„Ihr hättet ruhig anrufen können, ich hätte meinen Onkel auch gerne kennen gelernt“, meinte Jayden trotzig.
Ich hatte eigentlich nicht vor, von Mason zu erzählen, denn ich wollte Jaydens Onkel nichts vorwegnehmen. Es war Gregorys Schuld, der sich bei Sabrina verblabbert hatte, dass er vielleicht bald neue Mieter nebenan bekommen würde.
„Keine Sorge, Jayden! So wie ich das verstanden habe, will Mason heute sich mit deinem Vater treffen“, erklärte ich.
„Noch zwei Jungs, das kann ja heiter werden!“, war alles, was Molly dazu sagte.
„Wen meinst du?“, fragte Sabrina.
„Sie meint sicher Stan und Niklas, die Söhne von Mason. Sie sind ihre Cousins und die werden sich sicher in unsere ach so erhabenen Clique eintauchen“, grinste ich.
„Glaubst du wirklich, dass die mit uns etwas zu tun haben wollen, wie alt sind die überhaupt?“, fragte Sabrina.
„Warum nicht? Sie sind siebzehn wie wir und reale Zwillinge und wenn sie wirklich zu uns ziehen, wenn werden sie sonst kennen lernen außer uns?“
Gregory grinste.
Das einer davon schwul war, wollte ich in der Runde nicht sagen, weil mir zu viele in unserer Nähe standen.
„Gehen die dann auch in unsere Klasse?“, fragte Jayden.
„Glaube ich nicht, so kurz vor den Prüfungen“, antwortete Gregory.
„Ich kenne mich mit dem amerikanischen Schulsystem nicht aus, aber ich denke, es ist unserem nicht unähnlich“, fügte ich hinzu.
Der Pausengong erinnerte uns, warum wir hier im diesem ehrwürdigen Gebäude waren und so setzten wir uns in Bewegung.
*-*-*
So ähnlich lief es auch in der restlichen Woche. In Mathe bekam ich natürlich die Bestnote und auch das Lernen mit Gregory machte sich bemerkbar. Er freute sich über die hoch erlangte Punktzahl.
Einziges Ärgernis, jemand hatte einen Virus in den Klassenchat eingeschleust und somit waren unsere Handys unbrauchbar geworden. Gregory ärgerte sich mehr über die entstehenden Kosten es wieder in Gang zu kriegen, als über den Virus selbst.
Wer letztendlich dafür verantwortlich war, konnte keiner sagen. Als Gregory und ich später von der Schule nach Hause kamen, wunderten wir uns über den Polizeiwagen vor unserem Haus. Spätestens, als wir den Laden betreten wollten und dieser verschlossen war, machten wir uns dann doch Sorgen.
Wir umrundeten das Haus und betraten es durch den herkömmlichen Eingang. Gregory erschrak etwas, als er die Tür aufschloss und dort ein Uniformierter vor ihm stand. Er fragte sofort, wer wir wären und ob wir uns ausweisen können.
Verwirrt aber auch ängstlich schauten Gregory und ich uns an.
„Ähm…, ich bin Jack Newbury und dass ist mein Cousin Gregory Hamilton, wir wohnen beide hier.“
„Entschuldigen sie Vorsichtsmaßnahme…“, sagte der Officer und wies uns an, die Treppe hoch zugehen.
„Was ist hier los?“, fragte mich Gregory leise, als wir dire Treppe hinauf liefen.
„Ich weiß es nicht“, antwortete ich und bemerkte, wie Gregory sich an meiner Jacke festhielt.
Die Wohnungstür stand offen, so entschieden wir uns, erst die Wohnung aufzusuchen, bevor wir in den Laden gingen.
Dort erwartete uns die nächste Überraschung. Mum standen dort mit zwei weiteren Officers im Flur.
„Mein Gott, da seid ihr ja endlich, warum habt ihr nicht geantwortet? Ich habe versucht euch anzurufen!“, rief Mum als sie uns sah.
Weinend fiel sie mir um den Hals.
„Sorry…, ein Virus hat unsere Handys platt gemacht“, antwortete ich, „was… was ist denn los?“
„Ein Virus?“, fragte nun einer der Officer.
„Ja, die ganze Klasse… ist davon betroffen“, erklärte Gregory unsicher.
„Jayden ist entführt worden…“, kam es plötzlich von meiner Mutter.
Geschockt sah ich sie an. Gregory ging es wohl nicht anders.
„Der… der war doch noch vorhin mit uns in der Schule…, wann soll… das passiert sein?“, fragte ich fassungslos.
Ich schaute zu Gregory, der wild nickte.
„Ihr Onkel hat uns davon in Kenntnis gesetzt, dass wohl ein schwarzer Van neben den Geschwistern gehalten hatte…“
„…mein Gott Molly, was ist mit ihr?“, fiel ich dem Officer ins Wort.
„Sie ist in Sicherheit, es wurde nur ihr Bruder ins Auto gezerrt und sie weggestoßen!“
Das alles musste in der Stunde passiert sein, die wir nach Hause brauchten und uns davor von den Geschwistern vor der Schule getrennt hatten. Wie immer ging Sabrina mit den beiden und Gregory und ich liefen zu unserer Bushaltestelle. Sabrina, Mist!“
„Und was ist mit Sabrina?“, fragte ich.
„Sie meinen das Mädchen, das bei den beiden war?“
Ich nickte. Mum hatte sich etwas gefangen und stand nun zwischen Gregory und mir.
„Sie hatte wohl Glück im Unglück. So viel wir wissen, musste sie noch einmal zurück in die Schule, weil sie etwas vergessen hatte. Als sie zurück kam, fand sie die Schwester am Boden liegend vor. Sie war es auch, die mit Hilfe des Handys der Schwester, den Vater und auch die Polizei verständigte.“
„Ihr Handy geht auch nicht mehr“, sagte Gregory leise.
„Und das ist jetzt alles in dieser einen Stunde passiert?“, fragte ich ungläubig.
Der Officer nickte.
„Und… warum sind sie jetzt hier?“, fragte ich.
„Onkel Henry hat euch erwähnt, dass ihr vielleicht auch in Gefahr sein könntet“, antwortete Mum.
Gregory bekam weiche Knie. Es setzte ihn einfach auf den Boden. Aber ich war genauso entsetzt wie er. In meinem Kopf tauchte plötzlich ein Name auf.
„Timothy…“, sagte ich leise.
Die beiden Officers schauten mich an.
„Ich hätte mehr auf dich hören sollen“, entschuldigte sich Mum neben mir.
„Sie kennen Timothy Finley?“, fragte nun der Officer.
„Ja…, das heißt nein. Wir hatten nach den Ferien einen neuen Lehrer auf unserer Schule, der uns gleich ab den ersten Tag das Leben schwer machte. Erst später erfuhren wir, dass er einen falsche Namen benutzte und Jaydens und Molly’s verschwundener Onkel war.“
„So etwas Ähnliches hat uns schon ihr Onkel berichtet. Sie denken, es war er?“
„Wer sollte es sonst sein?“, fragte ich und wunderte mich, wie ich immer noch so ruhig bleiben konnte.
Ich war zwar entsetzt, wie die beiden anderen, aber doch um einiges gefasster, als Mum und Gregory. Mum und der andere Officer halfen Gregory wieder auf die Beine.
„Können wir uns vielleicht irgendwo setzten?“, fragte der Officer, der die ganze Zeit Fragen stellte.
Mum zeigte Richtung Wohnzimmer.
„Entschuldige, wenn ich frage…, hier sieht alles so neu aus…?“
„Wir sind erst hier eingezogen“, fiel ihm Mum ins Wort und ging als erstes ins Wohnzimmer.
Ich entledigte mich meiner Jacke und ließ den Rucksack auf den Boden gleiten. Gregory tat es mir gleich und dann folgten wir den dreien.
„Und ihnen ist nichts Verdächtiges aufgefallen, als sie die Schule verließen?“
Ich schüttelte den Kopf.
„Und wieso kommen sie auf diesen Timothy Finley und was meinte ihre Mutter damit, sie hätte ihnen glauben sollen. Ist schon einmal etwas geschehen?“
Ich sah zu Mum, aber sie nickte nur.
„Ich weiß nicht…, ob ich das einfach so erzählen kann…“
„Jeder Hinweis könnte wichtig sein…“, meinte der Officer.
So erzählte ich die nächste viertel Stunde über die Vorkommnisse in der Familie zwischen Weihnachten und Neujahr, die hauptsächlich Olivia betrafen. Dass ich schwul war, verschwieg ich, dafür äußerte ich die Vermutung, dass Timothy seiner Schwester wohl geholfen hatte.
Unterbrochen wurde ich von dem Kollegen, der uns an der Haustür empfangen hatte. Er meinte ein Mason Finley wäre hier, er wäre von Mr. Newbury hergeschickt worden.
„Mason ist hier?“, fragte ich.
„Schicken sie ihn herein!“, meinte der Officer, der bei uns saß.
*-*-*
Die Polizei war gegangen. Mit Mason im Haus dachten die wohl, wir wären sicher. Mum tupfte sich Tränen mit dem Taschentuch weg.
„Wird es je ein Ende haben…?“, sagte sie leise.
„Ich weiß es nicht, Charlotte und ich ärgere mich, dass ich nicht schon früher wieder Kontakt zur Familie aufgenommen habe.“
„Ich denke…, du hattest genug um die Ohren…, mit deiner Frau und den Kindern.“
Gregory half mir Tee zu kochen, er versuchte es zumindest. Seine Hände zitterten so sehr, dass er mehr Wasser neben die Tassen goss, als hinein.
„Komm, gib her, bevor du dich noch verbrennst!“, meinte ich und nahm ihm vorsichtig den Wasserkocher aus der Hand. Nachdenklich schaute er ins Leere.
„Ich… ich verstehe das nicht…, wie kann man nur so gierig auf Geld sein…?“, murmelte er leise vor sich hin.
„Wie Großvater schon sagte, Geld verdirbt den Charakter…!“
Gregory sah mich an.
„Er hat auch Geld und ist nicht so!“
„Aber auch er hat Fehler gemacht…, die indirekt mit dem Geld zu tun hatten.“
„Kids, es bringt nichts, wenn ihr euch darüber den Kopf zerbrecht“, hörte ich Mason hinter uns sagen, „mein Bruder war in der Beziehung schon immer schwierig.“
Ich gab Gregory Handzeichen, das er die Tassen auf den Tisch stellen sollte.
„Hattest du deswegen früher auch schon Ärger mit deinem Bruder?“, fragte Mum.
„Nicht nur deswegen!“
Ich wischte noch die Arbeitsfläche ab, bevor ich mich dann auch an den Tisch setzen konnte.
„Schon als zehnjähriger brachte er lautstark seine Meinung zur Geltung, dass er Olivia und mir gegenüber benachteiligt wäre. Sei es wegen Taschengeld, oder bei Geschenken an Geburtstagen oder Weihnachten.“
Daraufhin sagte Mum nichts, sondern schüttelte nur den Kopf.
„Der Ärger begann erst richtig, als Vater ein Internat zur Sprache brachte. Da wurde Timothy erst richtig unerträglich.“
„Wie hat Olivia darauf reagiert?“, wollte Mum wissen.
„Sie hat schon damals zu ihrem kleinen Bruder gehalten. Gab es etwas für uns, hat sie immer mit ihm geteilt. Im Endeffekt hatte Timothy immer mehr, als Olivia und ich zusammen.“
„Deswegen habe ich Timothy nicht kennen gelernt. Er war da schon auf dem Internat?“
„Kann ich nicht sagen, weil er es nicht lange auf dem Internat ausgehalten hat und einfach abgehauen ist.“
„Wie alt war er da?“, fragte ich aus reiner Neugier.
„Siebzehn…“
„Ein Jahr jünger als wir“, sagte ich eher leise zu mir.
„Ja… und seitdem galt er als vermisst. Dass Olivia anscheinend den Kontakt zu ihm gehalten hatte, davon wusste keiner etwas.“
„Dann hat sie sich nicht anmerken lassen“, sagte Mum, „mir gegenüber war sie immer nett und hilfsbereit. Aber du warst dann auch irgendwann verschwunden…“
Olivia nett und hilfsbereit, das konnte ich mir nun wirklich nicht vorstellen.
„Ja, weil mir alles zu viel wurde. Timothy eine Enttäuschung…, Olivia nicht geeignet, sollte ich die väterliche Praxis übernehmen. Leider merkte ich viel zu spät, dass mir das Studium für Allgemeinmedizin und alles was daran hing, überhaupt nicht lag.“
„Du hast Medizin studiert?“
„Fast zwei Semester, bevor ich abgebrochen hatte. Vater hat das absolut nicht verstanden und dann kam es zu diesem großen Krach. Olivia war da auch keine Hilfe. Sie stand voll hinter ihrem Vater.“
Ich war so vertieft, Masons Worte zu lauschen, dass ich regelrecht zusammen zuckte, als ein Handy sich bemerkbar machte. Mason griff in die Innentasche seines Jacket.
„Ja?“
Mason lauschte kurz seinem Gegenüber, bevor er uns mit seinem lauten „Wirklich?“, erneut erschreckte.
„Wie geht es dem Jungen?“
Meinte er etwa Jayden, war er wieder frei?
„Das freut mich zu hören…“
Gespannt starrte ich zu ihm.
„Eigentlich habe ich keine Lust ihn zu sehen, aber mir wird nichts übrig bleiben!“
War damit Timothy gemeint?
„Gut, ich richte es Charlotte aus. Wir sehen uns dann morgen! Bye Henry!“
Mason drückte das Gespräch weg und ließ sein Handy wieder verschwinden.
„Jayden konnte befreit werden und bis auf den Schock, geht es ihm gut!“, strahlte uns Jaydens Onkel an.
Mum atmete tief durch.
„Gott sei Dank ist Jayden nichts passiert, aber wie…“
„Der Transporter“, fiel ihr Mason ins Wort, „durch die Verkehrsüberwachung, konnte der Transporter anscheinend schnell ausfindig gemacht werden. Mein Bruder war immer vorschnell mit seinen Entscheidungen, hat nicht groß darüber nach gedacht, was er macht und vor allem, wie er etwas ausführt.“
Mum und mein Blick trafen sich kurz. Da hatten Timothy und ich anscheinend etwas gemeinsam, leider.
„Es gab wohl einen Schusswechsel, bei dem mein Bruder verletzt wurde…“, Mason hielt kurz inne, „aber daran ist er wohl selbst schuld. Bin ich ein Unmensch, weil ich mir keine Sorgen um ihn mache?“
„Sicherlich nicht und durchaus verständlich…, aber er ist immer noch dein Bruder…“, sagte Mum.
Gregory schien zu auch etwas zu entspannen. Er sank leicht in sich zusammen und Tränen liefen über seine Wangen. Ihm war wohl das alles sehr nahe gegangen. Ich griff nach seiner Hand und drückte sie, er schaute zu mir.
„Darf ich heute Nacht bei euch schlafen? Ich möchte ungerne alleine in die Wohnung da oben schlafen.“
Durchaus nachvollziehbar, mir ging es nicht anders, nur ich hatte Mum. Ich wollte darauf etwas antworten, aber Mum war schneller.
„Klar darfst du, Gregory! Die Couch im Wohnzimmer steht dir zur Verfügung“, meinte sie und wuschelte ihm über den Kopf.
„Er kann auch bei mir schlafen, mein Bett ist groß genug!“
Mum schaute mich durchdringend an.
„Was denn? Bei Großvater haben wir auch zusammen in meinem Bett geschlafen, schon vergessen?“
Sie und auch Mason begannen zu grinsen.
*-*-*
Die Nacht war nicht sehr erholsam. Mehr als einmal weckte mich Gregory mit seinem unruhigen Schlaf. Fast bereute ich schon, dass ich ihn bei mir schlafen hatte lassen. Aber dies hatte auch eine beruhigende Wirkung auf mich.
Seine Nähe ließ mich jedes Mal schnell wieder einschlafen. Auch hatte auch nichts dagegen, dass er mich voll in Beschlag genommen hatte. Sein Arm lag über meiner Brust, sein Bein über den meinen.
Sicherlich war er sich dessen nicht bewusst. In ungefähr dieser Stellung, wachten wir am nächsten Morgen auch auf. Der Wecker war auch an diesem Morgen nicht gnädig. Gregory öffnete langsam seine Augen und blinzelte.
Es dauerte etwas, aber plötzlich wurden eben diese Augen riesengroß, als er realisierte, wen er da im Arm hatte.
„Entschuldige…“, meinte er leise und befreite mich aus seinem menschlichen Gefängnis.
Ich aber drehte mich völlig zu ihm und drückte ihn fest an mich.
„Gregory…, du bist mein Cousin…, sogar fast wie ein Bruder, den ich nie hatte! Mir macht das wirklich nichts aus, wenn du dich ankuschelst.“
„Aber Taylor…“
„Taylor wäre der letzte, der etwas dagegen hätte! Er weiß, dass ich dich sehr gerne habe und nur ihn liebe!“
Gregory bekam Tränen in die Augen.
„He, nicht anfangen zu weinen!“
„Du… du sagtest Bruder…“
Ich nickte nur und drückte ihn erneut an mich, auch wenn ich die wachsende Begeisterung, an Gregorys untere Region deutlich spürte.
„Lass uns aufstehen!“, sagte ich und lächelte ihn an.
Sein Gesicht wurde rot.
„Ich… ich kann grad nicht aufstehen…“
Mein Grinsen wurde breiter.
„He, dir muss das nicht peinlich sein, weil du einen Ständer bekommst?“
Konnte man rote Gesichtsfarbe steigern?
„Ähm…, ich bin nicht schwul und…“
„Gregory, wir haben beide nur Shorts an, unsere nackte Haut reibt sich aneinander, wer kann da bitte schön ruhig bleiben.“
Zum Beweis hob ich die Decke an, damit er ungehinderte Sicht auf meine Shorts hatte, die mittlerweile wie ein Zelt aussah.
„Siehst du, geht mir nicht anders.“
Dann passierte etwas, womit ich nicht gerechnet hatte. Gregory schlug ebenso seinen Teil der Bettdecke zurück, damit ich freie Sicht auf seine Shorts bekam. Ich musste schlucken, denn sein Zelt war deutlich größer, als meins. Verlegen grinste mich Gregory an.
„Ich kann doch nicht mit dem Ding ins Bad laufen…, wenn mich deine Mutter sieht?“
Gebannt starrte ich immer noch auf die Shorts.
„Die… die würde sich wahrscheinlich grinsend wegdrehen.“
Gregory seufzte und setzte sich auf.
„Und was mach ich jetzt?“
„Ich wüsste da ja was…“
„Jack!“