Manny 4 – Türchen 15

Ganz gegen meine Gewohnheit, war ich nach dem Mittagessen nach oben gegangen und hatte mir die Fortschritte des Dachgeschosses angeschaut. Der Maler war mit der Verspachtelung, der entstandenen Löcher fertig und hatte bereits mit der Grundierung angefangen.

Auf der anderen Seite, dem Gästezimmer, wurde bereits die Trenndecke eingezogen. Mikes Leute waren wirklich fleißig gewesen. Nie hätte ich gedacht, dass dieses Vorhaben, den Kids mehr Freiraum zu schaffen, so schnell in die Tat umgesetzt wurde.

Ich merkte schnell, dass ich hier nur im Weg stand, so verzog ich mich wieder. Ein Stock tiefer war Levi am Telefonieren, so wollte ich ihn auch nicht stören. Eine weitere Treppe und ich war wieder auf meinem Stockwerk.

Ella saß wie immer an ihrem Schreibtisch, mein Weg führte aber zu Noah. Er saß auf dem Boden und spielte mit seinen Autos. Wenn wir Noah weiterhin fördern wollten, musste der Junge ebenso über einen Schreibtisch verfügen. Im neuen Zimmer wäre dann auch entsprechend Platz dafür.

Ich ließ mich neben Noah nieder. Gerne hätte ich gewusst, was in dem Kopf des Jungens vorging. Sicher war, das er mich wahr nahm, aber er reagierte eben nicht wie andere Kinder oder Jugendliche in seinem Alter.

„Noah hast du dir schon überlegt, in welcher Farbe wir dein neues Zimmer streichen?“

Erschaute kurz auf, starrte nach oben, bevor er sich wieder seinem Traktor widmete.

„Blau“, hörte ich ihn plötzlich sagen, „Noah liebt blau!“

„Blau wie der Himmel, oder blau wie das Wasser?“

„Wasser, Levi mag Wasser, Noah auch!“

Das hatten die Brüder gleich.

„Noah, wollen wir Levi fragen, ob wir zusammen schwimmen gehen?“

Fragend schaute mich der Junge an.

„So wie in der Badewanne nur viel größer.“

„Noah kann nicht schwimmen.“

„Noah kann schwimmen lernen!“

Wir konnten dieses Spiel jetzt noch ewig weiter spielen, aber darauf hatte ich keine Lust. Aber einen Familienausflug planen, darauf schon. Es wäre eine neue Erfahrung für Noah und wenn man dann noch Mike einladen würde, ein zusätzlicher Spaßfaktor.

Ich hing schon am Handy, um etwas Passendes zu finden, als levi im Zimmer erschien.

„Habe gerade mit der Schule telefoniert und ihnen die Sachlage erklärt und habe nächsten Dienstag einen Termin bekommen.“

„Danke!“

„Was macht ihr gerade?“

„Wir planen den nächsten Familienausflug.“

„Marcus will mit Noah schwimmen gehen“, kam es von dem Jungen.

Levi ging neben seinem Bruder in die Hocke.

„Will mein kleiner Bruder denn schwimmen gehen?“

„Marcus will Noah schwimmen bei bringen.“

„Wann wollt ihr das machen?“, fragte Levi nun mich.

„Natürlich an einem Sonntag.“

„Schon etwas gefunden?“

„Besonders Kinderfreundlich, mit vielen Rettungsschwimmern gäbe da den DreamWorks Water Park drüben bei North Bergen.“

„Etwas weit, aber könnte interessant sein.“

„Es gibt hier in der Gegend noch das Metropoltian Rereation Center…“

„…nein, da war ich schon, die haben nur einen kleinen Pool und der ist an einem Sonntag sicher überfüllt!“

„Okay, dann den Water Park. Soll ich Mike mit einrechnen?“

„Wäre nicht schlecht, zwei Augen mehr, die auf unseren Kleinen aufpassen.“

„Vielleicht auch vier, er könnte ja noch jemand mitbringen“, grinste ich Levi frech an.

„Gibt es zu, du möchtest sicher Jordan kennen lernen?“

„Du nicht?“

„Doch! Dann solltest du Mike fragen, ob er Zeit hat!“

„Was soll er mich fragen?“, hörte ich es aus dem Flur.

„Ob du beim nächsten Familienausflug dabei bist?“, rief ich zurück.

Mike erschien an der Tür.

„Jetzt am Sonntag? Wo soll es denn hingehen?“

„DreamWorks Water Park!“, antwortete Levi.

„Wirklich? Da wollte ich schon immer mal hin, die haben so geile Rutschen!“

Seine Augen leuchteten plötzlich.

„Kommt Onkel Jordan auch?“, fragte Noah plötzlich.

Für eine Sekunde war es Muks Mäuschen still in Noahs Zimmer, dann fingen Levi und ich laut an zu lachen.

„Onkel… Jordan“, blabberte Mike nach.

„Ja Brüderchen, bring Onkel Jordan mit“, lachte ich.

Mike verzog sein Gesicht zu einer Grimasse.

„Ich weiß nicht recht…“

„Wieso plötzlich so schüchtern?“, wollte ich wissen.

„Du bist gut, so gut kenne ich Jordan noch nicht…“

„He komm, das macht sicher viel Spaß und ihr könnt euch dabei besser kennen lernen“, meinte Levi.

„Hast du ihm von uns erzählt?“, fragte ich.

„Etwas, nicht viel…“

„Dann schreib ihm doch, das Levis kleiner Bruder gefragt hat, ob Onkel Jordan auch mit geht.“

„Meint ihr wirklich?“

Levi und ich nickten beide. Mike schaute unsicher zwischen uns hin und her, holte  aber dann doch sein Handy hervor. Langsam tippte er etwas ein und nach ein paar Sekunden drückte er zögernd senden.

„Was hast du geschrieben?“, wollte ich wissen.

„So wie ihr gesagt habt… ob Onkel Jordan mitgeht…“

Levi fing wieder an zu lachen.

„Auf die Antwort bin ich gespannt.“

*-*-*

Es war keine Antwort gekommen, so ging Mike weiter seiner Arbeit nach. Auch Levi war wieder nach oben gegangen, während ich mit dem Abendessen in der Küche begann. Noah war mit herunter gekommen und saß am Tisch.

Er schien nachdenklich zu sein, die ganze Zeit hatte er nichts gesagt. Der sonstige Redeschwall war zum Erliegen gekommen. Leider kannte ich nur einen Bruchteil seiner Welt und konnte ihn dadurch nicht einschätzen.

Er saß vor seinem Buch, sah aber mehr in die Luft, als in sein Buch. Ich schnitt die Kirschtomaten klein, die ich später für den Auflauf brauchte.

„Kann man Schiffe an die Wand malen?“, fragte Noah plötzlich.

Die Frage erstaunte mich jetzt.

„Klar kann man Schiffe an die Wand malen. Du kannst alles an die Wand malen, was du möchtest.“

„Noah möchte ein Wasserbild haben, so wie das Foto vom Fluss.“

Machte er sich tatsächlich Gedanken, wie sein Zimmer aussehen sollte? Ich überlegte kurz.

„Kann Noah das auf ein Blatt malen?“

Ohne einen Ton zu sagen stand er auf und verließ die Küche. Nach den Geräuschen lief er die Treppe hinauf. Ich schnappte mir den Schinken und schnitt ihn in Streifen. Draußen hörte ich Noah wieder die Treppe herunter kommen.

Wenige Sekunden später setzte er sich wieder an den Küchentisch. Er hatte nicht nur seine Malkiste und einen Block gebracht, nein, es waren auch die feinen Stifte aus meinem Zimmer dabei.

Woher wusste er, wo die lagen? Beobachtete er mich so genau, wenn ich die Dinge verräumte? Es war mir bisher nie aufgefallen, dass Noah mich beobachtete. Dann kamen noch die kleinen Bilder zum Vorschein, die wir am Hudson River gemacht hatten und ich für ihn gedruckt hatte.

Das alles breitete er auf dem Küchentisch aus. Die Pastanudeln waren fertig, so konnte ich Noah nicht weiter meine volle Aufmerksamkeit schenken. So schüttete ich meine Nudeln ab und stellte den Topf wieder auf die Flamme.

Ein kurzer Blick zu Noah zeigte mir, dass er sich einen Bleistift geschnappt hatte und zu malen begann. Es hatte keinen Sinn ihm weiter zuzuschauen, sonst würde das Essen nie fertig.

Ich machte etwas Fett in den Topf, der Sekunden später anfing etwas zu rauchen.

Der Topf war schon zu heiß. Ich stellte die Flamme kleiner, warf  die Zwiebeln in den Topf und begann zu rühren, damit sie mir nicht anbrannten. Als die Zwiebeln glasig waren, folgte der Knoblauch, der Paprika und Zwiebelauch.

„Das riecht gut“, kam es von Noah und ich musste lächeln.

Ich drehte meinen Kopf zu ihm und sah, das er am radieren war.

„Hast du etwas falsch gemacht?“, fragte ich.

„Nein, Noah gefällt das nicht!“

„Lass dir Zeit!“, meinte ich nur und widmete mich wieder meinem Topf.

Nachdem ich das Gemüse gewürzt hatte, ließ ich es in aller Ruhe Farbe bekommen. Dann goss ich das Ganze mit Sahne auf, löffelte den Frischkäse hinein und begann wieder zu rühren

Den Tomatenmark hatte ich vergessen, so drückte ich gut zwei Esslöffel hinzu und verrührte ihn.

Dann gab ich die Nudeln, den Schinken und die Kirschtomaten hinzu und vermengte alles, bevor ich es in die Auflaufform schüttete. Plötzlich stand Noah neben mir und hielt mir seinen Block entgegen.

Überrascht sah ich auf Noahs Zeichnung. Deutlich konnte man erkennen, dass es sich um die Flusslandschaft vom Hudson River handelte. Sogar ein paar Häuser im Hintergrund hatte er gemalt.

Ich hätte mir gerne das Bild noch genauer angesehen, aber meine Finger waren schmutzig vom Kochen und ich wollte keine fettigen Fingerabdrücke hinterlassen. Total fasziniert versuchte ich alles zu erfassen, was er gemalt hatte.

„Sind das zu viel Boote?“, fragte Noah.

„Nein, auf dem Hudson River sind doch auch immer viele Boote unterwegs.“

„Wenn du die zwei…“, ich zeigte auf zwei Boote, „ …kleiner malst, dann sind sie weiter weg“

Ohne etwas zu erwidern, setzte sich Noah wieder. Dies musste Levi sehen, denn es war unglaublich, was da Noah gezeichnet hatte. Ich wischte mir notdürftig die Finger ab, schnappte mir mein Handy und schickte Levi eine Nachricht, ob er in die Küche kommen könnte.

Da im Treppenhaus gerade viel Bewegung herrschte, konnte ich nicht ausmachen, ob levi reagierte. So streute ich noch den Käse über den Auflauf und stellte die Form dann in den vorgeheizten Ofen.

„Ist etwas?“, vernahm ich plötzlich Levis Stimme an der Tür.

Ich zeigte auf Noah, aber sagte nichts. Levi lief zu seinem Bruder.

„Was macht Noah?“

„Noah malt Bild für seine Wand.“

„Welche Wand?“

„Marcus hat gefragt, was für eine Farbe Noah für sein Zimmer haben will.“

Ich lächelte Levi an, der mich fragend anschaute.

„Wollte nur wissen, welche Farbe wir Noahs neues Zimmer streichen sollen. Da kam er die Idee mit dem Bild.“

„Das ist seine Idee?“, fragte Levi Noah.

„Noah will blaues Zimmer mit Schiffen!“, kam es von dem Jungen.

Ich nickte Levi zu. Fassungslos stand levi am Tisch und ich begab mich zu den beiden.

„Wir könnten eine Wand nach Noahs Vorlage anmalen, so hat er den Fluss in seinem Zimmer.“

Levi begann an zu lächeln.

„Die Idee gefällt mir.“

„Ich weiß nur nicht, ob so etwas von der Malerfirme gemacht werden kann, oder ich jemand dafür suchen muss.“

„Egal, den Wunsch möchte ich Noah erfüllen.“

„Gut, dann kümmere ich mich auch darum.“

„Danke!“, meinte Levi und drückte mir einen Kuss auf die Wange.

„Braucht das Essen noch lange, ich bekomme langsam Hunger.“

„Eine halbe Stunde ungefähr und wir können Essen!“, antwortete ich.

Levi schaute erneut auf seinen Bruder.

„Ich glaube, wir essen heute drüben, ich möchte ihn ungern unterbrechen.“

„Auch das ist kein Problem“, grinste ich Levi an, „hast du noch viel zu tun.?“

„Nein, bin so gut wie fertig. Den Termin mit nächsten Dienstag hab ich dir gesagt?“

„Ja hast du.“

„Okay, ich fahr oben alles herunter und komm dann!“, und schon war er wieder verschwunden.

Die Arbeiten im Haus näherten sich heute dem Ende. Nach und nach verließen die Arbeiter das Haus. Auch die Herren der Gartenfirma verabschiedeten sich, sie waren heute fertig geworden, Die Rechnung würde dann zugestellt werden.

Morgen noch und dem Wochenende stand nichts mehr im Wege. Ich durfte nicht vergessen, mich noch einmal mit Vanessa kurzzuschließen, damit morgen Abend am Flughafen nichts schief lief.

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