Ein Schritt nach vorne – Teil 13

Kapitel 48

Am Vormittag des nächsten Tages fuhr David mit seinem Schatz zu Nico nach Hause, um seine Lernutensilien für den Nachmittag zusammen zu suchen.

Dort angekommen sah Nico erst einmal nach, ob im Erdgeschoss und im Garten alles in Ordnung war und fand dabei auch mal wieder die schon erwartete Nachricht seiner Mutter. Doch zu seiner Überraschung bedauerte sie darin nur, dass sie so wenig Zeit mit ihm hatte verbringen können und versprach, sich bei nächster Gelegenheit mehr davon zu nehmen.

Viel gab Nico nicht auf das Versprechen seiner Mutter. Dafür hatte sie ihn schon zu oft enttäuscht. Dennoch war er froh darüber, diesmal keine so netten Aufgaben, wie Rasen mähen oder Zaun streichen, erledigen zu dürfen.

Nach seiner kurzen Runde folgte er David nach oben, wo dieser schon Nicos Regal nach Geschichtsbüchern, die er brauchen konnte, durchforstete. Schnell waren auch die restlichen Schulsachen, sowie ein paar frische Klamotten in Nicos Rucksack verstaut.

Ein paar Minuten später waren sie auch schon wieder auf dem Rückweg. Auch wenn David gern noch ein wenig ungestört mit seinem Liebsten gewesen wäre. Noch immer hatte er keine Gelegenheit gehabt, sich das Haus in Ruhe von Nico zeigen zu lassen. Und heute schien auch nicht der richtige Zeitpunkt dafür, denn sein Schatz wollte so schnell wie möglich wieder weg von diesem Ort.

Als Tessa am Nachmittag vorbei kam, hatten Nico und David schon vorgearbeitet. Auch ihre Freundin war nicht ganz unvorbereitet und so fragten sie sich gegenseitig ab, bis alles, was sie dachten wissen zu sollen, in ihren Köpfen verstaut war.

Bald darauf verabschiedeten sie sich denn am nächsten Tag schon würden Tessa und David in ihren Fächern geprüft werden.

Kapitel 49

Am Morgen spürte David ein widerliches Grummeln in der Bauchgegend und das schon, wenn er nur an die bevorstehende Prüfung dachte. Am liebsten wäre er gar nicht erst aufgestanden, doch Nico, der neben ihm lag und versuchte ihn zu überreden, sowie Gisela, die alle zehn Minuten nach ihm sah, ließen keine andere Wahl.

„Du schaffst das schon“, versuchte sein Freund ihm Mut zu machen. „Und heute Abend machen wir es uns bei mir gemütlich, okay?“

Schief lächelnd nickte David, schnappte sich seinen Hefter und die Autoschlüssel, gab seinem Schatz noch einen Kuss und verließ dann mit ihm zusammen das Haus.

Nico würde zu sich nach Hause gehen, während David sich den Fragen der Lehrer stellte.

In der Schule angekommen, traf David schon auf ein paar ebenso nervöse Mitschüler und einige, die recht entspannt von ihren Prüfungen erzählten. Trotzdem legte sich seine Anspannung nicht. Ulli, die gerade fertig geworden war und David nun sah, versicherte ihm noch einmal, dass alles gar nicht so schlimm sei und lud ihn ein, mit ihr nach seiner Prüfung ins „Masters“, das Stammcafé der Clique, zu gehen.

David sagte erleichtert zu und schon wurde er zur Vorbereitung gerufen. Ulli wollte dort so lange auf ihn warten und Daumen drücken.

Erst als er die paar Minuten nach der Prüfung auf sein Ergebnis warten musste, realisierte er, worauf er sich eingelassen hatte. Eigentlich wollte er ihr ja aus dem Weg gehen. Deshalb hatte er auch noch nicht auf ihre Mail von vor einigen Tagen geantwortet, aber nun würde er sie doch wieder allein treffen und das nur, weil er in Gedanken so sehr mit seiner Prüfungsangst beschäftigt war.

Er hätte sich selbst dafür verwünschen können und dachte einen Moment lang daran, mit Tessa dort aufzutauchen, doch die musste genau zu der Zeit ihr Wissen unter Beweis stellen.

Sitzen lassen konnte er Ulli allerdings auch nicht. Das würde sie nur in ihrer Annahme, sie könne David für sich gewinnen, bestärken. Somit nahm er sich vor, auf keinen Fall auf sie einzugehen oder ihr Hoffnungen zu machen, denn schließlich wollte er Nico nicht betrügen und den Kuss vom letzten Mal, den sie ihm aufgedrückt und er nicht unangenehm finden konnte, wollte er auch nicht wiederholen.

Trotz dieser Gedanken war er erleichtert, als er das Ergebnis gesagt bekam. Es war besser gelaufen als er gedacht hatte. Mit 11 Punkten, was einer glatten 2 entsprach, hätte er nicht gerechnet, schließlich war er tierisch aufgeregt gewesen.

So machte er sich dann doch mit etwas besserer Laune auf den Weg zum Café.

Ulli wartete schon auf ihn und fragte ihn gleich aufgeregt, wie es gelaufen sei. David staunte, dass sie sich ganz ungezwungen über alles Mögliche unterhalten konnten. So, als wäre nichts gewesen, saßen sie eine ganze Zeit in einer der Sitzecken und ließen das letzte Jahr Revue passieren, lästerten über Lehrer, die sie nun los waren oder suchten Möglichkeiten, sich nach der Schule zu verwirklichen.

Auf einmal jedoch spürte er wie sie begann ihn verklärt anzusehen und mit ihrem Fuß langsam an seinem Bein entlang zu fahren.

„Hoffentlich können wir die Zeit bis dahin noch unvergesslich werden lassen“, seufzte sie dabei.

David wusste gar nicht, wie er reagieren sollte, denn sie machte ihn ganz kirre mit ihrem Blick und dem Gesäusel dazu. Doch er beschloss sie erst einmal nicht abzuweisen, solange es nur dabei blieb. Etwas unbehaglich fühlte er sich allerdings schon.

„Das werden wir schon hin bekommen“, lächelte er sie zuversichtlich an. „Der Sommer steht ja noch bevor und so lange wird ja noch keiner von uns weit weg sein. Ich freu mich jedenfalls unheimlich auf den Abiball. Zuerst der festliche Teil und dann machen wir so richtig Party.“

Die Beiden begannen nun noch ein paar Ideen für das Programm zusammen zu tragen und überlegten, was noch fehlen könnte um den Abend zu gestalten.

Während der Unterhaltung konnte David Ullis Blicke recht gut ausblenden. Als sie dann aber mit der Idee ankam, eine Kuschelecke im Saal einzurichten und ihn weiterhin umschmeichelte, platzte ihm endgültig der Kragen.

„Hör endlich auf damit!“, fuhr er sie an. „Du weißt, ich bin mit Nico sehr glücklich und daran ändert auch dein Getue nichts. Akzeptier es doch endlich! Ich bin nicht zu haben und auch sonst hättest du keine Chance bei mir. Wir sind jetzt schon so lange befreundet. Mach das doch nicht kaputt.“

Wütend ging er zur Theke, bezahlte und verließ das Café.

Wie konnte er nur so dumm sein und glauben, Ulli würde sich einfach nur mit ihm nett unterhalten wollen? Innerlich machte er sich selbst für das alles verantwortlich. Warum musste er auch immer so nett und gutgläubig sein? Hatte er ihr vielleicht sogar irgendwelche Hoffnungen gemacht? Er selbst konnte sich an keine Begebenheit erinnern, außer an diesen dummen Kuss nach der Tanzstunde letztens.

Er wollte auf keinen Fall seinen Nico verlieren. Das war das einzige, woran der denken konnte, als er sich auf den Weg nach Hause machte.

Kapitel 50

Dort angekommen wollte seine Mutter natürlich sofort wissen, wie es gewesen sei. Genervt antwortete er ihr und teilte ihr das Ergebnis mit. Sie freute sich unheimlich für ihren Sohn und beglückwünschte ihn überschwänglich, was David nur mit mieser Laune über sich ergehen ließ.

„Lässt du mich bitte nach oben?“, bat er sie schroff und drückte sich an ihr vorbei die Treppe hinauf.

Gisela blieb perplex unten stehen und verstand die Welt nicht mehr. Irgendetwas musste doch passiert sein. Sonst hätte ihr Sohn nicht so reagiert. Da die Prüfung ja gut gelaufen war, machte sie sich ihre Gedanken.

Oben angekommen ließ David sich auf sein Bett fallen. Er konnte immer noch nicht fassen, wie dreist Ulli sich an ihn heran wagte. Er hatte das Gefühl, alles würde ihm über den Kopf wachsen. Er musste einfach endlich mit jemandem reden. Nico kam da jedoch nicht in Frage, denn der sollte von der Sache auf keinen Fall etwas erfahren. Das wollte David ihm einfach nicht antun.

Die Uhr zeigte ihm, dass Tessa mittlerweile sicher wieder von der Prüfung zurück sein müsste und so rief er seine beste Freundin an, um sich mit ihr zu treffen.

Es dauerte auch nicht lange, bis Tessa vor der Tür stand und sie es sich in Davids Zimmer gemütlich machten. „So Großer, nun leg mal los. Was gibt es denn?“, begann sie auch gleich.

David erzählte ihr alles. Was nach der Tanzstunde passiert war, von der E-Mail, die er von Ulli bekommen hatte und auch von der Situation heute Nachmittag im Café. Nur das Gefühl, das er hatte, als sie ihn küsste, ließ er weg. Er konnte sich nicht überwinden Tessa davon zu erzählen. Erstens schämte er sich dafür und zweitens wollte er, dass sie auf seiner Seite blieb.

Aufmerksam hörte sie ihm zu und redete nicht dazwischen. Sie sah David an, dass es ihm nicht leicht fiel, ihr all das anzuvertrauen.

„Was soll ich denn nur machen? Ich will Nico doch nicht verlieren.“

Verzweifelt wischte David sich durchs Gesicht. Dann spürte er, wie sich ein Arm um ihn legte und Tessa aufmunternd auf ihn einredete.

„Dann sag´s ihm doch einfach. Erzähl ihm, was du mir gerade erzählt hast. Außerdem ist ja nichts Schlimmes passiert. Du liebst doch nur ihn und dass du Ulli gesagt hast, was du davon hältst, zeigt doch, dass es dir ernst mit ihm ist“, forschend sah sie ihn an.

„David Engelhardt, du verschweigst mir irgendetwas!“ stellte sie fest. „Was ist los? War da etwa noch mehr als der Kuss?“ wieder ein durchbohrender Blick, dem David nicht stand halten konnte.

„Hast du etwa mit ihr geschlafen?“ kiekste ihre Stimme vor Empörung.

„Nein! Sag mal für wen hältst du mich? So etwas traust du mir zu? Ich glaub´s ja nicht!“ David war aufgesprungen und gestikulierte wild in der Luft herum, ließ sich dann aber erschöpft wirkend wieder auf sein Sofa neben Tessa fallen.

„Nein… es war nur so komisch“, fing er jetzt wieder ruhiger an. Tessa konnte seinem Gedankensprung nicht folgen.

„Was war komisch?“, bohrte sie nach.

„Ach dieser blöde Kuss.“

„Wieso das denn? Sie wollte dich rumkriegen, eindeutig.“

„Ich weiß“

„Und wieso war der Kuss dann komisch?“

„Eigentlich hätte mir das doch nicht gefallen dürfen oder?“

„Oh, hat es das?“ Sie sah ihn besorgt an.

„Naja… nicht so richtig, aber es war eben auch nicht eklig. Hätte es das nicht sein müssen, wenn ich Nico liebe?“

„Ach David“, Tessa nahm ihn in den Arm und drückte ihn an sich. „Du hast doch aber an ihn dabei gedacht, also brauchst du dir die Frage doch gar nicht zu stellen. Natürlich liebst du ihn. Ihr müsstet euch mal sehen.“

Ein tiefes Seufzen drang aus David hervor. „Das ist doch alles total schizophren. Solange ich in Ulli verknallt war, wollte sie absolut nichts von mir wissen und jetzt, da ich endlich mein Glück gefunden habe, baggert sie an mir herum, was das Zeug hält. Meinst du, sie erzählt den Anderen davon?“

„Keine Ahnung“, Tessa zuckte mit den Schultern. „Ich glaube nur, dass du es Nico sagen solltest, es ist nichts passiert und du hast sofort an ihn gedacht. Warum sollte er da sauer auf dich sein? Außerdem, wenn er es wirklich von jemand anderem oder sogar Ulli erfährt, dann ist das doch viel schlimmer, weil er glauben muss, du hättest ihm etwas verheimlicht. Und glaub mir, du hast schon viel zu lange damit gewartet ihm das zu beichten.“

Nickend nahm David das Telefon und suchte Nicos Nummer.

Kapitel 51

Nico war recht schnell zu Hause angekommen. Er sah kurz nach dem Rechten auf dem Grundstück und machte sich daran noch ein wenig zu lernen, da seine Politik-Prüfung am nächsten Tag anstand. Während er vertieft in seine Bücher und Aufzeichnungen sah, verflog die Zeit sehr schnell. Er holte noch ein paar Informationen im Internet ein, suchte sich etwas zu essen und spielte Computer, doch David hatte sich immer noch nicht gemeldet, wie seine Prüfung ausgegangen war und das, obwohl er das Ergebnis schon längst wissen müsste.

„Bleib locker“, mahnte er sich selbst und schlenderte hinunter zur Terrasse, über den Rasen zum See, wo er ins Wasser sprang und ein paar Bahnen zog.

Als er später wieder zurück ins Haus ging, hatte sein Handy immer noch nicht geklingelt und auch das Festnetztelefon hatte keinen unbeantworteten Anruf auf dem Display.

Daher beschloss er seinen Freund einfach selbst anzurufen. Vielleicht war es ja wirklich schief gegangen und David brauchte ein wenig Aufmunterung.

Gerade als er die Nummer eintippen wollte um seinen Schatz zu erreichen, klingelte das mobile Teil in seiner Hand.

Doch es war nicht Davids Stimme, die „Hi Nico“ in sein Ohr schniefte als er dran ging.

Kapitel 52

„Ulli? Was ist denn mit dir los?“, erstaunt über den unerwarteten Anruf ließ er sich auf den nächstbesten Stuhl sinken, den er fand.

Wieder schniefte es auf der anderen Seite der Leitung. „Bist du zu Hause?“, kam es dann, ohne auf die Frage zu antworten.

„Ähm ja… Was hast du denn? Ist die Prüfung blöd gelaufen?“ Ein wenig überfordert versuchte Nico die Freundin zu beruhigen.

„Kann ich vorbei kommen?“

„Klar, sicher“

„Danke, bis gleich“, schniefte es noch einmal, dann hatte sie aufgelegt und Nico starrte verdutzt seinen Hörer an.

Dann realisierte er, was er gerade verabredet hatte. Ulli würde gleich hier sein und er hatte den ganzen Tag über für Unordnung gesorgt. Außerdem roch er nach See.

Also sprang er zuerst unter die Dusche und zog sich an, dann sorgte er in seinem Zimmer für die nötige Ordnung und machte damit in der Küche weiter. Er war noch nicht ganz fertig, als es schon an der Tür klingelte und ein verheultes Mädchen vor ihm stand.

„Hey, komm doch rein“, lotste Nico sie ins Haus, die Treppe nach oben, in sein Zimmer.

Dort führte er sie auf sein Sofa, wo er sich neben sie setzte. Er zog sie an sich, denn schon wieder rannen ihr Tränen über die Wangen.

„So, nun erzähl mal, was ist denn los mit dir?“ Erwartend sah er sie an.

„Halt mich fest, Nico!“, krallte sie sich an ihm fest und er wusste nicht, wie er darauf reagieren sollte. Um sie wenigstens etwas zu beruhigen, strich er sanft über ihren Rücken und während er sie hin und her wiegte, hörte sie langsam auf zu weinen.

Nico versuchte noch einmal herauszufinden, was sie so verstört hatte.

„Willst du mir jetzt erzählen, was passiert ist? Hast du die Prüfung etwa nicht bestanden? Oder hattest du wieder Stress mit deinen Eltern?“

Doch Ulli schüttelte nur den Kopf.

„Nein“, schniefte sie. „Die Prüfung lief ganz gut und zu Hause war ich seit dem noch gar nicht“, und bitter fügte sie hinzu: „Aber im ‚Masters‘ war ich noch… mit David.“

„Mit David?“, fragte Nico überrascht und konnte sich nicht erklären, was sein Freund mit Ulrikes Gefühlsausbruch zu tun haben sollte.

„Er ist so ein Arschloch“, heulte sie schon wieder los und ließ ihren Kopf erneut auf Nicos Schulter sinken.

Der sagte erst einmal nichts, denn ehrlich gesagt war er gerade ziemlich perplex, da David eigentlich immer versucht hatte freundlich mit Ulrike umzugehen, sogar als diese sich am Abend ihres Outings bei Tobias so bescheuert benommen hatte.

Was konnte David nur getan oder gesagt haben um sie so aus der Bahn zu werfen?

„Erst kümmert er sich um mich, nachdem ich umgeknickt bin und dann ist er immer so nett“, sagte sie bitter und spuckte die letzten Worte regelrecht aus.

„Und dann betrügt er dich einfach so“, fügte sie noch hinzu.

Auf der Stelle rückte Nico ein Stück von ihr weg und sah sie erschrocken an.

„Wie meinst du das denn? David betrügt mich doch nicht!“

„Und warum hat er mich dann geküsst?“, fuhr sie ihn herausfordernd an.

„Das würde er nie tun“, gab Nico sofort ärgerlich zurück und nahm ihr gegenüber eine Abwehrhaltung ein.

„Hat er aber und scheinbar hat es ihm ja gefallen, sonst wäre er wohl kaum vorhin mit mir ins ‚Masters‘ gegangen oder?“

David sollte Ulli in ihr Stammcafé eingeladen haben? Eigentlich hatte er Nico doch versprochen, sich nach der Prüfung zu melden und dann vorbei zu kommen, aber bis jetzt hatte er noch nicht einmal angerufen.

Er wollte Ulrike nicht glauben, aber er wusste ja, dass David ein recht großes Interesse an ihr gehabt hatte, bevor sie beide sich näher gekommen waren und genau das brachte sein Gedankenkarussel in Gang. Es überkamen ihn Zweifel, ob Ulrike nicht vielleicht doch die Wahrheit sagte und David ihn hinterging.

„Quatsch“, widersprach er ihr jedoch trotzdem vehement, auch wenn er nicht sonderlich überzeugt von seinen Worten war. „Er wollte sicher nur nett sein. Warum erzählst du mir das denn überhaupt? Hättest du damit nicht zu jemand anderem gehen können?“, fuhr er sie schroff an. Zwar ließ er sich äußerlich nicht viel davon anmerken, aber innerlich brodelte er.

Er war wütend auf Ulli. Es war so offensichtlich, dass sie ihm das alles absichtlich erzählen wollte. Sonst hätte sie ja genauso gut zu Tessa, Basti, Anna oder sonst wem gehen können um sich auszuheulen. Nur konnte er sich nicht vorstellen, was sie damit bezwecken wollte.

Außerdem war er enttäuscht von David. Warum rief er nicht wenigstens an? Er wollte eigentlich nicht glauben, dass sein Freund fremd geküsst haben sollte, aber ebenso wenig wollte er daran zweifeln, dass ihm Ulli die Wahrheit erzählt hatte, schließlich war sie eine wirklich gute Freundin und dass David sich nicht meldete, machte die ganze Sache nur noch komplizierter.

„Wenn du wüsstest, wie er mich angesehen hat, würdest du nicht zweifeln.“ Sie wischte sich noch einmal über die rotgeweinten Augen. „Und zu dir bin ich gekommen, weil du mir wichtig bist und ich nicht will, dass David dich verletzt“, beschwor sie eindringlich.

„Das tut er schon nicht“, beteuerte Nico abwesend, „würdest du mich jetzt bitte alleine lassen. Ich muss das jetzt erst einmal verdauen. Sei mir nicht böse.“

Etwas skeptisch sah die Freundin ihn zwar an, stand dann aber auf um sich von Nico zur Tür führen zu lassen. Dort umarmte sie ihn, bevor sie ging und ließ ihn daraufhin mit seinen Gedanken allein.

Verstört und wie in Trance ging Nico in sein Zimmer zurück. Er wusste nicht mehr, was er glauben konnte oder sollte. Immer noch fuhren seine Gedanken und Vermutungen Achterbahn, ohne dass es ihn zu einem Ergebnis brachte.

Nach einer Stunde sinnlosen Grübelns war er genauso weit wie vorher und beschloss, dass es nur eine Möglichkeit gab: er musste zu David und ihn zur Rede stellen. Anders würde er nicht erfahren, ob seine Wut und Enttäuschung berechtigt war.

Also holte er sein Fahrrad aus der Garage und machte sich auf den Weg.

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