Die Hütte am Torfmoor – Teil 6

Rocky

Mit schnellerem Herzschlag drehte er das Gas wieder auf. Er durfte nur jetzt nirgends abbiegen, dann müsste er schließlich irgendwann beim Dorf ankommen.
Aber das Dorf kam nicht. Marios Arme schmerzten durch das verkrampfte Festhalten, rasch setzte die Dämmerung ein. Er war froh, dass der Tank nicht leer geworden war, aber nun dürfte es nicht mehr lange dauern. Er schaltete das Licht ein und musste dann langsamer fahren, um den Löchern auf dem Weg ausweichen zu können.
Plötzlich sah er im Augenwinkel ein Licht in der Heide. Es blitze kurz auf, dann war es verschwunden. Mario bremste scharf ab und steuerte ohne Überlegung in die Richtung, woher das Licht gekommen war. Jetzt kam er nur noch im Schritttempo voran, mühsam lenkte er um Büsche und Löcher herum.
Dann sah er die kleine, verfallene Hütte. Er hatte die Gruben gefunden. Mario ließ das Moped fallen und rannte zu der Hütte hinüber. Dabei vergaß er die Moorlöcher nicht, denn sie konnten ihm jetzt gefährlich werden.
Es ärgerte ihn, dass es bereits zu dunkel geworden war, um in der Hütte etwas zu sehen. Dabei wusste er nicht einmal, was genau er hier suchte. Felix..?
Vorsichtig betrat er die Hütte. Es roch wie damals nach Moder und es war gespenstisch still. Das Licht von vorhin beschäftigte ihn. Wer war so spät außer ihm noch hier draußen und warum?
Erschöpft ließ er sich in den Sand auf die Knie fallen. Nach Hause würde er jetzt nicht mehr finden, und hier würde auch niemand nach ihm suchen.
Mario holte die Tasche und bereitete sich ein karges, aber ausreichendes Abendbrot. Nach einer halben Stunde lehnte er sich an einen Balken, und wenige Minuten später schlief er ein.
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Die aufgehende Sonne weckte ihn.
Noch leicht benommen stand er auf und ging in die Hütte hinein. Ein kurzer Blick reichte ihm, hier war nichts und niemand.
Ein Schauer lief seinen Rücken hinunter, als er zu der Stelle sah, wo sie sich zum ersten Mal geküsst hatten. Hier, an diesem Ort, hatte ihre Liebe den Anfang genommen. Er spürte den Druck in seinen Augen.
Eilig verließ er die Hütte und lief zu dem Moped. Vielleicht hatte sich inzwischen alles aufgeklärt; seine Tante war da, seine Eltern… Und Felix sicher auch. Es konnte überhaupt nicht anders sein.
Er fuhr zur Kreuzung zurück und nahm einen der Wege. Dann tauchte von weitem das Haus seiner Tante auf, einige hundert Meter davor stotterte das Gefährt und ging aus.
Den Rest des Weges schob er das Moped, erkannte den Rolls seiner Tante und auch das Auto seiner Eltern. Sie mussten die ganze Nacht durchgefahren sein.
Er blieb eine Weile vor der Tür stehen, dann sah an sich herab. Seine Kleider waren durch und durch schmutzig, er wagte es nicht, sich sein übriges Aussehen vorzustellen. Aber es war nun egal, was konnte die Katastrophe noch schlimmer machen, als sie ohnehin war? Er läutete.
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Kurz nachdem Mario über dem ersten Hügel der Torfgruben verschwunden war, tauchte aus der anderen Richtung ein Fahrrad auf. Der Eigentümer strampelte kräftig, der Gepäckkorb schepperte bei jeder Unebenheit.
Dann lehnte der Fahrer das Rad an die Hütte, nahm den Gepäckkorb herunter und ging hinein.
Felix blinzelte, als Licht auf ihn fiel, sein Kiefer schmerzte unsäglich. Er wollte sich bewegen, aber stramme Fesseln hielten seine Arme auf dem Rücken zusammen. Seine Augen weiteten sich, als er den Knebel aus Klebestreifen an seinem Mund spürte.
Jemand stieg hinunter zu ihm und Felix erkannte Rocky sofort. Dessen Gesicht machte einen besorgten Eindruck.
»Hallo Felix. Wie geht es dir? Ach so, Moment, du kannst ja nicht sprechen.«
Behäbig kam er auf Felix zu und mit einem Ruck riss er das Klebeband von seinem Mund herunter.
Der Schmerz fuhr Felix durch alle Glieder und er schrie kurz auf.
Sie sahen sich einige Sekunden wortlos an.
»Gott, Felix, das tut mir alles so Leid, wirklich.«
Felix versuchte sich zu erinnern, wie er hierher gekommen war. Aber sein Erinnerungsvermögen hatte anscheinend Löcher.
»Wo bin ich? Was soll das?«
»Langsam, mein Lieber, schön langsam. Ich hab dir erst mal was zum Essen mitgebracht. Schließlich sollst du es ja gut bei mir haben, nicht wahr?« Rockys Stimme klang ruhig und gelassen, keine Spur der Aufregung.
Felix wurde laut. »Vergiss das. Warum bin ich hier? Und warum hast du mich gefesselt? Bist du verrückt? Mach mich sofort los oder…« Kräftig zerrte er an dem Strick um seine Handgelenke, aber der gab keinen Millimeter nach. Jetzt erst stellte er fest, dass auch seine Beine gefesselt waren. Er lag auf der Erde, seine Kleider und der Boden unter ihm war feucht und es roch nach Moder.
»Rocky, mach keinen Scheiß. Bind mich sofort los.«
»Aber, aber. Wer wird denn gleich so zornig?«
Rocky kam näher, breitete ein Handtuch vor ihm aus und darauf die mitgebrachten Lebensmittel. Dann stopfte er eine Kerze in den weichen Boden und zündete sie an.
Rasch sah Felix sich um. Der Ort war etwa sechs mal drei Meter und vielleicht einssiebzig hoch, denn Rocky musste sich bücken. Den Einstieg bildete ein metergroßes Loch an der Wand in der Decke. Felix erkannte die Grube wieder, als er die verrosteten Steigbügel in der Wand sah. An sie konnte er sich genau erinnern.
»Hier, frischer Kaffee.«
»Hau ab mit deinem Kram, ich will das nicht. Also, was soll das alles? Und wo zum Teufel bin ich hier?«
Rockys Augen verkleinerten sich. »Hör mal, mein Lieber, du solltest höflicher zu mir sein. Du bist an einem sehr sicheren Ort, niemand wird dich hier finden oder hören. Nur ich, ich bin derjenige, der alles weiß… Deswegen solltest du artig sein.«
Felix spürte, dass es Rocky ernst meinte. Er kannte ihn; nicht sehr gut, aber was er von ihm wusste, reichte. Rocky war immer ein Außenseiter, nicht sonderlich hell im Kopf. Aber eine innere Stimme warnte ihn, Rocky nicht zu unterschätzen, denn er konnte brutal sein. Das hatte er bei einigen Schlägereien in der Schule unter Beweis gestellt.
Trotzdem stieg Zorn in ihm auf. »Und was… was willst du von mir, zum Teufel?« rief er barsch.
»Dich. Ich will dich, sonst weiter nichts. Aber davon später mehr.« Rocky grinste hämisch und in seinen Augen leuchtete ein merkwürdiges Blitzen auf, das auch im schwachen Licht der Kerze zu erkennen war.
»Warte, ich bind dich los. Aber benimm dich, hörst du?«
Rocky nahm ihm die Fesseln ab und Felix rieb sich sein schmerzendes Kinn.
Als Felix eine unbedachte Bewegung machte, sah er vor seinen Augen ein riesiges Fleischermesser.
»Du solltest jetzt auf keine dummen Gedanken kommen, Felix. Ich denke, dass dir dieses Argument…« er fuchtelte mit dem Messer erschreckend nah an Felix’ Augen herum »… ausreichen wird!«
Er versuchte sich zu beruhigen, seine Chance würde kommen. Rocky war kräftiger als er, aber auch leicht behäbig, gelegentlich sogar träge. Er erinnerte sich an ihre gemeinsamen Sportstunden. Dieses Wissen durfte er nicht aus den Augen verlieren.
Da er jetzt mehr Bewegungsfreiheit hatte und im Augenblick offenbar keine Gefahr im Verzug war, setzte er sich im Schneidersitz vor das Handtuch. Felix zwang sich, an nichts Bedrohliches zu denken.
Rocky saß ihm so gegenüber, dass ein Angriff praktisch nicht möglich war. Der Abstand zu ihm war zu groß, zudem hielt Rocky das Messer ständig in der Hand.
»Greif zu, mein Freund, der Appetit kommt beim Essen.«
Obwohl Felix keinen Hunger verspürte, kaute er auf dem Brötchen und nahm einen großen Schluck Kaffee. Er musste an Mario denken. Irgendwann würde dieser Zauber vorbei sein und mit diesem Wissen im Hinterkopf, begann er langsam die Hintergründe zu erfragen.
»So, nun sag mal was das soll. Warum hältst du mich hier fest? Und wie bin ich hierher gekommen?«
Rocky begann mit der Messerspitze auf dem Boden zu kratzen. Er schien nach Worten zu suchen.
»Na?« drängte Felix.
»Ich… ich habe das nicht gewollt, ehrlich. Aber es kam so blöd…«
»Was kam blöd?«
»Also, du hast dein Moped geschoben, in der Sturmnacht. Du wolltest nach Hause, diesem schrecklichen Mario hinterherlaufen.«
Felix begann sich zu erinnern. Mario war vorausgegangen, obwohl er ihn gewarnt hatte. Er grinste.
»Wieso schrecklich? Was meinst du damit?«
»Er ist nichts für dich. Er ist ein Stadtmensch, stimmt’s? Ich hab das sofort gesehen auf der Party.«
»Ja und? Das ist doch kein Verbrechen.«
»Doch. Wenn so ein Typ hier auftaucht und sich wichtig macht, dann schon.«
Felix musste nun lachen. »Wichtig machen? Sag mal, ansonsten geht es dir aber gut…«
Schnell hatte Rocky das Messer wieder angehoben. »Überleg dir, was du sagst.«
»Schon gut.« Felix machte eine beschwichtigende Handbewegung.
Er trank von dem Kaffee. »Und, wie geht es jetzt weiter? Was hast du vor? Willst du mich ein Leben lang hier einsperren? Dann wüsste ich nur noch gerne, warum.«
Rocky sprang auf, stieß sich dabei den Kopf an der Decke. »Wieso, wieso… Lauter Fragen. Du gehörst mir, mir alleine, ich hab’s dir schon mal gesagt. Ich liebe dich doch so, und niemand anderer soll dich haben. Kapierst du das eigentlich nicht?«
Felix begriff nur langsam. »Was heißt, du liebst mich?«
»Ich wiederhole mich ungern, Felix. Seit ich dich kenne, gehst du mir nicht mehr aus dem Kopf.«
Er setzte sich wieder und riss ein Brötchen entzwei.
»Weißt du wie das ist, wenn man einschlafen will und jemand geht dir absolut nicht aus dem Kopf? Wenn man aufwacht, neben sich langt und da ist niemand obwohl man sicher ist, da lag vorher noch jemand? Weil man das bis in Detail so geträumt hat? Jede Nacht? Weißt du das?« Die letzte Frage war laut und eindringlich.
Felix sah zu Boden. Er begann seine Meinung Rocky gegenüber zu ändern. Ein Psychopath, der durchgedreht war. Gefährlich werden konnte es jetzt doch, solche Menschen sind absolut unberechenbar.
»Ja und, wie kam ich hierher?« lenkte er ab.
Rocky wurde wieder ruhiger.
»Ich hab dich gefragt, ob ich dich begleiten darf. Weil es doch so gefährlich ist, bei Nacht in der Heide. Aber du hast gesagt, ich soll mich um meine Sachen kümmern.«
Daran konnte sich Felix nicht mehr erinnern, aber diese Aussage dürfte der absoluten Wahrheit entsprechen.
»Und dann?«
»Ich habe gebettelt, hab gesagt, ich möchte dich doch nur bis hinter die Allee begleiten. Aber du hast immer wieder nein gesagt. Dabei warst du so schön an diesem Abend. So herrlich sahst du aus mit den nassen Haaren, und dein nasses T-Shirt gab soviel frei von deiner herrlichen Figur…«
Felix schluckte. Fremd waren ihm solche Worte nicht, aber sie passten sicher nicht für einen Irren wie Rocky. Er wurde verlegen.
Rocky erzählte weiter. »Dann hast du plötzlich gedroht mir eine zu langen, wenn ich nicht verschwinden würde.«
Auch das dürfte sich Rocky nicht zusammengereimt haben, dachte Felix.
»Da hab ich gesagt, tu es doch, hau mich. Ich habe nicht geglaubt, dass du es wagen würdest.«
»Und ich habe dich schlagen wollen, richtig?«
»Ja, aber ich war schneller.« Er riss die Arme hoch und verbesserte sich. »Nein, nein, nicht schneller. Ich habe doch bloß verhindern wollen, dass du mich schlägst, aber es war fast dunkel, ich konnte nicht sehen… und plötzlich fielst du hin. Direkt vor mich.«
Felix bemerkte, wie Rocky diese Geschichte aufregte. Er begann ihm zu glauben, dass er es nicht wirklich wollte.
»Hast du mal eine Zigarette?« fragte er.
»Oh, entschuldige, ich vergaß… Hier, die habe ich extra für dich gekauft. Deine Marke, oder?«
Felix nickte nur und fing die Schachtel. Er riss sie förmlich auf, nahm eine Zigarette heraus und stellte fest, dass sein Feuerzug noch in der Hosentasche steckte. Wo hatte Rocky das Handy hin? Felix fragte ihn.
»So was brauchst du hier nicht. Also, ja… und als du da… als du so vor mir lagst, wie wenn du schlafen würdest… Aber der schreckliche Regen, du warst ganz nass überall… Da habe ich gedacht, du wärst… Naja, ich dachte, dir wäre da was Schlimmes passiert.«
Er holte Luft, wurde immer aufgeregter. »Da habe ich dich aufgehoben und auf das Moped gesetzt.«
»Und mich dann bis hierher gebracht?«
Felix kannte die Entfernung von der Ortschaft hierher. Es waren übernatürliche Kräfte nötig, um das zu tun, was Rocky ihm anscheinend weis machen wollte.
»Ja, es hat lange gedauert, und dann das schreckliche Wetter..«
»Rocky, ich muss mal ganz dringend…« unterbrach Felix den Redefluss.
»Oh, kein Problem. Sieh mal da hinten in die Ecke. Den Topf kannst du nehmen.«
Felix blickte ungläubig zu einer alten Waschschüssel. »Dort?«
»Ja, klar, dort.«
Felix wusste, dass Protest nichts brachte. Er kroch auf allen Vieren in die Ecke, ging in die Knie und öffnete seinen Reißverschluss. So sehr es ihn auch drängte, mit Rockys Blick im Rücken fürchtete er, keinen Tropfen loszuwerden. Zwanghaft dachte er an etwas anderes und schließlich gelang es ihm.
»Wieso, Rocky, hast du mich nicht in die Kneipe gebracht? Das waren keine hundert Meter« fragte er, nachdem er zu seinem Platz zurückgekrochen war.
»Ich dachte, endlich habe ich dich – für mich, ganz allein.«
»Und alles… weil du glaubst mich zu lieben?«
In Rockys Augen blitzte es gefährlich auf.
»Ich glaube das nicht. Ich weiß es.«
Felix vergaß zu kauen, als er Rockys Gesichtsausdruck sah. Ein fast trauriger, hoffnungsloser Blick schlug ihm plötzlich entgegen.
»Und, wie ist es dazu gekommen? Ich meine, dass du meinst… also dass du weißt…«
»Ach, das ist eine so lange Geschichte..«
Felix lehnte sich auf seine Arme und starrte Rocky an. Er musste darauf achten, nicht nervös zu wirken, daraus könnte Rocky möglicherweise falsche Schlüsse ziehen.
»Gut, das mag sein. Warum erzählst du sie mir nicht? Viel Zeit hast du nicht, glaub mir, man wird uns finden und dann…«
Rocky riss das Messer hoch und schrie:
»Niemals, hörst du? Niemals wird hier jemand herkommen und dich mir wegnehmen.«
Felix musste seine Karten auf einem anderen Gebiet ausspielen. Rocky war anscheinend sehr empfindlich geworden, eine Eigenschaft, die er an ihm so nicht kannte. Er musste Rockys Vertrauen gewinnen.
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Gerda öffnete die Tür und schlug die Hände vor das Gesicht.
»Mario, meine Güte, endlich bist du da. Wir haben uns schon große Sorgen gemacht.«
Mario zog die Schultern hoch und ging an ihr vorbei ins Haus. Er schluckte, als er das Wohnzimmer betrat: So musste man sich fühlen, wenn man in einen Gerichtssaal geführt wurde; allerdings war es dort wohl üblich, einen Anwalt zur Seite zu haben..
Er fühlte sich elend, als sich alle Blicke auf ihn richteten. In seinem Kopf drehten sich die Ereignisse der letzten Tage und er wartete auf die ersten Fragen.
Aber die kamen nicht. Abwechselnd sah er seine Tante und dann die Eltern an.
Seine Mutter kam auf ihn zu und nahm ihn aufrichtig in die Arme. Sie drückte ihn an sich und flüsterte fast unhörbar:
»Dein Vater hat es mir gesagt, aber das ist unwichtig. Jetzt und in Zukunft.«
Ihre Worte beruhigten ihn. Was immer seine Tante nun zu sagen hatte – vermutlich war das sowieso bereits geschehen – er bräuchte sich vor nichts zu fürchten. Tante Margot saß behäbig in einem der Sessel und sah ihn fast feindselig an. Sein Verdacht, der Krach war schon gelaufen, schien sich zu bestätigen. Er würde irgendwann erfahren, was sich hier abgespielt hatte und er war auch neugierig darauf.
»Geh erst mal unter die Dusche, mein Junge. Dann können wir immer noch reden« sagte seine Mutter.
Reden? Was gab es da zu reden? Höchstens über Felix’ Verschwinden. Mario stürzte zum Telefon und wählte Felix’ Handynummer. Er dachte nicht daran seine Tante vorher zu fragen, solche Dinge waren jetzt unwichtig. Felix nahm nicht ab.
»Ich muss mit Felix’ Vater sprechen« sagte er während er dessen Nummer im Telefonbuch suchte. Noch immer sagte seine Tante nichts, beobachtete aber jede seiner Bewegungen.
»Hier.« Gerda hielt ihm eine Tasse Tee hin. Sie war die Seele von einem Menschen und er würde sich Zeit nehmen, ihr das in aller Deutlichkeit zu sagen, sobald all das hier vorbei war.
»Herr Heiser? Hier ist Mario. Ich suche Felix, ist er vielleicht zu Hause?«
Kurz erzählte er, was vorgefallen war. Dabei drehte er sich zum Fenster und sprach so leise, wie es möglich war.
Nachdenklich legte er danach auf.
»Felix ist auch nicht zu Hause. Sein Vater kommt gleich.« Er sah dabei zu seiner Tante hinüber und glaubte ein leichtes Zucken in ihren Mundwinkeln gesehen zu haben.
Nur wenig später läutete es und Bernd Heiser betrat die Wohnung. Sichtlich nervös grüßte er kurz und stellte sich in den Raum.
»Nun, was ist mit Felix?«
Da niemand außer Mario genaues wusste, ging er auf Heiser zu.
»Ich weiß es nicht. Er geht nicht ans Handy und ich habe schon überall nach ihm gesucht. Er ist seit gestern Abend wie vom Erdboden verschwunden.«
»Wo und wann hast du ihn das letzte Mal gesehen?«
Mario nahm Heiser am Arm. »Kommen Sie mit, ich erzähle Ihnen das alles noch einmal ganz genau.«
Sie setzten sich auf die Terrasse und Mario versuchte nichts, was in diesen beiden Tagen geschehen war, auszulassen. Er wusste, dass er Bernd Heiser die ganze Wahrheit sagen musste. Alles. Und es war ihm wichtig dies zu tun, denn ohne ihre Zuneigung ins Spiel zu bringen, würde die ganze Geschichte irgendwie unglaubwürdig.
»Du erzählst mir hier etwas von sehr gern haben… von, von Übernachtungen in einem Bett, Nacktbaden..«
»Ja, das hab ich. Und es liegt daran, dass wir beide uns nicht nur mögen. Es ist einfach mehr, verstehen Sie?«
Heiser rieb sich nachdenklich das Kinn und seine fragenden Blicke irritierten Mario zunehmend.
»Im Grunde verstehe ich nichts, nun ja, sagen wir mal – fast nichts. Was bedeutet das alles?«
»Wir lieben uns. Das heißt es.«
Bernd Heiser schien nicht sonderlich überrascht. Er vergewisserte sich, dass ihnen niemand zuhörte und beugte sich zu Mario hinüber.
»Ich finde es toll von dir, dass du so ehrlich bist. Ich weiß, dass er auf Jungs steht. Er hat es mir nicht gesagt, aber er hat dafür gesorgt, dass ich es mitkriege. Und da ist noch etwas, was du wissen musst…«
»Dass Felix vielleicht mein Cousin ist.«
Heiser starrte ihn an. »Woher weißt du.. ?«
»Gerda hat es mir gesagt. Schimpfen Sie nicht mit ihr, ich habe es ihr förmlich aus der Nase gezogen« log er. »Aber sagen Sie, ist er es wirklich? Ich meine, genau weiß es ja scheinbar niemand.«
Heiser sah ihn an und das sehr nachdenklich. Er rieb sich erneut sein Kinn, dann sah er Mario in die Augen. »Ja, es stimmt. Felix ist mein richtiger Sohn. Ich bereue heute, dass ich mich damals zu diesem Spiel habe hinreißen lassen, aber das Gerede wäre unerträglich gewesen. Aber nun, es macht keinen Unterschied. Felix weiß es nicht – und ich möchte, dass das so bleibt. Seinetwillen.«
»Sie haben Ihren eigenen Sohn adoptiert, und alles wegen meiner Tante?«
»Nicht nur. Es ging um sehr viel mehr, aber das musst du jetzt nicht wissen. Lass es gut sein. Okay, langes Gerede. Wir rufen jetzt die Polizei.« Heiser zog sein Handy aus der Tasche und lief in den Garten.
Mario vergrub die Hände in seinem Gesicht. Felix war sein Cousin, daran gab es wohl keinen Zweifel mehr. Wie sollte er damit umgehen? Tausend Gedanken vernebelten seine Sinne. Aber es würde nichts ändern. Er liebte ihn und so etwas dürfte schließlich nicht unbedingt selten sein.
Seine Tante stand wie aus dem Nichts unter der Tür zum Garten. Bernd Heiser telefonierte noch und so waren sie alleine.
»Nun, hast du mir überhaupt nichts zu sagen? Immerhin ist die Wohnung oben wohl im Eimer. Und deine schwule Herumtreiberei… davon möchte ich erst gar nicht sprechen. Noch dazu mit diesem… diesem Bastard.«
Mario holte tief Luft. Er hätte sich nicht träumen lassen, dass sie derartiges über ihre Lippen bringen könnte. Er ballte seine Fäuste und versuchte sich zu beherrschen. Sie redete von einem Bastard, aber das bestätigte Marios Verdacht: Sie hasste Felix, weil er nie als ihr leiblicher Sohn gelten durfte.
Langsam drehte er sich zu ihr um. »Ist das dein letztes Wort?«
Sie setzte sich neben ihn und grinste unverschämt.
»Ich hätte noch viel mehr zu sagen, aber ich denke, das ist überflüssig. Nur eines noch: Du wirst Felix nicht mehr wiedersehen, hörst du? Was ihr beiden treibt ist eine… du weißt schon .,.«
»Nein Tante,« unterbrach er sie jetzt mit voller Absicht, »das weiß ich eben nicht.«
Sie lehnte sich zurück und starrte in die Pergola.
»Nun gut, ich finde für diese unmögliche Sauerei keine Worte und ich glaube auch nicht, dass ich das aussprechen muss. Ich möchte einfach nicht, dass Felix so einen Umgang hat, verstehst du?«
»Erstens, du brauchst nicht nach Worten zu suchen, zweitens ist Felix wohl alt genug, um über solche Dinge alleine entscheiden zu können. Zudem, ich wüsste nicht, wer außer seinem Vater dazu berechtigt wäre.«
Sie sagte darauf nichts.
Mario rief nach Gerda.
»Hallo Liebes, bringst du mir etwas zu Essen? Ich verhungere nämlich gleich.«
»Möchtest du etwas Besonderes?«
»Nein, irgendetwas, was den Magen füllt.«
Gerda wollte soeben in das Haus zurück.
»Halt. Gerda, was soll dieses vertraute du? Weißt du nicht, dass..« Gerdas Du schlug seiner Tante ordentlich auf den Magen.
Mario überkam unendliche Schadenfreude, als es Gerda ebenfalls wagte, seine Tante in voller Fahrt zu unterbrechen.
»Ich weiß, aber wir beide haben ein Abkommen. Und da ist dieses Du mit drin.« Ohne die Reaktion ihrer Hausherrin abzuwarten, verschwand Gerda im Haus.
»Nun, Tante, wolltest du noch etwas sagen?« fragte Mario.
Er hatte sich nicht nach dem Hintergrund ihrer Aussage erkundigt und das schien sie zum Kochen zu bringen. Irgendwie tat sie ihm Leid, besonders weil er nun die wahre Geschichte ihres Lebens kannte. Auch wenn sie ihn nun ohne weiteres aus dem Haus diktieren würde, ein wenig Wehmut dürfte sie trotzdem haben. Schließlich war er ihr einziger Neffe.
Als könne sie Gedanken lesen fuhr sie fort: »Nun, wie mir scheint, interessiert dich das alles nicht sonderlich.«
»Ich denke, es ist genau umgekehrt« antwortete er selbstsicher. »Es scheint dir egal zu sein, was mit Felix passiert ist. Dich regen doch ein paar nasse Möbel und eine kaputte Fensterscheibe mehr auf, als dein verschwundener Sohn.«
Ihre Augen wurden klein und verrieten plötzlich blanke Wut. Er war sicher, sie damit voll getroffen zu haben. Es schien, dass ihm dieser Schachzug gelungen war.
»Woher weißt du das?« Sie wartete wie eine züngelnde Schlange auf ihr Opfer.
»Nun, ich bin nicht dumm. Und damit du Bescheid weißt: Es wird sich an Felix’ und meiner Beziehung nichts ändern.«
»Das ist dein letztes Wort – nehme ich an?«
»Liebe Tante, so ist es.«
»Du hast dir keine Gedanken über das hübsche Sümmchen gemacht, das ich dir als einziger Neffe vermachen möchte?«
»Doch, habe ich.«
»Und? Wenn du deine Finger nicht von Felix lassen willst, wirst du eben…«
Er begann es zu lieben, ihr ins Wort zu fallen. Vielleicht waren es reine Rachegelüste, aber danach fragte er sich jetzt nicht. Er hob beide Hände.
»Oh, du kannst dir dein Geld sonst wohin schieben, ich will es nicht. Und zudem – ich habe mich in dir getäuscht. Du bist vielleicht die feine Dame einer gehobenen Gesellschaft. Das mag so aussehen, aber nur nach außen. Denn dahinter steht – nichts. Überhaupt nichts. Theatralisches Gehabe einer versunkenen Zeit. Worthülsen, wie sie auf den Bühnen manchmal fallen. Und was schlimmer ist: Du bist gefühllos, eitel und egoistisch. Ich kann jetzt sehr wohl verstehen, warum dich kein Mann haben wollte und will.«
Sie blähte sich auf wie ein Luftballon. »Ich verbitte mir diesen Ton. Was verstehst du schon von solchen Sachen? Und dann, ich halte dieses Gerede von einem 16jährigen Bengel für reichlich unverschämt« sagte sie, sehr laut und mit deutlichem Zorn in der Stimme.
So musste sie wohl in ihrer Glanzzeit auf der Bühne gestanden haben und er zweifelte nicht an ihren Fähigkeiten. Jetzt musste er sie davon überzeugen, dass dies keine Bühne und auch kein Ausschnitt aus einem Script war.
»Das kannst du halten wie du willst« fauchte er. Ihre Aufregung stachelte ihn weiter an, sein Herz klopfte. »Ich weiß sehr wohl was Liebe und Gefühl bedeuten, auch wenn es in deinen Augen… eine wie sagtest du? unmögliche Sauerei? ist. Du hast Felix fallen lassen, nur weil er deiner Karriere im Wege stand, stimmt’s? Du hast ihn all die Jahre verleugnet, um nur ja keinem zu missfallen. Die Presse hätte dich in deinen Clownskostümen in der Luft zerrissen, wenn sie es gewittert hätte, und ich… ich hätte dir das gegönnt.« Er holte noch weiter aus, obwohl ihm dabei nicht ganz wohl zu Mute war.
»Aber weißt du, noch ist das ja nicht verjährt. Es gibt ein schönes Blatt in Deutschland, das von Millionen gelesen wird. Statt deiner Erbschaft könnte ich mir ja da mit einem Anruf etwas dazuverdienen. Und mit einem Mal wärst du nichts mehr. Von der Diva zur Rabenmutter. Sie werden deine Vergangenheit ausgraben und in deiner Privatsphäre schnüffeln. Und ich kann mir denken, dass da noch so manches ans Tageslicht kommt. Sowas lesen die Leute gerne.«
Er zitterte jetzt leicht, verbarg es aber gekonnt. So hatte er sich noch nie erlebt und für Sekunden hielt er es für den ersten Ausflug in die Welt des Erwachsenwerdens.
Ihr Augen waren sichtlich größer geworden und sie schrie »Das wirst du nicht wagen!«
»Du kannst es darauf ankommen lassen, Tante. Alles, was du sagst, trifft auf deinen Sohn ebenso zu, vergiss das nicht. Und im Übrigen – wie bei allen Liebesspielen gehören dazu immer zwei, verstehst du? Und nun lass mich bitte in Ruhe, ich habe keine Lust mehr, mich mit erzkonservativen Leuten wie dir zu unterhalten. Solltest du aber mit Gewalt versuchen, Felix und mich zu trennen, genügt ein Anruf in der Redaktion. Und glaub mir, so wahr wie ich hier sitze, ich ließe mich durch nichts davon abhalten!«
Innerlich triumphierte er. Dabei wäre er imstande gewesen, noch tiefer und hässlicher auf sie loszugehen. Tief in seinem Inneren war klar, dass er ihr nur drohte, aber er hoffte auf die Wirkung. Und es schien zu funktionieren.
Er sah, wie ihre Kinnlade herunterklappte, sie würde sich ihre nächste Attacke genau überlegen müssen. Hinter all dem stand nur einer: Felix. Er hatte ihn zu dieser Worttirade hingerissen. Noch vor einer Stunde hätte er nicht zu träumen gewagt, sich und seinen Freund derart verteidigen zu können.
Bernd Heiser gesellte sich zu ihnen. Er sah die Bruhns nur kurz an, musste ihr fast versteinertes Gesicht gesehen haben, dann wandte er sich Mario zu.
»Die Polizei beginnt noch heute mit der Suche. Sie kommen gleich hier vorbei und du musst ihnen noch einmal alles genau erzählen.«
»Gut, dann geh ich schnell duschen.«
Ohne auf seine Tante zu achten ging er ins Haus.
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Todesangst verspürte Felix nicht, aber das Wissen, nichts ausrichten zu können lähmte ihn. Rocky hatte ihn erneut gefesselt, bevor er ging,
»Also, nimm’s nicht zu schwer, ich komme heute Abend wieder. Und ich werde die Nacht bei dir bleiben. Ich verspreche es dir.«
Felix schwangen diese Worte lange nach. Er ahnte, was Rocky im Schilde führte und nur das machte ihm Angst. Er würde sich nicht kampflos nehmen lassen, das schwor er sich. Bevor Rocky ihn anfassen könnte, würde er sich bis zum Äußersten wehren. Seiner Meinung nach war Rocky nicht so intelligent, als dass er seine Ahnung vorhersehen würde. Rocky wollte ihm nur weismachen, dass er die Nacht nicht alleine hier draußen bleiben musste, aber er hatte seine Hintergedanken durchschaut.
Rocky hatte eine große, schwere Kerze in den Sand gerammt, sie würde sicher die ganze Nacht durchbrennen. Eine Wasserflasche mit einem Trinkhalm ließ er auch zurück, wenigstens musste Felix nicht dursten.
Das verloren gegangene Zeitgefühl war sein größter Feind. Lag er Minuten, Stunden oder Tage hier? Schien draußen noch die Sonne oder war es Nacht? Müde war er nicht, dazu war er zu angespannt. Vor allem: Wie würde Rocky die Nacht hier verbringen? Was würde er tun? Hastig sog er an dem Trinkhalm und das Wasser füllte seinen Magen. Zu diesem Zweck hatte Rocky ein kleines Loch in das Klebeband um seinen Mund gebohrt.
Er überlegte, ob er nicht doch aus Leibeskräften schreien sollte, aber ein kurzer Versuch vereitelte diesen Plan. Es blieb ihm nichts als abzuwarten, auch wenn er aus Wut und Zorn hätte heulen können.
Ewigkeiten später hörte er, wie der Deckel seines Gefängnisses angehoben wurde. Jetzt würde der Reigen erst beginnen. Felix spannte alle Muskeln und vielleicht war es besser, Rocky schon im ersten günstigen Moment abzupassen. Noch bevor der seine Absichten in die Tat umsetzen konnte.
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Die Polizisten setzten nach Marios Berichterstattung die Fahndung in Gang. Soviel er mitbekam, sollte sogar ein Hubschrauber aus Celle an der Suche beteiligt werden.
Einer der Uniformierten nahm Mario noch einmal zur Seite. »Sag mal, dein Freund hat ein Handy, ist das richtig?«
»Er hat eins, aber er geht nicht dran. Vielleicht hat er es verloren. Oder der Akku ist alle.«
»Und weißt du, welches Netz er benutzt?«
Mario verstand die Frage nicht, antwortete aber.
Ohne ein weiteres Wort verließ der Polizist das Zimmer. Mario saß im Sessel, fühlte sich müde und ausgelaugt. Er wollte jetzt nicht mehr reden, mit niemandem. Sein Vater stand schon eine Weile am Fenster und sah hinaus. Nun kam er zu Mario herüber.
»Und mein Junge, wie geht es dir?«
Mario stöhnte. »Schlecht. Ich bin müde und… Papa, unser Gespräch neulich…«
»Lass gut sein, Mario. Du hast gesagt was Sache ist, ich habe mit deiner Mutter lange darüber geredet und wir haben kein Gericht gehalten. Wir können darüber reden, wenn du möchtest, aber nur dann. Es gibt darüber nichts zu diskutieren.«
»Und Tante Margot?«
Jetzt kam die Chance an die Reihe, um von dem Gespräch zu erfahren, auf das er so neugierig war.
»Nun, die hätte uns tatsächlich mit gerade dieser „Neuigkeit“ überfallen. Ich bin ihr ins Wort gefallen, als sie loslegen wollte.«
Dann hat sie es genau so getan, wie er befürchtet hatte. Sie war eine Hexe.
»Hat sie etwas gesagt, ich meine so richtig…«
»Sie wollte, aber ich habe ihr keine Gelegenheit dazu gelassen. Sie war reichlich wütend anschließend, aber das war mir – deiner Mutter übrigens auch – egal.«
»Was wisst ihr von Felix?«
Sein Vater sah zum Fenster, spielte dann mit seinen Fingern. Offenbar wusste er etwas.
»Ich nehme an, dass du informiert bist, Mario. Dabei sollten wir es belassen. Dass ausgerechnet ihr beide euch über den Weg gelaufen seid – das nenne ich einfach Schicksal. Lass es, wie es ist. Wir müssen jetzt erst Felix finden, dann wird man sehen.«
Mario kämpfte mit seinen Gefühlen, fürchtete gegen eine Träne nichts machen zu können. »Tante Margot verlangt von mir, dass ich ihn nicht wiedersehe. Aber ich kann das nicht.«
»Uns wird etwas einfallen, glaub mir.«
Mario lehnte sich zurück. Er war glücklich, dass er bei seinen Eltern nicht auf Abneigung stieß, aber die Angst um seinen Freund drückte dieses Glücksgefühl nieder.
Bernd Heiser kam in das Zimmer. Er wirkte fahrig, unheimlich nervös.
»Nun, was machen wir jetzt? Sollten wir uns nicht an der Suche beteiligen?« fragte er.
Marios Vater lenkte ein. »Nein, ich denke die Polizei weiß, was sie tut. Sie sind mit einer Hundertschaft, mit Hunden und einem Hubschrauber auf der Suche. Außerdem ist das Fernsehen und Radio informiert. Ich denke, die tun ihr Bestmöglichstes.«
Mario war müde, und wie durch Watte nahm er die Geschehnisse wahr, dennoch war sein Geist hellwach. Warum sollte nicht wenigstens er sich an der Suche beteiligen? Felix’ Gesicht tauchte wieder auf, deutlicher als je zuvor.
»Ich gehe ein wenig an die frische Luft.«
»Du gehst Felix suchen, das wolltest du doch sagen?« In der Stimme seines Vaters lag Besorgnis.
Mario lächelte. »Ich weiß, ich kann dir nichts vormachen. Aber du kannst mich nicht aufhalten, falls du das vorhast.«
»Tu ich nicht, aber du solltest nicht alleine gehen. Rede mit den Polizisten, immerhin kannst du ihnen am Ehesten zeigen, wo ihr beide wart.«
Die Sonne stand schon tief, als er vor das Haus trat. Er blickte wie im Stoßgebet zum Himmel und lief die Straße hinunter. Aus der Heide kam Hundegebell und Stimmengewirr, sie mussten noch ganz nah sein. Dann hörte er den Motor des Hubschraubers, der wegen der einsetzenden Dunkelheit sicher bald wieder zurückfliegen würde.
Nur eines spürte Mario deutlich: Sein Freund musste da draußen sein, irgendwo. Und es wurde die zweite Nacht.

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