Verhandlung……Haare…..Neue Räume……Eifersucht….Uwes Vermächtnis
Ole, Samstag, 21.08. Vormittag um halb zwölf beim Brunch im Hause Remmers mit allen Freunden.
Als wir um kurz vor zehn hier ankamen, Mama mit Marie und Marvin waren schon hier, bekam ich von Mama eine Brief des Amtsgerichte Bremerhaven. Der ist heute Morgen bei uns zu Hause per Postzustellungsurkunde zugestellt worden, wohl auch, weil ich offiziell noch nicht in der WG gemeldet bin. Das muss ich unbedingt machen und alle anderen auch, das ist wichtig.Es ist eine Vorladung zur Verhandlung wegen des Unfalls mit dem Fahrrad auf dem Schulweg, der mich ins Krankenhaus brachte und der so viele gute Dinge nach sich zog. In etwa wusste ich schon von dem jungen Anwalt aus der Firma, der mich im Auftrag von Carl August vertreten soll, dass es bald soweit ist und die Sache zu Verhandlung kommt.
Ich trete dort als Zeuge auf, gleichzeitig aber auch als Nebenkläger in Sachen Schadenersatz und Schmerzensgeld. Das geschieht mit kostenneutraler Unterstützung eines jungen Anwalts namens Klaus Becker, der im Team von Oliver Salm für den Remmers Konzern tätig ist.
Sein Fachgebiet ist das Wirtschaftsrecht, speziell Schadenersatzforderungen. Ich bin sein erster Fall außerhalb der Firma und er ist über diese Abwechslung sehr erfreut und sehr engagiert. Er ist, schätze ich mal, noch nicht dreißig, schlank, mit einer tollen Figur, mit einer dunklen Kurzhaarfrisur und einer sehr, sehr sympathischen Ausstrahlung. Seit er das erste Mal bei uns zu Hause war, will Frank immer dabei sein, wenn ich mich mit dem Anwalt treffe und erst, seit er weiß, dass er mit einer Frau verlobt ist, hat seine Eifersucht auf den schönen Mann etwas nach gelassen.
Bei jedem Anflug von Eifersucht nach einem Treffen mit dem Anwalt habe ich ihm abends den Verstand aus dem Hirn gepoppt, um ihm zu beweisen, dass er der Mann in meinem Leben ist und sonst niemand. Ich hoffe mal, dass er es jetzt langsam begriffen hat, dass ich Ole und nicht Paul heiße, dass ich ihn niemals betrügen würde. Ich bin schon manchmal etwas sauer, wenn er jedem, der mich anguckt, böse hinterher starrt und auch Paul oder Rico haben sich schon manchen bösen Blick eingehandelt, wenn sie mich angelächelt haben.
Selbst Jerome wird aufmerksam beäugt, wenn er mich brüderlich umarmt oder wenn wir, abseits von den anderen, etwas zu besprechen haben, zum Beispiel über den unten zurzeit stattfindenden Umbau der nicht genutzten Räume.
Eifersucht, wenn sie aus dem Ruder läuft und überzogen ist, kann schon nerven und ich muss echt mal ein ernsthaftes Gespräch mit meinem Fränkie führen, weil mich das mittlerweile schon ziemlich belastet.
Ich will nicht, dass wenn ich einen meiner Freunde, die alle in einer festen Beziehung sind, umarme und drücke, das bei meinem Schatz grundlos die Kinnlade auf dem Boden aufschlägt und er für den Rest des Tages oder Abends schlechte Laune hat und das auch jeder sehen kann. Da erwarte ich einfach mehr Vertrauen und das werde ich auch einfordern, weil ich mit dieser absolut grundlosen Zickerei auf Dauer nicht klar komme und auch nicht gewillt bin, es einfach hin zu nehmen.
Das die anderen sich zum Teil schon nicht mehr trauen, mich freundschaftlich zu umarmen, das stinkt mir, weil es keinen noch so kleinen Grund gibt, anzunehmen, das da mehr als einfach nur Freundschaft ist.
Ich habe das Schreiben geöffnet und lese, das der Verhandlungstag am Mittwoch, den siebten September, morgens um halb Zehn angesetzt ist. Ich trage den Termin in meinem Smartphone ein und werde sehen, wann der Klaus Becker noch einmal mit mir reden will, bevor es ins Gericht geht.
Bisher habe ich noch keinen Überblick, wie das abläuft und ob es Zeugen gibt und so weiter.
Ich war erst einmal, nämlich mit der Schule, in einer Gerichtsverhandlung und da ging es um eine Schlägerei mit Verletzten und es ist schon fünf Jahre her. Ich habe also keinen Plan und verlasse mich da ganz auf den Anwalt Klaus, der mich da schon sicher durchbringt. Da ich ja jetzt selber mit einem Jurastudium begonnen habe, werde ich alles sehr aufmerksam verfolgen und mir von dem jungen Anwalt jeden Schritt genauestens erklären lassen. Vielleicht kann er mir ja auch sonst mal helfen, wenn es um Dinge im Studium geht, mal sehen.
Ich weiß nicht, ob er gehört hat, das ich Jura studiere, ich werde es ihm bei unserem nächsten Kontakt sagen. Wenn es mein Studium zulässt, von der Zeit her, mein ich, werde ich des Öfteren mal eine Verhandlung besuchen, praktisch als Aus- und Weiterbildung. Wenn ich spezielle Unterlagen brauche, darf ich auch auf die in der Firma vorhandene, umfangreiche Rechtslektüre und Software zurück greifen und ich bin auch über die Firma jetzt in einem Internet Portal über deutsches und europäisches Recht, das sonst nur für Anwälte zugänglich ist. Carl August macht es möglich oder besser gesagt, Oliver Salm, sein Freund aus Schülerzeiten.
Dieser Oliver Salm ist ein toller Mensch und er hat viel von der Ausstrahlung, wie sie Carl August, aber auch Ulf Schroer zu Eigen ist. Carl August hat ihm gesagt, das ich der Anwalt sein soll, der Jerome und Sergej als Freund und Mitstreiter für die Firma später zur Seite stehen soll, so wie er und Noahs Vater es jetzt bei ihm tun. Nun hat es eine Art Beschützerinstinkt in ihm ausgelöst und er fühlt sich jetzt berufen, mich durch das Studium wie ein Mentor zu begleiten und mir immer, wenn nötig, bei zu stehen. Das ist für mich schon toll, ich habe seine Handynummer und das Versprechen, immer für mich da zu sein, wenn ich ihn brauche. Es ist schon beruhigend, zu wissen, dass es jemanden gibt im Hintergrund, der da ist und voll die Ahnung hat, wenn man Hilfe braucht.
Das Studium und die WG, beides ist gut angelaufen, es macht Spaß, allen denk ich. Es könnte perfekt sein, wenn Franks nervende Eifersucht nicht wäre. Das war doch am Anfang unserer Beziehung nicht so und ich muss ganz dringend mit ihm reden, da muss sich was ändern, weil das so auf Dauer nicht funktioniert. Ob ich zuerst mal mit Mutsch oder Jerome darüber reden soll, überlege ich gerade. Mal sehen, vielleicht besser mit Jerome, ich weiß nicht, ob Mutsch schon mitbekommen hat, dass Frank jetzt häufig so eifersüchtig ist.
Robin, Dienstag, 24.08., vormittags um halb zwölf, im Zimmer in der Klinik, auf dem Bett.
Platt von den Reha-Übungen, wir sind gerade erst von unten gekommen, liegen wir auf den Betten und erholen uns dösend von den Strapazen, die wir mit Dan heute Morgen hatten. Vor dem Frühstück heute Morgen war wiegen und messen angesagt und wir mussten sogar die Unterhosen fallen lassen, weil sie sehen und auch messen wollten, ob sich da unten, am Pullermann schon was verändert hat.
Das war uns, wie schon bei der ersten Untersuchung ganz am Anfang, schon etwas peinlich, gehört aber halt dazu, hat Alex gesagt, der bei mir gemessen hat. Einen Zentimeter mehr als bei der Eingangsuntersuchung, das ist ja schon mal was, obwohl wir von der Normalgröße eines gesunden vierzehn oder fünfzehnjährigen Jungen noch einige Zentimeter entfernt sind. Jason meinte aber, dass wir in einem halben Jahr durch aus da konkurrieren könnten, wenn alles normal verläuft.
Das sich was verändert hat, das haben John Ephraim und ich gestern im Bad schon überprüft.
Die Haare sprießen und es wächst auch sonst da unten. Wir haben sogar eine Latte bekommen, was uns beiden ein Tomaten rotes Gesicht beschert hat. John Ephraim hat keine Haut mehr vorne über der Spitze, ist also beschnitten, so heißt das wohl und er hat wohl auch noch nie einen Pullermann mit Haut über der Spitze, wie es bei mir ist, gesehen.
„Cool“, hat er gemeint, aber als er mein Ding anfassen wollte, fühlen wollte, wie das ist mit der Haut, bin ich einen Schritt zurück gegangen und hab die Hose wieder hoch gezogen. Soweit, mit Anfassen und so, wollte ich in diesem Moment nicht gehen.
„Sorry“, hat er gesagt, verlegen gegrinst und dann auch seine Hose wieder hoch gezogen. Es wächst auf jeden Fall, wie schnell und wie viel, wird die Zukunft zeigen. Das macht Mut und Hoffnung, bald normal leben und dann auch lieben zu können. Ich habe echt überlegt, ob ich Mama ein Bild schicken soll von den Veränderungen da unten, hab den Gedanken aber schnell wieder verworfen. Ich glaube nicht, dass ihr das sonderlich gefallen hätte. Chris und Matze werde ich es schon zeigen, in Natura, versteht sich, von der Sauna bei Jerome wissen wir ja, wie der jeweils andere da unten aussieht und sie sollen schon sehen, das jetzt was passiert da unten.
Wenn sie nach her kommen, darf ich wieder mit nach Hause in das Haus, auch John geht zu seiner Mama ins Hotel und wir treffen uns täglich morgens zu Infusionen und Reha-Übungen, bevor wir nach dem Essen wieder zurück zur Familie dürfen. Wie es jetzt weitergeht mit den medizinischen Eingriffen, will Alex mir zu Hause erklären, jetzt ist erst mal mindestens vier Wochen Pause, damit alles wächst. Also die Hormone und die Reha laufen verstärkt weiter, die sportlichen Anforderungen werden langsam hoch geschraubt und auch der Medikamentencocktail wird verändert werden, hat Jason beim Messen erklärt.
Jason ist mit dem Verlauf der Behandlung sehr zufrieden, es läuft alles gut und er hat uns Mut gemacht, das wir eventuell an Weihnachten wieder zu Hause sein werden.
Markus Meinle, Dienstag, 24.08. 15:00 Uhr im Haus in New York, allein, in der Küche.
Nun bin ich tatsächlich schon über eine Woche hier, die Zeit rast förmlich. Ich bin so froh, dass ich her geflogen bin, quasi in ein neues Glück hinein, in eine neue Liebe. Auch wenn ich meinen Alex über Tag nicht oft sehe, die Nächte gehören uns und die Jungs sind sehr rücksichtsvoll uns gegenüber, lassen uns, so oft es geht, allein und übernehmen fast alle Aufgaben Abends um Alex und mir freie Zeit zu bescheren.
Jetzt sind sie mit dem Van in die Klinik, holen dort Robin und auch Alex ab, der dann morgen den Tag frei hat und erst am Donnerstag wieder in die Klinik geht. Robin kriegt dann die Infusion morgen hier und wird nach dem Frühstück mit dem Van zur Reha in die Klinik gebracht, wo er um halb zwei nach der Mittagsinfusion wieder abgeholt wird.
Mein überraschendes Auftauchen hat den Alex fast um gehauen, aber als er mich dann leibhaftig im Arm hatte, hat er wohl gemerkt, dass es real und kein Traum ist.
Die Nacht war geprägt von viel Zärtlichkeit, Liebe und Sex und seit dieser Nacht ist unsere Beziehung besiegelt, sind wir fest zusammen, ein Paar. Es ging ja ziemlich schnell eigentlich und erst die räumliche Trennung hat uns deutlich gemacht, wie viel wir uns eigentlich schon bedeuten und das wir uns sehr vermissen, Sehnsucht haben nach dem Anderen, bei ihm sein wollen.
Die spontane Reise hier her war gut und richtig und wenn ich auch wieder ohne ihn zurückfliegen muss, so weiß ich doch jetzt, das er mein und ich sein Schatz bin, auf den es sich dann auch leichter warten lässt, weil man fest zusammen ist.
Enrico schreibt täglich, dass alles gut läuft und fragt natürlich auch, was mit uns läuft. Ich habe zurück geschrieben: „Status: In einer Beziehung mit Alex Brunner“, worauf ein „Yippie!“ zurück kam. Er freut sich sehr für uns, hat er später geschrieben und alle guten Wünsche von den Jungs und Mädels übermittelt.
Ich werde jetzt mal mit der Vorbereitung des Abendessens beginnen, dann bin ich fertig, wenn die Vier nachher kommen und ich kann dann mit Alex zusammen Duschen gehen. Den vorbereiteten Auflauf brauchen wir dann später nur in den Ofen zu schieben und den Salat dazu mit dem Dressing zu mischen.
Matze und Chris sind gern bei der Zubereitung des Essens dabei, verfolgen aufmerksam meine Erklärungen und wenn ich zurück nach Deutschland fliege, können sie bestimmt schon ein bisschen kochen und werden dann wohl auch fleißig üben. Ich finde es fantastisch, wie die Beiden jungen Männer miteinander umgehen und es ist schön, sie zu beobachten, in ihrer Nähe zu sein. Sie leben ihre Liebe, man merkt ihnen an, wie viel sie sich mittlerweile bedeuten und das ist einfach herrlich an zu sehen. Beim Kochen gestern haben sich die beiden sechzehn mal umarmt und elf Mal geküsst, alles in einer anderthalb Stunde und sogar überm Zwiebelschneiden mit tränenden Augen gab es einen Kuss. Sie sind ein absoluter Hingucker als Paar, passen wohl auch sonst in allen Dingen gut zu einander und sind im Moment immer gut drauf.
Die Stimmung hier ist so wie so immer gut, allein schon, weil es mit Robin so gut läuft mit der Behandlung. Alex meinte gestern Abend, das die Gefahr, es könnte etwas schief laufen mit dem Kleinen, so gut wie verschwunden ist. Ob noch ein weiterer größerer Eingriff notwendig ist, sieht man erst in etwa zwei Wochen. Wenn die Teile des Herzens, an denen operiert wurde, normal mit wachsen, dann sind nur noch maximal zwei endoskopische Eingriffe nötig.
So, jetzt ist alles fertig für in den Backofen, aber dahin kommt der Auflauf erst später. Ich lege noch eine Flasche Roséwein in den Kühlschrank, dann habe ich fertig, bis die anderen kommen. Ich lese noch mal Ricos ausführlichen Nachrichten durch, freue mich dass alles gut läuft. Der Kleine mit den tollen Locken ist schon ein richtiger Glücksgriff gewesen. Ein Ausnahmetalent und für mich ein potenzieller Anwärter auf einen Platz unter den Sterneköchen hier in Deutschland, das ist er. Mit ihm im Team werden wir das Restaurant des Hiltons in Bremen als Adresse für sehr feines Essen noch ein bisschen bekannter machen, als es ist. Damit wollen wir dann mehr Laufkundschaft zu uns locken und nicht nur Hausgäste oder Gesellschaften ansprechen und es ist ja jetzt schon spürbar, das die Veränderungen in der Speisenkarte was bewirken.
Es klingelt, sie kommen, die Jungs und mein Alex, der mich jetzt bestimmt gern mit unter die Dusche nimmt. Mir soll es recht sein denke ich und schmunzele, als er auf mich zu kommt und mich küsst. Auch Robin kommt auf mich zu, allein und wie ich finde, sicheren Schrittes. Ich hebe ihn hoch und drücke ihn. „Du wirst immer schwerer, Alter und größer auch“, sag ich, „bald packe ich dich nicht mehr.“ Er strahlt und es ist schön, in so guter Stimmung und Verfassung zu erleben. Da es draußen Warm ist, fragt er Alex, nach dem ich ihn wieder auf den Boden gestellt habe, ob er in den Pool darf. „Wenn die beiden Großen mitgehen und du mir versprichst, dich richtig abzukühlen, dann darfst du“, sagt Alex, „Markus und ich, wir kommen später auch runter.“
Für Chris und Matze ist es selbstverständlich, dass sie mit Robin nach unten zum Schwimmen gehen und so verschwinden die drei zum Umziehen und ich mit meinem Schatz verschwinde in unserem Zimmer und dort in das Bad zum Duschen und…….
Wolfi, Mittwoch, 25.08. 17:00 Uhr, in den neuen Räumen unter der WG mit Jerome
Zwei Räume habe ich jetzt von Jerome übergeben bekommen, zur Miete, versteht sich, auch wenn die jetzt zu Beginn nicht so hoch für mich ausfällt. Unter dem Treppenaufgang zur WG ist jetzt eine eins zwanzig breite Stahltüre eingebaut. Durch die kommt man in einen kleinen, dreimal zwei Meter großen Flur. Von dem Flur aus gehen ebenfalls zwei gleichgroße Stahltüren ab. Gerade aus geht es in den neuen Fitnessraum, der mit acht auf acht Meter ganz schön groß ist. Nach links geht es in weitere zwei Räume von vier auf acht Meter, wobei der hintere Raum um eine abgeteilte Toilette mit Waschgelegenheit kleiner ist als der vordere Raum.
Hier werde ich mein Fotolabor und eine kleine Werkstatt zum bearbeiten, rahmen und kopieren von meinen Bildern einrichten. Da noch Geld von der Ausstellung und von den Bildern für das Ministerium übrig ist, ist das Einrichten kein Problem. Die farbliche Innengestaltung machen Mike und Dirk, PC und Drucker werden von Marvin angeschlossen und beim Aufbauen der Regale helfen Rolf und Paul.
Mit einem Lieferwagen aus Mikes Malerfirma holen wir die Sachen aus unserem Keller zu Hause her, wenn die Malerarbeiten fertig sind. Alle haben ihre Hilfe angeboten und ich greife auch gern darauf zurück. Kevin, der diese Woche Mittagsschicht hat, fährt mittags immer mit dem Rad zur Arbeit und solange es abends noch hell genug ist, auch mit dem Rad zurück. Wenn es am Abend regnet oder wenn es wieder früher dunkel wird, werde ich ihn und das Rad mit dem Auto am Hilton abholen.
Eingelebt haben wir uns gut und auch das Zusammenleben mit den Freunden klappt gut und macht Spaß. Die Sache mit dem Küchendienst und der Verpflegung ist auch gut angelaufen und es musste noch keiner hungrig ins Bett gehen. Kevin, der wohl in Dresden schon immer seine Wäsche selber gewaschen hat, ist da echt fit und er macht meine natürlich gern mit. Meist wäscht er dann alles, was in den verschiedenen Truhen ist und auf Kevins Anregung hin hat jetzt jeder eine Nummer mit Wäschetinte in seine Kleider gemacht, so dass man die Teile nach dem Waschen auch zuordnen kann.
So gibt es jedenfalls kein Tohuwabohu bei den Kleidern.
Zu uns nach Hause fahren wir mindestens einmal in der Woche, das sind wir Mama und Papa schuldig, die uns immer noch unterstützen, wo sie können.
Bei Kevin hat jetzt das zweite Ausbildungsjahr begonnen, ab jetzt werden sie dann immer für drei Monate in einem anderen Bereich eingesetzt, mal im Service, dann in der Bar und so weiter damit sie alle Bereiche durchlaufen haben bis zur Abschlussprüfung nach dem dritten Jahr. Die Vergütung ist auch um hundert Euro gestiegen.
Für mich hat ja nun das dritte Semester begonnen und es macht mir immer noch Spaß und ich habe wohl für mich das beste Fach gewählt, finde ich.
Der Brunch am Samstag bei Remmers war super und das wir bei Martin und Kai geschlafen und sonntags noch zum Reste essen waren, das war auch toll. Kevin vermisst die zwei Bärenbrüder schon und dann muss ich ganz viel mit ihm schmusen und lieb sein zu ihm, um ihn von seinem Heimweh ab zu lenken. Auch der Fiffi fehlt ihm und obwohl sich die anderen sehr um den Hund kümmern, sobald Kevin auftaucht, hat der Hund nur noch Augen für ihn und weicht nicht von seiner Seite.
Der Anwalt der Frau Wörner hat Kevin mitgeteilt, dass sie jetzt wohl zu einem Pflegefall wird und nicht mehr ins Hotel, sondern in ein Pflegeheim hier in Bremen kommt. Wenn es soweit ist, will der Anwalt Kevin und den Fiffi mal abholen und die Frau dort besuchen. Ob sie den Fiffi dort haben darf, konnte der Anwalt jetzt noch nicht sagen.
Mit dem Auto bin ich sehr zufrieden und den längst überfälligen Sex darin hatten wir auch schon und es war echt geil, weil halt was anderes als immer nur Bett. Alles was man braucht zum Sex hatten wir ja schon am Anfang gleich gekauft und ins Auto gelegt. So können wir das tolle Erlebnis jederzeit wiederholen, wenn wir wollen. Hier auf dem Hof, der durch das Rolltor ja nachts abgesperrt ist, besteht auch keine Gefahr, von außen bespannt zu werden bei Sex im Wagen.
Bequemer ist es allerdings schon im Zimmer, im Bett oder im Bad, in der Wanne und dort finden dann auch die misten erotischen Spielchen statt und so richtig genug davon können wir beide nicht kriegen.
Es gibt zwischen uns eine ständige Spannung, die schon durch einen Kuss oder beim Umziehen, wenn man den anderen in scharfer Unterwäsche sieht, ausgelöst wird. Dann gibt er meist kein Halten mehr und es ist dann nicht eher vorbei, bis wir Sperma verspritzt und erschöpft auf oder bei einander liegen, voll befriedigt und rundum glücklich. Es ist so toll, dass ich ihn gefunden habe in Armins Keller, er macht mein Leben, unser Leben perfekt und wir sind einfach nur glücklich. Er holt sich jetzt all die Liebe und Zuneigung, die ihm als Kind und Heranwachsender so sehr gefehlt hat. Das alles findet er bei mir und auch bei Kai und Martin, nicht zu vergessen Lis, meine Eltern und alle Freunde hier. Die zeigen ihm auch immer wieder, wie sehr sie ihn mögen und das er hier rundum glücklich sein darf.
Mit einer Liste, was ich alles besorgen oder von zu Hause holen muss, damit ich hier loslegen kann, will ich jetzt zunächst mal zu Ikea fahren und die ersten Sachen, zwei Regale und einen Tisch, holen. Da alles zerlegt und verpackt ist, geht alles in den doch recht langen Avant. Zur Not bleibt die Heckklappe etwas offen stehen. Gurte zum festmachen habe ich vorige Woche schon bei Papa geliehen.
Ich geh noch kurz hoch, Geldbeutel und Schlüssel holen und ich sage Jerome, der mit Sergej und Mike im Wohnbereich sitzt, das ich zu Ikea fahren will. Mike bietet mir an, mit zu fahren und mir zu helfen. Auch Jerome und Sergej wollen mit dem Kombi mitfahren. Wenn das so ist, kann ich ja gleich alles, was ich von dort brauche, kaufen und her transportieren und brauche nicht noch einmal dorthin zu fahren. Erfreut nehme ich das Angebot an und mit zwei Autos und vier Leuten fahren wir los. Es ist einfach toll, wenn man gute Freunde hat.
Am Dienstagabend, nach dem Essen haben wir alle im Wohnbereich gesessen zusammen mit Jerome die Geräte für den Fitnessraum rausgesucht und dann auch per Internet bestellt. Marvin wird mit Genehmigung von Kevins Onkel Rufus den neuen Raum aufsperren und die Geräte, wenn sie angeliefert werden, dort rein stellen oder fahren lassen. An den Nachmittagen können wir uns dann ja selber darum kümmern, wenn wir von der Uni zurück sind.
Bis zum Samstag soll alles da sein, bis auf ein Gerät, das kommt erst am Montag darauf. Aufstellen und befestigen, wenn nötig, werden wir die Geräte mit Martin und Kai zusammen und Steckdosen zum Einstecken der Geräte sind ja genug vorhanden. Es sind Profigeräte, wie sie in den Studios überall stehen, Jerome hat wie immer keine Kosten gescheut und Wert auf 1A Qualität gelegt. Wir haben uns alle vorgenommen, regelmäßig zu trainieren, um neben dem Kopf im Studium auch den Körper fit und leistungsfähig zu halten.
Das ich durch die Liebe zu meinem tollen Schatz in Kontakt mit Jerome und seiner Familie gekommen bin, ist etwas tolles, das mein Leben schon gehörig verändert hat. Als wir uns damals im Bürgerpark auf der Bank unsere Geschichte erzählt haben, hätte ich nicht im Traum gedacht, was danach alles geschehen ist und es ist einfach fantastisch, was sich alles so in Folge unserer Liebe ergeben hat.
Mit ihnen, mit Remmers, mein ich, und Martin und Kai, den Jungs und den Mädels so eng verbunden zu sein, ist einfach unglaublich gut für Kevin und mich und es ist einfach passiert, planen kann man so ein Glück nicht. Mein Vater war anfangs sehr skeptisch, was Jeromes Familie und ihre Bereitschaft, zu helfen anging und auch, was meinen Umgang mit diesen so „feinen“ Leuten betraf.
Nach der Ausstellung, dem Autokauf und auch durch Kevins Schilderungen über Lis, Carl August und nicht zu vergessen, die Oma, hat er seine Meinung geändert und nach dem Kontakt hier auf dem Eltern-und Handwerkerfest höre ich nur noch Gutes über Jeromes Familie und das ist jetzt OK, das ich da dabei bin, bei den Freunden um Jerome und Sergej. In Emden hatte ich nach Ingos Umzug keine echten Freunde mehr und das sich durch den Umzug nach Bremerhaven neben Armins Elternhaus alles so verändern würde, wer hätte das schon gedacht und das ausgerechnet ich schüchterne Klemmschwester den Jungen finden würde in Armins Keller, der mich so unsagbar glücklich macht. Tja, Sachen gibt’s, die gibt’s eigentlich gar nicht.
Frank, Donnerstag, 26.08., Sechzehn Uhr, in Nordenham, im Haus seiner Eltern, in seinem Zimmer mit Ole.
Ich bin fix und fertig jetzt. Ole hat mir die Leviten gelesen, aber so richtig und zum ersten Mal, seit wir zusammen sind und das Schlimmste war, das er gefragt hat, ob ich jetzt zu seinem Paul mutiere.
Meine Eifersucht sei unverständlich und oft auch unerträglich für ihn und so könne das nicht mehr weitergehen auf Dauer, hat er gesagt.
Dann hat er Beispiele gebracht, wo ich unsere Freunde mit bösen Blicken bedacht haben soll, wenn sie Ole mal umarmt haben. Ich gebe ja zu, dass mir dieses dauernde Umarmen durch andere als mich nicht gefällt, schließlich ist er ja mit mir zusammen und nicht mit Wolfi, Kevin oder Jerome. Die sollen ihre Schätzchen umarmen und nicht meinen.
Ole ist offensichtlich richtig sauer, weil ich mich aus seiner Sicht unmöglich verhalte, Freunde böse anschaue, ihm angeblich nach spioniere, immer dabei sein will, wenn er sich mit anderen Männern, wie beispielsweise diesem gut aussehenden Anwalt trifft.
Er hat echt zu mir gesagt, das ich mit meinem Verhalten unsere Beziehung gefährde, das trifft mich schon hart, weil ich nur ihn liebe und sonst keinen. Er ist mein Traummann und niemand sonst kann mich glücklich machen. Warum regt er sich so auf, dass ich ihn mit niemandem teilen will, was mache ich denn falsch, das er so was denkt? Er ist mein Freund und keiner hat ihn zu begrabschen oder zu umarmen außer mir, so sehe ich das und das werde ich ihm auch plausibel machen, das ich und sonst keiner sein Schatz ist.
„Frank“, sagt er jetzt, „du warst am Anfang unserer Beziehung das Opfer krankhafter Eifersucht bis hin zur Brandstiftung durch Paul, hast erlebt, wie furchtbar das sein kann und bist nun genau so drauf, wenn es um mich und den Kontakt zu unseren Freunden geht. Wir sind fest zusammen, aber ich bin nicht dein Eigentum und ein Berühren durch Freunde ist nicht verboten. Ob und mit wem ich mich umarme, treffe oder rede, ist immer noch meine Sache und das ich dich jemals betrügen würde, das ist einfach Quatsch. Ich liebe dich und nur dich und das weißt du, weil es von Beginn an nicht anders war. Ich könnte es nicht ertragen, das du so wirst wie Paul, dein Exfreund, du bist auf dem besten Weg dahin und das ertrage ich nicht. Ich will glücklich sein mit dir, bin dir treu, weil du von Anfang an der Mann meiner Träume warst, aber unsere Freunde gehören zu unserem Leben, wir wohnen nicht in einer „Du und Ich Welt“, sondern in einem tollen Umfeld mit vielen Freunden und auch tollen Erwachsenen und das ist etwas, das ich nicht aufgeben werde, nur weil du in jedem Freund oder Bekannten jemanden siehst, mit dem ich ins Bett gehen könnte. Mit so einem Mangel an Vertrauen kann ich nicht lieben, nicht leben, entweder, du vertraust mir, so wie ich dir blind vertraue, oder aber ich werde, auch wenn es mir wahnsinnig schwer fällt, diese Beziehung beenden, auch wenn es mir das Herz bricht. Ich habe gezittert, gehofft und auch geweint, bis wir endlich zusammen waren und ich war einfach nur glücklich mit dir, bis dieses mir absolut unverständliche Gezicke angefangen hat, das jetzt so schlimm geworden ist, das ich es nicht mehr ertragen kann.
Ich hoffe, dass dich meine Worte noch mal auf den Boden der Tatsachen zurück holen, dass es hier keinen Freund und keinen Mann gibt, der mich dir wegnehmen will. Ändere dein Verhalten, werde noch mal der Frank, in den ich mich mit Haut und Haaren verliebt habe, bitte. Einen anderen Frank will ich nicht, will keinen Paul, der dir so übel mit gespielt hat. Versteh das bitte und tu was dagegen, sonst sehe ich keine Zukunft für uns.“
Es ist totenstill im Zimmer nach dem, was Ole gesagt hat. Mir wird gerade der Ernst dieser Unterhaltung klar, unsere Beziehung droht zu zerbrechen und ich soll schuld sein. Bin ich das?
Bin ich das wirklich? Was tue ich denn böses? Bin ich echt wie Paul? Ich weiß es nicht, nicht jetzt.
Das sag ich auch, sag ihm, das ich nicht Paul bin und das ich ihn halt nicht mit Hinz und Kunz teilen will, auch nicht, wenn es unsere Freunde sind.
„Du teilst mich mit niemand und das weißt du auch“, sagt er, genervt, „ich habe nicht vor, dich mit irgendwem zu betrügen und ich sage es jetzt noch einmal zum mit schreiben, wenn du mir nicht vertraust, dann wird es für uns keine Zukunft geben. Ich kann mit einem Paul an meiner Seite nicht leben. Ich denke, damit du das begreifst, müssen wir mal eine Pause machen in unserer Beziehung, du scheinst mir nicht zu glauben, dass ich dieses Eifersuchtsgehabe nicht mehr ertragen kann.
Ich werde morgen ein anderes Zimmer in der WG beziehen und unseren Freunden auch sagen, warum. Dann kannst du dir in aller Ruhe überlegen, ob du weiterhin mit mir zusammen sein willst. Wenn, dann ohne diese ständige Eifersuchtskiste, wenn nicht, dann war es das. Es fällt mir schwer, meinen Traum von einem Leben mit dir aufzugeben, aber so wie es zurzeit läuft, kann ich das auf Dauer nicht, da geh ich dran kaputt.
Such am besten einen Psychologen auf, die Sache mit Paul, mit dem Hund und mit dem Feuer, das musst du erst mal richtig verarbeiten, das hat dich letztendlich doch sehr, sehr stark verändert, finde ich.
Mach was, so jedenfalls, wie es jetzt ist, das kann und will ich nicht ertragen auf Dauer. Rede mal mit den Anderen darüber, von denen traut sich fast keiner mehr, mich anzuschauen, aus Angst das du sie mit argwöhnischen, ja manchmal fast mörderischen Blicken ansiehst.“
Er geht nach unten, traurig, hab ich das Gefühl und nachdenklich bleibe ich zurück. Ein Taxi, die Klingel und dann Mama, mit der Frage, was los ist mit uns, lassen mich realisieren, das er fort ist, nach Bremerhaven oder nach Bremen, zu den Anderen, ohne mich. Mir wird ganz kalt, ist das das Ende?
Bin ich wirklich so geworden, wie er es eben gesagt hat? Bin ich echt jetzt so unerträglich eifersüchtig? Ich muss dringend mit jemanden reden, mit einem, der uns gut und von Anfang an kennt, der weiß, ob ich mich so verändert habe, so wie Ole es gesagt hat vorhin.
Bin ich echt auf dem Weg, ein zweiter Paul zu werden, ich war doch früher nie eifersüchtig. Was ist nur los mit mir?
Ich erzähle spontan alles meiner Mutter, die mich, nach dem mir jetzt die Tränen kommen, fest in den Arm nimmt.
„Das kriegen wir schon wieder hin, mein Junge“, sagt sie und streicht zärtlich durch mein Haar. „Wir werden das alles mal mit einem guten Psychologen besprechen“, sagt sie, „ich habe da einen guten, den mir die Leute von der Krankenversicherung empfohlen haben, die Kosten werden wir der Versicherung von Paul präsentieren, ein Attest und eine Überweisung bekommst du von unserem Hausarzt.
Das Beste wird sein, du bleibst heute Nacht erst mal hier und gehst Morgen nicht zur Uni, sondern zu Doktor Klewer und regelst das. Schreib Ole eine Mail, entschuldige dich zunächst mal für alles und schreib ihm, was du morgen tun wirst. Dann sieht er, dass du einsichtig bist und was verändern willst. Das wird ihn freuen, denn er liebt dich sehr.“
Mamas Idee finde ich gut und Ole werde ich schreiben, dass er im Zimmer wohnen bleiben soll. Ich werde mich krank melden und schnellstmöglich mit dem Psychologen Kontakt auf nehmen.
Wolfi und Kevin werde ich bitten, mich am Wochenende zu besuchen, ich will einfach wissen, ob sie mich auch als eifersüchtigen Pitter wahr genommen haben.
Ich bin fest entschlossen, das Problem schnellstmöglich in den Griff zu kriegen, ich will und darf meinen Schatz nicht verlieren, dafür liebe ich ihn zu sehr. Wenn unsere Beziehung zerbrechen würde, dann hätte Paul, mein Ex letztendlich doch gewonnen und ich hätte die Liebe meines Lebens, denn genau das ist Ole für mich, für immer verloren.
Das könnte ich nicht ertragen.
Ole, Freitag,27.08., abends um siebzehn Uhr dreißig. im Wohnraum der WG mit Jerome, Sergej, Wolfi und Kevin, Paul und Rolf, so wie Noah, Mike und Dirk, Ralf und Alex.
Wir sitzen jetzt schon fast eineinhalb Stunden hier, haben gegessen und geredet und fahren in wenigen Minuten zur Fahrschule in den Unterricht. Gesprächsthema ist die Krise zwischen Frank und mir und ich habe alle über den Stand der Dinge informiert.
Heute Morgen, als die Jungs Franks Fehlen bemerkt haben, war kaum Zeit für Erklärungen. So haben wir uns um sechzehn Uhr zusammen gesetzt und ich habe alles, was mich so bedrückt hat in der letzten Zeit, eigentlich ja erst, seit wir hier zusammen wohnen, erzählt und auch, dass ich Frank praktisch ein Ultimatum gestellt habe.
Die anderen Jungs haben dann berichtet, wie sie diese unberechtigten Eifersüchteleien empfunden haben und auch von dem ein oder anderen erfolglosen Versuch, Franks Ängste zu zerstreuen. Eine Erklärung für Franks Verhalten gibt es eigentlich nicht und so vermute ich nicht allein, das jetzt der ganze Scheiß mit Paul hoch kommt bei Frank und das er mit professioneller Hilfe versuchen muss, all die schlimmen Ereignisse zu verarbeiten.
Das ist bisher ja nicht geschehen und jetzt kommt alles hoch und er guckt jeden, der mich anguckt, böse an, ist ähnlich wie Paul eifersüchtig auf alles und jeden, der mit mir in Kontakt kommt.
Dass ich mit so was nicht leben und lieben kann, versteht hier jeder und obwohl es mir wahnsinnig weh getan hat, habe ich eine Auszeit verkündet und Forderungen in Bezug auf sein Eifersuchtsproblem gestellt.
Seine Nachricht noch gestern Abend und ein Anruf seiner Mama heute Morgen haben mich wissen lassen, das er sich umgehend um Hilfe bemüht, das es ihm sehr leid tut und das er nur mich liebt und mich nicht verlieren will. Auch ich will ihn, nur ihn und sonst keinen, aber ich will ihn wieder so, wie er zu Anfang, in den ersten Wochen unserer Beziehung war.
Diesen Frank, der mich einfach nur glücklich macht, der gut mit allen unseren Freunden auskam, den will ich wieder haben. Keinen, der mich misstrauisch beobachtet, wenn ich mit Jerome, Kevin oder Tom rede, keinen, der mich argwöhnisch betrachtet, wenn ich mit einem heterosexuellen Anwalt rede, ja sogar Martin hat schon böse Blicke ab bekommen, als er beim Brunch einen Arm um meine Schulter gelegt hat. Gut, das Martin das nicht bemerkt hat.
So kann ich nicht leben und nicht lieben, ich hoffe aber, dass es ihm gelingt, eben diesen netten, offenen und liebenswerten Frank wieder zu finden, den ich so doll liebe und der mich glücklich macht.
Jetzt müssen wir aufbrechen, wenn wir noch pünktlich zum Unterricht kommen wollen. Hoffentlich kann ich mich genügend konzentrieren mit all den Gedanken an und über ihn. Mit Mutsch habe ich um halb drei heute eine viertel Stunde telefoniert und es hat ihr sehr leid getan, das wir solche Probleme haben. Sie glaubt aber auch fest daran, dass Frank alles daran setzt, seine Eifersucht in den Griff zu kriegen, weil er mich doch sehr liebt und mich nicht verlieren will.
Wir gehen runter und fahren los, Wolfi fährt uns, Kevin, Alex und mich, aber auch Dirk, der sich am Dienstag angemeldet hat.
Noah hat den Roller dabei und auch Rolf fährt mit Paul auf dem Roller und später dann von dort aus mit Paul zu sich heim. Sein Opa hat morgen Geburtstag und da sie ja am Samstagmorgen immer die Werkstatt aufräumen, bleiben sie bis Sonntagnachmittag bei Rolf zu Hause.
Enrico wollte versuchen, um achtzehn Uhr an der Fahrschule zu sein, Josch will heute für ihn einspringen in der Hotelküche. Pünktlich sind wir dort, Rico ist auch da. Ich kann sogar dem Unterricht einigermaßen folgen.
Trotz dem muss ich oft an meinen Schatz denken, den ich schon sehr vermisse.
Die anderen, Jerome, Sergej und Ralf, sowie auch Mike sind in der WG geblieben, räumen den Tisch ab, machen die Küche klar und warten darauf, dass wir um halb Neun zurück kommen.
Lis, Freitag, 27.08., zwanzig Uhr, mit Carl August im Wohnzimmer.
Heute habe ich doch tatsächlich einen Brief von meiner Schwester, von Alex Mutter Henriette, bekommen und ich bin mir noch nicht schlüssig, ob ich sauer oder eher amüsiert sein soll über ihr Geschreibsel.
Zunächst teilt sie mir mal mit, das sie von uns erwartet, mit Alex an der Urnenbeisetzung ihres älteren Sohnes im Berliner Familiengrab teil zu nehmen.
Darüber hinaus erwartet ihr Mann, das Alexander nun vernünftig wird, die schwule Phase beendet und die Linie derer von und zu Reventlov fortsetzt, natürlich Soldat wird, heiratet und Kinder zeugt, wenn möglich Söhne und in der Familie seinen angestammten Platz ein nimmt. Alexander wird, falls er dem Willen seines Vaters nicht nach kommt, enterbt und aus dem Familienverbund aus geschlossen. Unterhaltsforderungen werden ignoriert und man wird versuchen, seinen Anspruch auf den Titel des Grafen wegen unüberbrückbarer Differenzen zu löschen.
Wenn Alex einsichtig zurück kehrt, will man uns die als Entführung angesehene Befreiung des Jungen gnädig verzeihen und einen normalen verwandtschaftlichen Kontakt mit uns pflegen.
An dieser Stelle des Briefes musste ich zum ersten Mal laut lachen.
Ich frage mich, ob die echt so bescheuert sind, zu glauben, dass der Junge oder wir nun tatsächlich auf ihre absurden Forderungen reagieren, so wie sie das gerne hätten. Ich trau mich fast gar nicht, dem Jungen von dem Brief zu erzählen, weil das wieder mal ein erneuter Schlag unter die Gürtellinie von Alex ist, dem ja eigentlich schon übelst genug mit gespielt worden ist.
Er hat sich jetzt gerade mal ein wenig gefangen, mit der Schule läuft es auch Dank der Freunde, die er ja nun in der Klasse hat seit der Schiffstour. Und auch Lehrstoff mäßig läuft es, er ist fleißig, will einen guten Abschluss und der Ralf ist die beste Medizin, um seine seelischen Kratzer und Wunden zu heilen.
Die Beiden gehen sehr liebevoll miteinander um und haben sich in den Kreis der Jugend um Ole und Jerome und die Anderen gut eingebracht. An den Wochenenden wohnen sie jetzt ja bereits mit in der WG und gewöhnen sich so an nächstes Jahr, wenn beide dann ebenfalls das Studium aufnehmen werden und auf Dauer dort einziehen. Natürlich ist dort jetzt auch mehr los für die Jungen, nachdem die WG jetzt bewohnt wird und wohl zum Haupttreffpunkt für alle wird. Aber da alle auch hier bei uns noch ein Zimmer haben, werden sie auch des Öfteren hier bei uns sein.
Carl August reicht mir Henriettes Brief zurück, den ich ihm vorhin zum Lesen rüber geschoben habe. Seine Stirn zeigt Falten, er ist sauer und guckt böse.
„Die haben echt den Schuss nicht gehört, die Herrschaften von und zu“, sagt er, „die kann doch nicht im Ernst annehmen, das wir zur Beisetzung dieses Mörders nach Berlin kommen, oder? Alex wird das nicht wollen und wir haben doch da erst recht nichts verloren. Auf die Unterhaltsforderung für Alex und die Aufforderung zur Herausgabe seiner persönlichen Sachen ist bisher keine Reaktion erfolgt, so dass Oliver jetzt das Gericht bemüht, um Alex Rechte durch zu setzen. Uwes Eltern sollten überlegen, ob sie aus dem Nachlass von Alex Bruder Schadenersatz verlangen wollen, zumindest, um die Kosten der Bestattung zurück zu erhalten.
Oliver soll ihnen Montag mal unsere Hilfe anbieten. Der Autoversicherer sollte auf jeden Fall zahlen müssen. Alex soll dann mal bei Uwes Eltern anrufen, damit diese eine Aufstellung aller Kosten einschließlich des Rollers erstellen und uns mailen, damit Oliver die Forderungen geltend machen kann.“
„Alex ist mit Ralf in die WG und von dort mit in die Fahrschule. Beide bleiben über Nacht dort, wahrscheinlich sogar bis Sonntag“, sag ich zu meinem Mann.
Natascha kommt jetzt mit Paolo, sie waren noch in der Stadt, wollten Eis essen und bummeln. Beide setzen sich zu uns und ich biete ihnen ein Glas Wein an, wir haben einen sehr fruchtigen, halbtrockenen Rose aus der Toskana in einem Weinkühler auf dem Tisch stehen.
Natascha holt zwei Gläser und Carl August schenkt den Beiden ein, dann stoßen wir an und mein Mann sagt: „Auf Euch“, und nickt den beiden zu. Sie sehen sehr zufrieden aus und man sieht ihnen ihr derzeitiges Glück richtig an und ich freue mich für die zwei, dass es so gut läuft.
Mit den Partnern unserer Kinder sind wir sehr zufrieden und bei beiden Verbindungen habe ich oft das Gefühl, das es was für immer sein könnte und das, obwohl sie noch so jung sind. Mir soll es recht sein und auch mein Schatz ist zufrieden mit der Wahl unserer Kinder.
Sollte Alex sich wie geplant, gern in Zukunft Remmers nennen wollen, so steht dem nach dem Brunch neulich, bei dem ich mit Jerome, Natascha und Oma Gesine gesprochen habe, nichts mehr im Wege. Wenn er mir das am Sonntagabend bestätigt, werden wir das am Standesamt beantragen und dann auch zum Abschluss bringen, darüber ist sich die Familie einig.
Da ich ihm ja nun auch noch von dem Brief seiner Mutter, ich sträube mich, sie so zu nennen, berichten muss, schicke ich ihm eine SMS mit der Bitte, am Sonntag nach der Rückkehr aus Bremen zu uns runter zu kommen. Dass er den Ralf, wenn beide das möchten, gerne mitbringen kann, schreibe ich dazu. Eine Bestätigung lässt nicht lange auf sich warten und so sage ich Carl August, das die Beiden zu uns kommen am Sonntag, zum Reden.
Oma und Frieda, mit einer Flasche Edelbrause kommen ins Zimmer. „Uns war es oben zu ruhig“, sagt meine Schwiegermutter, „dürfen wir bei euch ein bisschen mit reden?“
„Setzt Euch“, sag ich, „Ihr habt uns bislang nicht wirklich was von Eurer Kur erzählt, vielleicht wollt ihr das ja jetzt mal tun?“
„Später vielleicht“, sagt die Oma, „wir wollten eigentlich wissen, was denn mit Frank und dem Ole los ist. Frau Jensen hat sich da nicht so richtig geäußert dazu und da uns gerade der Ole sehr ans Herz gewachsen ist, wollten wir wissen, ob ihr da was Konkretes wisst?“
„Nun, es geht wohl darum, das der Frank jetzt plötzlich sehr, sehr eifersüchtig ist“, sag ich.
„Von Jerome weiß ich, das Ole damit ein großes Problem hat, dass Frank ihm nicht vertraut“, fahre ich fort, „ es nimmt wohl Ausmaße an, die selbst die Freunde mit in diese Eifersuchtsattacken mit ein bezieht. Argwöhnische und oft böse Blicke treffen jeden, der Ole anschaut oder gar umarmt und das stört Ole gewaltig und er will nicht, das Frank diesem Psychopaten Paul, seinem Ex Freund, nach eifert, das ist wohl das Problem.“
„Das hört sich nicht gerade gut an“, meint Frieda, „Eifersucht, so sie denn so ausartet, hat schon mancher Beziehung ein Ende bereitet. Hoffentlich kriegen die zwei das wieder hin.“
„Das bleibt abzuwarten, ich denke aber, dass sie sich sehr bemühen werden, alles noch mal ins Lot zu bringen“, sag ich und schließe das Thema damit ab.
Die zwei fragen nach Robin und so erzähle ich alles, was ich dazu weiß und da der kleine Robin mir fast täglich schreibt und wir auch über Skype kommunizieren, kann ich beiden einen fast lückenlosen Bericht über die „Mission Herzbube“ geben.
Als ich am Ende der Berichterstattung angelangt bin, wird das letzte Glas Cremant auf Robins Genesung getrunken.
Paolo und Natascha sind schon vor einer halben Stunde nach oben gegangen, Paolo geht früh arbeiten und macht dann noch die Nachhilfe im Zeichnen, muss also um viertel vor Sieben raus.
Frieda und Oma berichten nun Kurdetails und da der Cremant alle ist, hole ich die Notreserve, die immer bei uns steht, aus unserem Kühlschrank für die Beiden.
Nun kommt das Gespräch auf Alex und ich lese den Beiden den Brief vor, den meine Schwester geschickt hat.
„Das du damals weg gelaufen bist von diesen Idioten“, sagt Oma jetzt, „kann ich gut verstehen. Die haben echt alle einen Riss in der Schüssel. Dem armen Jungen konnte nichts Besseres passieren, als Euch und Kevin und seinen Wolfi in Berlin zu treffen. Er soll alle Brücken abbrechen zu diesem Pack und soll hier ein ordentlicher Remmers werden. Das ist total in meinem Sinn, das er vollkommen neu und unbeschwert in die Zukunft starten kann mit dem Ralf und ohne dieses Gesocks, das den Namen Familie nicht verdient.“ Sie hat sich richtig in Rage geredet, meine Schwiegermutter und sie hat einfach nur recht.
Nach dem wir noch ein bisschen über andere Dinge geredet haben, die Flaschen leer sind und die Uhr zeigt, dass es zweiundzwanzig Uhr vorbei ist, werden wir jetzt mal die Betten auf suchen und ins Wochenende hinein schlafen.
Alex, Sonntag, 29.08. einundzwanzig Uhr, auf dem Bett mit Ralf und dem ersten Tagebuch von Uwe.
Um achtzehn Uhr dreißig, nach einem frühen Abendbrot mit unseren Freunden in der WG sind Ralf und ich zurück nach Bremerhaven gefahren. Paolo und Natascha, die zu Besuch in der WG waren, haben uns mitgenommen, so das Martin oder Kai nicht extra kommen mussten, um uns ab zu holen.
Ralf bekommt am Mittwoch sein neues gebrauchtes Auto, einen Audi A 4, mit den Beziehungen zu einem tollen Preis und wir freuen uns sehr darauf, dass es geklappt hat und wir dann auch mobil sind.
Am ersten Oktober geht Ralf dann bis zum Beginn des Studiums wieder zurück ins Hilton, der Job als Aushilfsfahrer füllt ihn nicht aus, hat er zu Onkel Carl August gesagt und der war mit Ralfs Wunsch einverstanden.
Martin und Kai schaffen die Fahrerei locker alleine, auch weil die Jungen nicht mehr im Haus sind und sich wohl auch jetzt selber fahren. Tante Lis hatte mir gestern eine SMS geschickt, dass wir doch bitte, Ralf und ich, um neunzehn Uhr dreißig bei ihr sein sollen, es gäbe Gesprächsbedarf. Also waren wir pünktlich dort und wurden von Tante Lis ins Arbeitszimmer des Onkels gebracht, der dort auf uns gewartet hat.
„Setzt Euch, Jungs“, sagte Carl August dann und zeigte auf die Ledercouch. Wir nahmen Platz, jeder vor einem bereits gefüllten Whisky Glas mit dem galaktisch guten Schnaps aus Onkels Hausbar.
Tante Lis setzte sich in den noch freien Sessel gegenüber, so dass wir beiden ins Gesicht schauen konnten. Ich war gespannt, was es jetzt wieder neues gab und schaute den Onkel fragend an. Der nahm ein Briefkuvert und an dem aufgedruckten Wappen sah ich direkt, von wem es gekommen war.
Nicht schon wieder die, war mein erster Gedanke, als er jedoch den ebenfalls mit unserem Wappen verzierten Briefbogen heraus nahm, war mir klar, dass meine Exsippe wohl geschrieben hat und es überkam mich ein ungutes Gefühl. Meine Rechte suchte Ralfs Hand und umklammerte sie.
Der Onkel setzte eine Lesebrille auf und begann, den Inhalt zu verlesen.
Mit jedem Satz, den er vorlas, stieg meine Wut und als er fertig war, musste ich erst drei Mal tief Luft holen, sonst wäre ich geplatzt. Ralfs beruhigend streichelnde Hand auf meinem Rücken, zwang ich mich, so ruhig wie möglich zu antworten: „Ich werde auf keinen Fall an der Beisetzung von Uwes Mörder teilnehmen und hoffe, das ihr das auch nicht tut. Ich habe nicht die Wahl, mein Schwul sein aufzugeben, will es auch gar nicht mehr und ich will mit dieser Bande nichts mehr gemeinsam haben, den Namen nicht und erst recht nicht diesen Titel, den der Mörder wohl auch auf seinem Grabstein trägt. Das ist mein letztes Wort und ich werde das schriftlich über einen hiesigen Notar an diese Brut übermitteln lassen. Das ist mein letztes Wort in dieser Sache.“
„Wir werden selbstverständlich auch nicht dorthin fahren“, sagte der Onkel, „und das mit dem Namen und dem Titel und allem besprichst du am Mittwoch nach der Schule mit unserem Rechtsexperten Oliver Salm, den ich für fünfzehn Uhr her gebeten habe. Er berät dich und stimmt sich mit dir über das weitere Vorgehen ab, macht dann auch für uns den Termin auf dem Standesamt, dort wird dann der Name geändert.“
Die Tante sagt dann: „Wenn du einverstanden bist, werde ich deiner Mutter zunächst einmal für diese Beisetzung absagen, alles andere können wir ja nach dem Mittwochstreffen besprechen, was meinst du?“ „OK“, sag ich, „darf ich das lesen, was du schreibst, bevor du es fortschickst?“, frage ich. Sie grinst kurz, sagt: „Sicher. Wir können es auch zusammenschreiben, wenn du möchtest.“
„Ja, das wäre toll“, sag ich, „morgen nach der Schule, ist das OK für dich?“
„Gerne, komm einfach runter“, sagt sie, „ich bin dann da.“ „Gestern vor einem Jahr ist Uwe ermordet worden“, sag ich leise, dann steh ich auf, ziehe Ralf mit hoch, will nach oben mit ihm. Es ist jetzt total still, alle Augen ruhen auf mir. Ich wende mich zum Ausgang.
Danach sind wir dann hoch gegangen, unterwegs, im Auto hatte ich schon zu Ralf gesagt, das ich gern mit den Tagebüchern anfangen würde und ob er dabei bei mir ist, mich hält. Ich weiß, dass es viel verlangt ist, aber allein, ich weiß nicht, ob ich das verkrafte.
Er hat mich geküsst und mir versprochen, mich im Arm zu halten, wenn ich lese. Er ist einfach ein Schatz und jetzt meiner.
Er sitzt mit dem Rücken am Kopfende und ich zwischen seinen Beinen, an seinen warmen Bauch gelehnt. Zögernd und nervös schlage ich das erste Din A 5 Heft auf, Uwes Schrift auf den eng beschriebenen Seiten zu sehen, lässt jetzt schon, bevor ich nur ein Wort gelesen habe, meine Augen nass werden. Von rechts kommt Ralfs Hand, hält mir ein Tempo hin. Ich sagte doch er ist ein Schatz. Dann, nach zwei Minuten, beginne ich zu lesen, laut, so, dass er mithören kann. Da ich die Ereignisse, die Uwe zunächst schildert, selber mit erlebt habe, lese ich nur das laut vor, was wichtig für das Verstehen des Geschehens zwischen uns ist, wichtig für das Verständnis, wie es begann und wie intensiv unsere Zweisamkeit war. Ein großer Druck lastet auf mir, einer der schönsten Zeiträume meines Lebens erscheint beim Lesen wieder greifbar, aber auch die schlimme Gewissheit, dass mein Bruder dem Leben des Uwe ein gewaltsames Ende gesetzt hat. Wäre mein Bruder, das Schwein, nicht schon tot, würde ich mich nicht scheuen, zu versuchen, ihn umzubringen, auch wenn es einfach nur blinde Rache wäre und Uwe davon nicht wieder zurück kommen würde. Ich bin normal gegen jede Art von Gewalt, bei ihm jedoch……na ja, ich denke, jeder hatte schon mal dieses Gefühl, oder?
Uwes Tagebuch, Teil eins.
Munster, Montag, 02.März 2009, in der ersten Stunde.
Wir haben Mathe, bei Frau Dreier, als es an die Türe klopft. Der Direx kommt rein mit einem Jungen, etwa einsachtzig groß, schlank, mit roten Haaren und süßen Sommersprossen, oh Gott, ich schmelze, wie gut sieht denn der aus.
„Das, meine Damen und Herren, ist ihr neuer Mitschüler Alexander Graf von und zu Reventlov, der ab heute ihre Klasse besuchen wird.“, sagt der Direx,“ „sein Vater wurde zur hiesigen Garnison versetzt und nun gehört er zu eurer Klasse.“ Er nickt der Dreier zu und verschwindet wieder. Zurück bleibt diese Sahneschnitte, dieser tolle junge Mann, der mir sofort so sympathisch ist. „Alexander, stellen sie sich bitte kurz vor, damit wir wissen, mit wem wir in der Zukunft das Vergnügen haben, dann nehmen sie Platz, dort neben Uwe ist noch ein Platz frei oder da an der Seite bei Natalie“, sagt die Dreier. Er holt kurz Luft, sagt dann: „Ich heiße Alexander, Reventlov reicht, der Titel und das von und zu muss ich eigentlich nicht haben. Freunde dürfen auch einfach Lex sagen. Ich bin seit kurzem siebzehn und habe vorher in Kassel gewohnt. Als Kind eines Offiziers ist das regelmäßige Umziehen hier bestimmt auch einigen bekannt.“ Jetzt schaut er zu Natalie, die ihn erwartungsvoll ansieht, dann zu mir und………oh Gott, er kommt zu mir, an meinen Platz, ich geh kaputt.
Ich habe dem Rest des Schultages fast nur gerade aus geguckt, mich kaum getraut ihn anzusehen. Nach dem Unterricht ging ich zu meinem Roller und fuhr nach Hause. Fünfzig Meter nach Verlassen des Schulhofs ist eine Ampel, an der ich halten muss. Plötzlich hält er mit einem Fahrrad neben mir. Es wird grün, er fährt los und gewährt mir einen tollen Blick auf seinen Superpo, WOW, was für ein Arsch. Langsam fahre ich, den Anblick genießend, zu ihm auf und dann vorbei, winke kurz mit der Hand, obwohl er mich unterm Helm nicht erkennen kann. Den Rest des Tages träume ich von ihm.
Am nächsten Morgen
Ich bin etwas früher gefahren, habe mich dann beim Fahrradständer aufgehalten, auf ihn gewartet, bin aber beim Läuten zur Stunde in die Klasse. Er kam vier Minuten zu spät, wir hatten Bio und der Lehrer, Herr Schumann hat nur gesagt, er solle schnellstens an seiner Pünktlichkeit arbeiten. Ein Blick in sein Gesicht, er sitzt jetzt neben mir, zeigte eine Rötung, was ihn aber für mich noch attraktiver machte. In der Pause reden wir zum ersten Mal mit einander, seine Stimme macht mich an, aber er scheint nicht schwul zu sein. Ich erfahre, dass er nur eine Straße weiter wohnt als ich, da wo die meisten Soldaten wohnen.
Da wir fast vier Kilometer zur Schule fahren müssen, biete ich ihm an, ihn mit dem Roller mit zu nehmen. Zuerst will er nicht so, aber dann willigt er doch ein und kommt morgen früh mit dem Rad zu mir. Einen zweiten Helm habe ich, da meine Schwester ab und zu mit mir fährt. Ich freue mich drauf, dass er hinter mir sitzen wird und sich an mir festhält. In meiner Fantasie natürlich da, wo ich seine Hände besonders gerne spüren möchte. Das ich bei solchen Gedanken hart werde, bleibt nicht aus und ich rücke soweit vor, das der Tisch meine Latte verdeckt.
Ich erzähle Ralf in dessen Armen ich auf dem Bett sitze.
„Ab da fuhr ich immer mit ihm zur Schule und auch wieder zurück. Kurz danach, etwa um den 10. März blieb ich das erste Mal bei ihm zum Aufgaben machen. Mittlerweile verstanden wir uns ganz gut und ich lud ihn auch zu mir ein für den kommenden Samstag. Meine Leute hatten, als sie erfuhren, dass sein Vater Major war, nichts gegen seine Besuche bei mir und auch nichts gegen meine bei ihm, auch nicht, wenn es mal über Nacht war. Das war aber dann meistens bei ihm.“
Uwe, 14. März
Ich war heute zum ersten Mal bei Lex, wie ich ihn nennen soll. Sein Vater ist Oberst, sie haben ein Haus für sich allein, wir wohnen mit mehreren Familien, drei sind es, zusammen in einem Haus. Sein Vater tickt ganz anders wie meiner, der ist der Kommiss in Person, laut, steif, preußisch, alles immer „zack, zack“, furchtbar, seine Mutter macht auf sehr vornehm. Herr Graf und Frau Graf wollen sie genannt werden, bescheuert, finde ich. Alex dürfte es zu Hause nicht leicht haben. Er hat noch einen älteren Bruder, der ist auch Soldat. Ich bin froh, dass meine Eltern anders sind. Silke, meine zwölfjährige Schwester ist auch OK. Nun weiß ich, warum Alex lieber bei mir Hausaufgaben macht und mit mir abhängt. Wir haben uns sehr schnell angefreundet und auch meine bisherigen Freunde können Alex gut leiden.
Alex, zu Ralf auf dem Bett
„Wir haben in Folge viel zusammen gemacht, mit seinen bisherigen Freunden kam ich gut klar. Sieben Leute waren wir, vier Roller waren da, so dass wir mobil waren. Keine Kirmes, kein Fest und keine Disco blieb unbesucht und wir waren auch öfter auf Party und so.
Dann kam der Mai und alles änderte sich. Ich hatte bemerkt, dass er bei mir Reaktionen hervor rief, die daraufhin deuteten, das ich mehr von ihm wollte, als nur Freundschaft und zu meinem Schrecken, ich dachte direkt an meine Familie, stellte ich fest, dass ich wohl schwul war.
Am 30. Mai waren wir bei Holger auf der Geburtstagsparty und wir hatten Schlammbowle und Bier getrunken. Ich wollte auch bei Uwe übernachten in dieser Nacht.“
Tagebuch, 30. Mai, Pfingstsamstag
Hammerparty bei Holger, wow, Lex und ich haben gut einen getrunken. Er ist, wie vereinbart, heute Nacht bei uns geblieben, bei mir im Zimmer.
Um eins sind wir los, bei Holger weg. Es ist etwa ein Kilometer zu Fuß, wir schwankten beide nicht schlecht. Die Nacht ist klar, es ist nicht kalt. „Halt mich, Uwe“, sagt er plötzlich und ich greife nach ihm.
Wir sind vom Weg runter geschwankt, gestolpert, bis auf die angrenzende Wiese, er knickt um, reißt mich mit, wir fallen. Ich liege halb auf ihm, schaue ihn an und er mich. Unsere Augen verhaken sich förmlich ineinander, es ist totenstill und dann sag ich: „Ich bin schwul und in dich verliebt.“ Dann schließe ich die Augen und warte, das er mich von sich schubst, mir eine knallt oder so was.
Weich und warm, mit dem süßen Geschmack der Schlammbowle behaftet, drücken sich seine Lippen auf meine, WOW, er küsst mich, hat meinen Kopf in seine Hände genommen. Ich schiebe meine Zunge an seine Lippen und sein Mund öffnet sich zögernd. Langsam schiebe ich meine Zunge an seine, beginne, mit ihr zu spielen. Sooo geil und das merke ich auch jetzt zwischen uns. Wir sind hart, beide aber so was von….. Ich glaub, ich träume.
Kevin, Montag, 30.08., zehn Uhr morgens, in der WG, beim Waschen der Wäsche.
Nach dem Sortieren habe ich nun Buntes bei vierzig Grad in der Maschine, eine große Ladung von Unterwäsche, T-Shirts, Shorts und Hemden und auch jede Menge Strümpfe, eine Maschine Schwarzes ist schon fertig und zum größten Teil im Trockner. Was nicht Trockner tauglich ist, das wird nach her, wenn die andere Maschine fertig ist unten zwischen zwei der drei Garagen, aufgehängt, denn da sind extra ein paar Leinen gespannt. Jerome will noch so ein paar Wäschetrockner zum Aufstellen auf dem Langen Flur besorgen, so welche zum Zusammen klappen, weil im Winter kann man nur selten was raus hängen.
Wolfi und ich haben Küchendienst heute und weil ich Mittagsschicht habe, hilft Mike ihm heute Abend beim Essen machen. Alles läuft gut und es macht Spaß, mit so vielen Freunden zu wohnen.
Gestern war ich mit Wolfi in Nordenham, bei Frank, der uns zu einem Gespräch unter Freunden gebeten hatte.
Er wirkte sehr nieder geschlagen und in seinem Zimmer fragte er uns dann, ob er sich wirklich so verändert hätte, wie Ole es ihm vorgeworfen hat. Ich sagte zu ihm: „ Wann genau das angefangen hat mit deinen Eifersüchteleien, weiß ich nicht mehr so genau, aber seit wir in der WG wohnen, ist es ständig mehr geworden, so das jetzt zum Schluss keiner der Freunde sich mehr getraut hat, Ole direkt an zu schauen oder gar zu umarmen, obwohl wir das ja des Öfteren tun, uns kurz in den Arm nehmen, dich übrigens auch. Ole, der ja nun wirklich nur dich liebt und zwar ganz doll, dem tut das weh, das du ihm überhaupt zutraust, mit jemand anderem außer mit dir was anfangen zu wollen, ist zu Recht sauer und er hat Angst, das die Beziehung an deiner für mich schon krankhaften Eifersucht zerbrechen könnte. Du bist sein Traummann, sonst niemand und das müsstest du eigentlich am besten wissen von allen.“
Wolfi, der zu allem genickt hat, sag: „Hol dir Hilfe, nimm einen Psychologen in Anspruch, mach was, damit ihr wieder zusammen kommt. Rede mit ihm, sobald du mehr erreicht hast, lass ihn täglich wissen, dass du nur ihn lieb hast und du ihn sehr vermisst. Komm bald wieder zur Uni und wenn ihr beide bereit seid, dann zieht auch wieder zusammen. Stell dich dem Problem, kämpfe gegen dieses unbegründete Gefühl der Eifersucht an, sag dir immer wieder, das er nur dich will, dann klappt das auch bald wieder.“
„Ich habe bereits Morgen einen Termin bei einem Psychologen, bei dem. Der auch meine Mutter seit dem Brand betreut, der also einen Teil der Geschichte um Paul, meinen Ex schon kennt. Ole meint, das alles hätte mich sehr verändert, weil ich es noch nicht verarbeitet hätte. Ich hoffe, dass der Mann mir helfen kann, alles in den Griff zu kriegen.“
Seine Mutter ruft uns runter, sie hat Kuchen gebacken und zusammen mit Franks Familie trinken wir nun Kaffee und reden über alles, was so in den letzten Wochen nach dem Brand so gelaufen ist.
Auch seine Eltern wünschen sich, das alles wieder in die Reihe kommt. Zwei Stunden sind rum, als wir uns wieder auf den Heimweg zur WG aufmachen. Kurzfristig besuchen wir aber noch Kai und Martin und den Fiffi natürlich, bevor wir nach Bremen zurück fahren. Durch den Wesertunnel sind wir schnell auf der anderen Seite der Weser und auch gleich in Bremerhaven. Gut zwei Stunden reden wir, zunächst bei einem Spaziergang mit Fiffi, dann in der Küche bei Martin und Kai über Ole und Frank, auch über andere Dinge, tauschen praktisch Neuigkeiten aus und trinken dabei alkoholfreies Weizen mit meinen Vätern, deren Verpartnerungstag auch immer näher rückt.
Was Uwe noch alles aufgeschrieben hat und ob das mit Ole und Frank wieder wird und vieles mehr gibt es dann im Kap. 96
Ich hoffe, es hat gefallen
LG Niff
2 Kommentare
Hallo Niff,
ja, wirklich sehr gelungen.
Es kann nicht immer alles perfekt laufen, die bekommen das sicher wieder hin.
Viele Grüße
Claus
Hi Hermann,
das nenn ich eine gelungene Fortsetzung! Wirklich super, auch wenns in einer Beziehung wieder kriselt. Freu mich schon auf die nächste Folge.
Viele liebe Grüße Andi