Des Engels Vampir

Ich kam ins Zimmer zurück und stellte den Tee ab. Chris stand dicht am Kamin, dessen Feuer jetzt sehr hoch brannte. Ab und zu fragte ich mich, warum er das tat. Feuer war eine Gefahr für ihn und doch kam es mir so vor, als würde er sich daran wärmen wollen.

Sein schwarzer Umhang wurde durch die aufsteigende Wärme leicht bewegt, sein schwarzes glattes Haar, das wirr über seine Ohren hing und ebenso seine silbern funkelnden Augen bedeckten…, alles hatte etwas magisches, was ich nicht näher beschreiben konnte.

Seine 432 Jahre sah man ihm nicht an, er wirkte wie ich, gerade neunzehn geworden.

„Wie möchtest du deinen Tee?”, fragte ich leise.

„Süß!”, kam es von ihm, aber er starrte immer noch ins Feuer.

„Mit Milch?”

„Was für einen Tee hast du?

„Zitronentee, so wie du ihn magst!”

„Dazu passt keine Milch.”

„Gut”, meinte ich und ließ drei Würfelzucker in den Tee gleiten.

Mit der Tasse in der Hand ging ich vorsichtig zu ihm, um ja nichts zu verschütten. Ich reichte sie ihm, aber er würdigte mich immer noch keines Blickes.

„Was fasziniert dich so am Feuer?”, fragte ich ihn.

Er schien kurz zu überlegen.

„Die Wärme, die es ausstrahlt und seine Bedeutung!”, antwortete er ruhig.

„Seine Bedeutung?”

„Na ja, Feuer steht für Reinigung!”

„Fasziniert dich das Feuer, weil es dir das zurück gibt, was dir jetzt verwehrt bleibt?”

„Wie meinst du das?”

„Dein altes Leben, so wie du früher warst!”

„Ja!”

„Aber dann wärst du tot, für immer verloren…”

„Vielleicht wäre das besser!”

„Aber dann hättest du mich nie kennen gelernt!”

„Vielleicht doch…”

„Das verstehe ich jetzt nicht, oder meinst du als Wiedergeburt?”

„Genau.”

„Du weißt genau, dass man so was nicht steuern kann.”

„Wozu steuern?”

„Die Möglichkeit, mich dann zu treffen, stehen doch eins zu unendlich!”

„Vielleicht hast du ja in einem früheren Leben in meiner Nähe gelebt und wir kannten uns da schon, dann wäre die Wahrscheinlichkeit gar nicht mehr so unendlich.”

„Dein ‚vielleicht’ ist mir zu unsicher”, sagte ich und ging zurück zum Tisch.

„Warum?”

„Vielleicht hier…, vielleicht da, ich lebe jetzt hier real und du bist real bei mir! Oder siehst du das anders?”

„Bitte?”

„Ob du dich als Vampir real fühlst?”

„Ja.”

„Stimmt…, ich kann dich sehen, fühlen… und küssen!”, kicherte ich.

Chris schaute mich lächelnd an.

„Und jetzt?”, fragte er

Ich ging langsam zu Chris und legte beide Arme um ihn.

„Was willst du machen?”, fragte ich leise.

„Ein bisschen rausgehen!”, antwortete er.

„Draußen ist es kalt und nebelig.”

„Um so besser”, meinte Chris und setzte sein charmantes Lächeln auf.

„Ja, ich weiß, das beste Wetter für dich.”

„Richtig, kommst du mit?”, fragte Chris und stellte seine Tasse ab.

„Ich werd dich doch jetzt nicht einfach gehen lassen, natürlich geh ich mit! Wohin willst du mich denn führen?”

„Weiß noch nicht, in den Park vielleicht”, meinte er gedankenverloren.

„Und dann?”, grinste ich frech.

„Ich habe Durst!”, grinste er ebenso frech zurück.

„Auf mich?”, fragte ich erwartungsfroh.

„Auch, aber erst mal richtig Durst.”

Ich atmete tief durch, das alte Thema wieder.

„Kann es etwas Leckeres geben als mich?”

„Du bist mein Nachtisch, damit ich wieder einen besseren Geschmack habe!”, sagte Chris lächelnd.

Mir ging wieder durch den Kopf, warum Chris mich nicht zum Vampir machen wollte. Chris schaute mich durchdringend an. Ich hatte vergessen, wie gerne er in meinen Gedanken stöberte.

Ich gab ihm einen Kuss und gab den Gedanken auf. Er saugte sich ein wenig an meinen Lippen fest und ich begann dahin zu schmelzen.

„Gehen wir?”, fragte Chris.

Ich erwachte aus meiner Traumwelt.

„Äh, ja, natürlich”, meinte ich und zog mir meine dicke Jacke an. Nachdem ich den Schal um den Hals gewickelt hatte, zog ich die Wohnungstür auf und lief nach draußen. Chris folgte mir und schloss hinter sich ab. Mir schauderte es kurz, als mir die Kälte entgegen schlug.

Chris stand hinter mir und legte seine Arme um mich.

„Könne Vampire eigentlich wärmen?”, fragte ich.

„Ein bisschen”, antwortete Chris und lief los.

Ich schnappte nach seiner Hand und ließ mich ein wenig ziehen. Chris dagegen schaute sich suchend in der Gegend um. Etwas beunruhigt war ich schon, denn an diese nächtlichen Ausflüge konnte ich mich nie so recht gewöhnen.

„Was beunruhigt dich so?”, fragte Chris.

„Ich habe ein ungutes Gefühl, was ist wenn der Mensch krank ist?”

„Das macht mir nichts!”, antwortete er leise.

Ich schaute ihn an und er blieb stehen.

„Als Vampir kann man nicht immer darauf achten, wen man nimmt. Was meinst du, wie man sonst überleben soll? Und außerdem: ein Mensch der vollkommen gesund ist und plötzlich stirbt, fällt auf!”

„Deine Augen werden dunkler.”

„Bitte?”

„Vorhin am Feuer hatten sie noch diesen schönen, silbernen Schein.”

„Und jetzt?”

„Jetzt werden sie fast schwarz!”

Chris drehte sich von mir weg und lief weiter, schaute sich dabei weiter um. Ein Geräusch neben uns im Gebüsch ließ mich zusammen fahren und mich enger an Chris drängen.

„War doch nur eine Katze!”, versuchte er mich zu beruhigen.

„Fühlt wohl deine Anwesenheit.”

„Die Katze?”

„Wolltest du nicht eine für zu Hause?

„Nein, jedenfalls nicht eine, die hier draußen herumstreift.”

„Warum nicht?”

„Weiß auch nicht Recht, wenn dann will ich mir eine aussuchen, selber bestimmen wie sie aussieht!”

„Können wir ja demnächst mal zusammen schauen.”

„Okay”, meinte ich und spürte, dass ich müde wurde, „um die Zeit ist doch bestimmt niemand mehr unterwegs.”

„Hier nicht, aber vielleicht woanders!”, meinte Chris und schloss seine Augen.

„He! Nicht verschwinden, du löst dich auf!”

„Was?”

„Wenn du deine Augen schließt, wanderst du wieder irgendwohin, wo ich dir nicht folgen kann.”

„Entschuldige, ich vergaß.”

Er schaute mir liebevoll in die Augen.

„Dann laufen wir dahin, wenn du noch soweit kannst.”

„Kann ich”, erwiderte ich lächelnd.

„Das müsste so ein Nachtclub sein”, sagte Chris und wies in eine Richtung.

„Ui, ein Nachtclub, wie aufregend!”

„Aha, da wird wieder jemand wach!”

Ich musste einfach loskichern.

„Aber nicht so toll flirten, hörst du?”, sagte Chris.

„Öhm, etwa eifersüchtig?”, fragte ich.

„Noch nicht!”, kam von ihm.

„Oh, noch nicht, also. Da muss ich mir ja was Besonderes heraus suchen.”

„He!”, erwiderte er leicht säuerlich.

„Du weißt, dass ich nur dich liebe, also keinen anderen Mann!”

„Dann sag ja nicht, dass du mit jemand anderem nicht spielst.”

„Ich bin eben ein Spielkind, das ist ein ganz natürlicher Trieb.”

„Steve, du bist ein Spinner!”, sagte Chris und fing an zulachen.

„Danke! Immer wieder gerne”, gab ich zur Antwort.

„Das müsste es sein!”, kam es von Chris, nach dem er stehen geblieben war.

Er betrat den Laden, ich folgte ihm, wo er wieder stehen blieb und sich umschaute, währenddessen ich ihm vorsichtig über die Schulter blinzelte. Er schien meinen Blick zu bemerken, denn er dreht sich um.

„Was denn, nichts gefunden?”, fragte ich ihn.

„Du lenkst mich ein bisschen ab”, meinte er und lächelte.

„Ich? Ich bin ganz unschuldig!”

„Na ja, nicht so ganz!”

„Du hast mich vorhin geküsst und angeknabbert, nicht ich dich!”

„Okay! Ich gebe mich geschlagen”, sagte er und wandte sich wieder Richtung Bar, um weiter zu suchen.

„Bringst mir etwas zu trinken mit?”, fragte ich.

„Was magst du denn haben?”

„Ich vertraue dir da voll und ganz!”

„Hm… mal gucken, was es so gibt”, meinte Chris und lief weiter.

„Okay, ich warte hier auf dich.”

Chris schaute mich noch einmal kurz an und ging dann zur Bar. Von dort schaute er sich weiter um und hatte wohl jemanden, der alleine auf der Treppe saß. Ich setzte mich derweil auf einen der Hocker und beobachtete Chris weiter.

Dieser lief an der Bar vorbei und von dort direkt Richtung Treppe. Ich nutzte derweil seine Abwesenheit und zündete mir eine Zigarette an. Plötzlich drehte sich Chris um und schaute mich trotzig an. Ja, ja nur die Eine, dachte ich und wunderte mich, dass ich gerade eben seine Gedanken hatte lesen können.

Kopfschüttelnd hatte er sich wieder in die vorige Richtung gedreht und war weiter auf den Mann zugegangen, der ihn auch schon längst bemerkt hatte. Ich bestellte mir ein Getränk, welches Chrisi wohl im Eifer des Gefechts vergessen hatte.

Seine Gedanken machten sich in meinem Kopf breit und ich konnte alles sehen und hören und fühlen, was auch er sah, hörte und fühlte.

Er setzte sich neben dem Mann auf die Treppe und fragte ihn, warum er denn hier so alleine sitzen würde. Ich begann mich zu fragen, ob Chris die ganzen Jahre über immer die gleiche Anmache drauf gehabt hatte und musste grinsen.

„Nein, ich spiele ein bisschen”, hörte ich seine Stimme in meinem Kopf.

Durch Chris erfuhr ich, dass der Mann wohl von seiner Verabredung versetzt worden war und sich hier nun alleine langweilte. Ich selbst wurde während dessen auf einen Jungen an der Bar aufmerksam, der mich stark taxierte.

Chris derweil näherte sich dem Mann und hauchte ihm auf den Hals, worüber dieser sehr erschreckt zurückwich.

Ich erschrak ebenfalls, aber nicht wegen Chris, sondern wegen dem Jungen, der plötzlich neben mir stand.

Chris stützte sich an die Wand, so dass dieser Mann ihm nicht mehr entfliehen konnte. Kurz hatte ich den dunklen Gedanken, dass der Junge neben mir ja ein guter Ersatz wäre.

„Willst du irgendwas?”, fragte ich ihn.

„Bist du alleine hier?”, stellte er als Gegenfrage.

Plötzlich überkam mich eine Gänsehaut, denn dieser Fremde hatte den gleichen Blick, die gleichen fast schwarzen Augen, wie auch Chris sie bekam, wenn er Durst hatte.

Im selben Moment schaute Chris auf und wirkte sofort alarmiert.

Etwas unsicher drehte ich meinen Kopf wieder zu dem Jungen.

„Nein, ich bin in Begleitung hier”, antwortete ich ängstlich.

Chris ließ von dem Mann ab und stand plötzlich neben uns. Er bedachte den Jungen mit einem sehr durchdringenden Blick, bis dieser, ohne ein weiteres Wort zu sagen, auf seinen Platz zurückging. Ich atmete erleichtert auf und sank in mich zusammen.

„Alles in Ordnung mit dir?”, fragte Chris voll in Sorge.

„Was war das denn für einer?”, stotterte ich.

„Hast du einen Magnet an dir?”

„Nein, nicht dass ich wüsste.”

Chris lächelte und küsste mich kurz, bevor er sich wieder Richtung des auserkorenen Opferst wandte, das immer noch wie versteinert auf der Treppe saß.

„Nun geh schon, der wird mich ja nicht noch einmal anbaggern!”

„Wer weiß? Rauch nicht soviel!”, meinte Chris mit einem schiefen Lächeln und lief zu dem Mann zurück.

Ich steckte die Zigarettenschachtel wieder in meine Jackentasche zurück und nippte an meiner Cola.

Chris ließ sich wieder neben dem Mann nieder, schaute sich kurz um, ob sie jemand beobachtete und konnte sich davon vergewissern, dass keiner von den beiden Notiz zu nehmen schien, außer mir natürlich.

Mir kam das Kaminfeuer von zu Hause in den Sinn, wo ich jetzt gemütlich mit Chris davor liegen könnte. Dann fragte ich mich, wie lange Chris wohl brauchen würde, bis er seinen Durst gestillt hatte. Ich sah noch, wie er sein Gesicht am Hals des Mannes vergrub und wohl schon am saugen war.

Plötzlich stand der Junge wieder neben mir.

„He schau, dein Alter hängt an einem anderen Typen herum, dann können wir doch gemeinsam losziehen!”, sagte er von sich überzeugt zu mir.

„Ich sag es noch einmal: ich will nicht, zieh Leine!”

So schnell konnte ich gar nicht schauen, wie ich plötzlich die Hand des Jungen an meinem Hals spürte. Er drückte fest zu.

„Entweder du gehst jetzt mit, oder ich drück noch fester zu!”, meinte er mit dunkler Stimme.

Oh Chris, hilf mir doch, dachte ich verzweifelt.

Chris aber hatte die Augen geschlossen und saugte genüsslich weiter, bis er plötzlich eine Gefahr spürte. Er ließ den Mann los, der in sich zusammen sackte und drehte sich um.

Er schloss seine Augen und im nächsten Augenblick stand er zwischen mir und dem Jungen, dessen Hand an meinem Hals sofort verschwand.

Die Fingernägel, die sich eben noch in meinen Hals gebohrt hatten, verursachten ein starkes Brennen, erschöpft hechelte ich nach Luft.

Der Junge sprach irgendetwas, doch ich konnte es nicht verstehen, weil mir die Sprache nicht bekannt war. Chris antwortete ihm sehr knapp und so schnell wie der Junge aufgetaucht war, war er auch wieder verschwunden.

Ich zitterte am ganzen Körper und konnte mich nicht mehr beruhigen. Total entkräftet ließ mich wieder auf meinen Sitz sinken und schaute ängstlich auf zu Chris.

„Geht es?”, fragte er leise.

„Ich hätte mir fast in die Hosen gemacht”, antwortete ich und versuchte zu lächeln.

Chris bedachte mich mit einem besorgten Blick.

„Können wir nach Hause gehen?”

Er nickte und zog mich vom Stuhl, ich spürte, dass seine Gedanken ganz woanders waren.

„Kennst du den Jungen?

„Nein!”

„Er is aber noch sehr jung, oder?”

„Kann man so sagen, er ist erst dreißig”, kam es von Chris.

Jetzt war ich verwirrt.

„Gibt es viele…Vampire?”, stotterte ich.

„Ja, warum?”

„Sind alle so brutal, also ich meine… ich kenne nur dich und du bist immer so zärtlich zu mir.”

„Nein, sind sie nicht! Das sind hauptsächlich die jungen, sie überschätzen sich. Denken, sie können alles, sehen dabei aber ihre Grenzen nicht!”, seufzte Chris.

„Gibt es bei euch so was wie einen Mentor, der sich den jüngeren annimmt?”

„Nein, entweder der, der denjenigen zum Vampir macht, kümmert sich oder keiner!”

„Werden viele sich selbst überlassen?”

„Ja!”

„Und du?”, fragte ich leise.

„Ich hatte die ersten hundert Jahre jemanden, der sich um mich gekümmert hat, auch wenn es nicht der war, der mich geschaffen hat.”

„Und was ist aus dem geworden?”

Ich wusste nicht, ob Chris dieses Thema unangenehm war, aber ich wusste ja auch so wenig von ihm.

„Er ist nach Frankreich gegangen, soweit ich noch weiß. Ich hab schon lange nichts mehr von ihm gehört. Manchmal rede ich noch über eine telepathische Verbindung mit ihm, aber sehr selten.”

„Vermisst du ihn?”

Ich zog meine Jacke wieder an und zahlte meine Cola.

„Ja, irgendwie schon!”

„Willst du ihn wieder sehen, ich meine… wir könnten doch mal einen Abstecher nach Frankreich machen…?”

„Er mag es nicht, wenn man ihn unangekündigt besucht!”

„Könntest es ihm doch sagen…, ähm telepathisieren oder wie man das nennt.”

„Mal sehen ob, ich ihn erreiche. Willst du ihn kennen lernen?”

„Ich würde schon gerne den Menschen, na ja das Wesen, kennen lernen, das dich geschaffen hat”, meinte ich und gab Chris einen Kuss.

„Er hat mich ja nicht geschaffen, mich nur unter seine Obhut genommen!”

„Aber er hat aus dir das gemacht, was du heute bist… das, was ich an dir liebe”, meinte ich verträumt.

„Träumer”, kam es von Chris und ich begann zu kichern.

Die Schmerzen an meinem Hals wurden wieder stärker, was Chris auch sofort bemerkte. Er beugte sich zu mir und küsste genau auf die Stellen, die jetzt irrsinnig brannten. Einerseits tat es gut, was Chris machte, aber andererseits erregte es mich auch ungemein. Ich konnte nicht anders und stöhnte leise auf.

„Können wir das nicht vor dem Kaminfeuer zu Hause fortsetzen?”, fragte ich mit zittriger Stimme.

„Wenn du deine Hand aus meiner Hose nimmst, kommen wir da sogar hin”, antwortete er mit einem frechen Grinsen, was mich knallrot anlaufen ließ.

Chris zwinkerte und griff nach meiner Hand, um mich aus dem Club zu ziehen.

„Hast du die Schlüssel?”, fragte er mich.

„Ja, habe ich”, und zog den Bund aus meiner Hosentasche,

Die kühle Nachtluft tat mir gut, das Brennen ließ nach und ich konnte meinen Kopf wieder ohne Schmerzen bewegen.

„Gut, dachte schon, ich habe ihn wieder vergessen.”

„Hast du auch, es ist dein Schlüssel”, meinte ich und musste grinsen.

„Ähm… schönes Wetter heute, findest du nicht?”

Ich fing nun laut an zu lachen und schmiegte mich an ihn. Er zog mich an sich und gab mir einen Kuss auf die Stirn.

*-*-*

Am nächsten Morgen wurde ich recht spät wach und bemerkte, dass ich alleine war. Die Sehnsucht nach Chris überkam mich sofort und so kuschelte ich mich noch mehr unter die warme Bettdecke. Kaum hatte ich meine Augen wieder geschlossen, fiel ich wieder in einen tiefen Schlaf…

Chris stand auf einer Felsenklippe und sah so edel aus in seinem Umhang, der im Wind flatterte. Die Gischt des Meeres schoss nach oben und vermischte sich mit dem Licht der untergehenden Sonne.

Wie tausend Sterne umgaben ihn die fallenden Wassertropfen. Sein Kopf drehte sich sanft in meine Richtung. Ich sah, dass seine Augen rot funkelten. Langsam schritt ich auf ihn zu, wieder und wieder schäumte die Gischt auf.

Als ich direkt vor ihm stand, konnte ich ein leichtes Lächeln auf seinen Lippen sehen. Ich wollte ihn berühren, aber griff ins Leere. Er sagte etwas zu mir, doch ich konnte ihn nicht verstehen. Da griff er in seinen Umhang und holte etwas daraus hervor.

Als ich sah, dass es ein kleiner Spiegel war, wich ich erschrocken zurück. Ja, ich sah mich, aber ich konnte dennoch nicht glauben, was ich da sah. Im Gegensatz zu Chris war ich weiß gekleidet und hatte… Flügel.

Abrupt fuhr ich auf und saß wieder in meinem Bett. Was war das, was hatte ich in dem Traum gesehen? Schweiß lief in kleinen Tropfen über meine Stirn. Ich hatte Angst und krallte mich an meine Decke. Wo war nur Chris?

Da öffnete sich plötzlich die Tür und Chris stürzte herein, er sah mich erschrocken an.

„Alles in Ordnung, Steve?”, fragte er besorgt.

Ich war nicht fähig, auch nur einen Ton herauszubringen und schaute ängstlich auf zu Chris, der sofort zu mir ans Bett kam, um mich in den Arm zu nehmen. Kaum hatte er das getan, fühlte ich eine Ruhe in mir einkehren, die unglaublich gut tat.

Ich spürte seine Hand, wie sie zärtlich über meinen Rücken auf und ab fuhr.

„Ich habe geträumt…”, begann ich.

„Was denn?”, fragte er mit seiner mir wohl bekannten sanften Stimme.

„Du standest auf einer Klippe und warst wunderschön!”, antwortete ich und schaute ihn an.

„Und da schreckst du angsterfüllt hoch?”

„Nein, ich bin zu dir hingegangen und wollte dich berühren, aber griff ins Leere. Du hast etwas zu mir gesagt, aber ich hab nichts verstanden. Dann hast du mir einen Spiegel vorgehalten…”

Chris kraulte sanft über meinem Nacken.

„Und was war im Spiegel?”, fragte er.

„Ich…!”

„Wie, ich?”

„Ich…, ich war ein Engel!”

Mir liefen Tränen über meine Wangen.

„Weiß ich doch, dass du das bist!”, sagte Chris lächelnd, „aber da gibt es doch nichts zu erschrecken!”

„Was bin ich?”, fragte ich, mir der Worte bewusst, die ich gerade aus Chris Mund gehört hatte.

Und wieder grinste mich Chris an.

„Na, mein Engel!”

„Ja, du hast schon oft gesagt, dass ich dein Engel bin”, meinte ich lächelnd, „aber das im Traum war so real!”

„Vergiss den Traum, es war nichts weiter!”, erwiderte Chris und nahm mich wieder in den Arm.

Ich lehnte mich an ihn, aber immer wieder hatte ich das Bild von dem Engel im Kopf. Chris küsste mich sanft am Hals, während ich meine Augen schloss und mich gehen ließ. Er drückte mich aufs Bett zurück und küsste mich immer wieder.

Ich atmete tief durch und plötzlich war alles ganz klar um mich herum. Ich bin ein Engel, dachte ich.

In meinem Kopf vernahm ich Chris’ Stimme, die meine Gedanken mit einem sanften „Ja!” bestätigte.

 

Ich bin doch ein normaler Mensch, wie geht das? Und warum kann ich plötzlich deine Stimme hören, obwohl du nichts sagst?

Weil ich das zulasse!

Ich weiß, es gibt Vampire, aber dass es wirklich Engel gibt?

Irgendetwas passierte in mir, ich spürte, dass sich eine Veränderung in mir vollzog. Chris legte sich neben mich. Der Raum um mich herum schien sich aufzulösen, nur Chris war noch neben mir, dessen Nähe ich deutlich spürte.

„Chris, was passiert hier?”, fragte ich.

„Pst!”, meinte Chris und legte seinen Finger auf meine Lippen, „schließ deine Augen!”

Ich tat, was Chris sagte und schloss voller Vertrauen meine Augen. Irgendwo tief in mir spürte ich etwas pulsieren, eine Art Energie, wie ich sie noch nie empfunden hatte. Er strich mir langsam und sanft über den Bauch. Ein leises Aufstöhnen entwich meinen Lippen, während ich meinen Rücken durchdrückte und mich unter Chris wand.

Mein Körper fühlte sich plötzlich so leicht an, als würde ich schweben. Chris wanderte mit seinem Finger über meinen Bauch bis hin zur Brust und ich merkte, wie er sacht meine Lippen anhauchte. Ich öffnete meine Augen und sah Chrisis Gesicht direkt vor dem meinem.

Seine Augen funkelten in einem tiefen rot. Sanft küsste er jedes meiner Augen und als ich diese erneut öffnete, sah ich Chris plötzlich in einem ganz anderen Licht. Seine Gesichtsfarbe wirkte warm, ein sanftes Lächeln umspielte seine Lippen. Glücklich beugte ich mich vor und küsste ihn.

Er erwiderte meinen Kuss und begann an meinen Lippen zu knabbern. Ich wand mich weiter unter Chris, aber er legte seine Hand auf meinem Bauch und drückte mich aufs Bett zurück. Ein Schaudern durchlief meinen Körper und ich begann zu zittern.

Ich streichelte ebenfalls mit meiner Hand über seinen Rücken, spürte die warme Haut unter meinen Händen.

„Geht es wieder, mein Kleiner?”, flüsterte Chris.

„Ja!”, hauchte ich.

„Aber mit schlafen ist wohl gerade nichts, wenn ich das so richtig deute!”

„Wieso schlafen, bin doch eben erst aufgewacht!”

„Es ist drei Uhr morgens und du solltest schlafen!”

„Drei Uhr? Ich dachte es wäre Morgen.”

„In deinen Träumen vielleicht!”

„Nein, in meinem Traum war es ein Sonnenuntergang, in dem du so wunderschön vor mir standst!”

„Na gut, geschlagen, es ist Morgen, aber du solltest trotzdem noch etwas schlafen!”

„Okay!”

Ich lag plötzlich wieder in meinem Bett, doch Chris hatte sich aufgerichtet.

„Wo gehst du hin?”, fragte ich ihn verwundert.

„Nirgends, ich bleibe bei dir!”, antwortete Chris.

Er legte seine Kleidung ab und kam zu mir ins Bett. Zum ersten Mal konnte ich die kleine Bisswunde an seinem Hals sehen, die sehr unscheinbar die rechte Seite seines Hals zierte. Er kuschelte sich eng an mich und legte seinen Arm über meine Brust.

„Versuche zu schlafen”, meinte Chris, „du brauchst deine Kräfte.”

Ich gehorchte und fiel schon bald wieder in einen tiefen Schlaf.

 

Und schon war ich wieder mittendrin. In meinem Traum, welcher mir schon oft schweißtreibende Nächte beschert hatte. Aber irgendetwas war diesmal anders.

Natürlich war da wieder dieses große Feuer, doch diesmal versetzte es mich nicht in Traurigkeit, sondern wärmte mich und schenkte mir ein Gefühl von Geborgenheit. Auch der Ort hatte nichts Furchterregendes mehr an sich. Keine Schatten, die mir Angst machten.

Irgendwoher kam ein heller Schein, den ich aber nicht deuten konnte.

 

„Das bist du”, hörte ich eine Stimme sagen.

 

Sie hatte ebenso etwas Warmes an sich und kam mir irgendwie bekannt vor.

 

„Chris?”, fragte ich, obwohl ich niemanden ausmachen konnte.

 

„Ja, ich bin Chris”, sagte die Stimme.

 

„Wo bist du?”, fragte ich.

 

„Du stehst direkt vor mir!”

 

„Da ist nur das Feuer!”

 

„Eben, das bin ich. Komm zu mir!”

 

„Ich kann nicht, ich werde mich verbrennen!”

 

„Du wirst dich niemals verbrennen. Denn du bist das reine Licht, die Energie der Liebe, kein Feuer kann dir etwas anhaben. Vertraue mir!”

 

Licht… Energie… Liebe? Was meinte er damit?

 

„Steve, du machst dir zu viele Gedanken, akzeptiere dich endlich wie du bist, sei, was du bist!”

 

„Was bin ich denn, Chris?”, fragte ich verzweifelt.

 

„Du bist mein Engel!”

 

„Das hast du schon gesagt, aber das bringt mich nicht weiter.”

 

Ich hatte nicht gemerkt, dass ich ein paar Schritte nach vorne gegangen war und schon inmitten der Flammen stand. Doch nichts passierte. Kein brennender Schmerz, kein Aufschreien von mir. Nur die Wärme, wie zuvor, die mich geborgen in ihren Armen hielt.

 

„Schau in dich, und du wirst dich erkennen, Steve!”

 

Ich schaute ins Feuer und es kam mir vor, als würde dort ein Spiegel sein. Was ich dort sah, verschlug mir die Sprache. Meine Gestalt war in gleißendes Licht gehüllt. Was mich aber noch mehr beeindruckte, waren die Flügel. Große weiße Flügel, die hinter meinem Rücken zum Vorschein traten.

 

„Das bin ich?”, fragte ich ungläubig.

 

„Ja, mein Engel!”

 

„Wie kann das sein?”

 

„Du warst es schon immer, Steve, und wirst es auch immer sein. Das ist deine Vorbestimmung!”

 

Der Spiegel verschwand und ich konnte die Umrisse von Chris erkennen.

 

„Du bist mein Engel. Ich weiß nicht wie, aber als ich zum Untoten wurde, bliebst du bei mir. Jedes Mal, wenn ich in Schwierigkeiten war, standst du für mich ein, hast dein Dasein für mich riskiert oder dich geopfert.”

 

„Du meinst, ich bin jedes Mal wieder auferstanden?”

 

„Ja, immer wieder bist du wiedergeboren.”

 

„Also müsste meine Seele so alt sein wie Deine.”

 

„Nein Steve, du bist viel älter. Du gehörst zu den Wesen, die einmal über alles herrschten, bis alles zerfiel, durch den Verrat eines Engels.”

 

Nun konnte ich Chris deutlich sehen. Das Feuer schien ihm ebenso nichts anhaben zu können, es wich auf die Seite und er kam auf mich zu.

 

„Redest du von Gabriel?”

 

„Das entspricht dir, du weißt wovon ich rede.”

 

„Ich habe es immer gewusst, irgendwo tief in mir vergraben.”

 

„Du bist aber der erste Engel, der sich mit dem Bösen verbunden hat!”

 

„Was habe ich?”

 

„Steve, ich bin ein Vampir, das Böse schlechthin. Doch du hast dich für mich entschieden, behütest mich, wachst über mich!”

 

„Bisher habe ich ein normales Leben geführt, und jetzt…”

 

„Wirst du es weiterführen, so wie du willst!”, sagte Chris liebevoll, „doch erst, wenn du die große Aufgabe bestanden hast.”

Ich schreckte auf und wieder saß ich im Bett.

„Chris?”, flüsterte ich leise.

„Was ist?”, brummte Chris.

„Das eben war kein Traum, oder?”

„Nein, du warst mit mir verbunden, unsere Gedanken und Träume haben sich verschmolzen.”

„Was für eine Aufgabe hast du gemeint?”

Chris drehte sich um und setzte sich ebenfalls auf.

„Der Kampf gegen Gabriel!”

„Gegen Gabriel, aber warum denn? Ich hab doch nichts getan!”

„Aus deiner Sicht nicht…”, meinte Chris und nahm mich in den Arm.

Plötzlich bekam ich ein mulmiges Gefühl in der Magengegend. Ich und kämpfen, ich der schon vor einer Spinne wegrannte. Wie sollte ich da mit Gabriel, einem Erzengel, kämpfen? Mit Schwert und Lichtblitzen oder so? Chris lachte auf und ich drehte meinen Kopf zu ihm.

„Warum lachst du?”, fragte ich Chris.

„Du vergisst, dass wir immer noch verbunden sind, alles was du denkst und fühlst, erfahre ich genauso!”, antwortete Chris.

„Dann weiß ich aber immer noch nicht, warum du gelacht hast.”

„Die Vorstellung, dass du da stehst, mit einem Schwert und Gabriel mit Lichtblitze bewirfst, fand ich einfach köstlich.”

Ich schob meine Lippe vor und schmollte.

„He, nicht doch! Schwerter sind etwas aus dem dunklen Reich. Und Lichtblitze, na ja, das ist eine andere Sache. Zwischen dir und Gabriel gibt es ein reines Wortgefecht, mehr nicht!”

„Wortgefecht?”, fragte ich erstaunt.

„Ja, in etwa wie ein Streit. Aber ihr schreit euch dabei nicht an.”

„Aber, … aber, wie soll ich das schaffen? Du weißt, ich bin nicht so wortgewandt und gegen einen Gabriel komme ich damit sicher nicht an.”

Chris änderte seine Position, damit er besser an mich heran konnte, und nahm mein Gesicht zwischen seine Hände.

„Steve, du redest aus dem Herzen, du redest, was du fühlst! Das ist deine Stärke, das was ich auch am meisten an dir liebe!”

„Stärke? Ich komme mir gerade sehr erbärmlich und schwach vor.”

„Das bist du nie und nimmer. Vertraue dir ruhig ein wenig mehr, du schaffst das!”

Chris’ Hand strich sanft über meine Brust, die sich durch meine Aufregung noch immer heftig hob und senkte.

„Ruhig mein Kleiner”, hörte ich Chris in mein Ohr hauchen.

Ich spürte seine Kraft, die sich über meinen Körper legte. Spürte, wie ich langsam ruhiger wurde. Ganz von alleine drückte ich mein Kreuz durch und wandte den Kopf zur Seite.

„Nein!”

Irritiert schaute ich zu Chris.

„Steve, ich werden dich nicht beißen, vergiss es!”

Mein irritierter Blick wechselte in einen etwas enttäuschten.

„Aber ich…”

„Wir haben dieses Thema ausdiskutiert und ich werde meine Meinung nie ändern! Und jetzt kein Wort mehr darüber.”

Ich wollte protestieren, doch noch immer war ich mit Chris im Gedanken verbunden und plötzlich spürte ich sein Verlangen, seine Gier nach mir. Er presste seine Lippen auf die meinen und fordernd drang seine Zunge in meinen Mund.

Unsere Zungen vollführten Tänze, während seine Hände weiter über meinen Körper wanderten.

„Ich will dich”, keuchte Chris.

Sein Gesicht war noch immer ganz dicht bei mir und ich konnte im Schein des Feuers seine fast schwarzen Augen funkeln sehen. Ich nickte fast unmerkbar. Einige Augenblicke später fühlte ich etwas Kühles an meiner Pforte und Chris’ Finger, wie sie massierend meine Pforte weiteten.

Immer tiefer drang er mit dem Finger in mich ein und mein Körper fing an zu beben. Laut atmete ich aus, um kurz darauf die Luft wieder scharf einzuatmen. Ich vergaß alles um mich herum und wollte nur noch Chris spüren.

Aber da war noch die tiefe innig Lust von Chris, die ich spürte und mich noch mehr in Trance versetzten. Er hob meine Beine an und legte sie sich über seine Schulter. Wenig später spürte ich, wie er versuchte, Einlass zu fordern.

Der Verbund mit Chris erleichterte es mir, mich zu entspannen. Ich konnte einen tiefen Summton hören, der mich ruhig werden ließ, aber gleichzeitig meine Lust noch mehr steigerte.

Chris drang in mich ein und ich stöhnte laut auf. Aber nicht vor Schmerzen, sondern weil ich so ein irres Gefühl empfand. Chris beugte seinen Kopf und wir versanken in einem innigen und langen Kuss.

Währenddessen fing Chris an, sich in mir zu bewegen. Mein Körper bebte, verlangte nach mehr. Jedes Mal wenn Chris zustieß, presste ich laut meinen Atem heraus. Das Empfinden meiner Sinne war um einiges intensiver als sonst.

Ich spürte nicht nur mein Lustempfinden, sondern auch das von Chris. Es war, als verschmolzen wir zu einem Körper. Während Chris immer stärker zustieß und dabei erregt stöhnte, spürte ich in mir etwas brodeln.

Diese unbändige Kraft überkam mich total und ich schrie laut meine Lust heraus. Auch Chris’ Energie sammelte sich langsam und steuerte auf den einen Punkt zu. Meine Hände krallten sich im Leintuch fest, mein Körper bebte, meine Luft verließ nur noch ´stoßweise meine Kehle.

Die Wellen der Erregung wurden immer extremer spürbar, Chris’ Tempo immer schneller. In mir floss reine Energie und auch ich spürte, dass ich nicht mehr weit davon entfernt war, heftig und mit voller Kraft zu kommen.

Chris’ Stimme wurde tiefer, sein Tempo noch schneller, bis er plötzlich aufschrie und sich in mir entlud. Im gleichen Augenblick schwappte auch bei mir die Welle über. Laut schreiend entluden wir uns nun beide und mit jeder neuen Welle zuckten unsere Körper, als stünden sie unter Strom.

Die urgewaltige Kraft schien nicht nachzulassen, denn noch immer bewegte sich Chris schnell in mir. Seine Bewegungen wurden erst nach einiger Zeit langsamer, sein Stöhnen wieder leiser, bis er plötzlich seinen Körper auf den meinen fallen ließ.

Schwer atmend lagen wir nun aufeinander.

„Ich liebe dich”, hörte ich Chris flüstern.

„Ich dich auch”, antworte ich ebenso erschöpft.

*-*-*

Als ich wieder erwachte, schienen bereits die ersten Sonnenstrahlen durchs Fenster. Chris lag noch immer neben mir, diesmal erwachte ich nicht alleine, wie sonst jeden Morgen.

Seine Haut war nicht so blass wie sonst, sein Rücken mit feinen Muskeln überzogen. Plötzlich schreckte ich auf und schaute hektisch um mich. Das Bett, in dem wir langen, war nicht das meine.

Auch das Zimmer war total fremd.

„Was ist denn?”, brummte Chris neben mir.

„Wo… wo sind wir?”, fragte ich verängstigt.

„Bei meinem Freund…”, antwortete Chris, ohne sich irgendwie zu bewegen.

„Aber… aber wie sind wir hierher gekommen?”

„Dank deiner Kraft.”

Nun richtete sich Chris auf und lehnte mit dem Rücken an die Wand an, während ich ihn verwundert anschaute.

„Was ist mit dir, du… du siehst plötzlich so anders aus.”

Ein Lächeln zierte Chris’ Lippen und er zog mich zu sich heran. Sein Körper fühlte sich warm und weich an, die Kälte war verschwunden.

„Ich verstehe nicht…”, stammelte ich.

„Steve, du wirst es verstehen, aber lass uns erst aufstehen und meinen Freund nicht so lange warten lassen.”

Er zog mich zu einem Kuss zu sich und ich vergaß augenblicklich sämtliche Fragen, die sich in meinem Kopf angestaut hatten. Chris schob mich sanft zur Seite und stand auf, um ans Fenster zu treten. Augenblicklich wurde sein Körper durch das Sonnenlicht in ein sanftes Strahlen gehüllt.

Er hatte rein gar nichts mehr von einem Vampir. Sogar die langen schwarzen Haare leuchteten jetzt in einem kräftigen braun. So hatte ich Chris noch nie gesehen. Der sonst so lichtscheue Chris badete in den Sonnenstrahlen.

„Das Licht… das Licht schadet dir nicht mehr?”

Chris drehte seinen Kopf und sein Blick wurde etwas traurig.

„Doch schon, aber im Augenblick zehre ich von deiner Kraft, die du mir heute Nacht hast zukommen lassen.”

Ich richtete mich ebenfalls auf, mein Leintuch rutschte herunter und ich saß nun fast nackt im Bett. Chris schmunzelte bei meinem Anblick. Dass ihn das auch nicht kalt ließ, sah ich deutlich an seiner Erregung.

„Ich verstehe nicht, was du meinst, Chris.”

Chris kam zu mir zurück und setzte sich aufs Bett. Er nahm meine Hand und legte sie auf seine Brust.

„Steve, du hast mir heute Nacht von deiner Lebensenergie geschenkt. Dies ermöglicht es mir für kurze Zeit wieder Mensch zu sein.”

Mit großen Augen schaute ich ihn an.

„Geht das auch als Dauerlösung, was müsste ich machen…?”

„Das würde gehen…”, hörte ich eine mir fremde Stimme aus Richtung der Tür.

Mein Kopf flog herum und dort stand ein Mann mit langen blonden Haaren. Er war wie Chris sonst auch in einen langen schwarzen Mantel gehüllt.

„Michael”, sagte Chris und stand auf.

Die beiden begrüßten sich mit einer festen Umarmung, wobei ich mich fragte, was Michael sich dachte, da mein Chris immer noch nackt war.

„Darf ich dir meinen Engel vorstellen?”, fragte Chris und deutete dabei auf mich.

„Der Engel Steve, viel habe ich von ihm gehört und nun sitzt er leibhaftig vor mir”, kam es von Michael.

Viel von mir gehört? Wer außer Chris kennt mich denn schon?

„Du bist sehr bekannt”, sprach Michael weiter, „welcher Vampir hat schon einen Engel als Freund.”

„Was meintest du vorhin mit… es geht…”, sagte ich, um von dem Thema abzulenken.

„Du kannst ihm sein Leben wieder schenken…”

„Michael… bitte nicht…”, kam es von Chris.

Ich schaute zwischen den beiden hin und her.

„Worüber redet ihr?”, fragte ich.

„Schenk ihm dein Leben und er wird wieder so, wie er früher war.”

Die Worte halten im Zimmer nach. Mein Leben für seins?

„Dein junger Freund ist nun wohl etwas geschockt.”

„Ich habe dir gesagt, du sollst davon nicht anfangen…”, meinte Chris.

„So hast du das?”

Die zwei starrten sich an, bis sich auf Michael Lippen ein Grinsen abzeichnete. Dann fingen beide an zu lachen.

„Da hast du dir aber wirklich einen süßen Typ geangelt”, meinte Michael und nahm Chris nochmals in den Arm.

„Ja, das ist er, da muss ich dir Recht geben.”

„Und du liebst ihn wirklich?”

Chris nickte mit einem Lächeln.

„Könntet ihr vielleicht auch mal mit mir reden, nicht nur über mich?”, warf ich ein.

Nun gesellten sich beide an mein Bett. Während mein Blick auf Chris haftete, wurde er langsam wieder blasser.

„Du willst das wirklich auf dich nehmen?”, fragte Michael.

„Wenn ich dadurch mit Steve richtig zusammen sein kann, dann ja.”

„Du kennst aber die Risiken, oder?”

Chris senkte den Kopf und nickte.

„Von was redet ihr?”, fragte ich.

Michael wandte sich zu mir.

„Dein Schatz möchte wieder menschlich werden.”

„Mit meinem Leben als Preis?”, fragte ich verwirrt, „Chris, du weißt, ich würde alles für dich tun… aber…”

„Da hast du wahrscheinlich etwas falsch verstanden, Steve”, redete Michael weiter.

Die Fragen in meinem Kopf wurden immer größer.

„Nicht dein Leben soll verwirken, du sollst Chris dein Leben schenken, deine Kraft auf ihn fließen lassen.”

„Das heißt doch aber, dass ich sterbe.”

„Nein.”

„Ich verstehe das nicht.”

„Steve, du bist ein Engel… würdest du das für Chris aufgeben?”

„Wie aufgeben?”

„Du wirst für Chris ein normaler Mensch werden und er wird wieder Mensch und sterblich.”

Ich schaute zu Chris. Dieser hatte noch immer seinen Kopf gesenkt.

„Und was muss ich machen?”

Nun schnellte Chris’ Kopf nach oben.

„Du würdest das für mich machen?”

„Chris ich liebe dich, ich würde alles machen für dich.”

„Das wird Gabriel nicht gefallen”, kam es von Michael.

„Immer höre ich Gabriel, was habe ich mit dem zu schaffen?”, fragte ich empört.

„Gabriel wacht über dich. Er war schon ungehalten, dass du dich mit einem Vampir anfreundest. Dass du einem Vampir jetzt auch noch helfen willst, in sein normales Leben zurück zu kommen, wir ihm nicht schmecken. Besonders nicht bei Christian.”

„Wieso bei ihm nicht?”

Christian schmunzelte.

„Sagen wir mal so, der liebe Chris hat Gabriel den Freund ausgespannt…”, meinte Michael süffisant.

„Du hast was…?”, fragte ich erstaunt.

„Man, ich konnte ja nicht wissen, dass es Gabriels Freund war…”

Michael begann dreckig zu lachen.

„Aber als du es wusstest, hast du nicht aufgehört”, kam es von ihm.

Ich sah zu Chris, der wirklich so etwas wie Röte in seinem Gesicht zeigte. Mein Chris konnte rot werden? Tatsächlich verlegen? Nun fing auch ich an zu lachen.

„Ihr zwei solltet euch langsam anziehen… es kommt bald Besuch”, meinte Michael nun etwas ernster.

„So, wer denn?”, fragte ich noch immer lachend.

„Gabriel.”

Abrupt hörte ich mit dem Lachen auf.

„Was will der hier?”, fragte ich nun leicht verstimmt.

„Entscheidungen bleiben nicht ungehört… und ich kenne Gabriel gut genug, dass er sofort zur Stelle ist.

*-*-*

Ich schaute zum Fenster hinaus. Anders als zu Hause war hier alles noch von freier Natur umgeben und nichts zugebaut. Ich spürte, wie mich die Landschaft gefangen nahm.

„Der Besuch ist eingetroffen”, hörte ich Chris hinter mir sagen.

„Kommst du mit?”, fragte ich nervös

„Ich weiß nicht, ob Gabriel meine Anwesenheit duldet.”

„Sie wird geduldet”, kam es von einer Stimme an der Tür.

Ich drehte mich um und sah einen Engel aus meinen Träumen.

„Gabriel?”

„Ja, der bin ich.”

Verschüchtert schaute ich zu Chris, dann wieder zu Gabriel.

„Geht das lange?”, fragte ich unwissend.

„Von was redest du?”, fragte Gabriel.

„Also… dieses Umwandeln, oder wie man es nennt?”

Trotz der Ernstheit dieses Gesprächs konnte ich ein kleines Lächeln um Gabriels Lippen feststellen.

„Du bist dir sicher, dass du das „Pristage” möchtest? Mit all seinen Folgen, die es für dich haben wird?”

„Folgen?”

„Dein Leben wird sich verändern. Noch nie hat ein Engel sein Leben gegeben, um einem Untoten das Leben zu schenken.”

Ich schaute noch einmal zu Chris, der nun etwas unglücklich schaute.

„Diese Veränderung werde ich wohl überleben.”

„Wirst du, aber es wird nichts mehr so sein, wie es einmal war. Mehr darf und kann ich dir nicht sagen.”

Ich sah Gabriel an. Ein schwacher Schein ging von ihm aus und jede seiner Bewegungen sah so edel aus.

„Was muss ich tun?”, fragte ich.

Warum erschien mir das alles plötzlich zu einfach? Hatte doch Chris mir prophezeit, dass Gabriel nicht umgänglich wäre und ich mich auf ein Wortgefecht gefasst machen müsse.

Doch jetzt riefen in mir innere Stimmen Warnung, irgendetwas stimmte hier nicht. Doch ich wollte, dass Chris eine Chance bekam.

„Legt euch beide auf das Bett. Michael wird als Zeuge beiwohnen. Habe ich einmal begonnen, gibt es kein Zurück mehr.”

Ich schaute Gabriel etwas verängstigt an. Er schien meinen Blick richtig zu deuten.

„Du brauchst keine Angst zu haben, es wird nicht weh tun.”

So legten Chris und ich mich auf das Bett, mit den Köpfen zum Fußende. Chris sagte gar nichts mehr, er schaute mich nur an und nahm meine Hand.

„Egal, was passiert mein Engel, ich werde dich immer lieben.”

Ich nickte. Gabriel legte seine Hand auf meinen Kopf und begann in einer fremden Sprache zu reden. Langsam verschwand das Umfeld, auch Chris wurde immer undeutlicher.

Ich wollte schreien, aber es ging nichts mehr, als würde jegliches Leben aus meinem Körper weichen.

*-*-*

Ich saß im Park auf der Bank und sah meinem Hund beim Spielen zu. Irgendwie musste ich im Gedanken abgedriftet sein, meine Uhr zeigte eine ganze Stunde später an. Ich wusste nicht einmal wie ich hierher gekommen war.

Ich pfiff kurz und Remi kam angerannt.

„Komm, genug getobt, wir gehen nach Hause”, meinte ich und machte meine Leine wieder fest.

Zu Hause? Wieso kam mir das plötzlich so fremd vor? Ich fühlte mich so merkwürdig, als hätte jemand den Speicher im Kopf gelöscht. Remi zog mich zum Ausgang des Parks, bis wir an einem Auto ankamen.

Mechanisch zog ich einen Schlüssel hervor und schloss die Hecktür auf. Hinter mir hörte ich das Reifenbremsen eines Rades und drehte mich um. Ein Typ in meinem Alter hatte scharf bremsen müssen, weil mein Remi die Fahrradspur blockierte.

„Oh, Entschuldigung, ich habe nicht aufgepasst”, meinte ich.

„Ist ja nichts passiert…”, meinte der Typ.

Ich sah ihm in die Augen und meinte ein Glitzern darin zu sehen. Normalerweise war ich nicht der Typ, der einfach jemanden anquatschte, der mir gefiel, aber bei ihm war es anders.

Ein Gefühl von Vertrautheit kam auf.

„Kenne ich Sie irgendwo her?”, fragte ich.

„Nicht dass ich wüsste, aber das kann man ja ändern.”

Seine Lippen formten sich zu einem breiten Grinsen.

„Steve ist mein Name”, meinte ich und reichte ihm die Hand.

„Chris…”, erwiderte er und schüttelte mit einem kräftigen Druck meine Hand.

In meinem Körper breitete sich eine Ruhe aus, die ich bisher noch nicht kannte. Fasziniert schaute ich in die Augen von Chris. Es war, als würde darin ein Feuer lodern, was den Augen ein leichtes magisches rot verlieh.

Ich weiß nicht, wie lange wir da so da gestanden hätten, wäre da nicht ein gewisser Remi ungeduldig geworden und hätte sich mit lautem Gebell gemeldet. Ich ließ Chris’ Hand los.

„Bist du jeden Tag hier im Park?”, fragte mich Chris.

Ich nickte.

„Gut…, dann sollten wir eine Zeit ausmachen…”

Wieder nickte ich und schaute Chris immer noch fasziniert an.

„Steve?”

„Ähm ja?”

„Wann?”

„Ach so… ja. Ich bin immer um diese Zeit mit Remi im Park.”

„Gut…, dann sehen wir uns hier morgen?”

Ich nickte.

„Also dann bis morgen, denn ich muss weiter.”

Er stieg wieder auf sein Rad und lächelte mich noch mal an.

„Bye”, meinte ich, „bis morgen.”

„Bis morgen…”, waren seine letzten Worte und schon radelte er los.

Sein schwarzes glattes Haar, das wirr unter dem Helm hervor schaute, funkelte in der späten Mittagssonne silbern. Ich stand immer noch an der gleichen Stelle, selbst als er schon lange weg war. Remi machte sich wieder mit Gebell in meinem Bewusstsein breit.

Ich lud ihn in den Wagen, stieg ein und fuhr, in Gedanken bei Chris, nach Hause.

*-* Ende *-*

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