Regenbogenfamilie Teil 93 – Entscheidung Zeltlager Ostsee

Am Freitagmorgen bin wieder etwas eher aus dem Bett gekrabbelt, da ab neun Uhr morgens die große Video-Konferenz wegen der Entscheidung des Zeltlagers stattfinden sollte. Ich wollte vorher, wie auch schon gestern, noch das eine oder andere erledigen, wer weiß schon im Voraus, wie lange die Konferenz heute dauern wird.

Die erste halbe Stunde konnte ich doch so einiges erledigen, aber kurz vor acht Uhr klopfte es an meiner Bürotür. Auf mein herein, öffnete sich die Tür und Dieter trat ins Büro ein. Er setzte sich auf den Besucherstuhl an meinem Schreibtisch und erzählte: „Ich habe doch gestern Nachmittag Noah bei euch abgeholt und bin mit ihm in die Wohngemeinschaft gefahren.

Während der gesamten Autofahrt war er immer noch so offen, wie er sich gestern bei euch präsentiert hat. Unser Nachtdienst erzählte mir heute Morgen, dass, je später es wurde, er sich wieder in den jungen Mann zurückverwandelt hat, den wir bisher kennengelernt haben. Kaum war er heute Morgen in mein Auto eingestiegen und wir auf dem Weg zum Gutshof, öffnete er sich wieder. Ich habe ihn vorher bei Bernhard abgeliefert, so wie ich ihn gestern Nachmittag abgeholt habe.

Peter ich stehe vor einem Rätsel, ich verstehe nicht, was in Noah vorgeht. Wenn das jetzt immer so weitergeht, muss ich mir schnellstens überlegen, wie es mit ihm weitergehen soll. Vielleicht ist deine Idee, ihn zum Gutshof zu holen, die einzige Möglichkeit, ihn aus seinem Schneckenhaus dauerhaft herauszuholen, damit er ein eigenständiges Leben führen kann. Ich werde mich jedenfalls so schnell wie möglich damit auseinandersetzen.“

Ich schaute Dieter an und schüttelte den Kopf und sagte: „Auch wenn du dich mit dem Problem beschäftigst und nach Lösungen suchst, ist es nicht einfach. Ich sehe derzeit keine Möglichkeit ihn irgendwo in der Familie unterzubringen. Die Gästezimmer sind alle belegt mit den minderjährigen Jungs, die vor allem über deine Gattin Barbara in letzter Zeit am Gutshof gelandet sind.

Wir haben im Dachgeschoß des IT-Gebäudes drei neue, Kleinwohnungen für er­wachsene Mitarbeiter geschaffen, aber ob das die richtige Lösung ist, kann ich dir nicht mit Sicherheit sagen. Es käme vielleicht auf einen Versuch an, dessen Ausgang völlig ungewiss ist, weil uns keiner verbindlich erklären kann, dass wir mit unserer Vermutung richtig liegen könnten.“

Dieter schaute mich an und sagte: „Peter, bei dem was mir die letzten, knapp vierundzwanzig Stunden von Noah gezeigt wurde, und dem verdammt guten Gespür, dass du besitzt, sollten wir es auf einen Versuch ankommen lassen. Wenn Noah am Ende wieder in der Wohngemeinschaft landet, ist nichts verloren. Wenn es aber langfristig ohne Probleme läuft, könnte das als Modellversuch von uns gestartete Projekt, mit den gesammelten Erfahrungen und Erkenntnissen auf weitere vom Asperger-Syndrom Betroffene ausgeweitet werden.“

Ich dachte eine Weile über seine Worte nach und erklärte: „Dieter, holst du Noah mittags wieder ab, oder wird er bereits vom Fahrdienst abgeholt?“

Dieter schaute mich an und sagte: „Warum fragst du, ich hatte doch gestern schon angekündigt, dass ich ihn heute Morgen bringe und mittags wieder abholen werde.“

„Okay“ erklärte ich und sagte weiter: „Wenn du etwa ein bis zwei Stunden Zeit mitbringst, könnten wir ein weiteres Experiment mit Noah machen und sind danach vielleicht ein wenig schlauer, ob er sich ein Wohnen im Gutshof verstellen kann. Ich werde alles vorbereiten, du solltest aber rechtzeitig vorher zu mir ins Büro kommen.“

Dieter grinste mich an und erklärte mir, dass er dann so um zehn vor zwölf Uhr bei mir im Büro sei. Er verabschiedete sich mit den Worten: „Dann bis nachher.“

Bevor ich meine Arbeit wieder aufnahm, rief ich bei Philipp an und fragte nach, ob die drei Kleinwohnungen bei ihnen im Dachgeschoß normale Schlösser hätten oder ob diese über die Transponder zu öffnen sind. Da er mir erklärte, dass dort bereits die Transponder zum Einsatz kommen, bat ich ihn mir für alle drei Wohnungen für vierundzwanzig Stunden die Zugangsberechtigung über meinen Transponder einzuräumen.

Philipp meinte, kein Problem, ich hoffe nur, dass du mir irgendwann erklärst, warum du gerade heute in diese Wohnungen willst. Ich meinte, die Antwort darauf wird er von mir im Laufe des Nachmittags bekommen.

Ich arbeitete noch kurz weiter, um achtuhrfünfundvierzig wechselte ich in unseren Konferenzraum, wo Bernhard und Noah bereits damit beschäftigt waren, die Verbindungen zu den diversen Außenstellen aufzubauen. Noah verfolgte aufmerksam, was Bernhard da machte. Kurz vor neun Uhr füllte sich der Konferenzraum und ich stellte Noah den Mitarbeitern vor, wobei ich Noah zeitgleich die Neuankömmlinge vorstellte.

 

Inzwischen waren alle Verbindungen aufgebaut und Bernhard meinte zu Noah: „Traust du dir zu, wenn technische Probleme auftauchen, die einzelnen Verbindungen entweder zu stabilisieren oder notfalls neu aufzubauen, dann lasse ich dich mit diesem Auftrag bei Peter zurück.“

 

Ich schaute zwischen Bernhard und Noah hin und her, bis Noah sagte: „Ich denke ich bekomme das hin, wenn ich nicht mehr weiterkommen sollte, musst du eben als Verstärkung dazukommen.“

 

Wieder eine Eigenschaft, die mir auffiel, Noah hatte ein stärkeres Selbstvertrauen aufgebaut. Ich wertete das als gutes Zeichen, dass mein für Mittag geplantes Experiment doch zum Ziel führen könnte.

 

Ich sah, dass die Teilnehmer an unserer Videokonferenz so langsam versammelt waren, so dass ich mich an meinen Platz setzte. Noah setzte sich direkt neben mich und beobachtete aufmerksam den Monitor, der ihm die Verbindungsdaten zeigte.

 

Er flüsterte mir ins Ohr, ob es erlaubt ist die Kamera zu schwenken und auf den jeweiligen Redner zu richten. Ich bestätigte ihm, dass das durchaus üblich sei, damit die anderen wissen, wer gerade spricht.

 

Ich eröffnete die Konferenz und stellte Noah als neuen Mitarbeiter am Gutshof vor, der heute zum ersten Mal die Technik bedienen würde. Von allen kam ein freundliches Hallo und alle wünschten ihm ein gutes Händchen, damit keine größeren Probleme auftauchen.

 

Ich eröffnete die Konferenz und meinte: „Heute ist die letzte Chance, das Zeltlager an der Ostsee an den Start zu bringen. Ich hoffe ihr habt alle eure Hausaufgaben gemacht und wir haben heute ein rundes Paket, dass wir das Zeltlager an der Ostsee durchziehen können. Beginnen wir mit unseren beiden Sozialarbeitern, die die Aufgabe hatten, sich nach neuen Sozialarbeitern für das Jugendhotel an der Ostsee umzusehen, die auch das Zeltlager betreuen können.“

 

Marion erklärte: „Wir haben in den letzten Tagen viele Gespräche geführt. Wir haben fünf Kandidaten, die wir für Donnerstag der nächsten Woche zu einem Vorstellungsgespräch auf den Gutshof eingeladen haben. Vier der Kandidaten kommen von der Nord- und Ostsee, ein Kandidat ist aus Berlin, der gern an der Ostsee arbeiten will.

 

Es gibt noch mehr Bewerbungen, die wir in einer zweiten Runde einladen würden, wenn nächsten Donnerstag keine geeigneten Bewerberinnen oder Bewerber dabei sein sollten. Eine Frage an die Leute im Ostseehotel, kommt jemand von euch zu den Vorstellungsgesprächen oder können wir unabhängig von euch entscheiden?“

 

Der Hotelchef Jan meldete sich und erklärte: „Ich denke, dass die Entscheidung bei euch besser aufgehoben ist. Ihr habt die Fachleute, wir kennen uns besser mit Mitarbeitern in der Küche oder im Service aus. Peter, an dich die Frage, muss von uns jemand dabei sein?“

 

Ich erklärte: „Ich denke, es reicht aus, wenn unsere Leute die Auswahl treffen, ich werde zumindest versuchen bei den Vorstellungsgesprächen dabei zu sein. Damit betrachte ich den Punkt als abgehakt für das Zeltlager und wir können bei den Nordlichtern weitermachen. Wie sieht es bei euch aus, einer der Punkte war die Verpflegung der Kinder.“

 

Dirk Arndt unser Architekt vor Ort erklärte: „Peter, Jason und ich haben einige Gespräche geführt und wir haben glaube ich eine vernünftige Lösung gefunden. Wir werden kein großes Küchenzelt aufstellen und damit Kosten einsparen. Wir haben die Bauzeitpläne überarbeitet und die Erneuerung der Hotelküche nach hinten verschoben. Wir haben dafür den Umbau des Pool- und Ruhebereiches, aber auch die Sanierung des Zimmerbereiches vorgezogen.

 

Damit können wir sicherstellen, dass das Essen noch in der bisherigen alten Hotelküche zubereitet werden kann, vielleicht nicht ganz so effektiv wie bei euch in der Kombiküche. Der Küchenchef, aber auch seine Mitarbeiter haben betätigt, dass sie täglich für mindestens dreihundert Personen das Essen auf den Zeltplatz liefern können. Jason wird dir bestätigen können, dass es nicht ganz einfach war, wir aber einen guten Plan für die Umbauarbeiten ausgetüftelt haben.“

 

Jason schaltete sein Mikrofon ein und erklärte: „Peter, es war wirklich eine Monsteraufgabe, alles wieder umzuplanen, da wir ursprünglich vorhatten, die Küche als erstes umzubauen und gleichzeitig mit den Hotelzimmern anzufangen. Dirk hat vorher versucht ein großes Küchenzelt zu bekommen, bei den Preisen, die der Verleiher für die drei Monate haben wollte, hätten wir einen provisorischen Bau errichten können, der als Dauereinrichtung ausgebaut werden kann.

 

In Gesprächen mit dem Küchenchef stellte sich heraus, dass sie für bis zu dreihundert Personen täglich das Essen zubereiten könnten, damit stand für uns fest, dass die Hotelküche die Verpflegung sicherstellen kann. Wir mussten nur noch den Weg finden, wie die Küche bis Mitte September funktionsfähig bleiben kann. Das Ergebnis kennst du inzwischen.“

 

Ich sagte: „Den Punkt mit der Verpflegung der Kids können wir damit hoffentlich auch abhaken. Wie sieht es bei den Mitarbeitern des Hotels aus, ausgenommen das Personal in der Küche. Stehen uns genügend Freiwillige zur Verfügung, um auf dem Zeltplatz mitzu­arbeiten?“

 

Wieder meldete sich die Chefin der Personalabteilung: „Ja und auch wieder nein. Die meisten Freiwilligen sind unsere Auszubildenden, die geplant ab Mitte Juni auf den Gutshof umziehen, um dort ihre Ausbildung fortzusetzen. Wenn wir die Auszubildenden, die sich als Helfer gemeldet haben, erst ab Anfang September zum Gutshof oder ins Seminarhotel um­setzen, könnten sie die Mitbetreuung der Kids im Zeltlager übernehmen.“

 

Ich wartete kurz ab, ob sich zu diesem Themenkomplex einer melden würde. Da sich nichts tat, sagte ich: „Machbar wäre das sicher, aber es wirbelt unseren Plan mit der Umsiedelung durcheinander. Bisher haben wir geplant, alle Auszubildenden gleichzeitig nach Rosenheim zu holen.

 

Damit die Mädchen und Jungs nicht von den Eltern gebracht werden müssen, oder jeder einzeln mit der Bahn anreist, hatten wir einen Bustransfer von Scharbeutz nach Rosenheim geplant. Bei zwei getrennten Fahrten mit weniger Teilnehmern rechnet sich das Ganze nicht mehr. Gibt es Vorschläge wie wir das alternativ lösen können?“

 

Michael, unser Sozialarbeiter meinte: „Bevor wir überlegen, bräuchten wir konkrete Zahlen, wie viele Auszubildende beim Zeltlager mitarbeiten wollen und wie viele im Juni anreisen würden. Bei euch laufen doch auch die Planungen für die sonstigen Mitarbeiter, die jeweils für einige Wochen entweder hier im Jugend- oder im Seminarhotel mitarbeiten und sich weiterbilden können. Vielleicht könnten wir die Bustransfers nutzen, nicht nur die Auszu­bildenden, sondern gleichzeitig die sonstigen Mitarbeiter nach Rosenheim zu holen.

 

Dann würden sich zwei größere Transfers sicher wieder rechnen. Die Frage geht ans Team des Ostseehotels, könnt ihr euch Gedanken machen, ob mein Vorschlag durchführbar ist, und Peter, sowie Florian, den zentrale Ausbildungsleiter, von den Ergebnissen eurer Recherchen unterrichten. Ich denke, für die Durchführung des Zeltlagers sollte das kein Hindernis sein, wenn die Auszubildenden später nach Rosenheim kommen.“

 

Der Marketingchef, Oliver Dombrowski meinte: „Die Idee, nicht nur die Auszubildenden zu transferieren, sondern auch die sonstigen Mitarbeiter zeitgleich, mit dem Bus, in den Süden zu bringen, hört sich sehr vernünftig an. Wir checken mit der Personalabteilung die Zahlen und melden uns bei euch.

 

Wenn ich schon dran bin, würde ich gleich weitermachen mit meinem Part. Ich habe mich inzwischen umgehört, Reisebusse für Tagesausflüge der Kids dürften während der Ferienzeit in Schleswig-Holstein kein Problem sein. Eng könnte es eventuell in den letzten vier Wochen werden. Das hängt auch ein bisschen davon ab, wie viele Gäste aus dem Süden in diesen Wochen noch im Zeltlager sind. Bei voller Auslastung müssten wir die Tagesausflüge etwas einschränken und uns Alternativen überlegen.

 

Ich habe mit der Stadt und dem Landkreis verhandelt, etwas ähnliches wie euer Ferienprogramm, dass die Gemeinden und Städte mit Hilfe des Landkreises anbieten, gibt es hier im Norden nicht. Das gesamte Freizeitangebot für die Kids müssen wir uns selbst erarbeiten. Wenn heute die Freigabe von Peter für das Zeltlager kommt, werde ich mich ab sofort, nur noch in diese Planung werfen.“

 

Ich zog die Gesprächsführung wieder zu mir und erklärte: „Da die kritischen Punkte, die wir hatten, geklärt sind, steht aus meiner Sicht nichts mehr im Weg, warum wir es nicht an der Ostsee durchführen sollten. Eine Frage habe ich dazu noch, wie sieht es mit Schlafzelten für dreihundert Kids und Betreuer aus und was ist als Aufenthaltszelt vorgesehen?“

 

Wieder war es Dirk des sich meldete und erklärte: „Die Schlafzelte würden wir vom Roten Kreuz bekommen, wobei diese von zwei verschiedenen Ortsverbänden stammen würden. Wenn ich das richtig verstanden habe, gibt es hier im Norden eine ähnliche Anlage mit WC, Dusch- und Waschgelegenheiten, wie ihr sie hattet, die uns zur Nutzung überlassen wird.

 

Beim Thema Aufenthaltszelt schwanken wir noch zwischen dem Angebot vom Roten Kreuz, mit mehreren kleineren Zelten, die aneinandergereiht werden können, und einem Angebot eines großen Zeltverleihers, der uns ein Volksfestzelt für diesen Zeitraum zu einem sehr günstigen Preis zur Verfügung stellen will.

 

Peter, die angesprochenen Institutionen, bei denen ich angefragt habe, haben teilweise ihr Interesse daran bekundet mit ihren Jugendgruppen für ein oder zwei Wochen am Zeltlager teilzunehmen. Wohin sollen sie ihre Anmeldungen schicken?“

 

Da die Frage an mich gerichtet war, antwortete ich: „Dirk, gilt auch für alle anderen Mitarbeiter, Anfragen sollen bitte an die Mail-Adresse zeltlager-ostsee@stiftung-sonneneck.de gerichtet werden. Wir werden nächst Woche festlegen, wer sich hauptamtlich um die Anmeldungen kümmert und Zusagen erteilen darf. Könnte das einer vor Ort übernehmen, ich denke da an einen Mitarbeiter des Hotels. Vielleicht jemand der auch die Betreuung der anreisenden Gruppen übernimmt und als dauerhafter Ansprechpartner zur Verfügung steht.

 

Vielleicht auch ein Team von zwei oder drei Mitarbeitern, die sich die Arbeit aufteilen. Die Einarbeitung wird für zwei oder drei Wochen hier im Gutshof stattfinden, Felix hat im letzten Jahr unser Zeltlager hervorragend gemanagt und hat die meiste Erfahrung, er wird die Einarbeitung übernehmen.

 

Ich denke wir sollten das Angebot mit dem Volksfestzelt annehmen, schickt mir bitte den Vertrag, dass ich ihn unterschreiben kann. Ach ja, wir hatten vorher noch das Thema Ferienprogramm das es bei euch im hohen Norden in dieser Form bisher nicht.

 

Oliver, könntest du dir vorstellen, dass wir mit unseren Angeboten für die Kids beim Zeltlager auch ortsansässige Kinder und Jugendliche erreichen können und wir der Stadt den Vorschlag unterbreiten, dass wir das für Scharbeutz mitorganisieren würden. Ich denke da vor allem an größere Tagesausflüge, aber in der Zukunft sogar Aktivitäten, wie zum Beispiel Kochkurse oder Ähnliches im Jugendhotel anzubieten.

 

Du hast dich doch mit Armin bereits getroffen und mitbekommen, was er für unsere Kids organisiert hat. Wir haben noch im alten Jahr mit der Stadt Rosenheim eine Vereinbarung abgeschlossen und werden uns ab heuer am örtlichen Ferienprogramm beteiligen. Sprich mit Armin, er kann dir sicher einige Tipps dafür geben.“

 

Bevor Oliver antworten konnte, meinte Tatjana Arndt: „Ich finde, das ist eine großartige Idee. Als Mutter weiß ich aus eigener Erfahrung, wie schwer es ist seine Kids während der Ferien bei Laune zu halten. Gäbe es solche Angebote, ich hätte sie sicher in Anspruch genommen. Die Eltern haben oft nur zwei oder drei Wochen Urlaub und in der restlichen Zeit sind die Kids häufig sich selbst überlassen.“

 

Jetzt konnte Oliver übernehmen und sagte: „Ein Versuch können wir wagen, wenn die Stadt nicht mitziehen will, werden wir ein eigenes Ferienprogramm auf die Beine stellen und den Kids über die Schulen anbieten. Sollte das Interesse groß sein können wir im nächsten Jahr damit weitermachen. Können wir das so aufziehen, wie es in Rosenheim abläuft, dass verschiedene Anbieter sich beteiligen?“

 

Wieder war eine Entscheidung von mir gefragt: „Ich finde es gut, wenn es bei euch Institutionen gibt, die sich an einem Angebot für die Kinder und Jugendlichen beteiligen wollen. Ihr habt freie Hand, ich will nur rechtzeitig wissen, welche Kosten auf die Stiftung zukommen, damit wir es in die Planung einfließen lassen können. Gibt es noch etwas, was zu klären ist, ansonsten wünsche ich allen Beteiligten viel Spaß bei den weiteren Planungen und Vorbereitungen für das Zeltlager. Wie ich zu erreichen bin ist allen hinreichend bekannt.“

 

Die Personalchefin vom zukünftigen Jugendhotel meinte: „Ich hätte hier bereits zwei Kandidaten, die sich zutrauen, das Management für das Zeltlager zu übernehmen. Du könntest dich gleich noch kurz mit den beiden Jungs unterhalten.“

 

Ich erklärte: „Okay, dann bleibt ihr bitte noch in der Leitung alle anderen Verbindungen werden jetzt abgeschaltet.“

 

Ich schaute zu Noah und meinte, bis auf die Verbindung zum Personalbüro im Ostseehotel kannst du alle Verbindungen kappen.“

 

Es dauerte nicht lange und es gab nur noch die Verbindung zur Personalabteilung. Sie hatte die beiden Jungs neben sich gesetzt, so dass ich sie ebenfalls sehen konnte. Ich erkannt die beiden Jungs, ich hatte sie während der Besichtigung kennengelernt und meinte: „Hi Ryan, hi Heiko, schön euch beide wieder einmal zu sehen.

 

Ich habe gehört, dass ihr euch zutraut, nach Einarbeitung durch Felix, das Management für das Zeltlager zu übernehmen und deshalb für zwei oder drei Wochen zu uns in den Süden kommen wollt. Nicht nur Felix wird sich freuen, wenn ihr zu uns kommt. Wann hattet ihr gedacht, dass ihr zu uns kommen wollt.“

 

Tina die Personalchefin meinte: „Bei uns ist es im Hotel derzeit ruhig, die Jungs könnten ab Montag zur Schulung für die zwei oder drei Wochen zu euch kommen. Wenn du zustimmst, würden die Jungs am Sonntag anreisen, wir haben bereits die Eltern von der kurzzeitigen Versetzung nach Rosenheim informiert und die Zustimmung liegt vor.“

 

Ich erklärte: „Ein Eintreffen am Sonntag ist etwas ungünstig, ich habe am Sonntagnachmittag einen längeren Termin, den ich nicht mehr verschieben kann. Könnten die Jungs eventuell morgen bereits anreisen, dann kann ich sie in Rosenheim am Bahnhof persönlich in Empfang nehmen. Ansonsten wäre eine Anreise am Sonntag erst in vierzehn Tagen möglich, da ich nächstes Wochenende mit meinen Jungs unterwegs bin.“

 

Als ich das sagte, hatte ich die beiden Jungs aber auch Tina beobachtet. Sie diskutierten kurz und Heiko sagte: „Ryan und ich sind uns einig, dass wir bereits morgen bei euch eintreffen wollen. Tina hat zugestimmt, dass wir nach dem Gespräch die Arbeit beenden und nach Hause fahren können, um unsere Koffer zu packen.

 

Wir haben uns hier eine Verbindung herausgesucht, bei der wir bereits gegen fünfzehnuhrdreißig in Rosenheim sein würden. Sie hat den Vorteil, dass wir insgesamt nur zweimal umsteigen müssen, einmal in Lüneburg und später in München, Alle anderen Verbindungen erfordern viermaliges Umsteigen.“

 

Ich erklärte: „Jungs, in Ordnung, dann hole ich euch gegen halb vor vier in Rosenheim am Bahnhof ab. Schreibt euch meine mobile Rufnummer auf, und informiert mich, wenn es unterwegs zu Verspätungen kommen sollte.“

 

Ich gab ihnen meine Rufnummer durch und verabschiedete mich von den beiden Jungs bis morgen Nachmittag. Noah trennte die letzte Verbindung und beendete das Programm, dass uns mit den Teilnehmern verbunden hatte.

 

Er meinte: „Peter triffst du öfter so schnelle Entscheidungen und Einladungen. Das wäre nichts für mich, aber interessant war es trotzdem. Danke, dass ich heute die technische Leitung für den Videoanruf übernehmen durfte. Es ist zwar alles neu, aber mir hat es richtig Spaß gemacht.“

 

Wir verließen den Besprechungsraum und Noah verabschiedete sich bis Sonntag, sofern wir uns nicht vorher noch einmal sehen sollten. Ich sagte dazu nichts und wollte in mein Büro gehen. Mein Weg führte mich jedoch ins Restaurant zu Alexandra. Ich erklärte ihr: „Ich brauche ab morgen zwei Zimmer im Jugendhotel für drei Wochen, da die beiden Jungs die nächsten drei Wochen bei Felix einen Kurs in Zeltlagermanagement absolvieren. Die beiden Jungs werden am Sonntag ebenfalls beim Kaffee mit dabei sein, also noch einmal zwei Personen mehr. Weißt du, ob Carsten heute im Haus ist oder noch kommt?“

 

Sie antwortete mir: „Carsten hat heute noch Frühschicht und danach das Wochenende frei, er fängt am Montag wieder mit der Spätschicht an. Ich werde gleich zwei nebeneinanderliegende Zimmer für die beiden Jungs reservieren. Kannst du mir die Namen nennen.“

Ich überlegte kurz, bei den Vornamen hatte ich kein Problem, aber bei den Familien­namen musste ich doch etwas länger nachdenken. Ich antwortete ihr: „Die beiden Jungs sind Ryan Meyer, mit e y geschrieben und Heiko Schulz.“

 

Ich verabschiedete mich und ging in die Küche und suchte nach Carsten. Als ich ihn fand erzählte ich ihm, dass zwei seiner ehemaligen Mitauszubildenden, Ryan und Heiko, ab morgen für drei Wochen hier sein werden und von Felix ins Zeltlagermanagement eingewiesen werden.

 

Carsten lachte und erklärte: „Das ist wirklich eine Überraschung, ich hätte nie gedacht, dass zwei Auszubildende das Zeltlager an der Ostsee leiten werden, wobei, wenn ich jetzt noch in Scharbeutz wäre, hätte ich vermutlich den Versuch gewagt und mich auch für diese Aufgabe gemeldet.

 

Jetzt ging ich ins Büro zu Ludwig und Felix. Als ich eintrat schauten sie mich fragend an, sie waren es nicht gewohnt, dass ich über den Flur zu ihnen ins Zimmer kam. Normalerweise besuchte ich sie immer direkt von meinem Büro aus.

 

Ich meinte: „Ich habe Aufgaben und Überraschungen für euch. In welcher Reihenfolge soll ich euch die Punkte näherbringen.“

 

Die beiden schauten sich kurz an und antworteten einstimmig: „Zuerst die Überraschung und dann die Aufgaben.“

 

Ich lachte und meinte: „Da habt ihr aber lange üben müssen, bis das so perfekt funktioniert hat. Kommen wir zur Überraschung, morgen Nachmittag kommen vom Ostseehotel zwei Auszubildende für drei Wochen zu uns auf dem Gutshof. Damit sind wir bei den Aufgaben angekommen.

 

Felix, Heiko und Ryan sind hier, um von dir Zeltlagermanagement zu lernen. Du darfst den beiden Jungs erklären, was sie alles beachten und planen müssen, damit sie in den Sommermonaten das Zeitlager vor Ort leiten können. Die beiden haben keinen Peter vor Ort, den sie fragen können. Sie müssen alles allein oder notfalls mit der Hilfe des Hotelmanagers entscheiden.

 

Sicher wenn es besondere Probleme geben sollte, wird mir nichts anderes übrigbleiben als doch wieder einzugreifen. Ich verlasse mich auf dich, dass du ihnen so viel beibringst, dass sie nur in echten Notfällen bei uns aufschlagen.

 

Die zweite Aufgabe geht an Ludwig, die beiden Jungs werden mit ins Allgäu mitkommen, mit Noah sind wir inzwischen auf fünfzehn Leute angewachsen. Wir werden doch mit den beiden Ford Galaxy die Fahrt antreten müssen. Die Aufteilung müssen wir neu regeln, gibt es ein Ferienhaus für sechs Personen, damit dort sechs Personen Platz finden.“

 

Ludwig lachte und erklärte: „Geben würde es so ein Ferienhaus schon, aber das macht keinen Sinn. Es gibt noch ein Ferienhaus für zehn und eines für zwölf Personen. Ich denke wir sollten das Ferienhaus für zwölf Gäste nehmen, dort ist der Gemeinschaftsraum recht groß und wir können uns dort bequem treffen und alles Besprechen.

 

Peter, ich werde bei der Umbestellung einfach behaupten, dass der Chef noch zwei Mitarbeiter vom zukünftigen Jugendhotel an der Ostsee zur Projektbesichtigung eingeladen hat und wir deswegen umbuchen müssen. Ich werde das gleich noch heute Nachmittag durchziehen, mal sehen, wie sie darauf reagieren auf die Umbuchung.“

 

Felix, der bisher noch nichts zu seiner Aufgabe gesagt hatte, meine jetzt: „Peter, das ist fies von dir, nur weil ich mich nicht blöd angestellt habe und das Zeltlager am Gutshof einigermaßen perfekt organisiert habe, soll ich jetzt Nachhilfe geben, damit die Nordlichter ebenfalls ein perfektes Zeltlager abliefern können.“

 

Ich schaute ihn an und erwiderte: „Wenn du das so siehst, werde ich Dennis mit der Aufgabe beauftragen. Ich bin mir dennoch sicher, dass du der Richtige für diese Aufgabe bist. Du sollst den beiden Jungs zeigen, wie du die Aufgabe gelöst hast oder sollen die Beiden deinetwegen das Rad neu erfinden. Wir haben zusammen die Excellisten erstellt, die würde ich den Jungs zur Verfügung stellen.

 

Vor allem sollen sie von Anfang an die Belegung planen und alles, was damit zusam­menhängt. Für mich ist wichtig, dass sie das Anmeldetool beherrschen, damit nicht wie bei Barbara ein Chaos bei den Zusagen entsteht. Vermutlich kommen nächste Woche bereits die ersten vorläufigen Anmeldungen, wenn Dirk den Interessenten aus dem norddeutschen Raum die Mailadresse übermittelt.

 

Ein Angebot von mir, wir teilen uns die Aufgabe auf, du übernimmst die Jungs am Vormittag und ich arbeite mit ihnen an den Nachmittagen. Eine Bitte, orderst du in der IT für die beiden Jungs je ein Notebook, damit sie von Anfang an die Daten mobil bearbeiten können.

 

Besorge über Bernhard in der Doku-Verwaltung einen eigenen Bereich, wo die Jungs alle Unterlagen zum Zeltlager hinterlegen können. Zugriff sollen die beiden Jungs, sowie du und ich erhalten. Am Montagvormittag setzen wir uns mit Heiko und Ryan zu einem ersten Gespräch zusammen und dann sehen wir weiter.“

 

Es klopfte von meinem Büro aus jemand an der Tür und Ludwig rief: „Herein, aber nur wenn er keine neue Arbeit mitbringt.“

 

Die Tür öffnete sich und Klaus trat ein. Er meinte: „Jungs ich bringe euch keine Arbeit, ich bin ausnahmsweise der Überbringer von guten Nachrichten.“

 

Da wir alle nur Klaus anschauten, sagte er: „Ich habe soeben eine neue Mitarbeiterin, Sarah Hübner für die Buchhaltung eingestellt. Sie wird euch zukünftig in der Buchhaltung der Stiftungsverwaltung unterstützen, da Benjamin, die Buchhaltung verlassen wird. Er wird auf Wunsch von Peter, in die Stiftungsverwaltung wechseln. Sarah wird bereits am Montag ihren Dienst aufnehmen und von Benjamin eingearbeitet, so dass dieser im Lauf der kommenden Woche zu euch wechseln kann.“

 

Die beiden Jungs schauten mich an und Ludwig meinte: „Interessante Neuigkeiten, Peter, wann wolltest du uns informieren, dass Benjamin in die Stiftungsverwaltung wechselt. Wobei, wenn ich darüber nachdenke, ich habe mich schon gewundert, warum du Benjamin ins Allgäu mitnehmen willst.“

 

Ich erklärte: „Ihr hättet die Neuigkeit erfahren, wenn Klaus Ersatz für Benjamin gefunden hat. Meine Entscheidung ist am Mittwochabend gefallen, gestern habe ich sowohl mit Benjamin als auch mit Klaus darüber gesprochen. Er hatte für heute Vormittag zwei Vor­stellungsgespräche vereinbart und inzwischen ist wohl die Entscheidung gefallen.

 

Ich habe Benjamin ausgewählt, weil er inzwischen viel Wissen über die Stiftung sammeln konnte und nicht bei null anfangen wird. Ihr dürft nicht vergessen, Ludwig könnte schneller als von uns gedacht zu einhundert Prozent, seine Aufgaben in der neuen GmbH übernehmen. Nächste Woche werden wir gemeinsam klären, ob ihr zukünftig im Büro neben mir bleiben könnt, immerhin kommen Anfang September David und Patrick, die zwei neuen Auszubildenden in eure Abteilung und damit könnte es eng werden.“

 

Felix sagte: „Ich hatte einen Moment gedacht, dass Benjamin das Unternehmen ver­lassen will, als du erklärt hast, dass du eine neue Mitarbeiterin für die Buchhaltung der Stiftung eingestellt hast, weil dieser die Buchhaltung verlassen wird. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit Benjamin, wenn Ludwig zu Bernhard in die Dokumenten- und Bauplan­verwaltung wechselt.

 

Peter, ist okay, wir werden den beiden Auszubildenden vom Ostseehotel alles bei­bringen, damit das Zeltlager an der Ostsee ein voller Erfolg werden kann. Ich denke in drei Wochen werden die Jungs alles wissen, was sie für die Organisation brauchen werden. Ich freue mich schon auf die beiden Jungs, die ich bei unserer Besichtigung im Herbst bereits kennenlernen durfte.“

 

Klaus und ich verabschiedeten uns von Felix und Ludwig und gingen gemeinsam in mein Büro. Ich hatte kaum die Tür geschlossen, meinte Klaus: „Peter, tut mir leid, dass ich im Beisein der Jungs die frohe Kunde überbracht habe. Ich hatte angenommen, dass du die Mitarbeiter der Stiftung von dem Wechsel bereits informiert hattest.“

 

Ich antwortete: „Klaus, alles okay, ob sie es von dir oder von mir erfahren haben, ist doch völlig egal. Wichtig ist, dass sie die Veränderung positiv aufgenommen haben. Am Ende zählt doch nur das Ergebnis, nicht wie es zustande gekommen ist. Falls wir uns heute nicht mehr sehen, wünsche ich dir bereits jetzt ein schönes Wochenende.“

 

Kaum das Klaus den Raum verlassen hatte, stand Petra in meinem Büro und sagte: „Das das Zeltlager an der Ostsee stattfindet habe ich bereits gehört, aber scheinbar gibt es weitere Neuigkeiten, heraus damit.“

 

Ich lächelt sie an und erzählte ihr: „Zwei Auszubildende vom Ostseehotel kommen am Wochenende hierher und werden von Felix und mir geschult, dass sie so wie Felix, das Zeltlager organisieren können. Sie bleiben voraussichtlich drei Wochen und werden im Gesindehaus untergebracht. Das Klaus eine neue Mitarbeiterin für die Buchhaltung ausge­wählt hat, ist dir vermutlich bereits bekannt. Dafür wechselt Benjamin in die Stiftungsver­waltung, wo er die Aufgaben von Ludwig übernehmen wird.

 

Könntest du mich daran erinnern, dass ich im Laufe der nächsten Woche mit den Mitarbeitern der Stiftung abkläre, wo die Stiftungsverwaltung langfristig untergebracht wird, wenn ab September die beiden Auszubildenden hinzukommen, wird es im bisherigen Büro vielleicht zu eng.

 

Ach, bevor ich es vergesse für die nächsten drei Wochen kannst du alle Nachmittagstermine absagen oder verlegen. Ich habe mit Felix eine Vereinbarung getroffen, dass er die Jungs aus dem hohen Norden vormittags und ich sie nachmittags betreue. Transponder brauche ich nicht für die beiden Jungs, ihr Essen in der Kantine wird über die Zimmer im Jugendhotel abgerechnet.“

 

Es klopfte bei mir an der Bürotür und Petra meinte “Eintreten erlaubt“, wobei sie sich gleichzeitig von mir verabschiedete und mir ein ruhiges Wochenende wünschte. Dieter kam ins Büro und lachte, wobei er sagte: „Eintreten erlaubt, habe ich noch nie gehört. Ich finde den Spruch fast besser als das ewig gleiche Herein. Peter, ich bin hier, wie bestellt. Jetzt würde ich gern wissen, was du dir wieder ausgedacht hast.“

 

Ich grinste ihn an und sagte: „Da ist wohl einer besonders neugierig. Du musst dich noch ein paar Minuten gedulden, mein Geheimnis werde ich erst in der IT-Abteilung lüften. Ich kann dir von Noah trotzdem erfreuliches berichten. Bernhard, der heute für die Videotechnik bei unserer Konferenz zuständig war, hat Noah mitgebracht und mit ihm die Konferenz gestartet. Er fragte, ob Noah sich zutrauen würde, die Technik allein zu überwachen. Als Noah meinte, er versucht es, notfalls würde er Bernhard zu Hilfe holen.

 

Er saß während der ganzen Konferenz neben mir und hat sich ausgezeichnet ge­schlagen. Nur mit einer kurzen Einführung hat er alles gemanagt, mir wurde schon öfter erklärt, wie es funktioniert, trotzdem verstehe ich die Technik nicht und brauche jedes Mal einen Mitarbeiter, der sich darum kümmert. Am Ende erklärte er mir, obwohl alles neu für ihn war, dass es im Spaß gemacht hat.“

 

Dieter meinte: „Ich wusste, dass er Intelligent ist, aber dass er sich so schnell neue Sachen aneignet, wusste ich bisher nicht. Noah entwickelt sich langsam zu einer Wundertüte. Täglich neue Überraschungen, wenn er bei euch ist.“

 

Ich zog meine Jacke an und gemeinsam gingen wir ins Gebäude der IT-Abteilung. Wir gingen nach oben und schauten in Bernhards Büro, wo ich die beiden Jungs vermutete. Der Raum war leer und auch die restlichen Büroräume der Dokumentenverwaltung waren unbesetzt. Ich meinte zu Dieter, die Jungs sitzen wohl in einem der Besprechungszimmer.

 

Wir gingen zurück ins Treppenhaus und mein Klopfen am ersten Besprechungsraum brachte einen Erfolg, wir wurden in den Raum gebeten. Ich öffnete die Tür und wir traten ein. Mit Erstaunen stellten wir fest, dass Noah seinen Kollegen erklärte, welche Verbesserungen sich Bernhard und er ausgedacht hatten, die sie in nächster Zeit umsetzen wollen.

 

Dieter blieb mit offenem Mund an der Tür stehen, so dass ich ihn hinter mir herzog und aufforderte sich zu setzen. Wir schauten gebannt zu, bis nach etwa einer viertel Stunde die Besprechung durch Bernhard beendet wurde. Er wünschte allen Kollegen ein schönes Wochenende und als die anderen Mitarbeiter den Raum verlassen hatten sagt: „Na ihr zwei, was können wir für euch tun. Dieter, was war mit dir los, ich habe dich beobachtet und mich gewundert, dass du so überrascht gewirkt hast.“

 

Dieter schaute Bernhard an und erklärte: „Ja, ich war überrascht, vor allem von Noah. Ich habe ihm nicht zugetraut, dass er schon am ersten vollen Arbeitstag vor allen Kollegen so sicher seinen Vortrag abgeliefert hat. Hattet ihr das vorher geübt?“

 

Bernhard antwortete: „Tut mir leid Dieter, wir haben das weder vorher geübt, noch haben wir es abgesprochen. Ich habe ihn nur gebeten, unseren Kollegen zu erklären, was in nächster Zeit geändert wird oder neu hinzukommt. Eigentlich wollten wir noch diskutieren, aber das werden wir nächste Woche nachholen, ist vielleicht auch besser so. Die Jungs müssen erst einmal verdauen, was Noah ihnen heute vorgestellt hat. Ihr seid doch sicher nicht gekommen, um unserer Besprechung beizuwohnen, euch führt doch sicher etwas anderes zu uns.“

 

Ich erklärte: „Dieter war heute Morgen bei mir im Büro und wir haben einiges besprochen. Ich bin der Meinung, dass Noah hier wohnen soll, damit er nicht jeden Tag einen Fahrer braucht, der ihn von der Wohngemeinschaft ins Büro und zurückfährt. Ich habe mir da einiges überlegt und das wollten wir mit euch beiden besprechen.“

 

Bernhard schaute mich an und sagte: „Hängt das vielleicht damit zusammen, dass du bei Philipp die Zugangsberechtigung zu allen Wohnungen im Dachgeschoss unseres IT-Gebäudes beantragt hast.“

 

Ich grinste und meinte: „Bernhard, du bist ein schlaues Kerlchen, aber das ist mir schon länger bekannt. Ich habe mir überlegt, ob wir Noah eventuell in einer der Wohnungen im Dachgeschoß der IT unterbringen könnten. Wenn Noah sich vorstellen kann dort einzuziehen, übernimmt Dieter eine sogenannte ambulante Betreuung von Noah.

 

Das setzt voraus, dass Noah sich selbst versorgen und alle üblichen Arbeiten im Haushalt allein erledigen kann. Sicher wird er am Anfang öfter unsere Unterstützung brauchen, würdest du dich mit einbringen wollen? Auch mich könnte Noah jederzeit ansprechen, wenn er Unterstützung bräuchte.

 

„Halt“ sagte Noah und sprach weiter: „Ihr traut mir zu, dass ich allein in einer eigenen Wohnung leben kann, und wollt mich bei diesem Schritt unterstützen! So viel Vertrauen hatte noch kein anderer bisher. Ich habe nur Angst, dass ich euch enttäuschen könnte.“

 

Bernhard meinte: „Nach meinen Erfahrungen der letzten beiden Tage, kann ich mir nicht vorstellen, dass du uns enttäuschen könntest. Ich bin mir sicher, dass du mit unserer Hilfe diesen Weg beschreiten kannst. Wenn du den Versuch doch abbrechen solltest, gehst du einfach in deine Wohngemeinschaft zurück. Das wird aber nichts an der Zusammenarbeit mit dir ändern, das verspreche ich dir heute schon.“

 

Noah lächelte und meinte: „Danke Bernhard, mit eurer Hilfe würde ich es versuchen wollen. Können wir uns die Wohnungen ansehen, wenn Peter schon die Zugangsberechtigung für alle Wohnung besitzt.“

 

Ich erklärte: „Wir können uns die Wohnungen gern ansehen, wir sollten aber noch einige Dinge im Vorfeld besprechen. Noah, auch wenn dir eine der Wohnungen gefällt, kannst du nicht von heute auf morgen dort einziehen. Zuerst muss die ganze Wohnung, am besten nach deinen Wünschen eingerichtet werden. Aber nicht nur Möbel müssen angeschafft werden, sondern auch alles, was du zum Leben benötigst, muss eingekauft werden. Geschirr, Besteck, Gläser und noch viel mehr.

 

Würdest du mit meiner oder mit Bernhards Unterstützung die Wohnung einrichten wollen, dass wäre der erste Schritt, damit du einziehen kannst. Sicher kann dir Dieter auch dabei helfen. Mit etwas Glück und guter Vorbereitung würdest du dann deine eigene Wohnung in etwa drei bis vier Wochen beziehen können.“

 

Bernhard schaute mich an und meinte: „Mit der Energie, die Noah zurzeit besitzt, wird er vermutlich früher so weit sein.“

 

Noah sagte: „Wenn ihr mir helft, die Wohnung einzurichten und bewohnbar zu machen, bin ich bereit die ersten Schritte in diese Richtung zu gehen. Könnt ihr mir sagen, wo ich mir Ideen für meine Wohnung holen kann, das würde mir sicher weiterhelfen.“

 

Bernhard meinte: „Beispiele, die du dir anschauen kannst, gibt es genügend im Gutshof. Ich denke Peter wird dir sicher seine Wohnung zeigen, das Appartement von mir und Benjamin, aber auch von Ludwig und Christian, sollte kein Problem sein. Vor einigen Tagen hat Mario in der Gärtnerei Grubmüller seine neue Wohnung eingerichtet, bei dem kannst du dich sicher auch inspirieren lassen. Beim Verwalterhaus bin ich mir nicht so sicher, die zwei Familien leben eher wie eine Wohngemeinschaft zusammen.“

 

Ich sagte: „Ich kann mir vorstellen, dass du dich mit Christian am besten austauschen kannst. Er kann dir die besten Tipps geben, sein Appartement ist ein absoluter Traum. Wir schauen uns jetzt einfach die Wohnungen an. Von der Wohnung, die dir am besten gefällt, besorge ich den Grundriss, damit ihr in die Planung einsteigen könnt.“

 

Dieter der die ganze Zeit über kein Wort gesprochen hatte, sagte zu mir auf dem Weg nach oben: „Ich bin immer noch sprachlos, ich erkenne diesen Noah nicht wieder. Kein Vergleich mit dem jungen Mann, der erst vor wenigen Tage in der Lebenshilfe eingezogen ist.“

 

Oben angekommen, öffnete ich alle drei Wohnungen und meinte, die Jungs sollen sich doch einfach umschauen, ich werde mit Dieter eine getrennte Wohnungsbesichtigung durchziehen. Gemeinsam mit Dieter besichtigte wir alle drei Wohnungen, wobei ich darauf achtete, dass wir nie mit den Jungs in einer Wohnung waren. Am Ende fragte ich Dieter: „Ich hätte von dir gerne einen Tipp, für welche sich Noah entscheidet.“

 

Dieter schaute mich an, meinte dann, dass Noah sich wahrscheinlich für die Wohnung eins entscheiden wird, da sie direkt über seinem Büro liegt. Ich erklärte ihm, dass ich auf Wohnung drei tippen würde. Auf dem Flur trafen wir auf die beiden Jungs und Bernhard sagte: „Noah hat sich für Wohnung drei entschieden, die gefällt ihm am besten, vor allem, weil er dort einen guten Blick auf das Gutshaus und auf das Jugendhotel hat und ihm der Grundriss am besten gefällt.“

 

Jetzt schaute Dieter mich an und meinte: „Peter woher wusstest du, dass er sich für Wohnung drei entscheiden wird.“

 

Ich grinste und meinte: „Reines Bauchgefühl, aber auch weil ich versucht habe mich in seine Lage zu versetzen und dabei ist die Wohnung drei bei mir hängengeblieben. Bernhard, ich bin überrascht, dass in allen Wohnungen die Küchen bereits eingebaut sind. Wann waren die Monteure hier, um die Küchen einzubauen.“

 

Bernhard erklärte: „Anfangs der Woche sind sie aufgetaucht und Alejandro hat die Küchen abgenommen.“

 

Wir verschlossen wieder die drei Wohnungen und gingen nach unten in den Bespre­chungsraum zurück. Ich meinte, wir sollten Philipp und Marcus zu unserem weiteren Gespräch hinzuziehen. Bernhard telefonierte kurz, und meinte, die beiden kommen gleich. Peter ich starte in der Zwischenzeit schnell den Ausdruck der von Noah bevorzugten Wohnung, dann musst du dich nicht mehr darum kümmern, sagte er noch und verschwand.

 

Als alle im Besprechungszimmer versammelt waren erklärte ich: „Philipp, du wolltest wissen, warum ich zu allen Wohnungen über euren Büros Zutritt haben wollte. Ich habe dir versprochen, dass du noch heute von mir darüber informiert wirst. Noah wird in Wohnung drei einziehen, damit er nicht jeden Tag hierhergebracht und wieder abgeholt werden muss. Dieter ist mit einverstanden, dass wir Noah ein eigenständiges Leben ermöglichen wollen.“

 

Marcus meinte: „Ich habe nicht damit gerechnet, dass eine der Wohnungen so schnell belegt wird. Ich freue mich für Noah, wenn er der Glückliche ist, der dort einziehen kann. Noah, wenn du Hilfe beim Umzug brauchst, Philipp und ich helfen dir gern, aber nicht nur wir zwei, alle Jungs, die hier wohnen, werden dir helfen, wenn du es willst.“

 

Noah strahlte über das ganze Gesicht, was mir sofort zeigte, dass er sich über das Angebot von Marcus freute. Dieter schaute mich an und meinte: „Können wir am Sonntag mit Barbara über Noah sprechen, sie wird mir nicht glauben, wenn ich ihr von der wundervollen Verwandlung des Jungen erzähle. Ich will mit ihr sprechen, denn, wenn unser Projekt Noah erfolgreich ist, wird das auch Auswirkungen auf ihre Arbeit haben.“

 

Ich war der Meinung, dass wir so langsam für heute ein Ende finden sollte. Vorher fragte ich Noah, ob er ein Smartphone besitze. Er verneinte meine Frage, so dass ich ihm anbot von Philipp ein Dienst-Smartphone zu bekommen, damit er uns immer erreichen könne, wenn er Hilfe braucht. Er nickte nur, so dass ich Philipp den Auftrag gab, bis Sonntagnachmittag ein Gerät vorzubereiten und ihm beim Kaffee zu übergeben.

 

Da sich Dieter und Noah für heute bis zum Sonntag verabschiedeten und in die Wohngemeinschaft zurückfuhren, blieb ich noch kurz bei den Jungs von der IT. Ich meinte Philipp soll ihm doch die wichtigsten Rufnummern bereits hinterlegen, damit er bereits einen Grundstock an Rufnummern hat.

 

Danach verabschiedete ich mich ebenfalls und ging ins Gutshaus zurück. Ich war gerade rechtzeitig in meinem Büro, um, der von der Schule kommenden Meute in die Arme zu laufen. Gemeinsam gingen wir in die Kantine im Gesindehaus zum Essen. David und Tobias setzten sich zu mir an den Tisch und während wir aßen, erzählte ich ihnen die Neuigkeit, dass Ryan und Heiko vom Ostseehotel bereits morgen für drei Wochen zum Gutshof kommen.

 

David wollte wissen, ob die beiden wüssten, dass sie zwischenzeitlich von Thomas und mir adoptiert wurden. Ich sagte: „Ich denke die beiden wissen es noch nicht, dass wir euch adoptiert haben, es sei denn, Carsten hat es ausgeplaudert. Einer von euch beiden kann mich morgen Nachmittag begleiten, wenn ich die beiden Jungs vom Bahnhof abholen werden. Das dürft ihr unter euch aushandeln, wer zum Bahnhof mitkommt.“

 

Nach dem Essen bin ich nur noch kurz ins Büro, bis Thomas auftaucht und mir erklärte, dass ich jetzt endlich ins Wochenende gehen soll. Nächstes Wochenende arbeitest du auch wieder durch, bei eurer Projektbesichtigung. Ich erzählte ihm, dass ich morgen Nachmittag zwei Jungs vom Jugendhotel Ostsee vom Bahnhof abholen werde. Sie werden von Felix in den nächsten drei Wochen ins Zeltlagermanagement eingewiesen, damit sie das Zeltlager an der Ostsee managen können.

 

Thomas und ich einigten uns auf dem Weg nach oben in unsere Wohnung darauf, dass wir mit unseren Gästen und unseren beiden Jungs morgen Abend zum Essen gehen würden.

 

****

 

Der Samstag begann wie jeder Samstagvormittag, mit Einkaufen und Wohnung auf Vordermann bringen, Wäsche waschen und allem, was jeweils an dem Wochenende in der Wohnung zu erledigen ist. Mittags gab es nur eine Brotzeit, da wir abends zum Essen gehen wollten.

 

Gegen fünfzehn Uhr machte ich mich in Begleitung von Tobias auf den Weg zum Bahnhof in Rosenheim, um die beiden Jungs abzuholen. Heiko hatte kurz vorher angerufen und mitgeteilt, dass sie pünktlich in München losgefahren sind. Wir waren sehr pünktlich am Bahnhof und ausnahmsweise gab es genügend freie Parkplätze.

 

Gemeinsam gingen wir zum Bahnsteig, auf dem die beiden Jungs in wenigen Minuten eintreffen sollten. Wir blieben in der Nähe des Aufgangs stehen und warteten auf die Ankunft des Zuges. Pünktlich näherte sich der Zug dem Bahnsteig und blieb stehen. Als die Türen sich öffneten beobachteten wir die aussteigenden Fahrgäste.

 

Während ich in die Richtung blickte, aus der der Zug gekommen war, konzentrierte sich Tobias in die Richtung, in die der Zug abfahren würde. Plötzlich tippte mir Tobias auf den Rücken und meinte, dass er die Jungs bereits entdeckt hat. Als ich mich umdrehte konnte ich sie bereits erkennen und wir gingen ihnen ein Stück entgegen, bis wir ihnen gegenüberstanden. Ich begrüßte die beiden Jungs und meinte: „Na, wann seid ihr heute Morgen aufgebrochen, damit ihr jetzt schon in Rosenheim seid?“

 

Heiko meinte: „Aufgestanden bin ich kurz vor sechs Uhr und kurz vor sieben Uhr ist mein Vater mit mir erst zu Ryan gefahren und dann weiter zum Bahnhof in Scharbeutz. Kurz nach halb acht Uhr sind wir in den Zug eingestiegen, der uns in gut einer viertel Stunde nach Lübeck brachte. Dort hatten wir fast eine halbe Stunde Aufenthalt, die wir nutzten, um uns mit einer Brotzeit für die Fahrt bis München einzudecken.

 

Pünktlich um achtuhrsechzehn ist unser ICE in Lübeck losgefahren, wir konnten ohne einen weiteren Umstieg direkt bis München durchfahren. In München sind wir fast auf die Minute genau eingefahren. Da der Zug gut besetzt war und wir uns nicht rechtzeitig einen Platz am Ausstieg gesichert hatten, mussten wir uns beeilen, um von Gleis dreiundzwanzig rechtzeitig zum Flügelbahnhof Süd zum Gleis neun zu kommen, wo unser Regionalexpress nach Rosenheim wartete.

 

Mit nur einem kurzen Halt am Ostbahnhof in München ging es dann direkt nach Rosenheim weiter. Wir waren von zuhause bis zum Bahnhof in Rosenheim gerade Mal achteinhalb Stunden unterwegs. Wir hätten auch eine Stunde später losfahren können, dann wären wir aber erst gegen siebzehnuhrdreißig in Rosenheim angekommen und hätten vier Mal umsteigen müssen.“

 

Ich sagte: „Mit dem Auto haben wir in etwa die gleiche Zeit benötigt, ohne Umsteigen, aber dafür mit einer fast halbstündigen Pause dazwischen. Ihr habt damit die zeitlich kürzeste Verbindung der Bahn von Scharbeutz nach Rosenheim erwischt.“

 

Florian und ich gingen mit den beiden Jungs zum Parkplatz, legten die beiden Koffer in den Kofferraum und schon waren wir unterwegs zum Gutshof. Kurz vor sechzehn Uhr parkte ich vor dem Jugendhotel und sagte zu den Jungs: „Das Jugendhotel wird für die nächsten drei Wochen euer zuhause sein. Wir wohnen drüben im Gutshaus direkt über dem Restaurant. Ihr werdet gleich im Jugendhotel einchecken und eure Zimmer beziehen. Wenn ihr eure Koffer ausgepackt habt, kommt ihr zu uns in die erste Etage des Gutshauses, spätesten jedoch bis achtzehn Uhr.“

 

Tobias und ich begleiteten die Jungs ins Hotel und ich fing an zu grinsen, den Dennis stand hinter der Rezeption. Als er Heiko und Ryan auf sich zukommen sah, wurden seine Augen immer größer. Ich vermute, dass Felix ihm nichts von dem dreiwöchigen Aufenthalt der Jungs in Rosenheim erzählt hat. Als wir vor ihm standen, meinte er: „Wo kommt ihr plötzlich her, keiner hat mit einem Wort verlauten lassen, dass ihr bei uns im Jugendhotel eincheckt. Habt ihr ein Zimmer bei uns reserviert?“

 

Ryan grinste und meinte: „Ich befürchte, das haben wir im Eifer des Gefechts vergessen. Ich denke aber, dass Peter für uns ein Zimmer reserviert haben muss, sonst würde er uns nicht hier abliefern. Bist du nicht mehr mit Felix zusammen, der sollte eigentlich wissen, dass wir heute anreisen, weil er uns in den nächsten drei Wochen in die Organisation es Jugendzeltlagers einweisen soll, das im Sommer bei uns stattfinden wird.“

 

Dennis schaute im Computer nach und meinte: „Für euch sind zwei und nicht ein Zimmer reserviert, die beiden Zimmer liegen nebeneinander, ihr müsst euch aber ein gemeinsames Bad teilen. Hier sind eure Transponder, mit dem ihr euer Zimmer öffnen könnt. Ich sehe gerade, dass ihr mit euren Transpondern alle Mahlzeiten im Jugendhotel, beziehungsweise in der Kantine einnehmen könnt. Ihr seid die ersten Gäste, bei denen das freigeschaltet ist. Eigentlich sollte es erst ab März funktionieren, vermutlich seid ihr so etwas wie Testpersonen, ob es richtig funktioniert.“

 

Er drückte beiden den Transponder und einen Zettel in die Hand auf dem die Zimmernummer stand. Die beiden gingen nach oben und Tobias und ich gingen ins Gutshaus. David und Thomas erwarteten uns bereits und wollten sofort wissen, ob alles nach Plan gelaufen ist. Tobias meinte: „Zumindest sind die Jungs pünktlich in Rosenheim angekommen und wir haben sie auf dem Bahnsteig nicht verpasst. Ich war überrascht, als Heiko erklärte, dass sie nur acht Stunden von Scharbeutz Bahnhof bis Rosenheim Bahnhof gebraucht haben.“

 

Ich erklärte: „Aus meiner Sicht, alles optimal gelaufen. Wir haben am Bahnhof problemlos einen Parkplatz gefunden, den Rest hat euch Tobias schon erklärt. Die Jungs packen jetzt ihre Koffer aus und kommen danach zu uns rüber. Wo steckt eigentlich Felix, er hat Dennis nichts von den Jungs erzählt. Er war völlig überrascht, als wir mit den Jungs an der Rezeption auftauchten.“

 

Thomas meinte: „Er ist vor einer halben Stunde weggefahren, weil er noch etwas besorgen wollte. Er nichts gesagt, wann er wieder zurückkommt, oder ob er direkt bei Dennis aufschlägt, der heute bis zweiundzwanzig Uhr Dienst hat. Er hat mir vorher nur noch gesagt, dass wir zum Abendessen nicht mit ihm rechnen sollten, aber das ist auch keine Neuheit mehr für uns.“

 

Da der Trockner inzwischen seine Arbeit verrichtet hatte, leerten Tobias und ich die Maschine und wir legten die Wäsche zusammen. Wir sortierten die zusammengelegte Wäsche in drei Körbe, einer für unsere Jungs, der nächste für Dennis und Felix und in den dritten kam Thomas und meine Wäsche. Wir waren noch nicht fertig als der Gong einen Besucher an der Wohnungstür ankündigte.

 

David öffnet die Tür und sofort gab es ein lautes Hallo. Er brachte die beiden Jungs zu uns in den Hauswirtschaftsraum, wo Ryan gleich fragte, ob sie ihre Wäsche bei uns waschen könnten. Er erklärte, dass sie nur Wäsche für etwa eineinhalb Wochen eingepackt hätten, weil sie meinten, im Jugendhotel gebe es eine Wäscherei, wo sie ihre Wäsche waschen lassen könnten.

 

David grinste und meinte: „Ihr könnt gern mit eurer Wäsche zu uns kommen und beim Waschen, Trocknen und Zusammenlegen helfen. Diese Woche waren Tobias und Peter dafür zuständig, nächsten Wochenende erwischt es Thomas und mich und eine Woche später dürfen Dennis und Felix sich damit herumschlagen.

 

Eine Wäscherei bringt im Jugendhotel nicht viel, weil die Kids normalerweise nur vier Nächte hier sind, für diese Zeit haben sie ausreichend frische Klamotten dabei. Deshalb rechnet sich eine Wäscherei nicht im Geringsten.

 

Anfang Januar war Robert, ein zukünftiger Auszubildender im Jugendhotel in Tirol, bei einem Einstellungsevent hier. Er sollte von seinen Eltern am Ende des Events abgeholt werden. An dem Morgen, an dem er abgeholt werden sollte, hat ein betrunkener Fahrer, das Auto seiner Eltern zu Schrott gefahren. Er blieb die nächsten Tage bei uns, da er nur Klamotten für die paar Tage dabeihatte, konnte er seine Wäsche bei uns waschen, bis er von seinem Vater abgeholt wurde.“

 

Heiko meinte: „Nicht schlecht, ich glaube, was Robert geschafft hat, werden Ryan und ich doch auch auf die Reihe bringen können. Reicht es, wenn jeweils einer von uns beiden beim Waschen hilft?“

 

Tobias erklärte: Logisch, sonst drängeln wir uns nur im Hauswirtschaftsraum. Aber mal was anderes, bei uns gibt es auch Neuigkeiten, die wir gern bei euch loswerden wollen. Hattet ihr in letzter Zeit Kontakt mit Carsten?“

 

Da beide den Kopf schüttelten, sprach Tobias weiter: „David und ich sind inzwischen keine Pflegesöhne mehr von Peter und Tobias. Ende November haben sie uns mit der Adoption überrascht. Wir gehören jetzt richtig zur Familie.“

 

Ryan sagte dazu: „Ich dachte ihr seid nur als Pflegekinder bei Peter und Thomas, und das sollte so bleiben, bis ihr volljährig seid. Warum haben sie euch adoptiert und was sagen seine beiden anderen Kinder dazu?“

 

Tobias antwortete: „Warum sie uns adoptiert haben, dass müsst ihr sie selbst fragen, wir haben keine Ahnung. Martina und Philipp haben sich riesig gefreut, es hat sie nicht einmal gestört, dass wir als Adoptivkinder erbberechtigt sind. Ich kann dir sagen, das war eine Riesenüberraschung. Peter und Thomas haben Ende November zusammen mit seinem Sohn Philipp mit seinem Marcus, sowie Manuel und Daniel von der Gärtnerei Winter standesamtlich geheiratet.

 

Nach der offiziellen Trauungszeremonie meinte der Standesbeamte, dass David und ich auf den Stühlen, wo vorher die Brautpaare saßen, Platznehmen sollten. Dann erklärte er erst mir, dass ich von den beiden frischvermählten adoptiert sei und überreichte mir die ent­sprechenden Urkunden und Unterlagen. Danach war David derjenige, dem er erzählte, dass auch er von den beiden adoptiert sei, weil seine Eltern nichts mehr von ihm wissen wollten und ihn deshalb zur Adoption freigegeben haben.“

 

Ich schaute unsere zwei Jungs an und sagte: „Ich denke, dann sollten ihr den Jungs auch erzählen, was am Montag danach geschah, der Tag, an dem ihr wegen Urkundenfälschung von der Polizei aus der Schule abgeholt werden solltet. Die Geschichte wird die beiden sicher ebenfalls interessieren. Da wir hier mit unserer Arbeit fertig sind, sollten wir ins Wohnzimmer wechseln, dort ist es doch etwas gemütlicher als im Hauswirtschaftsraum.“

 

Wir wechselten zu fünft ins Wohnzimmer und wurden dort von Thomas erwartet. Wir setzten uns gemütlich hin, Tobias kuschelte sich an mich und David fing mit dem Erzählen an: „An diesem besagten Montag, sind wir mit unseren Unterlagen vom Standesamt morgens in Sekretariat und haben die Sekretärin gebeten, unsere Namensumschreibung anhand der vorliegenden Unterlage vorzunehmen.

 

Was danach abgelaufen ist wissen wir nur aus Peter Erzählung, wir kamen erst wieder ins Spiel, als der Direktor mit den beiden Polizeibeamten das Klassenzimmer stürmte und meinte, wir sollten sofort mitkommen. Peter erzählte uns später, dass er angerufen wurde, er solle doch sofort in die Schule kommen, weil etwas vorgefallen sei. Logischerweise ist er sofort los und noch ein paar Minuten vor der Polizei in der Schule eingetroffen.

 

Der Direktor beschuldigte uns der Urkundenfälschung und als Peter ihm erklären wollte, dass alles seine Richtigkeit hat, tauchten die beiden Polizisten auf und er schleppte sie sofort in unser Klassenzimmer, damit sie uns verhaften sollten. Inzwischen war Peter schon angesäuert als der Direktor und die beiden Polizisten mit uns im Schlepptau zurückkamen.

 

Da die beiden Polizisten auch nur von Urkundenfälschung sprachen, sagte Peter, sie sollten vorsichtig sein und bitte so lange von versuchter Urkundenfälschung zu reden, bis der Vorfall geklärt sei. Der ältere der beiden Polizisten, meinte, dass das immer noch seine Entscheidung sei, wie er Beschuldigte bezeichnet. Mein Vater drohte mit einer Anzeige wegen Rufschädigung. Der Jünger griff ein und versuchte die Situation zu deeskalieren.

 

Er ließ sich vom Direktor die angeblich gefälschten Unterlagen geben und meinte nach intensiver Prüfung, dass er nicht der Meinung sei, dass die Unterlagen gefälscht sind. Peter meinte zu ihm, dass kann ihnen der Standesbeamte oder Frau Wegmann vom Jugendamt, die den Vorgang bearbeitet auch bestätigen.

 

Da er in der Vergangenheit schon öfter mit Frau Wegmann zusammengearbeitet hatte, rief er beim Jugendamt an und ließ sich mit ihr verbinden. Frau Wegmann musste nicht einmal bestätigen, dass wir adoptiert sind, denn als er ihr erklärte, welche Personen anwesend sind und er unsere alten Familienamen nannte, erklärte sie sofort, dass wir seit letzten Freitag Maurer heißen würden.

 

Damit war eindeutig bewiesen, dass wir keine Urkundenfälscher sind. Peter forderte, dass sich der Direktor bei uns entschuldigen und vor der Klasse erklären sollte, dass es sich um ein Missverständnis gehandelt hat. In diesem Moment beschimpfte er uns wüst und drohte mit Rauswurf von der Schule für uns beide. Blöd war nur, dass Barbara und die beiden Beamten sich das mit anhören durften.“

 

Das ging so weit, dass die beiden Polizisten, dem Direktor Hausverbot an der Schule erteilten und ihn aufforderten das Schulhaus zu verlassen. Die stellvertretende Direktorin erzählt vor unserer Klasse, dass alles ein Missverständnis gewesen sei, wir uns von dem Schrecken erholen sollen und morgen wieder zum Unterricht erscheinen. Der alte Direktor wurde vom Dienst suspendiert und Frau Gerber wurde die neue Direktorin.“

 

Heiko erklärte: „Wow, hätte ich jetzt nicht für möglich gehalten, da habt ihr richtig Glück gehabt, dass das für euch gut ausgegangen ist.“

 

Tobias meinte: „Kannst du so sehen, die meisten Mitschüler hatten mitbekommen, dass wir der Urkundenfälschung bezichtigt wurden, obwohl wir in der Klasse bereits erzählt hatten, dass wir adoptiert wurden. Lustig wurde es nur, als in der Öffentlichkeit verbreitet wurde, dass der alte Direktor aus gesundheitlichen Gründen zurückgetreten sei. Diese Erklärung hatte sich das Schulamt einfallen lassen, damit es zu keinem größeren Skandal führen sollte.“

 

Thomas hatte auf die Uhr geschaut und meinte: „Genug mit erzählen, wir sollten so langsam in die Gänge kommen, wir haben für achtzehnuhrdreißig einen Tisch im Restaurant bestellt.“

 

Wir gingen mit den vier Jungs nach unten, wobei sich Heiko und Ryan jedoch vorher wunderten, warum wir keine Winterjacken anziehen würden, bis David sie aufklärt und meinte, dass wir das Gebäude nicht verlassen müssten, um ins Restaurant zu kommen. Ich klärte noch schnell ab, ob die beiden morgen früh zu uns zum Frühstück kommen, oder sie im Jugendhotel frühstücken wollen. Da sie bei uns frühstücken wollten, beauftragte ich Alexandra unsere Semmellieferung entsprechend anzupassen für den Sonntag.

 

Vom Abendessen und dem Rest des Abends gibt es nicht viel zu berichten. Ich erklärte Heiko und Ryan nur noch: „Wir treffen uns am Sonntag um vierzehn Uhr, ebenfalls im Restaurant zum Kaffee mit der Gutshoffamilie, zu dem ihr recht herzlich eingeladen seid. Anwesend werden alle sein, die im Gutshofgelände wohnen oder demnächst hier wohnen werden.

 

Dazu ihr zwei und zwei weitere Mitarbeiter die zukünftig im Obergeschoß der Büros des Handwerksbetriebs wohnen werden. Ob Mario, der derzeit in die Betriebsleiterwohnung der Gärtnerei Grubmüller einzieht, kommen wird, ist noch offen. Zumindest wird sein jüngerer Bruder Peter, von allen nur Pit gerufen, beim Kaffee mit dabei sein, er lebt im Gästezimmer meines Sohn Philipps und ist einer von vier neuen Pflegekindern, die seit Anfang Januar zur Familie gekommen sind.“

 

Ryan meinte: „Wo sind den die ganzen Pflegekinder untergebracht, bei euch in der Wohnung haben die doch keinen Platz, dort wohnen doch bereits David, Tobias, Dennis und Felix, soweit ich mich noch erinnern kann.“

 

Ich erklärte: „Die vier Pflegekinder sind ein bisschen verteilt, noch ein Peter, genannt Pete, lebt im Verwalterhaus. Die restlichen drei, der vorher schon angesprochene Pit und die beiden Brüder Gero und Randolf sind derzeit bei meinem Sohn Philipp untergebracht. Pit, Pete und Gero ziehen im Sommer um in die Jugendwohnungen für Auszubildende, Felix und Dennis wollen in eine gemeinsame Wohnung in den Neubauten einziehen. Randolf wird dann in unsere Wohnung umziehen, so ist zumindest der Plan.“

 

Tobias erklärte: „Pete ist schwul, wie David und ich, er kam gleich Anfang Januar zu uns, nachdem seine Mutter ihn fast umbringen wollte als er sich bei ihr geoutet hat. Gero und Randolf, die beiden Brüder leben seit fast zwei Wochen hier, sie kommen aus München, die beiden Jungs wurden von ihrem Vater körperlich schwer misshandelt.

 

Gero war mit seiner Schulklasse hier und Peters Spürnase merkte das bei ihm etwas nicht in Ordnung ist. Mit Hilfe seines Freundes Holger öffnete er sich bei Peter, der sofort das Jugendamt Rosenheim einschaltete und anbot die beiden Brüder bei uns im Gutshof aufzu­nehmen.“

 

Ryan meinte: „Wenn ich das jetzt richtig interpretiere, sind die Kids oder Jugendlichen, die bei Peter und Thomas landen in gewisser Weise sogenannte Problemkinder.“

 

Ich mischte mich ein und sagte: „Ryan, so kann man das nicht sehen. Okay, in letzter Zeit häufen sich vielleicht die Vorfälle, aber das wird sich auch wieder ändern, da bin ich mir sicher.“

Heiko meinte zu meiner Aussage: „Peter, das glaube ich dir nicht, je mehr Kindern und Jugendlichen geholfen wird, desto mehr besteht die Möglichkeit, dass es sich herumspricht, und dann werden es immer mehr, die deine Hilfe in Anspruch nehmen wollen. Ich will hoffen, dass du mit deiner Aussage am Ende Recht behalten wirst.“

 

Es war doch reichlich spät, bis die beiden ins Gesindehaus zum Schlafen gingen. Ich erinnerte sie noch einmal daran, spätestens gegen achtuhrdreißig bei uns zum Frühstück zu sein. Kaum waren die beiden Jungs unterwegs ins Gesindehaus, beschlossen wir für heute ebenfalls ins Bett zu verschwinden. Thomas und ich beschlossen, den Frühstückstisch kurz noch einzudecken, damit uns morgen früh dieser Arbeitsschritt erspart bliebe.

 

****

 

Am Sonntag weckte uns der Wecker um siebenuhrdreißig, Thomas und ich verschwanden sofort ins Bad. Wir nutzten die Zeit, ohne Stress den neuen Tag zu beginnen. Gegen acht Uhr weckten wir die Jungs auf dem Weg in die Küche. Ich hatte gerade die Kaffeemaschine gestartet, als mein Smartphone einen Anrufer signalisierte.

 

Beim Blick aufs Display sah ich, dass Philipp mich sprechen wollte. Ich nahm das Gespräch entgegen und mein Sohn wollte wissen, ob sie zu uns zum Frühstück kommen können oder sie uns stören würden. Ich meinte, dass sie gern kommen könnten, sie müssten nur ihre Semmeln selbst mitbringen. Am besten ihr kommt so schnell wie möglich und helft uns bei den letzten Vorbereitungen.

 

Vier Minuten später tauchten Philipp und Marcus in Begleitung von Kevin und Katharina in unserer Küche auf. Philipp erklärte, dass sie die Beiden im Treppenhaus, auf dem Weg in unsere Wohnung, aufgesammelt haben.

 

Ich meinte: „Für acht Leute haben wir bereits eingedeckt, könnt ihr noch acht weitere Gedecke und Besteck auf den Esstisch auflegen.“

 

Philipp erklärte: „Papa, es reichen sieben Gedecke, Mario hat letzte Nacht schon wieder in seiner neuen Wohnung übernachtet. Soweit ich gestern Abend mitbekommen habe, ist er inzwischen mit Sack und Pack in die Wohnung in der Gärtnerei Grubmüller umgezogen. Wir können nachher Pit befragen, der sollte es zumindest wissen.“

 

Kaum waren die vier ins Esszimmer verschwunden klingelte es an der Wohnungstür. Thomas wollte schon nachsehen wer geklingelt hatte, als David rief, er sei schon auf dem Weg zur Tür. Kurze Zeit später stand er mit den beiden Jungs, Heiko und Ryan in der Küche und sie fragten, ob sie uns helfen könnten.

 

Ich lachte kurz und sagte: „Mir ist nicht mehr zu helfen, aber ihr könnt die Tabletts ins Esszimmer bringen. Die zwei Kaffeekannen könnt ihr auch gleich mitnehmen.“

 

David grinste und erwiderte: „Ist das nicht ein bisschen viel was du auftischen willst. Wir sind doch höchstens acht Personen beim Frühstück. Du musst nicht wegen Heiko und Ryan so übertreiben.“

 

Thomas sagte mit einem Grinsen im Gesicht: „Ich sehe schon, du bist wieder einmal nicht auf dem neuesten Stand. Wir haben weitere Gäste, die sich bei uns zum Frühstück eingeladen haben. Wirf einen Blick ins Esszimmer, wir haben ausnahmsweise eine volle Hütte beim Frühstück, die zwei Kids aus dem zweiten und fünf Mann aus der Wohnung über uns, um genau zu sein.“

 

Die drei Jungs schnappten sich die Tabletts und trugen sie in die Essecke. Ich hatte inzwischen die Kaffeemaschine zum dritten Mal gestartet und folgte den Jungs ins Esszimmer, Thomas folgte mir etwas später mit den beiden Kaffeekannen und dem Kakao für Kevin und Katharina.

 

Im Esszimmer stellte David die beiden Jungs den Anwesenden vor, die sie bisher nicht kannten und anschließend erklärte er den beiden Jungs, wer die restlichen Gäste beim Frühstück waren. Ryan und Heiko staunten nicht schlecht, als David ihnen erklärte, dass das meine beiden Enkelkinder wären. Als alle wussten, wer jetzt wer ist, fragte ich Pit, ob sein Bruder heute Nachmittag kommen würde.

 

Er erklärte: „Ich glaube nicht, dass er beim nachmittäglichen Kaffee dabei sein wird, er hat gestern seine letzten Sachen mitgenommen und heute wollte er noch einige Sachen erledigen, zu denen er in den letzten Tagen nicht gekommen ist. Zum einen in seiner Wohnung, aber auch im Büro, wäre noch einiges liegengeblieben, um das er sich heute kümmern wollte.“

 

Inzwischen hatten sich alle gesetzt und ich fragte Katharina, die wie immer neben mir saß, was sie auf ihre Semmeln haben möchte. Da sie meinte, ich soll ihre Semmel wie immer herrichten, fragte ich Kevin, warum sie heute wieder einmal bei uns frühstücken wollen und nicht mit ihren Eltern.

 

Kevin meinte: „Peter, was fragst du da lange, es ist doch immer dasselbe, warum wir bei euch zum Frühstück sind. Sie wollen länger ausschlafen, heute hing sogar ein Zettel an der Schlafzimmertür, dass sie nicht vor neun Uhr geweckt werden wollen. Ich war so frech und habe dazu geschrieben, dass sie schon wüssten, wo sie uns suchen sollten, falls es ihnen ohne uns langweilig werden sollte.“

 

Wir bleiben nach dem Frühstück bei euch, hier ist es nicht so langweilig wie oben bei uns. Mal schauen, wie lange sie brauchen bis sie bei dir einfallen und uns einsammeln. Vermutlich wird sowieso bloß Papa uns holen, weil Mama um zehn Uhr im Café sein muss.“

 

David, Tobias, Heiko und Ryan erklärten, dass sie bis Mittag die Konsole quälen wollen. Felix, ging mit Dennis nach unten ins Restaurant, da er heute Mittag zum Dienst eingeteilt war. Philipp, Marcus, Gero, Randolf und Pit verschwanden wieder nach oben und verabschiedeten sich bis zum Kaffee.

 

Gegen zehnuhrfünfzehn tauchte mein Schwiegersohn in unserer Wohnung auf und fragte, ob wir Kevin und Katharina heute schon gesehen hätten. Er war schon bei Alejandro und Jorge, wo er seine beiden Kids vermutet hatte, aber dort sind sie heute noch nicht aufgetaucht. Auch bei Marion und ihren Kids erhielt er nur die Auskunft, dass sie seine beiden Kinder nicht gesehen hätten. Zuletzt habe ich bei Philipp nachgefragt und der meinte, dass seine beiden Kinder des Öfteren am Sonntagmorgen bei uns zum Frühstück wären.

 

Ich lachte und erklärte ihm: „So viel zum Thema, unsere Eltern werden schon wissen, wo wir sonntags frühstücken, wenn ihr länger schlafen wollt. Hast du den Zettel an der Schlafzimmertür nicht angeschaut, dort hat Kevin euch eine Nachricht hinterlassen. Er hat geschrieben, dass ihr Wissen solltet, wo ihr eure beiden Kinder finden werdet, sofern ihr sie vermisst.“

 

Christoph erklärte: „Sicher haben wir den Text gelesen, nur mit seiner Aussage, wenn wir sie vermissen sollten, hat er uns aufs Glatteis geführt. Hätte er geschrieben wir sind beim Frühstück und wenn wir sie vermissen sollten, wäre uns sofort klar gewesen, dass sie nur bei euch sein können. Du weißt sicher genau so gut wie ich, dass vor allem Kevin sehr häufig bei Rafael oder bei Marions Kindern ist.“

 

Ich erklärte ihm: „Kevin meinte vorher, er und seine Schwester würden heute abwarten, bis ihr sie bei uns abholen würdet, mit der Anmerkung, schauen wir mal, wie lange es dauert, bis sie hier auftauchen. Er meinte, wahrscheinlich kommt nur Papa, weil Mama um zehn Uhr im Café sein muss. Wenn du deine Kinder suchst, sie sind mit den Jungs im Wohnzimmer und kämpfen mit der Spielkonsole.“

 

Wir gingen gemeinsam ins Wohnzimmer und Christoph schaute überrascht, als er neben David und Tobias, zwei etwa gleichaltrige Jungs entdecken konnte. Er fragte mich, ob das Schulfreunde von Tobias und David wären, die hiermit ihnen zockten.

 

Ich erklärte ihm: „Du glaubst doch nicht allen Ernstes, dass zu uns schon am Sonntagmorgen Schulfreunde von unseren Jungs zum Zocken kommen. Die beiden Jungs sind Heiko und Ryan, zwei Auszubildende vom Ostsee-Hotel in Scharbeutz. Sie übernachten seit gestern im Jugendhotel und sind die nächsten drei Wochen unsere Gäste, um von Felix und mir ins Zeltlagermanagement eingewiesen zu werden. Sie sollten ursprünglich heute anreisen, aber wegen unseres Familientreffens heute Nachmittag, bat ich sie, gestern bereits anzureisen.“

 

Er stellte sich vor seine beiden Kinder und sagte: „Habe ich euch endlich gefunden, ihr Ausreißer. Ich war schon oben bei Alejandro und Jorge und habe mit Marion telefoniert, die mir erklärten, dass sie euch heute noch nicht gesehen haben. Erst durch Philipp habe ich erfahren, dass ihr bei euren Großvätern stecken könntet.

 

Ich hoffe ihr könnt euch jetzt von den Jungs trennen und mit mir nach oben zu kommen. Wir haben noch einiges zu erledigen, bevor wir später zum großen Familientreffen gehen.“

 

Kevin grinste ihn frech an und meinte: „Du hast ganz schön lange gebraucht, bis du uns endlich bei Opa gefunden hast. Komm Kathi, wir werden vermisst.“

 

Christoph verabschiedete sich und meinte zu mir: „Wir sehen uns später unten im Restaurant. Ich habe schon gesehen, dass heute Nachmittag dort eine geschlossene Gesell­schaft anwesend ist.“

 

Ich wollte gerade das Wohnzimmer wieder verlassen, als Heiko fragte: „Peter, hast du kurz Zeit für uns, wir haben da ein paar Fragen an dich.“

 

Ich meinte, sie sollten mir ins Esszimmer folgen, dort können wir in aller Ruhe ihre Fragen besprechen. Wir gingen ins Esszimmer und setzten uns an den Esstisch. Bevor die Jungs ihre Fragen loswerden konnten, kam Thomas von der Küche ins Wohnzimmer und meinte, dass alles wiederaufgeräumt und das schmutzige Geschirr in der Spülmaschine sei. Er setzte sich zu uns und ich forderte sie auf ihre Fragen zu stellen.

 

Heiko legte los: „Peter, wir haben mitbekommen, dass heute Nachmittag ein großes Familientreffen stattfinden soll. Kannst du uns einen Tipp geben, was wir in der Zwischenzeit unternehmen können. Ich gehe davon aus, dass wir nicht beim Familientreffen dabei sein werden.“

 

Thomas schaute mich an und als ich nur nickte antwortete er: „Jungs ich glaube da seht ihr etwas völlig falsch. Warum glaubt ihr hat euch Peter schon gestern anreisen lassen. Doch nicht etwa deswegen, weil euch deswegen keiner abholen könnte. Carsten hat ein freies Wochenende, der hätte euch sicher abholen können.

 

Peter hat euch bewusst gestern kommen lassen, damit ihr dabei seid. Familientreffen bedeute bei uns nämlich Gutshoffamilie. Ihr seid die nächsten drei Wochen hier und ihr sollt alle Leute kennenlernen, die am Gutshof wohnen. Ihr bekommt keinen Tipp, was ihr alternativ veranstalten könnt, ihr kommt mit zur Kaffeerunde. Carsten wohnt nicht hier im Gutshof, er lebt bei seinem Freund in der Stadt, das nur zur Info.“

 

Ryan schaute mich an und sagte: „Peter, Stimmt das, was Thomas uns eben erklärt hat. Das hättest du uns schon eher erklären können.“

 

Ich erklärte: „Hätte ich, aber dann wäre es keine Überraschung für euch gewesen. Ihr seid auch nicht die Einzigen, die heute Nachmittag offiziell vorgestellt werden. Da hätten wir zum einen Noah, der in kürze, in eine der neuen Wohnungen im Dachgeschoß im IT-Gebäude einziehen wird, zum anderen gibt es ein neues schwules Pärchen, Gerry und Gregor, die demnächst in die zweite Wohnung in der obersten Etage bei unserem Handwerksbetrieb einziehen werden.

 

Gregor arbeitet schon seit einigen Monaten bei uns, Gerry und Noah gehören seit dieser Woche zu unseren Mitarbeitern. Die beiden leben derzeit noch in der Lebenshilfe für psychisch oder physisch gehandicapte junge Menschen. Gerry wurde vor knapp zwei Jahren von Jugendlichen fast zu Tode geprügelt und hat seitdem riesige seelische und körperliche Probleme.

 

Er hat sich diese Woche bei uns als Lagermitarbeiter vorgestellt und wir haben ihn eingestellt. Während des Vorstellungsgesprächs, zu dem wir Gerry hinzugeholt hatten, stellte sich heraus, dass die beiden sich kurz vor dem Angriff auf ihn, bei der schwulen Jugendgruppe kennengelernt und ineinander verknallt hatten. Beide hatten sich nach dem ersten Aufeinandertreffen vorgenommen, beim nächsten Zusammentreffen, dem anderen zu gestehen, dass sie sich ineinander verknallt hatten.

 

Jeder konnte sehen, dass die Herzchen durch den Raum schwebten, als sich die beiden getroffen haben. Dieter der Betreuer von der Lebenshilfe hat zugestimmt, dass die beiden zusammenziehen können, da sie Gerry über kurz oder lang für ein selbstbestimmtes Leben fit machen wollten.

 

Noah ist ein besonderes Sorgenkind von Dieter, er leidet an dem Asperger-Syndrom. Nach allgemein gültiger Meinung werden diese Menschen immer in einem betreuten Wohnen leben. Noah ist ein völlig veränderter Mensch, seit er bei uns in der IT seine Chance bekommen hat und Bernhard ist von seinen Leistungen begeistert.

 

Da er normalerweise jeden Tag zur Arbeit gebracht und wieder abgeholt werden müsste, haben wir uns zu einem Experiment entschieden, dass er eine Wohnung über der IT-Abteilung einziehen soll und zukünftig nur ambulant betreut wird. Bernhard und ich sind zusätzlich Personen, die er bei persönlichen Problemen ansprechen kann. Die drei kommen gegen dreizehnuhrdreißig zu uns in die Wohnung und gegen vierzehn Uhr gehen wir gemeinsam nach unten ins Restaurant. Gregor holt die beiden aus der Lebenshilfe ab.“

 

Heiko schaute mich mit großen Augen an und sagte: „Das, was du uns gerade erzählt hast, kommt noch zu deinem Engagement mit den Pflegekindern dazu. Hast du zu den ganzen Aufgaben, noch die Zeit um deine Verpflichtungen als Chef, des Unternehmens, nachzukommen?“

 

Ich lachte und meinte: „Kein Problem, an allen wichtigen Stellen ihm Unternehmen sitzen fähige Mitarbeiter, die sich um das Tagesgeschäft kümmern und mich auf dem Laufenden halten. Ich greife nur ein, wenn es Probleme geben sollte, oder wenn ich feststelle, dass etwas aus dem Ruder läuft. Bei der Stiftung bin ich etwas mehr involviert, dort wird das Geld erwirtschaftet, das wir für unsere Unterstützung und Hilfe ausgeben.

 

Es wird für auch noch eine weitere Überraschung für euch geben, aber die wird euch noch rechtzeitig bekanntgegeben. Jetzt werde ich sie euch noch nicht verraten.“

 

Ryan fragte doch eiskalt: „Gibt es irgendwelche Bekleidungsvorschriften, die zum Kaffee zu beachten sind?“

 

Thomas antwortete genau so kalt: „Logisch, weißes Hemd, schwarzer Anzug und eine passende Krawatte.“

 

Ich fing laut zu lachen an und als ich mich wieder etwas beruhigt hatte, erklärte ich: „Tut mir leid, dass ich über euch beide so lachen musste, zuerst deine Frage und der eiskalte Konter von Thomas. Bei Familientreffen erscheint jeder so wie er lustig ist, es gibt keinen Dresscode, an den man sich halten muss. Ihr braucht euch nicht umziehen, so wie ihr hier seid, ist das schon in Ordnung.“

 

Ich sagte: „Welche Kartenspiele beherrscht ihr, ausgenommen Skat, das wird zwar in Bayern auch gespielt, aber gehört nicht zu den üblichen Kartenspielen. Ich denke dabei an Rommee oder Canasta, Schafkopfen und Watten ist bei euch nicht so bekannt. Wir hätten noch Elfer raus, Schummeln und Neunern, auch als Mau-Mau bekannt, im Angebot.“

 

Wir einigten uns auf Mau-Mau und spielten bis kurz vor dreizehn Uhr. Thomas meinte, letzte Runde, damit wir spätestens kurz vor dreizehnuhrdreißig fertig sind, wenn unsere Gäste kommen. Wir beendeten rechtzeitig das letzte Spiel und warteten auf Noah, Gerry und Gregor.

 

Fast pünktlich auf die Minute signalisierte uns die Glocke unsere Besucher. Ich ging zur Wohnungstür und öffnete sie. Als Noah mich erblickte, schlich sich sofort ein Lächeln in sein Gesicht und er sagte: „Peter, wir sind pünktlich hier.“

 

Ich meinte: „Jungs, kommt rein in die Wohnung, hängt eure Jacken an die Garderobe und folgte mir. Schuhe braucht ihr nicht auszuziehen.“

 

Als wir ins Esszimmer eintraten, stellte ich fest, dass sich David und Tobias von ihrer Konsole getrennt hatten. Ich stellte zuerst die drei Neuankömmlinge, den Anwesenden vor. Danach drehte ich den Spieß um und stellte die Anwesenden vor. Der erste war mein Mann Thomas, dann meine beiden Adoptivsöhne und zuletzt unsere Gäste aus dem hohen Norden, wobei ich erklärte, dass sie für drei Wochen zur Weiterbildung hier wären.

 

Ich beobachtete aufmerksam, ob sich bei Noah etwas verändern würde, wenn er plötzlich mit so vielen neuen Gesichtern konfrontiert wird. Er reagierte nur kurz überrascht, als ich ihm David und Tobias als unsere Adoptivsöhne vorstellte. Unsere beiden Jungs kamen sofort mit den drei Neuankömmlingen ins Gespräch, vor allem Noah weckte ihr Interesse, weil ich angesprochen hatte, dass er demnächst im IT-Gebäude als Mieter einziehen würde.

 

Kurz vor vierzehn Uhr erklärte ich, dass wir so langsam aufbrechen sollten, da wir in wenigen Minuten im Restaurant erwartet werden. Als sich unsere Gäste wieder ihre Jacken anziehen wollten, stoppte sie Tobias und meinte, wir müssen das Haus nicht verlassen, die Jacken bleiben hier.

 

Als wir ins Restaurant eintraten, wurde wir mit tosendem Beifall empfangen. Ich stellte kurz die Neuen vor und meinte: „Es ist leichter euch die Neuen vorzustellen, als jeden von euch den Neuen vorzustellen. Wir werden das nach dem Kaffee nachholen, ich werde euch nur namentlich nennen und ihr steht kurz auf. Es hindert euch keiner, euch bereits während des Kaffeetrinkens bekanntzumachen und kennenzulernen.“

 

Noah hatte Dieter erkannt und fragte mich: „Gehört Dieter auch zur Gutshoffamilie?“

 

Ich sagte: „Ich habe ihn eingeladen, damit er sich ein Bild von dir machen kann, wenn du mit vielen neuen Gesichtern konfrontiert wirst, Komm wir gehen kurz zu ihm und ich stell dir seine Familie vor.“

 

Wir beide gingen zu Dieter und ich stellte Noah sein Gattin Barbara, als Mitarbeiterin vom Jugendamt Rosenheim vor. Danach waren seine beiden Jungs Michael und Manuel an die Reihe. Noah reichte Barbara und den beiden Jungs die Hand. Er meinte, es freut mich, dass ich Dieters Familie kennenlernen darf.

 

Noah ging zu Bernhard, so dass ich mich mit Dieter über ihn unterhalten konnte. Barbara, die danebenstand, meinte: „Dieter ist das Noah, der am Asperger-Syndrom leiden soll? Er macht für mich nicht den Eindruck, dass er in sich gekehrt ist. Peter, Dieter hat mir schon erzählt, dass ihr plant, Noah am Gutshof in einer Wohnung unterzubringen. So wie ich ihn eben kennengelernt habe, würde ich auch den Versuch wagen.

 

Ich habe mich vorher bereits mit deinen Pflegekindern unterhalten, keiner würde dich oder Thomas gegen ein Kinderheim oder andere Pflegeeltern tauschen wollen.“

 

Ich meinte, ich sollte mich doch endlich zu meiner Familie setzen und erst in Ruhe Kaffee trinken, bevor nachher die bisherigen Mitglieder der Gutshoffamilie vorgestellt werden. Ich setzte mich zu Thomas und meinen Jungs, zu denen sich auch Gregor und Gerry, aber auch Ryan und Heiko, gesellt hatten.

 

Gregor meinte: „Ich wusste gar nicht, dass am Gutshof so viele Menschen leben und fast alle irgendwo im Unternehmen mitarbeiten. Dieter und seine Familie gehören aber nicht dazu, nehme ich an.

 

Ich meinte: „Richtig erkannt, Familie Wegmann gehört nicht zu den Personen, die im Gutshof wohnen, aber irgendwie gehören sie auch zur Familie. Barbara hat mich bereits nach dem Tod meiner Frau vom Jugendamt aus betreut und hatte keine Probleme damit, dass ich mir Thomas als Partner ausgesucht habe und mit ihm gemeinsam meine beiden Kinder großgezogen habe. In den letzten Jahren hatte ich immer öfter mit ihr zu tun, wenn es um Kinder oder Jugendliche geht oder ging, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen oder in Schwierigkeiten stecken.“

 

Nach einer guten halben Stunde stand ich auf und ging zu Alexandra und bat sie mir doch das Mikrofon zu geben und die Soundanlage einzuschalten. Ich stellte mich auf den freien Platz vor der Schänke und sagte: „So, kommen wir jetzt zur Vorstellung der großen Gutshoffamilie. Ich werde die Familien oder die Personen zusammen aufrufen, die eine eigene Familie bilden, bitte steht kurz auf, damit euch alle sehen können.

 

Fangen wir mit meiner Tochter Martina und ihren Ehemann, sowie ihren beiden Kindern Kevin und Katharina an. Sie wohnten im Gutshaus in der zweiten Etage. Martina ist für den Hofladen und das Hofcafé zuständig.

 

In der anderen Wohnung in der zweiten Etage lebt mein Sohn Philipp mit seinem Ehepartner Marcus. Mit in ihrer Wohnung leben zurzeit drei unserer Pflegekinder, die zwei Brüder Gero und Randolf Braun, sowie Peter Brunnmeier, von uns Pit genannt.

 

Wandern wir eine Etage höher, im Dachgeschoß leben Alejandro und Jorge mit ihrem Adoptivsohn Rafael. Alejandro ist ein in Deutschland geboren Deutsch-Spanier, Jorge und Rafael sind Spanier.

 

In der Wohnung daneben, leben Alexandra Huber, Chefin des Service und des Jugendhotels mit ihrem Freund Sebastian Weber, unser Chef in der Küche. Sebastian kenne ich schon seit seiner Kindheit, aus dem Restaurant seines Vaters.

 

Das waren jetzt die anwesenden Mitbewohner, es gibt zwei weitere Mitbewohnerinnen, Thomas und meine Mutter, die sich die zweite Wohnung in der ersten Etage teilen.

 

Damit wechseln wir ins ehemalige Gesindehaus, dem heutigen Jugendhotel. Im Dachgeschoß haben wir in der großen Wohnung Marion, Jens, Raphael und Stefan Gebauer. Marion ist eine unserer zwei Sozialarbeiter, die die Gutshof-Gruppe beschäftigt, ihr Mann Jens arbeitet als Abteilungsleiter in der J. Graf GmbH.

 

Machen wir mit der zweiten Wohnung weiter, dort leben Michael Oberwagner, unser zweiter Sozialarbeiter, mit seinem Lebensgefährten Andreas Koblinsky, der im landwirt­schaftlichen Teil des Unternehmens mitarbeitet.

 

Verbleiben noch die beiden Appartements, eines davon wird von Bernhard Koblinsky und Benjamin Dreier bewohnt. Bernhard wird zukünftig in der neuen Software-Firma die Weiterentwicklung als technischer Leiter und Prokurist übernehmen. Auch für Benjamin stehen Veränderungen an, er wechselt von der Buchhaltung in die Stiftungsverwaltung. Andreas und Bernhard sind Brüder.

 

Das zweite Appartement teilen sich Christian Dreier und Ludwig Bauer. Christian macht zurzeit seine Ausbildung in der Gärtnerei Winter. Für Ludwig gibt es in nächster Zeit ebenfalls eine Veränderung, er wird der kaufmännische Leiter und Prokurist der neuen Software-Firma.

 

Jetz kommen wir zu dem kompliziertesten Konstrukt, dem Verwalterhaus. Dort haben wir Manuel und Daniel Winter, mit ihren beiden Adoptivsöhnen Florian und Klaus. Manuel und Daniel sind für die Leitung der Gärtnerei Winter verantwortlich, ihre beiden Söhne gehen noch zu Schule.

 

Als nächstes hätten wir dort Jonas Strohwinkel und Tim Bauer. Jonas ist mein Neffe, der von seiner Mutter abgelehnt wird, weil er einen Mann liebt. Die beiden studieren in Weihenstephan und sind für den landwirtschaftlichen Bereich zuständig.

 

Als nächstes hätten wir Richard Ortler, von allen Richie genannt, der aus Thüringen kommt und in der Gärtnerei Winter seit letztem September seine Ausbildung macht. Er wird mit Erreichen der Volljährigkeit ein Appartement bei der Gärtnerei Grubmüller beziehen und dort auch seine Ausbildung beenden.

 

Als letztes habe ich jetzt noch Peter Burgmeister im Verwalterhaus, wird aber nur Pete gerufen. Er ist unser viertes Pflegekind, geht noch zur Schule und wird ab Herbst eine Ausbildung zum Forstwirt in unserem forstwirtschaftlichen Bereich starten.

 

Bis jetzt habe ich meine Familie und unsere Mitbewohner noch ausgelassen. Neben Thomas und mir leben noch unsere Adoptivsöhne David und Tobias bei uns. Bis zum Sommer haben wir im Gästezimmer noch Felix Müller und Dennis Huber untergebracht. Dennis stammt aus München und ist Auszubildender in der Gastronomie und im Hotel. Felix sein Lebensgefährte ist noch Auszubildender in der Stiftungsverwaltung. Die beiden werden im Sommer gemeinsam eine der neuen Wohnung beziehen.

 

Damit habe ich euch alle Mitbewohner des Gutshofes vorgestellt, verbleibt noch die Familie Wegmann, Barbara, Dieter, Manuel und Michael. Barbara arbeitet beim Jugendamt in Rosenheim und sehr eng mit uns zusammen. Dieter ist Leiter einer Einrichtung für leicht körperliche oder geistige beeinträchtigte Jugendliche, mit dem wir seit Anfang des Jahres enger zusammenarbeiten. Inzwischen konnten acht seiner Schützlinge in einem der Unternehmen der Gutshofgruppe eingestellt oder übernommen werden. Damit gehören sie in gewisser Weise mit zur Familie.

 

Das wars jetzt mit meiner Vorstellung, was ich vorher vergessen habe, Noah wird in absehbarer Zeit eine der Wohnungen über der IT beziehen, Gregor und Gerry werden in die zweite Wohnung im Obergeschoß bei den Handwerkern einziehen. Heiko und Ryan kommen vom Ostseehotel und werden in den nächsten drei Wochen fit gemacht für die Zeltlager-Verwaltung bei unserem diesjährigen Lager an der Ostsee.

 

Ich habe euch noch eine wichtige Ankündigung zu machen, deshalb sollte die Aufgerufenen zu mir nach vorne kommen, Noah, Gregor, Gerry, Heiko, Ryan, Ludwig, Christian, Bernhard, Benjamin, Felix, David und Tobias.“

 

Die Aufgerufenen versammelten sich um mich und einigen Gesichtern konnte ich schon entnehmen, dass sie ahnten, was ich jetzt vorhaben könnte. Ich sagte: „Danke, dass ihr meiner Aufforderung gefolgt seid und euch um mich versammelt habt. Ich denke einige werden schon ahnen, was ich ankündigen will, für den Rest soll es eine kleine Überraschung werden.

 

Ich werde mit dieser Truppe, sowie Gerhard und seiner Gattin am kommenden Freitag zu einer Projektbesichtigung ins Allgäu fahren, wir werden dort einen Camping- und Ferienhauspark besichtigen, der uns diese Woche für die Stiftung angeboten wurde. Über­nachten werden wir in den Ferienhäusern und am Sonntag am späten Nachmittag wieder zurückkommen.

 

Ihr fragt euch sicher, warum ich die Jungs von der Ostsee, die Handwerker und die IT-Spezialisten mitnehmen will. Ich will euch das kurz erklären, fangen wir mit den Jungs von der IT an, die beiden sollen sich das ganze anschauen, weil sie diejenigen sein werden, die anschließend die Verwaltungsprogramme erstellen dürfen, damit wir vernünftige Daten für unserer Buchhaltung und die Verwaltung bekommen. Es gibt dort sogenannte Dauer-Camper und Kurzzeit-Camper, dazu die Belegung der Ferienhäuser.

 

Die beiden Jungs vom Handwerksbetrieb sollen sich Gedanken machen über eine eventuell anstehende Sanierung oder Renovierung und zuhause den Aufwand mit ihren Kollegen ermitteln. Hinzu kommen die Überlegungen von Gerhard und mir, auf den vorhandenen Restflächen einen Jugendzeltplatz zu errichten. Ich kann mir auch vorstellen, dass wir dort ein weiteres Jugendhotel errichten könnten. Dazu wollen wir uns vor Ort schlau machen.

 

Die beiden Jungs von der Ostsee, sollen dadurch die Arbeit der Stiftung, ihrem zukünftigen Arbeitgeber, besser kennenlernen, aber auch um sich die Organisation eines Campingplatzes anzuschauen, zwischen einen Campingplatz und einem Zeltlager für Jugendliche ist kein großer Unterschied, was die Vergabe der Plätze angeht.“

Als ich geendet hatte ging erst einmal raunen durchs Restaurant, bis Barbara fragte: „Peter kannst du mir sagen, warum du deine beiden Söhne mitnimmst, für sie ist das doch nur ein schöner Wochenendausflug.“

 

Ich lachte und erklärte: „Barbara, das mag vielleicht deine Sichtweise sein, ich habe mit den beiden Jungs sehr gute Erfahrungen gesammelt bei der Besichtigung des Ostseehotels. Die beiden haben sich alles aus ihrer Sicht angeschaut und konnten den Planern wertvolle Tipps geben, wie der Poolbereich für Kids interessanter gestaltet werden kann. Sie haben vor allem die Kontakte zu den jüngeren Mitarbeitern geknüpft und einiges herausgefunden, was aus deren Sicht verbesserungswürdig sei. Ist deine Frage damit ausreichend beantwortet?“

 

Da Barbara nur nickte, meinte ich: „Jungs für euch noch ein paar technische Details. Wir treffen uns am Freitag kurz nach zwölf Uhr, beladen die beiden Ford Galaxy und kurz nach zwölfuhrdreißig fahren wir dort ab. Zuerst werden wir David und Tobias von der Schule abholen und danach geht es direkt weiter ins Allgäu. Wer bei der Viererbande aus dem Gesindehaus mitfährt, sollen David und Tobias, sowie Gerry und Gregor selbst entscheiden. Der Rest fährt bei mir mit. Gerhard und seine Gattin fahren mit ihrem Auto direkt ins Allgäu.“

 

Die Jungs gingen langsam zu ihren Plätzen zurück, nur Noah blieb bei mir stehen. Ich übergab das Mikrofon Alexandra und beim Umdrehen bemerkte ich, dass sich Dieter näherte. Ich betrachtete Noah intensiv, bis er sagte: „Peter, ich kann es immer noch nicht glauben, dass du mich ins Allgäu mitnehmen willst. Ich weiß nicht einmal, ob Dieter das überhaupt erlaubt, dass ich mit dir und Bernhard einfach wegfahre.“

 

Dieter hatte Noahs Bemerkung mitgehört und antwortete: „Peter, du hättest mich zumindest vorwarnen können, dass du beabsichtigt Gerry und Noah zu einer dienstlichen Veranstaltung ins Allgäu mitzunehmen. Im Grunde genommen müsste ich dagegen sein, aber mit den Erfahrungen der letzten Tage, denke ich, dass es möglich ist, dass die beiden Jungs an dieser Veranstaltung teilnehmen können.

 

Noah, würdest du denn mitfahren wollen? Was ist, wenn du dich nicht wohlfühlst. Dann kannst du nicht auf mich oder die bekannten Gruppenbetreuer zurückgreifen.“

 

Noah schaute ihn an und erklärte: „Sicher würde ich mitfahren wollen. Peter ist einer der wenigen, die mich so nehmen wie ich bin. Er sieht in mir nicht den genialen Programmierer, der behindert ist. Er sieht mich einfach als einen Menschen, mit Stärken und Schwächen, deshalb vertraue ich ihm, so wie ich dir vertraue, vielleicht sogar ein wenig mehr.

 

Für mich war das Angebot im Gutshof ein eigenständiges Leben in einer eigenen Wohnung zu leben, wie eine Offenbarung. Peter setzt so viel Vertrauen in mich, wie ich es bisher nie erlebt habe. Peter oder auch Bernhard werden mich sicher auffangen, falls ich einen Durchhänger haben sollte.

 

Gerry vertraut doch auch auf Peter, das hat er mir selbst erzählt. Ich hoffe ich verrate jetzt nicht zu viel, wenn ich dir sage, dass Gerry den Meister in Fachlogistik, mit Hilfe von Peter, machen wird. Auch die sechs in der Gärtnerei Grubmüller sind von ihm begeistert, weil er ihnen ihren Arbeitsplatz zurückgegeben hat.“

 

Dieter schaute ihn entgeistert an, während Barbara sich näherte. Sie meinte „Peter, lass dir von Dieter nicht ausreden, dass du Noah mitnehmen willst. Ich beobachte ihn, seit er von dir aufgerufen wurde. Er ist mit einem Selbstbewusstsein zu dir gegangen und als du verkündet hast, dass du ihn auf eine Dienstreise mitnehmen willst, habe ich ein Aufblitzen in seinen Augen erkennen können.“

 

Dieter erklärte: „Babsi, keine Sorge, ich will es ihnen nicht ausreden. Ich habe Peter nur angekreidet, dass er mich nicht vorgewarnt hat, dass er Noah und Gerry auf eine mehrtägige Dienstreise mitnehmen will. Inzwischen verstehe ich auch, warum du Peter immer wieder junge Menschen anvertraust. Das erste Mal ist mir das bei David aufgefallen, er hat sich gegenüber deiner ursprünglichen Schilderung ins Positive verwandelt.“

 

Damit war die Diskussion um Noah beendet und er strahlte noch mehr als sich für ihn abzeichnete, dass er freie Fahrt für den dienstlichen Ausflug ins Allgäu hatte. Ich ging zurück an meinen Tisch und als ich mich gesetzt hatte, standen Gregor und Gerry neben mir und fragten, ob sie sich zu mir setzen könnten.

 

Da ich nichts dagegen hatte, setzten sie sich mir gegenüber und Gerry meinte: „Deine Ankündigung, uns ins Allgäu mitnehmen zu wollen, war ein Wahnsinnsüberraschung, aber über deine Begründung haben wir geschmunzelt. Ich als Lagerist, kann nicht viel zu Sanierung oder Renovierung sagen. Gregor geht es ähnlich als Arbeitsvorbereiter.“

 

Ich schaute sie an und erklärte: „Das war mein voller Ernst vorher, ich erwarte von euch keine Perfektion, mir geht es darum, dass ihr ein besseres Gefühl für die Arbeit eurer Kollegen bekommt. Ihr sollt aus eurer Sicht alles anschauen und euch Notizen machen, was euch auffällt. Mit den Aufzeichnungen können sich eure Kollegen ein vorläufiges Bild machen und eine grobe Kalkulation aufstellen. Für die Details und die Ausführungsplanung, wird eine weitere Besichtigung durch die Handwerker unumgänglich sein.“

 

Gregor grinste und meinte: „Ich glaube, ich habe dich verstanden, wir sollen unsere Eindrücke aufzeichnen, die Jungs zuhause sollen das Auswerten und daraus eine vorläufige Kalkulation erstellen. Gerry, ich denke, dass sollten wir zwei doch schaffen. Wir haben bis Freitag noch Zeit, uns von Axel oder Dennis erklären zu lassen, worauf wir besonders achten sollen. Wissen unsere Chefs, dass wir mit euch ins Allgäu fahren zur Projektbesichtigung.“

 

Ich grinste und meinte: „Warum sollten sie nichts von eurer Dienstreise erfahren, ich habe sie am Freitagnachmittag, nachdem endgültig. feststand wer aller mitkommen wird, von meinen Plänen unterrichtet, so konnten sie euch nicht mehr informieren und ich euch am Sonntag die Überraschung präsentieren.“

 

Gerry meinte: „Wie sieht es bei Noah aus, wie ist es ihm ergangen mit deiner über­raschenden Einladung? Kommt er mit, oder bleibt er doch zuhause?“

 

Ich schaute Gerry an und antwortete mit einer Gegenfrage: „Wie schätzt du ihn ein, denkst du er bleibt zu Hause oder dass er mitkommt, deine Meinung über ihn würde mich interessieren. Du kennst ihn doch besser, aus der Wohngruppe.“

 

Er schaute mich fragend an, antwortete dann doch: „Ich bin überzeugt, dass Noah mitfahren will, was ich nicht beurteilen kann, ist die Reaktion von Dieter, ob er seine Zustimmung dazu geben wird. Noah hat mir gestern erzählt, dass du ihm angeboten hast, dass er demnächst in eine Wohnung im Gebäude der IT einziehen kann. Da hat Dieter zugestimmt, wie er mir erzählte.

 

Er hat gemeint, dass du und Bernhard ihn aus einer Art Dornröschenschlaf herausgeholt haben. Mit deiner offenen Art und dass du ihn ihm nicht einen behinderten Menschen siehst, hättest du vieles in seinem Inneren durcheinandergewirbelt und er fühle sich erheblich freier. Wenn ich an seine ersten Tage bei uns zurückdenke, er hat sich in den letzten Tagen gewaltig zum Positiven verändert.“

 

Ich meinte: „Keine Sorge, Noah fährt mit, Dieter hat der Dienstreise zugestimmt. Er meinte nur, dass ich ihn in meine Pläne mit euch beiden, hätte einweihen sollen. Die positiven Veränderungen sind auch Dieter und mir aufgefallen, dass ist mit einer der Gründe, warum ich am Freitagmittag Noah angeboten habe, in eine Wohnung im Dachgeschoß des IT-Gebäudes einzuziehen, vor allem, weil er sich den täglichen Weg zur Arbeit erspart und keinen eigenen Fahrer braucht.

 

Noah braucht die richtige Umgebung und dazu Menschen, die in ihm keinen behinderten jungen Mann sehen. So wurde er von Bernhard und mir aus seinem Schneckenhaus herausgeholt. Bernhard und Noah brauchen sich gegenseitig, um bei der Arbeit zu höchster Form aufzulaufen. Beide sind in ihrer Tätigkeit Genies, die sich gegenseitig ergänzen. Das ist mir beim Vorstellungsgespräch aufgefallen. Noah hat Bernhard Tipps geben, wie er seine Präsentation in der mündlichen Abschlussprüfung noch verbessern könne.

 

Gerry, nimm dich selbst als Beispiel, seit du beim Vorstellungsgespräch, Gregor wiedergesehen hast, hat sich auch bei dir einiges zum Positiven verändert. Das mag dir vielleicht nicht so aufgefallen sein, aber ich habe es sehr wohl zur Kenntnis genommen. Den nächsten Schritt nach vorne gab es bei dir, als Bernhard deine Fähigkeiten erkannt hat und ihr mir die Weiterbildung zum Meister vorgeschlagen habt. Gregor wird das sicher auch aufgefallen sein, vermute ich zumindest.“

 

Gregor grinste und sagte: „Mir ist es erst bei dir im Büro aufgefallen, vor allem ab dem Zeitpunkt, wo du Gerry die Zusage gegeben hast, dass du alle Kosten übernimmst, sofern er noch mindestens fünf Jahre in der Firma bleibt. Davor habe ich nicht so genau darauf geachtet. Vorher, bei deiner Ankündigung uns mitzunehmen, gab es wieder so einen Augenblick, wo ich das erneut sehen konnte.“

 

Gerry meinte: „Doch mir ist das schon aufgefallen, vor allem in dem Moment, wo ihr mir Gregor vorgestellt habt.“

 

Ich hatte zwischenzeitlich David und Tobias beobachtet, die sich zu den vier Jungs aus dem Gesindehaus gesetzt hatten und fleißig diskutierten. Ich sagte zu Gregor und Gerry: „Ich gehe davon aus, dass ihr mit mir, Heiko, Ryan, Noah und Felix mitfahren werdet, meine beiden Jungs besprechen scheinbar eben mit den vier Jungs vom Gesindehaus, dass sie bei ihnen mitfahren wollen. Ich hoffe, dass das für euch so in Ordnung geht.“

 

Gerry und Gregor grinsten und Gerry meinte: „Uns ist es egal, bei wem wir mitfahren dürfen. Kann Gregor sein Fahrzeug am Gutshof abstellen, wenn wir am Freitagmitttag hierherkommen?“

 

Ich meinte: „Gregor kann sein Fahrzeug in der Zeit in eine der beiden Garagen stellen, wo die Galaxy abgestellt sind.“

 

Damit war mit den beiden Jungs alles geklärt und sie standen auf und gingen zu Noah, der sich gerade mit Felix unterhielt.

 

Barbara setzte sich neben mich und meinte: „Peter, ich möchte mich bedanken, dass du uns zu eurem Familiennachmittag eingeladen hast. Für mich war es ein interessanter Nachmittag. Dieter ist immer noch verwirrt von der Verwandlung seines Schützlings Noah. Er kann immer noch nicht verstehen, wie so etwas möglich sein kann.“

 

Ich schaute Barbara an und erklärte: „Ich habe von Gerry eben erfahren, dass Noah ihm gestern erzählt hat, dass Bernhard und ich, durch unsere Art und Weise, wie wir mit ihm umgehen, ihn aus seinem Dornröschenschlaf herausgeholt hätten. Er fühlt sich in unserer Nähe so sicher, wie er es nie vorher erlebt habe. Ich glaube, Noah brauchte einfach die richtige Umgebung und die richtigen Menschen in seinem Umfeld, um genau diese Reaktion bei ihm auszulösen.“

 

So nach und nach, brachen die ersten wieder auf und kehrten in ihre Wohnungen zurück. Dieter, Barbara und ihre beiden Söhne verabschiedeten sich, wobei Michael noch meinte, er würde auch gern mit uns ins Allgäu fahren am nächsten Wochenende.

 

Gegen siebzehn Uhr, wir waren fast die letzten, die noch an den Tischen saßen, meinte Thomas, wir sollten so langsam mit dem Kochen anfangen, sonst können wir gleich hier bleiben zum Essen. So standen wir auf und verabschiedeten uns von den noch verbliebenen Anwesenden. Heiko und Ryan schlossen sich uns an und gemeinsam ging es eine Etage höher.

 

Thomas und ich gingen direkt in die Küche, um mit den Vorbereitungen fürs Abendessen anzufangen. Heiko und Ryan folgten uns und fragten, ob sie uns helfen können. Thomas meinte, ihr könnt den Tisch aufdecken, dann brauchen wir uns nicht mehr darum kümmern.

 

Die beiden Jungs gingen ins Esszimmer und nach zwanzig Minuten standen beide wieder in der Küche. Ryan meinte, sie würden kein Besteck finden, alles andere wäre bereits auf dem Tisch. Thomas öffnete die Besteckschublade und meinte, sie können sich hier bedienen.

 

Keine fünf Minuten später standen sie erneut in der Küche und wollten mit mir sprechen. Ich meinte: „Was liegt euch auf dem Herzen, worüber wollt ihr mit mir sprechen?“

 

Ryan sagte: „Peter, wir wollen mit dir über die Einladung zur Teilnahme an der Pro­jektbesichtigung im Allgäu reden. Du hattest heute Vormittag bereits angekündigt, dass du noch eine Überraschung für uns hättest, aber damit haben wir überhaupt nicht gerechnet. Gibt es einen besonderen Grund, warum du uns mitnehmen willst?“

 

Ich überlegte nicht lange, sondern antwortete sofort, da ich schon damit gerechnet hatte, dass sie nachfragen würden: „Ganz einfach, meine erste Überlegung war, dass ich euch mitnehme, damit ihr am kommenden Wochenende nicht allein hierbleiben müsst. Erst nach und nach setzte sich bei mir die Erkenntnis durch, dass die Organisation eines Campingplatzes einer Zeltstadt ähnelt.

 

Das entspricht dem, was ich heute Nachmittag erklärt habe, warum ihr dabei sein solltet. Hinzu kommt, dass ihr mit der Projektbesichtigung, ein Gefühl dafür bekommen sollt, wie die Grundlagen für einen weiteren Jugendzeltlagerplatz geschaffen werden können. Ich denke dabei auch an die Anfrage des Landkreises Ostholstein, der uns anbieten den Zeltplatz fest zu übernehmen und regelmäßig zu bewirtschaften.

 

Ihr könntet hier die Grundlagen erlernen, wie alles organisiert wird. Vielleicht kommt einer von euch beiden auf den Geschmack und will nach seiner Ausbildung die Gestaltung und Verwaltung eines Zeltplatzes übernehmen, sofern wir uns mit dem Landkreis einigen sollten.

 

Es ist nicht damit getan, Zelte aufzustellen, zur Verwaltung gehört die Planung der Ausflüge und der Programme, die wir den Kindern und Jugendlichen anbieten wollen. Auch wenn ein Jugendzeltplatz meist nur vier oder fünf Monate in Erscheinung tritt, ist das ein Fulltimejob fürs ganze Jahr.

 

Ich könnte mir vorstellen, dass wir dort anstelle der Zelte, sogenannte beheizte Schlafhütten anbieten, die ganzjährig bewohnt werden können, so dass auch in den Wintermonaten eine Nutzung möglich wäre. Dass wäre im Übrigen auch eine Möglichkeit, die im Allgäu geplant werden könnte, weil dort im Winter ein Angebot für Gruppen geschaffen werden kann, die Wintersport betreiben wollen.“

 

Heiko schaute mich an und meinte: „Peter, ich sehe schon, du hast noch eine Menge Ideen auf Lager, wie du Kindern und Jugendlichen zu einem günstigen Preis einen Urlaub ermöglichen kannst. Die Idee mit den Hütten finde ich sehr reizvoll. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass ich nach meiner Ausbildung im Ostseehotel zu einem dieser Projekte wechseln möchte. Ich werde die drei Tage nutzen und mir meine eigenen Gedanken dazu machen.“

 

Nach dem Abendessen gingen die beiden sehr früh ins Gesindehaus zum Schlafen, um am Montag fit zu sein für die Schulung durch Felix und mich. Auch bei uns wurde es nicht all zu spät, bis wir in die Betten verschwanden.

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