Unterdrückung der Gefühle – Teil 8

Ich habe ihn gar nicht bemerkt. Wo kommt er denn so plötzlich her? Und was will er von mir?

„Na, lang nicht gesehen“, kommt es mit einem erschreckenden Unterton von Kai.

„Wo hast du denn deinen Aufpasser gelassen“, fügt er noch hinzu.

Ich fange an zu zittern und bringe kein Wort über die Lippen. Kais Griff wird jetzt noch fester und ich bemerke wie sich seine eine Hand auf Wanderschaft begibt. Er streicht über meine Brust und tastet sich dann hinab zu meinem Bauch.

Jetzt wache ich auf und protestiere heftig: „Nein…nicht… lass das!“

Ich schaue nach links und nach rechts, doch es ist Niemand in Sichtweite. Rufen würde bei der lauten Musik auch zwecklos sein. Kai lacht düster und lässt seine Hand meinen Oberschenkel rauf gleiten.

Ich versuche krampfhaft mich loszureißen, jedoch komme ich wohl kaum gegen einen so starken Kerl an. Vom Kopf her habe ich mich schon meinem Schicksal ergeben, als plötzlich jemand Kai zu Boden wirft.

Im flackernden Licht bekomme ich nicht mit wer das ist. Ich sehe nur, dass mein Retter ein schwarzes T-Shirt trägt oder kommt es mir nur so vor, wegen des Horrorlichts? Im ersten Moment stehe ich wie versteinert da, will mich ja bewegen, schaff es aber nicht.

Ich hab eine Heiden Angst und  will einfach nicht wissen, was da weiter passiert. Als ich es schaffe meine Beine wieder zu bewegen, nehme ich diese so gut es geht in die Hand und habe auch bald den Durchgang zur Tanzfläche erreicht.

Dort tobt der Bär. Ich kann immer noch nicht ganz realisieren, was da gerade passiert ist. Als ich mich umdrehe und einen Blick zurück in den Korridor werfe, ist nichts mehr zu sehen. Vielleicht habe ich das alles nur geträumt oder es liegt an dem Licht, dass ich nichts erkenne.

Egal, ich muss jetzt raus an die frische Luft. Ich bahne mir meinen Weg durch die Menge und komme heil am Ausgang an. Draußen angekommen lehne ich mich gegen die Wand und hole tief Luft, was nicht wirklich hilft, denn ich muss mich übergeben.

Dann sacke ich runter und bleibe erst einmal sitzen. Mann bin ich fertig. Erst jetzt fällt mir auf, dass ich meine Jacke vergessen habe, denn es ist verdammt kalt. Ich zittere und schwindelig ist mir auch immer noch.

Ich sollte zumindest noch meine Jacke holen, bevor ich mir ein Taxi bestelle. Zu Fuß schaffe ich es niemals bis nach Hause. Irgendetwas stimmt nicht mit mir. Das kann doch nicht,  so extrem vom Alkohol sein.

Im nächsten Augenblick höre ich Sirenen, die näher kommen. Ein Krankenwagen und zwei Polizeiautos halten vor der Diskothek. Ich zucke zusammen.

„Also war es doch kein Traum“, sage ich wie in Trance zu mir selbst.

Die Polizisten und Sanitäter stürmen in die Räumlichkeiten und hinterlassen bei mir einen bitteren Nachgeschmack. Denn nun erinnere ich mich, dass am Eingang gar keine Securities mehr standen, als ich raus gegangen bin.

Habe ich denn so lange zum Eingang gebraucht? Und wer war mein Retter? Wie konnte ich ihn nur zurück lassen, denn gegen Kai hat man doch keine Chance. Ich bin ein Feigling, ein Gott verdammter Feigling.

Ich hätte zumindest Hilfe holen müssen! Mein Kopf brummt immer noch und ich halte mir die Hände vor den Ohren. Es dauert scheinbar eine Ewigkeit bis etwas passiert. Ich versuche aufzustehen, was mir beim Dritten Versuch dann auch gelingt.

Um dann ein paar Schritte nach vorne zu stolpern und mich an einem Geländer festzuhalten. Die Sicht von hier ist besser, denn von hier aus kann ich wenigstens den Eingang überblicken.

Als erstes kommt Kai raus und wird tobend von drei Polizisten abgeführt. Ich schaue mir das Schauspiel skeptisch an, bis er im Wagen verstaut ist. Wie kann jemand nur so durchdrehen? Er sollte doch wissen, dass das alles nur noch schlimmer macht.

Nun fällt mein Blick wieder zum Eingang, wo eine dunkle Gestalt auf mich zu kommt. Ein Schauer läuft über meinen Rücken. Meine Hände sind ganz feucht, obwohl mir doch eigentlich kalt ist. Meine Angst lässt erst nach, als ich im Mondschein ein dunkles T-Shirt erkenne.

Mein Retter? Sollte ihm wirklich nichts passiert sein? Erst als er fast bei mir ist, erkenne ich wer er ist. Er trägt etwas weißes in der Hand. Eine Sweat Jacke.

„Domi“, schluchze ich und falle ihm weinend um den Hals.

„Aua… vorsichtig!“, krächzt dieser.

„Bist du etwa verletzt?“, frage ich besorgt.

Kein Wunder bei dem Muskelmann. Wie konnte er nur so leichtsinnig sein. Er wollte mich beschützen. Ach Domi.

„Ach was, das geht schon. Halb so wild“, erwidert Domi.

„Du lässt dich sofort untersuchen“, befehle ich.

„Das wurde bereits gemacht. Sind nur Prellungen. Mario sieht da schon schlimmer aus“, erklärt Domi mir.

„Mario…?’ frage ich.

„Wer zum Teufel ist Mario?“

Domi muss lachen, doch verzieht gleich darauf sein Gesicht und hält sich die eine Seite.

„Ja, Mario. Oder glaubst du ich wäre alleine gegen Kai angekommen? Es ist immer gut kräftige Männer zu kennen“, erläutert Domi  mir den Zusammenhang mit dem Namen.

Komisch ich habe gar keinen zweiten Retter bemerkt. Doch nun fällt mir auf, dass jemand auf einer Trage zum Krankenwagen gebracht wird.

Dominic hat meinen Blick bemerkt und beruhigt mich: „Er ist nicht schwer verletzt. Mach dir keine Sorgen.“

„Ich muss mich bei ihm bedanken“, stelle ich fest.

„Okay, dann komm mein Kleiner. Dann können die Sanitäter dich auch gleich mal ansehen“, mit diesen Worten legt Domi den Arm um mich und bugsiert mich in Richtung Krankenwagen.

Dann wird mir plötzlich schwarz vor Augen.

*-*-*

Es ist alles dunkel. Ich höre Stimmen. Aber die sind so weit weg. So unendlich weit weg. Ich versuche krampfhaft die Augen zu öffnen. Sie sind schwer und brennen irgendwie. Als ich es endlich schaffe, sieht alles verschwommen aus und ich komme mir vor wie im Nebel.

Erst langsam werden die Umrisse klar und die Stimmen kommen näher. Es spricht mich jemand an, aber ich kann die Stimme nicht zuordnen. Mein Hals ist trocken und kratzt. Ich versuche es kann aber nicht antworten.

Meine Lippen sind ganz hart und kleben aneinander. Als ich meinen Mund öffne, reißen sie ein und das tut höllisch weh. Jemand in einem weißen Kittel gibt mir Wasser. Ich fühle mich, als wäre ich stundenlang in der Wüste unterwegs gewesen, solch einen Durst habe ich.

Leider wird mir das Glas gleich nach einem Schluck wieder weggenommen.

Und dann wieder diese Stimme: „Immer schön langsam. Sie dürfen nicht zu viel auf einmal.“

„I… ch… ich… kaaaaa… kann…“, versuche ich die ersten Worte zu bilden. Dann schlucke ich kräftig und versuche es erneut.

„Ich… kaaann… nichts sehen“, krächze ich.

Nun bekomme ich auch noch Augentropfen.

„Gleich wird es besser“, sagt wieder diese Stimme.

Tatsächlich erkenne ich mit jedem Blinzeln mehr und das Brennen lässt auch endlich nach. Ich schaue in ein freundliches Gesicht, aber den Mann kenne ich nicht. Als ich weiter um mich blicke, nehme ich karge, weiße Wände war.

Ich bin wohl im Krankenhaus und das vor mir müsste dann ein Pfleger sein. Es ist ein kleines Zimmer. Ein Schrank, oben hängt ein Fernseher. Ein Einzelzimmer scheinbar. Als ich Richtung Fenster schaue, nehme ich eine weitere Person wahr.

Dominic. Er hat sich die ganze Zeit über ruhig verhalten.

„…Domi…“, bringe ich, mit immer besser werdender Stimme hervor.

Er kommt auf mich zu und setzt sich auf die Bettkante.

Der Pfleger nickt zustimmend und sagt: „Ich lass sie dann mal allein. Wenn noch etwas ist, sie finden mich auf dem Gang.“

Dann verlässt er das Zimmer. Ich schaue nun in Domis Gesicht. Er sieht sehr besorgt aus und ein wenig blass ist er auch. Mir fällt auf, dass er andere Kleidung trägt. Eine Träne rollt über sein Gesicht und dann schmiegt sich ein kleines Lächeln um seine Lippen.

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