Das Boycamp II – Teil 11 (Ende)

»Ja, der sicher. Aber ich meine noch einen….«

Sie hielten noch immer die Becher in ihre Mitte, jetzt wusste keiner mehr, wen Erkan noch gemeint haben könnte.

Erst als er etwas konkreter wurde, dämmerten Nico, Stefan, Mirko, Alexander und Lutz worauf er hinauswollte »Ich bin sicher, er wäre heute auch hier, an dieser Stelle.«

»Ja, ich denke genauso«, stimmte Nico ihm unter den zunächst ungläubigen Blicken von Bernd, Raffael, Klaus und Daniel zu.

In diesem Moment wurde es hell in der Halle, die Sonne kämpfte sich durch die abziehenden Regenwolken. Nico blickte nach draußen, wo die letzten Nebelfetzen über das Gelände fegten. »Ich denke, den ersten Schluck sollten wir Manuel widmen, den zweiten dem kleinen Tobias und der dritte… geht dann an uns. Prost.«

Nun begriffen auch die anderen wer in ihrer Mitte vermisst wurde und gemeinsam tranken sie dann ihre Becher leer, wobei sich Lutz beinahe verschluckte als ihn jemand am Bein rempelte. Forsch verschaffte sich Rick Zutritt in ihre Mitte und sah schwanzwedelnd zu ihnen hoch.

»Tja, für Hunde ist das leider nichts«, grinste Erkan und kraulte Ricks Nackenfell. »So wie es scheint hast du nichts mehr zu bewachen…«

Jörg Schneider bekamen sie nicht mehr zu Gesicht.

Inzwischen hatten die Sanitäter Tobias zunächst oberflächlich untersucht und allem Augenschein nach war er unversehrt geblieben. So begleiteten sie ihn und seine Eltern hinaus aus der Halle.

Bevor Tobias’ Eltern auf die Rampe hinaustraten, blieben sie stehen, dann kehrte der Vater noch einmal um und kam auf die Jungen zu. Er streckte die Hand nach ihnen aus. »Ich weiß nicht wie ich und meine Frau euch danken sollen….« Seine Stimme stockte, diese Situation schien ihn zu überfordern. »Mehr als Danke sagen können wir nicht, aber wir hoffen, dass die ausgesetzte Belohnung… na ja, ihr werdet schon was damit anfangen können. Und… na ja, wenn der Trubel vorbei ist, würden wir euch gerne mal näher kennen lernen.« Rasch schüttelte er jedem die Hand, dann ging er zurück zu seiner Frau. Sie stand dort mit Tobias auf dem Arm, ihr Gesicht war tränennass und wohl deshalb verzichtete sie auf die Nähe zu den Jungs. Sie winkte verhalten und das Lächeln in ihrem Gesicht war den Jungen Dankbarkeit genug.

»Belohnung?«, flüsterte Stefan Nico ins Ohr. »Hast du je was von einer Belohnung gehört oder gelesen?«

»Nein, aber wahrscheinlich hab ich das nur übergangen. Oder das wurde erst später festgelegt. Keine Ahnung.«

Alexander wischte über den Mund. »Okay, Leute, im Auto hab ich was zu essen.«

Erkan rieb sich die Hände. »Na bitte, das nenn ich mal Service. Kommt, lasst uns nicht warten, ich persönlich sterbe gleich vor Hunger. Aber Nico, einen Moment.«

Nico ging zu Erkan hinüber, der plötzlich das Notebook in seinen Händen hielt. »Wir sollten uns das anschauen bevor es… na ja, muss ja nicht jeder sehen, oder?« Er zwinkerte und ging mit Nico in den Nebenraum. Sie setzten sich im Schneidersitz und Erkan fuhr den Computer hoch. »Hoffentlich hat er kein Passwort da drauf…«
Nachdem es jedoch keine Zugangssperre gab, war es für Erkan kein Problem, die versteckten Ordner zu finden.

»Stümper«, ereiferte sich Erkan grinsend. Was sie dann jedoch zu sehen bekamen, ließ ihre anfängliche Freude über den Erfolg in Wut, Hass und Trauer gleichzeitig umwandeln. Als er einen der Ordner öffnete, wurde Nico sofort kreidebleich und Erkan stand ihm in nichts nach.

»Dieses verdammte Schwein…«, stotterte Nico und beiden wich augenblicklich die Gesichtsfarbe. »Erkan, wir müssen sofort nachsehen ob Tobias darunter ist..«

»Ich hoffe für Schneiders Leben, dass es nicht so ist. Ich werde ihn höchstpersönlich umbringen, das schwöre ich dir.«

Nico würgte bei einigen Fotos und trotz leeren Magens war er kurz davor, sich zu übergeben. Schneider war ein ekelhafter Sadist. Auch wenn man nicht wissen konnte ob er selbst an den Aufnahmen beteiligt gewesen war, allein sich solche entsetzlich brutale Bilder anzusehen zeugte von einem krankhaften Gehirn.

Nico wandte sich abgeekelt ab. »Ich mag das nicht mehr ansehen…«

»Schon gut, wir haben’s gleich, nicht mehr viele. Die früheren Datums müssen wir nicht durchsehen, das können andere tun. Und ich hoffe für Schneider, dass sich das ein Richter ansehen muss der dabei auf sein Gerichtspult kotzt.«

Wenig später waren sie sicher, dass es keine Fotos von Tobias auf dem Computer gab. Allerdings fanden sie einige Videos aus dem Waschraum. Nur kurz spielten sie die Filme an, richtig viel war nicht wirklich zu sehen. Beiden war die Lust, sich die nackten Jungen dort näher anzusehen, zunächst gehörig vergangen. Ihre Aktion in jener Nacht war jedoch nicht gefilmt worden, zumindest fanden sich dazu keine Hinweise.

»Okay, das wird ihm nicht nur ein Genick brechen. Damit machen die ihm die Hölle heiß. Und wehe, die Knastbrüder kriegen das mit… ich wäre gern dabei, muss ich offen gestehen… die sind da nämlich so gar nicht zimperlich. Komm, wir gehen.«

Erkan drückte einem der Beamten das Notebook in die Hand. »Ein Tipp«, sagte er dazu, »sehen Sie sich das nicht an wenn Sie die nächsten Wochen gut schlafen wollen.«

Der Beamte sah ihn an als käme er aus einer anderen Welt, aber das registrierte Erkan nicht mehr.

Noch völlig unter Schock gesellten sich die beiden zu den anderen und gemeinsam verließen sie die Halle, nicht ohne ihr noch einen letzten Blick zuzuwerfen.

Nach und nach fuhren die Streifenwagen an Alexanders Auto vorbei, wo sich die Jungs kurz darauf über Brötchen, Salami, Fleischwürste und Gurken hermachten.

Nico kaute jedoch unlustig auf seinem Brötchen herum. »Mir ist noch immer schlecht«, sagte er und ahnte, dass es Erkan nicht anders gehen würde. Der nickte nämlich nur.

»Ist nicht das große Büfett, aber ich denke das wird eh noch kommen«, grinste Alexander und deutete damit an, mehr zu wissen als er sagen wollte.

Immer öfter schien die Nachmittagssonne auf das Gelände, die vergangenen Stunden erschienen deshalb wie ein böser, wenn auch schön geendeter Traum. Steins Wagen fuhr vor, gefolgt von Bodes Fahrzeug. Charles Rademann hatte man im Streifenwagen mitgenommen, als wichtigsten Zeugen. »So, einsteigen, es geht nach Hause«, rief Stein aus dem Wagen zu den Jungen, nachdem er und Rainer Bode direkt neben ihnen angehalten hatten.

Fast wie auf Kommando sahen die Jungen zu Erkan, um dessen Antwort abzuwarten. Er grinste fast schelmisch als er es bemerkte. »Tja, also, dann aufsitzen. Ich für meinen Teil allerdings werde den Weg zu Fuß zurückgehen… muss nachdenken und ´nen klaren Kopf bekommen.«

»Nun, wenn das so ist… alleine macht das keinen Spaß, nehm ich mal an«, schloss sich Klaus diesem Vorhaben an und auch Mirko stellte sich spontan dazu.

»Wir haben unser Lager und das Auto noch da hinten im Wald«, bemerkte Daniel und zeigte in die Richtung. »Wir müssen abbauen«, wonach die beiden anderen nickten.

»Wie lange seid ihr denn schon hier?«, wollte Nico wissen.

»Zwei Tage. Das reichte um die Lage zu sondieren.«

»Aha, und keiner hat was gemerkt… Fahren Sie ruhig schon mal los«, bestimmte Nico schließlich, denn keiner der Jungen machte Anstalten, bei Stein oder Bode mitzufahren.

Stein grinste und gab Bode hinter ihm ein Zeichen. Schließlich öffnete er die Fahrertür. »Ich lass euch zur Sicherheit eskortieren«, lachte er und in dem Moment sprang Rick aus dem Wagen.

»Da gehen sie hin«, schnaufte Daniel.

»Ja, und ich fühl mich jetzt irgendwie ganz mies.«

»Stefan, jeder hier tut das. Wir haben sie praktisch alle verdächtigt. Jeder stand unter Verdacht und es hätte auch jeder was damit zu tun haben können.«

Alexander wendete sein Wagen und fuhr langsam an ihnen vorbei. »Bis später«, rief er ihnen aus dem Auto zu und steuerte auf den Wald zu.

»Okay, Jungs. Wir gehen dann mal unser Lager abbauen und das Auto holen. Wir treffen uns im Camp. Bis später«, verabschiedeten sich Daniel und die zwei anderen.

»So Leute, auf geht’s«, bestimmte Lutz dann und langsam, fast bedächtig lief die Gruppe los. Lange gingen die Jungen ohne Worte, jeder musste die vergangenen Stunden für sich verkraften. Sie waren müde und erschöpft, aber die Kälte und Nässe begann aus ihren Kleidern zu weichen. Langsam löste sich die Anspannung, kehrten allmählich fast normale Gedanken in ihre Köpfe zurück.
Etwas Ablenkung bescherte ihnen Rick, der Mal vorn, Mal in der Mitte und dann wieder ganz hinten lief. Aber egal wo er sich befand, immer wieder fuhr eine Hand durch sein Fell oder tätschelte seinen Kopf.
Nico hatte sich wieder beruhigt, obwohl er die Fotos nicht vollständig aus seinem Gedächtnis streichen konnte. Einzig die Tatsache, dass Tobias nicht zu diesen armen, gequälten Opfern gehörte und dieses Individuum von Schneider aus dem Verkehr gezogen wurde, stimmte ihn versöhnlich. Mit Stefan wollte er jetzt nicht darüber reden, die passende Zeit dazu würde sich finden.
Er lief mit ihm am Schluss, hatte den Arm um dessen Hüfte gelegt und seinen Kopf an die Schulter geschmiegt. »Wie wird es jetzt weitergehen?«

»Weiß nicht, Nico. Personell wird sich ja wohl kaum was ändern. Von daher nehm ich mal an dass es ganz normal nach Plan weiterlaufen wird.«

»Und was wird aus Raffael? Bernd? Daniel?«

»Werden wir sehen. Stein wird sich jetzt nicht lumpen lassen.«

»Sagt mal, ihr beide dahinten«, rief Erkan zurück, »habt ihr uns anderen vielleicht in Sachen Belohnung irgendwas zu sagen?«

»Klar«, antwortete Nico, »als Belohnung dürfen wir länger bleiben. Denk dran, freie Kost und Logis. Wo außer im Knast gibt’s das sonst noch?«

Erkan blieb stehen, mit ihm die ganze Gruppe. Er bückte sich und hob einen kleinen Ast vom Boden auf. »Haha. Wenn du noch so einen auf Lager hast..«

Nico duckte sich gespielt. »Nicht schmeißen. Ich weiß es wirklich nicht.«

Rick sprang sofort zu Erkan, in der Hoffnung das Stöckchen fangen zu dürfen und Erkan tat ihm den Gefallen, viele Male.

Keiner der Jungen vergaß, warum er hier war, jeder hatte sein Päckchen zu tragen. Aber der Erfolg, den sie zweifelsfrei für sich verbuchen konnten, ließ sie aufleben. Immer gesprächiger wurden sie, es wurde geraucht, gelacht und geknufft. Der ungeheure Druck der letzten Tage verschwand genauso, wie die letzten Wolken am Himmel. Golden beleuchtete die Sonne die nassen Blätter der Bäume, Vögel zwitscherten plötzlich wieder und es schien, als seien die Jungen durch ein Tor in eine andere Welt gekommen. Keiner machte sich in diesen freien Momenten Gedanken über die Zukunft. Nur zwei, die sich ein wenig Abstand zu den anderen gönnten, dachten etwas weiter.

»Und, was machen wir zwei wenn das hier vorbei ist?«

»Nico, ich bin mir sehr sicher, dass es, nachdem was hier passiert ist, zu Hause keine Schwierigkeiten mehr gibt. Stein wird uns einen roten Teppich legen, das könnte ich schwören. Wir werden bestimmt wieder so Zusammensein wie früher. Es sei denn…«

»Ja?«

»Nico, du hast gesagt du willst vielleicht studieren… dann sind wir noch weiter auseinander als jetzt schon…«

»Warte doch mal ab. Ich habe noch nichts entschieden.«

Die zwei Stunden vergingen fast zu schnell. Langsam näherten sie sich ihrem Camp und diesmal mussten sie nicht schleichen, aufpassen ob sich jemand an ihren Sachen zu schaffen machte oder von einem Betreuer auf frischer Tat ertappt zu werden.

Erkan ließ sich vor seinem Zelt einfach der längelang auf den weichen Waldboden fallen, was Lutz ihm augenblicklich nachmachte. Auch die anderen setzten sich erschöpft auf den Baumstamm am Platz im Camp. Rick lag mitten unter ihnen und döste.

»Komisch, dass der nicht zu seinem Herrchen will«, grübelte Nico und fuhr durch das Fell. »Der fühlt sich hier scheinbar ganz wohl.«

»So, jetzt ist es genug mit Laufen und Nachtwachen. Rainer muss uns ´ne Woche Urlaub geben«, stöhnte Klaus und zog seine Schuhe aus. »Blasen, ich hab mir zum ersten Mal in meinem Leben Blasen gelaufen.«

»Nicht nur Blasen. Ich glaub, ich hab den Wolf…«, jammerte Raffael. Er saß neben Nico auf dem Baumstamm und verzog das Gesicht.

»Ich geh mich umziehen«, sagte Stefan und ging zum Zelt. »Heiß duschen, etwas Warmes essen und ab in die Falle. So sieht jedenfalls mein Programm aus.«

»Gut, ziehen wir uns um«, rief Erkan in die Runde.

Stefan saß bereits nur mit seinem Slip gekleidet auf dem Schlafsack und zog sich das Oberteil seines Trainingsanzug über, als Nico zu ihm ins Zelt kroch. Stöhnend ließ er sich neben seinen Freund fallen. »Wo bleibst du denn?«

»Ach Stefanchen, ich musste mal… Aber hui«, sagte er dann mit verklärtem Blick und streichelte über Stefans Oberschenkel. »Wir kommen zu gar nichts mehr, weißt du das?«

Stefan grinste süffisant. »Stimmt. Aber du wirst nicht auf die Idee kommen, jetzt…«

Nico ließ ihn nicht ausreden. Fest umschlossen sich Sekunden später ihre Lippen und die beiden ließen sich nach hinten umfallen. Wild jagten sich ihre Zungen, sausten die Hände über sämtliche erreichbare Körperteile.

»Ich könnt dich fressen«, flüsterte Nico erregt.

Stefan wurde das Ganze fast zu stürmisch. »Hey, du Lüstling, wir haben dafür keine Zeit und die anderen…«

»Ach. Lass die doch. Ich will jetzt…«

»Nico!« Energisch schob ihn Stefan von sich. »Beherrsch dich…« Dabei grinste er schelmisch, was ihm Nicos forschen Griff zwischen seine Beine einbrachte.

»Der ist ganz schön gefüllt…«

»NICO!«

Lachend balgten sie sich noch eine Weile, dann mahnte Stefan zum Aufbruch.

Nun standen sie auf dem kleinen Platz und warteten auf Klaus, der etwas länger brauchte um seine Turnschuhe anzuziehen und sie ihn deswegen deutlich fluchen hörten.

»Scheiße. Was ist denn da los?« Daniel, der seinen alten Ford auf das Hauptgebäude zusteuerte, sah das Theater zuerst.

»Siehste doch. Auflauf. Menschenmassen. Die Entführung hat Schlagzeilen gemacht, vergessen?«, brummte Bernd missmutig.

»Ich seh wohl nicht richtig…«

Raffael seufzte. »Doch, ich seh es ja auch.«

Überall auf dem Gelände vor dem Hauptgebäude parkten Auto an Auto, auch etliche Kastenwägen mit Parabolspiegeln auf dem Dach. Sie trugen Aufkleber bekannter Fernseh- und Radiostationen. Menschengruppen standen beisammen, Kameras um den Hals.

»Fernsehfritzen… Reporter… und was für ´ne Menge. Wir hätten es uns denken können.«

»Kommt, Rückzug. Darauf hab ich nicht den allergeringsten Bock. Keiner hat uns gesehen und so soll das auch bleiben.«

»Wohin willst du?«, fragte Raffael mit großen Augen.

»Zurück in unser Lager. Da sind wir weg vom Schuss.«

»Moment, ich sage den anderen Bescheid… ah so… hm… hat jemand eine Handynummer von denen im Camp?«

»Nee, aber ruf Alexander an. Der kann sie informieren.«

»Bleibt am besten wo ihr seid, hier ist die Hölle los«, hörte Nico kurz darauf Alexander ins Handy flüstern. »Radio und Fernsehen ist da und Stein redet und redet, er hat euch noch nicht erwähnt. Mit viel Glück ziehen die hier ab und gut ist. Tobias und seine Eltern sind eh nicht hier, ich glaub nicht, dass ihr ins Gespräch kommt. Mir scheint, Stein will euch abschirmen.«

Nico blies laut die Luft aus. »Okay, aber lange halten wir es hier ohne was Gescheites zu Essen nicht aus.«

»Kein Problem, ich denk ich kann da was drehen. Lasst mich mal machen.«

Falk Stein nahm den Medienrummel gelassen hin, seinem angekratzten Image seit der Sache mit Manuel kam es sogar eher entgegen. Der ursprüngliche Plan, „seine“ Jungs aus dem Spiel zu lassen, funktionierte nicht, denn Tobias’ Eltern würden so oder so darüber berichten. Aber sie hatten keine Namen, keine Adressen, nichts. Und Stein war autark genug, die Jungen von der Öffentlichkeit abzuschirmen.

»Diese jungen Männer haben Außergewöhnliches geleistet, was ihnen ohne Zweifel Respekt und Anerkennung zollt. Allerdings ist es nicht in meinem Sinne, sie nach all den Strapazen hier vor die Kameras zu zitieren. Sie brauchen jetzt Ruhe und die werden sie von mir bekommen. Ich gehe davon aus, dass Sie dafür Verständnis haben.«
Stein wusste was nach diesen Worten passieren würde. Tausend Fragen, durcheinander, Rufe, Mikrofone an seinem Mund – alle wollten wissen wer diese Jungen waren und wo sie sich aufhielten. Aber Falk Stein war ein Fels in dieser Brandung. Obwohl nicht gerade an so etwas gewöhnt, bekam er in jeder Minute mehr Selbstvertrauen.
»Tut mir leid wenn ich Ihnen nicht weiterhelfen kann… darf… beziehungsweise will.« Manch einer der Reporter betitelte ihn daraufhin als sturen Egoisten, der den Erfolg für sich verbuchen wollte. Aber es gab auch jemanden in der Menge vor ihm, der genau dieses Verhalten von ihm erwartet hatte.

Ein großer, weißhaariger und hagerer Mann drängte sich nach vorn. »Herr Stein, ich muss Sie sprechen.« Stein kannte den Mann nicht, aber er war froh dass er dadurch einen Grund hatte, die Interviews abzubrechen. Er ging zu seinem Büro, gefolgt von dem fremden Mann. Rainer Bode und Leo Meier waren eh nicht anwesend, sie „haben die Aufgabe, sich um die jungen Männer zu kümmern“, hatte Stein zuvor ohne rot zu werden vor den Reportern gelogen.

Alexander hatte von all dem unbemerkt in Windeseile Snacks zusammengestellt, alles was er aus der Vorratskammer für nützlich befand lud er im hinteren Teil des Gebäudes in seinen Wagen. Er wusste auch schon, wie er unerkannt zum Camp fahren konnte und mit einem überlegenen Grinsen im Gesicht lenkte er seinen Wagen scheinheilig auf der offiziellen Straße in den Wald. Da sowieso ein Kommen und Gehen herrschte, fiel er nicht weiter auf.

Während sich der Rummel auf das Hauptgebäude konzentrierte, gab sich ein Reporter mit Steins Ausführungen keinesfalls zufrieden. Er spürte förmlich die Anwesenheit der Jungen und da er der hiesigen Lokalzeitung angehörte, empfand er es als seine Pflicht, der Sache näher auf den Grund zu gehen. Wo konnten die sich verbergen?
Der Mann entfernte sich sehr diskret vom Gebäude und wie von unsichtbarer Hand gesteuert folgte er seinem Gefühl. Sein Weg führte ihn zu dem Sammelplatz und von da direkt auf den Pfad in den Wald.

Müde saßen die Jungen auf den Baumstämmen beisammen und warteten geduldig.

»Was da wohl jetzt los ist?«, fragte sich Stefan.

»Was wohl? Die werden unsere Betreuer löchern und irgendwann haben wir dieses Pack auch am Hals. Ich glaub nicht dass wir uns das ersparen können.« Erkan grinste und malte Kreise mit einem Stöckchen in den Waldboden. »Hihi. Wir, die Helden der Nation… zumindest für Heute und Morgen.«

»Ja, schon möglich. Mir allerdings reicht es, das zu wissen. Lust auf Reporter und ein Foto in ´ner Boulevardzeitung hab ich trotzdem nicht.«

»Tja, Klaus, andererseits – wer weiß ob wir je wieder in die Zeitung kommen.«

Plötzlich hob Rick den Kopf und begann leise zu knurren. Sein Blick heftete sich auf den Pfad in den Wald.

Mirko sah in die Richtung. »Oh, was hat er denn?«

»Wird wohl was gehört haben. Ist ja kein Wunder bei…. Moment.« Erkan sprang auf und starrte zum Waldrand. »Was für einen Grund könnte Rick haben zu knurren? Er tut das nur wenn…«

»…da Fremde kommen«, ergänzte Stefan.

Erkan drehte sich rasch im Kreis. »Leute, ich fürchte da kommt unliebsamer Besuch. Wir sollten ziemlich rasch untertauchen.« Nach kurzem Grübeln entschied er: »Los, ab ins Forum.«

Praktisch Geräuschlos und geisterhaft verschwand die Gruppe von der Stelle, sie brauchten dazu nur wenige Sekunden. Rasch schlichen sie zum Bach um lautlos wie Nebel in ihrem Forum in der Tannenschonung unterzutauchen. Dabei fiel kein Wort, kein Ast knackte unter ihren Füßen. Zu ihrem Vorteil war es im Unterholz schon ziemlich finster.
Rick wartete bis sie vom Platz verschwunden waren, dann zog er sich langsam zurück. Ständig behielt er dabei den Pfad im Auge, denn zweifellos versuchte sich jemand anzuschleichen, aber dem Gehör des Huskys entging nichts. Und seiner Nase erst recht nicht. Als hätte der Hund dann eine Entscheidung getroffen, legte er sich flach auf den Boden, so dass er durch das Gestrüpp praktisch unsichtbar wurde.

»Wo ist Rick?«, stellte Nico fest als sie im Forum angekommen waren.

»Wird die Lage sichern nehm ich an. Fest steht, dem passiert nichts.«

»Hm, ich weiß nicht… ich werd mal lieber nachsehen«, entschied Nico und schlich aus dem Forum. Geduckt und leise ging er soweit zurück zum Camp, dass er es gerade so einsehen und man ihn dabei nicht entdecken konnte.

Just in dem Augenblick als der Reporter das Camp betrat und sich neugierig umzusehen begann, seine Kamera zückte, stand Rick auf. War er auch so schon eine imposante Erscheinung, plusterte er nun sein Fell auf und es schien, als würde er dabei doppelten Umfang annehmen um noch dazu auf den Zehenspitzen zu stehen. So verharrte er zunächst regungslos, bis ihn der Reporter erblickte.
Nico hatte einen guten Einblick auf die Szene und hielt sich die Hand vor den Mund, um nicht loszuprusten. Die Augen des Mannes weiteten sich, seine Gesichtsfarbe änderte sich von rosa in leuchtendes Weiß. Rick musste weiter nichts tun als seine Zähne zu fletschen und betont tiefstimmig zu knurren und in der fortgeschrittenen Dämmerung wirkte die ganze Szenerie noch wesentlich bedrohlicher. Einen Moment schien der Reporter zu überlegen was günstiger war: Erst noch schnell ein Foto machen und danach türmen oder gleich fliehen. Er zog dann Letzteres vor und nie hatte Nico jemanden schneller rennen sehen als diesen Mann.
Zum ersten Mal seit langer Zeit liefen Nico vor Lachen die Tränen hinunter und sein Anfall lockte die Jungen aus dem Forum.
Er lag vor ihnen im Moos und hielt sich den Bauch. »Das… hättet… ihr sehen müssen«, brachte er mühselig hervor.
Rick war inzwischen zu seiner normalen Statur zurückgekehrt und gesellte sich zu der lachenden Gruppe.

»Mein Name ist Gerhard Roth. Ich grüße Sie«, begann der Mann sein Gespräch mit Falk Stein, nachdem sie in sein Büro gegangen waren. Sie gaben sich die Hand.

»Professor Roth?«, fragte Stein nach, obwohl er nun wusste wer da vor ihm stand.

»Ja, genau.«

Das Gespräch der beiden dauerte lange, zumal Roth einige Telefonate führen musste. Als sie später Steins Büro verließen, lächelte er zufrieden.

Da Stein nicht mehr zur Verfügung stand und sonst niemand zum aushorchen anwesend war, löste sich der Rummel relativ schnell auf. Zwar gab es noch zwei hartnäckige Reporter, die sich nicht so schnell abwimmeln ließen, aber schließlich zogen auch sie den Rückzug vor.
Nur einer stand etwas verstört am Eingang des Hauptgebäudes. »Sie… dahinten im Wald..«, sagte er mit zitternder Stimme und deutete in die Richtung. »Da ist… da ist ´ne Bestie.«

»Eine Bestie?«, fragte Stein scheinheilig und zog eine Augenbraue hoch.

»Ja, die hätte mich beinahe zerrissen. Bin grad noch Mal davongekommen.«

»Soso, und wo genau?«

»Da hinten…«

»Aha. Kommen Sie, Herr Professor, das müssen wir uns ansehen…«, grinste Stein und nahm den Mann am Arm.
Sie ließen den völlig aufgelösten und ratlosen Reporter einfach stehen.

Rick muckste sich diesmal nicht und so schreckten die Jungen hoch, als Stein mit dem Professor das Camp betrat. Zumal sie mit den leckeren Sachen beschäftigt waren, die Alexander ihnen zwischenzeitlich gebracht hatte. Zwar war sein Auto auf dem alten Wirtschaftsweg hinter dem Bachlauf stecken geblieben, aber damit hatte er hier in der Gegend schon Erfahrungen. Außerdem erfuhr er Unterstützung von Daniel, Raffael und Bernd, die mit dem Auto auf demselben Weg ans Camp gekommen waren.

»Darf ich euch vorstellen: Professor Roth. Erfinder und auch Besitzer der Camps dieser Art.«

Nico blieb das Essen im Halse stecken. Mit großen Augen betrachtete er den Mann neben Stein, von dem er schon soviel gehört hatte.

Der Professor gab jedem die Hand, dann setzte er sich völlig zwanglos zu ihnen. »Leider habe ich nicht viel Zeit, daher mache ich es kurz. Also, Herr Stein hat mir alles erzählt. Ich kenne nun jede Einzelheit und zuerst mein Dank für diese großartige Leistung. Sie haben Mut und Courage bewiesen. Dabei zählt nicht das Wort Alleingang, das ich in den Camps nicht gerne höre, sondern die Entschlossenheit mit der Sie die Sache angegangen sind. Man darf auch davon ausgehen, dass Sie Schlimmeres verhindert haben. Sicher bestand keine ernsthafte Gefahr für den Jungen nachdem Herrn Stein die Details bekannt geworden waren, aber das ändert nichts an der Tatsache, wie Sie als Gruppe reagiert und agiert haben.
Wie ich die Dinge sehe hat sich das, was Sie hier in wenigen Tagen geleistet haben, sehr positiv auf die Maßnahme insgesamt ausgewirkt. Nach Rücksprache mit Herr Stein finde ich es deshalb nicht notwendig, dass sie den Rest der Therapie durchführen müssen. Das gilt übrigens auch für die drei Herren, die das Camp bereits frühzeitig, wie und warum auch immer, verlassen hatten. Unsere Entscheidung lautet deshalb: Sie dürfen Morgen nach Hause fahren, mit entsprechenden Papieren natürlich. Ihre Eltern beziehungsweise Erziehungsberechtigte sind bereits benachrichtigt.«
Die offenen Münder der Jungen ignorierend, gab er ihnen erneut die Hand und verabschiedete sich. »Sie haben es sehr gemütlich hier«, sagte er noch, dann verschwand er mit Stein so schnell wie er gekommen war.
Der blieb noch einmal stehen und sah zurück. »Die Luft ist rein und …Alexander, du wirst gebraucht«, rief er, zwinkerte dabei und folgte dem Professor aus dem Camp hinaus.

»Ich träume«, sagte Mirko nur.

»Ja, kaum zu glauben. Ein sehr netter Mann«, fügte Klaus hinzu.

»Na Leute, was sagt ihr?« Erkan sprang auf und hüpfte auf der Stelle. »Juchhu. Nach Hause, nach Hause…«

Daniel, Raffael, Bernd, Klaus, Mirko, Lutz stimmten mit ein.

Nico und Stefan sahen sich an. Das kam überraschend, damit hatte im Grunde niemand rechnen können. Langsam gingen sie aufeinander zu.

»Tja, nichts mehr mit frieren und nass werden…«, sagte Stefan lächelnd.

Nico legte seinen Arm um ihn. »Komisch, ein paar Tage nur… und doch…« Sein Blick ging zu den Jungen, die sich echt ausgelassen freuten. Sicher war das eine angenehme Nachricht, aber etwas anderes wurde Nico plötzlich klar. Noch nie in seinem Leben konnte er sich so auf jemanden verlassen wie auf diese Jungs in der Zeit hier. Nacheinander betrachtete er die Gesichter, jedem konnte er eine kleine Geschichte zuordnen. Geschichtchen, die sich zu einer großen vereinigt hatten, zu einer, die keiner von ihnen mehr vergessen würde. War es eine schöne Zeit? Er konnte es nicht einordnen. Schön… der Begriff ist relativ. Der kleine Tobias ist in Sicherheit und bestimmt war es nicht nur ihr Verdienst, aber sie durften schon ein großes Stück von diesem Kuchen abhaben, das stand außer Zweifel. Die Zukunft war jetzt wichtig. Eine Zukunft aber, in der es fraglich war ob er je noch einmal einen solchen Zusammenhalt kennen lernen würde.

Er drückte Stefan fest an sich. »Komm, wir gehen duschen«, dabei drückte er ihm einen Kuss auf den Hals.

Es wurde eine wirkliche Duschorgie, während der man von der Müdigkeit der Jungen oder dergleichen nichts mehr spüren konnte. Sie waren von sämtlichen Diensten enthoben, lediglich einen Abschlussabend am Grillfeuer hatte Stein angeordnet. Dem hatte keiner etwas entgegenzusetzen, zumal ihnen auch das ausschlafen am anderen Morgen gewährt wurde. Abreise um die Mittagszeit, was ihnen genügend Zeit zum packen gab.

»Was ein Glück, dass wir uns nicht nur hier gegenseitig abseifen können«, schnurrte Stefan, als ihm Nico in gewohnter Manier den Schaum auf Rücken und Schultern verteilte.

»Oh ja, sonst wöllte ich sowieso nie mehr hier weg.«

Erkan trällerte unter der Dusche erneut dieses türkische Lied in den üblichen Misstönen, aber niemand störte sich daran.

»Es ist toll, dass ihr gekommen seid«, sagte Nico später, betrachtete Raffael durch den Spiegel an den Waschbecken und frottierte seine Haare.

Der Blick, der ihn dann traf, ließ ihn seine gute Laune fast vergessen.

Raffaels Blick war fast eisig. »Wegen dir oder deinem Lover bin ich sicher nicht wieder gekommen«, antwortete er giftig.

Nico schwieg, mehr gab es dazu nicht zu sagen. Er wollte noch erklären, dass er das auch gar nicht erwartet hätte, aber seinen Einsatz trotzdem Klasse fand. Einfach die Sache an sich, sonst nichts. Aber er ließ es bleiben. Raffael gehörte zu jenen Menschen, die sich niemals mit anderen Lebensformen beschäftigen würden. Schwulsein war für sie krankhaftes Verhalten, mehr nicht.
Nico wandte sich ab und bemerkte, dass Erkan sie beobachtet hatte.

Rasch stand er bei ihm. »Hat der was gewollt?«, flüsterte er und Nico bemerkte sofort dieses böse Funkeln in den schönen Augen.

»Nein, Erkan, nichts.«

»Glück gehabt«, fauchte er, mit einem verächtlichen Seitenblick zu Raffael, der dieses Gespräch offenbar gern gehört hätte. »Seine Hand scheint ja wieder zu funktionieren… was aber nicht heißen soll, dass ich…«

»Erkan, lass ihn. Sie fahren nach dem Grillen nach Hause, es macht keinen Sinn sich jetzt noch aufzuregen.«

»Gibt’s da was Besonderes?« Lutz hatte wie die anderen nichts von dem kleinen Zwischenfall bemerkt.

Erkan setzte das breiteste Lächeln auf, das die Jungen je bei ihm gesehen hatten. Spitzbübisch und vor allem einen Tick hinterhältig. Sofort umarmte er Lutz, der nur in seinem Slip gekleidet vor ihm stand, und ohne Vorwarnung drückte ihm Erkan einen Kuss auf die Wange. »Hach, mein Schatz, was bist du wieder so knuffig heute«, flötete er und setzte einen zweiten Kuss hinterher.

Lutz lief Augenblicklich knallrot an und fuhr sich über die geküsste Stelle. Seine Stimme versagte in dem Moment offensichtlich, sein »Hey Erkan« glich dann auch eher dem krächzen einer heiseren Krähe.

»Isser nich allerliebst?«, grinste Erkan breit und ergötzte sich an der völlig verdatterten Figur.

»Das ist ja ätzend«, hörten sie plötzlich mitten im allgemeinen Gelächter. Raffael stand unter der Tür und gaffte sie regelrecht an. »Ekelhaft.« Mit diesem verächtlich gesprochenen Wort verließ er den Waschraum und knallte die Tür zu.

»Oh oh, der hat wirklich Probleme«, seufzte Klaus. »Ich denke, den sehen wir zumindest heute nicht wieder.«

»Mir egal, Hauptsache wir haben unseren Spaß«, schloss Erkan diesen Zwischenfall ab. »Nich, mein Kleiner?« Und schon kniff er Lutz in die Brustwarze, leicht nur, aber es reichte um dem Jungen ein quieken zu entlocken.

»Ich….glaub« Erkan schnippte plötzlich mit den Fingern und zog eilig sein Hemd über.

Nico bekam, ebenso wie Lutz, die diese Geste zufällig mitbekommen hatten, große Augen. »Erkan, man könnte meinen, das war ein typischer Geistesblitz.«

»Jep, Herrschaften, so isses und ich werde jetzt mal schauen ob meine Idee zutrifft.«

»Welche Idee, wenn man fragen darf?«, wollte Stefan dann auch wissen und zog seinen Hosengürtel zu. »Ups, ich glaub, ich hab abgenommen – ein Loch enger…«

»Tja, das liegt an der Bewegung hier«, bemerkte Nico mit Blick auf Stefans Taille süffisant.

»Noch ein paar Tage hier und du kannst deine Hände darumlegen.«

»Hm, nicht schlecht. Ich steh auf Jungs mit Wespentaillen…«

Erkan schnürte seine Schuhe und ging dann zur Tür. »Also Leute, wenn ihr mich sucht, ich bin mal eben in unserem Bastelschuppen.«

Lutz knöpfte sein Hemd zu. »Bastelschuppen?«

»Ihr wisst schon. Bin gleich wieder da.«

Lutz’ Blick ging zu Nico und Stefan. »Moment, wir kommen mit.«

Zu viert verließen sie den Waschraum.

»Was willst du denn dort? Weiterarbeiten?«, wollte Stefan wissen, denn Erkan hüllte sich zunächst in Schweigen.

»Quatsch, so wild bin ich darauf auch nicht. Ich möchte einfach noch was abschließend wissen. Ich glaub, dann ist auch die letzte Ungereimtheit im Fall Tobias aus dem Weg. So ich recht habe, natürlich.«

Damit betraten sie den Schuppen. An der Decke hing nur eine lose in die Fassung gedrehte Glühbirne, so wurde es in dem Raum nicht wirklich hell als Erkan sie anknipste. Schnurstracks lief er zu dem alten Ofen und kniete sich vor ihn hin. Begleitet von dem bekannten Knarren öffnete er die Feuerklappe. »Nico, hast dein Handy dabei?«

Ohne Worte schaltete Nico die Lampe an seinem Handy an und reichte sie ihm unter den neugierigen Blicken der andern.

»Erinnert ihr euch? Hier hat Schneider diese Stofftasche versteckt. Wir haben uns ja immer gefragt warum und wieso ausrechnet hier.«
Ohne Rücksicht wühlte Erkan mit seinen Händen in dem Sägemehl herum. Kurz darauf hielt er inne und lächelte. »Tja, wofür solche Geistesblitze doch gut sind…« Dann zog er seine Hand heraus und befreite eine Ritterfigur vom Sägemehl. Andächtig betrachtete er das Spielzeug, dann reichte er es Nico und wühlte weiter. Bald hatte er Tobias’ ganzes Repertoire aus dem Ofen gezogen.
Fassungslos über diese Überraschung betrachteten die Jungen Figuren und kleine Autos.

»Okay, das hat Schneider da versteckt. Aber warum hier und wieso nicht samt der Stofftasche ?«

»Für mich gibt’s nur eine Erklärung, Lutz. Da hätte nun mal mit Sicherheit keiner nachgesehen und irgendwann, vielleicht sogar erst im Frühjahr, wenn die nächste Gruppe hier weitergearbeitet hätte, wäre der Ofen angezündet worden und ich kann mir denken, dass die Dinger hier eine Mordshitze produzieren. Es hätte vielleicht ein paar Minuten nach verbranntem Plastik gerochen, aber danach wäre nichts mehr davon übrig geblieben.«

»Spuren verwischen…«

»Klar. Wo immer er die Sachen auch versteckt hätte, irgendwann wären sie entdeckt worden. Und den Ofen konnte er ja nun nicht einfach mal so anzünden.«

»Hm… der Stoffhase war wohl zu groß…«, sinnierte Lutz und rieb sich am Kinn.

»Ja, vielleicht hat ihn sich Tobias auch nicht so einfach abnehmen lassen. Bei Schneiders Umzugsaktionen Grube – Bahnhof wird er ihn dann doch verloren haben. Da, wo wir ihn gefunden haben.«

Nico war in die Knie gegangen und betrachtete sich die Spielsachen. »Da wird sich einer aber freuen wenn er das wiederbekommt. Ich frage mich jetzt nur noch, wieso Schneider die Tasche nicht auch hier drin gelassen hat.«

Erkan klopfte das Sägemehl aus seinen Händen und stand auf. »Ich fürchte, das werden wir nicht rauskriegen. Fest steht, er hat sie da oben in der Halle liegen lassen. Warum, das muss er der Kripo erzählen.«

Nico steckte sich die Spielsachen in sämtliche Taschen die er hatte, dann steuerte er schnurstracks auf Steins Büro zu, um sie Rainer Bode abzuliefern.

Als die Jungen später zum Camp marschierten, sahen sie schon von weitem die Flammen. Alexander war offenbar schon eifrig zugange.

»Letzter Grillabend…«, seufzte Mirko.

»Tja, letzter Abend hier überhaupt«, ergänzte Daniel und blieb einen Augenblick stehen, als wolle er den Anblick des Feuers, der Situation überhaupt in sein Gedächtnis brennen. »Hab zwar nicht viel mitgekriegt hier, aber wenn’s nich so kalt wäre könnte ich mich glaub ich an das hier gewöhnen.«

Als sie näher kamen entdeckten sie auch Leo Meier, der sich wohl um den Aufbau des Büffets gekümmert hatte, das erst beim näher kommen sichtbar wurde.
»Hui, ´n Fässchen Bier seh ich auch grad…«

Klaus hatte seine Hände tief in den Taschen seiner Hose vergraben und kickte ein Steinchen vor seinem Fuß hin und her. »Standesgemäßer Abschied, Mirko.«

»Hm, mir kommt es so vor als würdest du… also nicht so gerne hier weg.«

»Ich weiß nicht.« Klaus blieb stehen und sah zurück, wo ihnen Erkan und Lutz sowie Nico und Stefan folgten. »Ich hab noch nie solche Freunde gehabt. Also ich meine solche, die es ehrlich meinen und nicht nur Scheiß im Kopf haben.«

Mirko nickte. »Da geht’s mir nicht viel anders.«

»Sag mal, was sollte das vorhin denn bedeuten? Ich dachte du vergewaltigst mich auch noch gleich.«

»Ah, Lutz. War nur ein Spaß. Ich freu mich halt. Sieh, ich komm zurück zu meiner Familie, in mein trautes Heim. Es ist ohne Zweifel ganz nett hier, vor allem ihr… ich mein die Jungs. Aber wenn ich die Wahl hab, dann doch die erstere.«

»Trotzdem, ich hab das Gefühl…« Lutz stockte und Erkan wusste warum. An dieser Stelle die richtigen Worte zu finden war nicht einfach.

»Sag’s ruhig. Aber wenn du damit meinst, dass ich dich ein bisschen gern hab, ja, das stimmt. Ich mag dich. Ist halt so. Ich mein, mach dir nichts draus. Eine Nacht musst du noch mit mir teilen, dann bist mich los.«

In der Dunkelheit konnte Erkan nicht sehen, dass Lutz erneut rot anlief. »Schön hast das gesagt. Aber…… vielleicht… na ja, es macht mir nichts aus mit dir noch ´ne Nacht zu verbringen.«

Erkan strahlte. Hoffnungen brauchte er sich nicht zu machen, aber wenigstens war er nicht auf Ablehnung gestoßen. Vorsichtig legte er freundschaftlich seinen Arm um Lutz’ Schulter.

»Hey, guck mal die da vorne.«

»Tja, unser Erkan. Dieser Türke… von dem kann man noch was lernen. Der baggert bis das Loch groß genug ist und schwupps… landen seine Opfer drin…« Nico lachte. »Aber das ist nur ´ne ganz dicke Freundschaft.«

»Sicher?«

»Wenn nicht, sei es ihnen gegönnt. Lutz ist ein feiner Typ…«

Nico schwieg, als er Stefans Seitenblick spürte.

Die Jungen pflanzten sich auf die Plätze auf den Baumstämmen und wärmten sich an den prasselnden Flammen. Leo Meier mischte sich unter die Schar und erzählte einige Anekdoten aus dem Camp.
Erst als der Bratenduft der Steaks in den ruhigen Nachthimmel stieg und das erste Fässchen Bier sein Leben ausgehaucht hatte, tauchten Falk Stein und Rainer Bode auf, gefolgt von Rick.

»Tschuldigt, aber da war noch einiges an Papierkram«, begrüßte Stein die Jungen, die ganz nah am Feuer saßen und offensichtlich zufriedene Gesichter machten. Dennoch, sofort spürte er die Blicke, die sich auf ihn richteten. Es waren nicht die Blicke, wie er sie gelegentlich bei der Ausführung seines Berufs erfuhr, die waren ihm bestens vertraut. Die hier waren anders und er versuchte sie zu deuten. Während sich Bode zu den Jungen auf einen der Baumstämme setzte, blieb er stehen und betrachtete sich jeden einzelnen. Vier Einheiten hatte er im Jahr und sein Beruf machte ihm Spaß, vom ersten Tag an. Es war viel passiert seit dem ersten Mal, sehr viel. Hatte er es sich leichter vorgestellt? Im Nachhinein musste er sich eingestehen, dass es viel schwerer war. Wie viele der Jungs mussten vorzeitig gehen? Zehn, Zwanzig? Er dachte nicht weiter darüber nach. Rüffel bekam er schon mal von oben, wenn sich Eltern über sein angeblich zu hartes Vorgehen beschwerten, aber das hatte nie irgendwelche Folgen. Nachdem er heute jenen Mann kennen gelernt hatte, über dessen Schreibtisch die Beschwerden gingen, dann wunderte es ihn nicht. Professor Roth würde eher zwischen den Zeilen lesen und sich seine ureigene Meinung über die Art und Weise der Erziehungsmethoden in den Camps bilden.
Ob Stein selbst ein guter Betreuer war wusste er nicht, nie hatte ihm jemand ein positives Feedback gegeben. Aber das störte ihn nicht, denn nur der Erfolg zählte. Der lag zwar nur statistisch vor, wies aber gute Ergebnisse aus. Was hier jedoch vor ihm saß, das war bisher einmalig und das musste er sich ohne Zugeständnisse eingestehen. Von ihm kam auch der Vorschlag, die Jungs vom Rest der Therapie zu befreien und Roth hatte dem ohne Wenn und Aber zugestimmt.
Die Sache mit Jörg Schneider würde auch für Chip Rademann keine negativen Auswirkungen haben, bescheinigte der Professor schon im Vorfeld. Der Anruf von Nicos Vater über Schneiders Vergangenheit hatte ihn hellhörig werden lassen und der stand von da an mit Stein in loser Verbindung. „Sie haben das Zeug zu Höherem“, hatte Roth dann im Büro zu ihm gesagt. „Kommen Sie nach Köln, Sie werden es nicht bereuen.“ Er ließ Stein Bedenkzeit, vor Ende dem kommenden oder sogar dem Jahr darauf war der Posten eh noch nicht eingerichtet. „Es gibt noch mehr Leute, die können das hier auch. Niemand ist unersetzlich“, hatte Roth beim Abschied gesagt.
Stein schluckte einen Moment, da er sich ein Leben, das nicht hier und nicht so stattfand, nicht vorstellen konnte.

»Hallo Herr Stein, N´abend Rainer«, gab Nico als erster von sich und unterbrach damit Steins Gedankengänge. Nico hatte sich Sekunden zuvor entschlossen, Bode nicht mehr mit Nachnamen anzureden. Er würde eh nie wieder hierher zurückkommen, das stand für ihn fest. Auch die anderen begrüßten die beiden anschließend.

Der Abend verlief so ganz anders als vor kurzem, wo niemand etwas mit sich anzufangen wusste. Es wurde durcheinander geredet, gelacht, geulkt. Das zweite Fass Bier sorgte für die richtige Stimmung, bis Nico sich sogar dazu hinreißen ließ, die Szene mit dem armen Reporter und Rick nachzustellen. Weit hallte das Lachen der Gruppe in den Wald hinaus und es wurde spät in der Nacht, bis die letzte Stimme müde erstarb.

»Ich fand’s schön, wie sich alle bei den Betreuern entschuldigt haben«, sinnierte Stefan, nachdem er sich in Nicos Arme gekuschelt hatte. Sie waren als letzte gegangen, da sich Nico noch lange mit Stein unterhalten hatte und nun lagen sie in ihrem Zelt, eingemummt in ihre Schlafstätte. Durch den langen, mehr als anstrengenden Tag waren sie von den paar Glas Bier leicht angeheitert. »Was habt ihr eigentlich so lange zu reden gehabt, du und Stein?«, wollte Stefan dann wissen.

»Ach, dies und das.«

»Oh, doch so spannend?«, flachste Stefan.

»Ja, war spannend. Übers Wetter und so. Stein interessiert sich ja für fast alles.«

Stefan spielte in Nicos Haaren. »Du, ich glaub ich bin zu müde für…«

Nico brummte und kuschelte sich noch weiter in Stefans Arme. »Ich auch. Aber wir haben alle Zeit der Welt dafür… schon bald.«
Als Nico die Augen schloss, zog der Tag noch einmal an seinem geistigen Auge vorbei. Über allem schwebte das Bild, als die Vier mit dem kleinen Tobias aus dem Nebel auftauchten, dieses Lächeln, die Fahrt auf dem Boden mit dem Feuerwehrauto – und die schrecklichen Fotos aus Schneiders Computer. Mir der Gewissheit, dass wenigstens einer dieser Verbrecher hinter Schloss und Riegel landen würde, schlief er schließlich ein.

Stefan wachte früh auf. Es war noch fast dunkel draußen, aber er konnte nicht mehr einschlafen. Vorsichtig befreite er sich aus Nicos Arm, der über seiner Brust lag und setzte sich auf.

»Nico?«

»Hmm«, brummte es als Antwort.

»Lass uns aufstehen.«

»Warum? Es ist doch noch Nacht«,grummelte Nico nachdem er kurz seine Augen geöffnet hatte.

»Ich… ich möchte mich verabschieden.«

Jetzt schlug Nico die Augen auf. »Verabschieden? Von wem denn?«

»Komm, du musst mit.«

»Wohin? Stefan, lass uns noch schlafen, wir haben Zeit und…«

»Nun komm schon, bitte. Es dauert auch nicht lange.«

»Ich denke, du willst dich verabschieden.«

»Ja, aber du auch.«

Nico drehte sich noch einmal um, dann gab er schließlich dem Drängen seines Freundes nach und schlug den Schlafsack zurück. »Also gut, wenn du meinst.«

Sie zogen sich an, wobei kein Wort fiel. Nico wusste, bohren nutzte bei Stefan nichts und so völlig ohne Grund würde er nicht fast in der Nacht so eine Aktion starten. Erst als sie angezogen waren, fiel Nico ein was Stefan gemeint haben könnte. Es gab tatsächlich noch jemanden, dem sie auf Wiedersehen sagen mussten.

Vorsichtig zog Stefan den Reißverschluss des Zeltes auf. »Hoppla«, entfuhr es ihm leise, als er Rick auf dem kleinen Platz liegen sah. Müde hob der Husky den Kopf und sein Schwanz klopfte leicht auf den Boden. »Wache halten… Schön von dir, Rick. Bist ´n braver Hund.«

Der Husky stand auf, lief zu Stefan, schlüpfte an ihm vorbei ins Zelt und leckte Nico ohne besondere Vorwarnung übers Gesicht. »Bäh«, hörte Stefan nur, dann kroch Nico sehr schnell neben ihn und streckte, durch diese Aktion vollständig wach geworden, seinen Kopf aus dem Zelt. Tief sog er die kühle, würzige Morgenluft ein. Es würde ein schöner Tag werden, nachdem die Sonne den dichten Frühnebel verjagt hatte.

Leise stahlen sich die beiden, von Rick begleitet, aus dem Camp.

Nico setzte sich langsam neben Stefan in das Gras und legte seinen Arm um seine Schulter. Ganz eng rückten sie zusammen und starr hefteten sich ihre Blicke auf das schlichte Holzkreuz. Stefan legte seinen Arm um Nicos Hüfte und lehnte seinen Kopf an seine Schulter. »Das hat Erkan schön hingekriegt.«

»Ja, er hat es mit Liebe gemacht. Und doch… eines Tages ist es weg, einfach fort, weil es sich die Natur zurückholt. So wie uns irgendwann.« Nico machte eine lange, nachdenkliche Pause. »Ob Manuel auch hier gewesen wäre, ich meine, hier bei uns in der Gruppe?«

Stefan lächelte. »Wieso gewesen wäre? Er war doch hier. Die ganze Zeit.«

Nico blickte zur Seite, direkt in Stefans Augen. »Wie meinst du das: Er war hier?«

»Ich denke, er hat uns zusammengerufen.«

»Was?«

»Ja. Überleg doch. Wie viele Zufälle sollte es denn noch geben? Wir, seine besten Freunde, kommen ausgerechnet hier wieder zusammen. Es gibt viele solcher Camps und es gibt viele Termine im Jahr. Aber wir kamen hierher, alle zur selben Zeit.«

»Stefan, worauf willst du hinaus?«

»Ich meine, dass ein Schutzengel nicht alles alleine machen muss. Er wird sicher die Wahl haben sich jemanden zu suchen wenn er alleine es nicht schafft.«

Langsam wanderte Nicos Blick über den freien Platz, über die Baumwipfel zum Horizont, wo sich die aufgehende Sonne mühsam durch den Nebel kämpfte und den Himmel blutrot einfärbte. »Du meinst, Manuel ist so was wie der Schutzengel des kleinen Tobias…?«

»Ich könnt es mir gut vorstellen. Und wenn es so ist, dann war sein Tod nicht unnötig.«

Nico zupfte Gedankenversunken an einem Grashalm. »Dann würde aber strahlender Sonnenschein passen zu diesem Tag. Kein grauer, kalter Nebel so wie jetzt, meinst du nicht?«

»Das ist Manuels Botschaft. Tobias war nicht der einzige der Hilfe braucht, es gibt so viele von ihnen… Und sie sind umgeben von kaltem, grauem Nebel. Keine Sonne, keine Wärme. Sie sind allein da draußen, völlig hilflos und niemand bemerkt es, verstehst du? Eingesperrt, gequält, gefoltert. Keine Sonne kann sie fröhlich machen, ihr Lachen ist verstummt. Und solange wir davor Augen und Ohren verschließen, solange wird es damit kein Ende haben. Das will er uns und dem Rest der Menschheit damit sagen.«

Nico spitzte die Lippen und blies eine feine Hauchwolke hinaus. »Ja, zu viele Herzen sind kalt und erbarmungslos.«

»Wir alle können helfen, Nico, jeder. Und wenn nicht alleine, dann zusammen. Manuel hat uns gezeigt dass es funktioniert. Wir sollten ihm dankbar sein.«

»Ja, das sollten wir wirklich.«

Stefan stand auf und zog Nico an den Händen vom Boden hoch. »Komm, lass uns gehen. Ich glaube, wir haben unsere Aufgabe erfüllt.«

Fest umarmt gingen sie langsam zurück, drehten sich noch einmal um und blickten auf Manuels Kreuz, das ihnen nun fast wie ein Mahnmal vorkam. Ein Strahl der aufgehenden Sonne traf für einen Moment die Stelle und es schien, als würde das Kreuz kurz aufleuchten. Dann kehrte das graue, düstere Zwielicht zurück.

Die beiden Freunde verließen langsam jenen Ort, der für sie Schicksal, Hoffnung und Neuanfang zugleich geworden war.

Rick saß noch eine Weile vor Manuels Kreuz und es schien, als wolle er versuchen den Namen darauf zu lesen. Unschlüssig stand er schließlich auf, trottete einige Schritte, blieb stehen und drehte sich noch einmal um. Ein letzter Blick, dann folgte er den beiden Jungen in den Wald.

Im nebligen Morgenlicht flogen krächzend ein paar Krähen aus ihren Schlafbäumen auf und schaukelten noch müde über den Wald, dann legte sich Ruhe über den Platz. Es war keine bedrückende, beklemmende Stille. Es war die Stille der Zufriedenheit.

** ENDE **

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