern Salate und so weiter standen und das jetzt alles in den beiden großen Kühlschränken ist. Der dritte große Kaltmacher ist für die Getränke und der ist, nachdem er noch in der Nacht von Sergej aufgefüllt wurde wieder richtig cool innen.
Der Chef und seine Gäste erscheinen um kurz vor Neun und dann beginnt das sehr reichhaltige Frühstück und jeder findet etwas, das ihm schmeckt, frisch und super lecker ist alles und auch der Kaffee ist noch heiß.
Es ist fast Zehn, als alle durch sind und jetzt gehen wir alle nach vorn zum Haus, um Boris zu verabschieden. Doc Alex hat Robin auf den Arm genommen und trägt ihn dort hin und Robins Augen sind feucht. Bevor Boris auf den Roller steigt, nimmt er den Kleinen auf den Arm und der vergräbt sein Gesicht in Boris Halsbeuge. Boris flüstert an Robins Ohr und gibt ihn dann, nach zwei Minuten des ganz persönlichen Abschieds in Alex Brunners Arme zurück.
Dann startet er den Roller, setzt den Helm auf und winkt noch einmal in die Runde, bevor er endgültig los fährt.
Nun gehen wir alle wieder nach unten, Robin jetzt auf Chris Armen und er weint ein bisschen, denn der Abschied fällt ihm doch schwerer, als er es wohl vorher erwartet hatte. Boris war ihm zu einem sehr lieben Freund geworden in der Zeit, als sie die Kabine geteilt haben auf dem Schiff.
Markus Meinle hat in der Zwischenzeit die Frühstücksreste versorgt und als wir alle wieder am Partyplatz sind, verabschiedet sich Familie Schroer, die ja heute, im Laufe des Nachmittags in Richtung Süden aufbrechen wollen.
Bis an den Gardasee, das ist schon ein Stückchen zu fahren, aber mit dem Sechser Kombi ist das nicht gerade so eine Strapaze wie mit einem Kleinwagen. Noah und Enrico freuen sich auf knapp zwei Wochen in Italien und per Smartphone und über den Laptop sind sie ja immer mit allen hier in Verbindung.
Jetzt gehen dann alle erst mal zum Haus und dort runter, in den Badebereich, Duschen und Schwimmen und auch die Sauna ist an. Da die Morgentoilette bei den Zeltschläfern ausgefallen ist, herrscht unter den Duschen und im Schwimmbecken Hochbetrieb und auch der Whirlpool ist besetzt. Robin sitzt natürlich drin und ist als einziger nackig, da auch Lis und Robins Mutter, Frau Gut und Frau Jensen dabei sind. Jerome hat es ihm erlaubt und niemand stört sich daran, warum auch, wenn er solchen Spaß dabei hat.

Robin, Sonntag, im Whirlpool, gegen zehn

Nach einer guten Nacht zwischen zwei lieben Freunden unter dem Sternenhimmel, einem tollen Frühstück, zwei Donuts und Kakao, sitze ich jetzt textilfrei auf einem meiner Lieblingsplätze, nämlich in der großen, saugeilen Sprudelwanne und die Düsen blasen viele kribbelnde Blasen an meinen Po und an den Pullermann, der davon immer ein Stück größer wird und das fühlt sich sehr gut an.
Jerome hat mir erlaubt, nackig in den Whirlpool zu steigen und auch in das große Becken darf ich so, um zu schwimmen.
Doc Alex sitzt bei mir und sein neuer Freund, der Markus, so darf ich zu ihm sagen, hat er gesagt. Der gefällt mir, ist witzig und sieht gut aus, also das ist einer, wie ihn mein Alex verdient hat nach all dem Leid mit Robert, so hieß sein Freund, wo verunglückt ist vor über zwei Jahren.
Robert war ein toller Typ, Reporter bei Radio Bremen. Ich habe ihn öfter getroffen bei Alex und er hat auch mal eine Reportage über das Herzzentrum gemacht. Da war ich dann auch kurz zu sehen und durfte einige Sätze ins Mikrophon sagen. Ich war also schon mal im Fernsehen. Das die Krankenkasse meine OP nicht zahlen wollte, das hat die Redaktion raus geschnitten und das hat Robert, Alex, Mama und mich sehr geärgert.
Robert hat dann einen Bericht im Bremer Anzeiger veröffentlicht, in dem die Kritik an der geizigen Krankenkasse drin war und der Redakteur beim Rundfunk war danach wohl etwas sauer auf Robert. Man hat ihm dann wohl nicht mehr solche Themen mit Zündstoff gegeben, nur noch unverfängliche Themen und Sportreportagen.
Die Nebentätigkeit bei der Zeitung wurde ihm untersagt, er hat aber dann unter einem anderen Namen schon weiter für die Zeitung gearbeitet und immer wieder auch heiße Themen angefasst.
Andere, wohl neidische Kollegen haben ihn dann und auch den Alex in einer Sendung öffentlich geoutet, angeblich aus Versehen und ganz ungewollt. Das hat aber weder Alex, noch Robert geschadet und so war das für Roberts Neider wohl ein Schuss in den Ofen.
Der Intendant damals hat die Verantwortlichen schwer gerüffelt und in andere Bereiche des Senders versetzt, damit war die Sache erledigt und Robert durfte auch wieder über politische oder sozial kritische Themen berichten.
Der Tod seines geliebten Roberts, den er ganz liebevoll immer Robby nannte, hat meinen Alex sehr getroffen. Er war monatelang nur traurig und ich habe mir sehr viel Mühe gegeben, ihn auf zu heitern. Als ich ihm gesagt habe, das ich ihn doch auch ganz toll lieb habe, da hat er sich zum ersten mal wieder gefreut und dann hat er gesagt: „Du, mein Kleiner, bist der Hauptgrund, warum ich meinem Schatz nicht gefolgt bin.“
Es hat etwas gedauert, bis ich den ganzen Sinn seiner Worte richtig begriffen habe und erst Chris hat mir deutlich gemacht, was Alex mir damit gesagt hat. Seit dem habe ich ihn noch lieber, wenn das überhaupt geht und das er jetzt endlich die Aussicht hat, wieder mit einem Partner glücklich zu werden, das ist so toll, dass ich es nicht in Worte fassen kann. Der Markus passt gut zu ihm und Enrico ist des Lobes voll über seinen Chef und findet auch, so wie wohl alle hier, das die zwei gut zueinander passen.
„Zeig mir jetzt mal deine Schwimmkünste, Robin“, sagt Alex zu mir und er hebt mich hoch. Er und Markus gehen mit mir zum Schwimmbecken, Wolfi gibt mir eine Nudel und dann schwimme ich den beiden Mal was vor. Alex und Markus, jetzt auch bei mir im Wasser, nehmen mich in die Mitte und halten jeder eine Hand unter meinen Bauch und dann nimmt Alex die Nudel weg.
„Schön weiter schwimmen“, sagt Alex, „wir halten dich, hab keine Angst.“ Da ich nun auch die Arme vollkommen frei habe, versuche ich, so zu schwimmen, wie die anderen das auch machen. „Nicht so hastig, schön gleich mäßig durchziehen“, sagt Markus und ich bemühe mich. Fast sind wir schon durch das ganze Becken, als ich merke, dass da überhaupt keine Hand mehr meinen Bauch berührt, obwohl beide noch neben mir sind.
Ich schwimme, geht es mir durch den Kopf, ganz alleine, ich kann, Wahnsinn. Fast hätte ich jetzt aufgehört vor Schreck, als ich die Hände nicht mehr spüre, aber ich halte durch. Noch drei Meter bis zum Beckenrand und dort wartet Mama mit Chris und Matze und sie strahlen wie drei dicke Honigkuchenpferde und das nur, weil ich ein bisschen schwimme…allein. Es ist ganz still geworden im Raum.
Chris greift unter meine Arme und zieht mich aus dem Becken und dann krieg ich Applaus. Für so ein bisschen schwimmen machen die so einen Aufstand und meine Mama küsst mich, hier vor allen Leuten, das ist ja schon fast ober peinlich, ich bin schließlich fünfzehn und doch kein Baby mehr. Aber so sind Mütter halt, immer bist du nur ihr Kleiner.
Chris trägt mich jetzt zum Ruheraum und sagt, dass ich mich erst mal etwas ausruhen muss, bevor ich wieder in die große Sprudelwanne darf. Er deckt mich bis zum Nabel mit einer Decke zu und sagt: „Mindestens zwanzig Minuten Pause, verstanden?“ „OK“, sag ich und schließe kurz die Augen. Man, bin ich froh, wenn ich endlich gesund bin, damit mir nicht andauernd jeder irgendwelche Vorschriften macht und auch, wenn sie es gut meinen, es nervt schon.

Jerome,  Sonntag, nach zwölf

Im Gespräch mit Markus Meinle frage ich, wie viel an Essen denn noch da ist und ich erfahre, das es wohl, zusammen mit den Resten vom Frühstück dicke reicht, um alle satt zu kriegen. Sie haben, nach dem Enrico von der ersten Party erzählt hat, gleich genug vorbereitet, das es auch noch für heute reicht. Wir sind ja jetzt auch fünf Esser weniger, obwohl einer kommt ja noch dazu, Papas Freund von der Kripo, den hat Papa her gebeten um mit ihm und Alex mal den Ermittlungsstand in Sachen Uwe zu besprechen. Ole wird Papa auch mit dazu nehmen, denke ich. Mal abwarten, was es da an Erkenntnissen gibt und ob es konkret Hinweise auf einen Schuldigen gibt. Papa hat ja angedeutet, dass es neue Ermittlungen geben wird gegen eine Verdächtigen, der schon einmal vernommen worden ist, dabei aber alle Vorwürfe, sein Auto betreffend, widerlegen konnte. Um was genau und um wen es sich da handelt, das wollte Papa auf Grund der dünnen Beweislage nicht sagen und den Ermittlungen auch nicht vorgreifen.
Ich glaube, das Papa, wenn es was zu berichten gibt, das Hand und Fuß hat, mir und Mama das bestimmt erzählen wird, Alex und natürlich Ole so wie so. Dann wird es wohl auch Ralf erfahren. Was daraus für Schlüsse gezogen und welche Maßnahmen man dann ergreifen wird, ist zurzeit nicht abschätzbar, eine Bonn-Fahrt für Alex denk ich, wird es wohl auf jeden Fall geben, wahrscheinlich noch vor Schulbeginn, der ja bekanntlich am fünften August ist.
Es geht auf halb eins zu und wir beschließen, unsere Badezeit hier unten zu beenden. Was essen wollen wir und vielleicht auch noch was spielen, unten am Partyplatz. Papa und Mama sind mit den meisten Erwachsenen wohl schon hoch, sie werden dann auch alle mit uns runter gehen, um was zu essen und zu trinken.
Im Vorbeigehen sage ich im Wohnzimmer, das wir jetzt noch mal runter ans Baumhaus gehen und das die Grillgeräte angemacht werden.
Fisch macht jetzt, da Enrico weg ist, Markus und Fleisch will Doc. Alex machen, hoffen wir mal, dass das klappt, aber ich denk schon, dass er das kann, wenn er sich freiwillig meldet. Martin hätte das auch gemacht, aber der lässt dem Doc. den Vortritt. Bis das Essen fertig wird, spielen die meisten noch irgendwas und Torsten mit Sigrid und Paolo mit Natascha sind auf das Baumhaus geklettert und betrachten das Zeltlager aus der Vogelperspektive.
Torsten ist durch seine Beziehung zu Sigrid richtig nett geworden, kaum noch dumme Sprüche, höflich und hilfsbereit und richtig umgänglich und obwohl er ja vorher mal von Oles Schwester Marie geschwärmt hat, scheint er jetzt total in Sigrid verschossen zu sein und sie wohl auch in ihn. Er hat sie sogar schon länger bei seinen Eltern vorgestellt und die sind mit Torstens Wahl vollkommen einverstanden. Auch dass er jetzt die Schule bis zum Abi weitermachen will, finde ich gut und nicht nur ich.
Da es in Beverst nur eine erweiterte Realschule gibt, hat sich seine Mama um einen Platz in der Elf am hiesigen Gymnasium beworben und auch eine Zusage bekommen, wie Torsten gestern stolz berichtet hat. Das bedeutet, dass er in derselben Klassenstufe mit Marie und Sigrid ist und vielleicht sogar in dieselbe Klasse kommt. Dann sind aus unserer Clique sechs Leute am hiesigen Gymnasium, das ist doch mal was und auch für Lex ist das nicht schlecht, so viele Freunde dort zu haben von Anfang an.
Noah ruft mich an, erzählt, das sie zuhause eine Nachricht vom Trainer des Ringerdclubs auf den Anrufbeantworter hatten, als sie vorhin nach Hause kamen. Kurz zusammengefasst ist es wohl so, dass die Mehrheit der Ringer in der A-Jugend und bei den Senioren nicht oder ungern mit einem homosexuellen Trainingspartner trainieren wollen und das somit ein Verbleib nach einem Outing in der Mannschaft nicht möglich ist. Er ist ein bisschen geknickt und ich versuche ihn aufzumuntern, sage ihm, das wir uns was anderes einfallen lassen, was Sport angeht und vielleicht finden wir ja was, bei dem die meisten unserer Freunde mit machen können.
Er meint dann, ich solle es Rolf schonend bei bringen, das er die Wahl hat zwischen Paul verstecken und ringen oder zu Paul und dem Schwul sein stehen und nicht mehr ringen. „Ich habe mich selbstverständlich für Enrico entschieden und werde den Ringverein verlassen“, sagt er, „meine Liebe ist mir wichtiger, als ringen“, und schon wieder lachend fügt er hinzu: „Die Ringkämpfe mit Enrico sind so wie so um vieles besser als die im Verein auf der Matte.“
Wir reden noch kurz über das, was hier gerade passiert, dann sagt er: „Sorry, aber wir machen jetzt los, Mama fährt zuerst, solange es noch hell ist, dann fährt Papa und morgen früh gibt es Frühstück am Gardasee.“ Ich wünsche ihnen allen einen schönen Urlaub und geh dann mal schauen, wo Rolf und Paul stecken.
Ich finde die zwei beim Boule spielen und sage zu Rolf, das sie, sobald sie fertig sind, doch bitte mal zu mir kommen sollen. Dann gehe ich in die Nähe des Feuers, das immer noch ein bisschen schwelt uns setze mich neben meinen Schatz, der sich von Robin gerade das heutige Schwimmabenteuer erzählen lässt, was dieser mit roten Backen und viel Begeisterung erzählt, gerade so, als hätte er den Ärmel-Kanal durchquert.
Ich gehe dann mal Papa entgegen, der mit den anderen jetzt zu uns runter kommt, sein Kripofreund, der Herbert Roleder heißt, ist bei ihm und den begrüße ich zunächst. Dann, danach, erzähle ich Papa von Noahs Anruf und der Ringerei und Papa schüttelt den Kopf. „Nun“, sagt er, „wir sponsern den Verein auf Ulfs Bitte hin schon vier Jahre lang mit zwölftausend Euro im Jahr für die Jugendarbeit, das werde ich jetzt mal überdenken und wenn Ulf zurück ist, werde ich mit ihm entscheiden, ob das so stehenbleibt. Wir werden mal alle gesponserten Vereine dahin gehend überprüfen, wie homophob sie sind oder wie tolerant, danach wird das dann mal so geregelt, das nur tolerante Vereine weiter gesponsert werden. Für homofeindliche Clubs wird nichts mehr gespendet, Basta“ Wo er recht hat, der Papa………..

Rolf, Sonntag, um die Mittagszeit

Mitten im Boule-Spiel, es war gerade spannend, kam Jerome und hat uns gebeten, nach dem Spiel mal zu ihm zu kommen. Nach dem wir fertig sind, suchen meine Augen Jerome, der im Kreis am Feuer neben Sergej sitzt und ich ziehe Paul am Arm hinter mir her, dorthin und wir setzen uns.
Jerome berichtet von Noahs Anruf und ich bin nicht sonderlich erstaunt, habe ich doch so etwas erwartet.
Traurig ist es schon, dass die Leute, mit denen wir nun schon seit Jahren ringen, plötzlich Angst vor uns haben, wenn sie erfahren, dass wir schwul sind. Bis jetzt weiß es ja nur der Trainer und noch der erste Vorsitzende, die Ringer wurden halt befragt, wie sie zu einem schwulen Vereinskameraden stehen würden und die Mehrheit wollte das wohl nicht haben.
Ich werde, wie Noah auch, meinen Schatz nicht verleugnen, nur um weiter ringen zu können. Dann müssen wir uns was anderes suchen, vielleicht können wir ja was finden, das noch einigen so viel Spaß macht, dass sie mit machen wollen in einem Verein. Mal sehen, ob wir das hinkriegen, wir könnten ja schon fast einen eigenen Verein auf machen mit so vielen Leuten, die wir jetzt sind.
Mama wird das nicht gefallen, das sie uns nicht mehr dabei haben wollen, aber da kann man wohl kaum was dran ändern, viele solcher Vorbehalte gegen andere Menschen sind von klein an anerzogen und nur sehr schwer zu verändern. Religiöse Vorbehalte gegen Homosexuelle und die über viele Jahrzehnte erfolgte Kriminalisierung von schwulen Menschen sind in zu vielen Köpfen immer noch verankert und die Erkenntnis, dass es sich um Schwachköpfe handelt dabei, das braucht seine Zeit, um sich zu verändern. Toleranz und Akzeptanz sind in diesem Fall nicht selbstverständlich, leider.
Paul, der mich jetzt fragend ansieht, dem gebe ich einen heißen Kuss und damit dann auch die Antwort, das er mir wichtiger geworden ist, als das je ein Verein sein kann. Er freut sich und weil ihm die Antwort wohl auch gut gefallen hat, will er mehr davon und das kriegt er jetzt auch, weil das hier eben niemanden stört, wenn sich zwei verliebte Jungs oder Männer küssen.
Warum begreifen das nicht alle, das sich das keiner aussucht, schwul zu sein und was, zum Teufel noch mal ist daran schlimm, wenn sich zwei Jungs oder Männer lieben. Für Betroffene ist so etwas nicht verständlich, wenn ich bedenke, das Pauls Erzeuger ihn wohl einfach tot geschlagen hätte, wenn er nicht abgehauen wäre, woher kommt dieser Hass, warum ist das so kompliziert? Mit Logik und gesundem Menschenverstand hat das nichts zu tun, allen Schwulen wird durch jahrzehntelange Klischees unterstellt, alle Heten umpolen oder ficken zu wollen. Ich will keine Hete, keiner meiner schwulen Freunde will das, wir wollen und haben unseren Schatz und sonst nichts und andere interessieren mich nicht und den Jungs hier geht es genauso.
Opa hat ja in der Klinik schon gefragt, ob hier alles durcheinander geht, nur auf Sex aus ist, das ist aber gar nicht so. Alle hier sind gut aussehend, nett und sympathisch, Sahneschnitten aus schwuler Sicht, aber ich liebe Paul, nicht Ole, Jerome oder Kevin, ich will auch kein Rudelbumsen, will Sex nur mit meinem Schatz und der mit mir und das ist hier bei allen Paaren so und das ist OK.
Wir sind nicht die „Drauf los“ oder „Allesficker“, für die uns viele halten und beim Ringen habe ich nie einen Steifen bekommen auf der Matte, war nie geil auf meinen Gegner und wenn überhaupt, dann höchstens abends im Bett und dann war ich ja wohl allein und im Kopfkino kann ich ja ficken, mit wem ich will und jetzt ist da eh nur noch einer, nämlich Paul und der ist ja nun nicht nur im Kopfkino mein Schatz.
Wir werden das auch ohne Ringen schaffen, mein Schatz und ich und bald wohnt er ja in Bremen und viele meiner neuen und tollen Freunde auch und das ist es, was zählt, Liebe und Freundschaft. Ich freue mich auf die nächste Zeit, mit Schatz und den Freunden, auf eine gute Zukunft mit Paul, den ich ganz doll lieb habe und der mich auch liebt, was will man denn mehr.
Er hat die Tortouren durch seinen Vaters überlebt und wir werden zusammen mit Ulli auch den Prozess gegen dieses Monster durchziehen, ich werde Paul zur Seite stehen, bis alles durch gestanden ist und er die Vergangenheit endlich ganz hinter sich lassen kann. Immer, wenn er gedanklich in die Vergangenheit ab driftet, traurig wird, still und in sich gekehrt, muntere ich ihn auf und wenn es mir auf verbalem Wege nicht gelingt, findet meine Hand einen Weg unter sein Shirt oder in seine Hose und dann kommt er schnell wieder auf andere Gedanken, mein Schatz und ich habe ja dann auch was davon.
Paul ist eigentlich sehr schüchtern, meist bin ich es, von dem der Impuls zum Sex ausgeht und Ole hat gemeint, das das wohl mit dem über Jahre unterdrückten Verlangen zu tun hat und er unterschwellig immer noch Angst hat, entdeckt zu werden. Ich denke, dass sich das, wenn der Mißhandlungskomplex mal abgeschlossen ist, mit der Zeit auch verändert bei Paul und bis dahin mach ich ihn eben immer wieder gern an.

Ole, am Partyplatz, nach  zwölf

Carl August winkt mir und als ich bei ihm bin, sagt er: „Ole, hole bitte den Alex her, allein. Mein Freund von der Kripo, Alex, du und ich machen mal einen Spaziergang durch den Park. Es gibt da was zu bereden.“ „Wenn es was Negatives ist für Alex, wäre es besser, den Ralf mit zu nehmen“, sag ich, „dann hat er Beistand und jemanden, an dem er sich festhalten kann.“
„OK, dann hole beide her“, sagt er und ich gehe rüber und sag den Beiden, dass sie bitte mit kommen sollen zu Herrn Remmers.
Lex greift instinktiv zu Ralfs Hand, steht auf und zieht Ralf von der Sitzbank hoch und folgt mir. Er wirkt sofort total angespannt, macht auf mich einen schon fast nervösen Eindruck, wohl auch, weil er nicht weiß, was jetzt so alles auf ihn zukommt. Aber er kann ja eigentlich nicht wissen, dass sein Bruder zum Kreis der Verdächtigen gehört. Ob er einfach nur schlechte Dinge ahnt? Vor Carl August und dem Beamten bleiben Ralf und Alex stehen, während ich mich einfach auf die freie Seite neben Jeromes Papa setze.
Carl August stellt den beiden Jungs seinen Freund Herbert Roleder von der Kripo Bremerhaven vor. Auf die Frage von Alex, ob es irgendwelche neuen Erkenntnisse zu Uwes Tod gebe, sagt der Beamte, das er den bisherigen Ermittlungsbericht bekommen hat und das es da schon Dinge gäbe, über die man gemeinsam reden und nachdenken müsse. Dann erklärt er uns allen zunächst mal, was er bis jetzt schon unternommen hat:
„Ich habe bei der Bonner Kripo angeregt, das die Ermittlungen gegen einen im Vorfeld verdächtigen jungen Mann, der auf Grund eines Alibi ähnlichen Vertrages bereits als nicht mehr verdächtigt gehandelt wurde, dringend wieder aufgenommen werden. Ich gehe davon aus, dass das bereits gemacht wird. Dazu sind dringende Ermittlungen, vielleicht auch noch Beweissicherungen nach so langer Zeit im benachbarten Ausland notwendig, die mit Sicherheit schwierig und auch langwierig sein können. Der Grund zur Annahme, dass dieser Verdächtige vielleicht etwas mit dem ungeklärten gewaltsamen Tod deines früheren Freundes zu tun hat, ist einzig der Name und die Tatsache, dass er ein Auto des gesuchten Typs besessen hat und auch zum Zeitpunkt des Ereignisses in Bonn war.“
Er schaut Alex an und sagt: „Setz dich besser mal dahin mit deinem Freund, es wird wohl länger dauern, bis wir alles besprochen haben.“ Nicht ungeschickt, denk ich, der Name wird Alex zu tiefst schocken.
„Der Name des, nach allem was ich bis her weiß, für mich Verdächtigen ist“, sagt er, nachdem nun Alex und Ralf auf der Bank neben ihm sitzen, „Engelbert Heinrich Graf von und zu Reventlow.“
Alex wird kreideweiß, stöhnt laut auf und will aufstehen aber beide, Ralf und auch der Kripomann, halten ihn fest und drücken ihn auf die Bank.
„Hiergeblieben“, sagt Herr Roleder ganz bestimmt, „wir sind noch lang nicht fertig. So schlimm das jetzt für dich sein mag, ich, wir, die Kripo Bonn brauchen deine Mithilfe, um alles aufzuklären und wenn er es getan haben sollte, es auch zu beweisen. Von Carl August weiß ich, das du in dieser Zeit in England warst und wahrscheinlich kaum Kontakt mit deiner Familie und wohl erst recht nicht mit deinem Bruder hattest, stimmt das so?“
Alex, dessen Gesicht langsam wieder Farbe angenommen hat, nickt und sagt: „Ab und zu hat Mama mal geschrieben und ich ihr. Allerdings an die Adresse einer Bekannten von ihr. Post von mir wurde von meinem Vater, nur er hatte einen Briefkastenschlüssel, ungelesen zerrissen und entsorgt. Er hat ihr auch verboten, mir zu schreiben und wenn er es raus gekriegt hätte, hätte er sie wohl heftig geschlagen. Das kam schon mal vor und wenn es Spuren hinterließ, hatte sie Hausarrest und durfte auch keinen Besuch empfangen. Meist schlug er aber auf die Oberarme, bei mir auch, diese blauen Flecken sieht man nicht unter der Kleidung und weh tut das ganz schön, kann ich ihnen sagen.“
Da tun sich ja neue Abgründe auf und auf Carl Augusts Gesicht macht sich derselbe harte Zug breit, den er hatte, als er die Bilder von Pauls Gesicht gesehen hat. Ich glaube, der alte Graf kann sich warm anziehen, Schonung wegen Verwandtschaft wurde soeben gestrichen.
„Lasst uns mal eine große Runde drehen“, sagt Carl August jetzt. „ich möchte keine Zuhörer, dafür ist alles zu brisant und ja auch noch nicht sicher.“
Carl August und Herr Roleder nehmen Alex in die Mitte, Ralf und ich folgen ihnen dicht auf. Lis guckt uns nachdenklich hinter her.

Alex (Lex), nach Zwölf, am Partyplatz

Mir ist schlecht, so als hätte mir einer in den Magen gehauen, feste, versteht sich. Ich bin gespannt, was der Mann jetzt erzählt, warum mein Arschlochbruder verdächtig ist und wieso jetzt erst wieder nach so langer Zeit. Die Briefe von Mama liegen auf der Insel, in meinem Spind und die merken ja erst übernächste Woche, dass ich nicht mehr komme in ihr bescheidenes Internat. Ich glaube nicht, dass meine Sippe mich dort schon abgemeldet hat. In einem dieser Briefe stand auch was von einem Auto, welches mein Bruder wohl gekauft hat, Traumauto stand sogar da, wenn ich mich recht erinnere. Auch Versetzungen von Papa und Engelbert Heinrich hat sie geschrieben, aber das habe ich mir alles nicht gemerkt, weil mir das scheißegal war. Drei Briefe lagen sogar noch Ungeöffnet dort, weil ich nichts von ihnen hören wollte, sie waren ja alle gegen mich und die Briefe schrieb sie wohl nur, um ihr Gewissen zu beruhigen.
Ich sage jetzt, dass es diese Briefe gibt und dass daraus wohl auch zeitliche Abläufe der Versetzungen und des Autokaufs hervor gehen würden. „Es wäre vielleicht hilfreich, diese Briefe zu haben“, sagt der Herr Roleder und der Onkel fragt, ob ich mir die schicken lassen kann. „Ich weiß nicht, ob die da irgendwas rausgeben“, sag ich, „die rechnen doch damit, dass ich am achtzehnten August zum Ferienende noch mal komme und ich glaube nicht, dass mein Erzeuger da schon Bescheid gesagt hat, das ich fern bleibe. Er hofft bestimmt immer noch irgendwo, das ich aus Angst vor Repressalien wieder zurück komme und dann wieder auf die Insel gehe, als kleine feige und eingeschüchterte Schwuchtel, die ich in seinen Augen bin.“

Carl August, nach Zwölf, am Partyplatz

Herbert sagt Alex jetzt alles, was er bisher weiß, das mit dem Verkauf des Autos ein paar Tage vor dem Tod von Uwe, dem Kaufvertrag, aus dem der Händler hervor geht, alles praktisch, was man bisher weiß und er sagt auch, das er, Alex, zum Erzählen der Vorgeschichte nach Bonn müsste und das auch ein Zusammentreffen mit Uwes Eltern unter Umständen neue Anhaltspunkte liefern könne. Auch das Umfeld um die Wohnung seines Bruders in Bonn müsste erkundet und die Nachbarn eventuell vernommen werden. Mir kommt gerade eine saugute Idee und ich sage zu den Vieren: „Martin und Kai fliegen am Dienstag nach England, um Omas Auto abzuholen. Alex, du fliegst mit und die Beiden begleiten dich zum Internat, nehmen dich und deine Sachen dann mit und bringen die mit dem neuen Auto hier her zurück. Ich denke, dass beide auf Grund der Umstände auf ein paar Tage Vergnügen in London gern verzichten, mir und auch dir zu Liebe. Da sie ja im November noch zu einem Musical in die Staaten fliegen, können sie im Anschluss daran auch gern noch ein paar Tage in London bleiben, als Ausgleich. Ole, lauf mal rüber zum Partyplatz, Kai und Martin sollen herkommen, bitte.“
Ole läuft los und fünf Minuten später ist er mit unseren beiden tollen Fahren zurück. Ich erkläre beiden die Situation und sage wie ich mir das weitere Vorgehen vorstelle. Beide nicken dazu und ich sage dann noch: „Wenn ihr mit Alex und den Sachen, vor allem den Briefen, zurück seid, planen wir mit Herbert hier und den Kollegen in Bonn, wann einer von euch oder beide, mal sehen, mit Alex nach Bonn fahrt, das er dort aussagen kann und auch, um Uwes Familie und sein Grab zu besuchen, damit Alex dort Abschied nehmen kann.“
Ralf, der bis jetzt geschwiegen hat zu allem, sagt: „Es würde ein Fahrer reichen, Martin oder Kai und ich würde dann gern als zweiter Mann mit Alex fahren, wenn sie das erlauben.“ „Das können wir auch so machen, wenn Alex das so möchte, kein Problem, dann kann Kai sich mit dem neuen Wagen vertraut machen und Oma, Frieda und Hinnerk in Emden abholen, wenn deren Kur zu Ende ist“, sag ich.
Zu Alex gewandt sage ich dann: „Es wäre wohl gut, wenn das, was wir besprochen haben, was wir unternehmen wollen, hier in diesem Kreis bleibt. Kontaktaufnahme mit der Familie, aus welchem Grund auch immer, sollte es im Zeitraum der anstehenden Ermittlungen nicht geben. Unter Umständen, je nach dem, was die Ermittlungen in Belgien ergeben, kann man ja versuchen, einen Haftbefehl zu erwirken, weil ein Geständnis wohl nicht zu erwarten ist.
Das weitere Vorgehen muss auf jeden Fall mit den Bonner Beamten koordiniert werden, Herbert wird von mir auf dem laufenden gehalten und alle, noch so unwichtig erscheinenden Neuigkeiten tauschen wir untereinander, aber auch mit den privaten Ermittlungsteams aus. Sobald die Beweislage konkret genug ist, beantragen die Bonner bestimmt einen Haftbefehl, denk ich“
In Martins Augen glimmt das Jagdfieber auf, ihm und Kai ist das jetzt viel wichtiger als der Besuch irgendwelcher Clubs in London und ich weiß den Alex auf seiner Mission in bester Begleitung.
„Falls es Schwierigkeiten gibt an dieser Schule“, sag ich, „wir haben auch eine Firma und zwei Hotels in London und auch Anwälte, wenn wir die brauchen“, sag ich, Martin und Kai wissen das, waren mit uns schon dort im Hotel in London.
Das „Doubletree by Hilton“, Westminster ist dort immer unser Hotel gewesen, vier Sterne hat es und liegt gut und dort können sich die drei auch dieses Mal einmieten, das werde ich gleich morgen regeln. Ich reserviere eine Suite, da können sie dann zu dritt schlafen, bevor sie dieses Internat auf suchen, das über siebzig Kilometer von London weg ist und in einer ländlich abgeschiedenen Gegend liegt.
„Vielleicht könnt ihr ja das Auto vorher abholen und dann dort damit den Dicken machen“, sag ich zu Kai und Martin, „Kai fährt, in Uniform und Martin und Alex im guten Zwirn, treten als Familie Graf von und zu auf, dann klappt das und bei dem Wagen mit Chauffeur wird keiner einen Ausweis oder eine Legitimation verlangen, wette ich.“
Martin grinst: „Das machen wir so, Chef, das geht mir voll ab, die Schüttler dort hinters Licht zu führen, was meinst du, Alex, kriegen wir das hin?“
„Bestimmt“, sagt dieser, jetzt durch die Aussicht auf ein kleines Abenteuer leicht grinsend und etwas besser gelaunt, „ich bin in der Theater AG und das werden wir deichseln, hundert Pro.“
„OK“, sag ich, „dann wäre es das erst mal. Wie gesagt, keine Infos an andere, es ist einfach wichtig, dass es in diesem Kreis bleibt. Ich werde nur, wenn notwendig, Lis und der Familie Infos geben, zum Beispiel, das du, Alex mit Martin und Kai nach London fährst, ohne allerdings den Grund zu nennen. Ralf, auch dich bitte ich, alles für dich zu behalten. Wenn wir was erreichen wollen, brauchen wir und vor allem die Ermittler vielleicht einen Überraschungseffekt, um ein Geständnis zu erzielen. Jetzt könnt ihr wieder zu den anderen gehen, noch etwas spielen oder essen. Ganz, wie ihr wollt.“
Die Jungs gehen zurück, Martin und Kai setzen sich zu uns und ich informiere beide über den Sachstand. In den Ablauf mit eingebunden, müssen sie selbstverständlich auch über alle Informationen verfügen.

Lis, Sonntag, gegen eins, am Partyplatz

Carl August und Herbert haben mit Ole, Ralf und Alex geredet und jetzt sitzen Martin und Kai bei ihnen. Ich denke, dass mein Mann später noch einige Informationen für mich hat, den Alex und die Geschichte mit dessen Freund Uwe betreffend und ich bin neugierig, was es da für neue und interessante Erkenntnisse gibt. Alex, so habe ich den Eindruck, scheint das Gehörte doch sehr zu beschäftigen. Er hat keine leichte Zeit, zu viel ist geschehen und will auch verarbeitet werden. Das mit Ralf ist noch nicht soweit gediehen, dass er sich daran auf richten kann, sowie es bei Kevin der Fall war. Der hat sich durch Wolfis Liebe aus dem Sumpf um Berger herausgezogen und hat alles relativ schnell verarbeitet. Auch die Tatsache, dass Martin und Kai ihn als ihren Sohn adoptieren wollen, hat sehr zu Kevins Problembewältigung bei getragen.
Wenn das mit Ralf mal konkret wird, so richtig, mein ich, auch mit Sex, dann hat der Junge es geschafft. Da sie beide alt genug sind, um miteinander ins Bett zu gehen und Spaß zu haben, stellt das für uns kein Problem da. Probleme mit Sexualität haben nur die Frommen, die glauben, Sex wäre eine Sünde. Wer das glaubt, ist dumm und denkt nicht. Wer kauft sich schon ein schönes Auto und stellt es dann in die Garage, anstatt damit zu fahren? Wer hat denn die Sünden erfunden und warum….. Käse ist das alles, Sex ist gut, gesund und macht Spaß und wie kann man dem Menschen, den man lieb hat wohl besser als beim Sex zeigen, dass er im Herzen einen Stammplatz hat.
Zölibatäre alte Säcke, die sich nicht selten, ihre Position in der Gesellschaft aus nutzend, an Minderjährigen vergreifen, das sind die Moralapostel, die anderen vorschreiben wollen, wie sie leben sollen. Für so einen Quatsch ist kein Platz in unserem Haus und erst recht nicht in unseren Köpfen und gerade neulich hat ja die Familie Schroer wieder mal deutlich erfahren, wie borniert diese Himmelskomiker sein können.
Ich habe noch nie einen Hehl daraus gemacht, das mir Götter, egal welcher Art, nicht sonderlich gut abgehen und erst, wenn mal einer vor mir steht und meine kritischen Fragen zur Allmächtigkeit zufriedenstellend beantworten kann, werde ich meinen Standpunkt überdenken. Da das wohl nie der Fall ist, weil der Gott ja, wenn man der CSU glaubt, eh nur in Bayern lebt, werden hier bei uns im Hause und auch in den Hirnen keine Götter je eine Rolle spielen. Auch Oma, Frieda , mein Mann und meine Kinder denken darüber so wie ich und den Privatlehrer für das Fach Religion haben wir schon immer gespart. Irene wird jetzt auch nachdenken, Ulf und Noah haben es eh schon gerafft, das der ganze Götterzirkus eine große Verarsche ist und haben damit abgeschlossen.
Natürlich kann in unserem Umfeld jeder glauben, was er will, aber für sich. Religiöse Kommentare zu unserer Denkweise und unserem Verhalten werden nicht so ohne weiteres hingenommen, wir verbitten uns jeden Missionierungsversuch, wir sind alt genug, unser Seelenleben selber zu gestalten und wenn Carl August und ich im Bett liegen und Poppen, das tun wir immer noch oft und gern, dann denk ich an was Geiles, aber mit Sicherheit nicht an Götter und Sünden

Chris, Sonntag, nach sechzehn Uhr, am Partyplatz

Der Sonntag ist bald vorbei, am nächsten Sonntag sind wir vier drüben in New York und die erste Untersuchung hat stattgefunden. Ob überhaupt und wann dann endlich operiert wird, werden wir dann wohl wissen und ich befürchte, dass meine Nerven ab diesem Zeitpunkt total blank liegen. Jetzt schon bin ich froh, dass Matze bei mir ist, mich hält und auch ein wenig ablenkt von allem.
Gut ist, das auch Alex Brunner bei uns ist, als der Fachmann, der Robin kennt, am besten von Allen, der weiß, was läuft und der bei Robin ist, wenn es hart auf hart geht. Es wird Stress pur für mich sein und es wird mich auf eine harte Probe stellen, die ich aber, weil ich ja selber Medizin studieren will, durch stehen muss. Es wird nicht einfach und ich muss dem Alex glauben, dass der Kleine nie besser drauf war, wie zur Zeit und das er es schafft. Alex und Robin so wie so, glauben beide fest daran. Ich hoffe es, alles andere wäre eine Katastrophe für mich, die mich wahrscheinlich innerlich zerstören würde, von Mama gar nicht zu reden.
Es darf einfach nicht schief gehen, das würden Mama und ich wohl kaum jemals verkraften, wir würden uns vorwerfen, ihn frühzeitig in den Tod geschickt zu haben, weil wir es wollten, das er operiert wird, anstatt wie bisher weiter zu leben, wenn auch nicht so lange.
Aber er will es ja auch, ganz doll sogar, will endlich leben, so wie ich, gesund und kräftig, mit viel mehr Möglichkeiten, weg vom Rollstuhl und weg von den regelmäßigen Klinikaufenthalten, von ständiger Angst und übertriebener Vorsicht, endlich hin zu einem normalen Teenieleben, mit Freunden und Feten, mit Sport und mit normaler Schule und auch mit verliebt sein, Sex und all den schönen Dingen, Disco, Tanzen und, und, und… Er will es und er sagt, er schafft es und ich wünsche es mir so, dass es klappt.
Alle unseren neuen und tollen Freunde wünschen es, drücken die Daumen, sind gedanklich bei ihm und hoffen, dass alles gut wird.
Noah, der durch seine Neugier den Stein ins Rollen brachte, Jerome und Natascha, die es möglich gemacht haben, Alex, der bei uns ist und der nichts sehnlicher hofft, als das es klappt mit den Ops.
Jeromes Familie, die auch mit fiebern und alle anderen, es darf einfach nichts schiefgehen bei so viel positiver Energie, die den Kleine in den Operationssaal begleitet.
Matzes Wahleltern kommen erst am Dienstag zurück, wenn wir schon unterwegs oder schon dort sind, aber er kann ja mit ihnen Skypen oder telefonieren, wenn sie wieder zuhause sind, die Beiden.
Wir, Matze und ich, sind gespannt, wie lange Alex Brunner bei uns drüben bleibt, wir hoffen, auf jeden Fall, dass er solange bleibt, bis es sicher ist, das alles klappt mit Robin. Wir denken, das wird er auch tun, obwohl jetzt ja auch der Markus hier auf ihn wartet. Das wir aber Alex nicht dazu verleiten, möglichst schnell zurück zu fliegen, nein, er wird auf jeden Fall bleiben, solange der Kleine ihn braucht, das ist sicher. Der Alex ist ein toller Mensch und ein echter Freund und der Markus wird auf ihn warten, auch wenn es etwas länger dauert mit Robin.
Wir alle hier hoffen ja, dass sie dauerhaft zusammen kommen, die zwei tollen Männer, die unserer Meinung nach so gut zusammen passen. Wir alle würden uns sehr freuen und das haben wir, glaub ich auch, schon oft genug deutlich gemacht. Sie sind, auch oder gerade weil sie rund doppelt so alt sind wie die ältesten von uns, zwei gute Freunde, auf die wir zählen können, wenn wir sie brauchen und umgekehrt natürlich auch.
Mama will heim, sie hat mir gewunken, es ist noch einiges zu tun, bis wir ganz reisefertig sind und am Dienstag um halb acht werden wir abgeholt bei uns zuhause und an den Flughafen nach Bremen gebracht. Der Martin und der Kai sind dann schon im Wagen, den dann der Ralf fahren soll. Robins Rollstuhl nehmen wir auch mit, für alle Fälle, da er ja auch zwischen den Ops öfter mal ein paar Tage zu uns ins Haus darf, hat Alex gesagt. Ob wir den Rolli dann dort wirklich brauchen, wissen wir im Voraus nicht.
Ich hole Robin, der bei Kevin sitzt, Matze nimmt den Rolli und dann beginnt das Abschied nehmen. Alle wollen Robin noch einmal drücken und ihm alles Gute wünschen. Sie bilden eine große Traube um uns zwei und es dauert, bis sich jeder verabschiedet hat. Jeromes Mama drückt den Kleinen fest an sich, küsst ihn und sagt: „Ich wünsche dir, das alle deine Wünsche, deine Gesundheit betreffend, in Erfüllung gehen, das du gesund zu uns zurück kommst, damit du später einmal Kapitän auf einem unserer Schiffe wirst. Alles Gute, mein kleiner Robin.“
Dann sitzen wir im Auto und Mama fährt los, zu uns nach Hause. Matze schläft bei uns, bis zum Abflug trennt uns nichts mehr und ich bin froh, dass er bei mir ist in diesen aufregenden Stunden. Alex Brunner kommt direkt zum Flughafen, Markus bringt ihn und fährt dann mit Alex Auto wieder zurück, wenn wir in der Luft sind.
Von Mama verabschieden wir uns zuhause, das haben wir so vereinbart. Da ist sie dann hinterher nicht allein, denn unsere Nachbarn werden Robin und uns auf jeden Fall auch verabschieden. Alle kennen uns und Robins Geschichte, haben zum Teil sogar noch Papa gekannt und immer auch Anteil genommen an unserem Schicksal. Alle freuen sich mit Robin und hoffen, dass er endlich gesund wird und sie werden sich auch etwas um Mama kümmern.
Jetzt sind wir zuhause angekommen und gehen ins Haus, beginnen zu packen und es ist schon einiges zum Mitnehmen, bleiben wir doch bestimmt ein halbes Jahr, eher länger, dort drüben.
Da Robin nur bedingt helfen kann, will er jetzt mit Winston in den USA skypen. Auf den ist er jetzt echt gespannt, ich auch. Sie kennen sich jetzt über das Internet schon fast drei Jahre und jetzt, vor dem realen Treffen sind beide etwas aufgeregt.

Jerome, Sonntag, gegen siebzehn dreißig, am Partyplatz

Tom und Micha wollen jetzt auch mit Toms Roller nach Hause fahren, beide müssen morgen noch mal zur Arbeit und wollen noch ein paar Stunden mit der Familie verbringen und ihre Eindrücke von der Schiffsreise zum Besten geben. Die Reihen lichten sich also langsam. Markus Meinle wird mit Alex Brunner fahren und sie werden wohl heute auch über Nacht zusammen bleiben. Paul und Rolf bleiben über Nacht in Pauls Zimmer und Rolf, der immer noch eine Woche Krankenschein hat, bleibt noch zum Aufräumen morgen und fährt dann anschließend mit Paul zu sich nach Hause.
Armin und Denise verabschieden sich auch, ebenso Frau Jensen mit Marvin und Marie und auch Frau Gut mit Sigrid und Torsten fahren jetzt heim. Torsten und Sigrid kommen morgen Früh mit dem Roller und helfen mit beim Abbauen.
Wir, der Rest, bestehend aus Ole und Frank, Dirk und Mike, Kevin und Wolfi und mein Schatz und ich werden noch ein wenig zusammen sitzen, ein oder zwei Bierchen trinken, reden.
Rolf und Paul sind auch dabei, Martin und Kai, Ralf und Alex und auch Papa, Mama und Herbert Roleder. Themen gibt es ja genug und so floriert die Unterhaltung und Alex und Ralf erzählen noch ein wenig über sich.
Der Fiffi war heute den ganzen Tag nicht an der Leine und Natascha und Paolo gehen nun eine große Runde mit ihm, der manchmal bellend, immer um die Beiden herum springt. Gefressen hat er heute auch genug und später wird er nach diesem Tag auch bestimmt gut schlafen in seinem Körbchen bei Kevin unten.
Heute Abend wollen wir auch noch mal draußen schlafen, Sergej und ich im Baumhaus, die anderen bis auf Paolo und Natascha und Rolf und Paul wollen nochmal im Zelt übernachten.
Kai, der nichts getrunken hat, wird den Herrn Roleder später nach Hause bringen.
Die kommende Woche bringt uns einiges an Veränderungen, Kai und Martin fliegen nach England, Ralf wird solange als Fahrer arbeiten. Robin und Chris und Matze sind dann ab Dienstag für mehrere Monate in den USA und wir hier haben Bauabnahme und dann den Umzug in die WG, zunächst wohl erst mal mit sieben Leuten, im nächsten Jahr kommen dann wohl noch einige dazu, hoffe ich. Platz ist ausreichend und über die Aufteilung reden wir noch, wenn wir alles fertig gesehen haben.
Pärchen könnte man theoretisch zwölf unterbringen, das wäre Platz mäßig drin, aber auch zwölf Einzelpersonen, sechs Pärchen, dann hätte jeder ein Doppelbett für sich, aber ehrlich, das will doch keiner, also ist noch jede Menge Platz in der WG, mal sehen wer denn verbindlich im nächsten Jahr dazu kommt.
Alex und Ralf, denk ich, Mike und Dirk vielleicht, Noah wäre auch eine Option, Armin und Denise, mal sehen, wie sich alles entwickelt dort drüben. „In den Hufen 17“ ist dann unsere neue Adresse und ein großer Briefkasten muss auch noch dahin. Die IT- Anlage ist fertig, hat Marvin mir heute gesagt und alles Andere wohl auch. Die offizielle Abnahme ist am Mittwoch, den 25. Juli und dann will ich ja noch eine Eröffnungsparty mit den WG Teilnehmern und ihren Eltern machen, Vielleicht als Brunch am nächsten Sonntag oder am vierten August, das muss ich mal mit Ole bereden.
Der vierte ist insofern besser, da sind wir alle eingezogen, allerdings geht am fünften das Studium los und das ist dann schon knapp.
Aber der Samstag, der dritte, so mit Kaffee und Kuchen, das reicht doch auch zum Angucken für Eltern und Freunde und dann sind Noah und Rico ja auch wieder dabei. Unsere Freunde will ich schon dabei haben, sie sollen sehen, wie wir in Zukunft wohnen und Lust bekommen, da mit dabei zu sein.
Ich winke Ole und Frank zu mir und erzähle ihnen und Sergej meine Gedanken. Ole will auch, das Paul, Kevin und Wolfi dazu kommen, weil sie auch von Beginn an dort wohnen und wir immer alle zusammen über WG Dinge reden sollten, wo er recht hat, hat er recht.
So sitzen dann die neuen WG Teilnehmer zusammen und tauschen Gedanken und Meinungen aus, wie und wann wir Eltern und Freunde zum Gucken einladen, mit Kaffee und Kuchen. Ole werde ich bitten, das Organisatorische innerhalb der WG zu planen und auch eine Einteilung vor zu nehmen, wer was macht und für was jeder verantwortlich ist.
Die Praxis wird zeigen, ob alles so läuft, wie wir uns das vorstellen. Ich denke, dass die Pärchen oder Einzelpersonen ihre Zimmer und Bäder selber in Ordnung halten müssen, für alle anderen Räume muss dann ein Plan gemacht werden und jeder muss sich bemühen, seinen Anteil am anfallenden Arbeitsaufkommen zu leisten.
Ich glaube schon, dass wir das hinkriegen, wenn es sich mal eingespielt hat. Alles auf den Punkt zu planen, das wird wohl am Anfang nicht gehen, erst wenn mal ein paar Wochen ins Land gegangen sind, werden wir sehen, wie es in der Praxis klappt und ob und was wir verändern müssen.
Ole will jetzt das Feuer noch mal anmachen, es dauert zwar noch etwas, bis es dunkel wird aber wenn er dann will, dann soll er doch. Ich bin froh, Ole kennen gelernt zu haben und noch froher, dass er mein Freund ist, mein bester Freund und wir mögen uns, wie sich gute Brüder mögen. Auf ihn ist Verlass, auf ihn kann ich bauen und wir verstehen uns blind.
Eigentlich sind alle in unserem Kreis voll OK und wir verstehen uns auch gut. Streit hat es bisher noch nicht ernsthaft gegeben und obwohl ja alle verschieden sind, kommt jeder mit jedem aus. Das ist das Schöne, das ist das, was diese Freundschaft ausmacht und ich wünsche mir, dass es so bleibt und auch, wenn uns das Leben mal trennt, wir doch immer gute Freunde bleiben, egal, wohin es uns verschlägt.

So, das wars , ich hoffe, es hat gefallen
Bis bald

Niff

 

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6 Kommentare

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  1. hallo, danke für all die tollen kommis. ich freu mich sehr darüber

    lg

    niff

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    • Prive 01 auf 30. Juli 2016 bei 11:43
    • Antworten

    Hallo Niff,

    Dieses Kapitel ist wieder sehr spannend. Ich Hoffe der Adel wird jetzt auf die Schlachtbank geführt, so das Alex sich ganz von Uwe lösen kann und eine neue Freundschaft mit Erfolg beginnen kann.
    Robin wünsche ich alles gute im Amiland. Er gehört zu spannenden Teil der Storie. Robin werde gesund!
    Den Freunden um Jerome einen guten Start in ihrem neuen Heim.

    Gespannt warte ich auf Kapitel 90.

    Danke für die tolle Geschichte,
    Gruss
    Walter

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  2. Es ist jedes Mal ein schönes Gefühl, wenn ich sehe, dass es eine Fortsetzung von der Geschichte gibt. Da freut man sich, wenn man weiterlesen kann.

    Vielen Dank

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  3. Hallo Niff,

    ja, das sind inzwischen echt viele Folgen. Spannend, immer neue Charaktere, Pärchen…

    abwechslungsreich geschrieben, sehr gelungen

    an deiner Einleitung sehe ich schon, du wirst uns noch mit einigen Folgen unterhalten

    Viele Grüße Claus

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  4. Ein vererst letzte gemeinsame Feier geht zu Ende. Jeder hängt seinen persönlichen Gedanken/Träumen/Hoffnungen nach. Das ist es, was Deine Geschichte so spannend, anregend und lesenswert macht! Erlebtes aus unterschiedlichen Perspektiven darzustellen und wie in einem Puzzle zu vervollständigen zu einer in sich runden Geschichte. Sehr viel persönliches Verständnis in einem tollen Kreis aus älteren und jungen Erwachsenen.
    Ich lese Deine Geschichte immer wieder gerne und hoffe, dass Du uns mit den nächsten 90 Kapiteln weiter an der Entwicklung teilhaben lässt.
    Ich wünsche Dir hierzu viel Kraft und viele gute Einfälle!
    Alles LIebe Lothar

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  5. Guckguck,

    und erneut hast Du wieder eine tolle Folge geschrieben, hat Spaß gemacht, zu lesen. Dass sich das Geschehen jetzt auf mehrere Schauplätze verlagert, ist auf jeden Fall spannungsfördernt denk ich. Freu mich auf die nächsten Folgen.

    VglG Andi

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