Adventskalender – Ein anderes Leben – 2. Türchen (Teil 16)

Darauf sagte ich nichts. Dass ich erneut in einen Schlamassel geraten war, wollte ich hier nicht breit treten und hoffte, dass die anderen auch nichts sagten. Ein Handy ging und war irgendwie meine Erlösung vor der Stille.

„Entschuldigt bitte“, meinte Jin, stand auf und verschwand hinter einer der vielen Türen.

„Aber das ist schon heftig, dass müsst ihr zugeben, oder?“, sprach Jimin einfach weiter.

Die anderen nickten.

„Wie bist du eigentlich dazu gekommen, für So-Woi neues Label Model zu stehen?“, wollte V wissen.

„Er hat mich einfach gefragt…“, antwortete ich lächelnd.

„Lucas hat eine besondere Ausstrahlung und ich fand er würde mit seinem Gesicht meine Firma würdig repräsentieren“, erklärte So-Woi, „und so hab ich ihn einfach gefragt. Aber er meinte auch gleich, dass mache er nur, weil ich sein Freund bin, beruflich will er das nicht machen.“

„Echt nicht? Das verstehe ich nicht“, kam es von V.

„Nein Modeling, oder alles was mit eurer Showbranche zu tun hat, ist mir irgendwie zu heftig. Ich bleibe lieber im Hintergrund und schau zu.“

„Respekt Alter, das hört man nicht oft“, meinte RM.

Ein lauter Schrei ließ nicht nur mich, sondern auch die anderen zusammen fahren. Es kam aus dem Zimmer, in das Jin gegangen war. Jack war sofort aufgesprungen und mit gezogener Waffe zur Tür gerannt.

„Die haben Waffen dabei?“, fragte J-Hope entsetzt.

Was ich nicht sehen konnte, auch Juen war aufgesprungen und erreichte kurz nach Jack die Tür, die er bereits aufgezogen hatte.

Natürlich waren wir alle aufgestanden und als Jack zurück kam, seine Waffe wieder hinter seinem Rücken verschwinden ließ, schauten wir alle gespannt auf ihn.

„Kommt mal bitte jemand…, Jin geht es nicht gut“, fragte Jack.

Jimin ging sofort ins Zimmer.

„Was ist denn passiert?“, wollte Jungkook wissen.

„Jonghyun… hat sich das Leben genommen…“

„Was?“, fragte V entsetzt.

„Sie haben ihn leblos in einem Studio gefunden, aber im Krankenhaus ist er dann verstorben.“

Plötzlich schaute jeder betroffen, hatte Tränen in den Augen. Suga und auch RM liefen zu Jin. Ich wandte mich an Hyun-Woo.

„Entschuldige, Hyun-Woo, wer ist Jonghyun?“, fragte ich leise, weil es mir peinlich war.

Er beugte sich zu mir.

„Du hast ihn schon kennen gelernt…, er ist… war in der gleiche Gruppe wie Minho… Shinee, du erinnerst dich?“

Ich nickte geschockt. Ob es Minho schon wusste, ich hoffte ihm ging es gut. Das war jetzt wirklich heftig. Wir standen da und wussten nicht was tun. V weinte, während J-Hope zu uns kam.

„Ich weiß…, es ist jetzt nicht passend, aber warum sind Jack und dieser Junge bewaffnet?“

Er schaute zwischen uns hin und her. Ich atmete tief durch und rieb mir durchs Gesicht, denn das alles war jetzt etwas viel.

„Lucas…?“, kam es von Hyun-Woo besorgt.

„Ich muss mich setzten…“, meinte ich nur uns lief zur Couch.

„Habe ich etwas Falsches gesagt?“, fragte J-Hope.

„Nein…, Lucas ist nur noch nicht ganz wieder hergestellt, das ist jetzt wahrscheinlich zu viel für ihn“, erklärte So-Woi, „es tut mir leid, wir hätten euch die Wahrheit sagen sollen…“

„Über was redet ihr“, fragte Jungkook, der etwas hilflos herum stand.

„Lucas…?“, sah mich So-Woi fragend an.

Ich nickte ihm zu, jetzt war so wieso alles egal, er konnte es ihnen ruhig erzählen.

„Durch einen dummen Zufall ist Lucas erneut in etwas hineingerutscht. Juen ist Polizist, deshalb die Waffe. Er wurde zum Schutz für Lucas abgestellt. Und mein Jack trägt immer eine Waffe bei sich, er ist oder war immerhin mein Bodyguard…“

„So schlimm?“, fragte J-Hope.

„Ich kann leider nur so viel sagen, dass Lucas durch sein indirektes Handel in die Schusslinie eines Kriminellen geraten ist.“

„Das verstehe ich zwar jetzt nicht, heißt das, wir sind hier alle irgendwie in Gefahr?“, fragte J-Hope besorgt.

So-Woi hob seine Hände und winkte abwehrend.

„Nein…, nein! Es ist rein nur eine Schutzmaßnahme für Lucas, damit ihm nicht geschieht. Zudem sind wir hier auf einem bewachten Gelände, da kommt ja wohl keiner rein, der hier nichts verloren hat.“

Ich saß nur still da und schaute zu den beiden. RM kam zurück.

„Ich habe den Arzt angerufen, Jin ist total von der Rolle“, sagte er.

J-Hope nickte.

„Es wäre vielleicht besser, wir gehen… oder?“, fragte So-Woi,

„Nein… bitte bleibt!“, kam es von V.

„Wollt ihr nicht lieber unter euch sein, nach… der Nachricht…?

V schüttelte den Kopf.

„Bleibt bitte hier…, okay?“

So-Woi schaute zu uns, aber ich zuckte nur mit den Schultern. Er sollte entscheiden.

„Okay…, wir bleiben…“

„Danke…!“, meinte V lächelnd und klopfte So-Woi auf die Schulter.

„Alles klar mit dir?“, wollte Hyun-Woo neben mir wissen.

Er war ebenso die ganze Zeit bei mir gesessen und meine Hand gehalten.

„Entschuldige Schatz, ich wollte dich nicht beunruhigen. Ich habe an die ganze Sache nicht mehr gedacht und war froh, dass sie nicht zur Sprache gekommen ist. Es war einfach nur schön und hat Spaß gemacht.“

„Und wir sollen wirklich nicht nach Hause fahren?“

„Nein, wegen mir bestimmt nicht. Nach der Nachricht über den Tod von Jonghyun habe ich weiche Knie bekommen…, ich musste mich einfach setzten.“

„Okay, aber wenn es schlimmer wird, sagst du bitte etwas.“

„Versprochen…“

Mein Blick war auf dem Tisch gefangen. Mir ging Minho nicht aus dem Kopf. Er war ein so lieber Kerl, immer ein Lächeln im Gesicht und nun das.

„An was denkst du?“

Typisch Hyun-Woo, mittlerweile wusste er sofort, was mit mir los war.

Ich schaute auf und blickte Hyun-Woo in die Augen.

„Ach, ich habe gerade an Minho gedacht…, er ist so eine Frohnatur. Er hat mich so lieb in den Kreis seiner Kollegen auf genommen, obwohl er mich nicht kannte. Und jetzt passiert so etwas.“

„Da hast du Recht, aber ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll. Es ist immer schlimm, jemanden zu verlieren, der dir nahe steht.“

„Ich weiß…, ich war zwar noch klein, als meine Großeltern starben, aber es hat mich schon mitgenommen, als sie nicht mehr da waren. Aber das hier ist noch mal eine Spur heftiger, wenn sich jemand das Leben nimmt… hat denn niemand gemerkt, dass es ihm nicht gut ging?“

Es klingelte. Jungkook lief zum Eingang und kam wenig später mit einem Mann, der eine Tasche trug zurück. Beide verschwanden in dem Zimmer, in dem sich Jin befand. Kaum war er drinnen, wurde Jungkook von Jimin wieder heraus geschoben und schloss die Tür hinter sich.

„Was denn?“, beschwerte sich Jungkook.

„Es reicht, wenn Suga bei ihm ist“, kam es von RM und Jungkook war still.

Jimin legte seinen Arm um Jungkook.

„Komm, räumen wir ab, essen tut wahrscheinlich eh keiner mehr und so hilfst du Jin auch…, okay?“

Jungkook nickte.

„Sollen wir nicht auch helfen?“, fragte ich Hyun-Woo, „tut mir vielleicht gut.“

„Ich weiß nicht, du solltest dich eigentlich schonen…“

„Ach komm Hyun-Woo, ich komm mir blöd vor, wenn alle helfen und ich sitze als einziger hier auf dem Sofa.“

Mein Schatz schaute mich ernst an und atmete tief durch.

„Okay! Aber sobald du dich unwohl fühlst, setzt du dich wieder hin!“

„Ja Papa…“, grinste ich.

Hyun-Woo verdrehte die Augen und stand auf. Ich tat es ihm gleich und schaute zu Juen, der etwas hilflos in meiner Ecke stand. Fragend schaute ich ihn an.

„Was ist?“

Mit gesenktem Kopf schaute er mich an.

„Entschuldige, wenn ich schon wieder etwas falsch gemacht habe…, bitte sag es nicht deinem Onkel.“

Jetzt schaute ich dumm aus der Wäsche.

„Was sollst du denn falsch gemacht haben?“

„… das eben…, dass ich mit gezogener Waffe in das Zimmer gerannt bin…, wegen mir wissen jetzt alle was los ist.“

„Oh Juen“, meinte ich und legte meine Hand auf seine Schulter, „du bist Polizist und das steckt einfach in dir drin zu helfen, oder zu schauen, wenn etwas passiert ist. Und dass es jetzt alle wissen, ist egal. Wir sind hier unter Freunden, die werden sicher nichts nach draußen tragen. Und meinem Onkel werde ich das sicher nicht erzählen.“

„…öhm… wieso nicht?“

„Weil er nicht immer alles wissen muss…, okay?“

Ich war mir nicht sicher, ob Juen das verstand, aber auch das war mir jetzt egal. Ich schob ihn zu den anderen, die kräftig dabei waren, den Tisch zu räumen.

*-*-*

Mit meiner Tasse Tee in der Hand hatte ich mich etwas an Hyun-Woo gekuschelt. Wir alle saßen wieder auf der großen Couch. Sogar Jin war da. Er war in eine Decke gehüllt und saß zwischen Jimin und V.

„Ich verstehe das einfach nicht“, kam es von Jungkook, „wenn mir es nicht gut geht, dann geh ich zu einem von euch und rede mit ihm, dann geht es mir wieder besser.“

„Kookie, nicht jeder Mensch ist gleich“, meinte J-Hope.

Ich lächelte, Kookie war ein lustiger Name.

„Solche Menschen leiden oft an Depressionen und das auch dann länger. Sie werden mit ihrer Umwelt nicht mehr fertig und denken, es ist besser, wenn sie nicht mehr da sind“, sagte Juen plötzlich neben mir.

Fragend schaute ich ihn an.

„… das Thema war auch Teil meiner Ausbildung…“, sagte er leise.

In diesem Kerlchen steckte mehr, als ich bisher angenommen hatte.

„Es ist egoistisch!“, sagte Jin und schnäuzte sich die Nase, „… er hat nicht daran gedacht, was er damit anderen an tut.“

Tränen liefen über sein Gesicht. Ich räusperte mich.

Ich weiß nicht…, ob man das vergleichen kann, aber nach dem mir diese Dinge passiert sind, habe ich oft an mir gezweifelt, ob es nicht besser wäre, wenn ich wieder zurück nach Deutschland gegangen wäre…“

„Ich habe dir gesagt, du bist an nichts schuld, an dem was passiert ist!“, kam sofort der Einwand von Hyun-Woo.

„Auch nicht an meinem Unfall!“, protestierte Jack.

„Ja, ich weiß das hatten wir schon…, ich wollte auch nur versuchen zu erklären, was man denkt, wenn man verzweifelt ist…“

Mein Blick wanderte durch die Gruppe und blieb bei J-Hope hängen, der mich anlächelte. Fragend schaute ich ihn an.

„Ich sehe, du bist in guten Händen, um dich braucht man sich keine Sorgen zu machen, nach dem, was ich vorhin gehört habe.“

„Nein wirklich nicht, ich habe genug Aufpasser um mich herum, mir passiert schon nichts.“

„So ganz bin ich nicht deiner Meinung“, kam es von So-Woi, „du kennst dein Limit nicht und das wird dir immer wieder zum Verhängnis. Da können wir so viel aufpassen, wie wir wollen.“

Hyun-Woo, auch Jae-Joong und Jack nickten.

„Jetzt hör auf, so schlimm bin ich jetzt auch wieder nicht!“, protestierte ich, obwohl ich wusste, dass er Recht hatte.

„Schlimmer!“, entgegnete mir So-Woi, was die anderen zum Lächeln brachte.

„Limit? Was meinst du damit?“, fragte Jungkook.

„So wie du mit deinen Tanzübungen, du weißt auch nie, wann es genug ist“, kam es von Jin.

„Ich muss aber üben, ich will doch gut sein!“

„Du bist gut!“

Darauf sagte Jungkook nichts, nur seine Gesichtsfarbe wurde rot.

„Wie schon gesagt, Lucas ist immer für uns da gewesen, seit wir ihn kennen, ohne an irgendwelche Folgen zu denken“, sprach So-Woi einfach weiter.

„… unter anderem eben, dass er zusammen gebrochen ist, einmal sogar ins Krankenhaus musste.“

„He, ich kann nichts dazu, dass mein Körper einfach schlapp macht!“

„Doch, weil du es immer übertreibst, Schatz!“, kam es leicht ärgerlich von Hyun-Woo, „du nie weißt, wann du aufhören sollst.“

„UUUUUUUUUUh ist das süß“, rief J-Hope, „Schatz…!“

Jetzt musste ich doch grinsen, obwohl das Thema doch eher ernst war. Hyun-Woo hatte diese Mal auch nicht darüber nachgedacht, wie er mich öffentlich anredet. In der Familie oder unter unseren Freunden war es mittlerweile egal, da waren wir unter uns. Aber nun waren wir sozusagen an der Öffentlichkeit.

Jimin und V kicherten laut, während die anderen grinsten.

„Sorry, ich habe noch nie einen Jungen zu einem anderen Jungen Schatz sagen hören?“, verteidigte sich J-Hope sofort.

Ich winkte ab. Jeder im Raum lächelte wieder und wenn dieser Spaß auf mein Konto ging, war es mir egal, Hauptsache, die Laune der Allgemeinheit hob sich wieder.“

„Darf ich fragen, wie es ist einen Freund zu haben?“, fragte J-Hope neugierig.

„Darf ich fragen, wie s ist, eine Freundin zu haben?“, stellte ich die Gegenfrage.

J-Hope hob die Hände.

„Okay…, war eine blöde Frage.“

Ich grinste ihn an.

„Du hast doch gar keine Freundin“, kam es von Jungkook und alle lachten.

„Und wie habt ihr euch kennen gelernt?“, fragte nun V.

Das ich wieder mal der Mittelpunkt war, oder dieses Mal Hyun-Woo und ich, schien den anderen nichts auszumachen. Aber bevor ich antworten konnte, fiel mir Jae-Joong ins Wort.

„Bei mir! Hyun-Woo war Assistent meines Vaters und der hat ihn für Lucas abgestellt, dass er ihm immer helfen kann, wenn es nötig war.“

„Boah, kaum hier und gleich einen Assistenten, wir mussten am Anfang noch viel selber machen“, beschwerte sich RM.

„Halt, mir war das von Anfang an unangenehm, das habe ich auch versucht allen klar zu machen“, wand ich ein.

„Ja unser Lucas hat es nicht so mit unseren Regeln und Traditionen“, kicherte So-Woi.

Wieder ging ein Grinsen auf meine Kosten durch die Runde.

„In Deutschland ist halt alles anders, so bin ich eben aufgewachsen. Aber es ist nicht so, dass mir meine Mutter nichts beigebracht hat. Sie hat immer darauf geachtet, dass Mia und ich mit den Traditionen ihrer Heimat aufwachsen.“

„Mia?“, fragte Jimin.

„Seine süße jüngere Schwester, die er uns allen vorenthalten hat“, sagte Jae-Joong grinsend.

„Du hast eine Schwester, die ist auch hier?“

„Nein, die war nur mit meinen Eltern hier, aus familiären Gründen…“

„Ach so… schade.“

„An Weihnachten kommt sie wieder!“

„Jae-Joong!“

Alles fing an zu kichern. Wöllte Jae-Joong meine Schwester verkuppeln, oder was?

Der Türgong machte sich wieder bemerkbar.

„Nanu, erwarten wir noch jemanden?“, wollte J-Hope wissen.

„Nicht das ich wüsste“, antwortete RM und ging zum Eingang.

Wenig später kam er wieder zurück.

„Das war nur der Sicherheitsbeauftragte, der meinte, wir sollen heute Abend drinnen bleiben, weil sie eine unbefugte Person aufgegriffen haben und sie erst alles überprüfen wollen.“

Leicht panisch schaute ich zu Hyun-Woo.

 

 

 

 

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