Welcome to Australia – Teil 33

Ich traute mich nicht, mich umzudrehen.

„Warum seid ihr denn hier?“, fragte Bob.

„Habt ihr noch keine Nachrichten gehört?“, fragte Lesley.

Immer noch starrte ich auf meinen Teller. Molly ließ sich wieder neben mir nieder und Lesley auf der anderen Seite.

„Was soll denn in den Nachrichten gekommen sein?“

„Die Schule ist dicht…, Wasser im Keller.“

Mein Blick und Lesleys trafen sich und er schaute mich fragend an.

„Vom vielen Regen… jetzt schon?“, fragte Bob verwundert.

„Hallo zusammen, was ist denn das für eine Versammlung hier?“

„Morgen Abby“, sagte Lesley.

„Die Schule hat geschlossen“, meinte Bob.

„Wieso dass denn?“, kam es von Abby, die nun auch an mir vorbei lief.

Berry sah ich immer noch nicht und ich traute mich auch nicht zu ihm zu schauen. Plötzlich spürte ich eine Hand auf meiner Schulter. Ich fing an zu zittern.

„Wasser im Keller“, antwortete Lesley.

„Komm, soviel hat es noch nicht geregnet, dass die Schule voll Wasser läuft“, sagte Abby und holte sich ebenfalls ein Kaffee.

„Das habe ich auch gedacht“, meinte Bob.

„Nein, das Hauptrohr muss geplatzt sein, auf alle Fälle ist der komplette Keller geflutet und somit Heizung und Strom hinüber“, erklärte Lesley.

Ich spürte, wie Berry mich aufs Haar küsste.

„Hallo Kleiner“, vernahm ich flüsternd seine Stimme.

Erst jetzt sah ich, dass alle mich anschauten. Langsam drehte ich meinen Kopf und hob ihn an.

„Also in diesem Schuljahr ist der Wurm drin, ihr habt schon genug Ausfälle gehabt.“

„Werden wir sicher irgendwie nach holen müssen“, meinte Molly.

Langsam wanderte mein Blick über Berrys Shirt, dann seinen Hals, bis ich direkt in seine Augen schaute.

„Hallo“, meinte ich sehr leise, hustete um den verdammten Frosch im Hals loszuwerden.

Berry lächelte leicht und streichelte mir über die Wange.

„Also ich geh gleich in die Praxis hinüber“, meinte Abby.

„Ich folge dir Weib.“

Ich hörte Molly und Lesley kichern.

„Was macht ihr?“, hörte ich Bob fragen.

„Ich muss mit Lesley noch etwas regeln“, meinte Molly und stand auch auf.

Immer noch schauten Berry und ich mich nur an.

„Was denn?“, fragte Lesley.

„Komm einfach mit!“, antwortete Molly etwas energischer.

Plötzlich waren Berry und ich alleine in Küche. Total unsicher erhob ich mich. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, aber die Entscheidung nahm mir Berry ab.

„Es tut mir Leid, Tom… ich hab mich wie ein Idiot benommen…“

Mit großen Augen schaute ich ihn an.

„Ich… ich habe dich doch verletzt…, dir weh getan…“

Schon daran zu denken, trieb mir die Tränen in die Augen. Ich drehte den Kopf weg.

*-*-*

Berry

Was hatte ich nur getan? Das vor mir, war nicht mehr mein Tom. Er sah blass aus, hatte dunkle Ringe unter den Augen. Er zitterte. Hatte er etwa Angst vor mir?

„Ja, hast du…, aber auch nur, weil ich es zu ließ und nicht groß nachgedacht habe.“

Er schaute wieder weg, drehte sich sogar etwas zur Seite.

„Tom…, bitte, es tut mir Leid, was ich dir an den Kopf geschmissen habe.“

Er schaute mich wieder an.

„Wieso…, du hattest doch Recht…“, erwiderte er mit einer sehr zerbrechlichen Stimme.

So hatte ich ihn nur auf der Beerdigung seines Vaters erlebt.

„Ich habe Scheiße gebaut…, dich sehr verletzt und jetzt…“

„Was jetzt?“

„… weiß ich nicht… ich habe Angst dich zu verlieren…“

Dicke Tränen liefen über seine Wangen.

„Tust du nicht…!“

„Bist du sicher? Denkst du nicht… ich misstraue dir… habe ich nicht alles kaputt gemacht?“

Was hatte ich nur angerichtet? Tom war kurz vor dem Zusammenbrechen.

„Ich liebe dich Berry…, du hast mir gezeigt, was Lieben heißt. Aber jetzt…, ich kann nicht mehr…“

Tom sackte vor mir zusammen. Ich griff nach ihm und presste ihn an mich.

„Tom…, bitte tu das nicht… ich war sauer…verletzt. Ich liebe dich doch auch! Ich gebe dich nicht mehr her…!“

Tom schluchzte in meinen Armen und ich fühlte mich mies. Was musste mein Kleiner durchgemacht haben? Alles wegen mir.

*-*-*

Tom lag auf dem Bett und starrte ins Leere. Ich saß neben ihm und streichelte über seinen Arm. Er hatte zwar aufgehört zu weinen, aber viel besser sah er nicht aus.

„Weißt du Berry…“, fing er plötzlich mit etwas fester Stimme zu reden an.

„… ich…, dass mit Timothy… war eine Kurzschlussreaktion. Ich sah, wie du ihn geküsst hast und… und in mir brach alles zusammen. Du warst mein erster Lichtblick als ich hier her kam, du hast mir das Gefühl gegeben, dass du mich richtig liebst…“

„Das tu ich immer noch!“

Tom drehte den Kopf zu mir und lächelte leicht. Er griff nach meiner Hand und drückte sie.

„… es ist so… soviel passiert, seit ich hier bin…“

„Stimmt, aber dafür kannst du doch nichts.“

„Und wenn ich nicht hier gewesen wäre…, dein Unfall…, der Tod von Mrs. Stefferson.“

„Daran bist du doch nicht Schuld, Tom…!“

Tom seufzte und schaute wieder zur Decke.

„Schlag dir den Gedanken ganz schnell aus dem Kopf! Ich liebe dich und brauche dich Tom Miller und das wird sich auch nicht ändern!“

„Ich verstehe aber so viel nicht.“

„Was verstehst du nicht?“

„Warum hat Mr. Stefferson deinen Vater umgebracht?“

„Sie dachte vielleicht, wenn sie ihn nicht haben kann, soll es keiner tun…“

„Das ist krank. Sie war doch da schon mit ihrem Mann verheiratet und Timothy war auch schon da und Riley ist sicher keine schlechte Partie gewesen. Sie war doch nur auf Geld und Macht aus.“

„Mein Vater auch nicht, du erinnerst dich, der kleine Laden, von dem sie erzählt haben, der war anscheinend eine Goldgrube. Ich weiß nicht, wem er heute gehört, aber er ist zu einer großen Kette mutiert.“

„Echt?“

„Ja, so wie Mum mir das erzählt hat. Ich denke einfach, dass Mr. Stefferson ein Gespür für Geld hatte und das vorausgesehen hatte. Sie sah sich schon als Mrs. Johnson.“

„Doch deine Mutter stand im Weg und ihr beide, Lesley und du.“

„Ja.“

„Scheiße, was für Verwicklungen und sie wäre fast damit durch gekommen.“

„Wieso fast. Meine Mutter hat mir erzählt, die Polizei suche deswegen nach der Handtasche, weil die dort den Terminplaner vermuten, wo alles genau darin stand, was sie angestellt hatte.“

„Du meinst der Terminplaner ist verschwunden…, es gibt keine Beweise?“

„Nein, nur dass, was Timothy der Polizei erzählen konnte.“

„Das ist ungerecht…“

„Wäre aber nie heraus gekommen, wenn du nicht da gewesen wärst. Du hast indirekt den Ball ins Rollen gebracht.“

„Also bin ich doch schuld.“

„Tom hör auf, dich für etwas verantwortlich zu machen, wofür dich nichts kannst!“

Er schwieg und starrte weiterhin zur Decke. Langsam beugte ich mich vor und unsere Lippen trafen sich. Ich spürte Toms Zurückhaltung, was mir aber egal war. Ich legte meine Hand um den Nacken und küsste ihn noch intensiver, bis ich endlich merkte, wie Toms Sperre zerbrach und sich meinem Kuss ergab.

*-*-*

Tom

Nicht von Sonnenstrahlen wurde ich geweckt, sondern vom permanenten Prassel des Regens auf meine Fensterscheibe. Ich öffnete die Augen und starrte Richtung Fenster. Draußen war es grau.

Ich lag mit dem Rücken zu Berry. Er hatte einen Arm um mich gelegt und ich spürte seinen gleichmäßigen Atem im Nacken. Ich verspürte einen Druck in meiner Blase und mir war klar, dass ich dieses sinnliche Arrangement verlassen musste.

Noch müde kämpfte ich mich vorsichtig unter Berrys Arm hervor, ohne meinen Arm irgendwie in Mitleidenschaft zu ziehen. Ein schmerzhafter Aufschrei hätte Berry sofort geweckt.

Aber auch die vorsichtige Aktion blieb nicht unbemerkt.

„Wo willst du hin?“, brummelte Berry ins Kissen.

„Ähm… ich muss auf die Toilette“ sagte ich leise, als würde ich mich ertappt fühlen.

„Kannst du meins mitnehmen?“

Ich schaute ihn an und kicherte.

„Da gehst du mal schön selber hin…“

„Mist, warum wusste ich…, dass du das sagst.“

Er blinzelte und schaute mich verträumt an.

„Morgen mein Kleiner…“, nuschelte er und zog mich zu sich herunter.

Ein kleiner Kuss folgte und er ließ mich wieder los.

„Morgen Berry“, meinte ich hob meinen Arm fest.

„Alles klar mit dir?“, meinte er, richtet sich etwas auf und stützte sich mit seinem Ellenbogen ab.

„Ich weiß nicht, aber ich habe gut geschlafen…“

„Dass ist ja schon mal was… und nu beeile dich… ich muss auch dringend…“, sprach und lies sich wieder auf das Kopfkissen fallen.

Ich stand auf und lief zu meiner Zimmertür. Die Luft war rein und keiner im Flur. So flitze ich nur mit Shorts und meinen Arm hebend zur Toilette. Die Tür zur Praxis wurde geöffnet. Ich erstarrte in meiner Bewegung, bloß das nicht.

„Melden sie sich einfach Mrs. Prandigan.“

Die Stimme Bobs.

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