03. Türchen – Samtpfote und Engelshaar

Dort stand doch tatsächlich der Bus von dem Parkplatz heute Morgen. Ich erkannte die beiden Lehrer wieder und auch den Jungen, der meine Aufmerksamkeit erregte. Aber der Druck auf meiner Blase verstärke sich und ich düste ins Bad.

Wenige Minuten später, verließ ich es wieder und ging zurück ans Fenster. Mittlerweile war das ganze Gepäck ausgeladen worden und die meisten der Schüler liefen Richtung Eingang verschwunden, dafür wurde es aber auf dem Flur laut.

„Hallo Jonas, du hättest mitfahren sollen“, hörte ich eine Stimme auf dem Flur rufen.

„Und wer hätte eure lieben Tierchen versorgt?“, hörte ich Jonas antworten.

Sollte ich mich auf dem Flur zeigen? Ich sah zu Mika, der genüsslich die letzten Bissen seiner Futterdose verdrückte und sonst nichts anderem seine Aufmerksamkeit schenkte. Ich hatte schon die Hand über der Klinke, aber ich traute mich nicht sie runter zu drücken.

Ich lief zu meinem Bett und ließ  mich nieder. Was tat ich hier… konnte nicht alles so sein wie früher? Der Lärm auf dem Flur wurde weniger und letztendlich am Schluss so ruhig, wie als ich einzog.

Es klopfte und ich fuhr zusammen.

„Ja?“, sagte ich leise.

Mika war aufgesprungen und bewegte sich zu mir. Die Tür ging auf und etwas Zotteliges streckte den Kopf herein.

„Hi, ich bin Fine, ich soll dich abholen.“

„Ähm… Jens…“

„Ja, weiß ich…, also kommst du?“

Ich nickte und stand auf.

„Süßer Kater übrigens, wie heißt er denn?“

„Mika…“

„Einen Mika haben wir hier noch nicht und auch seine Musterung ist gut zu merken.“

„Gibt’s hier noch mehr Katzen?“

Fine öffnete die Tür nun ganz und war in voller bracht anzusehen. Etwas schrill für meinen Geschmack, aber jeder hatte ja seinen eigenen Modestil… irgendwie. Aber diese pinke Hose und die lila Bluse leuchtete irgendwie recht grell.

Die blonden Haare, durchzogen mit schwarzen Strähnen, brachten ihr schmales Gesicht gut zu Geltung.

„Wie du weißt, können hier alle ein Haustier mitbringen und das tun sie auch und somit bist du der stolze Besitzer der zwölften Katze“, beantwortete Fine meine Frage.

Ich schaute sie erstaunt an.

„Komm, wir müssen los, sonst kommen wir zu spät zur Ansprache des Direx.“

Ich nickte, streichelte kurz über Mikas Kopf und verließ mit Fine mein Zimmer. Ich folgte ihr den Flur und der Treppe hinunter, zum Eingangsbereich. Aus allen Ecken strömten Typen und Mädels herbei.

„Fine, wo müssen wir überhaupt hin?“, fragte ein anderes Mädchen.

„Zur Grillhütte hat Sönker gesagt.“

„Und was für einen süßen Typen hast du da im Schlepptau?“

Damit war wohl ich gemeint und plötzlich waren alle Augenpaare im Umkreis von ein paar Metern auf mich gerichtet. Mein Gesicht tomatisierte, ich wünschte mich ins nächste Mausloch.

„Das ist Jens unser Neuer, kurz vor uns eingetroffen.“

Das Mädchen kam zu mir und streckte die Hand aus.

„Ich bin Nadine, die Dame von der Presse.“

„Ja unsere Paparazzi vom Dienst, nichts bleibt vor ihr sicher!“, sagte ein Typ, der um Nadines Schulter seinen Arm legte.

„Hallo…“, sagte ich schüttelte ihre Hand.

„Du bist ja nur neidisch, weil du in meiner letzten Kolumne nicht erwähnt wurdest“, sagte Nadine.

„Zu meinem Glück… Hallo ich bin Tilly“, meinte er und schüttelte mir auch die Hand.

„Könntet ihr eure Begrüßung auf später verlegen, ich möchte nicht zu spät kommen“, mischte sich Fine ein.

„Fine, lass nicht zu sehr die Schülersprecherin raushängen, man könnte es dir fast glauben!“, sagte Tilly und lachte laut.

„Mir egal, ich geh weiter… kommst du Jens?“

Ich nickte und folgte ihr. Natürlich kamen die anderen auch mit. Mich wunderte, dass die anderen mich nichts fragten, dachte ich doch, dass man als Neuer doch mit Fragen gelöchert wird.

Wir verließen das Haus und umrundeten es. Ich staunte nicht schlecht, was es da alles zu sehen gab. Tennisplatz, Bolzplatz und Volleyballplatz und…, und… und. Fine schien meine Gedanken zu lesen und  schaute mich an.

„Man sagt, der Sönker sei mal zu sehr viel Geld gekommen und hätte sich hier diesen Traum aufgebaut“, meinte Fine leise.

„Aha…“, gab ich nur von mir.

Fine schien von Dr. Sönker voll begeistert zu sein. Er war ja auch symphatisch. Und so langsam beschlich mich das Gefühl, dass es mir hier wirklich gefallen könnte. Die Leute hier schienen echt in Ordnung zu sein und der Rest, das Gesamtpaket stimmte auch.

Ich lief einfach mit ihnen mit, als würde ich schon immer zu ihnen gehören.

„Wie viele Schüler gibt es hier überhaupt?“, fragte ich um einfach mal etwas zu sagen.

„Dreiundvierzig… mit dir jetzt vierundvierzig… aufgeteilt in drei Klassen“, antwortete Fine, „die einzelnen Kurse und Projekte jetzt nicht dazugerechnet. Du wirst jetzt aber alle sehen, denn mittlerweile müssten alle wieder da sein.“

„Waren denn nicht alle mit dem Bus weg?“, fragte ich weiter, weil es das einzige war, was ich so mitbekommen hatte.

„Nein, dass war ein Angebot der Schule. Eine Woche Hamburg, während der Herbstferien. Die, welche nicht mitfahren wollten, waren zu Hause.“

„Ach so, dass ist keine Pflicht mitzufahren?“

„Nein, du wirst schnell merken, hier geschieht fast alles auf freiwilliger Basis, vielleicht auch ein Grund, weil vieles recht stark genutzt wird. Aber das alles wirst du noch selber sehen, jetzt genießen wir erst einmal das Grillfest.“

Ich nickte und folgte ihr weiter. Wie auf Kommando schwiegen die Anderen um mich herum und ließen Fine alleine reden.

„Gibt es einen bestimmten Grund, dass du hier bist?“, fragte Tilly plötzlich.

Ich verneinte die Frage mit einem Kopfschütteln.

„Tilly, sein doch nicht wieder so direkt“, meinte Nadine.

„Meine Eltern haben mich hier angemeldet“, sagte ich leise.

„Wie jeden von uns“, meinte Tilly, „also ich meine… unsere Eltern haben uns auch angemeldet.“

„Habe ich auch so verstanden“, meinte ich und Tilly lächelte mich an.

Wir hatten das Haus endlich umrundet und Musik spielte uns entgegen. Zwar nicht mein Geschmack, aber für so etwas genau richtig. Ich entdeckte Jonas, der an einer Reihe von Tischen stand und einer Frau bei den Salaten half.

„Frau Kirschen unsere Köchin“, kam es von Fine, die anscheinend wirklich meine Gedanke lesen konnte und langsam wurde mir das unheimlich.

„Josefine Cramer, bleib augenblicklich stehen, oder der Blitz soll dich treffen“, hörte ich eine weibliche Stimme rufen.

Ruckartig blieb Fine stehen und ich rammte fast auf sie drauf.

„Schweige Claire Sommerfeld, oder du wirst selbst den Zorn der Götter spüren.“

Die zwei Mädels fielen sich lachend um den Hals.

„Na? Wie war die Woche in Hamburg du Forscherin?“, fragte Claire.

„Absolut erste Sahne, hättest halt doch mitkommen sollen.“

Claire verzog etwas das Gesicht, lächelte aber gleich wieder.

„Du weißt, es ging halt nicht, aber sage, hast du dir diesen Schnuggel in Hamburg geangelt? Wusste gar nicht, dass man sich jetzt auch einen Freund auf den Zimmern halten darf.“

Damit schien wohl ich gemeint zu sein. Der Schnuggel war ja noch nett…, aber im Zimmer halten… wie ein Tier, die Dame war mir unsympathisch.

„Ach Quatsch! Das ist Jens unser Neuzugang… du Jens ich warne dich gleich vor Claire, man darf sie nie zu ernst nehmen, sie blabbert halt ständig.“

„Während die anderen kicherten, aber keinen Senf drauf gaben, knuffte Claire Fine ordentlich in die Rippen.

Und plötzlich sah ich ihn.

*-*-*

Ist das cool hier, ob Herrchen länger mit mir hier bleibt. Ich schnupperte mich durch das Zimmer, denn es gab so viele interessante neue Gerüche. Hm… hier gibt es noch mehr Vertreter meiner Gattung.

Die schienen auch ganz in der Nähe zu sein. Ich sprang von der Zimmertür zum Schreibtisch, mit einem Satz nach oben und lief zum Fenster. Ob Herrchen vergessen hatte. Mir ein Fenster offen zu lassen? Keine Möglichkeit nach draußen zu kommen.

 

„Ah, da bist du“, hörte ich es hinter mir maunzen.

Mein Kopf fuhr herum und an einer kleinen Klappe der Zimmertür schaute eine junge Katzendame herein. Mit einem Satz war ich wieder vom Schreibtisch.

 

„Hi, klar bin ich hier, wo soll ich denn sonst sein?“, fragte ich.

 

„Die anderen haben gesagt, wir haben einen Neuen und ich als Rädelsführerin bin auserkoren dich zu begrüßen.“

 

„Das ist nett und wo sind… diese anderen?“

 

„Wahrscheinlich in ihren Zimmern und hängen faul herum. Die Menschen sind alle draußen und somit haben wir freies Feld.“

 

„Für was?“

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