Killian – Teil 3

Die Vier kamen auf mich zu und fingen an ihre Handknochen knacken zu lassen. Ich wich immer weiter zurück. “Angst?”, grinste einer von ihnen. “Ne-nein”, stotterte ich nur, obwohl ich fürchterliche Panik hatte. Langsam ging ich immer weiter zurück und plötzlich spürte ich die Wand im Rücken. ‚Mierda…ich werde hier nicht mehr heil rauskommen.’

„So du Schwuchtel, hast wohl gedacht du könntest uns Entkommen?”

Dabei lachten sie.

„Wir zeigen die jetzt was wir mit solchen Arschfickern wie dir machen.”

Damit kamen zwei der Muskelprotze auf mich zu und bevor ich mich bewegen konnte, hatten sie mich auch schon gepackt und hielten mich fest. Ich versuchte mich aus ihrem Griff zu befreien doch es gelang mir nicht. Bevor ich jedoch nach Hilfe schreien konnte, spürte ich bereits die erste Faust in meinem Magen. Ich krümmte mich vor Schmerzen zusammen, meine Sicht verschwamm und mir war schlecht. Nur durch den Griff der anderen zwei Jungen fiel ich nicht um. Immer wieder hagelte es Faustschläge auf mich. Ich konnte vor Schmerzen kaum noch etwas anderes wahrnehmen. Als mich die zwei Muskelprotze losließen und ich auf den Boden flog, versuchte ich mich, so gut es ging, einzukugeln. Mein einziger Gedanke war, so wenig Angriffsfläche wie möglich zu bieten. Dann umschloss mich eine wohltuende Schwärze.

***

‚Boah mir tut alles weh. Was ist nur passiert?’ Vorsichtig öffnete ich die Augen, schloss sie jedoch sofort wieder, da das Licht zu stark in meinen Augen brannte. Langsam versuchte ich erneut die Augen zu öffnen, was mir nur sehr beschwerlich gelang, bis sie sich an die Helligkeit gewöhnt hatten. Das Erste was ich erblickte, war eine weiße Decke und als ich es schaffte mich etwas umzugucken, entdeckte ich noch mehr weiß. Alles hier war weiß. Verwirrt wollte ich mir über die Augen fahren, doch als ich meine Hand hob, spürte ich etwas was da nicht hin gehörte. Zu meinem Arm führten einige Schläuche. ‚Hm…’ So langsam wurde mir bewusst, dass ich mich in einem Krankenhaus befinden musste. ‚Was ist nur passiert?’

Als hätte jemand meine Gedanken gelesen, kam eine Schwester rein. „Ah du bist wach. Wie geht es dir?”

„Ähm gut denk ich. Nur ein leichtes Pochen in der Magengegend. Wo bin ich hier und was mach ich hier?”

„So weit ich das weiß, wurdest du aufgrund einer Schlägerei hier eingeliefert. Ich hol dir gleich den Arzt. Er weiß da besser Bescheid. Brauchst du noch irgendetwas?”

„Ja, dürft ich bitte etwas zu trinken haben?” Mir fiel das Sprechen sehr schwer. Mein Hals fühlte sich so trocken an.

„Ich bring dir sofort etwas”, damit ging die Schwester aus dem Zimmer, um kurz darauf mit einem Glas Wasser und einem Arzt im Schlepptau wieder zu kommen.

„Guten Tag, Killian, wie geht es dir denn heute?”, wurde ich da auch schon vom Arzt begrüßt. ‚Warum fragt mich das nur jeder? Reicht es nicht, wenn nur einer fragt?’ Es nervte mich, ich wusste immer noch nicht was genau passiert war. Ich wiederholte ihm gegenüber meine Antwort, die ich auch schon der Schwester gegeben hatte.

Der Arzt kam auf mich zu und hob mein Oberteil hoch: „Gut dann lass mich noch mal schauen.” Doch bevor er anfangen konnte, mich zu untersuchen, wehrte ich mich indem ich das Oberteil wieder nach unten drückte.

„Ich will jetzt erst mal wissen was überhaupt passiert ist? Ich hab einen totalen Blackout”; forderte ich.

Anstatt auf seine Untersuchung zu pochen, setzte sich der Doktor zu mir auf das Bett. „Du wurdest vor zwei Tagen hier eingewiesen…”

„Was vor zwei Tagen?” Fassungslos sah ich ihn an. Mir fehlten zwei Tage. Was war nur los?

„Ja, nach einer Schlägerei an deiner Schule kamst du hier her. Wir wissen nicht genau was passiert ist. Dein Lehrer konnte es uns nicht sagen. Er hat dich nur zusammen gekrümmt auf dem Flur gefunden. Wir hatten gehofft du könntest uns aufklären.”

Auf einmal schoss eine Bilderflut durch meine Gedanken. Bild für Bild tauchte wieder die ganze Szene vor meinem inneren Auge auf. Die Begegnung mit Steve und wie er dann diese Muskelprotze rief…die Schmerzen. Alles war wieder da.

„Ich kann mich wieder erinnern…”, sagte ich leise.

Ich hatte das Gefühl, das ich diesem Arzt trauen konnte und so erzählte ich ihm alles was passiert war.

„Das ist ja ganz schön heftig. Ich werde das auf jeden Fall deinem Direktor melden müssen. Er muss dann entscheiden wie er mit den Tätern umgeht, doch ich sage es dir; tut er nichts dann werde ich die Polizei einschalten. So etwas geht ja nun gar nicht. So jetzt werde ich dich aber erst einmal untersuchen. Deine Gehirnerschütterung ist zum Glück schon so gut wie geheilt. Trotzdem behalte ich dich auf jeden Fall noch eine Nacht hier. Nur dein Magen und noch mehr deine Niere hat uns da größere Sorgen gemacht.”

Vorsichtig tastete der Doktor meinen Bauch ab. Ich spürte davon nicht viel.

„Tat es irgendwo weh beim Drücken?”

„Nein, nicht einmal”, antwortete ich ehrlich. Dieses anfängliche Pochen war verschwunden.

„Gut. Dann schau ich mir das noch mal mit dem Ultraschall an und wenn dort auch alles in Ordnung ist, hast du wirklich noch mal Glück gehabt.”

„Wieso? Was hatte ich denn?”

„Deine Niere war geprellt und das ziemlich heftig.”

Währenddessen hatte er das Gerät aufgebaut. „Ja, hier siehst du?”, meinte der Doc, doch ich erkannte auf dem Bild, das er mir zeigte, rein gar nichts.

„Nein, was soll ich denn dort sehen?”

Daraufhin erklärte mir der Arzt was auf dem Bild meine Niere war, und wo sie noch etwas geprellt war. „Die Prellung ist schon gut zurückgegangen. Du bist in der Hinsicht wirklich ein Glückspilz. Wäre die Prellung nicht zurück gegangen, hätten wir dich operieren müssen.”

„Zum Glück müssen Sie das nicht”, meinte ich. Ich wollte nicht länger als nötig in einem Krankenhaus sein.

„Gut ich werde dann jetzt gehen und mit deinem Direktor reden. Du hast übrigens Besuch. Ich schicke ihn gleich rein.” Damit verließ der Arzt das Zimmer.

‚Wer kommt mich denn besuchen?’ Erwartungsvoll schaute ich zur Tür. Ein Freund konnte es nicht sein…ich hatte ja noch keinen…

„Guten Tag Killian wie ich sehe, bist du endlich wach.”

Herein kam niemand anderer als Herr Yamamoto.

„Herr Yamamoto, ich freu mich Sie zu sehen.” Ich mochte ihn sehr, gab er mir doch schon auf der Anreise das Gefühl ich könnte immer zu ihm kommen.

„Wie geht es dir? Ich war richtig besorgt, als ich dich im Flur fand. Was ist denn nur passiert?”

Mein Lehrer zog sich einen Stuhl zu mir ans Bett und sah mich einfach nur an. Die ehrliche Sorge, die ich aus seiner Stimme hören konnte, rührte mich sehr. Wir kannten uns noch gar nicht so lange und trotzdem machte er sich Gedanken um mich.

„Mir geht es gut. Der Arzt meinte, ich könnte morgen vielleicht schon wieder gehen.” Seine letzte Frage überhörte ich erst einmal. Was mir aber nicht viel gebracht hatte, denn er fragte direkt wieder danach.

„Und was ist passiert? Warum lagst du im Flur? Wer hat dich so zu gerichtet? Und komm mir jetzt bloß nicht damit, dass du die Treppe runter gefallen bist. Das kauf ich dir nicht ab. Ich möchte die Wahrheit wissen.”

„Ich wollte gar nicht sagen, dass ich die Treppe runter gestürzt bin”, verlegen knetete ich meine Finger auf der Decke. ‚Wie kommt er nur darauf? Vielleicht hatte er es schon einmal so erlebt?’

„Gut”, meinte er nur und schien auf meine wahre Erklärung zu warten.

„Ich war ganz normal in meinem Zimmer, als Steve hereinkam. Er wollte, dass ich verschwinde, doch ich weigerte mich. Es war ja auch mein Zimmer. Da holte er auf einmal vier seiner Freunde. Diese Muskelprotze. Sie haben mich zusammengeschlagen… selbst als ich auf dem Boden lag, haben sie noch weiter getreten…”, zum Ende hin wurde ich immer leiser mit meiner Erklärung.

Ich erschrak regelrecht als ich auf einmal an eine warme, männliche Brust gezogen wurde. Herr Yamamoto hatte mich in den Arm genommen und als hätte er alle Schleusen geöffnet, weinte ich meinen ganzen Schmerz heraus.

„Shh. Es wird alles wieder gut. Shh. Ganz ruhig.”

Langsam beruhigte ich mich wieder. „Was passiert denn nun?”, fragte ich leise.

„Zuerst werden wir den Direktor informieren…”, fing Akish an, doch ich unterbrach ihn „das wollte der Doc machen. Hat er zumindest gesagt.”

„Gut. Ich denke er wird dann mit ihnen reden und versuchen den Grund für ihre Tat herauszufinden. Aber bei der Schwere der Tat wird mit Sicherheit ein Verweis winken.”

„Aber er wird den Grund doch nicht allen mitteilen, oder?” Obwohl es ja eigentlich egal war. Hier wussten schon die meisten, dass ich schwul war, durch mein ungewolltes Outing. Aber wenn der Direx das auch noch sagen wollte, das würde ja an Peinlichkeit alles übertreffen.

„Ich weiß es nicht. Das kommt, denke ich, auf den Grund an. Weißt du etwa den Grund warum sie dich angegriffen haben?”

„Ja”, sagte ich ganz leise.

„Und?”, fordernd und doch auch verständnisvoll sah Herr Yamamoto mich an.

Ganz leise flüsterte ich; „weil ich schwul bin” in der Hoffnung, dass er es vielleicht doch nicht hörte.

„Deshalb? Das fass ich doch nicht. Hey, kein Grund so rot zu werden”, foppte er mich dann auch noch.

Doch ein Grinsen konnte ich nicht zurückhalten, vielleicht auch gerade, weil er die Tatsache, das ich schwul war, so gelassen aufnahm.

„Na geht doch. So und nun wechseln wir mal das Thema. Wie war dein Schwimmen eigentlich? Ich hab gehört du trainierst mit der Mannschaft der Städtischen?”

„Ja, das tue ich. Es ist einfach fantastisch dort. Sie sind alle sehr nett und vor allem der Trainer. Es macht richtig Spaß dort zu schwimmen. Ich bin jetzt auch fest in der Mannschaft, habe das Training gut bestanden”, stolz sah ich Herrn Yamamoto an.

„Na das ist schön zu hören. Tobias ist wirklich ein guter Trainer und immer sehr nett zu jedem. Das ist einfach seine Art.”

„Kennen Sie Tobias denn gut?”

„Ja, wir sind sehr gute Freunde.”

Dabei zwinkerte er mir zu. ‚Was soll das jetzt?’ Ich brauchte einige Zeit bis bei mir der Groschen fiel. „Sie und Tobias? Sie sind auch…?” Etwas fassungslos starrte ich ihn an. Damit hätte ich überhaupt nicht gerechnet.
„Ja, Tobias und ich”, lächelte Akish nur.

„Weiß das sonst noch jemand? Wie gehen die anderen damit um?”

„Es wissen nicht sehr viele von der Schule bescheid. Nur ein paar Lehrer und der Direktor. Schülern haben wir das nicht mitgeteilt. Ob aber manche was vermuten, weiß ich nicht. Du bist der erste Schüler, der es direkt von uns erfährt.”

„Oh echt. Da fühl ich mich aber geehrt.”

Als Herr Yamamoto auf die Uhr schaute, wurde mir schon klar, dass er gehen musste. Seine Worte bestätigten meinen Verdacht. „So Killian, ich muss jetzt los. Habe noch eine Aufsicht zu führen. Ich rede noch einmal mit dem Arzt und komm dich dann morgen abholen.”

„Bien. Bis morgen, Herr Yamamoto.”

Kaum hatte er das Zimmer verlassen, kam auch schon die Krankenschwester mit einem Tablett hinein.

„Ich hoffe du hast Hunger. Es gibt Abendessen.” Damit stellte sie mir das Tablett hin und war genauso schnell verschwunden, wie sie aufgetaucht war.

‚Abendessen? War es echt schon so spät?’ Ich konnte gar nicht fassen wie schnell doch der Nachmittag, denn das war es als ich wach wurde, vergangen war.

***

Am nächsten Morgen wartete ich schon sehnsüchtig auf Herrn Yamamoto. Ich hatte zwar so meine Probleme im Internat aber dort war ich lieber als im Krankenhaus.

„Ah du bist ja schon fertig, Killian. Guten Morgen erstmal. Na komm dann gehen wir”, begrüßte mich Herr Yamamoto.

„Guten Morgen, ja ich möchte endlich hier weg.”

Schnell folgte ich ihm aus dem Krankenhaus heraus und zum Auto. Wir fuhren zurück zum Internat.

„Was passiert jetzt?”, fragte ich ihn.

„Ich bring dich jetzt erst einmal zum Direktor. Dann werden wir weiter sehen.”

„Kommen Sie auch mit?” Ich wollte ihn gerne dabei haben.

„Wenn du möchtest.”

„Ja.”

„Gut dann komme ich mit.” Darüber war ich sehr erleichtert. Ich wusste nicht ob ich das alleine überstanden hätte.

Wir machten uns auf den Weg zum Büro des Direktors. Vor der Tür atmete ich noch einmal tief durch und klopfte an. Nach dem „Herein” traten wir ein und ich sah mich nur dem Direktor gegenüber. Ich ließ die Luft aus den Lungen hinaus, wobei ich nicht einmal bemerkt hatte, dass ich sie unbewusst angehalten hatte.

„Guten Morgen, Herr Direktor.”
„Guten Morgen Killian, Akish. Wie geht es dir?” Begrüßend nickte er jedem von uns zu und bei der Frage richtete sich sein Blick wieder auf mich.

„Mir geht es wieder gut.”

„Setz dich doch bitte. Akish, möchtest du bleiben?”

„Ja, Killian hat mich darum gebeten. Wenn du also nichts dagegen hast?”

„Nein gar nicht. Setz dich nur.”

Nachdem auch der Direktor sich hingesetzt hatte, schaute er mich durch dringlich an.

„Du weißt sicherlich worüber ich mit dir sprechen möchte?”

„Ja, über das was geschehen ist, nehme ich an.”

„Genau. Kannst du mir erzählen was genau passiert ist?” und auch dem Direktor erzählte ich noch einmal ganz genau was passiert ist. Selbst den Grund ließ ich nicht aus.

Gerade als ich geendet hatte, klopfte es laut an der Tür. Erneut rief der Direktor „Herein” und hinein kam Steve. Ich musste schlucken, ich hatte gehofft, dass ich ihn nicht mehr sehen musste.

„Was macht denn diese Schwuchtel hier?”, war sein erster Kommentar als er mich sah. Der Direktor zog darauf hin nur eine Augenbraue hoch und sah ihn mit einem wütenden Blick an.

„So etwas dulde ich hier nicht, Steve. Entschuldige dich und setz dich hin.”

„Ich mich entschuldigen? Bei der Schwuchtel? NIEMALS!”, schrie Steve auch direkt los. „Und setzen tue ich mich auch nicht. Ich will wissen, was der Scheiß hier soll?”

„Sag mal, wie redest du hier? Du setzt dich jetzt hin und wir werden über das reden was passiert ist”, erhob der Direktor die Stimme.

„Was soll denn schon passiert sein? Die Schwuchtel hat nur das bekommen was sie verdient hat.”

Der Direktor starrte daraufhin Steve fassungslos an. Er konnte wohl nicht glauben was er zu hören bekam, aber ich hatte ihm ja versucht zu erklären, dass das mit Steve nie funktionieren würde.

„Du siehst also nicht ein, dass du einen Fehler gemacht hast?”

„Was denn für einen Fehler? So einen dreckigen Schwanzlutscher wollen wir hier nicht haben.”

Während Steve so ausfallend wurde, war ich mit meinem Stuhl immer weiter von ihm weg gerückt. Ich wollte nicht zu sehr in seiner Nähe sein, denn er tobte ganz schön herum. Herr Yamamoto schaute genauso wie ich einfach fassungslos auf Steve.

„Damit hast du dein Schicksal selbst bestimmt. Dein uneinsichtiges Handeln wird dir einen Verweis beschaffen. Ich werde gleich alles dafür einleiten.”

„Sie können mich nicht rausschmeißen, dies wird mein Vater nicht zu lassen” meinte Steve überheblich.

„Dein Vater hat dabei kein Mitspracherecht und jetzt geh in dein Zimmer und pack deine Sachen. Bis heute Abend hast du das Internat verlassen.”

Steve stürmte aus dem Raum und schmiss die Tür hinter sich zu. Ich schaute ihm seufzend hinterher. Das würde bestimmt noch Ärger geben. Ich hoffte, dass ich ihm bis er gehen musste, nicht mehr begegnete.

Der Direktor, so schien es, musste sich erst mal beruhigen, bevor er sich wieder mir zuwandte. „Jetzt habe ich verstanden was du meintest, Killian.”

„Steve muss also jetzt gehen? Und die anderen?”

„Ja Steve wird die Schule verlassen. Die anderen vier, du meintest sicher die hier, oder?” dabei legte er mich vier Akten vor die Nase jeweils mit einem Bild einer meiner Peiniger.

„Ja genau. Was passiert mit ihnen?”

„Ich habe sie wegen schwerer Körperverletzung angezeigt und sie werden auch die Schule verlassen. Wir dulden ein solch intolerantes Verhalten nicht.”

Beruhigt atmete ich auf. Das waren sehr gute Neuigkeiten.

„Herr Direktor, darf ich Sie noch etwas fragen oder eher um etwas bitten?”

„Natürlich. Was möchtest du denn?”

„Könnte ich vielleicht in ein anderes Zimmer? Ich möchte nicht so gerne in das Zimmer zurück auch wenn Steve da nicht mehr darin wohnt.”

„Hm, lass mich mal schauen ob wir noch irgendwo einen Platz frei haben.”

Während der Direx in seinen Unterlagen suchte, schaute ich Herrn Yamamoto an, der mich beruhigt anlächelt.

„Ja hier haben wir noch eins. In Zimmer 100 ist noch ein Bett frei. Dein Zimmergenosse heißt Sascha und er ist wie du auch ein neuer Schüler. Ich denke mit ihm wirst du dich besser verstehen als mit Steve.”

Ich konnte mir ein erleichtertes Lächeln nicht verkneifen, so froh war ich, dass ich Steve zumindest zum Teil entkommen war. „Danke.”

„Nichts zu danken. Ich hoffe, dass du dann noch einmal einen neuen Einblick in die Schule bekommst, und nicht nur den Schlechten in Erinnerung behältst. Um eines wollte ich dich noch bitten, Killian.”

„Ja?”

„Ich wollte heute Abend eine Vollversammlung einberufen, um über die Geschehnisse zu reden. Deinen Namen werde ich nicht nennen, aber gibt es sonst noch etwas, dass die anderen nicht erfahren sollen?”

‚Soll er es ihnen sagen oder nicht?’ Hin und her überlegte ich und kam doch zu keinem Ergebnis. Hilfesuchend sah ich zu Herrn Yamamoto. Doch der zuckte nur mit den Schultern, war mir also keine gute Hilfe.

Meinen ganzen Mut zusammennehmend sagte ich schließlich, dass es sonst nichts gäbe was er nicht sagen dürfte. ‚Es konnte ja nicht schaden, wenn sie es wissen und dass ich damit gemeint bin, erfahren sie ja auch nicht.’

„Gut das war dann alles, Killian. Akish, könntest du ihm sein neues Zimmer zeigen?”

„Ja, natürlich.”

Zusammen verließen wir das Direktorenbüro und machten uns auf den Weg zu meinem alten Zimmer. Meine Sachen musste ich schließlich abholen.

Als wir in dem Gang kamen, war mir schon etwas Bange zu Mute. Ich hatte richtig Schiss davor, wieder in den Raum zu müssen, auch wenn es nur war, um meine Sachen da heraus zu holen. Als wir vor der Tür standen, musste ich erst einmal tief Luft holen.

„Ist mit dir alles in Ordnung, Killian?”

Wurde ich direkt vom Lehrer gefragt. Er schaute mich von der Seite besorgt an.

„Es geht schon. Ich bin nur froh, wenn ich dieses Zimmer nie wieder betreten muss.”

„Das kann ich gut verstehen. Aber vergiss nicht, ich bin bei dir. Ich pass schon auf, dass Steve nichts tut.”

„Danke.”

Ich öffnete langsam die Tür und ging hinein. Steve lag auf seinem Bett und schaute mich wütend und hasserfüllt an. Ich versuchte ihn zu ignorieren was aber schon etwas schwer war. So schnell es mir möglich war, packte ich meine Sachen. Herr Yamamoto nahm mir einen Teil ab und wir gingen mit den fertig gepackten Kisten wieder hinaus. Als wir vor der Tür standen, musste ich erst einmal befreit aufatmen.

„Siehst du, Killian, du hast es geschafft. Na dann lass uns mal zu deinem neuen Zimmer gehen.”

Wir gingen zurück zum Treppenhaus und dann weiter nach oben. Zimmer 100 war das letzte Zimmer das es hier gab und dementsprechend auch ganz oben sowie das Letzte im Gang.

Als wir endlich ankamen, war ich etwas außer Puste, denn mit den Sachen nach hier oben zu gehen, war anstrengend. Vor dem Zimmer blieben wir stehen und Herr Yamamoto klopfte an.

„Herein”, erscholl eine angenehme Stimme. Der Lehrer öffnete die Tür und ich folgte ihm hinein.

„Guten Morgen, Sascha. Du hast ab heute einen Zimmergenossen. Dies ist Killian.”

Dabei deutete er auf mich.

„Hallo Killian.”

„Hallo Sascha.”

Ich musterte Sascha erst einmal, während ich merkte, dass er dies auch bei mir tat. Sascha war ein Stück größer als ich. Ich würde ihn auf 1.85m oder sogar etwas größer schätzen. Er hatte dunkelbraune Haare mit roten Strähnchen drin, die, noch vom Schlaf verstrubbelt, zu allen Seiten abstanden. Was ihm aber sehr gut stand. Dazu hatte er haselnussbraune Augen, die mich freundlich anschauten.

‚Ja, hier kann ich einen Neuanfang starten.’

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