Traumschiff – Teil 106

Erbschaften… Partyplan… Abschied… Gründung… Hoffnung… Prozess?… Schwuchtel
Hier und jetzt noch mal ein Dankeschön an meine Betaleserin und an die treuen Kommischreiber.

Kai, Mittwoch 20.10.2010, um 17:00 Uhr mit Martin in ihrer Küche.

Nach der Ankunft hier vorm Haus, hat mir Carl August heute ein Kuvert gegeben. „Das ist von Oliver, diesen Brief hat er deiner Schwester geschrieben, er hat gesagt, ihr hättet Euch für das weitere Vorgehen abgesprochen. Die Adresse deiner Schwester war wohl auch ohne eine genaue Absenderadresse leicht raus zu finden, sie wohnen auf dem Gelände der Spedition, die nicht mehr klein ist. Vierzehn LKW hat dein Schwager mittlerweile laufen und dein Neffe, ihr Sohn ist mit in der Firma, wohl als Juniorpartner, denn sie firmieren unter „Stukenbrock und Sohn“ im Branchenbuch. Am besten legst du einen Ordner an, das wird noch einiges an Schreibkram. Alles schön der Reihe nach einordnen, wenn du von ihr oder einem Anwalt angerufen wirst, mache keinerlei Zugeständnisse, verweise auf deinen Anwalt, mach von allem eine Aktennotiz, Original zu Olli, Kopie bei dir, wenn du angeschrieben wirst, genauso. Wenn du Fragen hast, ruf Olli oder den mit der Sache betrauten Anwalt in der Firma an. Telefonnummern und E-Mail Adressen sind im Kuvert.“ Ich bedanke mich beim Chef für die tolle Unterstützung.
Unten, Martin ist auch da, setze ich mich zu ihm in die Küche und öffne das große Kuvert. Martin macht zwei Kaffee für uns und stellt auch Kondensmilch auf den Tisch, Zucker im Kaffee trinkt bei uns nur Kevin, wir beide und auch Wolfi nehmen nur etwas Milch dazu. Nach dem Umrühren hole ich die Blätter aus dem Kuvert. Auf dem ersten Blatt steht noch mal all das, was mir der Chef schon vorhin gesagt hat. Das schiebe ich zu Martin, es kann ja sein, das er ans Telefon geht, wenn ein Anruf von meiner Schwester kommen sollte. Das zweite Blatt ist das Schreiben, das Olli oder der Anwalt, der das jetzt macht, geschrieben hat. Ich nehme es und lese es laut vor.
Der Briefkopf sagt mir, dass mein Anwalt Gunter Stein heißt, dass das Schreiben per Einschreiben mit Rückschein geschickt wurde. Der Anwalt schreibt wie folgt:

RA. Gunter Stein 27571 Bremerhaven/Bremen, 17.10. 2010
Speicherstraße 17 – 21 Tel: 0471-160445 13
Einschreiben mit Rückschein
Bezug: Ihre Schreiben vom 10.10.2010 an Herrn Kai Rieger, Eingang 13.10. 2010
Sehr geehrte Frau Stukenbrock,
hiermit zeige ich Ihnen an, das ich als bevollmächtigter Anwalt ihres Bruders Herrn Kai Rieger diesen anwaltlich in der Erbschaftsangelegenheit, ihre Eltern betreffend, vertrete. Die Vollmacht ist als Anlage beigefügt.
In Ihrem Schreiben vom 10.10.2010, Eingang hier am 13.10.2010, teilen sie ihrem Bruder mit, das beide Elternteile verstorben und bereits beigesetzt sind. Bei der Testamentseröffnung, die ungerechtfertigter Weise ohne meinen Mandanten stattfand, wurde verlesen, das mein Mandant auf Grund seiner Homosexualität enterbt sei und somit nur einen Pflichtteil in Höhe von 64.000 Euro bekommt.
Die Zeiten, in denen Homosexualität als ein Enterbungsgrund eingesetzt werden durfte, sind nach derzeit geltendem Recht schon lange Geschichte und aus diesem Grunde ist diese Enterbung an sich schon rechtswidrig und das Testament in diesem Punkt auf jeden Fall ungültig. Ich könnte mir denken, dass der Notar entweder etwas übersehen hat oder dass er sie auf diesen Umstand hingewiesen hat.
Darüber hinaus fehlt in Ihrem Schreiben eine Auflistung des gesamten Vermögens, a) nach dem Tod der Mutter und b) nach dem Tod des Vaters.
Weiter hin fehlt eine Liste aller der Verkäufe, die stattgefunden haben, sei es Schmuck, Immobilien, Antiquitäten und sonstige Dinge von Wert aus dem gemeinsamen Nachlass der Verstorbenen für den Zeitraum zwischen dem Tod der Eheleute Rieger, so wie danach bis zum heutigen Tag.
Wir verlangen für unseren Mandanten Kai Rieger die Hälfte aller Vermögenswerte als sein rechtmäßiges Erbe.
Sollten Sie bereit sein, das vollständige Erbe nach Feststellung der Erbmasse durch den Notar, mit ihrem Bruder zu teilen, werden wir das akzeptieren und nicht klagen. Anderenfalls werden wir den Klageweg beschreiten und das Testament anfechten.
Von Direktkontakten zu meinem Mandanten bitte ich Abstand zu nehmen, was Ihnen, auf Ihren Brief hin bezogen ja wohl entgegen kommt, somit also auch nur recht sein kann. Eine Antwort auf mein Schreiben erwarte ich bis zum 03.11.2010 an obige Adresse.
Bitte geben Sie immer das oben angeführte Aktenzeichen bei ihren Antworten mit an. Name und Anschrift des Notars teilen sie uns bitte unverzüglich mit, da wir ohne diese Daten sonst direkt beim Amtsgericht in Hannover-Schmünden Klage gegen sie erheben müssen, um die erforderlichen Informationen zu erhalten. Jede weitere Veräußerung aus der Erbmasse ist mit Eingang dieses Schreibens Betrug und wird zur Klage eingereicht.
Mit freundlichen Grüßen
RA. Gunter Stein

„Das klingt gut“, sagt Martin, „da wird sie dumm gucken und nach Luft schnappen, diese Tussi. Das werden die noch bereuen und warte mal ab, was da noch alles zu Tage kommt, was sie sich vorher schon unter den Nagel gerissen haben.“ „Mir ist trotzdem nicht so wohl dabei, das wird noch ein großer Zirkus, bist das alles vorbei ist“, sag ich. „Du brauchst dich ja nicht darum zu kümmern im Moment, das machen die Rechtsverdreher schon“, sagt Martin grinsend. Wo er Recht hat…….

Irene Schroer (Noahs Mutter), Mittwoch 20.10.2010, 18:30 Uhr, In Harsum, im Haus der Oma

Meine Mutter ist gerade vor 30 Minuten von meiner Schwester zurück gekommen. Diese war heute bis 16 Uhr bei Philipp in der Klinik. Noah hat heute Morgen in Bremen gespendet und nach dem in Hildesheim alles vorbereitet war und die Stammzellen eingetroffen waren, wurden sie Philipp verabreicht.
Der Vorgang an sich ist gut gelaufen, jetzt heißt es abwarten, ob Philips Körper das Implantat an nimmt und ob es die gewünschte Wirkung hat, weiß im Voraus keiner. Für den Jungen geht es um alles oder nichts und er sieht sehr zerbrechlich aus, hat meine Schwester zu Mama gesagt. Er hat alle Haare verloren, ist blass und eingefallen im Gesicht und nur schwer ansprechbar. Hoffentlich geht das gut mit dem armen Jungen. Warum haben sie solange gewartet mit der Behandlung, das ist mir unverständlich.
Am Tag nach der Beisetzung meines Vaters war mein Bruder hier und wollte von meiner Mutter wissen, wie es denn jetzt weitergeht mit ihr und mit der Familie. Mutter erklärte ihm, das sie, da das Häuschen hier nur gemietet ist, alles kündigt zum Ende dieses Jahres und mit uns zurück nach Bremen fährt und das sie dort auch schon eine eigene Wohnung hat.
Da sie mit meinem Vater Gütertrennung vereinbart hatte, auf seinen Wunsch hin, wohl gemerkt, gäbe es außer den Sachen im Haus, einem Sparbuch über 16.000 Euro und der Hälfte des nun über 4 Jahre alten, gemeinsam gekauften Autos, einem Opel Astra, 1,8 Liter Caravan, wohl nichts zu vererben und da sie ja nun Witwenrente bekäme, würde sie auf alle weiteren Ansprüche, das Erbe betreffend, verzichten. Ob mein Vater ein Testament gemacht hat, bezweifelt Mama, will aber mit uns zusammen alle Papiere und Dokumente nach schauen, die mein Vater zu Lebzeiten akribisch in zwei Ordner abgelegt hat.
Mein Bruder sagte dann, dass wir drei Kinder dann jetzt wohl eine Erbengemeinschaft wären, worauf ich sagte, dass ich gerne nur das Auto nehmen würde und auf alles andere verzichte. Sie könnten das, was da ist, unter sich aufteilen oder veräußern, ich würde dann auf alles andere, egal ob Geld oder Sonstiges, keinerlei Ansprüche mehr erheben.
Da meine Eltern das Auto gemeinsam vor gut einem Jahr gebraucht erworben haben, von Privat für 10.000 Euro, dürfte es jetzt noch etwa 8.000,00 Euro wert sein. Mutters Hälfte davon abgezogen, wäre das ein Gegenwert von 4.000,00 Euro, auf den ich Anspruch erheben würde. Mit Mutter würde ich schon einig über ihren Anteil am Auto.
Das Auto würde dann unser Noah bekommen und vom zu erwartenden Schmerzensgeld könnte er es vernünftig versichern und auch die Steuern bezahlen für die ersten 3 bis 4 Jahre.
Meinem Bruder passte es gar nicht, dass Mutter mit nach Bremen geht, aber die wiederum machte deutlich, dass es da keine Alternative dazu gebe.
Da sie aber 3 Monate Kündigungsfrist für das Haus einhalten muss, werde sie jetzt noch hierbleiben, um alles zu regeln und auch meine Schwester in der jetzt schwierigen Situation mit Philipp zu unterstützen.
„Vielleicht finde ich ja auch schnell einen Nachmieter. Ich werde mit dem Vermieter reden“, sagte sie, „ihr kümmert euch dann bitte darum, dass die Sachen aus dem Haus kommen. Von dem Sparbuch muss noch der Teil der Bestattung bezahlt werden, der nicht durch die Sterbeversicherung abgedeckt ist. Das dürften, mit der Rechnung in der Gaststätte maximal noch 2.000 Euro sein, so dass etwa 7.000,00 Euro für jeden von euch Beiden übrig sind. Was ihr nicht braucht, könnt ihr verkaufen oder verschenken. Was gar niemand haben will, geht dann auf den Sperrmüll. Meine paar Sachen passen alle in Irenes Auto und wenn sie nicht mehr solange hier bei mir bleiben will, kann sie alles, was ich hier nicht mehr brauche, mit nach Bremen nehmen.“
„Vorerst werde ich mal noch bleiben, um dir zu helfen“, habe ich gesagt, „wenn du mich dann nicht mehr brauchst, fahre ich zurück und wenn du mit allem fertig bist, kann Ulf dich mit den Jungs zusammen hier abholen. Die fahren da bestimmt gern mit.“ Genau das habe ich dann auch Ulf erzählt, damit auch er und die Jungs wissen, wie es weitergeht.
Ulf hat dann erzählt, das Noah morgens immer das Frühstück macht und Rico oft das Abendessen. Alles läuft prima und ich müsste mir keine Sorgen machen.
Morgen Früh haben wir einen Termin beim Eigentümer des Hauses, einem Mitglied des Kirchenvorstandes und ein langjähriger Freund meines Vaters und da fahre ich mit Mutter hin. Am Nachmittag wollen wir dann noch mal zu meiner Schwester und hören, wie es Philipp geht.
Sie weiß nicht, dass mein Sohn der Spender ist und das ist auch gut so. Wir werden es niemandem sagen, wenn dann soll das Noah vorbehalten bleiben, darüber sind wir uns einig. Ich denke, dass das Haus auch früher wieder zu vermieten sein wird und Mutter nicht noch bis zum 31.12.2010 bezahlen muss. Wir müssen jetzt halt abwarten, was der Vermieter morgen meint.
Nach dem wir wieder allein sind, fahren wir nochmal zum Friedhof, um zu schauen, wie das Grab jetzt fertig aussieht. Mutter will den hier ansässigen Friedhofsgärtner mit der Grabpflege beauftragen und das auch selber bezahlen. „Ich habe genug gespart und auch immer noch Mieteinkünfte, das kann ich mir gut leisten“, hat sie gesagt. Das werden wir alles in den nächsten Tagen regeln, wir zwei. Das Grab ist nun voll bedeckt mit Kränzen und Gestecken und ich mache mit dem Handy ein paar Erinnerungsbilder. Alles Weitere wird dann der Gärtner machen, sagt Mama, als wir auf der Rückfahrt sind. Wir fahren noch zu dem Gasthaus, in dem wir nach der Beisetzung waren und nach dem wir dort was Kleines zum Abendbrot gegessen haben, fragt Mutter, ob die Rechnung für das Essen nach der Besetzung schon fertig ist.
Der Wirt ging dann nach schauen und brachte die Rechnung mit. Mutter versprach, das Geld morgen zu überweisen oder wenn ihm das lieber wäre, auch in bar vorbei zu bringen. Da der Wirt lieber Bares will, werden wir morgen zur Sparkasse gehen und die geforderte Summe holen und hier bezahlen.
Nach dem ich unsere Zeche bezahlt habe, fahren wir ins Haus zurück. Auf dem Weg dorthin lasse ich sie bei meiner Schwester raus, sie will wissen, was mit Philipp ist. Ich fahre noch etwa 300 Meter weiter bis hier ans Haus, stelle den Wagen ab und geh rein.

Lis, Donnerstag, 21.10.2010, 20:15 Uhr, zu Hause im Wohnzimmer beim Fernsehen.

Ich schaue fast immer abends die Tagesschau, so auch heute und jetzt kommt gleich das Wetter. Das Wetter für morgen ist gut gemeldet, das beruhigt mich, kommt doch Carl August Morgen mit dem Flugzeug von Oslo zurück.
Heute ist Loki Schmidt verstorben, die Frau des ehemaligen Bundeskanzlers Helmut Schmidt, das haben sie in der Tagesschau gemeldet. Sie war 91 Jahre alt. Das ist die für mich herausragende Neuigkeit heute, nebenbei wird das Wachstum jetzt auf 3,4 Prozent geschätzt, was bei uns aber höchstens Carl August interessieren würde.
Mein Besuch bei meiner Gynäkologin war mehr als zufriedenstellend, alles ist gut. Die beiden wachsen und gedeihen in ihrer warmen Bauchhöhle. Das Geschlecht ist noch nicht erkennbar, das wird noch 4 bis 5 Wochen dauern, hat sie gesagt, bis man das auf dem Ultraschallbild genau erkennen kann. Der 4. Monat beginnt jetzt und der eventuelle Geburtstermin ist um den 15.04.2011 rum, das haben wir mal festgehalten. Es muss also auf der Schiffstour oder direkt danach passiert sein. Laut einer überlieferten chinesischen Schwangerschaftstabelle werden wir Jungs bekommen. Ob das so ist, werden die Bilder bei der nächsten Untersuchung vielleicht zeigen. Vor Ablauf der 12. Woche dürfen die Ärzte, selbst wenn sie es wissen, keine Angabe zum Geschlecht des Embryos machen, sagt ein Gesetz in Deutschland. Das ist zugleich der Zeitraum, in dem eine straffreie Abtreibung möglich ist. Das Gesetz soll verhindern, das abgetrieben wird, weil das Kind nicht das gewünschte Geschlecht hat.
Uns ist in erster Linie wichtig, dass unsere Kinder gesund zur Welt kommen, ob Buben oder Mädels, das ist echt zweitrangig und es wird hoffentlich alles gut gehen. Mit Irene Schroer habe ich in den letzten Tagen des Öfteren telefoniert. Noahs Spende ist erfolgt und nun warten sie ab, ob es auch gut verläuft für den Jungen. Ich werde jetzt mal hoch gehen zu meiner Schwiegermutter, dort sind auch Paolo und Natascha hin, nach dem Oma gefragt hat, ob sie ein bisschen zu ihnen kommen und mit ihnen Skib-bo spielen. Natascha spielt öfter mit den beiden Frauen und auch Paolo ist mittlerweile dabei und es scheint auch ihm Spaß zu machen.
Er macht mein Töchterlein richtig glücklich, habe ich das Gefühl und dafür mag ich ihn halt sehr und nicht nur ich, alle hier im Haus haben ihn gern. Auch Carl August mag den Jungen sehr und dass die Familie Scarlotti sich nun langsam wieder zusammen findet, freut uns alle sehr. Enrico ist richtig auf geblüht, seit sein Vater sich nun offensichtlich mit seinem Schwul sein abfindet, es versucht, zu akzeptieren und somit wieder bessere Kontakte zwischen den Zwillingen und der Familie bestehen.
An der Wohn- und Arbeitssituation Enricos wird das aber vorerst nichts ändern und das er und Noah jetzt zusammen ab und zu dort aushelfen, finden wir alle gut. Es wird für seinen Vater irgendwann völlig normal sein, das Enrico nur mit Noah zusammen zur Verfügung stehen wird, weil sie halt ein Paar sind.
Lex entwickelt sich sehr zu unserer Freude gut, hat keine Probleme in der Schule und hat wohl auch jetzt mit dem Tod von Uwe abgeschlossen. Er kommt zu Recht damit und hat sich im Haus und auch im Freundeskreis sehr gut integriert. Auch Ralf ist ein Gewinn für diese tolle Gemeinschaft und nach dem Abi von Lex im nächsten Jahr werden beide wohl in Bremen studieren und auch in der WG wohnen. Von seiner Mutter, meiner ältesten Schwester haben wir seit dem Brief, die Beerdigung des Mörders betreffend, nichts mehr gehört. Alex hatte ihr wohl dann auch mitgeteilt, dass er Namen und Titel abgelegt hat. Somit ist dieses Kapitel für den Jungen wohl auch endgültig abgeschlossen und er kann beruhigt in die Zukunft schauen.
Kevin und Wolfi besuchen jetzt wohl ein über das andere Wochenende diese Frau Wörner, der der kleine Hund gehört, der die meist Zeit hier bei uns ist. An den kleinen, weißen Pudel haben sich auch schon alle im Haus gewöhnt. Es finden sich immer Leute, die mit dem Tier auf dem Gelände spazieren gehen, ihn betreuen und auch Kevin und Wolfi kommen öfter her. Darüber freuen sich Martin und Kai besonders, die ihren Adoptivsohn wirklich sehr ins Herz geschlossen haben. Die Rückmeldungen, die Carl August ab und zu im Hilton einholt, sagen aus, das Kevin seine Arbeit sehr gut macht, was uns nach allem, was ihm widerfahren ist, sehr freut und uns auch zeigt, dass der Entschluss, ihn hier her zu uns zu holen, richtig und gut war. Das durch ihn dann auch Wolfi, der ja eigentlich Kai Wolf heißt, zu dem Kreis gestoßen und nun fest mit Kevin zusammen ist, das ist toll und hat Kevin eigentlich bei der Problembewältigung am meisten geholfen.
Seit die Jungs in der WG wohnen, ist es schon fast zu ruhig hier geworden, nach dem wir uns an die eigentlich vor Jeromes Unfall ungewohnte Freundesflut, an all diese tollen jungen Leute so schnell gewöhnt haben und es so auch toll fanden.
Gut, das Bremen nicht weit ist und sie doch des Öfteren hier her kommen, wir haben uns so an sie gewöhnt und ich habe Jerome vorgeschlagen, auch die demnächst anstehende Party wieder hier bei uns zu feiern. Er hat mir versprochen, mit den Jungs und Mädels zu reden, deren Geburtstage und Prüfungen gefeiert werden sollen. Hier bei uns geht das einfach besser als in der WG.

Ole, Freitag, 22.10. 2010, 23:50 Uhr bei Jensens zu Hause, mit Frank in seinem Zimmer beim Ausziehen.

Wir sind gerade vor zehn Minuten heimgekommen, Frank ist angetüddelt, hat etwas zu viel Wein getrunken zum Essen und danach. Wir waren ja heute Abend eingeladen, bei Leander Seidel und seinem Freund Jochen, der sich mit Nachnamen Krewer schreibt.
Um 17:55 Uhr waren wir dort und nach dem Klingeln kam Leander herunter und ließ uns ins Haus ein. Über eine schöne Holztreppe ging es nach oben in die sehr geräumige, geschmackvoll eingerichtete Wohnung unter dem Dach mit zum Teil schrägen Wänden und einer sehr hübschen Einrichtung aus Buchenholz. Es war echt toll, die Möbel, die Dekoration, einfach schön und heimelig.
Eine kurze Führung folgte nach dem gegenseitigen Bekanntmachen mit einander und in der sehr gut ausgestatteten Küche gab es ein Glas Prosecco zur Begrüßung. Jochen war von der Statur her so wie Chris, etwas größer als ich und sportlich, hatte dunkle Haare und sah gut aus. Leander gleicht äußerlich Jerome, nur das er etwas schmaler ist. Beide sind optisch ein sehr schönes Paar und sie gehen, wie wir auch, sehr liebevoll miteinander um.
Das Essen war bereits vorbereitet, der Tisch für 4 Leute gedeckt und als Vorspeise gab es ein Forellenfilet mit einer Meerrettichsoße und dazu frischen Toast, lecker.
Es folgte eine klare Suppe mit Eierstich und dann gab es, nach etwa 10 Minuten Pause, in der Jochen in der Küche verschwand, ein Rumpsteak mit Pfefferrahmsauce und Kroketten, als Beilage dazu feiner Blattspinat. Es war echt sehr lecker und mit viel Engagement gemacht, alles topp und dann, eine viertel Stunde danach gab es noch einen fruchtigen Nachtisch, so als edles Krönchen obendrauf.
Frank und ich waren begeistert und sparten nicht mit Lob. Nach dem beide abgeräumt hatten, saßen wir im Wohnraum zusammen und erzählten gegenseitig von uns, was wir so machen und so und auch, was wir einmal machen wollen, wenn das Studium vorbei ist. Dass Frank und ich auf Grund der Beziehungen zu Remmers später auf jeden Fall eine Zukunft im Remmerschen Konzern haben werden, gefiel den Beiden und Leander, der ja auch dort arbeitete, äußerte sich sehr zufrieden mit seinem Arbeitsplatz.
Jochen, der in einem Restaurant in Bremen gelernt hatte, war jetzt zwei Jahre bei dem Catterer und wollte sich schon in absehbarer Zeit verändern. Die Arbeitszeiten waren sehr unterschiedlich und es war schwer, etwas Gemeinsames zu planen, denn oft wurde kurzfristig alles geändert und das war für ihn auf Dauer nicht das, was er wollte, seit er jetzt mit Leander zusammen war.
Mir fiel sofort ein, das Rico erwähnt hatte, das Herr Meinle noch einen guten Koch fürs Hilton sucht und so fragte ich Jochen, ob das eventuell etwas wäre, was ihm Spaß machen würde. „Wie kommst du jetzt auf das Hilton?“, fragte er und ich erzählte von Rico, von Markus Meinle und von Carl August, der ja quasi dort der Boss war.
Beide staunten nicht schlecht, als sie hörten, wie gut unsere Verbindungen waren und Jochen sagte dann, ich könne ja mal ausloten, ob sie jemanden in Vollzeit suchen würden. „Hilton, ja, das wäre schon was für mich“, sagte er dann, „vor allem geregelte Zeiten in einer bestimmt tollen Küche und in einem Team, das nichts gegen Schwule hat.“ Wenn das klappen würde, müsste er nicht lange überlegen, da in seiner jetzigen Firma nicht alle tolerant genug sind und er schon ab und an Ablehnung spürt und Vorbehalte.
Ich habe dann, es war so gegen 20 Uhr, eine SMS an Enrico geschickt mit der Bitte, den Markus Meinle mal zu fragen, ob er immer noch nach einem Koch zur Teamverstärkung sucht. Nicht mal 15 Minuten später kam die Antwort und ich solle doch, wenn möglich, die Bewerbungsunterlagen gleich mit bringen und an ihn übergeben, er käme Morgen vor der Mittagsschicht mit Noah bei uns vorbei, um sie dort abzuholen. Ich schrieb, nach dem Jochen gesagt hat, das er alles da hat zur Bewerbung, das Frank und ich bei uns in Bremerhaven schlafen würden und erst am Nachmittag oder Abend wieder in die WG zurück wollten.
„Kein Problem“, schrieb er, „sie, Noah und er und Ulf, wollten eh zu Jerome nach Hause und da könnten wir uns ja dort treffen. Einiges zu der anstehenden Party wäre ja auch noch vorab zu besprechen. Wir wollen um 14 Uhr dort sein, mit Noahs Papa würde sie hinfahren.“
Nach kurzer Besprechung mit Frank sagte ich unser Kommen für 14 Uhr zu und sagte Jochen, er solle mal seine Unterlagen zusammen stellen und mir mit geben. Kurz drauf kam dann noch eine SMS von Jerome, der uns mitteilte, das ein ausgedehnter Sauna und Badenachmittag geplant sei und das er alle, die an der Party beteiligt seien, also die was zu feiern hätten, jetzt ebenfalls einladen würde.
Somit war der Samstag ja verplant und ich fragte Leander und Jochen, ob sie Zeit und Lust hätten, unsere Freunde kennen zu lernen. Jochen muss morgen von 10 Uhr an bis mindestens 15 Uhr arbeiten und allein wollte Leander nicht mit uns zu Jerome fahren, verständlich finde ich. Das werden wir bei Gelegenheit nach holen, da beide auch Interesse am Karate Training bekundeten. Ich werde morgen mit Jerome reden. Jetzt geht es erst al ins Bett, mein angetüddeltes Schätzchen liegt schon mit geschlossenen Augen dort und ich krieche jetzt zu ihm ins Nest, kuschel mich an ihn und bald darauf schlafen wir.

Jerome, Samstag 23.10.2010, nachmittags um 18:10 Uhr im Essbereich bei Remmers beim Kaffee trinken.

Wir, Ole und Frank, Matze, Chris und Robin, so wie Tom und Micha, aber auch Sigrid und Torsten, die Zwillinge, Noah, natürlich meine Schwester und mein Schatz und dann noch Paul und Rolf, so wie Dirk und Mike, waren seit etwa 14:30 Uhr unten und relaxen in Sauna, Schwimmbecken und Whirlpool.
Zur erst sind die Mädels mit ihren Freunden in der Sauna, Paul und Rolf sind auch dabei. Robin sitzt mit Chris und Matze nackt im Whirlpool, während wir anderen im Becken Ball spielen. Ein Blick vorhin auf unseren nackten Robin hat uns nochmal deutlich gemacht, dass er jetzt rapide das Kinderstadium verlassen hat und zu einem hübschen jungen Mann heranreift. Dunkelblonde Locken umrahmen seinen jetzt durchaus schon altersgerechten Penis und er ist schon ein tolles Schätzchen geworden, ein echter Hingucker, sag ich mal.
Er dürfte die 1,60 Meter Marke überschritten haben und nur noch wenige Zentimeter, dann hat er Wolfi, den wohl Kleinsten unter uns, überholt in der Länge. Wir sind neugierig und gespannt, zu sehen, wie er letztendlich mal mit 18 aussehen wird.
Heute wird er nun 16 Jahre alt und alle haben schon gratuliert. Mama hat ihm, nach Rücksprache mit Robins Mutter wegen der aktuellen Größe, vorhin ein Kleiderpaket geschenkt, mit je 2 Hosen, 2 Shirts lang und kurzärmelig und 2 Pullovern, da es ja langsam kälter wird. Wer Mama kennt, weiß dass es nur gute Sachen sind, die sie kauft und Robin hat sich sehr darüber gefreut.
Anprobe hat dann auch gleich im Wohnzimmer in Anwesenheit der Remmersfamilie stattgefunden. Dass er sich dabei bis auf die Unterwäsche ausziehen musste, hat ihm nicht das Geringste aus gemacht.
Ihn so zu sehen und mit dem Robin vom Juni zu vergleichen, das tut mir gut und meiner Schwester bestimmt auch.
Robin gesund und beim Wachsen zu beobachten, erfüllt uns, Natascha und mich, mit Stolz und versöhnt mich mit dem Gefühl, so unendlich viel mehr zu besitzen, als andere, weil genau diese Tatsache eine Hilfe für Robin erst möglich gemacht hat.
Wenn Alex Brunner wirklich diese Art der Operationen hier an der Klinik einführen will, werde ich das unterstützen und ich bin froh, dass ich es kann.
Alle Kleider passten Robin sehr gut und ihm steht auch einfach alles und in dem sehr großen Garderobenspiegel im Flur hat er sich dann auch selbst in den neuen Outfits bewundern können. Mit einer Umarmung und 2 Küsschen auf die Wangen hat er sich dann lieb bei Mama bedankt. Mama mag ihn, ganz doll, aber das ist nicht verwunderlich.
Er hat schnell zu fast allen ein ganz besonderes Verhältnis, ist so entwaffnend ehrlich und direkt, emotional ist er, immer glaubhaft, man muss ihn einfach mögen. Sergej und mir steht er ganz nah, für Chris würde er sterben und Matze ist ihm längst ein echter Bruder geworden.
Oma hat heimlich von Frau Jensen gestern 3 Schwarzwälder machen lassen, nach dem sie erfahren hatte, das wir, Robin eingeschlossen, heute hier sein werden. Nach dem Schwimmen sind wir dann hoch. Jetzt wird der feine Kuchen verzehrt und ein wenig vor gefeiert mit Robin, weil einfach jeder Geburtstag für ihn was besonderes ist bei seiner Vergangenheit, in der er ja eigentlich immer mit einem Bein schon über der besagten Grube gestanden hat. Schön, dass das jetzt anders ist.
Die Party für alle Geburtstagskinder und Führerscheinbesteher findet ja nun am kommenden Samstag statt, hier und ab 18 Uhr und es wird ähnlich ablaufen wie beim letzten Mal, wobei Oma vorgeschlagen hat, alles etwas herbstlich zu dekorieren, also nicht maritim.
Dazu müssen wir wohl dann noch ein bisschen Dekoration besorgen. Das wollen Mama, Frieda und Oma gemeinsam machen. Sie wollen mit Kai und der Protzkiste am Montag nach Bremen zum shoppen fahren. Morgen wollen sie dazu auch mal das Internet durchstöbern, die 3. Wie ich sie kenne, wird das eine tolle Sache werden.
Nach den Mädels und ihren Freunden gingen wir, Sergej, Chris, Matze und Robin, mit Ole und Frank, Kevin, Wolfi, dem Tom und seinem Micha in die Sauna und weil Mike und Dirk auch unbedingt noch mit rein wollten, saßen wir ziemlich eng auf einander. Da wir uns ja alle sehr gut kennen, hat keiner Berührungsängste.
Micha wurde gleich von Matze gefragt, was es denn mit dem Bus draußen auf sich hat und Micha erzählte vom Renault Trafic, den der Herr Fischer, den er jetzt Klaus nennen darf, ihm nach Rücksprache mit dem Chef günstig verkauft hat.
Er berichtete, das seine Mama gern ein Auto wollte, in das sie alle 7 hinein passten, mit ein bisschen Komfort und da er gewusst hat, das dieser Bus mit einer guten Vollausstattung in der Firma auf dem Hof bei den Gebrauchten stand, hat er den Fischer angerufen.
Sie haben ihn für 15.000 Euro gekauft und so wohl ein echtes Schnäppchen gemacht. Später werden wir uns den Wagen mal etwas näher anschauen. So ein Bus, der hat schon was, finde ich, 9 Leute mit dem Fahrer gehen, glaub ich, da hinein, das ist doch cool.
Nun redete Ole über das geplante Fest und auch darüber, wie wir neben Studium und Schule alles organisiert bekommen. Die Ferien sind ja um und alle Schüler sind wieder in der Pflicht, so dass wir nur die Nachmittage zur Verfügung haben und da ja an 2 Tagen in der Woche noch Training ist, bleibt nicht so viel Zeit.
Die Zeit ist in der Sauna war um und als wir raus kamen, sehe ich, das Alwin und Gerry auch her gekommen sind, das ist toll.
Gerrys Salon war ja heute bis 15 Uhr geöffnet und es ist schön, dass die 2 doch noch gekommen sind. Lars, so erzählte Alwin, ist mit Sabine Weiden ins Kino nach Bremen. Alwin hatte ihn dorthin gefahren, bevor er zu Gerry in die Wohnung ist.
Um 18 Uhr, Mama und Oma haben mit Frieda den Kaffeetisch gedeckt, sind wir dann alle nach oben, um den Geburtstagskuchen essen, auf den sich Torsten wohl am meisten freute. Er hat erzählt, dass seine Mama nach dem Rezept von Frau Jensen schon 3 passable Versuche gemacht hat, die auch lecker waren, aber das Original nicht erreicht haben. Frau Jensens Kuchen ist und bleibt das Non plus Ultra der bundesdeutschen Schwarzwälder Kuchenszene.
Gerry und Alwin gratulieren Robin und Gerry schenkt Robin einen Gutschein für einen coolen Haarschnitt „All Inklusive“, was den Kleinen sehr freut. Andere Geschenke gibt es wie immer erst bei der gemeinsamen Feier.
Am Kaffeetisch sagt Oma dann, das sie eine für uns interessante Immobilie für unser Trainings- und Vereinsprojekt gefunden habe, im gleichen Industriegebiet, wie die WG. Opa hat dort damals wohl einige Grundstücke erworben und zum Teil auch bebauen lassen. Dieses Grundstück liegt am anderen Ende der Straße, die zur WG führt, etwa 800 Meter weit weg.
Das Gebäude ist 50 Meter lang und 20 Meter breit, besteht aus einem großen und 2 kleinen Räumen, ist 6 Meter an den Außenwänden hoch und nicht so besonders gut in Schuss. Es war bis vor 3 Monaten ein Schlossereierbetrieb darin, mit Schmiede, also Rauch und Ruß. Die haben aber jetzt expandiert und ein größeres Gebäude an einer anderen Stelle gebaut.
Wenn wir Interesse daran hätten, meint Oma, sollen wir uns das anschauen und sie wäre auch bereit, den Bau zu sanieren, was die Substanz und die Wärmedämmung angeht. Was wir dann dort an Einrichtung fürs Training bräuchten oder eine andere Einteilung, das müssten und werden wir auch selber investieren müssen.
Nun meldet sich Tante Frieda zu Wort und sagt, wenn Oma das Gebäude saniert, bezahlt sie den Rest, Einrichtung, sanitäre Anlagen mit Duschen und so, auch Umkleidemöglichkeiten im Hinblick auf eine Vereinsgründung müssten ja schon vorhanden sein. Ihr Guthaben bei diversen Banken könnte mal eine die Steuern senkende Ausgabe vertragen, damit nicht so viel an den Staat fällt.
Der Applaus auf die Eröffnung der Beiden hin ist lang anhaltend, Papa sieht mich an und schmunzelt, ich weiß genau, was er jetzt denkt.
Das Tante Frieda viel Kohle hat, weiß ich und das sie uns jetzt so großzügig unterstützen will, ist schon Klasse, billig wird das bestimmt nicht.
Wir vereinbaren jetzt, uns das Gebäude morgen am Nachmittag mal anzusehen, die Schlüssel zum Gelände und zum Gebäude hat Oma schon durch Kai bei Hinnerk abholen lassen. Oma und Frieda, aber auch Papa und Mama wollen ebenfalls mit gucken kommen und so verabreden wir uns alle für 15 Uhr dort beim Objekt. Alle Jungs und Mädels, wo jetzt nicht hier sind, werden informiert und für 14:30 Uhr zur WG bestellt, wenn sie Zeit und Interesse haben, mit dorthin zu gehen.
Alwin muss uns dann vor Ort sagen wie, in etwa der Ausbau werden soll, was benötigt wird für einen geordneten und regulären Vereinsbetrieb, einfach alles, was notwendig ist. Dann muss Ewald Knauer ran und einen Plan machen für unser neues Objekt, das nun schneller als von uns erwartet, Gestalt an nimmt.
So wie ich Oma und Frieda kenne, werden sie nicht knausern und genug Kohle haben beide, das weiß ich aus Papas Bemerkungen zum Kauf der Protzkiste. Da beide ja kaum Kosten haben, alles seit Jahren gut angelegt oder vermietet ist, wächst das Vermögen wohl jedes Jahr an. Oma sagt öfter: „Wo Tauben sind, fliegen Tauben hin“ und wenn sie uns jetzt großzügig unterstützt und Frieda auch, werden sie wohl kaum nennenswert ärmer.
Da von uns, außer Alwin und Matze, keiner etwas über die Ansprüche an eine Trainings- und Wettkampfstätte weiß, müssen die beiden uns dann morgen erklären, ob das Gebäude geeignet ist und was im Einzelnen dort gemacht werden muss.
Ewald Knauer wird dann schon alles Wesentliche berücksichtigen, wenn er mit der Planung und der Bauleitung betraut ist. Das wir jetzt schon wieder Baupläne schmieden, hätte so schnell keiner vermutet, trotzdem finden es alle wohl ganz gut, dass wir uns sportmäßig auf eigene Füße stellen und nicht von Wohl und Wehe anderer, was unser Schwul sein angeht, abhängig sind. Sollten Leute an einer Mitgliedschaft bei uns interessiert sein, dann nur, wenn sie keine Probleme mit schwulen Jungs haben. Aber bis es soweit ist, gibt es noch viel zu tun.

Alex Brunner, Samstag 23.10.2010, 19:00 Uhr mit Markus Meinle in Peters Kneipe.

Wir haben gerade das Essen bestellt, fette Pommes und Hähnchen. Weizenbier hat Peter schon vorher gebracht. Peter war fast 5 Wochen in Reha nach seinem Klinikaufenthalt und da Markus und ich schon fast 4 Wochen nicht mehr hier waren, haben wir ihn heute das 2. Mal seit dem Infarkt wieder gesehen.
Seine erneuten, übertriebenen Danksagungen habe ich gleich unterbrochen, gesagt, das es zu meinem Job gehört, anderen zu helfen in Notfällen und das jeder andere Arzt das auch getan hätte. Ich sagte zu ihm: „Sei einfach froh, dass ich zur rechten Zeit am richtigen Ort war. Daran ist aber eindeutig der Markus schuld, der mich hier her eingeladen hat. Bedanken musst du dich also bei ihm.“ Dann sind wir an den Tisch, an dem wir an dem besagten Abend auch gesessen haben und haben auf Peter und das Bier gewartet.
Markus hatte heute Frühschicht, ich habe ihn in der Frühe hin gefahren und vorhin auch abgeholt. Das Auto habe ich heute Morgen gebraucht, um meinen nun nicht mehr so kleinen Robin zu besuchen.
Wir, Markus und ich, kamen um 14:30 Uhr vom Hilton in meine Wohnung, die ja jetzt eigentlich schon unsere Wohnung ist. Einen Teil der Sachen von ihm haben wir nach und nach schon zu mir gebracht und offiziell werden wir am 12. und 13. November seine restlichen Sachen, darunter auch einige Möbel her bringen in unser neues gemeinsames Heim. Ab dem 15. November ist die Wohnung von Markus dann neu vermietet.
Es ist zwar alles sehr schnell gegangen mit uns, aber wir sind uns absolut sicher, den richtigen Partner gefunden zu haben und wir genießen unsere Zweisamkeit sehr.
Die Klinikleitung hat sich entschieden, einen Kostenplan zu erstellen. Es geht dabei um die erforderlichen Einrichtungen und Räumlichkeiten, in denen man OPs, wie sie an Robin gemacht wurden, durch führen kann.
Dabei gilt es auch, eventuelle Sponsoren zu finden, um so die nicht geringen Kosten auf mehrere Schultern zu verteilen. Ich gebe zu, dabei an Remmers gedacht zu haben. Auch die Einrichtung eines Spendenkontos habe ich angeregt, bei dem jedermann was spenden kann. Zuerst muss man ausloten, wie viel der Träger und das Land Bremen aufbringen können, was das Ganze in etwa kostet und welche Summe dann über Sponsoring auf gebracht werden muss, um alles ordentlich zu finanzieren. Wenn das wirklich klappen würde, das wäre schon toll.
Markus ist natürlich über alles informiert, wir erzählen uns fast täglich von unserer Arbeit, wissen um die Aufgaben des anderen und haben so auch Verständnis für kurzfristige Dienständerungen oder Umplanungen, die sich, weshalb auch immer, ergeben können. Im Zeitalter des Handys ist eine schnelle Info ja dann auch gewährleistet.
Im Moment sucht Markus nach einem zusätzlichen Koch, der Umsatz ist gestiegen, es werden mehr Essen verkauft und deshalb muss noch eine Fachkraft her. Enricos Verpflichtung und sein Talent haben die Nachfrage im Hotelrestaurant sehr positiv beeinflusst und auch „Essen außer Haus“ wird immer öfter nach gefragt.
Jetzt kommt Peter mit den Hähnchen. Er arbeitet deutlich weniger als früher, hat noch jemanden eingestellt und auch mit dem Rauchen aufgehört. Betrieb ist hier immer und Markus hat gesagt, das sie 100 Hähnchen, ganze, versteht sich, in einer Woche verkaufen.
Ein Teil davon geht außer Haus, wird von den Leuten abgeholt, oft komplett mit Pommes. Da geht es rund in der Küche. Auch das Biergeschäft hier boomt und es ist abends immer voll hier. Mehrere Biersorten und Weizen vom Fass, das gibt es halt nicht überall und es sind auch die humanen Preise, die die vielen Leute herkommen lassen.
Ich lasse mir gerade eine große Pommes mit viel Majo dran schmecken, die ich, wie es hier nicht außergewöhnlich ist, mit den Fingern in den Mund schiebe. Markus grinst, beißt genussvoll in den Hähnchenschenkel, den hier auch fast jeder ohne weiteres aus der Hand isst.
Messer und Gabel werden selten benutzt, auch das, denk ich, zieht viele immer wieder hier her. Uns gefällt es, besonders meinem Gourmetkoch, mal so ganz anders zu essen, ohne Etikette, eher etwas proletarisch.
Auch wenn später die Kleider nach Hähnchen und Pommes riechen, das ist uns egal und wird uns von einmal „Peter“ pro Woche, nach Markus endgültigem Einzug bei mir, nicht abhalten. Dass wir kein Auto brauchen, um her zu kommen, macht es natürlich gleich noch besser.
Robin, mein Kleiner hat heute Geburtstag, wird 16, ein ganz besonderer Tag deshalb, weil er jetzt gesund in eine gute Zukunft geht. Er hat uns zur großen Geburtstagsparty eingeladen, die wohl für ihn und noch einige andere bei Remmers abgehalten wird. Genaueres will er uns schreiben, sobald der Plan steht. Trotzdem war ich heute Morgen kurz bei Wegmanns, um meinem Kleinen zu gratulieren, das musste einfach sein. Einen super schönen Sportanzug habe ich ihm geschenkt und zwei Tüten „Werthers Echte“. Der Sportanzug ist von Adidas, ein echt gutes Teil und seine Freude war groß.
Chris und sein Matze und die Mama waren auch da und es gab Käsesahnetorte und Kaffee. Es ist eine wahre Freude, Robin zu sehen, der jetzt schon fast die Statur wie andere 16 jährige Teenies hat und er ist ein wirklich bildhübscher junger Mann geworden.
1,63 Meter groß und 58 Kilo schwer, bei einer sich sehr gut entwickelnden Muskulatur, dazu das hübsche Engelsgesicht unter den leicht dunkelblonden Haaren, echt toll, der Junge.
Er wird bestimmt nicht mehr ewig allein sein, denk ich. Mal sehen, ob es eine Freundin oder eher ein Freund wird, das muss uns und vor allem ihm, die Zukunft zeigen. Von meinem Gefühl her ist beides möglich, wobei ich persönlich eher auf einen weiblichen Partner tippe. Das ist letztendlich aber Wurscht, Hauptsache er wird glücklich, mein Kleiner, von dem ich jetzt sicher bin, soweit das überhaupt geht, das ich nicht an seiner Beisetzung teilnehmen muss, sondern er wohl eher an meiner. Damit wollen wir uns aber doch nach Möglichkeit noch etwas Zeit lassen, wobei man ja nie weiß, was das Schicksal so alles auf Lager hat.
Bei aller Lebensplanung sollten wir nie vergessen, dass wir jederzeit an das Ende unseres Daseins kommen können und so rate ich allen immer bei passender Gelegenheit, zu leben und glücklich zu sein. Bei vielen meiner oft jungen Patienten ist es uns, meinem Team und mir zusammen mit den Eltern gelungen, in den letzten Minuten ihres jungen Lebens ein Lächeln auf ihr Gesicht zu zaubern und mit diesem Lächeln sind sie dann friedlich eingeschlafen.
Auch bei Robin stand es in jungen Jahren öfter auf Messers Schneide, um so schöner ist es heute, ihn als das blühende Leben zu sehen, seine Lebensfreude zu spüren und mit zu erleben, wie gut er sich entwickelt. Das es einmal so wird, daran haben wir Jahre lang nicht geglaubt und die Tatsache, dass es fast am Geld gescheitert ist, bestärkt mich in meinen Bemühungen, solche Operationen hier bei uns zu wagen und durch zu führen.
In welchem Umfang nun Jerome und seine Familie uns unterstützen, denn das sie es tun, im Angesicht des wandelnden Erfolges bei Robin, davon bin ich überzeugt, das wird sich zeigen.
Wenn die Kosten und die von staatlichen und von Trägerseite genehmigten Summen auf dem Tisch liegen, werde ich das Gespräch mit der Familie Remmers suchen.
Morgen haben wir beide frei, deshalb werden wir auch noch den einen oder anderen Weizen trinken, bevor wir nach Hause gehen.

Robin, Sonntag 24.Oktober 2010, 9 Uhr morgens im Bett.

Langsam klingt die wohlige Erregung ab, mein Bauch und meine Hand sind feucht und leicht klebrig. Der Start in den ersten Sonntag meines nun 16 jährigen Lebens hat mir gut getan und ich döse noch ein wenig verträumt vor mich hin. Ich versuche, mir meine Fantasie Partnerin von eben noch mal vor Augen zu holen. Sie hat eindeutig viel Ähnlichkeit mit der ältesten Schwester der Zwillinge, Josefine Scarlotti, die mich heute Morgen zu diversen sexuellen Handlungen inspiriert hat. Dass sie in meiner Vorstellung völlig nackt war, hat mich echt angemacht und als meine Hände sich in Gedanken auf ihre wunderschönen Möpse gelegt haben, war ich halt voll steif und musste sofort Hand anlegen. Ich glaube, immer wenn ich ihr in Zukunft begegne, krieg ich sofort voll die Latte.
Ich muss unbedingt Jerome bitten, dass er das Mädchen für nächste Woche zur Party einlädt und Mama muss mir unbedingt ein paar Tanzschritte beibringen bis dorthin.
Vielleicht mag sie mich ja auch ein bisschen, das würde mir gefallen. Ich werde mal die Dusche auf suchen, die Kleberei von Bauch und Hand abwaschen und dann mit Mama frühstücken. Chris und Matze sind gestern Abend von Jerome aus zu Matze nach Hause gefahren. Ich bin mit Tom und Micha heim gefahren in dem neuen Bus, den Micha gekauft hat. Der ist Sau cool und von innen toll und auch sehr bequem. Ich finde die Karre echt gut und auch die Anderen fanden sie bei der intensiven und genauen Begutachtung, die nach dem Kaffee trinken stattgefunden hat, gut und sparten nicht mit Lob.
Gestern Morgen war Alex da und hat mir gratuliert. Einen tollen Trainingsanzug und 2 Tüten meiner absoluten Lieblingsbonbons hat er mir geschenkt und wir haben alle zusammen in der Küche gesessen und Mamas Käsesahne-Torte gegessen. Später, Alex war schon gefahren, kam der Paketdienst und brachte ein Päckchen für mich.
Der Absender war der Kapitän Sundermann und im Päckchen war eine, na was wohl? Genau, eine originale Kapitänsmütze und eine tolle Karte mit den besten Geburtstagswünschen. Auf der Karte stand dann auch seine Handy Nummer und auch, das er Whats App hat, also habe ich ihn direkt angeschrieben und dann mit ihm gechattet. Ich habe natürlich Whats App, schon 8 Monate und kommuniziere darüber mit Boris, Matze und Chris und auch einigen anderen aus dem Freundeskreis und jetzt auch mit Herrn Sunderman, mit dem ich viele Neuigkeiten ausgetauscht habe. Die „August Remmers“ ist zurzeit im Mittelmeerraum unterwegs und kommt erst Mitte November zurück. Dann geht sie in die Werft zum Überholen, hat er gesagt.
Mama rafft das mit Whats App nicht so gut, aber das bring ich ihr noch bei. Das geht wohl auch noch anderen, meist älteren Leuten so. Uns jungen Menschen, die mit diesen Sachen aufwachsen, macht dass natürlich keine Probleme und mir, der PC, das Handy, das mir Probleme macht, muss erst noch erfunden werden. Ich bin der Problemlöser bei allen Fragen rund um die ganze Palette der Kommunikationselektronik und konnte schon oft meinen Freunden helfen. Mein mit Winston kreiertes PC-Spiel ist so gut wie fertig und Winstons Vater will versuchen, es zu verkaufen. Mal sehen, was dabei raus kommt.
John Ephraim ist jetzt mit seinen Eltern in Kanada, es geht ihm ähnlich gut wie mir, er wächst und fühlt sich wie neu und hat an seiner neuen Schule auch schon Freunde gefunden. Wir beide sehen uns zweimal mindestens wöchentlich über Skype und zeigen uns gegenseitig die Fortschritte, die wir machen und ja, natürlich auch da, das kennen wir ja schon aus der Klinik. Wir haben auch jetzt keine großen Hemmungen, dem anderen den Penis zu zeigen und die üppig sprießenden Haare bei ihm finde ich irgendwie lustig. Bei meinen eher blonden Haaren da unten steht er nicht gerade so im Wald wie bei ihm aber er ist da schon gut ausgestattet, finde ich.
Gestern bei Remmers war es wieder toll. Fast alle waren da und von Jeromes Mama habe ich ein Kleiderpaket zum Geburtstag bekommen, voll coole Sachen und nur teures Zeug. Alles passt mir gut, ich habe es gleich alles anprobiert und ich bin echt begeistert. Die Oma hatte von Frau Jensen 3 Kuchen machen lassen und nach ausgedehntem Bade und Sauna-Spaß haben wir den gegessen, mit Kaffee dazu und der war mit Coffein, etwas, das es vor den OPs auch nie gab für mich. Da ich das nicht gewöhnt bin, konnte ich abends nicht gut einschlafen und habe noch mit Winston und John Ephraim geskypt.
Jetzt geh ich mal runter, mit Mama Kaffee trinken und dann bitte ich sie auch gleich, mir das Tanzen etwas näher zu bringen, da stehen die Mädels drauf, wenn Jungs tanzen können.
Boris hat mir geschrieben, fast jeden Tag, er ist verliebt in Anke. Ein Bild war auch dabei. Sie ist ein sehr hübsches Mädel, könnte mir auch gefallen, ja, Boris aber auch. Ich weiß, dass es jetzt komisch klingt, aber ich bin da offensichtlich flexibel, bisexuell nennt man das wohl. Aber ich bin ja auch gerade erst in die Pubertät gekommen, mit Verzögerung so zu sagen und ich werde schon merken, auf wen oder was es hinaus läuft.
Favoritin ist wohl zurzeit Josefine und wenn sie am Samstag kommt, was ich sehr hoffe, werde ich mein Glück bei ihr versuchen. Sie ist sehr hübsch und wenn sie Charakterlich ähnlich wie ihre Brüder ist, die ich sehr mag, dann würde ich mir mehr als nur eine Kumpelfreundschaft wünschen.
Wir sind fertig mit Frühstück, haben abgeräumt und nun sag ich zu Mama: „Kannst du mir bis zum nächsten Samstag ein bisschen das Tanzen beibringen?“ Mama lacht und fragt: „Und wem willst du damit imponieren?“ Ich sage: „Samstag ist Party, schon vergessen? Auch meine Geburtstagsparty und da muss ich doch ein wenig tanzen können, Mama.“ „Ist ja gut, mein Schatz“, sagt sie, „ wir werden jeden Tag etwas üben, dann dürfte es bis Samstag schon klappen.“
Wir gehen zur ersten Lektion in mein Zimmer, da ist der meiste Platz und Musik gibt’s aus dem PC. „Ich will aber nicht unbedingt so was wie Walzer, Mama“, sag ich und suche was Flotteres raus. „Es ist wichtig, den Rhythmus zu halten, sich im Gleichklang zur Musik zu bewegen“, sagt Mama und dann legen wir los. Publikum kann ich dabei aber jetzt nicht gebrauchen, also erst mal „Tschüss“ jetzt.

Kevin, Sonntag, 24.10.2010 kurz vor Mittag mit Wolfi im Auto auf dem Weg nach Bremerhaven, zum Essen bei Wolfis Mama.

Nach einem schönen Samstag, einer guten Nacht und einem liebevollen Morgen sind wir jetzt auf dem Weg zu Wolfi nach Hause. Seine Mama hat uns zum Essen eingeladen und da gehen wir natürlich gern hin. Danach wollen wir zu Martin und Kai, um den Fiffi zu holen um dann ins Altenheim zu Fiffis Frauchen zu fahren.
10 Minuten, nach dem mein Schatz von der Autobahn abgefahren ist, halten wir bei Heide und Felix vorm Haus. Die Türe öffnet sich, bevor wir überhaupt an die Klingel kommen und Wolfis Mutter umarmt uns nacheinander und begrüßt uns, als wären wir ein halbes Jahr nicht mehr da gewesen.
Heide ist immer froh, wenn wir zu ihnen kommen und sie verwöhnt uns, genau wie Martin und Kai es tun. Wir haben einfach tolle Familien und gerade mir, dem ja Liebe und Nähe so sehr gefehlt haben im Heim, mir tut das so gut, das kann man in Worte gar nicht fassen. Der Tisch ist schon gedeckt, für 5, fällt mir auf und fragend schau ich Wolfi an. Der guckt jetzt ebenfalls zum Tisch, dann zu seiner Mama, fragend. Heide nickt und Wolfi sagt: “Echt jetzt, Mama, ist er hier?“ Heide nickt und ich steh auf dem Schlauch. Die Türe geht auf, herein kommt Felix und dahinter…..Wolfi, nee, geht ja nicht. Der wo da kommt, ist auch etwas größer wie mein Schatz und auch wohl etwas älter. Das muss sein Bruder sein, der in München studiert und den ich ja noch nicht kenne.
Wolfis Augen sind groß aufgerissen, er strahlt, lässt meine Hand los und dann liegen sich die Brüder in den Armen.
Es dauert einen Moment, bis sie einander los lassen. Dann nimmt Wolfi meine Hand und zieht mich zu seinem Bruder hin und er sagt: „Till, das ist Kevin, mein Schatz und wenn es nach mir geht, dein zukünftiger Schwager.“ Till reicht mir die Hand und zieht mich zu sich in eine Umarmung. „Hallo, Kevin“, sagt er, „schön, dich endlich mal kennen zu lernen, wo doch meine Mama am Telefon schon so viel von dir erzählt hat. Schön, das ihr Euch gern habt, Kai hat das wohl lange gefehlt nach der Scheiße mit diesem Trainer Jörn, aber wenn ich euch so strahlen sehe, dann ist ja jetzt alles easy, oder?“
„Easy trifft es nur bedingt“, sag ich, “es ist absolut perfekt. Ich freue mich natürlich sehr, den Bruder meines Schatzes kennen zu lernen, von dem ich natürlich auch schon so viel Gutes gehört habe.“ „Nun setzt euch mal“, sagt Heide, „ich mache jetzt die Pommes rein, dann können wir in 5 Minuten essen.“
Es gibt Schnitzel Wiener Art mit 3 verschiedenen Saucen, Jäger, Zigeuner und Pfefferrahmsauce, Pommes, Salat und Blumenkohl mit Holobolo, Sauce Hollondaise. Dieser Rach im Fernsehen sagt immer Holobolo dazu, das finde ich lustig. Wie immer bei Heide schmeckt es fein und Felix hat sogar einen leichten Weißwein dazu aufgemacht. Vino Verde, aus Portugal, lecker, Wolfi muss aber Wasser trinken. Tja, wenn man noch fahren muss. „Trink doch nur ein Glas Wein“, sag ich, „wir können ja noch ein Stündchen ruhen, bevor wir zu Kai und Martin fahren. Ein Glas, das macht dich doch nicht down, oder?“
„Du hast mich überredet“, sagt er und schenkt sich ein Glas halbvoll. Er ist halt einfach immer sehr verantwortungsbewusst, mein Schatz.
Mein Handy geht, man gerade jetzt beim Essen. Die Nummer kommt mir bekannt vor und so nehme ich das Gespräch an. „Hier ist Ottmar Wagner, der Anwalt von Marlies Wörner“, sagt die mir bekannte Stimme, „Hallo, Kevin. Frau Wörner ist leider heute Nacht verstorben. Das wollte ich ihnen mitteilen. Über den Termin der von ihr ebenfalls gewünschten Seebestattung werde ich sie rechtzeitig informieren. Sie hat sich sehr gewünscht, dass sie, ihr Freund und auch der Hund daran teilnehmen. Ich werde sie rechtzeitig über alles Weitere informieren, Danke.“ Ohne eine Erwiderung abzuwarten, hat er aufgelegt.
Mir ist jetzt ein bisschen komisch im Magen und auf die fragenden Blicke von Wolfi, sage ich, wer das war und was passiert ist. Wolfi und ich mochten die alte Dame sehr und es tut uns schon sehr leid, dass sie jetzt tot ist. 81 Jahre wäre sie im Dezember geworden. Jetzt ist sie ihrem Werner gefolgt.
Jetzt habe ich keinen Hunger mehr und Wolfi auch nicht. Da das Essen so wie so, so gut wie zu Ende ist, bitte ich ihn mit einem Blick, mit mir nach oben zu gehen. Ich will jetzt mit ihm allein sein, will ein wenig trauern, mit ihm, ohne Publikum, nur wir 2. Wir mochten die alte Dame sehr und sind beide schon traurig, dass es sie jetzt nicht mehr gibt. Weg, einfach weg, nicht mehr da, kein Gespräch mehr, kein Lächeln, kein sich mehr freuen über den Fiffi…..einfach Schluss, einfach tot.
Bevor ich Martin eine SMS schicke, sind wir hoch in Wolfis Zimmer, er hält mich, als ich schreibe, was geschehen ist und das wir später kommen werden.
Ich bin so froh, dass er, dass mein Schatz, den ich über alles liebe, bei mir ist, auch dann wenn es mir oder uns wie gerade jetzt gar nicht gut ist.
Jemanden zu haben, der einen auffängt, unbezahlbar und Sooo gut. Wir liegen eng umschlungen auf dem Bett, jeder in seinen Gedanken gefangen und doch so unendlich nahe beim anderen, Wahnsinn, was die Liebe mit uns macht. Hallo, ich bin noch 17 und doch bin ich sicher, dass mein Glück mich gerade hält, das mein, das unser Leben immer so sein wird, das wir uns brauchen und das wir uns haben und das es nichts gibt, das unsere Liebe je trennen kann. Das ist doch nicht normal aber es ist gut, und es ist etwas, das wir beide fühlen, wir wollen nur uns, dafür leben wir und wir wollen, das es nie endet. Wolfi und Kevin für immer, das wollen wir beide.
Der Tag, der für uns gut begann, durch die Anwesenheit von Wolfis Bruder noch besser wurde, ist nun nach den schlechten Nachrichten zu einem traurigen Tag geworden. Das Leben ist oft so zu uns und die Frau Wörner hatte wohl ein schönes und langes Leben. Das ist nun einfach so zu Ende gegangen, etwas, das uns allen irgendwann passieren wird, früher oder später. Sie ist ihrem Werner, den sie doch sehr vermisst hat, gefolgt und soll nun auch dort ihre letzte Ruhe finden, wo er ihr voran gegangen ist. Wir werden sie dorthin begleiten, ihr die letzte Ehre erweisen, mein Schatz und ich, mit dem Fiffi, so wie sie es sich gewünscht hat.
Wolfis Finger kraulen in meinen Haaren, etwas, das ich sehr gerne habe und bei dem ich stundenlang ruhig halten kann. Er tut mir gut, beruhigt ich und lenkt meine Gedanken hin zu ihm.
Nach her fahren wir dann zu Martin und Kai, bevor wir gegen Abend wieder in die WG fahren werden.

Joachim Morbach, Sonntag, 24.10.2010 an Bord, abends um 21 Uhr Ortszeit, vor der südamerikanischen Küste, Höhe Porto Alegre (Brasilien)

Unsere Fahrt ist ausgebucht, 400 Passagiere, verteilt auf 7 Decks, volles Haus, meinte der Kapitän. Das bedeutet natürlich auch für die Besatzung, das immer sehr viel zu tun ist. Durch die ungewöhnliche Länge dieser Weltreise ist der Altersdurchschnitt der Passagiere recht hoch, deutlich über 50, was für mich wiederum, oder besser gesagt, für das medizinische Team bedeutet, dass es Tag-täglich ziemlich ausgelastet ist. Über zu wenig Arbeit können wir uns nicht beklagen, bis jetzt war aber noch nichts wirklich Ernsthaftes dabei, bei den ganzen Wehwechen. Einige Damen und Herren kommen natürlich, nicht weil sie krank sind, sondern weil ihnen was fehlt. Leider können wir, mein Team und ich, ihnen nicht das geben, was sie suchen und unverrichteter Dinge ziehen sie dann auch bald wieder ab. Aufregen oder gar ärgern tun wir uns in der Regel nicht über diese offensichtlich auf ein Abenteuer abzielenden Besuche, unter dem Vorwand, krank zu sein. Direkt aufdringlich wurde bis jetzt noch niemand mir gegenüber und Jo hatte mich ja auch schon vorgewarnt, dass es immer wieder solche Versuche gibt an Bord.
Einige, der nicht mehr ganz so knackigen Frauenbusen musste ich schon abhorchen und oft hängt dann in der Mitte zwischen den „Möpsen“ ein dicker Klunker an einer goldenen Kette, der dezente Hinweis auf die finanzielle Potenz der jeweiligen Trägerin.
Das mich das weder reizt, noch zu anderen als rein medizinischen Tätigkeiten verleiten kann, lässt die Wiederholungsfrequenz bei den meisten schnell nach und jetzt nach 15 Tagen seit Miami kann man von Normalität reden, was den Besuch in der medizinischen Abteilung angeht.
Jetzt, im Vollbetrieb, merke ich erst, welch einen Wust an Arbeit die Besatzung täglich leisten muss und das immer mit einem freundlichen Lächeln auf dem Gesicht. Das ist nicht immer einfach und erfordert von allen sehr viel Disziplin. Wer jetzt hier Seefahrerromantik erwartet hat, der wird sehr enttäuscht sein. Harte Arbeit ist das, jeden Tag und oft fällt man dann spät abends todmüde in die Koje. Sex, der vorher bei jeder sich bietenden Gelegenheit stattfand, wird seltener, findet oft nur statt, wenn die meisten Passagiere bei Unternehmungen an Land das Schiff verlassen haben. Dann allerdings, geht es schon rund mit uns beiden und wir sind mit unserer Situation sehr zufrieden und endlich auch richtig glücklich.

Noah, Dienstag 26.10.2010, 9:45 Uhr, auf dem Schulhof während der Pause mit den Anderen.

Wir stehen im lockeren Haufen in der Nähe des Fahrradständers und reden über das kommende Wochenende, von der Party bei Jerome und Natascha zu Hause. Natascha hat erzählt, dass Lis und Oma und Frieda gestern schon diverse Gegenstände zur beabsichtigten Herbstdekoration besorgt haben. Da gibt es jetzt Laub, Kürbisse und Rüben, 2 Reisigbesen, kleine, aus Stroh gemachte Vogelscheuchen, ein Holzschubkarren mit Früchten und auch ein Korb mit Maiskolben und Gartengemüse. Alles sieht nach Herbst und Erntedank aber auch nach Halloween aus und es wird bestimmt ganz toll aussehen.
Mama kommt Morgen zunächst einmal zurück, Oma bleibt noch mindestens eine volle Woche dort, allein schon, um Mamas Schwester bei zu stehen. Solange nicht klar ist, dass mein Cousin Philipp die Krankheit überlebt.
Wie es jetzt genau um ihn bestellt ist, ob der Körper das Implantat annimmt und er dann gesund werden kann oder ob er sterben muss, das alles ist absolut unklar hat Mama am Telefon gesagt.
Ich hoffe natürlich stark, dass es meine Stammzellen schaffen, diese Scheißkrankheit zu besiegen und das der kleine Philipp gesund wird.
Robin hat heute eine Garnitur der von Lis geschenkten neuen Kleider an und er sieht total geil aus darin, wie ein Model von Boss oder Armani. Ein Schnittchen, wie er im Buch steht und es gibt viele schmachtende Blicke, die ihn auf Schritt und Tritt verfolgen. Da er aber immer in unserer nicht gerade kleinen Clique steht, trauen sich kaum andere an ihn heran. Trotzdem denke ich, dass er über kurz oder lang, ich tippe mal, eine Freundin, haben wird, obwohl auch ein Freund durchaus möglich wäre. Wir werden es erleben, denk ich und es ist jetzt echt gut, wie er Fortschritte macht und sich so toll entwickelt. Er kommt auch gut mit in der Klasse, hat Natascha erzählt.
Ich hoffe, dass es mit Phillip auch gut ausgeht, so jung sollte keiner sterben, finde ich und da bin ich wohl nicht der Einzige, der so denkt. Wenn alte Menschen sterben, wie jetzt die Bekannte von Kevin und Wolfi, dann ist das wohl auch schlimm, aber der Gedanke daran, dass sie ein erfülltes Leben gelebt haben, macht den Abschied leichter, als das bei einem jungen Menschen oder gar bei einem Kind ist. Ich möchte auf jeden Fall nicht an Philips Grab stehen wollen.
Robin erzählt, dass er heute nicht mit zu Remmers fährt, um dort Hausaufgaben zu machen. „Chris und Matze holen mich ab und bringen mich zu Gerry in den Salon“, sagt er, „dort bekomme ich dann den Geburtstagshaarschnitt verpasst, mein Geschenk so zu sagen.“ Er freut sich drauf, das sieht man und morgen werden wir ja dann das Ergebnis sehen. Bei Gerry sind wir uns mittlerweile alle sicher, dass es ein Topp Ergebnis wird. Bei Robins dünnen, blonden Haaren wird er sein Können beweisen müssen, aber in der Runde hier zweifelt keiner mehr an Gerrys Talent. Die meisten von uns hat er schon erfolgreich frisiert und jeder war bisher mehr als zufrieden. Es bimmelt und rein geht es zur vorletzten Stunde. Wir haben jetzt Mathe, Alwin, Dirk und ich, auch Armin und Denise sind mit dabei.

Wolfi, Dienstag 26.10.2010, mittags mit Volker und Hannah und anderen in der Mensa beim Essen.

Gut, das es nicht so schmeckt, wie es aussieht. Geschmacklich, so hat ein vorsichtiges Probieren ergeben, ist es ganz OK. Ein Eintopf ist es heute, mit verschiedenen Gemüsen, vereinzelten, kleinen Rindfleischstückchen und Kartoffeln, in dem die grünen Bohnen eindeutig in der Überzahl sind.
Die Sekte hat bisher noch nicht heraus gefunden, wo Volker und Hannah hin gezogen sind. Volker gelingt es immer wieder, sie bereits auf dem Campus abzuhängen und somit haben die Bemühungen, sie zu finden und zu mobben, stark nach gelassen.
Wachsam sind beide aber nach wie vor, aber wir anderen schirmen die beiden draußen fast immer so ab, dass sie nur schwer entdeckt werden können. Mittlerweile wissen viele aus unserem Hörsaal um die Beiden und bringen sich bei Ablenkungsaktionen voll mit ein. Das ist toll und hat bisher wohl auch gut funktioniert.
Nicht selten fahren sie auch nach der Uni erst zu Volkers Eltern, bleiben dort und kehren erst gegen Abend zu ihrer Wohnung zurück. Sie lieben sich, er jobbt jetzt ein wenig nebenbei, liefert aus für eine Druckerei und Hannah gibt an drei Tagen in der Woche Nachhilfe in der Wohnung, so dass sie gut über die Runden kommen.
Mama hat unsere schwarzen Kleider gereinigt und auf Vordermann gebracht, damit wir ordentlich an der Seebestattung teilnehmen können, von der wir noch nicht wissen, wann sie stattfindet. Meinem Schatz, der anfangs schon sehr traurig war, geht es jetzt etwas besser und die Anwesenheit meines Bruders, mit dem wir öfter zusammen sind, lenkt ihn ab. Gestern haben wir Till die WG gezeigt und natürlich die Räume meiner Firma. Unsere Freunde, die anwesenden, versteht sich, haben wir ihm natürlich auch vor gestellt und er fand alles echt toll. Schade, dass er schon am Donnerstag wieder nach München zurück kehrt.

Kai, Mittwoch 27.10.2010, 11:00 Uhr in der Wohnung, mit der gerade angekommenen Post

Ein Brief meiner Schwester ist bei der heute angekommenen Post neben einem Brief für Martin von seiner Lebensversicherung und Werbung der Klassenlotterie. Die Aufforderung des Anwalts, nicht direkt mit mir in Verbindung zu treten, ignoriert sie einfach, da bin ich auf den Inhalt sehr gespannt. Bevor ich den öffne, rufe ich den Anwalt Stein an und sage, dass sie mir geschrieben hat. Der fragt mich, ob ich den Chef heute noch abholen komme in Bremen und da das der Fall ist, soll ich den Brief dann bei ihm vorbei bringen.
Ich sage das zu und öffne dem Umschlag. „Du dumme Schwuchtel…“ springt es mir ins Auge.
„… du denkst wohl, ich hätte Angst vor dir und deinem popeligen Anwalt. Ha, das Testament ist…

So, das war es für heute mit 106, ich hoffe, ihr hattet Spaß beim Lesen, bis bald.
Danke an meine Beta-Leserin und die treuen Kommischreiber

LG Niff

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1 Kommentar

  1. Und wieder eine tolle Fortsetzung der Geschichte,
    interessant wie immer mal wieder neue Erzählstränge sich so nahtlos einfügen (Kai und seine Schwester…)
    oder andere nicht (mehr) so häufige (Onkel Jo und Dr. Morbach) wiederkehrend eingebaut werden.
    Sehr angenehm zu lesen !!
    Danke

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