Zwischen den Stühlen – Teil 3

Freundschaft

Tatsächlich schaffen wir es, unversehrt zum Krankenhaus, auch wenn mein Bauch vom vielen Lachen weh tut.

Für einen kleinen Moment kommen die Gefühle für Till wieder hoch, die ich einmal für ihn empfunden habe.

„Danke,“ sagt dieser zu mir, als wir am Krankenhaus ankommen, „Nimm du ruhig mein Auto. Ich werde mir später ein Taxi rufen lassen und den Wagen die Tage bei dir abholen. So brauchst du nicht die ganze Zeit auf mich zu warten.“

Typisch Till. So hat er die Chance mich noch einmal Wiederzusehen. Dennoch nehme ich gerne sein Angebot an, da ich keine Lust habe den Rest des Abends im Krankenhaus zu verbringen.

„Okay, meine Nummer hast du noch?,“ frage ich deshalb nach.

Als Antwort bekomme ich ein Nicken von meinem Ex Freund und zum Abschied winkt er mir noch, bevor er reingeht. Till fährt immer noch den gleichen alten Wagen, wie vor einem Jahr, als wir noch ein Paar waren.

Der kleine weiße VW Polo klappert an allen Ecken und dennoch erfüllt er seinen Zweck. Ich möchte wetten im Aschenbecher liegen noch die gleichen Zigarettenstummel drin, genauso wie der Spiegel wohl nie geputzt wurde und die Armatur noch keinen Staublappen gesehen hat.

Aber so ist mein Ex Freund nun mal. In der Hinsicht war er nie der sauberste und Geld gibt er nur für sinnvolle Dinge aus und so ist ein Auto eben nur ein Gebrauchsgegenstand für ihn. Trotz allem bringt mich die Klapperkiste heile nach Hause und ich schließe nervös die Tür auf.

Aber es scheint niemand da zu sein – Hätte mich auch sehr gewundert. Vermutlich haben sich die Beiden bei Claas verkrochen und schmollen nun. Mir soll es egal sein, so habe ich wenigstens meine Ruhe.

So lasse ich mich in der Stube auf dem Sofa fallen und zappe durchs Abendprogramm bis ich irgendwann einschlafe. Ein lautes Poltern holt mich unsanft aus dem Schlaf und die Uhr zeigt bereits Mittag.

Ich muss mich erst einmal orientieren und bekomme nur beiläufig mit, dass Malte in die Stube kommt und etwas aus dem Schrank holt.

„Malte“, krächze ich ihm hinterher, aber er ignoriert mich.

Noch etwas benommen vom Schlaf erhebe ich mich und laufe ihm nach.

„Was treibst du denn da?“, will ich nun vom Malte wissen.

„Ich packe meine Sachen. Dann kann Till ja bei dir einziehen!“, kommt es als Antwort.

„Was?… Drehst du jetzt völlig durch?“, frage ich total erstaunt, „Till und ich sind kein Paar. Wir haben uns nur unterhalten.“

Malte hört abrupt mit dem Packen seiner Sachen auf und schaut mich direkt an: „Du hast ein Wörtchen vergessen. Das Wort NOCH! Ihr seid NOCH kein Paar und was noch nicht ist kann ja noch werden!“

„Ich verstehe dich nicht. Suchst du nach einer Ausrede hier ausziehen zu können? Oder wieso kommst du mit so einem Mist?“, versuche ich normal herauszubringen, weil ich schon mit den Tränen kämpfe.

„Wenn du es so lieber hast… Vermutlich!“, kommt es noch von Malte. Bevor er seine Tasche über die Schulter wirft, noch einen Karton in die Hände nimmt, um anschließend ohne ein weiteres Wort die Wohnung zu verlassen.

„Ich dachte wir sind Freunde?“, schreie ich ihn noch hinterher, bevor meine Tränen ihren Weg finden und ich weinend auf Maltes Bett zusammenbrechen.

Als es irgendwann klingelt schrecke ich hoch und mein Blick fällt auf die Uhr. Ich habe keine Ahnung wie lange ich hier lag, doch will ich jetzt unbedingt wissen, wer dort an der Tür ist. Malte kann es ja unmöglich sein, da er schließlich einen Schlüssel hat.

Hastig springe ich auf und hechte zur Tür. Als ich diese öffne fällt mein Blick auf ein großes Pflaster, was mitten in Tills Gesicht klebt.

„Äh… ich wollte mein Auto abholen“, kommt es von ihm.

Doch anstatt Till zu antworten lasse ich mich in seine Arme fallen und fange an zu weinen.

„Nun mach mal halblang…, wenn du den Wagen noch brauchst, kannst du ihn gerne noch behalten…“, stottert Till zu Recht, während seine eine Hand vertraut durch meine Haare fährt.

„Er… Er ist…“, schluchze ich, bekomme aber nicht mehr heraus.

Ich spüre wie Claas sich in die Wohnung schiebt und mich mitreißt. Dann kniet er sich vor mir nieder und holt ein Taschentuch aus seiner Jacke.

Während er mir die Tränen trocknet, seufzt er laut und fragt mich dann: „Ist etwas mit Malte?“

Ich schnäuze meine Nase ins Taschentuch und nicke dabei heftig.

„Er hat seine Sachen gepackt und will ausziehen“, bekomme ich nun nach erneutem Luft holen raus.

„Du musst ihn wirklich sehr lieben“, platzt es aus Till raus und er schaut mir direkt ins Gesicht.

Seine hellblauen Augen fixieren meine hellgrünen und für einen Moment steht die Zeit still. Erst dann realisiere ich, was Till zu mir gesagt hat. Ich soll Malte lieben.

Doch bevor ich etwas antworten kann, spricht mein Ex Freund weiter.

„Ich hatte schon damals als wir zusammen waren keine Chancen. Malte kam immer an erster Stelle. Doch jetzt ist es einmal umgekehrt. Malte ist jetzt mit Claas zusammen.“

Ich muss kräftig schlucken und merke wie meine Knie weich werden.

„Du hast nun zwei Möglichkeiten. Entweder du behältst es für dich oder du sagst es ihm endlich!“, redet Till weiter auf mich ein.

Doch im nächsten Augenblick, drehte sich alles um mich herum und mir wir schwarz vor Augen.

*-*-*

Als ich wieder wach werde liege ich auf meinem Bett in Tills Armen. Dieser Vertraute Geruch und diese Nähe, lassen mich in Erinnerungen schwelgen. Einerseits ist da eine gewisse Vertrautheit da, wenn man seinem Ex Freund begegnet. Andererseits fühlt man sich immer komisch.

Aber warum eigentlich? Weil er weiß wie man nackt aussieht? Oder weil man mit ihm Sex hatte? Vielleicht auch weil er intimes über einen weiß, was nicht alle wissen. Zum Beispiel wo meine empfindlichen Stellen sind.

Während ich noch darüber nachdenke, wo Tills empfindliche Stellen nochmal waren, spüre ich auch schon dessen Hände unten mein Shirt fahren und seine Finger fangen an kleine Kreise über meinen Rücken zu  malen.

Eine wohlige, bekannte Gänsehaut breitet sich über meinen Körper aus.

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