Zum Abendessen, bei Sebastian im Restaurant waren wir dann doch nur zu viert, Thomas, David, Felix und ich hatten von Dennis einen ruhigen Tisch zugewiesen bekommen und so konnten wir uns ungestört unterhalten. Nachdem wir sowohl Getränke bestellt hatten als auch unsere Wünsche bezüglich des Essens geäußert hatten, ergriff David die Gelegenheit und sagte: „Peter, Thomas, es ist jetzt an der Zeit euch etwas für mich sehr Wichtiges zu erklären.“
Thomas und ich schauten zuerst uns an und danach ging unser Blick weiter zu David. Ich vermutete, dass er uns jetzt das erklären wollte, was Dennis von den Handwerkern bereits heute Nachmittag angedeutet hatte. Da ich Thomas gegenüber noch nichts erwähnt hatte, war ich gespannt, wie er reagieren würde.
Es dauert noch ein paar Sekunden, bis er uns erklärte: „Meine gestrige, spontane Entscheidung doch bei euch zu bleiben…“
Er stoppte seine Ausführungen und Thomas Gesicht konnte ich schon fast eine Enttäuschung entnehmen, da er wohl vermutete, dass er seine Entscheidung widerrufen könnte. Er schaute mich dabei an und bemerkte, dass ich nicht geschockt durch diese Aussage wirkte, was er mir durch seine Mimik zum Ausdruck brachte.
David fing zu weinen an und nachdem er sich wieder etwas beruhigt hatte, sprach er weiter: „Ich bereue diesen Entschluss…“
Wieder verstummte er und diesmal blickte Felix zwischen uns beiden hin und her. Thomas Gesicht entgleiste, da er jetzt verstärkt daran glaubte, dass David uns gleich erklären würde, dass er uns wieder verlassen wird.
Aus dem Augenwinkel heraus sah ich, dass sich eine erste Träne über Thomas Wange schlich, Felix bemerkte dies wohl auch und sagte in harschem Ton an David gewandt: „Jetzt sag uns einfach, dass du nicht bei Peter und Thomas dauerhaft bleiben willst, wir werden es zwar nicht verstehen, aber wir werden deine Entscheidung akzeptieren.“
In diesem Moment war es mit der bisher noch vorhandenen Ruhe bei David restlos vorbei und er fing an bitterlich zu schluchzen. Ich stand auf, stellte mich hinter David und nahm ihn in den Arm. Langsam beruhigte er sich und kuschelte sich etwas an mich.
Nachdem er sich einigermaßen beruhigt hatte, schaute er mir in die Augen und sagt mit ruhiger, leiser Stimme: „Ich will euch doch gar nicht verlassen. Ich wollte euch nur erzählen, dass ich mich hier sehr wohl fühle und mein gestriger, spontaner Entschluss, die wohl einzig richtige Entscheidung für mich gewesen ist.“
Thomas fing zu strahlen an, stand ebenfalls auf und stellte sich neben mich und nahm David in seinen Arm. Nach wenigen Minuten lösten wir uns von David und setzten uns wieder an den Tisch.
David schaute mich und Thomas abwechselnd an und als er sich endgültig beruhigt hatte erklärte er uns: „Entschuldigt, wenn ich euch verschreckt haben sollte, aber das war keinesfalls meine Absicht. Es fiel mir nur so schwer euch das zu erklären. Nach meinen Erlebnissen und Erfahrungen der letzten Monate und Wochen, bin ich immer noch hin und her gerissen von meinen Gefühlen und es fiel mir sehr schwer, euch zu erklären, dass ich mich bei euch geborgen fühle. Vor allem, nachdem ich euch gestern Abend noch mehr oder weniger unterstellt hatte, dass ihr mich nur aufnehmen würdet, um einen Lustknaben für euch zu haben.“
Ich schaute David mit großen Augen an und bevor ich etwas sagen konnte, erklärte Thomas: „David, ich verstehe deine gestrigen Vorwürfe vollkommen, wenn ich in deinem Alter und mit deinen negativen Erfahrungen vor diese Tatsache gestellt worden wäre, ich hätte wahrscheinlich ähnlich reagiert. Ich war schon etwas älter, als ich von meinem eigenen Vater vor die Tür gesetzt wurde. Ich wollte damals auch so schnell wie möglich, weit weg von meinen Eltern und ein neues Leben anfangen.
Ich hatte mich in Rosenheim auf eine Stelle beworben und wurde dort angenommen. Hier traf ich zum ersten Mal auf Peter und habe mich sofort unsterblich in ihn verliebt. Mein Problem war nur, Peter war so unnahbar für mich, da er verheiratet war und zwei Kinder hatte. Ich wusste zu diesem Zeitpunkt nicht, dass seine Frau kurze Zeit vorher verstorben war. Das wir zwei uns doch noch gefunden haben, ist eine lange Geschichte, die wir dir gerne bei Gelegenheit erzählen wollen, sofern sie dich interessiert.“
David schaute uns an und spontan sagte er: „Die Geschichte würde mich schon interessieren, vor allem, nachdem was ich heute im Laufe des Tages so alles über euch Beide gehört habe. Wenn ich das alles richtig verstanden habe, bin ich nicht der erste, dem ihr helfen wollt oder dem ihr geholfen habt.
Zum einen sind da Dennis und Axel, die beiden Brüder Benjamin und Christian und nicht zu vergessen Manuel und Daniel von denen ich bisher nur Gutes über euch erfahren habe. Hinzu kommen die unzähligen Aussagen, dass die von dir Peter mitbegründete Stiftung, sich vor allem für benachteiligte Kinder einsetzt. Wenn ich das alles gestern Abend bereits gewusst hätte, wäre es nicht zu meiner unglücklichen Unterstellung gekommen. Ich möchte mich noch einmal dafür entschuldigen, dass ich euch, Thomas und Peter, so hinterhältig verdächtigt hatte.“
Diesmal schaffte ich es vor Thomas zu reagieren und meinte zu David: „David, sowohl Thomas als auch ich sind nicht nachtragend wegen deiner Äußerung von gestern Abend und wie Thomas dir bereits erklärt hat, könne er sich durchaus vorstellen, dass er unter Umständen ähnlich wie du reagiert hätte. Verbannen wir einfach den gestrigen Abend aus unserem Gedächtnis und schauen nur noch nach vorne.
Warum ich vorher bei Felix Angriff auf dich so gelassen geblieben bin, lag vor allem daran, dass Dennis am Nachmittag, bei mir im Büro, als du noch mit Bernhard und deinem Computer beschäftigt gewesen bist. Er mir gegenüber bereits eine Andeutung in diese Richtung von sich gegeben hatte.
Ich selbst war nach deiner kurzfristigen Meinungsänderung gestern Abend sowieso davon überzeugt, dass du zumindest versuchen würdest, die dir angebotenen Möglichkeiten anzunehmen, und wenn es überhaupt nicht funktioniert hätte, hättest du mit Hilfe von Barbara immer noch in ein Kinderheim oder eine andere Pflegefamilie wechseln können. Beenden wir an dieser Stelle unser Gespräch und widmen wir uns lieber unserem Abendessen, ich sehe bereits, wie sich Dennis damit nähert.“
Nach dem Essen haben wir uns zügig von Dennis und Felix verabschiedet und sind nach oben in die Wohnung gegangen. Wir hatten kurzfristig für heute verabredet, dass wir an der Planung unserer Hochzeit weiterarbeiten wollten. Kurz nach halb acht tauchten Philipp und Marcus bei uns mit ihrem alten Spielekonsole auf, die sie im Wohnzimmer aufbauten und an den Fernseher anschlossen.
Sie erklärten David kurz, wie er mit der Spielekonsole und den dazugehörigen Steuerungen umzugehen hat. Sie hatten ihm noch zwei Spiele mitgebracht, die bereits installiert seien und sofort einsatzfähig wären. Für weitere Spiele solle er einfach bei ihnen vorbeikommen und sich ihre Sammlung ansehen. Ansonsten könne er sich jederzeit andere Games durch Kauf oder als Geschenk beschaffen.
Marcus fragte David, ob er denn zukünftig Taschengeld bekomme, um sich entsprechende Anschaffungen leisten zu können. David erklärte ihm, dass wir über so etwas bisher überhaupt nicht gesprochen hätten, da er gerade seit gestern im Haus sei und bisher nicht endgültig festgestanden sei, ob er wirklich dauerhaft hierbleiben will. Da er sich jedoch inzwischen endgültig festgelegt hat, dass er hierbleiben wird, geht er davon aus, dass sich das in den nächsten Tagen sicher klären wird.
Thomas, der das mitbekommen hatte, meinte dazu, klar wird David von uns Taschengeld bekommen. Im Prinzip so wie es bei Philipp und seiner Schwester gehandhabt wurde. Die Details müssten wir jedoch auf alle Fälle mit Barbara noch absprechen. Das könnt ihr Beide morgen mit Barbara klären, wenn sie ins Haus kommt, wegen Schulbesuch und dem weiteren Vorgehen.
Kurz vor acht tauchten dann auch Daniel und Manuel auf. Ich erklärte David kurz, dass wir sechs uns im Esszimmer zusammensetzen, um die geplante Dreifach-Hochzeit weiter zu besprechen und zu planen. Er könne hier im Wohnzimmer bleiben und mit der Konsole spielen und seine ersten Erfahrungen sammeln.
David schaute mich an und sagte: „Habe ich das jetzt richtig verstanden, ihr wollt alle demnächst heiraten. Dürfen Schwule überhaupt heiraten? Ich würde mich gerne zu euch setzen, um mehr über dieses Thema zu erfahren.“
Manuel schaute ihn an und erklärte; „Zu deiner Frage, ob Schwule heiraten dürfen, kann ich nur sagen, in Deutschland ist es schwulen oder lesbischen Paaren inzwischen gesetzlich gestattet standesamtlich zu heiraten. Was bisher noch nicht möglich ist, ist eine kirchliche Trauung.
Ebenso dürfen schwule und lesbische Pärchen zwischenzeitlich auch Kinder adoptieren, wobei hierbei wohl eher die Jungs gemeint sind, die Mädchen können auf natürlichem Weg ein Kind bekommen. Da wir heute sowieso, unter anderem auch über dich sprechen werden, sehe ich kein Problem, wenn du dabei bist. Ich denke auch die anderen dürften damit kein Problem haben.“
Da alle zustimmten gingen wir ins Esszimmer, wo wir es uns am Esstisch gemütlich machten. Thomas hatte in der Zwischenzeit noch Getränke aus der Küche geholt und Philipp hatte für alle Gläser organisiert. Bevor wir loslegten, meinte David, er hätte da noch eine kurze Frage zum Thema Adoption. Ich sagte zu ihm, dann stell deine Frage, bevor wir nachher intensiv mit den Vorbereitungen für die Hochzeit beschäftigt sind.
David schaute in die Runde und stellte dann seine Frage: „Wäre es theoretisch möglich, dass Peter und Thomas nach ihrer Hochzeit mich adoptieren könnten? Ich stelle diese Frage, weil ich mir inzwischen durchaus vorstellen kann, von den Beiden adoptiert zu werden, da meine Eltern von mir überhaupt nichts mehr wissen wollen. Damit hätte ich wieder eine richtige kleine Familie und würde sogar noch eine Schwester und einen Bruder dazubekommen.“
Thomas schaute mich an und signalisierte, dass er kein Problem damit habe und so antwortete ich: „Theoretisch wäre es möglich, dabei gibt es jedoch einiges zu beachten. Grundsätzlich ist erst einmal die Frage zu klären, ob du in deinem derzeitigen Status überhaupt zur Adoption freigegeben werden kannst. Vermutlich müssten entweder deine Erzeuger zustimmen oder die Zustimmung wird vom Jugendamt über ein Familiengericht geklärt.
Thomas und ich hätten keine Abneigung dich zu adoptieren, nur würde ich vorher noch mit meinen beiden ehelichen Kindern darüber sprechen, da du, wie Philipp und Martina, nach meinem und Thomas Ableben mit erbberechtigt bist. Ich denke du verstehst, dass ich mit den beiden deswegen darüber reden will, alle anderen Fragen können wir mit Barbara abklären.“
Bevor einer reagieren konnte sagte David trotzig: „Ich will doch gar nichts erben, ich wünsche mir nur eine kleine Familie, die zu mir steht. Kann ich nicht einfach erklären, dass ich auf ein mögliches Erbe verzichte. Ich will doch den beiden nichts wegnehmen. Außerdem bin ich schwul und ohne eine Frau kann ich kein Kind in die Welt setzen. Also, wem sollte ich in der Zukunft etwas vererben wollen?“
Philipp war der erste, der seine Meinung vertrat: „So viel gibt es da nicht zu vererben, soweit ich das aus meiner Sicht sagen kann. Ein großer Teil der Immobilien gehört bereits der Stiftung und mein Anteil wird vermutlich nach meinem Ableben sowieso in der Stiftung landen, sofern Marcus und ich keine Kinder adoptieren, denn diese Frage ist bisher noch nicht geklärt zwischen uns beiden.“
Daniel erklärte uns: „Ich denke wir sollten das Thema jetzt vertagen, wir können es heute nicht endgültig klären. Lasst uns lieber über die Hochzeit reden und da habe ich gleich die erste Bitte, David mit in die Liste der Hochzeitsgäste aufzunehmen. Er braucht keine eigene schriftliche Einladung, da er zur Familie gehört, egal welchen Status er hat, entweder als Pflegekind oder als Adoptivkind. Daher auch meine erste Frage, ob euch noch weitere Gäste eingefallen sind, die wir bisher nicht auf der Liste stehen haben.“
Thomas reagierte sofort und erklärt: „In diesem Zusammenhang würden Peter und ich noch Barbara mit ihrer Familie zur Hochzeit einladen. Sie hat Peter und seine beiden Kinder während ihrer schwersten Zeit begleitet und uns jetzt das Vertrauen geschenkt und David anvertraut hat, damit wir ihn ein Stück auf seinem Lebensweg begleiten.
Sollte es zu einer Adoption kommen, dann wäre es für den Rest unseres Lebens. Wir sollten aber auch nicht außer Acht lassen, sie hat uns auch bei unserem Projekt mit den Ferienfreizeiten tatkräftig unterstützt bei der Zusammenarbeit mit den anderen Jugendämtern, auch wenn sie die Plätze zu euphorisch vergeben hat.“
Philipp, der auf seinem Notebook die Gästeliste geöffnet hatte, erklärte: „Ich habe sowohl David als auch Barbara mit Familie bereits in die Liste eingetragen. Gibt es noch weitere Nachmeldung, ansonsten können wir diesen Punkt für heute wieder abhaken. Die Entwürfe für die Einladungskarten sind fertig, wir können sie uns gleich anschauen und sollten uns bis spätestens nächste Woche entscheiden, welcher gedruckt werden soll, damit wir sie noch rechtzeitig verschicken können. Für David die Info, die Hochzeit findet am letzten Wochenende im November statt, gleichzeitig hat Peter seinen fünfundfünfzigsten Geburtstag, den wir ebenfalls mitfeiern.“
Er verteilte die die Entwürfe auf dem Tisch und in den nächsten Minuten wurden sie ausgiebig studiert. Plötzlich meinte David, dass ihm persönlich der Entwurf mit den drei ineinander verschlungenen Ringpaaren am besten gefällt, weil er zum Motto Dreifach-Hochzeit am besten passen würde. Er sagte danach, dass wir uns von seiner Aussage nicht beeinflussen lassen sollen, es sei wirklich nur seine persönliche Meinung.
Diesmal erklärte ich allen: „Wenn ich allein entscheiden könne, ich würde auch diesen Entwurf wählen. Davids Hinweis das der Entwurf sehr viel zu unserem Motto Triple-Hochzeit aussagt, kann ich nur zustimmen, und die dezente Hintergrundgestaltung in den Farben des Regenbogens finde ich genauso passend für unsere Hochzeit.“
Der nächste, der sein Statement abgab war Marcus: „Ich habe eigentlich einen anderen Favoriten, die Einladung mit den weißen Tauben mit den Eheringen im Schnabel, aber wenn die Mehrheit sich für Peters Vorschlag entscheidet, der würde mir auch sehr gut gefallen. Wir könnten dann meinen Favoriten eventuell für die Danksagungskarten verwenden, auf der Innenseite mit einem Foto von uns allen.“
Es wurde noch eine Weile diskutiert über die Vorzüge und Nachteile der einzelnen Entwürfe. Letztendlich einigten wir uns darauf, die Ringe mit den Regenbogenfarben für die Einladung und den Favoriten von Marcus für die Danksagungen zu verwenden.
Bevor wir uns den Menüvorschlägen von Sebastian zuwandten, fragte David: „Philipp hat doch gesagt, dass Peter gleichzeitig seinen fünfundfünfzigsten Geburtstag feiern wird. Warum steht davon nichts auf den Einladungskarten?“
Bevor ich etwas antworten konnte, und ich wusste, was ich dazu sagen würde, sprach Thomas: „Peter will nicht, dass sein Geburtstag extra erwähnt wird. Er will nicht als Hauptperson an diesem Tag hervorstechen. Außerdem würden die zusätzlich einzuladenden Personen den Rahmen der Feier sprengen und die vorgesehenen Räumlichkeiten im Gutshaus nicht mehr ausreichen. Wir brauchen für unsere Hochzeitsgäste das gesamte Restaurant im Gutshof und das wird an diesem Tag für die Allgemeinheit geschlossen bleiben, anlässlich einer Familienfeier.“
Da Thomas damit geendet hatte, ergänzte ich „Ich denke, ein Großteil der eingeladenen Gäste kennt meinen Geburtstag, und die, die es nicht wissen, die werden es trotzdem spätestens auf der Feier mitbekommen. Ursprünglich war nur die Hochzeit von Thomas und mir für diesen Tag geplant, nachdem Daniel und Manuel erklärten, dass sie gern mit uns zusammen in den Stand der Ehe treten wollen, haben sie die beiden Jungs, Marcus und Philipp dazu überredet, sich uns anzuschließen, da sie ebenfalls vor hatten über kurz oder lange zu heiraten.“
Der Punkt war damit abgehakt, so dass als nächstes von Philipp die Frage nach den Speisen und Getränken angesprochen wurde. Für die verschieden Kuchen und Torten hatte seine Schwester ihm bereits eine Liste vorgelegt und ihm noch erklärt, dass es sich hierbei um die am meisten verkauften Backwaren im Hofcafé handelt. Sollen wir noch eine oder mehrere Hochzeitstorten haben wollen könnte sie uns noch ein Fotobuch mit möglichen Vorschlägen vorlegen. Ansonsten gäbe es noch die Möglichkeit eigene Entwürfe zur Umsetzung als Hochzeitstorte vorzulegen.
Nach kurzer Diskussion war klar, wir würden die von Martina vorgeschlagenen Kuchen und Torten nehmen, damit war zumindest sichergestellt, dass für jeden Gast etwas dabei sein sollte. Eine Entscheidung, ob wir zusätzlich noch eine oder mehrere Hochzeitstorten haben wollen, wurde vertagt auf die nächste Besprechung. Zwischenzeitlich sollten sich die einzelnen Paare darüber Gedanken machen, ob wir überhaupt eine oder mehrere Hochzeitstorten benötigten und dann weitere Entscheidungen treffen.
Für das Abendessen liegen mir bisher keine Vorschläge von Sebastian vor, erklärte Philipp. In diesem Moment fiel mir wieder ein, dass mir Sebastian beim Essen im Restaurant einen Zettel zugesteckt hatte, der vermutlich seine Vorschläge enthielt. Ich unterbrach Philipp, der schon von einer Vertagung des Punktes gesprochen hatte und erklärte: „Sebastian hat mir vorher beim Abendessen im Restaurant einen Zettel zugesteckt. Ich habe ihn bisher noch nicht angeschaut und fast schon wieder vergessen.“
Ich holte den Zettel aus meiner Hosentasche, entfaltete ihn und erkannte, dass es sich wirklich um seine Vorschläge für das Hochzeits-Menü handelt. Ich schlug vor, dass ich den Zettel kurz vorlese, und danach können wir in die Diskussion einsteigen.
Da die anderen damit einverstanden waren, fing ich an: „Zuerst gibt es für alle einen kleinen Vorspeisenteller mit verschieden Antipasti, geräucherten Lachs und geräucherte Forelle. Als Zwischengang soll wahlweise, eine Leberknödelsuppe oder eine Gries-Nockerlsuppe serviert werden. Für den Nachtisch würde er ein Nachspeisenbüffet aufbauen, unter anderem mit Bayrisch Creme, gefüllten Palatschinken, Apfelküchlein, verschiedenem Obst und Obstsalaten. Weiter wird es ein kleines Käse-Büffet mit Partybrötchen geben.
Bevor wir zum Hauptgang kommen, sollten wir diese Vorschläge diskutieren und absegnen. Er hat uns für den Hauptgang eine größere Liste an Vorschlägen unterbreitet, aus denen wir uns drei Gerichte aussuchen sollen. Zusätzlich will er noch ein veganes Gericht anbieten. Ich denke wir sollten die Abstimmung über den Hauptgang auf die nächste Besprechung vertagen, die Liste kann Philipp oder Marcus zwischenzeitlich per Mail verteilen und jeder kann sich dazu in Ruhe seine eigenen Gedanken machen.“
Ich übergab Philipp die Liste mit den Hauptgerichten und bei der Diskussion über die Vorspeise, den Zwischengang und die Nachspeise herrschte schnell Einigkeit, dass wir uns dem Vorschlag von Sebastian vorbehaltlos anschließen konnten. Bei den Getränken sollten alle Biere und alkoholfreien Getränke kostenfrei ausgeschenkt werden, nur hochprozentige alkoholische Drinks sollten von den Gästen selbst getragen werden. Zwei oder drei Weinsorten sollten den Gästen ebenfalls zum Essen serviert werden. Damit war dieser Punkt für heute ebenfalls abgehakt.
Beim nächsten Punkt erklärte Philipp, dass von unserer favorisierten Band für diesen Abend inzwischen die Zusage vorliegt und dies damit ebenfalls als erledigt betrachtet werden kann. Der nächste und letzte Punkt für heute war dann die Kleiderordnung. Da wir keine bayrisch angehauchte Veranstaltung wollten, war bei unserem letzten Treffen Trachtkleidung bereits ausgeschlossen worden.
In der vorangegangenen Diskussion ging es nur noch darum, ob wir uns eher für eine legerere oder für eine festlichere Bekleidung entscheiden würden. Die Entscheidung war dringlich, da auf den Einladungskarten ein entsprechender Hinweis aufgedruckt wird. Hier einigten wir uns am Ende doch auf einen festlicheren Auftritt.
Damit konnte Philipp unsere heutige Zusammenkunft als beendet verkünden und erinnerte daran, dass wir uns am kommenden Montagabend zu einem weiteren Treffen zusammenfinden. Er schlug vor, das nächste Treffen bei ihnen in der Wohnung abzuhalten. Der Vorschlag für unser nächstes Treffen wurde ohne Gegenstimme angenommen. Manuel meinte dazu nur, dann wollen er und Daniel auch einmal in den Genuss kommen als Gastgeber auftreten zu können, was ebenfalls einstimmig akzeptiert wurde.
Nachdem die Jungs die Wohnung verlassen hatten, David hatte sie noch bis zur Wohnungstür begleitet, kam er mit Felix, den er im Gästezimmer aufgegabelt hatte in die Essecke. Sie setzten sich zu uns an den Tisch und David erklärte: „Erst einmal noch an Dankeschön an euch, dass ich so einfach an eurer Besprechung teilnehmen durfte. Das hat mir noch einmal gezeigt, dass ihr mich in die Familie integrieren wollt und ich nicht nur zur Aufbewahrung hier bin.
Um noch einmal auf das vorher angesprochene Thema Adoption zurückzukommen, ich bin mir nach den ganzen Ausführungen nicht mehr so sicher, ob eine Adoption so sinnvoll ist. Wie vorher schon ausgeführt, waren mir die Konsequenzen dieser Aktion nicht geläufig und ich will deinen Kindern auf keinen Fall ihr Erbe wegnehmen. Ich denke wir brauchen morgen mit Barbara über das Thema nicht extra zu reden.“
Geschockt von dieser Aussage dauerte es einige Minuten, bis Thomas und ich wieder reagierten. Ich versuchte David zu erklären: „David, wir werden trotzdem mit Babara über dieses Thema reden. Philipp hat klar erkennen lassen, dass es für ihn unwichtig ist ob und in welcher Höhe er erben wird, er geht davon aus, dass sein Anteil in der Stiftung landet.
Er sieht das so wie ich, mögliche Erben werden immer in der Stiftung oder bei der Gutshofverwaltung beschäftigt sein und ihr geregeltes Einkommen haben. Du kannst es wie Philipp handhaben und deinen Teil in die Stiftung einbringen, damit hast du dich nicht bereichert und die Stiftung kann mit deinem Anteil weiterhin Gutes tun für benachteiligte Kinder oder günstige Wohnungen für sozial schwächere Familien schaffen.“
Ich nahm kurz einen Schluck aus meinem Glas und sprach weiter: „Ich will dir ein kleines Beispiel geben, bei den Wohnungen, die in den nächsten zwölf Monaten hier auf den Gutshofgelände errichtet werden, werden zwei Gebäude mit günstigen Wohnungen nur für Jugendliche gebaut, die mit achtzehn aus den Kinderheimen ausziehen müssen. Weitere zwei Gebäude werden im sozialen Wohnungsbau erstellt für sozial schwächere Familien. Die restlichen vier Gebäude sind zur freien Vermietung vorgesehen, wobei bei der Vermietung Firmenangehörige bevorzugt werden und diese zu günstigeren Mieten einziehen können.“
Thomas schaut mich und David an und erklärte ihm: „Ich würde mich freuen, wenn ich dich nicht nur als Pflegekind auf deinem Lebensweg begleiten kann, sondern wenn wir dich als meinen und Peters Sohn in die Familie aufnehmen. Philipp hat mit seiner Aussage bereits signalisiert, dass er sich dich als jüngeren Bruder sehr gut vorstellen könne. So wie ich Martina kenne, sieht sie keinen Nachteil für sich oder ihre Kinder, wenn du als weiterer jüngerer Bruder in die Familie aufgenommen wirst. Wenn nur die geringste Chance besteht, dich zu adoptieren, dann solltest du dein Glück nicht mit Füßen treten.“
Bevor sich Felix einmischen konnte, erklärte ich: „Das Thema können wir heute nicht endgültig klären, deshalb sollten wir es für heute beiseiteschieben und die Gespräche mit Barbara abwarten. David, mich, Thomas und sicher auch Felix interessiert mehr was am heutigen Tag für dich positiv oder negativ war. Auch würde mich interessieren, was ich oder Thomas dir in der nächsten Zeit Gutes antun können.
Du kannst uns jederzeit deine Vorschläge unterbreiten. Auf alle Fälle werden wir zwei am Samstag zum Einkaufen fahren, Bekleidung, Schulsachen, sofern uns die Anforderungen vorliegen, Ergänzungen für dein Zimmer, das zukünftig kein Gästezimmer, sondern dein Jugendzimmer sein wird. Das große Bett wird aber nicht ausgetauscht, irgendwann wirst du es sowieso brauchen, spätestens wenn du einen lieben Freund gefunden hast.“
Sprachlos schaute uns David an und wusste nicht, was er sagen sollte. „Ihr seid verrückt, soviel Geld in mich und meine Bedürfnisse zu investieren. Habt ihr keine Angst davor, dass ich euch enttäuschen könnte, oder eines Tages einfach verschwinde.“
Wieder war es Thomas der für uns beide die richtigen Worte fand und antwortete David: „Du hast vorher erklärt, dass du uns Vertrauen schenkst, warum sollen wir dir kein Vertrauen entgegenbringen. Du gehörst zur Familie und warum sollten wir dich nicht so behandeln, wie früher Martina und Philipp. Gleiche Rechte und Pflichten für alle Familienangehörigen.
Du sollst dich bei uns wohlfühlen, so wie es früher bei Martina und Philipp war. Wenn du jedoch der Meinung bist, dass wir nicht das gleiche Vertrauen in dich setzen können, weil du uns enttäuschen könntest, dann solltest du dir schnellstens überlegen, ob du nicht in einem Kinderheim oder wo auch immer, besser aufgehoben bist.“
Die letzten Worte klangen etwas härter als sie von Thomas gedacht waren. Vermutlich wollte er ihm nur mit dieser Feststellung verdeutlichen, noch einmal über seinen Entschluss nachzudenken. Drei Augenpaare waren auf David gerichtet, der immer noch sprachlos vor sich hin glotzte.
Plötzlich gab er sich einen Ruck und schaute Thomas direkt in die Augen und erklärte ihm: „Vermutlich liegst du richtig, mit deiner Aussage, dass ich woanders möglicherweise besser aufgehoben wäre, bei meiner derzeitigen Einstellung zum Thema gegenseitiges Vertrauen. Ich hoffe, ich habe es jetzt verstanden, was du meinst. Es ist ein gegenseitiges Vertrauen in den jeweils Anderen. Ich hoffe ihr helft mir, die negative Denkweise über meine Person abzubauen, in den letzten Monate habe ich mich manchmal wie der letzte Dreck gefühlt.
Das begann an selben Tag, nachdem ich meinen Eltern erklärte, dass ich schwul wäre. Mein Vater beschimpfte mich als Abschaum, der vergast gehört. Auch auf der Straße war es nicht viel besser, dort bist du als Stricher kein Mensch, dort wirst du nur wie eine Stück Ware behandelt, die man sich jederzeit kaufen, besser gesagt mieten kann.
Ich habe eine Bitte an euch, wenn ich wieder einmal in dieses alte Muster zurückfalle, erinnert mich daran oder verpasst mir einen Tritt in den Hintern. Natürlich will ich bei euch bleiben. Das mit dem Samstag mit Einkaufen, prasselte so überraschend auf mich ein, eigentlich habe ich mich riesig darüber gefreut, aber plötzlich war da wieder die negative Welle in meinem Kopf.“
Nachdem David jetzt wieder schwieg und wir über seine Ausführungen nachdachten, schaute uns David mit großen Augen an. Felix schien als erster das Nachdenken abgeschlossen und sagte: „Gut zu wissen, dass ich dir in deinen Allerwertesten treten darf, wenn du wieder in dieses Verhaltensmuster zurückfällst. Wenn es euch nicht stört, würde ich am Samstag zum Einkaufen mitkommen, ich brauche selbst einiges und kann dich bei der Auswahl unterstützen oder beraten. Vielleicht können wir auch Dennis von einem Einkaufsbummel überzeugen.“
Felix hatte mit seinen Ausführungen geendet, so dass ich erklärte: „David, danke, dass du uns erklärt hast, warum du so reagiert hast. Gemeinsam werden wir das in den Griff bekommen. Ich hoffe, dass wir diese Phase schnell überwinden. Es bleibt dabei, wir fahren am Samstagvormittag nach München zum Einkaufen. Wir besorgen alles, was du benötigst, und wie gesagt für dein Zimmer besorgen wir Poster oder sonstige Dekoartikel, damit du dich in deinem Reich wohlfühlst. So und jetzt will ich wissen welche positiven oder negativen Erlebnisse du heute hattest.“
„Wenn ich euch alles erzählen soll, sitzen wir vermutlich morgen früh noch hier“ erklärte David, „ich werde mich auf die wichtigsten positiven Ereignisse und Erlebnisse beschränken, negatives ist mir nicht aufgefallen, ausgenommen mein Ausrutscher vorher. Angefangen hat es heute Morgen mit dem gemeinsamen Frühstück, so etwas kenne ich nur aus dem Kinderheim.
Bei meinen Erzeugern gab es so etwas nicht, noch nicht einmal am Wochenende. Hinzu kommen die Gespräche mit den Jungs, die wie ich schwul sind und die mir Mut gemacht haben, mit ihrer und eurer Hilfe hier einen Neuanfang zu wagen. Der Besuch am Nachmittag bei den Handwerkern und das Gespräch mit Dennis und Axel waren das Highlight am Nachmittag.“
Er stoppte kurz, wobei ich bemerkte, dass er seine Aufzählung noch nicht beendet hatte, so warteten wir kurz bis er weitersprach: „Komplett überrascht war ich vor allem von der Tatsache, nachdem ich gegenüber Peter den Wunsch geäußert hatte, einen Computer und eine Spielekonsole zur Benutzung zur Verfügung gestellt zu bekommen.
Peter, du bist einfach aufgestanden und mit mir in eure Computerabteilung gegangen. Dort hast du den Jungs meine Wünsche vorgetragen. Ihre Reaktion, diesen Wunsch kurzfristig zu erfüllen, war für mich ein weiteres besonderes Highlight. Als die Jungs auch noch angeboten haben, ein Smartphone für mich lockerzumachen, war ich mehr als überglücklich.“
Wieder unterbrach er kurz und setzte nach einer kurzen Pause, in der er einen Schluck getrunken hat, fort: „Ich habe einen schweren Kampf mit mir ausgefochten, bevor ich den Jungs von meinen Erlebnissen der letzten Monate erzählen konnte. Als ich es endlich geschafft hatte, ihnen meine Geschichte zu erzählen, wurde ich nicht, wie erwartet, mit Mitleid überschüttet, sondern alle machten mir Mut, den neu eingeschlagenen Weg weiterzugehen. Sie erklärten sich bereit, mich auf diesem Weg so gut wie möglich zu unterstützen und boten mir an, auch bei meinen schulischen Problemen für mich da zu sein.“
Erneut stoppte er mit seinen Ausführungen und nach einer ausnahmsweise, etwas längeren Pause, sprach er weiter: „Heute Nachmittag, auf der Rückfahrt von den Handwerkern hierher, habe ich mich ausführlich mit Dennis unterhalten. Er hat mir dabei deutlich erklärt, dass, wenn ich einen handwerklichen Beruf erlernen möchte, mir eine Reihe von Möglichkeiten offenstehen würden. Ich habe ihm zwar gesagt, dass ich wohl eher etwas mit Computern erlernen möchte.
Da hat er gelacht und mir glaubhaft versichert, dass selbst im Handwerk, Computer zum täglichen Arbeiten notwendig sind. Er erklärte mir, dass zwischenzeitlich fast sämtliche Baupläne und Baubeschreibungen in digitaler Form vorliegen, auf die, auf den Baustellen fast immer mit Tablet oder Notebook zugegriffen wird. Das hat den Vorteil, dass dir immer die aktuellen Unterlagen zur Verfügung stehen und dir keine Fehler unterlaufen, weil du möglicherweise mit veralteten Unterlagen arbeitest.
Ich fragte ihn dann, ob er mir das einfach mal zeigen könne. Da meinte er, ich solle mich dafür lieber an Bernhard wenden, da er für unsere Firma, zusammen mit dem Architekten, das System entworfen und programmiert habe. Er wisse genau, wie er mit der Software arbeiten kann, aber bei den Hintergründen und Details kenne er sich überhaupt nicht aus.“
Bei den letzten Sätzen von David war Dennis ins Esszimmer eingetreten und hatte seinen Ausführungen zugehört. Er sah David an und sagte zu ihm: „Selbst in der Gastronomie und im Hotelwesen kommst du heute nicht mehr ohne Computer und Tablet aus. Im Hotelbereich brauchen Computer wir die Buchungen und Belegung der Zimmer, die Abrechnung für die Gäste.
In der Gastronomie laufen alle Essen- und Getränkebestellungen und die Abrechnung darüber. Getränkebestellungen, die du auf dem kleinen Tablet eingibst, werden direkt an die Theke weitergeleitet, so dass sofort alles vorbereitet werden kann. Alle bestellten Speisen werden sekundenschnell direkt in der Küche auf einem großen Monitor angezeigt und können kurzfristig zubereitet werden.“
Thomas schaute auf seine Uhr und meinte: „Wir sollten so langsam zum Ende kommen, denn einige von uns müssen oder wollen morgen früh wieder zeitig aufstehen.“
Wir wünschten uns gegenseitig eine angenehme Nachtruhe und die Jungs verschwanden ins Gästezimmer. Thomas und ich blieben noch eine Weile sitzen und unterhielten uns über die Gespräche des heutigen Abends.
Bevor wir ins Schlafzimmer gingen, räumten wir noch kurz auf und deckten den Tisch bereits fürs Frühstück ein.