Ein Schritt nach vorne – Teil 14

Kapitel 53

Ungeduldig saß David mit dem Telefon am Ohr neben Tessa und horchte auf das wiederkehrende Tuten. Doch wie jetzt schon zum dritten Mal ging nur der Anrufbeantworter dran.

Resigniert gab er auf. „Er ist nicht zu Hause.”

Niedergeschlagen blickte er zu seiner besten Freundin. „Was mach ich denn jetzt? Außerdem weiß er auch noch gar nicht, dass ich die Prüfung bestanden habe, dabei wollte ich mich sofort danach melden und jetzt ist es schon fast 17:00 Uhr.”

Wütend auf sich selbst warf er das Telefon auf den Boden, wo es ein paar Meter vor sich hin schlitterte, bis es gegen das Regal stieß und der Akku heraus fiel. Missmutig stand er auf, klaubte die Einzelteile zusammen und reparierte den Apparat, bevor er ihn geräuschvoll auf seinem Couchtisch platzierte.

„Mensch Dave, beruhig dich doch mal. Dann sprichst du eben mit ihm darüber, wenn ihr euch das nächste Mal seht. Das ist doch auch nicht so schlimm”, versuchte Tessa ihn wieder auf den Boden zu bringen, als sie laute Schritte auf der Treppe hörten. Diese verstummten plötzlich für den Bruchteil einer Sekunde, bevor die Tür zum Zimmer geräuschvoll aufgerissen wurde.

Erschrocken blickten Beide auf und David wollte seinen Freund schon freudig begrüßen, als er dessen wütenden Gesichtsausdruck erfasste.

„Ach, du bist ja doch schon wieder zu Hause”, fuhr dieser ihn auch schon sarkastisch, scharf an. „Seit wann ist die Prüfung denn schon zu Ende? Oh, stimmt ja, ich vergaß. Du warst ja noch verabredet. Da blieb natürlich keine Zeit, kurz an deinen Freund zu denken.”

David wurde auf sein Sofa zurück geschubst und wusste nicht, wie ihm geschah, musste erst einmal realisieren, was hier gerade passierte.

Woher wusste Nico, dass er noch weg war? Oder meinte er Tessa, die neben ihm saß? Egal was es war, David konnte keinen Grund ausmachen, der Nicos offensichtliche Wut auf ihn rechtfertigte. Denn dass er ihn bis jetzt noch nicht angerufen hatte, war doch nichts, was ihn hätte so sehr aufregen können.

„Nico, hör zu. Ich wollte dich gerade anrufen, hab dich aber nicht erreicht. Du bist weder zu Hause dran gegangen, noch hast du dein Handy gehört. Ulrike hatte mich gefragt, ob ich nach der Prüfung noch mit ihr ins ‘Masters’ komme. Ich hab zugesagt ohne nachzudenken, weil ich in Gedanken schon so bei der Prüfung war und ich konnte sie ja nicht einfach so versetzen”, gab David ehrlich zu und versuchte sich zu erklären.

„Sicher”, gab Nico zynisch zurück, „und dann hast du eben ein wenig mit ihr geflirtet, ihr Komplimente gemacht und sie geküsst!”

Bei den letzten Worten überschlug sich seine Stimme regelrecht.

„Was denkst du denn bitte von mir? Wer hat dir solchen Mist überhaupt erzählt? Derjenige sollte das nächste Mal vielleicht ein bisschen genauer hinschauen.”

Jetzt war auch David außer sich. Wer hatte Nico nur diesen Schwachsinn eingeredet? Allein konnte er sich das sicher nicht ausgedacht haben.

„Nun hör endlich auf, das auch noch zu leugnen. Damit machst du alles nur noch viel Schlimmer! Ulli stand weinend vor meiner Tür und hat mir alles erzählt. Wie konntest du nur?”, schrie Nico jetzt. „Und ich hab dir vertraut. Ich liebe dich und was machst du?”, fuhr er still und niedergeschlagen fort, so dass David fast das Herz zerbrach.

„Okay”, kam es schüchtern von Tessa, „ich glaube, das macht ihr mal besser unter euch aus.”

Sie stand auf und ließ die beiden Jungen alleine.

Langsam erhob David sich ebenfalls. Eine drückende Stille herrschte zwischen ihm und Nico, der sich von seinem Freund abgewandt hatte und jetzt gedankenverloren aus einem der Dachfenster in den strahlend, blauen Himmel sah.

David schlang vorsichtig die Arme von hinten um seinen Liebsten.

„Nico, egal was passiert, zweifle bitte nicht daran, dass ich dich liebe. Du bist mein Ein und Alles. Glaub mir”, flüsterte er fast.

„Lüg mich nicht an, David. Ich weiß doch, wie du ihr immer hinterher gerannt bist. Ich war einfach zu dumm und hab dich wirklich ernst genommen”, sprach Nico emotionslos, wand sich aus Davids Armen und wollte ebenfalls verschwinden.

„Bitte bleib doch und hör mir nur fünf Minuten zu”, versuchte David ihn davon abzuhalten.

Der Angesprochene drehte sich um und sah David misstrauisch in die Augen.

„Deine Zeit läuft”, sagte er kalt, auch wenn es ihm schwer fiel und nachdem sich Nico auf die Couch lotsen lassen hatte, begann David.

„Ulrike hat ganz schön verdreht, was passiert ist”, fing er an und fuhr sich durch sein müde wirkendes Gesicht.

„Wir haben uns geküsst, ja, aber ich wollte das nicht. Als ich sie letztens mit ihrem verstauchten Fuß nach dem Tanzen nach Hause gebracht habe, habe ich sie bis auf ihr Zimmer gebracht und ins Bett gelegt. Dabei hat sie mich zu sich heruntergezogen und mir ihre Lippen aufgedrückt. Danach bin ich ihr so gut wie es ging aus dem Weg gegangen, bis sie mich heute vor der Prüfung gefragt hat, ob wir danach ins ‘Masters’ gehen.

Ich war mit meinen Gedanken so sehr bei der Prüfung, dass ich zugesagt habe und da konnte ich sie ja nicht einfach so sitzen lassen.

Dort haben wir uns auch erst ganz normal unterhalten, was wir nach dem Abi machen wollen und ein bisschen für den Abschlussball geplant. Ich dachte schon, es würde recht gut laufen, bis sie anfing unsinnige Vorschläge zu machen, die ich erstmal ignoriert habe, aber als sie anfing mein Bein unterm Tisch zu streicheln, ist es mir zu blöd geworden.

Ich bin aufgesprungen und hab sie ganz schön angeschnauzt, dass sie das gefälligst sein lassen soll, hab bezahlt und mich auf den Weg nach Hause gemacht.

Ich wusste nicht, was ich machen sollte, also hab ich Tessa angerufen und ihr alles erzählt. Ich hatte solche Angst davor, dir davon zu erzählen, ich will dich doch nicht verlieren.

Jedenfalls meinte Tessa, du würdest es verstehen.

Also habe ich versucht, dich anzurufen, aber da war es ja scheinbar schon zu spät.”

Niedergeschlagen senkte er den Kopf.

„Ich liebe dich. Das musst du mir glauben!”

David hatte fast ohne Punkt und Komma geredet und saß jetzt wie ein Häufchen Elend neben seinem Schatz.

Nico stand nur auf. „Ich muss das erstmal verarbeiten, David. Tut mir leid, ich weiß nicht, was ich noch glauben kann.”

Damit drehte er sich um, ging, und ließ einen sichtlich verstörten David zurück.

Kapitel 54

Nico wusste nicht mehr, was er denken sollte, wusste nicht mehr, was er glauben konnte und wollte einfach nur noch weg von allem.

Auf der Hinfahrt war er gefahren, so schnell er konnte und hatte doch nicht verhindern können, dass ihm sein Kopf einen Streich spielte und ihm vor dem inneren Auge immer wieder Ulli und David zeigte, wie sie miteinander lachten, sich küssten und noch ganz andere Sachen taten.

Jetzt auf dem Rückweg jagte er mit seinem Rad genauso schnell die Straßen entlang, doch in seinem Kopf herrschte absolute Leere. So sehr er auch versuchte nachzudenken und Davids Worte noch einmal Revue passieren zu lassen, es gelang ihm nicht.

Es war Anfang Juni und die Sonne brannte auf ihn hinab. Der warme Wind fuhr ihm durch das Gesicht und vermochte es nicht, seine Haut zu kühlen, auf der sich vor Anstrengung die Schweißperlen bildeten.

Er wollte nicht nach Hause. Dort konnte er es jetzt einfach nicht ertragen.

Einfach nur den Kopf frei bekommen und dann in Ruhe nachdenken das wollte er und so fuhr er einfach drauf los, ohne auf den Weg zu achten.

Am Ufer eines Sees hielt er an. Auf der anderen Seite konnte er klein, zwischen den Bäumen das Haus seiner Eltern erkennen.

Sein Fahrrad ließ er ins Gras fallen und suchte sich am Ufer einen großen Stein, der halb aus dem Wasser heraus ragte. Dort setzte er sich und ließ seine Füße ins kühle Nass hängen.

Eine ganze Weile beobachtete er nur die Wellen, die sich übers Wasser kräuselten und gleichmäßig ans Ufer schwappten.

Er wusste nicht, wo er anfangen sollte, denn egal ob David oder Ulrike die Wahrheit sagten, klar war, dass es einen Kuss gegeben hatte, den David ihm so lange verheimlicht hatte.

Aber im Endeffekt brachte ihn das auch nicht weiter. Er war verletzt. Das war klar, aber er wusste auch, dass sich David ihm gegenüber in den letzten Wochen nicht anders verhalten hatte.

Konnte das bedeuten, dass der Kuss seinem Freund wirklich nichts bedeutet hatte? Oder war ihm nur nicht aufgefallen, dass David sich verändert hatte? Aber würde Ulrike ihm wirklich einfach solch eine Show bieten? Immerhin hatte sie so heftig geweint und wollte sich gar nicht wieder beruhigen. Auf der anderen Seite war sie gleich so bissig geworden, als Nico an ihrer Erzählung zweifelte.

Hatte sie dabei wirklich übertrieben und die ‘Tatsachen verdreht’ wie David behauptete? Das hieße ja, dass Ulli eifersüchtig auf ihn selbst sein musste, aber das konnte er sich beim besten Willen nicht vorstellen.

Schließlich hatte David so lange um ihre Gunst gebuhlt, da hätte sie doch schon vorher Interesse gezeigt, oder wollte sie ihn nur extra lange zappeln lassen und war jetzt enttäuscht, dass er jemand anderen gefunden hatte?

War Ulrike wirklich dazu fähig, sie auseinander bringen zu wollen? Und wenn ja, würde sie nicht genau das erreichen, wenn er jetzt nicht mit David sprach und die ganze Sache klärte?

Doch Nico konnte nicht. Zu sehr hatte es ihn verletzt davon erfahren zu müssen, was zwischen David und Ulli gewesen war, auch wenn David das nicht gewollt haben sollte, so war es doch geschehen.

Er würde immer das Gefühl haben, betrogen worden zu sein und hatte die Angst, seinem liebsten nicht vergeben zu können und dadurch nur alles noch viel schlimmer zu machen.

Nico wusste einfach nicht, was er tun sollte. Er liebte David, soviel war klar aber er hatte das Gefühl, ihm nicht mehr ins Gesicht sehen zu können, weil er nicht mit dem Vorfall umgehen konnte.

Lange saß er nun schon dort und grübelte immer noch, obwohl er nicht weiter kam. David wollte er auf keinen Fall verlieren und doch hatte er Angst, ihm nicht verzeihen zu können, so sehr er es auch wollte.

Langsam dämmerte es schon und Nico hatte immer noch keine Lösung für sein Problem gefunden. Mürrisch machte er sich nun aber doch auf den Weg nach Hause, in der Hoffnung, seine Eltern wären nicht da.

Kapitel 55

David konnte gar nicht reagieren, so schnell war sein Freund verschwunden. Was Nico gesagt hatte, tat ihm weh, denn er hatte nie die Absicht gehabt, ihn zu hintergehen oder zu betrügen. Er dachte eigentlich Nico würde nicht an seiner Aussage zweifeln und ihm Glauben schenken, doch da hatte er sich wohl getäuscht.

Wie gerne hätte er heute zusammen mit seinem Schatz die bestandenen Prüfungen gefeiert und es sich gemütlich gemacht. Stattdessen wusste er nun nicht einmal mehr, ob sein Schatz überhaupt noch sein Schatz sein wollte.

Apathisch saß er auf seinem Sofa und hatte die Anlage laut aufgedreht. Er wollte nicht mehr denken müssen, denn das würde ihn nur wütend machen. Besonders auf Ulrike. Eine schöne Freundin war sie.

Dass sie ihn geküsst hatte, okay, das konnte er nicht ändern und wusste auch nicht mehr zu sagen, ob er sich falsch verhalten hatte und man dort wirklich ein Zeichen hinein interpretieren konnte.

Aber dass sie jetzt zu Nico gegangen war und sich bei ihm ausgeheult hatte, was hundertprozentig berechnet gewesen war, fand er einfach nur schäbig und sich dann auch noch als Opfer hinzustellen, machte ihn rasend.

Wollte sie ihn und Nico auseinander bringen? Aber wenn ja, was erhoffte sie sich denn davon? Sie glaubte doch nicht wirklich, sie hätte nach der Aktion noch eine Chance bei ihm.

Das konnte sie ja wohl vergessen, denn wenn ihm eines in den letzten Monaten klar geworden war, dann, dass Nico sein Ein und Alles war und er sich wirklich nicht mehr vorstellen konnte, mit ihr das Bett zu teilen.

Wie konnte er Nico nur davon überzeugen, dass er ihn wirklich aufrichtig liebte? Er musste ihm einfach glauben!

Den ganzen Nachmittag saß er, sich Vorwürfe machend in seinem Zimmer. Ging nicht zum Abendessen hinunter, obwohl Gisela mit Engelszungen versuchte, ihn dazu zu überreden und verkroch sich schon bald ins Bett, wo er, an Nicos Schlafshirt schnuppernd, weinend einschlief.

Kapitel 56

Sein Wunsch wurde nicht erfüllt, denn als Nico zu Hause ankam, erwartete ihn seine Mutter schon im Wohnzimmer:

„Wo bist du denn so lange gewesen?”, wollte sie aufgebracht wissen. „Ich habe mir Sorgen gemacht. Du hättest ja wenigstens einen Zettel hier lassen können”, brauste sie weiter auf, ohne Nico zu Wort kommen zu lassen.

Genervt und erschöpft zuckte Nico nur mit den Schultern und wollte sich in sein Zimmer begeben. Auf seine Mutter konnte er jetzt getrost verzichten. Sonst interessierte sie sich schließlich auch nicht für ihn, also warum heuchelte sie jetzt Sorge?

„Nico, komm sofort wieder hier her! Ich rede mit dir”, fauchte sie nun jedoch in einem noch schärferen Ton.

„Du interessierst dich doch sonst auch nicht für mich. Warum willst du also jetzt wissen, was ich mache?”, fuhr er sie an.

„Nico, ich bin deine Mutter und kann ja wohl erwarten, dass ich gesagt bekomme, wo du dich herumtreibst. Deine neuen Freunde haben scheinbar keinen guten Einfluss auf dich”, gab sie wütend zu bedenken.

Das alles ging Nico nur noch auf den Geist. Wollte er doch einfach nur seine Ruhe haben. Morgen musste er seine mündliche Prüfung ablegen und wusste nicht, wie er sich jetzt mit so vielen Gedanken im Kopf und der Enttäuschung mit David, vernünftig darauf konzentrieren sollte.

Besonders der Streit mit David machte ihm zu schaffen. Mit Ulli wollte er jetzt auch nicht reden und seine Mutter fing auf einmal an, Besorgnis um ihn zu heucheln als wäre er ein Siebenjähriger.

Erschöpft ließ er sich auf sein Bett fallen. Für die Prüfung morgen hoffte er einfach, dass er schon genug gelernt hatte und wollte morgen, kurz vorher, nur noch einmal seine Aufzeichnungen durchgehen. Heute hatte er dafür einfach keinen Nerv mehr und viel zu spät war es auch schon. Seine Uhr zeigte kurz nach Mitternacht.

Er verschwand noch einmal kurz im Bad und zog sich aus um dann ins Bett zu kriechen. Doch schlafen konnte er noch lange nicht.

Eine halbe Ewigkeit wälzte er sich von einer Seite auf die andere und vermisste den warmen Körper neben sich, an den er sich die letzten Wochen über so sehr gewöhnt hatte.

Kapitel 57

Der nächste Morgen war schrecklich. Völlig gerädert wurde Nico gegen 07:00 Uhr von seinem Wecker unerbittlich aus den Federn gescheucht.

Noch im Halbschlaf und vor sich hin fluchend machte er sich für seine Prüfung fertig. Er suchte einen seiner Anzüge heraus und verzichtete ausnahmsweise auf das Gel in den Haaren.

Wenig später war er auch schon auf dem Weg zur Schule.

Er schaffte es sogar, sich vorher noch kurz in den Stoff hinein zu denken und brachte die Prüfung damit hinter sich.

Bis jetzt hatte er noch nicht der Kopf dafür gehabt, an etwas Anderes zu denken, aber jetzt, da die Anspannung von ihm abfiel, stürzten die gestrigen Ereignisse wieder mit voller Wucht auf ihn ein.

David und Nico gab es nicht mehr.

Diese Erkenntnis traf ihn wie ein Schlag. Gerade war er aus dem Schulgebäude getreten. Nun musste er sich erst einmal setzen. Schwankend ließ er sich auf eine Bank auf dem Schulhof fallen.

Seinen Kopf in den Händen verborgen, saß er da und konnte nicht einmal mehr heulen. Plötzlich setzte sich jemand neben ihn.

„Hey Nico, was ist denn mit dir los?”, fragte Basti, der gerade auf dem Weg nach Hause war und legte einen Arm freundschaftlich um ihn. „Hast du die Prüfung verhauen?”, wollte er mitfühlend wissen.

Nico lachte nur verbittert auf. „Nein, wenn es das nur wäre… Ist auch egal, da kannst du mir sowieso nicht helfen.”

„Naja”, wusste Basti nicht so recht, was er darauf sagen sollte, „vielleicht hilft es ja, wenn du sagst, was dich bedrückt.”

„Ach, im Moment läuft alles gegen die Wand”, seufzte er.

„Wie jetzt?” Basti war erstaunt. „Du hast die Prüfung geschafft, kriegst bei deinem Zeugnis garantiert locker nen Platz an der Uni und mit David ist auch alles super.”

Da war er, der Satz, der alle Dämme brechen ließ. Nico brach in Tränen aus und machte Basti damit nur noch hilfloser.

„Mist… Nico, was ist denn, hab ich was Falsches gesagt? Scheiße… Nico, hey.”

Basti zog ihn einfach in seine Arme und versuchte Nico zu beruhigen, was ihm mit ein paar leisen Worten auch gelang.

„Mit David läuft gar nichts super”, schniefte Nico dann. „Der Idiot hat mich eiskalt hintergangen”, sprach er enttäuscht und fragte sich im gleichen Augenblick, warum er das gerade Bastian erzählte.

Aber auf der anderen Seite war das vielleicht ganz gut, denn der würde ihm sicher den Kopf waschen, was David anging.

„Dave hat dich hintergangen? Das kann ich mir nun wirklich gar nicht vorstellen”, überlegte Basti erschrocken. „Er liebt dich doch.”

Nico konnte daraufhin nur bitter lachen: „Würde er das tun, dann hätte er wohl kaum fremd geknutscht.”

Kaum hatte Basti das gehört wich, er entsetzt ein Stück zurück um Nico besser ansehen zu können: „Er hat was?”, fragte er fassungslos.

„Mit Ulli”, erklärte Nico nur trocken.

Basti lachte auf: „Von wem hast du das denn? Wer hat dir das erzählt, hm?”, wollte er dann wissen.

„Ulli kam ganz aufgelöst zu mir und hat es mir erzählt.”

„Und das glaubst du ihr wirklich? Überall erzählt sie doch, wie sehr sie Dave lieben würde und dass es nicht mehr lange dauern würde, bis er zur Vernunft käme und sich wieder ihr zuwende. Ich könnte mir gut vorstellen, dass sie dazu fähig ist, ihn sich zu holen. Mit allen Mitteln, wenn es sein muss. Schließlich ist sie es gewohnt alles zu bekommen, was sie will.”

„Aber sie haben sich wirklich geküsst. Denkst du, ich hätte David nicht schon zur Rede gestellt? Er hat es sogar zugegeben!”, fuhr er ihn an.

„Hey, bleib mal ganz ruhig! Ich hab damit schließlich nichts zu tun, ja. Außerdem kenne ich Dave schon so lange. Freiwillig hat er das jedenfalls nicht getan. Da bin ich mir sicher. Ulli hat bestimmt irgendwie getrickst um ihn rumzukriegen oder sie hat sich einfach genommen, was sie wollte. Zudem, warum sollte er das denn überhaupt tun? Er liebt dich, Nico. Da kannst du dir hundertprozentig sicher sein, leider.”

Basti baute Nico damit wieder ein wenig auf, wobei er das letzte Wort gerade noch flüsterte. Sein Gegenüber registrierte das, konnte es aber nicht so richtig einordnen.

„Eines verstehe ich aber nicht, Basti”, fing er nach einem kurzen Schweigen zwischen ihnen wieder an.

„Warum erzählst du mir das jetzt alles, obwohl du letztens, als wir alle bei Tobi waren, so ausgerastet bist?”

Beide sahen sich nicht an. Saßen nur nebeneinander und starrten auf den Boden vor sich. Noch war es ruhig. Die laufende Schulstunde für die tieferen Klassen dauerte noch an und der nächste Prüfling schien noch im Gebäude zu sein oder einen anderen Ausgang benutzt zu haben. Nur die Sonne brannte auf die beiden jungen Männer im Anzug herunter, was aber keiner von ihnen wahrzunehmen schien.

Bastian seufzte tief und antwortete dann leise:

„Das ist eine lange Geschichte, aber ist eigentlich auch egal. Ich will einfach nur, dass ihr zwei glücklich seid”, murmelte er und verwirrte Nico noch mehr.

„Aber warum hast du dann so einen Aufstand gemacht, als wir es euch gesagt haben?”, wollte er wissen, um vielleicht besser zu verstehen.

Wieder seufzte Basti: „Da war ich einfach eifersüchtig”, gab er zu. „Dave und ich waren immer die besten Freunde, schon so lange ich denken kann. Aber seit dem letzten Jahr hat sich das alles irgendwie verlaufen. Wir hatten verschiedene Kurse und das hat das aus-dem-Weg-gehen leicht gemacht. Ich hatte mich verändert und wollte nicht, dass er das mitbekommt. Ich hatte Angst. Und dann kamst du…”

Weiter kam er nicht, denn der Kloß in seinem Hals ließ keinen Ton mehr heraus.

„Aber Basti”, Nico legte einen Arm um ihn. „Ich hab doch nicht deinen Platz eingenommen. Ich bin sein Freund aber trotzdem kann er doch weiterhin einen besten Freund haben. Ihn vielleicht sogar sehr gut gebrauchen.”

„Ja, sicher”, nickte Basti, „aber ich kann ihm kein bester Freund mehr sein. Es geht einfach nicht.”

Er stand auf und wand sich zum Gehen. „Frag nicht warum. Bitte. Aber geh zu David und klär das alles mit ihm. Er liebt dich und du liebst ihn. Also gehört ihr zusammen”, sprach er und ging dann, die Hände in den Hosentaschen vergraben, mit hängenden Schultern die Straße hinunter.

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