Adventskalender – Suddenly royal II – 17.Türchen

Gregory lächelte nun verlegen und bevor wir die Unterhaltung fortsetzen konnten, wurde am Haus die Tür geöffnet. Tante Abigail trat heraus. Wie machte sie das nur, stand sie immer hinter einem Fenster versteckt, um zu sehen, wer vorfuhr?

„Hallo zusammen“, rief sie und kam die Treppe herunter.

Sie schaute zwischen mir und Gregory hin und her.

„Ich habe nicht gewusst, dass die beiden sich so ähnlich sehen, Charlotte du hast gar nichts gesagt… hallo Gregory, ich bin Abigail, deine Tante.“

„Bisher trug er auch eine Brille und hatte einen Mittelscheitel“, meinte Mum und stellte sich neben Abigail.

„Hallo“, sagte Gregory und schüttelte verschüchtert Tante Abigails Hand.

„Okay, dann fehlen nur noch Taylors Schwester und ihr Ehemann.“

„Mist, ich wollte ja noch duschen gehen“, kam es plötzlich von Taylor.

„Solltest du, so lass ich dich nämlich nicht an den Tisch!“, grinste Tante Abigail.

Sofort verschwand Taylor wieder. Gerne hätte ich ihn wieder bei mir duschen lassen, aber leider musste ich mich um Gregory kümmern. Ich hatte ihm versprochen, nicht von seiner Seite zu weichen.

„Dann mal rein in die gute Stube, mir wird kalt“, sagte meine Tante und lief die Treppe bereits hoch.

Ehrfürchtig bestieg Gregory neben mir die Treppe hoch.

„Ich habe schon von dem Anwesen gehört, aber hier war ich noch nie“, flüsterte er mir zu.

„Dann hast du jetzt die Gelegenheit, dir alles anzuschauen“, sagte ich zu ihm und gemeinsam betraten wir das Haus.

*-*-*

Nachdem die erste Aufregung sich über den Familienzuwachs gelegt hatte, verteilte sich die Anwesenden etwas, um noch auf Taylors Schwester Chloe und ihr Mann zu warten. Während Mum mit Charlotte sich weiter um die Teetafel kümmerten, saßen Gregory und ich mit Grandpa, in der Bibliothek.

„Der Rest war vom ausreiten noch nicht zurück.

„Ich kann nur immer wieder betonen, wie leid mir das alles tut, ich wusste wirklich nichts von dieser ganzen Sache.“

Gregory nickte nur, aber sagte nichts. Man merkte Grandpa an, dass es ihn sehr belastete. Er war etwas weiß um die Nase und tat mir wie immer leid, war doch sein einziger Wunsch, die Familie vereint zu wissen.

Das Anliegen war gut, aber die Folgen rissen alte, aber auch neue Wunden auf. Ich legte meine Hand auf die seine und drückte sie etwas. Grandpa lächelte mich darauf an. Das sich Gregory nach wie vor unwohl fühlte, war auch ihm nicht zu verdenken, saßen da doch plötzlich wildfremde Menschen bei ihm, die behaupteten seine Familie zu sein.

„Jack hat erzählt, du gehst in seine Klasse, darf ich fragen, ob du schon weißt, was du nach der Schule machst?“, fragte Grandpa.

Gregory schaute mich kurz an.

„Wie Jack möchte ich Informatik studieren.“

„Das weißt du?“

„Du bist einer der besten in der Klasse, wie soll man das nicht wissen. Alle reden da drüber.“

„Davon habe ich nichts mitbekommen.“

Grandpa folgte unserer Unterhaltung, blieb aber stumm.

„Wie denn auch, du hängst nur mit Sabrina herum, nun auch mit dem Neuen…“

Das hatte sich in keinster Weise vorwurfsvoll angehört, eher wie eine Feststellung.

„… Jayden, auch ein Cousin von dir. Er ist mit seiner Schwester und Sabrina ausreiten. Aber wie ich Grandpa schon erzählte, bisher dachte ich, ich bin uninteressant und war froh, das von mir keiner etwas wollte.“

Gregory grinste. Ein echtes Grinsen, das ich bisher noch nicht an ihm gesehen hatte.

„Du weißt wirklich nicht, was man über dich in der Schule redet, oder?“

Erstaunt schaute ich ihn an und zuckte mit meinen Schultern. Grandpas Zustand hatte sich anscheinend etwas gebessert, denn er hatte wieder Farbe im Gesicht. Zudem grinste er nun ebenso.

„Das würde mich interessieren, was redet man denn, über meinen Enkel?“, sagte er nun.

„Das reicht von einem unehelichen Sohn eines hochgestellten Professoren, bis zu Bestechungsgeldern, an die Lehrerschaft.“

„Was?“, entrutschte es mir entsetzt.

Grandpa fing laut an zu lachen.

„Das du vor Weihnachten zum Rektor gerufen wurdest, dann auch noch mit dem… ähm mit Jayden, hat natürlich für noch mehr Gesprächsstoff und Vermutungen geführt.“

Ich schaute zu Grandpa.

„Davon weiß ich wirklich nichts.“

„Es traut sich niemand, ihn anzureden, weil man nicht weiß, woher er kommt, oder stammt.“

„Man hält ihn für arrogant?“, wollte Grandpa wissen.

„Ich würde eher unnahbar sagen.“

Bisher war mir Gregory nie groß aufgefallen, er gehörte zur Klasse und das war es auch schon, so wie viele andere in der Klasse auch. Aber, dass er so viel redet, hätte ich nie erwartet, schon gar nicht, dass er so gut über mich Bescheid weiß.

„Ich lerne viel, in den Sommermonaten segle ich als Ausgleich und seit kurzen weiß ich, dass ich ein Baron bin, mehr gibt es von mir nicht zu berichten. Keine Leichen im Keller…“

„… bist du sicher?“, unterbrach mich ein lächelnder Grandpa.

„Grandpa!“

„Ich sage nur Folterkammer…“

„Grandpa jetzt falle mir doch nicht in den Rücken, die habe ich ja nicht mal gesehen!“

„Ihr habt hier eine Folterkammer?“, fragte Gregory überrascht.

„Die Räumlichkeiten sind noch vorhanden, aber es stehen keine Foltergeräte mehr drinnen. Früher war dieses Haus wohl ein Teil einer Festung, aber davon sind nur noch Mauern übrig“, erklärte Grandpa.

„Und sie sind… und du bist der Duke of Newbury?“

„Ein Titel, aber ich habe keinerlei Privilegien deswegen. Ich bin ein normaler Bürger der Stadt Newbury.“

„Jack meinte, ich besäße auch einen Titel?“

„Ja, Gregory Hamilton, Baron of Newbury“, antwortete ich.

„Echt?“

Grandpa und ich nickten beide.

„… durch die Blutsverwandtschaft deiner Mutter, hast du diesen Titel automatisch bei deiner Geburt bekommen, so wie Jack auch…, aber leider lief es bei euch beiden anders.“

Der letzte Teil des Satz kam traurig herüber.

„Wenn ihr beiden nichts dagegen habt, werde ich mich noch etwas zurück ziehen, bis die anderen da sind.“

Wie Gregory nickte ich nur, während Grandpa schwerfällig erhob und das Zimmer verließ. Ich ließ mich in Grandpas Sessel rutschen, auf dessen Lehne ich die ganze Zeit gesessen hatte.

„Das ist alles so krass, wenn mir das jemand erzählen würde, ich könnte es nicht glauben“, gab Gregory von sich.

Ich sah immer noch zur Tür, in der Grandpa verschwunden war. Mein Blick wanderte wieder zu meinem Gegenüber.

„Ich hoffe, du bist nicht sauer auf Grandpa, er wusste wirklich nichts und zudem ging mir das am Anfang nicht anders. Aber es ändert sich auch nichts. Naja, vielleicht in der Schule.“

„In der Schule?“

„Du hast vorhin von meinem Besuch beim Rektor gesprochen. Du wirst nicht glauben, wie freundlich dieser plötzlich zu uns war, und fragte, ob Jayden und ich mit Titel angeredet werden möchten. Außerdem wollte er wissen, ob wir irgendein Schüleramt in der Schule übernehmen möchten, was dem Adel vorbehalten ist.“

„Echt? Das hätte ich nicht gedacht, aber ich wusste schon immer, dass der Adel, in dieser Schule bevorzugt wird. Was hast du dem Rektor geantwortet?“

„Ich habe gesagt, ich möchte mit normalen Namen angeredet werden und wünsche keinerlei Sonderbehandlungen. Jayden schloss sich mir an.“

„Wirklich, du hättest doch viel mehr Möglichkeiten…“

„… Gregory“, unterbrach ich ihn, „ich möchte durch meine Leistungen weiter kommen und nicht durch irgendwelche Beziehungen, oder weil ich dem Adel angehöre. Du kannst ja diese Möglichkeiten nutzen, wenn du möchtest.“

Gregory schüttelte den Kopf.

„Ich bin wie du froh, wenn ich meine Ruhe habe.“

„Aber woher weißt du, was in der Klasse gesprochen wird?“

„Ich sitze zwar meist alleine, aber in der Nähe ist immer jemand, der sich unterhält. Da schnappt man schon so einiges auf.“

„Du hast das Gerede geglaubt?“

„Eigentlich nicht, aber es hat mich abgehalten, dich anzusprechen.“

„Warum wolltest du mich ansprechen?“, fragte ich verwundert.

„Weil du in den meisten Fächern gut bist und es dir anscheinend sehr leicht fällt, die guten Noten zu schreiben. Und ich… ich brauch Hilfe…, wenn ich studieren will, alleine schaff ich das nicht.“

Ich wusste gerade nicht, was ich auf Gregorys Offenbarung sagen sollte, aber es wurde mir abgenommen, weil es im Flur laut wurde.

„Ein schöner Freund bist du, du hättest mich wenigstens warnen können Jayden Newbury!“

Das war die Stimme von Sabrina.

„Wie oft soll ich noch sagen, ich habe den Ast nicht gesehen!“, entschuldigte sich Jayden.

Angelockt von dieser Unterhaltung, standen Gregory und ich auf und gingen in den Eingangsbereich. Dort standen Molly und Jayden vor dem Weihnachtsbaum, gemeinsam mit Sabrina, die sich den Hintern rieb.

„Bist du vom Pferd gefallen?“, fragte ich belustigt.

Alle drei schauten nun zu uns.

„Nein, ich habe eben einen Ast übersehen, bin erschrocken und dabei ausgerutscht!“

Man sah, das Jayden und Molly versuchten, sich das Lachen zu verbeißen.

„Hallo Gregory“, sprach Sabrina weiter.

Nun hatte Gregory die volle Aufmerksamkeit.

„Dich habe ich schon in der Klasse gesehen“, sagte Jayden überrascht.

„Ich habe dir doch gesagt, Gregory ist in unserer Klasse… Gregory, das ist Molly, Jayden und Sabrina kennst du ja schon.“

„Hallo“, war das einzige, was Gregory sagte.

„Du bist unser Cousin?“, fragte Molly.

„… ähm scheint so“, antwortete er verlegen.

„Oh Gott!“, quiekte Sabrina.

Wir fuhren durch die Schrille der Stimme etwas zusammen.

„Was?“, meinte Jayden, der neben ihr Stand und sich wieder mal das Ohr rieb.

„Dann häng ich jetzt mit drei Baronen in der Schule herum, da denkt doch jeder, ich sammle die!“

„Wer soll denn wissen, dass wir Barone sind? Von mir erfährt keiner was“, kam es von Jayden.

„Und einer Baroness, du vergisst, dass ich nach den Ferien an eure Schule wechsle“, fügte Molly hinzu.

Ich konnte nicht anders und musste lachen, während sich Sabrina ihr Gesicht mit den Händen verdeckte und den Kopf schüttelte. Mum und Tante Abigail kamen aus dem Esszimmer.

„Taylors Schwester kommt…“, sie schaute sich um, „ist Taylor nicht bei euch?“

An ihn hatte ich die ganze Zeit nicht mehr gedacht und ich wunderte mich wieder, wie Tante Abigail wusste, dass jemand angefahren kommt.

„Der kommt gleich nach, hat er gesagt“, erklärte Molly.

„Gut.“

„Tante Abigail, woher weißt du eigentlich“, fragte nun ich neugierig, „wann jemand ankommt? Jedes Mal stehst du an der Tür.“

„Ich kann Hellsehen.“

Mum fing unkontrolliert an zu lachen und ich schaute sie mit großen Augen an. Die anderen kicherten nun auch.

„Quatsch! Am Tor ist eine Kamera angebracht, der Monitor dazu, steht in der Küche. Kommt jemand an, wird mir das von unserem Personal mitgeteilt.“

„… Hellsehen…!“, sagte neben ihr Mum und lachte weiter, „der war gut!“

Sie hob ihren Daumen nach oben, während Tante Abigail die große Eingangstür aufzog.

*-*-*

Als ich ebenso nach draußen trat, sah ich gerade, wie mein Schatz seine Schwester umarmte. Ihr folgte Julien, sein Schwager. Ganz Gentlemen stellte er auch Molly und Jayden vor, die neben Mum und Tante Abigail standen.

„Noch mehr Verwandte?“, fragte Gregory, der neben mich getreten war.

„So gesehen ja, das ist die Schwester von Taylor und sein Schwager.“

„Deine zukünftige Verwandtschaft also“, grinste Gregory.

„Richtig!“

Plötzlich spürte ich eine Hand auf meiner Schulter und drehte den Kopf. Grandpa war auch nach unten gekommen. Der Pulk vor uns begann sich zum Eingang zu bewegen, so machten Gregory und ich Platz.

Weiteres Hände schütteln war angesagt und ich war froh, als endlich die Eingangstür geschlossen wurde. Danach wurde sich ausführlich über den Weihnachtsbaum unterhalten und die Diskussion kam auf, ob man eher eine Tanne, oder doch lieber eine Kiefer verwenden sollte.

Nach dem über diesen Punkte ausführlich geredet wurde, sich jedoch niemand richtig durchsetzten konnte, beschloss man endlich, die Teetafel aufzusuchen, der eigentliche Grund, dass unsere Gäste hier waren. Ich schob Gregory vor mir her.

Mit zwölf Personen war der Tisch gut gefüllt, aber noch nicht voll. Was mich wunderte, das der Tisch ganz einfach gedeckt war. Nachdem Mum und Tante Abigail so viel Zeit damit verbracht hatten, sich um die Teetafel zu kümmern, hätte ich mehr erwartet.

Wie immer saß ich neben Grandpa, nur dieses Mal saß Gregory neben mir und nicht Taylor, der zwischen seiner Schwester und seinem Schwager Platz genommen hatte. Auf dem Tisch standen Apfelkuchen, Gebäck und Sandwiches.

Natürlich wurde auch am Tisch munter weiter geredet. Während sich Onkel Henry ausführlich für an den Geschäftspraktiken von Julien und seiner Frau interessierte, Tante Abigail mit Mum über die selbst gemachten Sandwiches diskutierten, hörte ich Grandpa zu, wie er mit Gregory sprach.

Ich hielt mich etwas zurück, hatte ich doch am Mittag genug geredet, als wir bei Gregorys Großeltern waren. Neben dem Gespräch, wanderten meine Augen durch die Runde und blieben bei Taylor haften, der gerade in ein Sandwich biss. Als er meinen Blick bemerkte, lächelte er mir breit zu.

„Du bist so still mein Junge“, riss mich Grandpa aus meinen Gedanken.

Ich lächelte ihn an.

„Ich bin nur unter die Zuhörer gegangen“, erklärte ich und hoffte, dass sich Grandpa damit zufrieden gab.

„Ist wirklich alles in Ordnung mit dir, du bist wieder etwas blass um die Nase.“

Ein Wunschgedanke.

„Das Gespräch mit Gregorys Großvater war etwas anstrengend…, ich bin nur etwas müde.“

Gregory nickte wissend.

„Ich hätte dich niemals alleine dahin gehen lassen sollen!“

„Ich war nicht alleine, Mum war bei mir“, was natürlich die Aufmerksamkeit von Mum und auch Tante Abigail auf uns zog.

„Du weißt wie ich das meine, mein Junge. Ich hätte das selbst, in die Hand nehmen sollen. Schließlich trage ich die Verantwortung für die Familie.“

„Joseph, ich denke, das Ganze hat auch seine Grenzen, du solltest, wie Abigail schon gesagt hat, aufhören, Sophia immer wieder in Schutz zu nehmen. Was Jack betrifft“, Mum schaute kurz zu mir, „er war sein alleiniger Wunsch das zu machen, weil er wollte, dass Gregory ein Teil dieser Familie wird.“

Darauf sagte Grandpa nun nichts, legte nur seine Hand auf meine und drückte sie. Die Tür zur Küche ging auf und Harry erschien. Er lief neben Tante Abigail und flüsterte ihr etwas ins Ohr.

Erschrocken schaute sie zu ihm.

„Gut, danke!“, meinte sie und Harry verschwand wieder.

„Charlotte…, ich denke, es ist besser du schnappst dir Gregory und Jack und verschwindest nach oben!“

„Warum das denn?“

„Sophia ist im Anmarsch!“

 

 

 

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