Boycamp IV – Teil 16

„Dann haben wir ihn hier hoch gebracht. Da kommt niemand hin und wir wollten ihn ja auch wieder zurückbringen.“

„Letzteres glaube ich dir nach deiner Aussage von vorhin nicht, aber gut erst mal. Ihr habt ihn hier oben angekettet und alleine gelassen.“

„Wo hätten wir sonst mit ihm hinsollen? Er war ja auch ganz lieb, hat sich streicheln lassen und das Futter gefressen.“

Nico grinste. Typisch Rick. Er wusste, dass er keine Chance hatte und spielte den braven Hund.

„Und warum das Ganze?“

„Wir sollten euch verunsichern.“

„Angst machen? Dass wir wieder abreisen? Aber dazu hätte es mehr bedurft. Was habt ihr für heute Nacht geplant? Ich will das sehr genau wissen.“

„Vergiss es, das ist ja jetzt vorbei.“

„Schön. Aber ich will es trotzdem wissen.“

Mirkas Kopf schien zu rauchen. „Ich habe Durst“, jammerte er dann.

Nico stand auf und brachte ihm die Flasche Branntwein. „Eigentlich hast du es nicht verdient, aber hier.“

Er setzte Mirka die Flasche an den Hals und hielt sie so lange, bis er hustete.

„Wohl bekomms.“

Dann zog er die Flasche wieder weg, so dass die stinkende Flüssigkeit auf Mirkas Jacke lief.

„So, und jetzt erzähl mal, was ihr geplant habt. Es nützt nichts, zu schweigen. Wir haben unendlich viel Zeit und mein Hund mag dich nicht. Vielleicht hat er nicht die Geduld wie ich, wer weiß. Es liegt also an dir.“

Mirka bemerkte anscheinend, dass er keine Wahl hatte.

„Es war nicht unsere Idee.“

„Aha. Wessen und was für eine Idee war das? Lass dir nicht alles aus der Nase ziehen, dazu habe ich überhaupt keine Lust.“

„Wir sollten nur.. ein kleines Feuer machen. Sonst nichts.“

Nicos Geduld ging langsam zu Ende und er spürte Durst und Hunger. Die Aufregungen hier hatten diese Bedürfnisse abgeschaltet, doch jetzt waren sie da.

„Wer? Wo? Wie? Ich frage das zum letzten Mal.“

„Einer von uns sollte die Klappe im Holzlager aufmachen. Da unten würde ein bisschen Holz liegen und wir sollten das anstecken. Da würde nichts passieren, hieß es.“

„Und wer bitteschön, wollte, dass ihr das macht und meint, es würde nichts passieren?“

Mirka druckste herum.

„Einer aus dem Dorf. Mehr sag ich nicht.“

„Aha. Dann ist einer von euch dort eingebrochen, um die Klappe aufzumachen.“

„Ich war’s nicht“, wehrte er sich.

„Nun, wir kriegen das raus, verlass dich drauf. Im Übrigen: Das sogenannte bisschen Holz hätte gereicht, um das gesamte Lager samt Haus abzufackeln. Das hat derjenige, der die Klappe aufgemacht hat, auch gesehen. Ich hoffe, du bist dir der Tragweite bewusst.“

Nico wurde wütend. Sie hätten alle dabei umkommen können. Der Beschreibung nach kam nur einer in Frage, und das war Steffen. Es mussten nur noch Beweise her. Der Nebel war wieder dichter geworden und es wurde bitterkalt, außerdem brach die Dämmerung herein.

Er fürchtete, man würde ihn hier kaum finden. Plötzlich lief Rick ein Stück vom Platz weg, nahm einen gewaltigen Anlauf und erklomm mit wenigen Sätzen den höchsten Punkt der Felsformation. Er schaute aus gut fünfzehn Metern Höhe hinunter zu Nico.

„Was machst du denn da oben?“

Rick setzte sich langsam hin und hob die Schnauze in den Himmel. Dann begann er zu heulen. Erst kurz und leise, dann lauter und länger. Schließlich lief Nico eine Gänsehaut über den Rücken und dann schlug er die Hände vor dem Gesicht zusammen.

Er hätte es wissen müssen: Rick war es, den sie letzte Nacht gehört hatten. Immer und immer wieder schickte der Hund sein Geheul in den tiefen Tannenwald, stemmte es gegen den Berg, den Nebel und die Dämmerung.

Mirkas Kopf war zur Seite gefallen, er war eingeschlafen. Ihn zu wecken hielt Nico für unmöglich, das würde eh einer Ohnmacht ähnlicher sein als Schlaf. Er durchsuchte die Sachen der Bande und fand genügend Proviant, um seinen Hunger zu stillen. Brot, Schinken, Wurst, Käse.

Ein paar Flaschen Bier waren das einzige, was an trinkbarem zur Verfügung stand, aber er war nicht in der Position, Wünsche zu äußern. Befremdlich fand er, dass es keine Taschenlampen gab. Somit war zu vermuten, dass diese Bande nur tagsüber hier oben war.

Nach etwa zehn Minuten stellte Rick sein Heulen ein und sprang vom Felsen. Er legte sich ganz eng neben Nico, der sich so dicht wie möglich an die Feuerstelle gesetzt hatte. Holz gab es genug, eigentlich dürfte eine Nacht unter diesen Umständen kein Problem werden.

Er hatte zudem das Glück, dass einer der Kerle seinen Parka hatte liegen lassen. Den zog er sich zusätzlich zu seinem über den Rücken, dann starrte er ins Feuer. Er kraulte Rick dabei und so ganz allmählich begann er sich mit Hilfe von ein paar Schluck Bier, auch sein tiefstes Inneres zu beruhigen.

Es war nicht auszudenken, was dieses Pack mit ihm gemacht hätte. Er wäre vielleicht nie wieder zurückgekommen. Gefahr drohte ihm jetzt nicht mehr, niemand würde näher als hundert Meter herankommen, ohne dass Rick das bemerken würde.

Er versuchte ein weiteres Mal, sein Handy zu wenigstens einem Anruf zu überreden, aber außer der Anzeige, dass der Akku leer wäre, bekam er keine Chance. Er hätte versuchen können, mit Rick den Weg zu finden, aber mit Sicherheit war man bereits auf der Suche.

Er wollte abwarten, notfalls die ganze Nacht und er wollte trotz allem Mika nicht alleine lassen. Nico war im sitzen eingeschlafen, die Erschöpfung hatte ihn überrannt. Er schreckte hoch, als Rick sich bemerkbar machte.

„Rick, was ist?“

Der Hund knurrte, spitzte die Ohren und stand langsam auf und blicke stur in eine Richtung, in der Nico aber nichts als Dunkelheit und Nebel erkennen konnte. Das Feuer war zusammengefallen, jetzt knisterte nur noch eine Glut in der Feuerstelle.

Rasch warf Nico trockenes Reisig und noch einige Holzscheite hinein, so dass die Funken nach oben wirbelten. Er stand auf und stierte angestrengt in die Dunkelheit.

Lange stand er so da, seine Ohren versuchten den Wind in den Baumwipfeln zu filtern, aber er konnte nichts Verdächtiges hören und erst recht nichts sehen.

Doch plötzlich raschelte etwas, das zu laut war, um von Blättern im Wind zu stammen und dann fuhr er zu Tode erschrocken zusammen. Er hatte mit vielen Dingen gerechnet, aber auf ein dermaßen lautes Hundegebell war er nicht gefasst.

Stocksteif stand er da und seltsamerweise blieb Rick ganz ruhig neben ihm stehen. Dann hörte er Stimmen. Viele Stimmen und laut wurden sie auch. Er hörte seinen Namen. Wenig später leuchtete es im Nebel auf, an der Stelle, von wo auch das Hundegebell kam.

„Nico?!“

Die ganze Spannung fiel von ihm, als er Steins Stimme erkannte.

„Hier bin ich!“

Jetzt tanzten Leuchtfinger aus dem Nebel heraus und im wieder aufflackernden Feuer sah Nico Leute auf sich zukommen. Falk Stein kam als erster soweit an ihn heran, dass er ihn erkennen konnte.

Doch plötzlich blieb er stehen. Nico kniete sich neben Rick und zeigte zu Stein hin.

„Er kann gar nicht glauben, dass du das bist. Geh und begrüße ihn.“

Mit zwei Riesensätzen sprang Rick zu seinem Herrchen und an ihm hoch. Dass Stein keinen Ton von sich gab, wunderte Nico nicht. Damit hatte er scheinbar überhaupt nicht gerechnet.

Stein ging langsam in die Knie und drückte den Hund an sich, während seine Begleiter auf Nico zukamen.

„Darf ich vorstellen: Das ist Herr Wiesner, der Förster hier. Ohne ihn und seinen Hund hätten wir dich nicht so schnell gefunden.“

Rainer Bode deutete auf den großen, eher hageren Mann neben ihm. So hatte man sich im Allgemeinen einen Förster vorzustellen, dachte Nico. Der grüne Lodenmantel bis zu den Waden, der Jägerhut mit Sauborsten auf einem geheimnisvoll wirkenden Gesicht.

Das Gewehr hatte er weidmännisch um die Schulter gehängt, im Schein des Feuers strahlte der Mann eine fast spürbare Ruhe aus und trotz seines sicher schon höheren Alters blitzten aufmerksame Augen aus dem wettergegerbten Gesicht mit dem weißen Bart.

Er reichte Nico die Hand, nickte aber nur. Neben ihm stand ein großer, brauner Jagdhund, zu dem sich Nico jetzt hinunter beugte und den Kopf tätschelte.

„Vielen Dank, es freut mich sehr. Wie heißt du denn?“

„Arko“, antwortete der Förster.

Neben Wiesner und Bode tauchte noch eine Gestalt aus dem Dunkeln auf. Ihn hier zu sehen, freute Nico ganz besonders. Er ging ein paar Schritte auf Vlado zu, dann standen sie sich wortlos gegenüber.

Ein Freund, dachte Nico, Vlado ist wirklich ein Freund. Nico öffnete die Arme und legte sie um seinen Körper, unverhohlen drückte er ihn fest an sich.

„Es ist schön, dass du hier bist.“

Vlado flüsterte ihm ins Ohr.

„Herr Stein hat nach der Sache mit dem Handy zuerst mich angerufen, er wusste ja nicht wo diese Felsen sein könnten, die du erwähnt hast. Es gibt eine ganze Menge davon hier in der Gegend und wir haben erst drei andere Stellen absuchen müssen.“

Er antwortete nicht und drückte Vlado nur noch fester an sich. Dann kam Stein auf die Gruppe zu. Nico hätte es vielleicht nicht sehen sollen, aber ihm entging nicht, dass sich Falk eine Träne aus dem Gesicht wischte.

Für Nico brach keine Welt zusammen, eher das Gegenteil. Falk musste zwar in der Lage sein, seine Gefühle zu beherrschen, das gehörte zum Job. Emotionen zu zeigen musste er vermeiden. Aber jetzt, in dieser Situation, spielte das keine Rolle.

Jeder wusste, wie sehr er an Rick hing und wie schwer diese Zeit für ihn gewesen war. Dann umarmte ihn Falk Stein. Worte fielen nicht, aber das hatten die beiden auch nicht nötig. Stein sah hinüber zu Mirka, der noch immer an der Felswand angekettet war.

Allerdings war er nun wieder bei sich und sah mit glasigen Augen zu der Gruppe herüber. Nico erzählte Falk, was hier passiert war.

„Hm, aber wir dürfen ihn nicht festhalten. Das ist so etwas wie Selbstjustiz.“

Nico wollte keine Rache für die Schläge, das hatte Rick für ihn erledigt. Dass sie den Hund entführt hatten war falsch, aber man würde das am Ende als Dummenjungenstreich abtun und die Sache mit der geplanten Brandstiftung musste erst bewiesen werden.

„Nein, Falk, das weiß ich, aber er hat was davon gesagt, dass sie in der kommenden Nacht einen Brand legen wollten. Sie waren es, die die Klappe im Holzlager aufgemacht hatten und angeblich soll sie einer aus dem Dorf dazu angestiftet haben.“

Steins Gesicht verfinsterte sich.

„Wir müssen irgendwie herausfinden, ob da was dran ist. Derjenige sollte mir allerdings besser aus dem Weg.“

„Gut, wie auch immer, ich denke diese Gefahr besteht nicht mehr. Die Bande wird es nicht mehr wagen und die Klappe ist eh zu. So schwer es dir auch fallen mag, geh und binde ihn los.“

Rick begleitete Nico zu Mirka hin. Der Rüde behielt ihn mit gebleckten Zähnen im Auge, als er losgebunden wurde. Mühsam stand er auf und lehnte sich mit wackligen Knien an die Felswand.

Sein hasserfülltes Funkeln in den Augen entging Nico nicht, aber er zog es vor, nicht zu reagieren und nichts zu sagen. Langsam setzte sich Mirka in Bewegung und je weiter er sich von dem Platz in die Dunkelheit entfernte, desto schneller lief er.

Schließlich verschluckte auch ihn die Nacht und der Nebel.

„Tja, das war einer der groben Sorte aus dem Dorf“, sagte Wiesner nachdenklich, als er an die Feuerstelle trat.

„Ich wusste, dass die hier ab und zu ihr Unwesen treiben. Am meisten ärgert mich, dass sie auch im Sommer hier Feuer machen, aber ich habe sie noch nie dabei erwischt. Diebesgut oder andere illegale Sachen habe ich auch noch nicht gefunden, ich hatte also nicht wirklich Grund, ihnen aufzulauern. Dass sie euren Hund gestohlen haben tut mir echt leid, aber ob man sie dafür belangen wird?“

„Die haben was von einer Felsspalte erzählt, da würde es einen Brunnen geben. Stimmt das?“

Wiesner lachte.

„Davon würde ich etwas wissen, ich kenne hier jeden Quadratzentimeter.“

Also hatte Mirka ihm nur Angst machen wollen, so wie er ihm mit Rick. Aber das spielte keine Rolle mehr. Stein riet schließlich zum Aufbruch.

„Wir sollten jetzt gehen, es ist ein gutes Stück zum Auto.“

Wiesner warf Erde auf das Feuer, bis nur noch leichter Qualm aufstieg, dann machten sie sich gemeinsam auf den Rückweg. Nico und Vlado liefen den drei Männern hinterher.

„Das war ganz schön knapp, sag ich dir. Ohne Rick wäre ich da nicht rausgekommen.“

„Glaub ich dir. Das Blöde ist, dass man denen nichts beweisen kann.“

„Was mich interessieren würde, ist, ob sie uns jetzt in Ruhe lassen. Ich meine, sie haben ja gemerkt, dass es nicht ganz so leicht ist wie die dachten.“

„Verlassen drauf würde ich mich nicht, Nico. Das ist eine ziemlich üble Bande und wenn die mal einen richtigen Hass haben, traue ich denen eigentlich alles zu. Ein Unsicherheitsfaktor ist ja auch der Unbekannte, der sie angeblich dazu angestiftet hat. Seltsamerweise glaube ich sogar daran.“

„Hast du vielleicht einen Verdacht, wer der Unbekannte sein könnte, Vlado?“

„Nicht wirklich. Aber es kann nur einen geben, der ernsthaftes Interesse daran hätte, euch sozusagen loszuwerden.“

„Der Strehler, oder?“

Vlado zog die Schultern hoch.

„Mutmaßungen helfen uns auch nicht weiter.“

*-*-*

Tee mit Rum war etwas, das Nico ein einziges Mal in seinem Leben probiert hatte, aber Gefallen fand er drin nie wieder. In dieser Nacht, als sie alle im Speiseraum beisammen saßen, spielte das keine Rolle mehr.

Der Rückweg hatte viel länger gedauert als er angenommen hatte und nun war er fast bis auf die Knochen durchgefroren. Erich Holzmann jedoch fackelte nach ihrer Ankunft nicht lange und stellte sich trotz später Stunde in Küche, um den Tee und belegte Brote aufzutischen.

Leo wurde regelrecht mit den Ereignissen bombardiert, hatte er doch das Haus hüten und auf die Jungen aufpassen müssen. Auch Vlado war mitgekommen, darum hatte ihn Stein ausdrücklich gebeten.

Er gehöre zu dem Suchtrupp und er hätte maßgeblich zum Erfolg beigetragen. Nun saßen er und Nico nebeneinander und er spürte neben der Kälte in sich plötzlich auch, dass er mehr als nur Angst gehabt hatte.

Es war Todesangst, bevor er auf die Idee mit dem Handy und Rick kam. Diese Geschichte war sowieso das Thema in jener Nacht. Nico verabschiedete sich dann auch als erster aus der Runde.

So gerne er noch mit Vlado zusammen gesessen wäre, er wollte nur noch in sein Bett. Er verabschiedete ihn unter Tür.

„Halte mich nicht für unhöflich, Vlado, aber ich bin am Ende.“

Vlado nahm ihn in den Arm.

„Mach dir keinen Kopf, ich kann mir denken, wie du dich fühlst. Wir telefonieren, okay?“

Nico umarmte ihn und klopfte ihm auf die Schulter.

„Vielen Dank, Vlado.“

„Nichts zu danken. Bis bald.“

Obwohl er sich auf dem Rückweg nichts sehnlicher gewünscht hatte als eine heiße Dusche, war er dazu nun kaum noch fähig. Zitternd zog er sich aus und stellte sich unter die Dusche. Danach ließ sich ins Bett fallen und zog die Decke bis über die Ohren.

Er begann sich elend zu fühlen und wollte nun nichts weiter als tief und fest schlafen.

Als er die Augen aufschlug war es bereits hell und er war sich sicher, in der Nacht von einem Zug überfahren worden zu sein. Sein Kopf dröhnte, er fror und schwitzte gleichzeitig.

Er richtete sich mühsam auf, ließ sich dann aber wieder stöhnend zurückfallen. So hatte er sich das Camp nicht vorgestellt und im Nachhinein verfluchte er diese Bande. Aber es änderte nichts.

Er stand auf und begab sich zur Toilette. Ihm war schwindlig und Übelkeit kam hinzu. So sterben manche Menschen, dachte er.

„Guten Morgen. Wie geht’s? Fehlt dir etwas?“

Mit fiebrigen Augen sah er zu Doktor Schnell hinüber, der plötzlich in seinem Zimmer stand. Er dürfte geahnt haben, wie es ihm nach dieser Nacht nun ging.

„Ich würde sagen, alles.“

„Na dann leg dich mal auf dein Bett, ich schau mir das genauer an.“

Der Arzt horchte ihn ab, leuchtete ihm in den Rachen und die Augen, maß Puls und Temperatur. Sein Gesicht wirkte danach etwas besorgt.

„Du hast dich unterkühlt und dir eine saftige Erkältung eingefangen. Ich würde sagen, sogar haarscharf an einer Lungenentzündung vorbei. Knapp achtunddreißig Grad, das muss man im Auge behalten. Ich gebe dir jetzt etwas, damit das nicht schlimmer wird und du ruhig schlafen kannst. Und eigenmächtig erweitere ich Herr Steins Befehl: Die nächsten zwei bis drei Tage Bettruhe. Nein, anders: Strengste Bettruhe!“

Er fragte nicht, ob das okay für Nico war, er befahl es wirklich. Widerstand war mit Sicherheit zwecklos, mit dieser Tatsache musste er sich abfinden. Überraschend erschien Vlado an der Luke.

„Kann ich reinkommen?“

Der Arzt nickte.

„Ja, ich bin mit der Untersuchung fertig. Nico, hier sind Tabletten und Tropfen. Ich hab dir aufgeschrieben, wie du sie nehmen musst. Und tut das auch, sonst kommst du nicht auf die Beine.“

„Schon klar, Danke, Herr Doktor.“

„Ich bleibe bei dir, wenn du willst. Es ist ja Wochenende“, hörte er Vlado sagen, nachdem Doktor Schnell gegangen war.

„Danke, aber das musst du nicht. Ich komm schon klar.“

Der Junge lachte.

„Wirklich? Ich fürchte eher, du bist so hilflos wie ein Maikäfer auf dem Rücken.“

Nico munterte das ein wenig auf und ganz allein sein war sicher auch nicht die beste Lösung.

„Wenn du unbedingt willst. Aber es wird garantiert tot langweilig, ich…“

„Spar dir deine Worte, Nico. Ich komm schon zu Recht.“

Vlado las den Zettel, den der Arzt geschrieben hatte, holte ein Glas Wasser und schüttete ein paar der Tabletten auf seine Hand. Eine davon steckte er frech in Nicos Mund und gab ihm das Glas.

„So, runter damit. Eine nach der anderen.“

Trotz dem Elend, das er in sich fühlte, machte es ihm Spaß, Vlado zärtlich auf die Finger zu beißen, wenn er eine der Pillen in seinen Mund legte. Danach ließ er sich ins Kissen fallen.

„Mann, bin ich kaputt.“

„Ja, aber nur vorübergehend.“

„Im Schrank ist das Notebook, falls du möchtest. Ich werde dich übrigens mit Sicherheit anstecken.“

„Tja, das ist dann Pech. Aber ich denke, ich bin doch schon ziemlich widerstandsfähig. So schnell haut es mich nicht um.“

Nico drehte sich auf die Seite und Vlado deckte ihn komplett zu. Dann beugte er sich zu ihm hinunter, gab ihm einen Kuss auf die Wange und fuhr ihm durch die Haare.

„Schlaf gut.“

Es war später Nachmittag, als Nico die Augen wieder aufschlug. Er fühlte sich nicht gut, sein Körper schien zu glühen. Langsam drehte er sich um und sah Vlado am Tisch vor dem Notebook sitzen. Vlado bemerkte ihn.

„Aha, na, wie fühlt man sich?“

„Wie eine matschige Pfütze.“

„Hast du Hunger?“

Nico winkte ab.

„Nein, bestimmt nicht.“

„Aber du solltest etwas essen. Dein Körper ist in Aufruhr, das kostet Energie.“

Etwas später knarrte die Treppe und Doktor Schnell kam ins Zimmer.

„Hallo ihr beiden. Ah, Nico, wie geht’s?“

„Besser, ein bisschen wenigstens.“

Der Doktor horchte ihn noch einmal ab und füllte erneut Pillen in den Becher.

„Du solltest eine Kleinigkeit essen. Die Pillen auf leeren Magen sind nicht so gut verträglich.“

„Siehst du, ich hab’s gleich gesagt. Ich geh mal runter zum Koch, dem fällt bestimmt was ein.“

Zusammen mit dem Arzt ging Vlado dann nach unten. Nico schlug die Decke zur Seite und stand langsam auf, der Gang zur Toilette erwies sich als anstrengender Marsch und bevor er wieder ins Bett kroch, lief er trotz Schwindelgefühlen zum Fenster.

Dann staunte er: Vor ihm breitete sich eine verschneite Winterlandschaft aus, auf dem Geländer draußen schätzte er gut fünf Zentimeter Schnee. Die Sicht ging ins weiße Nichts, so dicht fiel der Schnee.

Also hatte dieser Forumsschreiber, der das vorausgesagt hatte, recht behalten mit dem frühen Wintereinbruch. Und wenn er weiterhin recht behalten sollte, dann war das erst der Anfang.

„So, da sind wir.“

Vlado betrat das Zimmer, im Schlepptau Stein, Bode und Leo Meier. Und am Ende rannte auch Rick im Zimmer herum. Nico lächelte sie mühsam an, er freute sich zwar, sie alle um sich zu sehen, aber für wahre Freudenausbrüche reichte es nicht.

Leo schnappte sich Nico und bugsierte ihn an den Tisch.

„Jetzt wird erst mal etwas gegessen. Sonst fällst du uns noch auseinander.“

„Schneit es schon lange?“, wollte er dann wissen und begann zaghaft, die Suppe zu löffeln, die Vlado ihm hingestellt hatte.

„Seit heute Vormittag ununterbrochen. Aber der Räumer war schon hier oben, die sind ziemlich fix.“

Die Treppe knarrte und Holzmann erschien an der Luke.

„Ihr habt Besuch. Soll er raufkommen?“

„Wer ist es denn?“, wollte Stein wissen.

„Hauptwachtmeister Mosler.“

Sie alle sahen sich verwundert an und Nico verschluckte sich. Was konnte dieser Mensch bei dem Wetter an einem Samstagnachmittag von ihnen wollen?

„Wir kommen runter“, antwortete Stein und wandte sich Nico zu.

„Wage es nicht, dein Zimmer zu verlassen. Das ist eine dienstliche Anordnung. Vlado, ich mache dich verantwortlich, wenn Nico Dummheiten macht.“

Zusammen mit Bode und Meier verließ er das Zimmer. Vlado setzte sich neben Nico und schaute ihm beim essen zu.

„So, jetzt weißt du Bescheid. Keine Dummheiten, hast gehört?“

Nico lächelte gequält.

„Ihr seid lustig. Ich komm grad mit Mühe aus Klo und ihr fürchtet, ich würde mich vom Geländer abseilen.“

Vlado lachte und fuhr mit der Hand über Nicos Wangen.

„Und, schmeckt es?“

„Na ja, ein königliches Essen ist es nicht grade, aber es schmeckt sehr gut. Der Koch kann was.“

„Mosler… wenn der sich hier herumtreibt, stimmt etwas nicht“, murmelte Vlado nachdenklich vor sich hin.

„Sehe ich genauso. Bin mal gespannt, was der hier will.“

Aber Nico war nicht in der Lage, die Dinge abzuwarten. Nachdem er seinen Teller fast leer gegessen hatte, stand er auf und ließ sich wieder in sein Bett fallen. Die Pillenprozedur der Morgens wiederholte sich und wenig später schlief er wieder ein.

„Da geht es einem doch gleich viel besser“, grummelte Nico in sein Kopfkissen.

Er war durch einen sachten Kuss auf die Wange geweckt worden und sah Vlado in die Augen.

„Ich musste doch wissen, ob du noch lebst“, sagte er und fuhr ihm durch die verschwitzen Haare.

„Wie geht es dir?“

Er hielt seine flache Hand an Nicos Stirn.

„Starkes Fieber scheinst du ja nicht mehr zu haben.“

Nico setzte sich auf.

„So olala. Wie lange hab ich geschlafen?“

„Ziemlich genau achtzehn Stunden.“

„Wie bitte?“

„Tja, das war nötig, scheint mir. Ich hol dir jetzt erst mal was Vernünftiges zum essen.“

„Nein, Vlado, ich habe absolut keinen Hunger. Später vielleicht.“

Vlado half ihm, sich auf die Bettkante zu setzen.

„Wirklich nicht?“

Er schüttelte den Kopf, der sich immer noch matschig anfühlte, aber Schwindel schien ihm nicht zu drohen. Langsam stand er auf und schlurfte zum Fenster. Es schneite immer noch, aber nicht mehr so stark wie am Tag zuvor.

Allerdings fiel der Schnee nun fast Waagrecht, ein starker Wind war dazugekommen. Auf dem Balkon schätzte er, dass inzwischen wenigstens zwölf Zentimeter Schnee gefallen waren.

Kaum saß er wieder auf dem Bett, erschien Falk Stein im Zimmer.

Nico sah ihm sofort an, dass er nicht nur wegen eines Besuchs mitgekommen war. Stein setzte sich auf den Stuhl und sah ihn an.

„Dieser Mosler war ja gestern Abend noch hier“, begann er, „und mit dabei dieser Mirka Slowotitsch.“

Nico ahnte sofort nichts Gutes.

„Und, was war der Grund des Besuchs?“

„Dieser Slowotitsch hat Anzeige gegen dich erstattet. Wegen Körperverletzung und Freiheitsberaubung.“

Nico seufzte.

„So etwas Ähnliches hab ich schon befürchtet. Und, wie geht das jetzt weiter?“

„Na ja, das war noch nicht alles. Heute Morgen gab’s dann gleich noch eins drauf. Der örtliche Gebietsleiter vom Telefonanbieter war hier, natürlich mit Mosler im Schlepptau. Er bezichtigt dich und Vlado, den Zaun an der Sendeanlage beschädigt zu haben. Vlado scheint offenbar in Ungnade gefallen zu sein, weil er so oft hier heraufkommt.“

Nicos Augen verengten sich. Er hatte den Leuten hier einiges zugetraut, aber das nicht. Sein Blick ging sofort zu Vlado. Aber bevor er etwas sagen konnte, winkte der ab.

„Macht nichts. Ich hab auch schon vor euch keinen Draht zu denen gehabt, jetzt haben sie nur einen Grund gefunden, mich anzuschwärzen. Das stehen wir durch.“

Nico wurde nervös.

„Falk, die haben eine Kampagne gegen uns gestartet. Und dieser Mosler hängt voll mit drin. Der ist genauso gegen uns wie all die anderen auch.“

„So sehe ich das auch. Ich habe Mosler darauf aufmerksam gemacht, dass dich Slowotitsch geschlagen hat. Der hat natürlich sofort gekontert, dass es dafür keine Zeugen gäbe.“

„Aber dass ich ihn festgehalten habe, können seine drei Freunde bezeugen.“

„Genau so ist es. Und die würden das auch unter Eid aussagen. Okay, sie würden damit nicht lügen, aber damit steht es eins zu null für sie. Auch dass sie Rick gefangen hatten, können wir nicht beweisen, außer dir kann das niemand bezeugen. Die Sache mit dem Zaun an der Anlage könnte aber ein Pluspunkt für uns werden. Ich habe diesen Typen gefragt, woher er die Information hatte, dass du und Vlado selbst das gewesen seid, da hat er nur gesagt, er hätte seine Quellen. Da habe ich ihn aufgefordert, Hieb- und Stichfeste Beweise auf den Tisch zu legen.“

„Aha. Ich bin jetzt todsicher, dass der Mosler hier irgendwie im Dorf etwas zu schaffen hat. Das ist ein ganz hinterhältiger und korrupter Typ. Wie der Polizist werden konnte, ist mir schleierhaft.“

„Wenn es so ist, Nico, kriegen wir ihn mit dran. Wir werden jedwede Aussage verweigern, das hab ich ihm gleich gesteckt. Ich hab auch schon Professor Roth angerufen, der will so schnell es geht einen Anwalt schicken.“

„Weiß das der Mosler schon? Dem ginge dabei doch der Arsch auf Grundeis. Und ich wette, dass sie unser Anwalt gehörig in die Enge treibt. Roth schickt uns bestimmt keinen Winkeladvokaten.“

„Denke ich auch. Wie auch immer, wir warten ab. Jetzt nimmst du erst mal ein anständiges, heißes Vollbad. Es ist schon alles vorbereitet.“

Dabei legte Stein einen weißen Bademantel auf den Tisch, den er die ganze Zeit hinter seinem Rücken verborgen hatte.

„Ganz Standesgemäß und mit vielen Grüßen vom Hausherrn. Der wünscht dir auch gute Besserung.“

Nico bekam große Augen.

„Ein Vollbad? Ein Bademantel? Meine Güte, wie altmodisch.“

„Aber Zweckmäßig. Der Keller duftet schon nach frischen Heublumen.“

Steins Grinsen trotz der schlechten Nachrichten heiterte Nico ein wenig auf.

„Ich geh dann wieder nach unten.“

„Ähm Falk, was machen die Jungs heute eigentlich?“

„Die? Das hättest du erleben sollen. Erst haben sie den Schnee auf dem Vorplatz geräumt und sich dann eine Schneeballschlacht mit uns geliefert. Sie tauen jeden Tag ein Stückchen mehr auf.“

„Schade, da wäre ich gern dabei gewesen. Das ist jetzt richtig ärgerlich.“

„Ich denke, dafür kriegst du noch Gelegenheit. Jetzt iss, das Wasser da unten wird sonst kalt.“

Vlado setzte sich neben ihn.

„So ein verdammter Mist. Ich habe es geahnt, dass der Mosler aus Angst alles mitmacht. Den haben die unter Druck gesetzt.“

„Na ja, ich denke es ist erst mal wichtig, dass die jetzt mit solchen Sachen beschäftigt sind. Dann kommen sie wegen uns nicht auf neue, dumme Gedanken.“

Nico stand auf und hob den Bademantel vor sich.

„Der scheint auch noch zu passen. Aber altmodisch ist das trotzdem.“

„Du kannst ja auch nackt da runterlaufen. Die Frage ist, wie das ankommt“, grinste Vlado.

Nico grinste zurück, ließ den Bademantel fallen und zog sich ohne zu zögern aus.

Wie Gott ihn schuf, stand er dann da und stemmte die Fäuste in die Hüften.

„Du willst also behaupten, dass dieser olle Bademantel hübscher anzusehen wäre, als ich ohne?“

Vlado wurde etwas rot, das kam doch ziemlich überraschend.

„Nun ja, im Grunde hast du recht. Aber was werden die Jungen sagen? Ein nackter Betreuer im Haus.. Und wie mir scheint, geht es dir schon wieder sehr viel besser.“

„Das täuscht. Ohne Fieber würde ich so was gar nicht machen. Aber gut, diesmal dann halt nicht“, sagte er in gespielt beleidigtem Ton und zog den Bademantel an.

Danach nahm er sein Badetuch und seine Unterwäsche.

„Ich bin bereit.“

Vlado lachte.

„Okay, komm, ich bringe dich runter.“

Als sie die Treppe in den Keller hinunterstiegen, wehte ihnen tatsächlich ein Duft nach Blüten und frischem Heu entgegen.

„Wer ist denn eigentlich auf die Idee mit der Wanne gekommen? Das warst doch bestimmt du.“

Vlado schüttelte energisch den Kopf.

„Oh nein, das war die Idee eures Arztes. So gesehen hat er dir das sogar verordnet.“

„Aha. Na dann.“

Sie betraten den Keller und Nico tauchte die Hand unter den mächtigen Schaumberg in der Wanne.

„Aber er hat sicher nicht verschrieben, dass ich gekocht werden soll, oder?“

„Das ist die richtige Temperatur, das kommt dir nur so vor. Aber Nico, ich muss jetzt gehen, zu Hause warten sie auf mich. Du kommst ja alleine klar, oder?“

„Ja sicher. Und, vielen Dank für alles. Ich werde mich dafür revanchieren, wenn ich wieder richtig auf den Beinen bin.“

„Nichts zu danken. Gute Besserung, ich komme morgen gegen Mittag wieder. Wenn ich darf.“

Nico nahm ihn in den Arm und drückte ihn.

„Du darfst immer kommen, egal wann und wie lange. Pass auf bei dem Schnee.“

„Ich geh zu Fuß, fahren kann ich da mit dem Moped nicht mehr.“

Nico ließ den Bademantel fallen, stieg in die Wanne und setzte sich ganz langsam in das heiße Wasser. Der Schaumberg knisterte und sonst war es da unten im Keller totenstill. Er atmete tief durch, als er endlich saß und schloss die Augen.

Die Idee mit der Wanne war hervorragend. Er versuchte, an nichts zu denken, wollte einfach nur abschalten. Das heiße Wasser machte ihn träge und leicht müde, aber es gefiel ihm. Besser wurde ihm dadurch nicht, aber es war irgendwie leichter zu ertragen.

Nach einer Weile vernahm er Stimmen. Die Jungs, das war ihm sofort klar. Was sie jetzt unternehmen würden? Er würde auch lieber im Schnee toben als hier zu liegen.

Die Stimmen wurden lauter, außerdem war Gelächter zu hören.

Dann stand fest: Sie waren auf der Treppe in den Keller. Nico ließ sich soweit in den Schaumberg sinken, dass er grade noch darüber hinwegsehen konnte. Benjamin kam zuerst in den Kellerraum.

„Nach was riechts denn hier unten?“

„Komisch, das war doch sonst nie“, stellte Ruben daraufhin fest.

Sie sahen sich wohl um, aber nicht gründlich genug. Dann tauchten auch Jonas, Sascha, Maik und Timo auf. Alle hatten Handtücher dabei und waren offenbar im Begriff, zu duschen.

Nico schielte an dem Schaumberg vorbei, sie hatten ihn noch nicht bemerkt.

Die Wanne stand abseits an der Wand und die war wie die Wanne und der Schaum weiß. Außerdem fiel dort hinten nur wenig Licht hin. Ungeniert zogen sie sich praktisch vor seinen Augen aus und Nico musste über diese Situation nun doch schmunzeln.

Sein Blick blieb bei Maik hängen. Nico hatte die Szene an der Hundehütte nicht vergessen und nun konnte er sich davon überzeugen, dass alles echt war, was sich in seiner Hose abgebildet hatte.

Maik war da in der Tat gut ausgestattet und Nico spürte plötzlich wieder andere Dinge als nur Krankheit und Ärger. Rasch wechselte er seinen Blick, denn Maik gegenüber streifte Jonas seinen knappen Slip herunter.

Es war im Grunde eine Augenweide, welche Figur er abgab. Selbst auf die Gefahr hin, dass sie ihn gleich entdecken könnten, ließ er seine Augen dann durch das Grüppchen schweifen.

Sascha hatte einen sehr schönen Körperbau, athletisch fast.

Er wie auch Benjamin und Ruben waren eher normal bestückt, was ihre Glieder anging. Jonas dagegen viel ihm jetzt durch einen recht fülligen Hodensack auf, auch sein Penis hing relativ lang herab.

Vielleicht hatte er vorher nicht darauf geachtet, aber als er sich jetzt vorstellte, dass er neben ihm gelegen hatte, ging sein Puls um einige Schläge nach oben. Er musste seinen Blick abwenden und an etwas anderes denken, ganz allmählich wurde die Situation nun doch etwas prekär.

Denn tief in seinem Hirn zeichnete sich die Möglichkeit ab, dass Jonas in der Anfangsphase eine Erregung war, wo ein Penis erst länger wurde, bevor er aufzusteigen begann. Nico schimpfte sich zwar erst einen ausgesprochen üblen Spanner mit einer überaus schmutzigen Fantasie, aber dann entschuldigte er sich damit, dass er sich nicht bewusst in diese Situation begeben hatte.

Sie unterhielten sich offenbar über die Schneeballschlacht und es war im allgemeinen Durcheinander wohl eine gewisse Begeisterung herauszuhören. Es ging ihnen gut, das war Nicos Eindruck.

Es war gut so, denn sie mussten ja wieder mal ins wirkliche Leben zurück und da sah es ja nicht unbedingt auch so rosig aus. Aber warum sollten sie sich ausgerechnet jetzt Sorgen darum machen?

Sie waren hier und es war jetzt. Gemeinsam verschwanden sie in den Duschkabinen, Wasser begann zu rauschen und die Stimmen wurden lauter. Lachen war dabei und dann fand es Nico an der Zeit, sich dünn zu machen.

Mit Glück würden sie von seiner Anwesenheit nichts bemerkt haben.

Langsam stand er auf, stellte die Handdusche an und brauste sich den Schaum vom Körper. Dann stieg er aus der Wanne und wollte gerade nach seinem Handtuch greifen, als er plötzlich ein Kreischen hörte und während er völlig nackt vor der Wanne stand, rannten Maik, Jonas und Sascha aus den Duschen und jagten sich mit Gegröle um die Holzbänke.

Dabei griffen sie ihre Handtücher und fuchtelten wild damit herum. Maik blieb dann als erster stehen. Er starrte etwas ungläubig zu Nico hinüber, dann sahen ihn auch Sascha und Jonas.

Nico spürte, dass er rot wurde, in so einer Situation hatte er sich bislang nur einmal befunden. Aber da war es freiwillig. Jetzt stand er da, splitternackt wie die Jungs selbst und das völlig überraschend. Er wusste natürlich, dass er nichts zu verbergen hatte und jetzt in Panik zu geraten fand er kindisch. Langsam bückte er sich nach seinem Handtuch.

Die Jungs standen immer noch da, außerdem kamen jetzt noch Jonas und Benny dazu. Die Situation war so komisch, dass sich Nico ein breites Grinsen nicht ersparen konnte. Von einer Sekunde zur anderen geriet er irgendwie auf ihre Seite, jedenfalls war das so sein Gefühl.

„Was machst du denn in der Badewanne?“, fragte Maik immer noch verwundert.

„Angeln“, antwortete Nico süffisant.

Das Lachen und Gelächter war auf seiner Seite.

„Nein, ich hab mir ne lausige Erkältung eingefangen und da ist ein heißes Vollbad nicht verkehrt. Ich wusste ja nicht, dass ihr hier gleich einfallen würdet wie die Heuschrecken.“

„Oh, geht es wieder?“, wollte Sascha wissen.

„Besser als gestern schon.“

Es entging ihm nicht, dass Jonas eher weniger belustigt aussah. Er blickte ziemlich stur zu ihm herüber und Nico kannte diesen Blick. Er benutzte ihn selbst, wenn er hin und wieder einen Mann mit den Blicken auszog. Scannen. Und genau das traf jetzt auf Jonas zu.

Nur hatte er den Vorteil, dass er sich kein Kleidungsstück wegzudenken brauchte. Nico vermochte nicht zu sagen, ob ihm das unangenehm war. Jonas‘ anziehendem Körper auszuweichen fiel ihm schwer und so sahen sie sich sekundenlang intensiv an.

 

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