Pinienwald und Olivenhaine

Mike

Ich gähnte herzhaft und streckte mich. Die erste Nacht hatte ich mehr als unruhig verbracht, musste aber irgendwann doch eingeschlafen sein. Draußen schien noch alles ruhig zu sein. Ich schaute auf meine Uhr. Sieben.

Recht früh, aber jetzt war ich schon mal wach, dann konnte ich auch aufstehen. Leise zog ich den Reisverschluss meines Zeltes nach oben. Kühle Luft kam mir entgegen. Irgendwo in der Nachbarschaft hörte ich einen Hund bellen.

Ich quälte mich vollends aus meinem Schlafsack und auch aus dem Zelt. Wieder streckte ich mich und genoss die ersten Strahlen der Sonne, die über den etruskischen Bergen der Toskana aufging.

Eigentlich sollte ich ja jetzt mit Elke hier sein. Doch nach dem letzten Streit war es aus. Scheiße! Mit >Mike, du bist ein Schlappschwanz< hatte sie die Tür hinter sich zugeknallt und war seitdem nicht mehr zu sehen gewesen.

Ich hatte aber ebenso die Nase voll, von ihrem Rumgezicke und Gemotze. Nicht ein Abend ging vorbei, an dem sie nicht irgendetwas fand, womit sie mich runtermachen konnte. Das Verliebt sein vom Anfang war schon lange verflogen.

Also kam mir diese Trennung eigentlich recht. So hatte ich alleine das Auto gepackt und bin in den gemeinsam geplanten Urlaub gefahren. Ja und dann kam eben das, wovor ich mich gefürchtet hatte.

Schnell merkte ich in der Nacht, beim Autofahren, wie alleine ich war. Die plötzlich aufkommende Einsamkeit tat weh und ich musste einige Zwischenstopps einlegen, weil meine Heulerei die Sicht trübte.

Und nach den drei Gläsern Rotwein, die ich gestern Abend zum Vergessen runtergeschüttet hatte, meldete sich jetzt meine Blase. Auf dem Weg zum Sanitätshaus kam ich an der Terrasse vorbei.

Hier endete das Grundstück und vor einem machte sich eine wunderschöne Aussicht auf das Tal breit. Ich hatte mit Absicht dieses Feriendomizil gewählt. Auch ein Punkt, an dem Elke herum meckerte. Ich war eben nicht dieser Ballermanntyp, der jede nacht auf einer Party absank. Tja jeder würde sagen…du bist zwanzig, als stürze dich ins volle Leben.

Meine Blase meldete sich und ich lief weiter zum Toilettenhaus.

Auch hier war noch niemand zu sehen und ich erledigte schnell den Druck, den ich spürte. Danach machte ich mich wieder auf den Rückweg zum Zelt. Nur so in Shorts, war es mir doch recht frisch.

Ich schaute mich etwas um und befand, dass meine Entscheidung hierher zu fahren richtig gewesen war. Es standen nur wenige Zelte hinter meinem und das große Haus auf dem Hügel beherbergte ein paar Ferienwohnungen.

Und dann noch der große Pool. Alles im italienischen Stil mit terrakottafarbenen Steinen hergerichtet. Wie das Haus waren auch die Zelte von Büschen und Pinien umgeben. Dann gab es noch das Sanitätshaus und ein kleines Wirtschaftsgebäude mit Waschmaschine, Kühlschrank und einer Spüle.

Der braune Mischling des Besitzers kam schwanzwedelnd auf mich zu.

„Na, auch schon wach?“, fragte ich und kraulte ihn am Kopf.

Dann trottete er weiter. Ich hielt an der Terrasse noch einmal inne und schaute ins Tal.

Thomas

Anfänglich war ich überhaupt nicht begeistert, dass mich meine große Schwester samt ihrer Freundin mit in den Urlaub schleppte. Die beiden schliefen im Schlafzimmer und ich auf der Ausziehcouch im Wohnteil.

Aber nach der Enttäuschung mit Marc…meinem Ex-Schatz, den ich mit einem Anderen im Bett erwischte, glaubte meine Schwester Jessi Samariterin spielen zu müssen. Ich solle auf andere Gedanken kommen.

Ich schlug die Decke zurück, stand auf und sofort machte sich mein Kopf bemerkbar. Gestern nach der Ankunft hatte ich ganz schön gebechert, obwohl ich wusste, ich vertrage nichts. Das einzige, an was ich mich erinnern konnte, ich hatte mich in den Schlaf geweint.

Ein neuer Tag…ein neues Leben! Dieser Satz von Iris, Jessis Freundin, hallte immer noch in meinem Kopf nach. Ein neues Leben…ein abfälliges Lächeln zierte meine Lippen. Ich hatte mit Marc so viele Pläne, doch nun war alles aus.

Leise schob ich die Tür nach draußen auf. Die Sonne war bereits aufgegangen. Mein Blick wanderte über die schöne Aussicht und blieb an einem Typ auf der Terrasse kleben. Er hatte nur Shorts wie ich an und lehnte gegen das Geländer.

Ein richtig niedliches Kerlchen, dachte ich für mich. Alles dran, was sich ein schwules Männerherz wünschte. Der breite Rücken ließ auf Sport schließen, ebenso die muskulösen Oberarme.

Ich rieb mir mit der Hand über mein Gesicht. Thomas, du bist wirklich das Letzte. Gerade frisch solo schaust du schon wieder dem nächsten Männerarsch nach. Süß und knackig war der aber allemal.

Aber die Chance, dass der Typ auch schwul war und noch solo, war gleich null – ein Wunschtraum. Sicher würde gleich eine blonde Tussi kommen und sich von ihm abknabbern lassen.

Aber es kam niemand und der Drang, ihn auch von Vorne zu sehen, wurde immer stärker. Die Neugier eben. So ging ich, wie ich war in Shorts ebenso zur Terrasse hinunter. Wie ein Deutscher sah er zumindest schon mal aus.

„Morgen!“, sagte ich.

Mike

Ich war total im Gedanken versunken, als mich jemand mit ‚Morgen’ begrüßte. Erschrocken fuhr ich herum und sah einen Typen in meinem Alter etwa vor mir stehen. Er lächelte.

„Morgen“, grüßte ich zurück.

„Auch gestern angekommen?“, fragte er.

„Ja!“

„Thomas“, meinte er und streckte mir seine Hand entgegen.

„Mike“, erwiderte ich und schüttelte sie.

Die Hand war weich und warm und doch war der Händedruck kräftig. Mir wurde bewusst, dass ich immer noch in Schlafshorts da stand und verschränkte meine Arme vor meiner Brust.

„Alleine hier?“, fragte nun Thomas weiter.

„Ja und du?“

„Mit meiner Schwester und deren Freundin. Aber du – alleine – ist das nicht langweilig?“

„Nein gerade richtig.“

Thomas verzog das Gesicht, seine Augen schienen traurig zu werden.

„Ich geh dann mal duschen“, sagte ich, nickte noch einmal und ließ ihn stehen.

Thomas

Wow! Was für ein Schnuckel! Starr stand ich da und schaute ihm hinterher. Er verschwand im nächsten Zelt und streckte mir seinen Hintern dabei entgegen. Gute Idee mit dem Duschen, denn bei dem Anblick meldete sich mein Kleiner.

Und hier draußen mit einer Mola gesehen zu werden, nein, das wollte nicht mal ich jemandem zumuten. Ich lief zurück Haus ins. Jessi und Iris schienen noch zu schlafen und so ging ich an meinen Koffer und suchte meine Duschsachen heraus.

Es dauerte eine Weile, bis meine müden Glieder endlich wach wurden. Mir fielen die vielen Duschorgien mit Marc ein, was nun auch Vergangenheit war. Jessi war schon immer der Meinung, Marc würde nicht zu mir passen.

Aber A. wer hört schon auf seine große Schwester und B. wenn man verliebt ist, schwebt man auf rosa Wolken. Na ja, nun wusste ich ja, wo ich dran war. Ich wusch meine Haare und seifte mich mehrere Male ein, bis ich von einem heftigen Klopfen unterbrochen wurde.

„Thomas, wie lange willst du noch das Bad blockieren, ich muss auf die Toilette“, hörte ich Jessi rufen.

„Gleich fertig!“

„Männer!“, war es durch die Tür zu hören.

Ohne mich abzutrocknen, band ich ein Handtuch um meine Hüften und verließ das Bad.

„Also wenn dein Bruder nicht schwul wäre…, die absolute Sünde“, hörte ich Iris sagen.

„Danke mein Herzblatt“, tuckte ich gespielt und warf ihr einen Handkuss zu.

„Iris, auch wenn mein Bruder gut aussehen würde, er ist ein Mann und Männer sind…“

„…Schweine“, fiel ich ihr ins Wort, „ich weiß Schwesterherz, das brauchst du mir nicht erzählen.“

Jessi und Iris fingen laut an zu lachen und ich verzog mich so wie ich war, nach draußen. Ein kurzer Blick auf die Umgebung…Gewissheit verschaffen…und ich löste mein Handtuch. Nackt wie ich war, legte ich mich auf die Plastikliege vor unserer Wohnung und ließ mich von der Sonne trocknen.

Mike

Die Dusche hatte ihr Ziel erreicht und mir ging es wieder gut. Total entspannt packte ich meine Sachen zusammen und machte mich auf den Weg zurück zu meinem Zelt. Auf das Frühstück wollte ich verzichten, hatte keinen Hunger, aber eine Tasse Kaffee musste jetzt sein.

Mein Blick fiel automatisch auf das große Haus, wo ich mir nachher meinen Kaffee genehmigen würde. Und er blieb auf der Terrasse vor der einen Wohnung kleben. Da lag Thomas…nackt.

Er sah irgendwie…schön aus. Ich konnte meinen Blick nicht von Thomas wenden. Er schien wie ich geduscht zu haben, seine Haut glänzte feucht. Auch sein schwarz gelocktes Haar klebte nass auf seinem Kopf…

…was dachte ich da gerade. Ich fand einen Typen schön. Hatte ich noch alle Tassen im Schrank? Benommen krabbelte ich in mein Zelt, zog eine Shorts und ein Tshirt aus der Tasche.

Mitten in der Bewegung hielt ich inne. Das Bild vom nackten Thomas, ging nicht aus meinem Kopf. Ich ließ mich auf meinen Schlafsack sinken. Was war denn nur los mit mir? Beim Schwimmen sah ich doch auch immer meine Kumpels nackt.

Bisher hatte ich das nie groß beachtet, aber jetzt…Thomas…Ich rieb mir mit den Händen in den Augen. Hatte mich das mit Elke doch mehr mitgenommen, wie ich mir eingestehen wollte?

Nein, ich war froh Elke loszusein, nur fühlte ich mich recht alleine. Und jetzt war da Thomas, zu dem ich mich hingezogen fühlte. Ich fand ihn schön. Ich schüttelte den Kopf, als wollte ich diesen Gedanken aus meinem Kopf katapultieren.

Ich quälte mich in die Shorts und hatte Mühe, das Shirt über den Kopf zu bekommen. Eigentlich war ich ja blöde, vor dem Zelt war das Anziehen sicherlich leichter. So krabbelte ich wieder aus dem Zelt.

Als ich endlich stand, fiel mein Blick wieder Richtung Thomas, der immer noch so da lag, wie vorhin. Magisch angezogen lief ich auf das Haus zu, immer näher an Thomas heran.

Thomas

Bevor ich hier anfing zu braten, wollte ich mir doch lieber etwas anziehen. Eigentlich war ja nur trocknen angesagt, aber in der Wärme der Morgensonne, war wohlfühlen angesagt. Ich öffnete die Augen und richtete mich auf.

Ich fuhr zusammen, als ich in geringer Entfernung Mike vor mir sah. Irgendwie schien er selber überrascht, denn er zuckte genauso zusammen wie ich. Verlegen schaute er zu Boden.

„Kaffee?“, fragte er.

„Bitte?“, fragte ich.

„Hast du Lust auf einen Kaffee?“

„Gerne, aber ich frühstücke schon mit meiner Schwester und deren Freundin.“

„Kein Problem, war nur so eine Idee.“

War da etwas wie Enttäuschung in seinem Gesicht zu lesen? Er lief einfach weiter, ohne sich noch mal umzudrehen. Eigentlich hätte ich mit ihm gehen können, aber richtig Lust darauf hatte ich nicht.

Bei Marc hatte ich alles riskiert und auch alles verloren. Kurz nach unserem Kennen lernen, war ich Verrückterweise bei ihm eingezogen. Meine alte Wohnung natürlich gekündigt. Viele meiner Freunde hatte ich wegen Marc vernachlässigt…na ja eigentlich alle.

In einer Nacht und Nebelaktion war ich bei Marc wieder ausgezogen. Die Beteuerungen, dies wäre eine einmalige Sache gewesen, hätte nichts weiter zu bedeuten, waren mir bedeutungslos geworden. Mein Herz war bereits gebrochen.

Ich hatte ihn abgöttisch geliebt, aber die paar Sekunden, zerstörten alles, was für mich wichtig gewesen war. Irgendwie hatte alles seinen Sinn verloren. Und wenn Jessi nicht gewesen wäre, stände ich wahrscheinlich immer noch auf der Strasse.

Es war reiner Zufall, dass sie mich aufgegabelt hatte…wenn nicht, dann…Nein ich wollte diesen Gedanken nicht weiter denken. Jetzt saß ich hier und machte Urlaub. Vor allem saß ich nackt hier. Ach du Scheiße…vor Mike eben war ich auch nackt gewesen.

Mike

Was hatte mich nur geritten, diesen Thomas zu fragen, ob er mit mir einen Kaffee trinken wollte. Ich schüttelte den Kopf. Ich kannte ihn doch gar nicht. Das Bild erschien in meinem Kopf, wie er nackt vor mir lag.

Was hatte der Typ an sich, was mich so durcheinander brachte. Ich hatte noch nie erlebt, dass mich ein KERL durcheinander brachte. Ich ging ins Hauptgebäude, wo sich neben einem kleinen Kaufladen ein kleiner Kiosk befand.

Aber auch, was mir besonders gefiel, einen Thekenimbiss. Für wenig Geld gab es Frühstück, Mittagessen und Abendessen. Ich setzte mich auf einen Hocker und studierte die kleine Karte. Hunger hatte ich ja noch keinen.

Die Bedienung kam und ich bestellte mir einen Kaffee. Ich legte die Karte wieder zurück und grübelte darüber nach, was ich mit dem heutigen Tag anfangen sollte. Ich angelte mir eine Zigarette aus der Schachtel und steckte sie mir an.

Da ich gestern soviel gefahren war, wollte ich heut nicht schon wieder mit dem Auto wegfahren, den Strand sah ich bestimmt noch früh genug. Und wenn ich es mir recht überlegte, alleine machte es wahrscheinlich auch keinen Spass.

So entschloss ich mich, mich später an den Pool zu legen. Aber vorher wollte ich doch noch kurz in den Ort, um mir einige Sachen zum Essen und zum Trinken zu besorgen. Das musste sein. Die Bedienung brachte meinen Kaffee, den ich auch gleich bezahlte.

Ich dachte an die Fahrt gestern, als ich an meinem Kaffee nippte. Mehrere Staus durch Baustellen hatten mir mehr Zeit gekostet, als ich eingeplant hatte. Und dann immer wieder diese Pausen, wo ich einfach anhalten musste.

Wo ich hinter meinem Lenkrad saß und heulte. Immer wieder kam die Szene mit Elke in den Sinn. Dieser >Schlappschwanz< hallte in meinem Kopf nach. Lachen riss mich aus den Gedanken, was vielleicht auch besser so war.

Thomas kam mit zwei Mädels den Weg herauf gelaufen.

„Wie du willst nur einen Kaffee? Bruderherz, du bist eh zu dünn, du solltest auch was essen!“, meinte die Eine.

„Also ich gefalle mir so wie ich bin! Ich weiß gar nicht was du hast, Jessi. Soll ich etwa wie der typische Deutsche rumlaufen, offenes Hemd und Bierbauch?“, antwortete Thomas.

Thomas

„Nein, bloss nicht. Davon laufen schon zu viele herum“, meinte Iris.

„Siehste!“, begann ich, „deswegen esse ich heut Morgen nichts…, nein Scherz beiseite, ich habe wirklich keinen Hunger.“

„Also ich bestell mir etwas Süßes, das brauche ich jetzt“, sagte Jessi.

„Deine Schenkel werden es dir danken, Schwesterherz“, kicherte ich.

„Arsch!“

„Gestatten Thomas!“, sagte ich und salutierte wie ein Soldat.

Jessi schüttelte den Kopf und mir brachte es einen kleinen Hieb auf den Hinterkopf ein, was wiederum Iris belustigte. Ich ließ meinen Blick wandern und entdeckte Mike an der Theke. Er wischte sich über die Augen und lächelte anscheinend über unser Gespräch.

Man sollte sich halt nicht mit der älteren Schwester anlegen, schon gar nicht ihre Figur erwähnen. Wir hatten die Theke erreicht.

„Hallo Mike“, sagte ich und er nickte mir zu.

„Also wirklich, kaum lässt man dich alleine, baggert er schon fremde Kerle an“, sagte Jessi empört.

Für diesen Satz hätte ich ihr jetzt am liebsten die Gurgel herumgedreht. Vorwurfsvoll schaute ich sie an und Iris stimmte in ein weiteres Gekicher ein. Ich setzte mich neben Mike, Iris neben mich und Jessie?

Sie setzte sich ebenso neben Mike. Keine Chance ihn vor meiner großen Schwester zu beschützen. Mike hatte sich wieder seinem Kaffee zugewendet, während ich wie die anderen die Karte zu studieren begann.

„Hallo Mike, ich bin Toms große Schwester“, hörte ich Jessi plötzlich sagen.

„Hallo“, erwiderte Mike leise.

„Und das ist Iris, eine Freundin von mir“, sprach sie weiter.

Mike nickte in ihre Richtung.

„Und du? Alleine hier?“

„Das kann ein Segen sein!“, rutschte es mir raus und Iris kicherte schon wieder.

„Ja, bin ich“, antworte Mike.

Er trank seine Kaffee aus und stand auf. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, ging er einfach.

„Was ist denn mit dem los, habe ich etwas Falsches gesagt?“, fragte Jessi und schaute ihm hinter her.

„Nicht jeder erträgt deine Wortwasserfälle am Morgen!“, antwortete ich.

Iris kicherte weiter und ich seufzte.

„Da ist etwas anderes, hast du nicht gesehen, wie traurig der guckte?“, fragte Jessi.

„Klar ist mir das aufgefallen und was soll ich deiner Meinung nach tun?“, fragte ich.

„Hinterher gehen, ihn trösten.“

„Aber sonst geht es dir noch gut, Schwesterchen? Ich weiß ja nicht mal ob er mit mir reden will. Und dass der Typ nicht schwul ist, das sieht man doch meilenweit voraus!“

„Wie kannst du dir so sicher sein? Hä? Also er sieht doch wirklich absolut süß aus, findest du nicht?“

„Jessi hör auf, mich verkuppeln zu wollen!“

„Will ich ja gar nicht, ich sehe halt nur nicht gern, wenn jemand traurig herum läuft. Ich glaub, ich geh mal zu ihm.“

„Nein bloss nicht. Okay, ich gebe mich geschlagen, aber nur, damit du ihn nicht in Grund und Boden redest.“

Ich weiß nicht, wie sie es immer schafft, aber sie hatte mich wieder herum gekriegt, etwas zu machen, was ich eigentlich nicht wollte. Jessi grinste mich nur an, als ich aufstand.

„Den nächste Kaffee für mich zahlst du!“, meinte ich noch und folgte Mike.

Mike

Nach diesem Hühnergegacker war mir jetzt wirklich nicht. Nein, davon hatte ich die Nase gestrichen voll.

„Mike?“

Ich drehte mich um und Thomas folgte mir. Was soll das nun werden.

„Ja?“

„Sorry, wenn dir meine Schwester auf den Keks gegangen ist“, sagte er, als er mich eingeholt hatte.

„Schon gut.“

So liefen wir nun beide neben einander.

„Alles klar mit dir?“, fragte Thomas plötzlich.

Ich schaute auf und ihm in die Augen.

„Ich meine…du guckst so traurig…hast du geweint.“

„Wenn du es wissen willst, ja ich hab geheult“, meinte ich genervt.

„Oh…sorry, ich wollte dir nicht zu Nahe treten.“

„Was willst du?“, fragte ich und blieb stehen.

Zugegeben, meine Reaktion war jetzt etwas zu heftig, aber es wirkte. Thomas hielt den Mund und starrte mich an.

„Sorry, ich bin eben scheiße drauf und nicht interessiert an irgendwelchen Gefasel mit deiner Schwester.“

„Verständlich!“

„Bitte?“

„Da verstehe ich dich voll und ganz. Manchmal ist meine Schwester einfach nicht zu ertragen.“

Ein leichtes Lächeln zierte seinen Mund.

„Und wie sieht es mit mir aus?“, fragte Thomas.

„Was meinst du?“

„Ob du meine Gegenwart auch nicht ertragen kannst?“

„Das habe ich nicht gesagt…“

„Lust ein Stückchen zu laufen?“

Ich sah mich um. Um das Haus waren viele Olivenhaine, aber auch Wege in verschiedene Richtungen.

„Warum nicht…“, gab ich mich geschlagen.

Also liefen wir am Parkplatz vorbei, den Weg hinauf, auf die nächste Anhöhe. Wir schwiegen uns an. Jeder schaute auf seinen Weg vor sich. Ich hatte mit meinen Turnschuhen weniger Probleme damit, während Thomas nur Flip Flops trug.

Der steinige Weg tat sein übriges. Aber so lange er nichts sagte und weiterlief, sagte ich auch nichts. Der Weg stieg nun etwas mehr an und wir beide schnauften um die Wette. Es dauerte nicht lange und wir erreichten die Anhöhe.

Beide ließen wir uns auf einen gefällten, dicken Stamm am Wegesrand fallen.

„Hier ist es wirklich schön“, sagte Thomas und schaute Richtung Meer hinunter.

Mein Blick fiel ebenso in das Tal hinunter. Am Horizont konnte man die Berge um Livorno erkennen.

„Willst du heute auch noch ans Meer?“, fragte Thomas.

„Ich weiß nicht…, so alleine…“

„Und wie wäre es mit…“

„Nein, nicht mit deiner Schwester“, fiel ich ihm ins Wort.

„…mit mir?“, beendete Thomas grinsend seine Frage.

„Ähm ja…“

„Also, das wollte ich dir wirklich nicht antun, mit meiner Schwester an den Strand zu müssen und über diverse Damenmoden der Bikiniwelt zu sinnieren. Oder womöglich über figurbetonte Herren und Damen lästern.“

„Nein, dazu reichst du mir voll und ganz!“, meinte ich und begann zu Lachen.

„Also abgemacht, dann fahren wir zwei heute Mittag zum Strand.“

*-*-*

So saßen wir beide am Strand, fast alleine, bei den Dünen waren nicht viele Leute. Wir hatten es uns auf den Handtüchern bequem gemacht. Während Thomas schon seine Badeshorts anhatte, saß ich immer noch in meinen Klamotten da. Wieder schaute ich in die Ferne und verlor mich in meinen Gedanken.

„Probleme?“, fragte Thomas.

„So gesehen nicht mehr“, antwortete ich.

Thomas

Da saß dieser wunderhübsche Kerl neben mir, schaute traurig in die Ferne. Am liebsten hätte ich ihn in den Arm genommen, aber davon ließ ich lieber ab. Ich wusste ja nicht mal, wie er auf mein Schwulsein reagierte.

„Meine Freundin, mit der ich zwei Jahre zusammen war…, hat eine Woche vor dem Urlaub Schluss gemacht“, sagte Mike leise, ohne seine Blickrichtung zu ändern.

„Hast du etwas angestellt?“, fragte ich, ohne darüber nach zudenken, was ich da gerade gefragt hatte.

Die Rechnung kam gleich, Mike schaute mich vorwurfsvoll an.

„Sorry, ich war eben von mir ausgegangen. Nicht jeder erwischt seinen Partner mit jemand anderem im Bett. Ich müsste meine Frage also umformulieren,…was hat ihr denn an dir nicht gefallen?“

„Alles.“

„Verstehe ich nicht.“

Mike schaute mich an.

„Du hast dich auch von deiner Freundin getrennt, hast sie erwischt?“

„Ähm…na ja, wie soll ich das sagen, ohne zu riskieren, dass du eventuell sauer auf mich bist.“

„Wieso sollte ich sauer sein, wenn wir über unsere Verflossenen reden?“

„Da besteht das kleine Problem…, ich habe keine Verflossene…“

„Hä?“

„Ich habe einen Verflossenen…?“

„Aha…“, meinte Mike, als könnte er damit jetzt nichts anfangen.

„Ich bin schwul…“

„Ja, schon kapiert…“

Erst sah er mich kurz durchdringend an, um dann wieder aufs Meer zu schauen. Er pfriemelte eine Schachtel Zigaretten aus der Shorts und hielt sie mir hin. Ich schüttelte den Kopf. Er zog sich selbst eine heraus, steckte sie an und ließ die Schachtel wieder verschwinden.

„Du bist jetzt nicht irgendwie schockiert?“, fragte ich.

„Nein, wieso?“

„Ich dachte nur.“

Er zog an seiner Zigarette und stierte weiter gerade aus.

„Und…wie ist das so…mit einem Mann?“, fragte Mike plötzlich.

„Wie soll das schon sein? Nicht anders, als wenn man eben eine Frau liebt…“

„Aha…“

Wieder dieses vielsagende und doch tödliche >Aha< von ihm.

„Und wann bist du schwul geworden?“ fragte er nun.

Ich hasste diese 0815-Frage.

„Wann hast du bemerkt, dass du hetero bist?“, stellte ich die Gegenfrage.

Er grinste verlegen.

„1:0 für dich…, sorry, hab nicht nachgedacht.“

„Mit fünfzehn merkte ich, dass mich Junges mehr interessieren, wie die Mädchen aus meiner Klasse.“

„Daran merkt man, dass man schwul ist?“

„Nicht nur. Es ist die komplette Reaktion deines Körpers…, deines Denkens und deines Handelns.

„Aha…“

Wenn er jetzt noch einmal >aha< sagt, drück ich ihn ungespitzt in den Boden!

„Und? Bist du auch schwul?“, fragte ich nur so aus Spaß.

Entsetzt sah er mich an. Wieder sah er hinaus zum Meer. Wir waren etwas später losgefahren und so war der Strand dabei, sich zu leeren.

„Ich weiß nicht…was ich bin…wer ich bin. Schlappschwanz hat meine Ex mir nach geschrieen.“

Ich schwieg, denn ich wusste sowieso nicht, was ich darauf sagen sollte.

„Ich weiß nur, dass es unheimlich weh tut, hier drin“, er zeigte sich aufs Herz, „ich fühle mich plötzlich so einsam…und traurig.“

Sein Kopf sank nach unten und ich sah, dass einige Tränen zu Boden tropften. Oh bitte nicht, sonst mache ich gleich mit. Der Weltmeister im heulen!

„Ist es nicht immer so, wenn eine Freundschaft kaputt geht…eine Partnerschaft? Jedenfalls bei einem von beiden.“

„Ich weiß es nicht…, es war meine erste Freundin…und wenn ich es recht bedenke…ich will auch keine mehr…“

Oha, was hören da meine Ohren.

„Wenn das jedes Mal so weh tut…wenn etwas zerbricht, dann bleib ich lieber alleine.“

Er atmete tief durch und schluchzte. Jetzt konnte ich meinem Drang nicht widerstehen und legte meinen Arm um ihn. War das der typische mütterliche Beschützerinstinkt? Wenn die Sache an sich nicht so traurig und todernst gewesen wäre, hätte ich schallend losgelacht.

So verkniff ich mir ein Lächeln und merkte wie sich Thomas an mich lehnte.

„Ist es bei euch Schwulen auch so…habt ihr auch so Schweine, die euch das Herz brechen?“

Hatte der Junge ein Problem mit Schubladendenken? Wie sich das schon anhörte >euch Schwulen<.

„Ähm Mike…, das einzige was uns zwei unterscheidet…du steckst deinen Schwanz vorne rein…ich hinten…okay?“

Ups…da hatte ich mich wohl etwas weit hinausgelehnt. Ein solcher Satz, von meinen Lippen. Wieder schaute er mich entsetzt, aber auch irgendwie neugierig an.

„Tut das nicht weh?“

Bitte? Ich verschluckte mich an meiner eigenen Spucke und begann zu Husten.

„Sorry…ich wollte dir nicht zu nahe treten“, meinte Mike und legte seine Hand auf meinen Schenkel.

Ist der des Wahnsinns… tu die Hand da runter! Eiskalt lief es mir den Rücken hinunter. An allen Stellen des Körpers bekam ich Gänsehaut. War hier irgendwo eine Steckdose? Der Typ setzte mich unter Strom.

„Ähm…nicht…äh bist du nicht“, stotterte ich zusammen und spürte, wie sich Blut an einer Stelle sammelte, die mir jetzt recht peinlich war.

Er schaute mich an, als würde er auf etwas warten. Seine feuchten Augen glänzten in der Spätsonne. Oh Scheiße war der Kerl gut! Ich zerging wie Butter – nimm mich, ich bin dein!

„Ist alles in Ordnung mit dir? Du siehst aus, als hättest du Schmerzen?“, fragte Mike.

Schmerzen? Ich? Ich will dich sofort! Oh Shit, meine Sicherungen drohten durchzuschmelzen.

„Nein, alles im grünen Bereich!“

„Ich glaube, ich gehe mal ins Wasser“, sagte Mike und stand auf.

Er zog sich das Shirt über den Oberkörper und streifte seine Turnschuhe ab. Oh Gott, was für eine Schönheit…bloss nicht sabbern. Der Knopf der kurzen Hose folgte und schwup…die Hose rutschte nach unten.

Mir stockte der Atem. Was war das hier? Wie quäle ich den kleinen Thomas? Der Typ war echt wahnsinnig…hatte der doch nur noch einen knappen knallroten Slip an. Ich schluckte und kam nicht mehr aus dem Starren heraus.

„Kommst du mit?“, fragte Mike und drehte sich zu mir.

Es waren vielleicht noch zwanzig Zentimeter zwischen Badehose und meinem Gesicht. Deutlich konnte ich die Beule sehen.

„Wer erster unten ist“, schrie ich und hechtete nach vorne und rannte los.

Wie ein Gestörter heizte ich über den Strand und sprang mit einem Kopfsprung ins Wasser. Aaaaaaaaaaaaah…war das kalt!

Mike

Was war nur los mit ihm. Wie von einer Tarantel gestochen, rannte Thomas zum Wasser und sprang hinein. Ich war zu sehr überrascht, über seine Reaktion, denn ich stand immer noch an unseren Handtüchern.

Gemächlich folgte ich ihm nun und sah wie er auftauchte. Er warf seinen Kopf nach hinten und strich sich das Wasser aus dem Gesicht. Mittlerweile war ich auch am Wasser angekommen, eine kleine Welle umspülte meine Füße.

Etwas frisch für mein Gefühl.

„Bisschen kalt“, meinte ich.

„Man gewöhnt sich schnell daran“, meinte Thomas, der sich nun selbst umarmte.

War wohl doch noch etwas gewöhnungsbedürftig. Irgendwie war die Traurigkeit verschwunden. Ich war am Meer, fühlte mich wohl und…ja wenn dieses ‚Und’ nicht wäre. Langsam Schritt für Schritt lief ich zu Thomas.

Dieser Thomas, der bei mir im Kopf für Verwirrung sorgte. Ich war gerne mit ihm zusammen. Aber der Gedanke, vielleicht schwul zu sein, erschreckte mich. Es warf mein ganzes Weltbild durcheinander.

Und doch kam es mir wiederum vertraut vor, würde viele Dinge erklären. Unschlüssig und kaum fähig, jetzt einen klaren Gedanken fassen zu können, lief ich langsam ins Wasser, wo Thomas auf mich wartete.

Es war wirklich saukalt. Jedenfalls im ersten Augenblick. Genauso verfroren wie Thomas stand ich nun dicht bei ihm. Wir schauten uns in die Augen und waren beide am Zittern. Dann, wie aus heiterem Himmel, kam Thomas auf mich zu, nahm mich in den Arm und küsste mich.

Ich stand erstarrt da, spürte seine warmen Lippen auf den meinen. Eine plötzliche Wärme erfasste meinen Körper, wie ich sie noch nie gespürt hatte.

Es war schön und doch…ich stieß Thomas von mir weg, lief so schnell wie möglich aus dem Wasser.

„Mike warte…entschuldigte“, rief er mir hinterher und folgte mir.

Ich schüttelte nur den Kopf und ging weiter zu unseren Sachen. Thomas holte mich ein und zog an meinem Arm. Ich drehte den Arm weg, um seinen Griff zu entkommen.

„Fass mich nicht an“, herrschte ich ihn an.

„Oh, jetzt eins auf homophobes Arschloch?“

Ich bremste ab, drehte mich um und scheuerte ihm eine. Starr stand er da und funkelte mich an. Plötzlich sprang er los und riss mich um.

„Wenn du meinst, ich lasse mich einfach so von dir schlagen, dann bist du schief gewickelt“, schrie er und nahm meinen Kopf in den Schwitzkasten.

„Du bist doch der, der schief gewickelt ist“, keuchte ich und versuchte krampfhaft, mich zu befreien.

„Ja und du bist die Vorzeigehete schlechthin!“

Sein Griff lockerte sich kein bisschen, so hatte ich nur die Chance, mich mit meinen Beinen zu wehren. Ich klammerte meine Beine um seine und drückte fest zu. Er schrie laut auf und sein Griff lockerte sich.

Ich zog den Fuß an und trat nach ihm…erwischte seinen Magen. Mit einem Stöhnen schleuderte er von mir weg.

„Bist du noch ganz normal?“, schrie er mit heißerer Stimme und krümmte sich vor Schmerzen.

Schwer keuchend setzte ich mich auf.

„Warum hast du mich geküsst“, fragte ich tonlos.

„Weil mir danach war, du Arschloch…Verzeihung, wenn ich Mister Hetero zu nahe getreten bin“, antwortete Thomas sauer.

„Ich bin nicht schwul“, meinte ich trotzig, „das kann nicht sein…“

„Wieso nicht?“, fragte Thomas und richtete sich ebenso auf.

„Das darf nicht sein!“, sagte ich und spürte schon die ersten Tränen kullern.

„Warum?“

„Weil es unnormal ist…, jeder sagt das…“

„Danke…ich bin unnormal…“

„So habe ich das nicht gemeint“, sagte ich weinerlich.

„Aber gesagt“, kam es von Thomas eisig, „guck mich an. Was ist so anders an mir, als an dir. Nur weil ich eben Männer liebe, mich nach einer kräftigen Umarmung sehne…nach einem Mann, der mich liebt? Du hattest bisher die gleichen Gefühle wie ich für eine Frau, was ist da der Unterschied?“

Thomas redete sich in Rage, während ich da saß wie eine kleine Heulsuse.

„Wir machen sogar das gleiche im Bett miteinander…nur der kleine Unterschied…es ist ein anderes Loch! Und das ist für dich unnormal?“

Ich schüttelte den Kopf und schluchzte.

„Sorry, wenn ich mich in dich verguckt habe…“, hörte ich Thomas noch sagen, bevor er weiter stampfte.

Ich sah hoch und bekam noch mit, wie er in den Dünen verschwand. Langsam rabbelte ich mich auf und folgte ihn. Es dauerte nicht lange, da fand ich ihn neben einen Busch sitzend und auch er weinte.

„Tut mir Leid, Thomas…, das ist alles so neu und unbegreiflich für mich…“

Er reagierte nicht. Ich lief vor ihn hin und ließ mich auf die Knie fallen. Er hatte seine Beine angezogen, darüber seine Arme verschränkt und seinen Kopf drin vergraben.

„Seit ich dich kennen gelernt habe, fühle ich mir zu dir hingezogen. Ich konnte meine Augen nicht von dir lassen…fühlte mich wohl in deiner Nähe…bin ich deswegen gleich schwul?“

Thomas hob den Kopf und schaute mich mit seinen verweinten Augen an.

„Mike, vergiss es einfach, es war eine saudumme Idee von mir…lass uns einfach zurückfahren“, meinte er leise.

„Hallo…eben bist du mir noch an den Kragen und jetzt kuschst du dich so einfach? Ich werde nicht aus dir schlau. Wo ist dieser so selbstsichere Kerl, der mir imponiert hat?“

„Eben im Wasser ersoffen“, hörte ich ihn brummeln.

Ich musste grinsen…seinen Humor hatte er nicht verloren.

Thomas

Das hatte ich nun davon, weil ich den Verstand abschaltete und auf mein Herz hörte…oder war es mein Schwanz? Scheiße, wie konnte mir sowas passieren? Plötzlich spürte ich eine Hand auf meinem Arm.

„Könnten wir noch mal von vorne anfangen und das langsam angehen? Ich weiß nicht was ich bin, Thomas. Ich bin mit meinen Gefühlen hin und her gerissen. Klar fand ich den Kuss vorhin schön, aber ich habe bisher noch nie einen Kerl geküsst, geschweige denn mich einer.“

Ich schaute auf und sein Gesicht war ganz dicht. Seine Finger streichelten ganz sanft auf meinem Oberarm. Oh Junge, du machst mich ganz kirre! Mike sah mich nur fragend an und erwartete anscheinend, dass ich was sage.

„Was ist daran so…schlimm für dich?“, fragte ich leise.

Er legte seine Kopf schief und legte diesen >ich schmelze dich jetzt< Blick auf.

„Es war nicht schlimm. Es war neu und ungewohnt…ich bin erschrocken…vielleicht über mich selbst, weil ich es schön fand.“

Seine Stimme war jetzt so sanft, beruhigte mich ungemein.

„Und was machen wir jetzt?“, fragte ich mit zittriger Stimme.

Er stand auf und hob mir seine Hand hin.

„Erst mal zu unseren Sachen zurückgehen. bevor sie nicht mehr da sind.“

Ich ergriff seine Hand und er zog mich hoch. Wieder standen wir ganz dicht beieinander, unsere Gesichter nur wenige Zentimeter voneinander entfernt. Mir lief es eiskalt den Rücken herunter.

Scheiße, ich hatte mich in den Kerl verliebt. Der Typ hatte mich schlichtweg in der Hand. Betreten stand ich vor ihm, keines Wortes mächtig. Diesmal war er es, der die Initiative ergriff.

Schüchtern hob er die Hand, legte sie um meinen Nacken und zog mich in Zeitlupe, jedenfalls schien mir das so, an sich. Er schloss die Augen und wenige Sekunden später trafen sich unsere Münder.

Diesmal fühlte es sich anders an, als beim ersten Mal. Keine Starrheit seiner Lippen. Ich spürte plötzlich seine Gefühle, seine Unsicherheit. Mike zitterte am ganzen Körper. Für mich das Zeichen, endlich meine Starre zu durchbrechen und selbst aktiv zu werden.

Langsam hob ich meine Arme und legte sie vorsichtig um Mike. Er vergrub sein Gesicht in meiner Schulter.

„Angst?“, fragte ich.

Er nickte fast unmerklich.

„Vor was?“

Er hob den Kopf und sah mich wieder an.

„Ich weiß es nicht…, ich weiß nicht was passiert, was auf mich zukommt.“

Ich drückte Mike etwas von mir weg und legte meine Hände auf meine Schultern.

„Hör mal, Mike. Ich hab nie vor, dir irgendetwas anzutun…will nichts machen, wobei du dich unwohl fühlst…das vorhin war ein Ausrutscher! Tut mir leid…entschuldige.“

„Schon gut. Es ist ja nicht so, dass ich nicht neugierig wäre…“

„Aber?“

„Dieses Unbehagen…und gleichzeitig fühle ich mich wiederum wohl in deiner Nähe.“

Wir hatten unsere Sachen erreicht und Mike ließ sich auf sein Handtuch fallen. Ich setzte mich gemächlich daneben. Er rollte zur Seite und stütze seinen Kopf mit der Hand ab. Ich konnte nicht anders, als seinen Prachtkörper von neuem zu betrachten.

Natürlich bleiben meine Augen auf seinem roten Minislip hängen, unter dessen Stoff sich nun eine größere Beule als vorher abbildete. Wieder musste ich schwer schlucken. Mike folgte meinem Blick und begann verlegen zu kichern.

„Ich kann nichts dafür… er fängt einfach an zu wachsen…“, sagte Mike.

Oha, erwischt. Nun trieb es mir die Röte ins Gesicht. Mike rückte etwas näher und legte seine Hand wieder auf meinen Schenkel.

„Ich fühl mich unbehaglich, wirklich… aber in mir drin brodelt es gerade… verlangt nach mehr.“

Ich verfloss fast bei diesen Worten. Mike hatte sie sehr leise und etwas tiefer als normal klingen lassen. Diese Stimme war so erotisch. Klein Thomas stieg in null Koma nichts in Kingsize Position.

Ich konnte nicht anders und beugte mich zu ihm hinunter und küsste Mike. Diesmal war nichts mehr von Schüchternheit zu spüren. Er hatte sofort seine Hand auf meinem Nacken und zog mich noch näher zu sich.

Ich verlagerte meine Haltung vom Sitzen ins Liegen. Was ich nicht gedacht hätte, traf nun ein. Mike lag plötzlich halb auf mir. Sein Kuss wurde fordernder. Meine Hand wanderte über seinen Rücken, seine warme weiche Haut.

Ich konnte ihn leise brummen hören, was mich irgendwie noch zusätzlich antörnte.

„Mike du musst… das nicht…“

„Ich will aber“, stöhnte er mir ins Ohr.

Hart rieben unsere Erregungen aneinander. Meine Hand wanderte hinunter, schuf sich einen Weg unter dem Gummi des Slips. Sanft knetete ich seinen Hintern. Mike stöhnte auf und drückte sein Kreuz durch.

Er nun auch mutiger, wanderte in meine Badeshorts. Erst etwas zaghaft, aber als er dann mein kochendes Fleisch zu fassen bekam, war es um ihn geschehen. Seine Zunge bohrte wie wild in meinem Mund, tobte mit meiner Zunge.

Hart umgriff er meinen Schwanz und begann ihn zu reiben. Aber ich wollte noch nicht so schnell kommen, wollte diesen Augenblick mit ihm noch länger genießen. Sanft drückte ich ihn von mir weg.

Enttäuscht schaute er mich an.

„Gefällt es dir nicht?“, fragte er traurig.

„Eher das Gegenteil…“, keuchte ich.

Mein Blick fiel auf seinen engen Slip. Was ich da zu sehen bekam, hatte ich in meinen kühnsten Träumen nicht zu hoffen gewagt. Sein Schwanz war so riesig, dass sich bereits seine Eichel über den Bund schob.

Munter tropfte sie vor sich hin. Schnell hatte ich meine Short abgestreift und er tat dasselbe. Ich konnte nicht anders und beugte mich nach vorne, um mir dieses Prachtteil in den Mund zu schieben.

Kaum hatte ich meine Lippen um Mikes Eichel gelegt und mit der Zunge begonnen, die Eichel zu bearbeiten, warf sich Mike stöhnend nach hinten. Seine Hand suchte wieder meinen Schwanz, griff hart nach ihm und begann wieder zu reiben.

Wir waren beide so überfällig, so gereizt, dass wir beide schon nach kurzer Zeit zusammen kamen. Laut stöhnend, Schub um Schub spritze er mir in den Rachen und ich feuerte nicht weniger ab. Beide zuckten wir um die Wette und Mikes Fluss schien nicht aufhören zu wollen.

Irgendwann ließ ich mich erschöpft neben Mike fallen, der mich anlächelte.

„Ist das jedes Mal so geil?“, keuchte er.

„Es wird immer besser“, keuchte ich zurück.

Ich setzte mich auf und Mike ebenso. Auf Mikes gebräunter Brust, waren deutlich die Spuren meines Ergusses zu sehen. Seine Hand strich über meinen Schenkel, was in mir ein wunderschönes Kribbeln verursachte.

Ich zog die Augenbrauen hoch, als ich Mikes Ständer sah, der nicht wie vermutet zusammengefallen war, sondern immer noch wie eine Eins stand.

„Kann es sein, das hier jemand ausgehungert ist?“, fragte ich und griff nach seinem Schwanz.

Ein breites Grinsen zierte plötzlich sein Gesicht und er zog mich zu einem weiteren Kuss heran, Dieser innige Kuss und Mikes forschende Hände bescherten mir einen weiteren Blutstau zwischen den Beinen.

Mike zog mich wieder auf das Handtuch herunter und ich legte meinen Kopf auf seine Schulter. Seinen muskulösen Oberarm hatte er dabei um mich gelegt. Meine Hand ruhte auf seinem Schwanz, spielte sanft mit der Vorhaut.

„Bin ich jetzt schwul?“, kam plötzlich die Frage.

Ich hob meinen Kopf und sah in seine Augen, die recht traurig schienen.

„Wie kommst du jetzt da drauf?“, fragte ich.

„Also… ähm… ich hatte eben einen tierischen… Orgasmus, wegen dir. So was habe ich noch nie erlebt…und es hat mir gefallen.“

„Nur weil du mit einem schwulen etwas Sex hattest, bist du nicht schwul?“

„Aber es war ja nicht nur der geile Sex von eben. Thomas, als ich dich heute Morgen nackt auf dieser Liege gesehen habe… meine Gefühle spielten plötzlich verrückt.“

„Ich verstehe, was du meinst.“

„Du bist der erste Mann überhaupt, den ich so wahrgenommen habe. Beim Sport habe ich ständig nackte Kollegen gesehen, aber keiner hat mich interessiert.“

„Nie auf deren Schwänze geguckt?“

Mike lächelte verlegen.

„Jetzt wo du das sagst…“

„Und was hast du dabei gedacht?“, fragte ich.

Mike

Oh toll, was habe ich gedacht.

„Ich weiß es nicht mehr“, antwortete ich.

Thomas’ sanfte Massage an meinem Schwanz blieb nicht unbemerkt. Tief in mir begann erneutes leichtes Kribbeln.

„Thomas…“, ich stöhnte leicht auf, „wenn du so weiter machst, kommt es mir noch mal.“

Thomas verstärkte den Druck seiner Hand und begann nun an meinem Schwanz zu reiben.

„Tom…stöhn… waa is das geil“, presste ich hervor.

„Genieß es in vollen Zügen“, brummte er mir ins Ohr.

Danach versenkte er seine Zunge in meinem Rachen. Ich spürte wie meine Schenkel sich anspannten… ich die Luft anhielt und doch laut zu stöhnen begann. Tom hatte seine Geschwindigkeit erhöht.

Kräftig rubbelte er an meinem Teil und ich begann unkontrolliert zu zucken. Wow, war das geil Toms Hand an meinem Schwanz zu spüren, seine Zunge die mit meiner tobte. In mir zog sich alles zusammen.

Ich konnte nur noch stoßweise atmen.

„Tom …. Ich glaub, ich komm gleich…“, presste ich nur noch hervor.

In mir schien ein Vulkan ausgebrochen zu sein. Mein ganzer Körper brodelte, die Kraft schien sich in meinem Schwanz zu sammeln. Ich stöhnte auf und begann abzuspritzen.

„Wow Mike, dass sind ja Fontänen“, hörte ich Tom aus der Ferne.

Mein ganzer Körper zuckte nur noch, ich stöhnte die Lust aus mir heraus… es schien kein Ende zu nehmen. Tom rieb so stark wie zuvor und so langsam war das Gefühl unerträglich, wenn er mit der Handfläche über meine Eichel fuhr.

Ich griff nach seiner Hand und er stoppte. Wenige Sekunden später spürte ich aber etwas anders Weiches. Ich öffnete benommen die Augen und schaute nach unten. Tom hatte bereits wieder meinen Schwanz im Mund, um auch noch die letzten Tropfen zu bekommen.

Ich zitterte wieder am ganzen Körper, aber Toms Art beruhigte mich.

*-*-*

Auf wackligen Beinen lief ich mit Tom zum Auto zurück.

„Und was wird jetzt werden?“, fragte ich „… wo kommst du eigentlich her?“

Fragend schaute ich ihn an.

„Was meinst du“, fragte mich Thomas und schloss den Kofferraum seines Wagens auf.

„Was aus uns beiden wird…“

Eine gewisse Traurigkeit spielte in meiner Stimme mit, aber ich hoffte Thomas würde das nicht bemerken.

„So gesehen weiß ich überhaupt nichts über dich Tom…, wo kommst du überhaupt her?“

„Passau.“

So weit weg…

„Du sprichst aber kein bayrisch.“

„Wieso, wos megst an etz vo mia hean?“

Ich musste grinsen.

„Ich rede aber lieber hochdeutsch, macht mir mehr Spass… und wo kommst du her?“

„Aus einem kleine Kuhdorf, oberhalb von Heidelberg.“

„Aha…“

„Gib zu, du weißt nicht wo Heidelberg liegt.“

Tom schüttelte verlegen den Kopf.

„Kennst du Karlsruhe in Baden-Württemberg?“

„Öhm ja…“

„Mannheim liegt grob etwas oberhalb von Karlsruhe.“

„Ganz schön weit weg“, bemerkte Tom.

Ich seufzte nur.

„Du Mike… ich weiß… das geht jetzt alles bisschen schnell.“

Auf was wollte er nur hinaus?

„Könntest du dir ein Leben mit einem Mann vorstellen?“

Ich schaute ihn entgeistert an.

„Gut an deiner Reaktion seh ich schon…, vergiss die Frage einfach wieder“, sagte Tom und ließ mich stehen.

„Jetzt lauf doch nicht weg! Darf ich darüber erst mal nachdenken?“, rief ich ihm vorwurfsvoll hinterher.

Abrupt blieb Tom stehen und drehte sich um.

„Du bist schon vielleicht dein ganzes Leben schwul, denkst und fühlst so“, redete ich weiter, „tut mir leid, wenn ich nicht so denke… oder noch nicht. Tom für mich ist das wirklich zu schnell. Alles ist total neu für mich“

Tom schaute mich traurig an, denn ich war etwas laut geworden bei meinen Ausführungen, aber in mir drin brodelte es.

„Mag sein, dass ich eben in der Sache etwas naiv bin, etwas länger brauche. Ich kann nicht einfach sagen, ich liebe dich, will bei dir sein.“

Seine Augen wurden noch trauriger.

„Tom bitte, verstehe mich jetzt nicht falsch! Klar mag ich dich und ich spüre auch Dinge in mir, die mir total fremd sind, die aber alles irgendwie etwas mit dir zu tun haben. Ich brauche Zeit… verstehst du das?“

Tom nickte, sagte aber kein Wort. Eine einzelne Träne löste sich von seinem Auge.

Thomas

Ich weiß nicht, was mich geritten hatte, ihn so etwas zu fragen. Ich hatte mich in Mike verliebt, das war mir jetzt klar. Aber über eine eventuelle Zukunft nachzudenken – sowas brachte auch nur ich fertig.

Ich kämpfte gegen meine Tränen. Mike stand vor mir und schaute mich an.

„Tom, es ist nicht so, dass ich mich in den letzten vier Stunden nicht wohl gefühlt habe. Um ehrlich zu sein, es waren die vier schönsten Stunden, die ich seit langem erleben durfte. Ich brauche aber Zeit, um das alles für mich zu verarbeiten.“

„Vergiss es einfach… okay Mike… ich hatte da eine verrückte Idee im Kopf.“

„Jetzt rede doch nicht so einen Scheiß“, fuhr mich Mike abermals an und trat auf mich zu.

Ich wich zurück, plötzlich fühlte ich mich unwohl in meiner Haut. Mike sah mich entsetzt an.

„Ähm… was ist? Hast du etwa Angst vor mir…?“, fragte Mike leise.

Er hob die Hand und griff nach meiner. Ich zuckte leicht, bei seiner Berührung, blieb aber diesmal stehen.

„Nein, habe ich nicht“, sagte ich nach einer kleinen Weile.

So standen wir nun da. Er hielt meine Hand und wir sahen uns an. Nichts um uns herum konnte uns ablenken.

„Ich brauche einfach Zeit… Thomas… gibst du mir die?“

Wieder nickte ich, der Kloß in meinem Hals wurde immer größer.

„Und um deine Frage von vorhin zu beantworten. Ja, ich könnte mir das sogar vorstellen… besonders mit dir“, sprach er leise weiter und gab mir einen Kuss auf die Wange.

Dann ließ er meine Hand los und lief zur Beifahrertür. Ich stand wie angewurzelt da, streichelte mit der Hand über meine Wange, wo sich eben kurz noch die Lippen von Mike befunden hatten.

Ich war diesem Kerl verfallen, mit Haut und Haaren, zwecklos sich dagegen zu wehren. Wollte ich das überhaupt?

„Kommst du?“, fragte er vom Auto.

*-*-*

Mike

Erschöpft lag ich auf meiner Matte. Langsam zog noch einmal der Tag an mir vorüber, was ich alles erlebt hatte. Ich musste schmunzeln, als ich an das Essen mit Tom, seiner Schwester und deren Freundin dachte.

Ich hatte schon lange nicht mehr so gelacht. Und jetzt lag ich in meinem Zelt und meine Gedanken kreisten um Tom. Sollte es das wirklich sein, nach dem ich mich gesehnt hatte? Ich mit einem Mann?

Der Gedanke an den Sex ließ meine untere Region wieder nach Blut lechzen und doch war ich zu müde, um mich überhaupt irgendwie zu betätigen. Ich genoss den Gedanken, mich an Toms Nähe zu erinnern, seine sanften Hände auf meinem Körper.

Meine Hand wanderte automatisch in die Shorts.

„Mike…, bist du noch wach?“, hörte ich eine Stimme flüstern und fuhr zusammen.

„Tom?“, sagte ich und krabbelte an den Reisverschluss.

Langsam zog ich ihn auf und ich hatte das Gefühl, dass es das einzige Geräusch am ganzen Platz war. Im Halbdunkel tauchte vor mir eine Gestalt auf, die ich als Thomas erkennen konnte.

„He, was machst du denn hier?“, fragte ich und musste lächeln.

„Ich konnte nicht schlafen. Mir geht so ein süßer Bengel nicht aus dem Kopf, der mir den Kopf verdreht hat“ flüsterte Tom.

„Komm rein…“, sagte ich und machte Platz.

Mühselig kroch Mike in mein Zelt und ließ sich neben meinem Schlafplatz plumpsen.

„Au“, konnte ich ihn leise sagen hören.

Ich hatte total vergessen, dass ich meine Habseligkeiten alle dort liegen hatte, wo sich Mike hat fallen lassen.

„Tut mir Leid, hab nicht mehr dran gedacht, dass dort was liegt“, sagte ich leise.

„Schon gut, war auch mehr der Schreck.“

Ich suchte Mikes Hand in der Dunkelheit. Und ich fand sie auch.

„Was wird aus uns beiden“, hörte ich Thomas leise fragen.

„Was meinst du?“

„Du fährst in zwei Tagen nach Hause… ich… Mike ich habe mich in dich verliebt!“

Geschockt schaute ich in die Dunkelheit. Was sollte ich dazu sagen. Gut ich mochte Thomas sehr, fühlte mich sehr wohl in seiner Gesellschaft, aber bin ich deshalb wirklich schwul?

„War eine blöde Idee von mir herzukommen, ich geh wieder.“

Ich griff nach seinem Arm.

„Bitte bleib!“

„Warum Mike, es hat doch eh alles keinen Sinn. In zwei Tagen fährst du heim und verschwindest somit aus deinem Leben.“

„Warum redest du so?“

„Weil es so ist, oder?“

Ich hatte seinen Arm immer noch fest in Griff, wollte nicht loslassen.

„Kannst du mir denn nicht etwas Zeit lassen? Ich kann nicht einfach sagen „Thomas, ich liebe dich“, weil ich überhaupt nicht damit klar komme.“

„Dann lebe weiter in deiner Hetenwelt… lebe wohl!“

Er wand seinen Arm frei und kroch aus dem Zelt.

„Tom, bitte… bleib da…“

Ohne ein Wort zu sagen verschwand er. Mir stiegen die Tränen in die Augen, einerseits weil das jetzt unheimlich weh tat, aber auch vor Wut. Was sollte das jetzt? Verstand er nicht, was in mir vorging?

War es zuviel verlangt mir Zeit zu lassen, mir über mich und meine Gefühle klar zu werden. Ich ließ mich auf mein Kissen zurück fallen und wischte die Tränen weg.

***

Ich hatte nicht viel geschlafen, aber mein Entschluss stand fest, dass ich heute schon abreisen würde. Meine Klamotten hatte ich schon verstaut und gerade war ich dabei, die Heringe aus dem Boden zu ziehen.

„Hallo Mike… du fährst schon?“

Erschrocken drehte ich mich um. Da stand Jessie mit ihrer Freundin Iris.

„Ja, habe es mir anders überlegt, ich fahre heute schon.“

„Das hat nicht zufällig etwas mit meinem Brüderchen zu tun?“, fragte sie weiter.

„Wie kommst du da drauf?“

„Weil mein Herr Bruder verheult ist und nicht mehr aus seinem Zimmer kommen will.“

„Und was soll ich bitteschön daran ändern?“

Jessie zuckte zurück, anscheinend war mein Tonfall etwas zu barsch gewesen.

„Sorry!“, meinte ich und klopfte die Heringe ab, bevor ich sie im Wagen verstaute.

Ich griff in den zusammengefallen Haufen von Stoff und zog die Stangen heraus.

„Dann wünsch ich dir… eine gute Fahrt…Tschüss.“

„Tschüss…“

Ich drehte mich nicht einmal zu ihr um, um sie anzusehen. Schnell faltete ich das Zelt zusammen und pfriemelte es mühsam in die vorgesehene Tasche. Auch sie wanderte ins Auto. Kurz schaute ich mich noch um, konnte aber nichts mehr sehen, was in den Wagen gehörte.

Nachdem ich den Kofferraum verschlossen hatte, schnappte ich mir mein Duschzeug und frische Klamotten, denn so verschwitzt wollte ich nicht nach Hause fahren. Nach Hause… was erwartete mich da. Eine halb leere Wohnung. Egal, es war besser so und ein Singleleben soll ja gar nicht so schlecht sein.

Während ich zu den Duschen lief, dachte ich plötzlich nach, wie es wäre, mit Thomas zusammen zu leben. Er liebte mich… tat ich das auch? Immer noch hallten seine letzten Worte in mir nach und es tat weh. Richtig weh.

Wenn mir das so nahe ging, ich laufend an ihn dachte… dann mußte doch etwas dran sein. War ich auch in ihn verliebt? Ich betrat das Duschhaus, das um die Zeit recht leer war. Freie Auswahl. Ich entschloss mich für eine der Familienduschen, die räumlich viel größer waren.

Ich stellte das Duschgel ins Regal und legte das Handtuch und die Klamotten ab, bevor ich die Tür hinter mir verschloss. Langsam kam warmes Wasser aus der Düse und ich stellte mich darunter.

Trotz der hohen Temperaturen tagsüber war das warme Wasser immer wieder eine Wohltat. Aber ich musste mich sputen, bis zehn Uhr musste ich vom Platz machen und die Rechnung musste ich auch noch bezahlen. Also wusch ich mich schnell und war ein paar Minuten später frisch angezogen.

Als ich am Haupthaus vorbei kam, fiel mein Blick automatisch auf den Balkon, wo ich Thomas zum ersten Mal gesehen hatte. Aber da war kein Thomas, alle Türen waren zu und fest verschlossen.

Traurig lief ich zum Auto, verstaute meine Sachen, setzte mich hinter das Steuer und fuhr vor bis zur Rezeption. Ich schnappte mein Geld und betrat das Häuschen. Schnell war der Betrag beglichen und ich wieder draußen.

Noch einmal blickte ich den Weg entlang zum Haupthaus. Es war niemand unterwegs. Ich atmete tief durch und stieg in mein Auto. Der Motor startete und der Wagen rollte langsam den Weg entlang vor zur Strasse.

Ich schaute noch mal in den Rückspiegel und konnte plötzlich Thomas erkennen.

Thomas

Nein, so durfte ich ihn nicht fahren lassen. Nicht so. Ich rannte wie ein Besessener zu seinem Platz, aber der war schon leer. Ich atmete kurz durch und rannte zur Rezeption. Mit Flip-Flops gar nicht so einfach.

Irgendwann hatte ich es satt und zog sie aus. Ich spürte die spitzen Steine kaum. An der Rezeption angekommen, sah ich nur noch die Rücklichter von Mike’s Auto, er fuhr gleich auf die Straße.

Meine Hände in die Seiten gestemmt, schwer keuchend, schossen mir die Tränen in die Augen. Warum habe ich mich nur wie ein Arschloch benommen? Jetzt war er weg… für immer.

Plötzlich leuchteten die Bremslichter auf, Staub wurde aufgewirbelt. Mein Atem stockte. Die Tür öffnete sich und Mike stieg aus. Noch immer stand ich total starr da. Im Gegensatz zu Mike, denn er rannte auf mich zu.

Irgendwo tief in mir drin, gab es einen Schub und ich rannte ebenso los. Wenige Sekunden später lagen wir uns in den Armen.

„Mike, es tut mir so Leid! Bitte fahr nicht!“

Meine Stimme klang weinerlich.

„Doch ich werde fahren…“

Erschrocken ließ ich von ihm ab. Ich verstand nicht und er lächelte auch noch. Er drehte sich um und lief zu seinem Wagen zurück. Er stieg aber nicht ein, sondern beugte sich nur in den Wagen, um wenige Sekunden später mit etwas in der Hand zu mir zurück zukehren.

„Schreibst du mir bitte Telefon, Handy und deine Adresse auf?“, sagte er leicht außer Atem und hob mir einen kleinen Notizblock entgegen.

„Öhm, ja gerne“, sagte ich immer noch etwas verwirrt.

Er beugte sich leicht nach vorne und so konnte ich seinen Rücken als Schreibunterlage nutzen. Schnell war alles aufgeschrieben. Er griff sich hinten an die Gesäßtasche und zog seinen Geldbeutel vor.

„Hier steht alles drauf“, sagte er und reichte mir eine Karte, „melde dich, wenn du wieder zu Hause bist.“

Mit großen Augen schaute ich ihn an, immer noch keines Wortes fähig.

„Schau nicht so. Wenn du wieder zu Hause bist, komme ich dich besuchen. Ich will ja den Mann, ich den ich mich beginne zu verlieben richtig kennen lernen!“

Die letzten Worte hallten in meinem Kopf nach und ich konnte nicht anders, als ihn an mich zu reissen und fest zu drücken.

„Danke“, hauchte ich.

Wir ließen einander los. Mit feuchten Augen schaute ich ihn an.

„Schick bitte eine SMS wenn du zu Hause angekommen bist“, sagte ich mit zitternder Stimme.

„Mach ich, versprochen“, erwiderte er mit breitem Lächeln.

Dann legte er seine Hand um meinen Nacken, zog mich zu sich und wenig später spürte ich seine Lippen auf den meinen.

Seine Zunge drang in mich ein und unsere Zungen fingen an, wie wild mit einander zu tanzen. Meine Knie wurden weich.

„Also dann… man sieht sich“, meinte er leicht keuchend.

Ich nickte.

„Ich meld mich“, sprach er weiter.

„Tu das… und Mike?“

„Ja?“

„Ich liebe dich“, hauchte ich.

„Ich weiß“, meinte er und hauchte mir nochmals einen Kuss auf die Lippen.

Dann drehte er sich um und lief wieder zu seinem Wagen. Immer wieder drehte er sich um und winkte mir lächelnd zu. An seinem Wagen angekommen, schickte er mir noch mal einen Handkuss, bevor er einstieg und den Wagen startete.

Mit einer Staubwolke hüpfte der Wagen auf die Straße und weg war er. Ich stand immer noch an derselben Stelle, seine Karte an mein Herz gedrückt und schaute ihm nach, obwohl er schon aus dem Sichtfeld war.

*** Ende ***

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