Selbstunterwerfung
Kaum zu Hause falle ich todmüde ins Bett und verschlafe den halben Tag. Meine Mutter weckt mich um fünf Uhr, indem sie bei mir Sturm klingelt.
„Mama, bitte. Mir geht es nicht gut“, sage ich zu ihr, da mir keine bessere Ausrede eingefallen ist.
„Mario, jetzt komm mir nicht so. Du gehst jetzt duschen und ziehst dich schick an“, befielt sie mit ernster Stimme und mir bleibt nichts anderes übrig, als ihren Anordnungen Folge zu leisten.
Die Dusche tut mehr als gut. Jeder der nachmittags schon mal geschlafen hat, weiß wie man sich dann fühlt. Wie gerädert und noch müder, man möchte am liebsten im Bett liegen bleiben.
Vielleicht trödle ich gerade deshalb etwas, bin aber trotzdem um halb sieben fertig. Während meine Mutter mich umkreist und kritisch mustert, zupft sie an meinem Hemd herum.
„Das geht so nicht“, schimpft sie, „das muss ich noch einmal bügeln. Ausziehen!“
Genervt ziehe ich das Hemd wieder aus und lasse meine Mutter walten, damit sie zufrieden ist und ich meine Ruhe habe. Dann gehe ich halt mit dieser Frau aus, ist doch egal.
Es ist nur ein Abend mit einer hübschen Frau und niemand verlangt, dass es mehr als ein Abendessen sein soll. Als meine Mutter endlich fertig ist mit mir, mache ich mich auf den Weg zum Italiener, natürlich mit einer Rose, die meine Mutter mir extra besorgt hat.
Ich werde den Abend so schnell es geht hinter mich bringen und dann noch woanders hingehen, um mich zu vergnügen. Am Restaurant angekommen, sehe ich, dass Herr Janssens Tochter, Petra, bereits da ist.
Ich versuche höflich zu sein, denn wer weiß vielleicht wurde sie ja auch von ihrem Vater hierzu überredet. Außerdem ist Herr Janssen ein wichtiger und wohlhabender Geschäftspartner, den ich besser nicht verärgern sollte.
Also muss ich mir in der Hinsicht noch etwas einfallen lassen. Mit einem „Hallo“, gebe ich Petra die Hand und sie tut das gleiche, wobei sie mich anlächelt. Wir setzen uns und bekommen auch gleich die Karte.
Auf Grund der Auswahl weiß man gar nicht wirklich, was man bestellen soll. So viele leckere Sachen und die Preise lassen vermuten, dass nur die feinsten Speisen verwendet werden.
Nachdem die Bedienung unsere Bestellung aufgenommen hat, versucht Petra mich in ein Gespräch zu verwickeln.
„Ich finde dich schon so lange interessant, doch irgendwie habe ich mich nie getraut dich anzusprechen…“, fängt sie ein Gespräch an und ich versuche so gut es geht, im richtigen Moment zu nicken.
Ansonsten stelle ich meine Ohren auf Durchzug und widme mich ganz dem Wein, den wir bestellt haben. Aus irgendeinem Grund habe ich einen Wahnsinnsdurst oder ist es nur die Langeweile?
Noch bevor das Essen kommt trinke ich drei Gläser und würde am liebsten noch etwas Härteres trinken, aber das schickt sich natürlich nicht in einem so teuren Restaurant.
„Siehst du die Schuhe? Die habe ich in der kleinen, neuen Boutique gekauft…“, höre ich Petra sagen und nicke wieder, als würde ich ihr zuhören.
Ich habe absolut keine Lust auf Smalltalk und bemühe mich mit einem Lächeln auf dem Gesicht, dass sie nichts bemerkt. Das darauffolgende Essen schmeckt bestens, auch wenn es durchaus etwas mehr hätte sein können für den Preis.
Dafür füllen die nächsten Gläser Wein meinen Magen ein wenig und das Dessert ist auch ein Traum. Dass mit dem Bezahlen kriege ich auch noch irgendwie hin und dann ist da ein Taxi, bevor mir schwarz vor Augen wird.
Als ich wach werde, liege ich auf einem unbekannten Sofa, in einer fremden Wohnung und muss mir erst einmal den Kopf halten, da dieser so brummt.
Es dreht sich alles, ich reibe mir die Augen und versuche mich vom Sofa abzustützen.
„Du bist endlich wach, wie schön“, erklingt die Stimme von Petra, die langsam auf mich zukommt.
Sie trägt einen Bademantel, wobei ich nicht erkennen kann, was drunter ist. Ihre Beine jedenfalls sind nackt. Jetzt fällt mir aus irgendeinem Grund auf, wie toll ihre Schuhe tatsächlich aussehen, vielleicht weil sie so besonders in Szene gesetzt werden.
„Du bist im Taxi eingeschlafen und ich musste den Taxifahrer dafür bezahlen, dass er dich nach oben in meine Wohnung bringt“, kommt es von Petra, wobei sie ein Bein auf dem Sofa abstützt und den Bademantel dabei etwas aufgehen lässt.
„Na, gefällt dir was du siehst?“, fragt Petra mich und dann ist sie mir auf einmal ganz nah und leckt sich über ihre vollen, roten Lippen.
Erst jetzt bemerke ich, dass auch ich fast nichts mehr anhabe und ich muss kräftig schlucken, kann mich aber aus irgendeinem Grund nicht bewegen. Vermutlich ist das so etwas wie eine Schockstarre, denn schließlich war ich einer Frau noch nie so nahe.
Ehe ich mich versehe, sind ihre Lippen auf den meinen und ihre weichen Brüste drücken gegen meinen Brustkorb. Dann wandert sie tiefer und lässt ihre Brüste langsam über mein Kinn gleiten.
Danach über meine Lippen, die ich fest zusammen presse und letzten Endes über mein ganzes Gesicht. Ich halte die Luft an, kneife die Augen zu und spüre an meinem Bauch etwas Warmes, Feuchtes gleiten.
Oh mein Gott, sie ist unter dem Bademantel nackt!
Als sie sich endlich zurücklehnt, schnappe ich nach Luft. Wie nach einem Tauchgang hole ich tief Luft. Ich hatte schon Angst zu ersticken, doch zum Erholen bleibt keine Zeit, denn jetzt spüre ich wie ihre harten Brustwarzen über meine Wangen reiben.
Ein Schauer folgt dem anderen und das feuchte Etwas an meinem Bauch fühlt sich verdammt unangenehm an. Mit einem Mal macht es Klick bei mir und ich drücke Petra von mir weg.
„Schluss damit!“, schreie ich sie an. „Ich steh nicht auf Frauen!“
Petra springt erschrocken auf, wodurch ich mich so was von erleichtert fühle, wie schon lange nicht mehr. Schnaubend suche ich meine Sachen zusammen und ziehe mich an.
„Das ist doch nicht dein Ernst, oder?“, kommt es zögernd von Petra.
„Doch mein voller Ernst!“, versichere ich ihr.
„Gefalle ich dir etwa nicht?“, fragt sie zögernd.
„Noch einmal zum Mitschreiben: Ich… bin… schwul!“, sage ich mit fester, lauter Stimme und winke ihr noch zum Abschied.
„Das glaube ich nicht! Was bildest du dir eigentlich ein? Ich wette deine Eltern wissen nichts da von“, grinst Petra mich an.
Ich stehe etwas unschlüssig in der Tür und bin mir nicht sicher, ob ich es darauf ankommen lassen soll.
„Dachte ich es mir“, kommt es von Petra, die es sich auf ihrem Sofa mehr als bequem macht, wobei sie ihre Beine übereinander schlägt.
Bevor ich noch verrückt werde, verlasse ich die Wohnung und bestelle mir ein Taxi. Soll Petra doch tun, was sie nicht lassen kann, wobei ich hoffe, dass ihrem Vater das Ganze egal ist.
Während der Fahrt bemerke ich erst, dass es schon ziemlich spät ist und beschließe mich direkt nach Hause fahren zu lassen. Ausnahmsweise ohne Sex, schaffe ich es aber trotzdem schnell einzuschlafen, nach dem ganzen Wein.
Meine Träume sind wirr und Petra verfolgt mich gerade zu, weshalb ich auch öfters wach bin. Ich schwitze stark, trinke viel und muss deshalb auch öfters raus.
Petra hat mich zum Grübeln gebracht, denn wenn meine Eltern erfahren, dass ich schwul bin, verliere ich alles. Meinen Job und meine Wohnung, dann habe ich kein Geld und keine Bleibe mehr.
Aber wenn ich es ihnen nie erzähle, werde ich früher oder später heiraten müssen. Oder wie soll ich meinen Eltern weismachen, dass keine Frau gut genug ist für mich ist?
Und als wäre das nicht schlimm genug, werde ich nach dieser unruhigen Nacht unsanft aus dem Bett geschmissen.