Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt – Teil 3

Jackson, Tennessee knapp 90 Meilen von Memphis entfernt, 17. Juni. 2007

Noel Tisdon, spazierte gerade gemütlich den Hollywood Drive runter, um zur Post zu gelangen, in der er ein Postfach unterhielt. Er war ein gutaussehender junger Mann, der vor kurzem, seinen achtzehnten Geburtstag feierte und wünschte sich nichts sehnlicher, als aus Jackson zu verschwinden.

Man könnte meinen das geht doch jeden jungen Mann so, das er aus seiner Heimatstadt verschwinden will um die Welt zu entdecken, so aber nicht Noel. Er will nicht weg um etwas von der Welt zu sehen, er hat einzig das Ziel von seinem Vater weg zu kommen.

Seine Mutter war schon früh verstorben, so dass Noel von seinem Vater aufgezogen wurde. Dies war eine sehr komplizierte Beziehung zwischen den Beiden, den Noels Vater war Kommandant der am Rande von Jackson gelegenen Militärbasis und wie es leider dieser Job mit sich brachte war Jason Tisdon ein nahezu fanatischer Mann.

Alles musste mit akribischer Genauigkeit bei ihm ablaufen. Leider bezieht sich das nicht nur auf den Dienst sondern auch auf Noel. Commander Tisdon plante schon lange das Noel, sobald er das Alter erreicht hatte genau wie er der Army beitreten und auch die Offizierslaufbahn einschlagen sollte.

Diese Rechnung hatte der Commander aber ohne seinen Sohn gemacht. Noels Traum war es schon lange Kunstgeschichte zu studieren und so weit wie möglich von jeder Waffe und jeder Uniform entfernt zu sein, wie nur irgend möglich.

Noel wusste ganz genau, dass seine Mutter sehr unter seinem Vater gelitten hat, er fand vor nicht einmal einem Jahr ihr Tagebuch auf dem Dachboden Ihres Hauses, dort musst sie es vor ihrem Mann versteckt haben.

Die Informationen die er diesem Buch entnahm gaben ihm die Kraft alles zu tun um von seinem Vater los zu kommen. So mietete er sich von seinem Taschengeld ein Postfach in eine der Poststationen von Jackson und  bewarb sich an diversen Universitäten und außerdem noch für den einen oder anderen Job.

Es war schon geradezu Ironie das Noels Vater seinem Sohn unbewusst bei seinem Vorhaben geholfen hat. Durch das Anstacheln durch den Commander hatte Noel seinen Abschluss mit Auszeichnung und Bestnoten gemacht, außerdem hatte er dermaßen viele außerschulische Aktivitäten das man sich nur wundern konnte wie er dies unter einen Hut brachte.

Aber er hat es geschafft und bereits drei Tage nach seinem 18. Geburtstag hielt er sein Abschlusszeugnis in der Hand. Exakt drei Stunden nach dieser Feierlichkeit, zog er, bei einem kurzen Abstecher seine Post aus dem Postfach und brach innerlich in Jubel aus.

Er hatte sich bei einer Produktionsfirma als Produktionsgehilfe beworben, aufgrund der Empfehlung seiner Lehrerin im Theaterkurs wurde er sofort genommen.  Er hatte auch Glück, der Zuständige Produzent war gerade in der Stadt so das er zu einem kurzen Gespräch geladen wurde und nicht extra zum Ort des Hauptsitzes der Firma fahren musste.

Das wäre schwerlich zu erklären gewesen. Schließlich lag dieser in Johnson City, etwa 414 Meilen von seinem Vater entfernt. Als Noel heute die Poststation betrat, war er sehr nervös. Es fehlte nur eins zu seinem Glück, die Zusage der East Tennessee University.

Als er in sein Postfach schaute, war dort ein schwerer dicker Umschlag von der eben genannten Universität und das war das Zeichen, alles hatte geklappt. Das konnte nur eine Annahme sein. Er riss den Umschlag auf und zog den Brief raus.

 

Sehr geehrter Mister Tisdon,

ich freue mich sehr Ihnen mitteilen zu können, dass Sie ab dem nächsten Semester beginnend am 01. September, einen Studienplatz für das Fach Kunstgeschichte erhalten haben.

………………………………

Das war alles was er lesen konnte, wollte, musste. Er hatte es geschafft und er war den Tränen nahe. Nun konnte er Phase 2 seines Planes einläuten. Sein Vater wird in einer Woche auf eine Tagung fahren und genau dann plant Noel den Auszug. Eine Woche, die wahrscheinlich schwerste seines Lebens, den Jason Tisdon durfte nichts mitkriegen.

Johnson City, 2 Monate früher

Julian Kane, verließ gerade das Haus und die Farm seiner Großmutter um zur Schule zu gehen.  Er war ein nahezu blendend aussehender 1,75m großer Typ mit blonden Haaren. außerdem war er ein sehr beliebter Schüler, aber anders als man das vielleicht denken würde war er ein sehr herzlicher Mensch.

Er verachtete Hochnäsigkeit und Arroganz und er lachte sich jedes Mal ins Fäustchen wenn wieder eine dieser „Cheerleaderschnepfen“ versucht bei ihm zu landen. Keine dieser künstlichen Schönheiten hatte auch nur im Ansatz eine Chance.

Julian war vor wenigen Tagen mitten in einer Diskussion mit einem seiner besten Freunde Keenan, endlich die Lösung bzw. das Ergebnis für einige Phänomene gekommen die er in letzter Zeit an sich beobachtet hatte.

Er wurde immer nervös wenn ein gutaussehender Typ an ihm vorbei ging, bekam feuchte Hände wenn einer mit ihm redet und beachtete die Mädchen mit keinem Blick. Für viele wäre das Zeichen genug um Panik zu bekommen, aber Julian behielt einen kühlen Kopf und dachte nach.

Drei Wochen hat er hin und her überlegt, auch ein – zwei Mal die Überlegung mit einbezogen er könne Schwul sein aber auch sofort verworfen. Nun wo er Keenan gegenübersaß, den er insgeheim intensiver anschmachtete als jeden anderen, wurde es ihm klar.

Er konnte nur schwul sein, für einen Typen in Johnson City war das ein schwerer Schlag. Julian fühlte sich aber nicht am Boden zerstört, er war glücklich. Glücklich rausgefunden zu haben was er im tiefsten Inneren immer gewusst, aber nie akzeptiert hatte. Nun war er alt genug… er wollte keine Lüge mehr leben. Er ging den Weg zu seinem Wagen und sagte leise vor sich hin: „ Ich bin schwul.“

Die erste Hürde wird eben jener Keenan sein. Dieser war ein Macho durch und durch, die Frage war nur wie er es aufnehmen würde. Im Geheimen war Julian schon seit einem Jahr in ihn verliebt gewesen.

Julian stieg in seinen Wagen und fuhr los, es waren nur 10 Minuten Fahrt zur Schule und es war heute auch nicht besonders viel zu tun. Man stand kurz vor den Ferien und wollte nichts mehr wirklich machen.

Julian hat sich auch schon bei seinem Nebenjob erkundigt ob er zukünftig mehr arbeiten könne. Das Studio hat  sich sehr gefreut, schließlich gehörte Julian zu ihren talentiertesten Nachwuchsdrehbuchautoren für Serien und er war ein sehr fähiger Produktionsassistent.

Sein Organisationstalent suchte unter den anderen Mitarbeitern, seinesgleichen. So könnte Julian wahrscheinlich auch mit auf die Promotour die für ihre neue Serie „The Invisible Women“ bald starten würde.

Es waren zwar nur Städte im Umkreis eines 200 Meilenradius aber er würde mal etwas anderes sehen als ewig nur Johnson City. Er plante nach dem Sommer sein Studium im Bereich Kunst spezifischer Filmkunst aufzunehmen und war gespannt was er dort lernen würde.

Seine praktische Erfahrung war jetzt schon Beispiellos, seit zwei Jahren arbeitete er bereits in der Produktionsfirma um genauer zu sein im örtlichen Filmstudio wo diverse Serien gedreht werden. Der Sender für den sie produzierten war ein recht kleiner aber dennoch landesweiter Sender der sich auf den Bereich Serien aber auch Reportagen spezialisiert hatte.

Neben den normalen Alltagsgeschäft wurden zumeist beim Casting oder aber direkt in einer Serie durch Zufall Talente für andere Branchen entdeckt, so war die Hauptrolle der eben erwähnten Serie durch Susan James besetzt die eine wunderbar intensive Gesangsstimme hatte. Das wurde direkt auch in die Serie mit eingebaut von Julian.

Er hatte sie durch Zufall singen hören und war schwer begeistert. So war sein erstes Unterfangen nach dieser kleinen Begegnung das Umschreiben der Drehbücher gewesen. Noch am selben Tag legte er diese vor und wenn auch skeptisch beäugt, wurden sie doch gerne genommen.

Als Julian endlich in der Schule ankam, sah er direkt Keenan, dieser baggerte natürlich mal wieder an den Damen der Schule rum. Nur die, in seinen Augen, Schönsten durften es sein aber Julian war nicht eifersüchtig, so war sein bester Freund eben und wenn auch verliebt in ihn machte er sich eigentlich keine wirklichen Hoffnungen nur tief in ihm vergraben bestand doch noch ein tiefer Funke der nicht aufhören wollte zu glimmen und zu hoffen das seine Gefühle erwidert wurden.

Als Julian sich Keenan näherte sah dieser ihn direkt kommen und lächelte:

„Hey Jul, bist ja auch endlich da… na bereit für die letzten Stunden vor den großen Partyferien?“

Typisch Keenan, kaum hat er Ferien denkt er nur noch an Partys, Mädchen und Sex und wie er möglichst alles drei auf einmal bekommt.

„Ich muss arbeiten, da wird nicht viel Zeit für das übrig bleiben was du unter einer Party verstehst!“

Keenan grinste Julian an und dieser lächelte zurück. Kleinere Sticheleien waren unter den beiden Freunden sehr gern genommen, es machte ihnen Spaß und man wollte sich ja auch wenn mal ernst angesagt ist nicht die jeweilige Meinung abspenstig machen.

„Du nimmst den Job viel zu ernst. Du bist jung genieße es und gönn dir mal ein paar Weiber.“

Julian konnte es nicht vermeiden er musste die Augen verdrehen.

„Ja genau das mein ich, Mensch du bist 17 und du siehst gut aus, du könntest jede haben. Aber du ziehst dein Zölibat vor. Ich versteh das nicht.“

„Das ist mir schon klar, dass du das nicht verstehst aber ist auch nicht weiter schlimm. Müssen wir halt doch noch ein wenig an deinem Kopf arbeiten.“

„Ich mein das ernst Jul. Wieso nimmst du dir nicht mal ne Frau. Lebst dich richtig aus.“

Julian lief das Gespräch definitiv in die falsche Richtung und das musste er ändern, alle hörten zu und er wollte kein Outing vor der ganzen Schule hinlegen, auch wenn er nicht mehr lange mit diesen Leute aushalten musste.

Gott sei Dank, ist Julian nicht auf den Kopf gefallen sonst säße er jetzt wirklich in der Klemme.

„Du weißt doch ganz genau, worauf ich hinarbeite. Ich möchte mir jetzt keine Ablenkungen erlauben, ich habe endlich eine komplette Serie unter meine Fittiche und möchte das nicht wieder verlieren. Du weist wie schlimm es war nur als Co-Autor zu arbeiten.“

 

Keenan nickte ihm zu, er hatte verstanden. Er wollte seinem Freund auch seine Arbeit nicht schlecht reden, schließlich wusste er wie sehr Julian an seiner Arbeit hing und das er sie nicht verlieren möchte.

Nicht nur weil das für ihn der Einstieg in das Geschäft ist, sondern auch generell weil Julian gerne schrieb und da er zunehmend frustrierter wurde weil er einen Kopf voller Ideen aber niemanden der sie sich anhörte hatte, musste etwas geschehen.

Keenan hatte sich vor zwei Jahren ein paar der Geschichten von Julian geschnappt ohne das dieser das merkte und zeigte sie einem Bekannten seines Bruders, seiner Zeit Produktionsleiter eben jener Firma an der Julian mit treuem Herzen hing.

Dieser war sofort begeistert und wollte die Autoren kennenlernen. So fügte sich eins zum anderen und Julian war schnell in der Gunst der Produzenten gestiegen und mittlerweile konnte man sich die Firma ohne ihn nicht mehr vorstellen.  Konnte und wollte auch nicht.

*-*-*

Sie gingen gemeinsam in Richtung des ersten Kursraumes, fast alle Kurse hatten sie gemeinsam, mit dem extremen Unterschied den Julian zur absoluten Spitzenklasse der Schule und Keenan nun ja zum Durchschnitt zählte was die Lernerfolge anging.

Sie setzten sich an ihre angestammten Plätze und hätten unmittelbar zerfließen können, das Gebäude hatte sich derart aufgeheizt das ein Unterricht kaum möglich war. Dennoch wollten die Lehrer wenigstens ihre Ankündigungen machen, anschließend würde der Schuldirektor sowieso das nachhause schicken beauftragen da ein Unterricht unter diesen Bedingungen unzumutbar war, für Mitte Mai war es selbst für Tennessee ungewöhnlich und vor allem unerträglich heiß.

Jackson, 17. Juni 2007 später Nachmittag

Noel stand in der Küche und bereitete das gemeinsame Abendessen mit seinem Vater vor, die Gespräche werden wie jeden Abend sehr einseitig ausfallen und Noel würde sich stark zurückhalten müssen.

Schließlich wollte er nicht dass sein Vater sich in Erinnerung ruft dass er bereits seit ein paar Tagen zuhause saß und keiner Tätigkeit nachging. Zumindest gilt die Planung des Abhauens nicht unbedingt als Tätigkeit für Commander Tisdon.

*-*-*

Er würde sich wieder anhören dürfen wie Disziplinlos diese oder jene Einheit wäre und würde seinem Vater zustimmen. Er würde zu hören bekommen was sie gemacht haben und was sie falsch gemacht haben und mindestens fünf Vorschläge seines Vaters um dies besser zu machen und Noel würde ihm recht geben um das Gespräch am Laufen zu halten und seinem Vater gar nicht erst genug Raum und Zeit zum Nachdenken zu geben und zum Pläne schmieden für Noels Zukunft.

Als sie das Essen hinter sich gebracht hatten und Noel sich um das Verräumen der Sachen gekümmert hatte, zog er sich auf sein Zimmer zurück. Er wollte noch ein wenig die Broschüre der East Tennessee University durchforsten und schauen was Johnson City zu bieten hatte.

Ein paar Stunden später, sein Vater schlief bereits, beendete Noel die Internetrecherchen in dieser Richtung und ging zu Bett. Sein Vater ließ ihn entgegen seiner  normalen Gewohnheit in dieser Zeit in Ruhe, normalerweise wurde er pünktlich um 4:30 Uhr jeden Morgen geweckt und aß mit seinem Vater ordentlich Frühstück.

Seit Noel sein Examen so glänzend bestanden hatte ließ ihn sein Vater in Ruhe, so konnte er ausschlafen solange das Essen rechtzeitig auf dem Tisch stand.

In den Augen seines Vaters ist es alles andere als ein vergeudetest Talent wenn ein Mann für sich sorgen konnte, d.h. nicht nur das ein Mann Rechnungen bezahlen können sollte. Genauso gut muss ein Mann in seinen Augen kochen können, saubermachen genauso wie Wäsche waschen. So hat er Noel erzogen, nicht so dass Noel alles alleine tragen musste, es wurde fair gewechselt, mal musste Noel dies machen und dann musste Noel in der darauffolgenden Woche was anderes machen.

Diese Woche war Noel dran mit kochen und sauber machen. Was beides kein wirkliches Problem darstellte, sein Vater sorgte immer für einen vollen Kühlschrank und sein Fanatismus sorgte dafür das jede eigenverschuldete Unordentlichkeit sofort beseitigt wurde. Es hatte ja nicht nur negative Punkte, dass er bei seinem Vater aufwuchs, aber irgendwie hatte Noel das Gefühl nie der werden zu können der er sein will, wenn er hierblieb.

2

Johnson City, 18.Juni 2007

Nun schlägt sich Julian bereits seit zwei Monaten mit der Frage rum wie er Keenan ins Vertrauen ziehen sollte, das war gar nicht so einfach wie er sich das vorgestellt hat. Jade, seine Cousine, hatte ihn vor wenigen Wochen auf den Kopf zu gefragt, sie meinte sie hätte gespürt das er bereit gewesen wäre und da wollte sie ihren Verdacht nicht länger zurück halten.

Sie arbeitet in seinem Lieblingscafé als Bedienung solange sie im Hause seiner Großmutter zu Besuch war, ihre Eltern waren der Meinung gewesen, sie besser einmal ein wenig Zeit fern von zuhause verbringen zu lassen um einen klaren Kopf zu bekommen.

Ihre Noten waren sichtlich abgesackt und sie hatte sich stark verändert, ihre Eltern schoben dies auf den angeblich so schlechten Umgang den Jade pflegte und damit hatten sie , wie Jade wusste nicht so ganz Unrecht.

Mittlerweile war Jade bereits seit einem halben Jahr bei den Kane’s zu Besuch und sie war schon wieder die liebenswürdige junge Frau von früher gewesen und sie und Julian waren sich im Freundschaftlichen Sinne sehr nahe gekommen.

Gerade sie war es auch, die ihn in die Offensive zwang und ihn geradezu herausforderte durch ihre Fragerei, ihr gegenüber reinen Wein einzuschenken und das tat er nach anfänglichen stottern und zögern doch mit sichtlicher Erleichterung.

Als die ersten Worte über seine Lippen gestolpert sind konnte er die nächsten zwei Stunden nicht mehr aufhören zu reden. Er erzählte ihr alles wie ihn die Gefühle seit Monaten schon plagten bzw. deren Geheimhaltung und wie er für Keenan empfand, den sie ja nun auch kannte. Sie verstand allerdings nicht was ihn an diesem Jungen anzog.

Von da an teilten Jade und Julian eine Menge, sie führten oft lange Gespräche über die Gefühlswelt von Julian damit er merkte das es genauso normal war als Mann einen anderen Mann zu lieben wie eine Frau.

Sie wollte ihm zeigen, dass er keine Angst zu haben brauchte und so beschloss er das nicht Keenan sein nächster Schritt war, er brauchte Rückhalt. Er brauchte seine Eltern. Leider war das eine ganz andere Geschichte, oh sie waren verheiratet aber sie lebten nicht zusammen. Julian lebte quasi bei beiden.

Da war Lilian, seine Mutter, ihr  gehörte ein großzügiges Haus, nun ja eigentlich eher eine Villa. Ihre Familie gehörte zu den Einflussreichsten Familien in Tennessee und das machte sich eben bezahlt und auf der anderen Seite sein Vater, Jeff eigentlich Jeffrey, der Besitzer der Farm.

Auch Jeff gehörte einer sehr einflussreichen Familie an, die Farm war der Grundstein einer sehr erfolgreichen landwirtschaftlichen Gesellschaft gewesen. Jetzt diente sie als Familiensitz der Familie Kane.

Familienoberhaupt der Familie Kane war nach außen hin Julians Vater, Jeff.  Aber eigentlich war Jeffs Mutter Kathrin  das unangefochtene Familienoberhaupt. So lebte auch jeder unter dem Dach der Kane-Farm nach den Regeln von Kathrin Kane.

Getrennt haben sich Jeff und Lillian, weil sie der Ansicht waren bzw. Lillian war der Ansicht das ihr Leben als Paar nur noch darin begründet lag das sie Kinder hatten. Das konnte sie nicht als Grundstein ihrer Beziehung beibehalten deswegen läutete sie eine Pause ein.

Sie zog wieder in Ihr Haus und er lebte weiterhin auf der Farm und die Kinder, ganz besonders Julian, wurden zwischen den beiden hin und her gerissen. Julian lag ruhig und die Sonne genießend auf einem Handtuch in der Nähe des Farmhauses.

Er wollte einfach mal wieder abschalten. Diese ganzen Outing-Gedanken plagten ihn zu sehr und er brauchte Ruhe, vielleicht würde die Antwort von ganz allein kommen. Im nächsten Moment spürte er, dass die Sonne weg war und hörte wie leise vorsichtige Schritte neben ihm im Gras getan wurden. Er öffnete die Augen und sah Keenan.

„Hi Julian, versuchst du mal ein bisschen Farbe zu bekommen?“

„Natürlich, neben dir sehe ich immer so krank aus!“

Sie grinsten sich an und Keenan legte sich neben Julian ins Gras.

„Ich hab eine geile Idee. Was hältst du davon wenn du dich mit Jill verabredest und ich mich mit Jenny. Die beiden gehen immer nur zusammen aus und ich bin so scharf auf Jenny. Außerdem könntest du mal ein Date vertragen.“

„Du schon wieder. Ich will kein Date und das weist du auch ganz genau.“

„Pech gehabt, du kommst morgen Abend mit. Ich hab das schon angeleiert für dich und so wie ich das verstanden habe steht Jill ziemlich auf dich.“

Julian rollte mit den Augen und hätte Keenan am liebsten einen Kinnhacken verpasst, vor allem weil er am liebsten mit ihm allein ausgegangen wäre. Etwas Romantisches, ein nächtlicher Schwimmausflug an den See, irgendetwas in dieser Richtung.

Aber da konnte er wohl vergebens hoffen. Keenan war ein Hetero durch und durch und irgendwas lies ihn dann doch ja sagen und sie verabredeten sich für den folgenden Abend. In Julian erhob sich das mächtige Gefühl die Worte mit einem Scotch hinunterzuspülen, ergab sich diesem Gefühl aber lieber nicht.

Er hatte einige Freunde die in regelmäßigen Abständen doch sehr tief ins Glas schauten und er war immer stolz nicht zu diesen Leuten  zu gehören. Als Keenan ging, lag nur noch ein Julian dort, im Gras, der am liebsten sofort losgeheult hätte und genau das war es auch was er tat.

Er weinte im Stillen vor sich hin. Er wollte das Ganze nicht mehr, es zerfraß ihn innerlich, dieses Versteckspiel. Er lag nun schon drei Stunden hier und eine davon hatte er geweint, nun machte er sich mit vollkommen verweinten und verquollenen Augen auf den Weg ins Haus. Er war etwas gerötet und ihm war schwindlig aber er wollte nur noch ins Bett und das hoffentlich ohne jemanden aus seiner Familie zu begegnen.

Leider ist Hoffnung ein Gut an das zwar gerne appelliert  wurde aber das so kaum zum tragen kommt. So kam es natürlich das Julian seine Mutter gerad aus dem Auto steigen sah als er lang kam. Sie bemerkte ihn natürlich sofort und so ging sie auf ihn zu. Julian versuchte seine Augen zu verbergen, es gelang ihn nur mäßig.

„Schatz? Julian was ist denn los? Hast du geweint?“

„Ist schon alles in Ordnung, Mum. Was machst du hier?“

„Ich wollte nur mal rum kommen und schauen was ihr so treibt, es meldet sich ja keiner bei mir.“

Immer diese versteckten Vorwürfe, dachte sich Julian.

„Ach Mum, sorry aber ich habe derzeit einfach zu viel um die Ohren.“

„Ach und sowas gibt Grund zum weinen? Was ist los? Du weist das du immer mit mir über alles reden kannst!“

„Mum, das ist wirklich nicht leicht. Ich wollte ja mit euch reden….aber es ist so schwer.“

Julian drehte sich um und ging langsam Richtung Scheune. Lillian folgte ihm still.

„Schatz, ich sehe doch wie du unter irgendetwas leidest. Was ist es?“

Julian dachte nach, eigentlich hatte sie recht. Sie hatte sich nie negativ über Schwule geäußert und sie war immer sehr offen allen gegenüber gewesen. Warum hatte er also so sehr Angst mit ihr zu reden? Er kam direkt auf die Lösung, er wollte nicht dass sich etwas zwischen ihnen änderte und deswegen vermied er es.

„Ich hab Angst, Mum!“, brachte er sehr leise hervor.

„Wovor hast du Angst?“

„Ich hab Angst, du könntest mich mit ganz anderen Augen sehen und unsere Beziehung würde sich so sehr ändern, wenn du es weist.“

„Was denkst du, könnte unsere Beziehung so sehr verändern das du Angst davor hast?“

„Mum, ich habe mich verliebt…“

Julian senkte den Blick.

„Das ist doch wunderbar,  Schatz. Wer ist es denn?“

Nun kam Julian ins Wanken.  Sollte er es sagen…oder doch nicht? Nun hat er sich in die Situation katapultiert also sollte er auch reinen Wein einschenken. Zu diesem Entschluss kam er nach Minuten des hin und her.

„Ich…ich hab mich in…K..K…Keenan verliebt. Mum, ich denke ich bin schwul.“

Lillian schaute sich ihren Sohn an. Sie hatte sich nie mit Schwulen auseinander gesetzt, was sollte sie sagen? War sie schockiert? Erleichtert? Klar konnte sie das nicht sagen, aber sie wusste das sie ihren Sohn nach wie vor genauso sehr liebt wie vorher, also tat sie das für eine Mutter in ihrer Situation genau richtige.

Sie ging auf ihn zu und umarmte ihn. In diesem Moment begann Julian wieder zu weinen, keine Tränen des Schmerzes sondern der Erleichterung. Tiefe Erleichterung dafür dass ein schweres Geheimnis nicht mehr ganz allein auf seinen Schultern lag. Sicher Jade wusste Bescheid, aber es war doch etwas ganz anderes sich vor seiner Mutter zu outen.

 

 

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2 Kommentare

  1. Hätte mich auch über einen dritten Teil gefreut:-)
    vielleicht kommt er ja noch

    lg
    Wulf

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  2. Hallo,

    warum ist hier im 3.Teil noch einmal der 1. Teil gepostet?

    Ansonsten hat die Geschichte potenzial 🙂 Bin gespannt wie es weiter geht.

    LG Mario

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