Kapitel 1 – Das Gefühl von Liebe
Eine weiche Matratze liegt unter mir und ich schmiege mich noch einmal in die Decke, die so frisch gewaschen riecht. So lange habe ich in keinem Bett mehr geschlafen, so lange keine Daunendecke mehr auf meiner Haut gespürt.
Aber vor allem habe ich ewig keinen so warmen Körper direkt an mir vernommen. Er ist mir so nah, dass ich seinen Herzschlag spüren kann. Meine Hände machen sich selbstständig und zaghaft streichle ich Angelos Brust.
Wieder fange ich an mit seinen Brusthaaren zu spielen und merke gar nicht, wie bereits sein Blick auf mich gerichtet ist. Braune Augen verfolgen jeden meiner Schritte und lassen mich zusammenzucken, als ich zu Angelo raufschaue.
„Guten Morgen“, brummt dieser.
„Morgen“, bringe ich nur hervor und merke bereits die Hitze in mein Gesicht steigt.
Beschämt vergrabe ich mein Gesicht in Angelos Brust und ziehe seinen Geruch in mir auf. Er duftet herrlich, eine Mischung aus Tabak, Parfum und ihm selbst.
Ich spüre einer seiner großen Hände durch mein Haar gehen, zärtlich meinen Kopf streicheln und genieße die Schauer, die mir über den Rücken laufen. Ein Seufzen entlockt Angelo mir und so kann ich nicht anders, als mich noch mehr an ihm zu kuscheln.
Ich bin längst nicht mehr Herr meines Körpers, mein Unterleib hat ein Eigenleben entwickelt, so dass mein kleiner Freund schon lange nicht mehr klein ist. Plötzlich hört das Streicheln auf und so wage ich einen vorsichtigen Blick. Braune Augen ruhen auf mir, schauen mich mit so viel Liebe und Verständnis an.
Natürlich versuche ich meine Unsicherheit zu überspielen, was gar nicht so einfach ist. Doch diese Wärme und Anziehungskraft, die von meinem Gegenüber ausgeht, macht es schier unmöglich ihm zu widerstehen.
Langsam streichelt Angelo mir über die Wange und bleibt an meinem Kinn mit der Hand liegen. Dann zieht er mich zu sich heran, legt seine Lippen auf die meinen, um mir den ersten Kuss zu rauben. Nur allzu gerne lasse ich das mit mir geschehen, erwidere die Zärtlichkeiten voller Elan.
Schnell wird aus dem Kuss eine Spielerei, die sich auch auf den Hals und die Ohren ausbreitet. Ich kann mich nicht daran erinnern, einmal so viel Liebe auf einmal bekommen zu haben. Angelo zieht mich auf sich rauf und nun spüre ich auch deutlich seine Erregung.
Voller Ekstase fangen wir an uns aneinander zu reiben und uns gegenseitig zu streicheln. Zum ersten Mal ist es ein Mann, der mich erregt – um den Verstand bringt und es ist mir in keinster Weise unangenehm.
Ganz im Gegenteil, so wohl habe ich mich noch nie gefühlt. Unsere Küsse unterbrechen wir nur zum Luftholen und unseren Rhythmus finden wir schnell. Es scheint immer wärmer zwischen uns zu werden, ja sogar beinahe zu brennen.
Mein Unterleib pocht wie wild und ich habe das Gefühl, als würde ich gleich da unten platzen. Lustvoll lasse ich mich gehen und stöhne leise in die Küsse hinein. Auch Angelo scheint es bald nicht mehr auszuhalten, da sein keuchen immer lauter wird.
Deutlich vernehme ich die Härte, die an meiner reibt und immer wieder suche ich die Augen auf, die mich zu diesem hier getrieben haben. So wunderschön und leuchtend sie die ganze Zeit auch waren, ihren schönsten Blick zeigen sie mir, als Angelo seinen Höhepunkt erreicht.
Ich möchte diesen Anblick einfangen und festhalten für immer und ewig. So unsagbar schön ist er und so sehr erregt er mich, dass auch mein Höhepunkt nicht mehr zu halten ist. Meine ganze Lust lasse ich aus mir raus gleiten und breche keuchend auf dem Italiener zusammen.
Unsere Atmung kommt nur allmählich wieder in den normalen Rhythmus, der Brustkorb unter mir hebt und senkt sich immer regelmäßiger. Ich lausche dem Herzschlag, wie er sich wieder verlangsamt und genieße das Nachglimmen des Orgasmus.
Schläfrig kommt mir noch ein gähnen über die Lippen, bevor ich jegliche Gegenwehr aufgebe und ins Land der Träume drifte.
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Als ich wieder erwache, muss es bereits kurz nach Mittag sein, der hohen Lage der Sonne nach zu urteilen. Draußen auf dem Flur scheint Hochbetrieb zu herrschen, da ich viele Menschen reden höre und nebenan ist wohl die Reinigungskraft zu Gange, weil ich von da einen Staubsauger vernehme.
Ich recke und strecke mich erst einmal und bemerke, dass der Platz neben mir leer ist. Wo ist der warme Körper geblieben, an dem ich mich gerade eben noch so gekuschelt habe? Wo ist Angelo hin?
Schlagartig springe ich auf und wo ich gerade eben noch im Halbschlaf war, bin ich nun hellwach. Mein Blick wandert durch den Raum, wo alles wie geleckt aussieht. Kein Angelo zu sehen, weshalb ich auch aufstehe, um im Badezimmer nachzusehen.
Die Tür ist angelehnt und als ich ihr einen kleinen Tritt verpasse, ist auch dort niemand. Alle persönlichen Sachen sind verschwunden. Angelo ist weg! Geknickt lasse ich mich aufs Bett fallen und strecke mich noch einmal genüsslich aus.
Ausversehen komme ich dabei gegen Angelos Kopfkissen und habe plötzlich große Scheine in der Hand. Ich muss dreimal hinschauen und mehrmals nachzählen. Es sind 200 Euro! Egal wie ich es drehe und wende, es bleiben 200 Euro.
Angelo hat mich wohl für einen Stricher gehalten. Ich muss kräftig schlucken, da mir ein dicker Kloß im Hals steckt. Angelo hat mich doch tatsächlich für den Sex bezahlt.
***Dieses Kapitel widme ich einem treuen Leser, der sich bestimmt angesprochen fühlt, sobald er das liest und ich hoffe sehr ihm mit diesem Kapitel gerecht geworden zu sein.***
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Kapitel 2 – Verrat auf ganzer Linie
Ich habe mit den Tränen zu kämpfen. Wie kann Angelo mich nur für einen Stricher gehalten haben. Doch das Schlimmste ist, dass die Reinigungskraft mich jetzt auch noch aus dem Zimmer haben will.
Der Raum wäre nicht mehr gebucht, ich hätte schon vor einer halben Stunde raus sein müssen. Wütend schließe ich mich im Bad ein und genieße noch einmal ein warmes Schaumbad. Dabei lasse ich meinen Gefühlen freien Lauf und weine mir alles von der Seele, was mich schon die ganze Zeit belastet hat.
Erst ein zaghaftes Klopfen lässt mich wieder zu Verstand kommen.
„Ich gehe dann erst Mal nach Nebenan. Nehmen sie sich die Zeit, die sie brauchen“, kommt es von der jungen Frau.
Sie muss mich wohl gehört haben, aber das ist mir nun auch mehr als egal. Zügig trockne ich mich ab und schlüpfe wieder in meine alten dreckigen Sachen, wobei ich mich noch frage, ob das Bad so überhaupt Sinn gemacht hat.
Aber mein Wohlbefinden hat es aufgemuntert und das ist nun erst Mal die Hauptsache. Dann verlasse ich hastig das Hotel und suche mein gewohntes Umfeld auf. Mein Magen rebelliert tüchtig und ich beschließe beim nächsten Bäcker anzuhalten.
Einen schönen heißen Kaffee und ein dick belegtes Brötchen gönne ich mir. Schließlich kann ich mir es ausnahmsweise mal leisten, mit Geld um mich zu werfen. Anschließend gehe ich in den Park und genieße das wunderschöne Wetter – die Sonne scheint heiß vom hellblauen Himmel und meine Stimmung wird zunehmend besser, auch wenn meine Gedanken immer noch um Angelo kreisen.
In der Hoffnung ihn wiederzusehen, beschließe ich mein Nachtlager hier im Park aufzuschlagen, obwohl ich mir mit dem Geld locker die eine oder andere Nacht in einem Hotel leisten könnte. Zu später Stunde verfluche ich diese Entscheidung, da die Nacht mehr als kalt ist und ich kaum ein Auge zutun kann.
Ich laufe die Wege auf und ab, setze mich wieder hin, doch auch das nächtliche Treiben, lässt mich kaum zur Ruhe kommen. Aber aus irgendeinem Grund kommt es mir anders vor als sonst oder ist es nur meine innere Unruhe, die mit mir spielt?
Auch wenn ich es ungern zu dieser Stunde tue, suche ich nun doch die öffentlichen Toiletten auf, da meine Blase mich dazu zwingt. Eine ungewöhnliche Ruhe herrscht hier, nicht nur erschreckend beängstigend, sondern regelrecht gespenstisch.
Kräftig schüttle ich den Kopf und denke nur, dass ich wohl als Kind zu viele Horrorfilme geschaut habe. Auch in den Räumen ist es Still und keine Menschenseele ist hier, dabei müsste es doch von Strichern nur so wimmeln.
Schnell trete ich ans Becken heran und erleichtere mich, wobei mein Strahl kaum ein Ende zu finden scheint. Für einen kleinen Moment ist Angelo wieder präsent in meinen Gedanken, als ich mein bestes Stück einpacke.
Ein Seufzen erfüllt den Raum und ich beschließe mir doch ein Zimmer zu nehmen. Als ich mich umdrehe, um auf die Tür zuzugehen, trete ich in etwas Nasses. Es gibt ein Geräusch, wie wenn man in eine Pfütze tritt und ich ekel mich schon, bei dem Gedanken in was ich da nun wieder hinein getreten bin.
Mein Blick fährt nach unten, wo ich eine Urinpfütze vermute, doch erschrocken springe ich einen Schritt beiseite. Es ist kein Urin in was ich da hineingetreten bin, eindeutig kommt unter den Kabinen eine Blutlache zum Vorschein.
Ich kann kaum klar denken vor Schreck und mein Puls ist in einem Mal auf 180. Schnell will ich den Raum verlassen, habe schon die Klinke in der Hand, als ich ein Stöhnen vernehme. Leise, kaum hörbar oder spielt meine Fantasie mir einen Streich?
Vorsichtig, Schritt für Schritt gehe ich in Richtung der Kabinen und obwohl ich versuche, aus irgendeinem Grund leise zu sein, hallt jeder einzelne Schritt laut nach. Ich halte den Atem an, als mein Kopf in die erste Kabine hineinschaut, vor der die Tür fehlt.
Nichts – sie ist leer, bis auf das Blut auf dem Boden.
Mein Herz macht einen erschreckenden Sprung und ich gehe langsam weiter. Vor dieser Kabine ist eine Tür, die ich mit dem Ärmel vor meiner Hand anstubse. Die Tür kommt schnell wieder zurück, da der Stoß nicht kräftig genug war, doch ich konnte eindeutig erkennen, dass da jemand lag.
Blut, überall war Blut und ich muss mich ernsthaft zusammennehmen. Ein Schlucken kämpfe ich mir ab, da mein Mund mehr als trocken ist, bevor ich ganz tief Luft hole und dann die Tür erneut aufdrücke.
Oh mein Gott. Nun erkenne ich es ganz deutlich, da liegt Marcel auf dem Boden und wieder gibt er ein leises Stöhnen von sich. Hastig gehe ich zu ihm rein.
„Marcel“, spreche ich ihn an, „Marcel? Kannst du mich hören?“
Wieder gibt er ein Stöhnen von sich. Er muss schwer verletzt sein und ich kann unmöglich ausmachen, wo die Wunde herkommt. Überall ist Blut und so bleibt mir nichts anderes übrig, als Hilfe zu holen.
„Marcel, ich komme gleich wieder. Hörst du? Ich hole Hilfe!“, sage ich noch zu ihm, bevor ich aus der Kabine stürme.
Keine Ahnung, ob er mich gehört hat, da er mir keine Antwort gegeben hat. Weit und breit ist keine Menschenseele und so renne ich die Straße runter zum Café. Mein Handy Akku ist schon lange leer, auch wenn ich es immer noch bei mir trage.
Eine gefühlte Stunde später komme ich endlich am Ziel an und keuchend, noch in der Tür stehend fange ich an zu sprechen: „Hilfe! Schnell… Brauche einen Krankenwagen… Ein Freund liegt Blutüberströmt bei den Toiletten…“
Mehr kriege ich nicht raus, bevor meine Knie unter mir nachgeben. Doch es war ausreichend, da der Typ hinterm Tresen sofort am Telefon ist. Ein anderer bringt mir ein Glas Wasser und hilft mir auf.
Es vergehen wieder gefühlte Stunden, bevor endlich die Polizei und der Krankenwagen an dem Café vorbeirasen. Mit zitternden Händen sitze ich an einem Tisch, wo sich immer noch der eine junge Mann rührend um mich kümmert.
Dann hält ein Streifenwagen vorm Café und zwei Polizisten kommen herein. Der Typ am Tresen weißt ihnen den Weg zu mir.
„Guten Tag“, stellt sich der Blonde von den Beiden vor, „mein Name ist Offizier Schmidt und das ist mein Kollege Offizier Kulzen.“
Dabei zeigt er auf den dunkelhaarigen Mann neben sich.
„Sie müssten mit uns zur näheren Befragung mit auf das Revier kommen“, fügt er hinzu.
„Vorausgesetzt sie sind nicht auch verletzt“, kommt es nun Offizier Kulzen.
Ich kann nur mit dem Kopf schütteln und so nehmen mich die zwei in ihrem Streifenwagen mit zum Revier. Das einzige Gute daran ist, dass ich schon immer mal in einem Polizeiauto mitfahren wollte.
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Dort angekommen, werden erst einmal meine Personalien aufgenommen, wobei mir gar nicht wohl zumute ist. Aber was soll man machen in so einer Situation.
„Können sie mir sagen, ob es Marcel gut geht?“, ist bestimmt jede zweite Antwort die ich gebe, obwohl es ja eher eine Frage ist.
„Sie bekommen Bescheid, sobald wir Näheres wissen“, werde ich immer wieder vertröstet.
Die Zeit verstreicht, ohne dass ich es wirklich merke und ständig geht einer der Kollegen im Wechsel raus auf den Flur. Immer wieder tuscheln die zwei miteinander und so langsam bekomme ich Angst, dass die mir da etwas in die Schuhe schieben wollen.
Dabei wollte ich Marcel doch nur helfen! Hätte ich bloß das Weite gesucht. Nur was wäre dann aus Marcel geworden? Ob es ihm gut geht. Durch meine Grübelei bekomme ich nur am Rande mit, dass wieder die Tür geöffnet wird.
Doch dieses Mal bringt Offizier Schmidt jemanden mit in den Raum. Als ich den Kopf hebe, traue ich meinen Augen kaum, da stehen doch tatsächlich meine Eltern. Oder besser gesagt meine Mutter und mein Stiefvater.
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Kapitel 3 – Telepathie
Erschrocken habe ich das Gefühl mein Herz würde aufhören zu schlagen. Mit so etwas habe ich nicht gerechnet. Aber das Schlimmste ist, dass meine Eltern eine Riesen Show abziehen.
„Oh Kind, geht es dir gut“, kommt direkt von meiner Mutter und sie stürmt auf mich zu und knuddelt mich beinahe zu Tode.
„Wir haben dich überall gesucht und schon wer weiß was befürchtet“, höre ich meinen Stiefvater sagen und kann mir durchaus denken, was in seinem Kopf vor sich geht.
Dass er sich schon ausmalt, wie die Strafe für mich ausfallen wird. Kaum hat meine Mutter ihre Klauen von mir ab, nutze ich die wohl einzige Chance für mich und stürme durch die noch offene Tür, an Offizier Schmidt vorbei.
Der wird von mir etwas unsanft gegen die Wand gestoßen und schaut mehr als verwundert drein. Ich halte mich aber nicht weiter mit ihm auf, sondern laufe so schnell ich kann in Richtung Ausgang.
Auf der Straße angekommen, renne ich doch beinahe einen älteren Herrn mit einem Hund an der Leine um.
Die Hundeleine wird mir auch fast zum Verhängnis, doch im letzten Augenblick schaffe ich es mich an einer Laterne festzuhalten, bevor ich stürze.
„Haltet ihn“, höre ich hinter mir die Polizisten rufen und so muss ich mich schnell berappeln und laufe weiter die Straße entlang.
Der Herr mit dem Hund scheint mir auch etwas nachzurufen, was ich jedoch nicht wirklich verstehe.
Hastig biege ich um die Straßenecke und renne schon wieder mit jemand zusammen, aber diesmal frontal.
Der Zusammenstoß endet auf dem Bordstein und ich befürchte schon, dass es das jetzt gewesen ist und die Polizei gleich um die Ecke geschossen kommt.
„Entschuldigung“, brabble ich noch vor mir her, während ich versuche auf die Beine zu kommen.
„Halb so wild“, kommt es von einer sehr vertraulich klingenden Stimme, „so stürmisch habe ich mir unsere nächste Begegnung nicht vorgestellt.“
Mein Blick wandert nach oben zu zwei leuchtenden braunen Augen und mein Herz macht einen großen Sprung als es Angelos Gesicht wahrnimmt.
„Du?… Aber ich dachte… Du wärst schon längst wieder in Italien!“, stammle ich herum.
„Ja, sollte ich auch schon längst wieder sein, aber mein Flug wurde gecancelt und so sitze ich noch bis morgen hier fest“, erklärt Angelo mir.
Im nächsten Augenblick höre ich auch schon die Polizei.
„Hier lang. Er muss in die Richtung gerannt sein.“
„Oh Mist! Angelo… bitte… du musst mir helfen… Ich muss mich verstecken, meine Eltern wollen mich mit nach Hause nehmen!“, rede ich auf meinen Gegenüber ein.
Ich bekomme ein verständnisvolles Lächeln und dann finde ich mich mit dem Rücken zur Hauswand wieder. Angelo steht direkt vor mir und drückt plötzlich seine Lippen auf die meinen, zu einem sehr heißen Kuss.
Nur allzu gerne erwidere ich diesen und höre nur beiläufig wie Leute an uns vorbeirennen. Der Kuss fühlt sich fantastisch an und scheint ewig zu dauern, denn auch nachdem Ruhe um uns eingekehrt ist, lässt Angelo nicht von mir ab.
Ich fange genüsslich an zu brummen und genieße diese Zärtlichkeit nur allzu gerne. Langsam löst Angelo sich nun von mir und entlockt mir ein Seufzen.
„Ich habe mir Sorgen um dich gemacht“, kommt es von ihm, „als ich gehört habe, dass sie jemanden schwer verletzt bei den Toiletten gefunden haben, wollte ich zur Polizei und mich erkundigen, ob es sich dabei um dich handelt. Leider weiß ich ja nur deinen Vornamen.“
„Steiner“, antworte ich verlegen.
Wenn es nur um meinen Nachnamen geht, den darf er nun gerne wissen, aber wenn es nach mir ginge würde ich ihm am liebsten alles über mich erzählen.
„Okay, Dennis Steiner, dann wollen wir mal einen ruhigen Platz aufsuchen, ich denke mal du hast mir einiges zu erzählen“, sagt Angelo kurz darauf.
„Als Erstes möchte ich klarstellen, dass ich kein Stricher bin“, platz es aus mir heraus, sobald wir Angelos Hotelzimmer betreten.
Für diese Worte ernte ich einen erstaunten Blick und erstrecht als ich das restliche verbliebe Geld aus meinen Taschen krame.
„Hier, ich möchte dein Geld nicht. Ich habe mir zwar schon etwas davon genommen, aber das bekommst du wieder sobald ich flüssig bin, versprochen“, sage ich zu Angelo, der mich immer noch mit offenen Mund anschaut.
„Ich habe zum ersten Mal Gefühle für einen Mann, die mich zwar etwas verwirren, aber die sich gut anfühlen und ich möchte kein Geld dafür“, versuche ich zu erklären.
Nun lächelt Angelo endlich und nimmt mich fest in seine Arme. Anschließend erzähle ich ihm alles über mich und über den Vorfall von gerade eben mit der Polizei. Dabei lasse ich natürlich nicht aus, dass ich mir um Marcel große Sorgen mache.
Als wir unser Gespräch beenden ist es bereits spät und ich schlafe überglücklich in Angelos Armen ein. Obwohl ich ja viel lieber intim mit ihm gewesen wäre. Doch da ich nun überhaupt nicht weiß wie er zu mir steht und ich da eher der schüchterne bin, müssen mir seine starken Arme fürs erste reichen.
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Der nächste Morgen kommt viel zu früh, da wir vergessen haben die Vorhänge zu zuziehen, weckt mich die Sonne. Erschrocken blicke ich auf den leeren Platz neben mir und in meinem Magen macht sich ein flaues Gefühl breit.
Angelo ist schon wieder verschwunden!
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Kapitel 4 – Es kommt wie es kommt
War ich etwa zu offen gestern Abend gewesen? Hätte ich nicht alles erzählen sollen? Ich muss mich zwingen nicht loszuheulen, da das Deja-vü mich mehr als fertig macht. Überschwänglich stürze ich aus dem Zimmer und renne aus dem Hotel hinaus.
Leider habe ich keine Ahnung wo ich nun hin soll. Schließlich werde ich bestimmt von der Polizei gesucht. Trotzdem zieht es mich zum Krankenhaus, weil ich unbedingt wissen muss wie es Marcel geht. Ob er überhaupt noch am Leben ist?
Die Frau an der Info ist ganz nett und nennt mir seine Zimmernummer, also liegt er nicht mal mehr auf der Intensivstation und ich mache mir ganz um sonst solche Sorgen. Ein zaghaftes, kaum hörbares Klopfen überwindet meine Nervosität und es kommt tatsächlich ein „Herein“ aus dem Zimmer.
Kaum bin ich in den Raum hineingetreten, schaut mich Marcel etwas verwundert an.
„Was machst du denn hier?“
„Ich wollte unbedingt wissen, wie es dir geht“, antworte ich ihm.
„Ach, bis auf der Tatsache, dass ich nun meine Eltern am Hals habe, geht es eigentlich schon wieder. Aber woher weißt du, dass ich hier bin?“, kommt es von Marcel.
„Ich habe dich gefunden und den Notarzt alarmiert“, gebe ich zurück.
„Ach so“, lächelt mein Gegenüber mich an, „dann warst du das! Danke, ich glaube ohne deine Hilfe hätte ich das nicht geschafft!“
„Wie kannst du nur so locker darüber reden? Du wärst beinahe gestorben! Und überhaupt, wer war das? Die verdächtigen mich, weil ich am Tatort war!“, schreie ich Marcel an, der erschrocken einen Schritt zurück macht.
Für einen Moment herrscht Stille im Raum, bevor Marcel zum Fenster rüber geht und hinaus schaut.
„Weißt du, Dennis“, beginnt er zu sprechen, „wenn man so lange auf der Straße gelebt hat und so viel durchstehen musste, dann sieht man den Tod manchmal als Erlösung an.“
Marcels Stimme nimmt zum Schluss eine gewisse schwere an und ich kann sehen, dass er seine Hände hoch zum Gesicht hebt und anfängt zu reiben.
Er weint.
„Ähm… soll ich lieber gehen?“, frage ich etwas unsicher und gehe schon in Richtung Tür, da keine Antwort kommt.
Doch plötzlich erhebt Marcel wieder das Wort.
„Nein, ist schon gut. Es geht schon wieder.“
Dann schnäuzt er sich und setzt sich auf sein Bett, während ich einen Stuhl zurechtrücke und neben ihm platz nehme.
„Ich weiß gar nicht wie lange es her ist, dass ich von zu Hause abgehauen bin. Meine Eltern hatten nie Zeit für mich. Die waren immer mit ihrer Karriere beschäftigt, da war kein Platz für ein Kind“, redet Marcel locker drauf los und kurz treffen sich unsere Blicke, wobei mich ein paar Schauer durchlaufen.
Ich spüre deutlich die Hitze in mein Gesicht laufen und bin froh, dass Marcel weiter spricht:
„Da war die Straße viel aufregender. Am Anfang zumindest und dann kam der Absturz. Drogen, der Strich, immer öfters Ärger mit dem Zuhälter. Da rutscht man schnell rein und merkt nicht mehr was los ist. Die Zeit verfliegt und ehe du dich versiehst liegst du im Krankenhaus, wenn du Glück hast. Wenn du Pech hast, erlebst du nicht einmal deinen achtzehnten Geburtstag.“
Ein unangenehmes Gefühl breitet sich in mir aus und ich habe einen dicken Kloß im Hals. Weiß nicht wirklich was ich antworten soll, doch das scheint auch nicht nötig zu sein.
„Aber damit ist ja nun Schluss. Meine Eltern waren bereits hier und ich habe beschlossen es noch einmal mit ihnen zu versuchen“, spricht Marcel weiter und muss kichern.
„Wie meinst du das?“, will ich es dann doch genauer wissen.
„Na, ich habe den Wald vor lauter Bäumen nicht gesehen. Die einfachste Lösung ist es doch mit dem Jugendamt Kontakt aufzunehmen, wenn gar nichts geht zu Hause“, antwortet er mir und grinst mich schelmisch an.
Ich muss zurück grinsen, denn auf diese eigentlich einfache Lösung wäre ich gar nicht gekommen. Sehr erleichtert verlasse ich nach ein bisschen plaudern das Krankenhaus. Ich habe Marcel versprochen, dass ich mit ihm in Kontakt bleibe, doch nun muss ich mich erst einmal um mein Leben kümmern.
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Die Frau vom Jugendamt ist echt super, sie nimmt alles in die Hand. Natürlich muss ich auch nochmal zur Polizei, aber da Marcel bereits ausgesagt hat, wer an seinen Verletzungen Schuld ist, wird nur meine Aussage aufgenommen.
Ich habe Glück, da ich bald achtzehn werde, bekomme ich eine kleine Wohnung finanziert und meinen Schulabschluss kann ich nun auch nachmachen. Marcel kommt ganz in der Nähe in eine Pflegefamilie und wir sehen uns regelmäßig.
Unsere Freundschaft ist sehr eng geworden, vielleicht auch deswegen, weil uns nicht nur das Leben auf der Straße verbindet. Kaum habe ich meine Wohnung bezogen, will er sie sich auch schon gleich anschauen.
Es sagte etwas davon dass er beim Streichen helfen will. Aber wie ich Marcel kenne, bringt er sicherlich Alkohol mit und will später noch auf Tour gehen. Natürlich habe ich auch etwas eingekauft, nur so vorsichtshalber.
Als eine SMS von Marcel kommt, dass er sich verspätet muss ich grinsen, da ich das nun schon zu gut kenne. Bestimmt kann er sich mal wieder nicht entscheiden was er anziehen will. Seine Pflegeeltern sind super nett und haben Geld ohne Ende, so dass sein Kleiderschrank aus allen Nähten platzt.
Doch im nächsten Moment geht meine Türklingel und als ein riesiger Strauß vor meinen Augen auftaucht, fühle ich mich etwas veräppelt, weil mein erster Gedanke bei Marcel ist. Als der Strauß sich jedoch senkt und der Mann meiner Träume zum Vorschein kommt, stockt mir der Atem.
Angelo hatte ich die letzten Tage vor lauter Stress total vergessen und eigentlich wäre mir auch nach schmollen, da er mich ja wieder versetzt hat, doch meine Gefühle sind stärker. Deshalb falle ich ihm auch um den Hals und lass meinen Gefühlen freien Lauf.
„Hey mein Kleiner. Immer langsam!“, ermahnt Angelo mich, da er beinahe fällt, so übermütig bin ich.
Doch dann lasse ich von ihm ab und haue mit meinen Fäusten auf seine Brust.
„Du Idiot“, beschimpfe ich ihn.
„Nun aber mal langsam“, versucht er mich zu beruhigen.
„Du hast mich schon wieder einfach alleine gelassen“, gebe ich zurück.
„Ich?“, schaut Angelo mich erstaunt an, „du warst doch verschwunden und es war gar nicht so einfach dich ausfindig zu machen.“
„Jetzt verstehe ich gar nichts mehr“, platzt es aus mir heraus, wobei ich ihn etwas mustere. Er sieht schlecht aus, als hätte er Tagelang nicht richtig geschlafen.
„Ich war nur unten in der Lobby, habe Geschäftstermine verschoben und meinen Flug, weil ich mich erst mal um dich kümmern wollte“, erklärt mein Gegenüber mir.
„Vielleicht hätte ich dir gleich sagen sollen, wie wichtig du mir bist“, kommt es dann noch von ihm.
„Wie meinst du das?“, will ich es nun genau wissen.
Angelo schaut mich mit seinen wunderschönen Augen an und beugt sich dann langsam zu mir runter. Seine Bartstoppeln streifen meine Wange und dann haucht er mir leise die Worte ins Ohr, die ich die ganze Zeit schon von ihm hören wollte.
„Ich liebe dich!“
*-*-* Ende*-*-*
Ich möchte einmal allen Lesern danken, die die Geschichte verfolgt haben. Zur besseren Verständnis hier einmal die Reihenfolge in der sie gelesen wird:
Kastanienbraun – The Beginning
Kastanienbraun – Between
Kastanienbraun
Kastanienbraun – The end
Außerdem geht ein riesiger Dank mit einer großen Umarmung an meinen Beta Basti!