„Was war das jetzt?“, fragte Isaak, genauso erstaunt wie ich.
„Einer meiner Exschüler.“
Isaak setzte sich und lächelte.
„Ich vergesse immer wieder, dass du in deinem früheren Leben mal Lehrer warst. Und was wollte er von dir?“
„Wir haben uns zufällig getroffen, am Eingang zum Covent Garden…“
Ich umrundete die Theke wieder und nahm meinen Platz ein. Das Bistro war noch leer, aber gegen sieben Uhr würde es anfangen sich zu füllen, da würde auch Connor kommen, jemand Neues den Riley eingelernt hatte.
„Zufällig?“
„Naja, ich denke schon, ich habe ihn seit drei Jahren auf der Schule nicht mehr gesehen, als ich dort wegging.“
„Und über was habt ihr beide gesprochen, als ich hereinkam?“
„Sein Coming Out.“
„Höchst interessant!“
„Und er hat mir seine Liebe gestanden.“
„Oha…“
*-*-*
Ich war froh, als die Gäste endlich gegangen waren. Isaak war auch hinter die Theke gekommen, nach dem wir merken, das Connor doch nicht so gut eingelernt war und ich noch mit bedienen musste.
Isaak ließ sich auf einer der Hocker fallen, während Conner noch die Tische reinigte.
„Danke!“, meinte ich zu Isaak und stellte ihm ein Cocktail hin.
„Oh, was ist das?“
„Etwas Erfrischendes und gut für die Nerven.“
„Genau was ich jetzt brauche.“
Ich prostete ihm zu, denn ich hatte mir dasselbe Getränk gemacht.
„Ich bin dann mit den Tischen fertig“, meinte Connor unsicher zu mir und stellte seinen Putzeimer ab.
„Gut, dann zeig ich dir noch schnell, wie man das Frühstück eindeckt und dann kannst du heimgehen.“
„Oh danke.“
Die nächsten zwanzig Minuten war er dann damit beschäftigt, die Tische für Morgen einzudecken.
„Vergiss bitte nicht noch die Blumen zu gießen!“, rief ich ihm noch zu.
„Wird erledigt.“
Man könnte meinen, du machst sonst nichts anderes“, meinte Isaak und stellte sein leeres Cocktailglas ab.
„Noch einen?“
„Willst du mich abfüllen?“, kicherte er.
„Warum nicht“, grinste ich zurück, „wir können aber noch einen kleinen Kaffee genießen.“
„Dagegen hätte ich nichts einzuwenden.“
So machte ich mich daran uns zweien noch einen Kaffee zu fertigen.
„Ich habe alle Tische eingedeckt“, kam es von Connor.
„Gut, dann bist du für heute Abend fertig.“
„Könnte ich vielleicht auch noch einen Kaffee haben?“
„Kein Problem.“
Wenig später saßen wir alle drei an der Theke und genossen unseren Kaffee?
„Machst du das hier schon lange?“, fragte mich Connor.
„Ich bin nur aushilfsweise hier und ab und zu seit drei Jahren.“
„Du bist hier nicht fest angestellt?“
Isaak kicherte, ihm war wohl der Cocktail doch mehr zu Kopf gestiegen, als er zugeben wollte.
„Nein, ich bin sozusagen ein freier Mitarbeiter.“
„Und davon kann man Leben?“
„Ein wenig…“
„Mir wäre das zu wenig, wenn ich später mal richtig verdiene, nach dem Studium, möchte ich mir auch richtig was leisten können.“
Wieder kicherte Isaak und ich atmete genervt aus.
„Keine Sorge Connor. Ich knabbere bestimmt nicht am Hungertuch. Dies hier ist nicht meine einzige Einnahmequelle und wenn du es wissen willst, ich habe ebenfalls studiert und bin mit dem zufrieden, was ich habe.“
„Hört, hört“, kam es kichernd von Isaak.
Ich schaute zu ihm und zog eine Grimasse, was bei ihm ein Lacher erzeugte. Gedanklich notierte ich mir, dass Isaak anscheinend keine Cocktails vertrug.
„So ihr zwei trinkt aus, ich möchte den Laden schließen, wenn ihr nichts dagegen habt.“
Connor stand auf und spülte die drei Tassen weg.
„Die Bilder die da hängen, für was sind die?“, fragte er plötzlich.
„Das ist ein Adventskalender“, grinste Isaak.
„Ein Adventskalender…? Da fehlen aber ein paar Bilder?“
„Wie fehlen…, was meinst du?“
„Heute ist der fünfzehnte und da sind erst zwölf Bilder beschriftet.“
Ja, das ist auch ein besonderer Adventskalender, man muss erst herausfinden, wo das Bild gemacht wurde, dort hingehen und dann kommt die Überraschung“, erklärte Isaak im ernsten Ton, aber nicht ohne danach wieder zu kichern anzufangen.
„Also stehen drei Überraschungen aus“, sagte Connor und schaute die Bilder genauer an.
„Ja, aber nicht mehr heute!“, sagte ich und löschte die Lichter im Gastraum.
„Hast du etwas zu schreiben, denn das hier ist das Corinthia Hotel, da habe ich mich nämlich auch beworben, aber denen war ich nicht vornehm genug.“
„Aha“, meinte ich, während Isaak wieder anfing zu kichern.
„Und das hier scheint das Skylon zu sein, liegt im Süden unterhalb der Themse, eine gute Bar und man kann dort lecker Essen.“
Mittlerweile hatte ich mir die Notizzettel geschnappt und aufgeschrieben, was Connor von sich gegeben. Isaak war aufgestanden und hatte sich neben Connor eingefunden.
„Noch eins?“, fragte er Connor.
„Ich weiß nicht recht, aber dass sieht mir nach der kleinen Bar im Royal Opera House aus.“
„Stimmt Jack, da war ich auch schon zweimal drin nach einer Vorstellung. Das mir das nicht früher aufgefallen ist.“
„So, jetzt stimmt es wieder… fünfzehn Bilder. Wann habe ich wieder Dienst?“
Ich schaute auf.
„Da rufst du morgen am besten Riley an, ich kenne seinen Dienstplan nicht.“
„Okay, dann bis zum Nächsten Mal, vielleicht fällt mir noch etwas ein.“
Er griff nach seiner Jacke, warf sie sich über und schon war er aus dem Bistro verschwunden.
„Ein kleiner Süßer“, meinte Isaak und ließ sich wieder auf einen Barhocker nieder.
„Ich wusste gar nicht, dass du auf Kinder stehst.“
„He, er ist achtzehn.“
„Viel zu jung für dich“, grinste ich und machte im hinteren Bereich ebenso die Lichter aus.
Danach half ich Isaak in seine Winterjacke und schob ihn Richtung Ausgang.
„Was machen wir jetzt noch?“, fragte Isaak, während ich das Gitter vor der Tür herunterzog und verschloss.
„Ich dachte, du möchtest heim.“
„Ach was, es ist gerade so schön mit dir.“
„Soso. Und was schwebt dem Herr so vor?“
„Du hast erzählt, du hast deine Wohnung dekoriert, darf ich mir das anschauen?“
„Warum nicht, einen Kaffee kannst du dort übrigens auch noch bekommen.“
„Sehr freundlich von dir und ich werde dann nachher sofort auf dieses Angebot zurück kommen.“
Ich lief los und Isaak hängte sich bei mir ein. Ich grinste ihn an. Wir mussten einen anderen Weg gehen, denn zu dieser Stunde war nur noch ein Seiteneingang zum Covent Garden geöffnet, da ja die regulären Verkaufsgeschäfte und Stände schon lange geschlossen hatten.
*-*-*
Mir war etwas kühl, als ich erwachte. Der Grund war schnell gefunden, ich war fast meiner Decke beraubt. Der Übeltäter war auch schnell gefunden. Es war Isaak, der neben mir lag und sich tief in die große Decke eingekuschelt hatte.
Nein es nichts passiert, nicht wie du denkst. Isaak hatte keine Lust mehr nach Hause zu laufen und in diesem leicht angetrunkenen Zustand wollte ich ihn auch nicht alleine Hause lassen. Ja genau, ich bin eben ein Mensch mit Herz!
Ich zog etwas an der Decke, damit ich mich wieder bedecken konnte. Isaak drehte sich brummend herum und gab nun ein Stück frei. Er hatte einer meiner Pyjamas an. Plötzlich öffnete er ein Auge.
„Morgen…“, brummte er.
„Morgen Isaak.“
„Wie…, wie kommst du in mein Bett?“
„…ähm…, das ist mein Bett.“
Er fuhr hoch.
„Wie ist das passiert? Ich kann mich an nichts mehr erinnern.“
„Kann ich mir gut vorstellen. Nachdem du meinen Nusslikör noch halb geleert hast, war mit dir fast nichts mehr anzufangen.“
„Du wolltest mit mir…?“, fragte Isaak entsetzt und zog die Decke vor die Brust, als wolle er sie verdecken.“
„Quatsch! Du hast dich sogar im Bad alleine umgezogen.“
„Aha…, und jetzt?“
„Wir wäre es mit Frühstück?“
„Guter Gedanke.“
„Bei Riley, oder hier?“
„Wenn du nichts dagegen hast und nicht extra einkaufen musst, dann lieber hier.“
„Wie der Herr wünscht“, sagte ich lächelnd und stand auf.