Teufel – Teil 3

Verwundert schaute ich zu ihm auf. Obwohl es nur leise geseufzt war, hallten die Worte wie ein Echo in meinem Kopf wieder. Zärtlich berührte er meine Wange und beugte sich langsam zu mir hinab. Mein Atem samt Herzschlag setzte für Sekunden aus. Ich sah nur noch diese süßen Lippen auf mich zukommen, alles andere verschwamm zu einer unbedeutenden Masse.

Hier nun der dritte Teil von Teufel. Ich möchte Euch ausdrücklich vorwarnen, denn kitschiger als wie in diesem Teil geht’s wohl in keiner Dailysoap zu. Ich hab den ganzen Zucker einfach hier reingepackt, da der vierte und letzte Teil nur wenige romantische Züge enthalten wird. Also genießt sie hier schön. ^^ Über Feedback jeglicher Art freu ich mich natürlich immer. Mailen könnt Ihr mir an: hyen@hyen.de Übrigens gibt’s zu dieser Story auch einen Trailer. Den findet Ihr hier: www.hyen.de Und nun, viel Spaß beim Lesen.

Doch bevor wir uns vereinigen konnten, schallte lautes Kindergekicher zu uns rüber. Rey schreckte auf und blickte angestrengt in die Richtung, wo der Lärm her gekommen war. Dann schaute er verwirrt um sich, packte meine Hand, richtete sich auf und zog mich hinter sich hoch. Verdattert folgte ich ihm nach draußen, wo die plötzliche Helligkeit fast schmerzhaft in meinen Augen brannte. Mein Herz hatte angefangen, wie wild gegen meine Brust zu klopfen und mein Verlangen nach ihm war ins Unermessliche gestiegen.

„Ich hab Hunger. Lass uns irgendwo was essen gehen.“, sagte mein Mitbewohner mit dem Rücken zu mir gewandt und lief ein Stück voraus. Es war offensichtlich, dass er nicht über das Geschehene sprechen wollte, was mich wiederum rasend machte. Ich verschob einfach das dringende Gespräch auf den Abend, da wir ja glücklicherweise ein Zimmer zusammen bewohnten und er mir dort nicht entkommen konnte.

Wir eroberten also den nächsten Stand von dem ein leckerer Duft ausging, kauften je eine Portion und stellten uns an einen der Stehtische. Die Mahlzeit verlief schweigend und Rey schaute überall hin, nur nicht zu mir. Sein Verhalten begann mich mehr und mehr zu nerven, weswegen ich kurze Zeit später die leere Pappschachtel, aus der ich gegessen hatte wegschmiss, mich wieder zu ihm an den Tisch gesellte und gerade ansetzten wollte, meinem Mitbewohner zu erklären, wie verdammt noch mal lecker ich ihn fand.

Doch gerade als ich Luft holte, klingelte ein Handy. Rey runzelte verwundert die Stirn, nahm dann das kleine Kommunikationsgerät zur Hand und entfernte sich ein Stück von mir. Ich atmete stöhnend aus und rieb meine Stirn.

‚Sollte ich ihn wirklich hier und jetzt zur Rede stellen?’

Vorsichtig sah ich zu meinem Mitbewohner rüber. Er starrte nur vor sich hin und schien sich überhaupt nicht mit seinem Gesprächspartner zu unterhalten. Dann huschte aber kurz ein Lächeln über seine süßen Lippen und er legte ohne was gesagt zu haben auf.

„Alles klar bei dir?“, fragte ich besorgt als er wieder zu mir an den Tisch geschlendert kam. Er sah irgendwie entspannter aus, lockerer, sogar etwas fröhlich. Für einen Moment machte es mir fast Angst.

„Jetzt schon. Hey, sag mal hast du Bock auf ne Runde Autoscooter?“ Rey sprühte ja regelrecht vor Energie und Tatendrang. Ich kapierte im Gegenzug gar nichts mehr. Zuerst musste ich ihn auf Knien anflehen, damit er überhaupt zu einer Attraktion hingeht und jetzt das!

„Das müssen die Pilze gewesen sein.“, nuschelte ich.

„Was hat Autoscooter mit Pilze zu tun?“

„Na du hattest gerade eben Champies, ich Gulasch. Da muss ein Pilz bei dir schlecht gewesen sein.“, überlegte ich weiter und starrte auf den Pappteller meines Mitbewohners, nicht wirklich mitbekommend, dass ich alles laut vor mir her plapperte.

„Wie meinst du das? Sehe ich etwa irgendwie komisch im Gesicht aus? Tomas?“ Ich reagierte nicht auf seine Worte, weswegen er mich kurz an der Schulter anstupste und meinen Blick suchte. Verwirrt fing ich ihn auf und verfiel nur noch mehr in Trance, diesmal aber durch seine dunklen, tiefen Augen.

„Du bist echt seltsam.“, holte mich Rey zurück in die Wirklichkeit.

„Du auch.“, erwiderte ich leise. Ein paar Sekunden standen wir so da. Mein Mitbewohner fing ein wenig an zu schmunzeln und schaute mich ungewohnt offen an. Wenn ich es nicht besser wissen würde, würde ich denken, dass er verliebt zu mir rüber blickte.

„Autoscooter?“, fragte er mich erneut.

„Gerne.“, antwortete ich meinerseits verliebt und zusammen schlenderten wir zu der Attraktion.

Wie erhofft machte es mega viel Spaß, mit Rey zusammen die Autos über den Flur zu jagen. Es entstand sogar wie ein kleiner Wettbewerb, wer wen am meisten rammte. Schließlich war ich es dann, der zum Schluss stöhnend aufgab.

„Ohh… hab ich dem kleinen Tomas wohl etwas zu viel zugesetzt?“, lachte mich mein Mitbewohner aus und legte freundschaftlich seinen linken Arm um meine Schulter.

„Grml. Ja hast du. Mein Hals hat beim letzten Aufprall seltsam geknackt.“, nörgelte ich lächelnd und knuffte meinen Widersacher in die Seite.

„Echt jetzt? Warte mal.“, forderte Rey mich auf, blieb stehen und begann meinen Nacken zu massieren und an einigen Punkten Druck auszuüben. „Besser?“

„Mmmm… Wahnsinn. Oh ja, da…“, schnurrte ich und ergab mich vollends meinem Glück, bis es abrupt aufhörte.

„Na ich will dich mal nicht allzu sehr verwöhnen.“, sagte Rey fies grinsend und steuerte zielstrebig auf eine weitere Mampfbude zu.

„Och ich hätte da nichts dagegen.“, nuschelte ich.

„Wie bitte?“ Fragend blickte mein Zimmergenosse zurück.

„Nichts, nichts.“ Ich merkte wie meine Wangen heiß aufbrannten, weswegen ich mich hastig an Rey vorbei drängelte und krampfhaft neugierig die Süßigkeiten vor mir musterte.

„Die Erdbeeren mit weißer Schokolade hätte ich gern.“, ertönte hinter mir seine Stimme und richtete sie dann an mich. „Und was magst du?“

„Die Weintrauben mit Vollmilch, bitte.“

Minuten später schlenderten wir Seite an Seite gemütlich durch die Gassen des Vergnügungsparks und unterhielten uns über die Götter und die Welt. Hauptsächlich ging es um Essen und Musik, da wir größtenteils das Gleiche mochten. Viel über ihn selbst aber erfuhr ich leider nicht.

„Sag mal, wo hast du eigentlich unseren Wombats gelassen?“, fragte mich Rey nach einer ganzen Weile.

„Lilith? Die ist hier.“ Ich holte unsere Trophäe aus meiner Jackentasche und hielt sie ihm unter die Nase.

„Den fetten Flughund nennst du Lilith?“, spottete mein Mitbewohner lachend und wollte sie mir wieder wegnehmen. Doch ich zog meine Hand schneller als er zugreifen konnte zurück und verstaute sie wieder in ihrem Versteck.

„Welche Bedeutung hast du ihr denn zugedacht?“

„Die Hebräische.“

„Nachtfalter, soso. Na ob das passt.“

„Manchmal mag das Äußere vielleicht nicht hundertprozentig stimmen, aber ein Großteil macht eh das Innere eines jeden Wesens aus.“

„Poetisch, sehr tiefsinnig.“

„Hab nur zu viele Bücher gelesen.“

„Welche denn so?“

Wieder fingen wir an uns unendlich lang zu unterhalten. Ich genoss jedes Wort und liebte den kleinsten Atemhauch, der meine Wange streichelte wenn mein Mitbewohner mir ein Stück näher kam. Ein zufälliger Blick auf meine Uhr ermahnte uns wieder unseren Ausgangspunkt anzusteuern. Dort angekommen gesellten wir uns zu den Kids aus unserer Gruppe, von denen Vereinzelte schon auf uns warteten. Natürlich erzählten die Jungs Rey und mir was sie so alles erlebt hatten und mit welchen Karussells sie gefahren waren.

Einer unserer Schützlinge hatte eine kleine Lebkuchenlok um den Hals hängen, was mich an etwas erinnerte. Ich ging auf den Kleinen zu, zückte ein paar Euros und bat ihn, zu dem Stand zu flitzen und mir auch so etwas zu kaufen. Fünf Minuten später war er wieder da und ich verstaute den Lebkuchen ohne groß drauf zu schauen in meinen Rucksack.

Rey stand indes die ganze Zeit bei den Kids, unterhielt sich mit ihnen oder machte Witze. Selbst ein paar Kinder waren über das so lockere und flacksige Verhalten ihres Betreuers verwundert, hatten sie ihn doch so noch nie erlebt. Der einzige, der von dem Ganzen wohl nicht so begeistert war, war Josch. Von einer Sekunde auf die andere stand mein kleiner Freund neben mir und musterte skeptisch das Treiben ein paar Meter weiter vor uns.

„Was hast du denn mit ihm angestellt?“

„Was meinst du?“ Fragend schaute ich zu ihm hinab.

„Du bist in ihn verknallt, oder? Ich finde das keine gute Idee.“

Nichts weiter dazu sagend, ließ mich Josch stehen und entfernte sich soweit wie möglich von unserer Gruppe, ohne den Treffpunkt zu verlassen. Verwirrt blickte ich ihm nach, hatte aber nicht viel Zeit darüber nachzudenken, da mich ein Rudel fröhlicher Kids umzingelte und meine volle Aufmerksamkeit für sich forderte.

Wenig später trafen die Busse ein, die uns abholen sollten und nachdem die Prozedur von heute morgen ein paarmal wiederholt wurde – sprich x-mal durchzählen – stiegen zum Schluss die Betreuer ein und gaben das Zeichen zum Losfahren. Ich stand in der Mitte des Ganges, hielt mich jeweils rechts und links an den Sitzen fest und musterte meine Schützlinge, die total aufgekratzt miteinander schwatzten. Nur Josch verhielt sich still.

Nachdenklich drehte ich mich um, bemerkte am Rande, das wir einen anderen Busfahrer als vorher hatten, obwohl wir im gleichen Bus saßen und setzte mich neben meinen Mitbewohner, der mich lächelnd empfing.

„Alles klar bei dir?“, fragte er mich.

„Mal davon abgesehen, dass ich nur noch meine Beine nach oben legen und faulenzen will, ist alles okay.“ Kurz blickte Rey mich intensiv an, als ob er darauf wartete, dass ich noch etwas sagte. Als ich dies aber nicht tat, nickte er mir knapp zu und lümmelte sich so bequem wie nur möglich in den Sitz.

„Nen schönes kühles Bier und dann abmatten, das wär‘s jetzt.“, meinte er gähnend und sah schläfrig aus dem Fenster.

Ich konnte ihm da nur zustimmen. Allerdings war ich nicht wirklich müde, vielleicht etwas geschafft, mehr nicht. Viel zu viele Sachen schwirrten mir im Kopf herum und ließen mich nicht entspannen. Thema Nummer eins war natürlich Rey, danach kam Josch und zum Schluss war da noch Marco. Aus allen Dreien wurde ich nicht schlau.

Gedankenverloren kaute ich auf meiner Unterlippe herum und ging innerlich nochmal einige Szenen durch, die geschehen waren, seitdem ich im Heim arbeitete. Erst ein verschlafenes Schmatzen und ein Kopf, der mit einem mal auf meiner linken Schulter lag, holten mich in die Gegenwart zurück.

„Hey… Rey?“, leise flüsternd versuchte ich ihn zu wecken und zuckte leicht mit meiner Schulter.

„Mmm, nur n bisschen.“, grummelte mein Mitbewohner und kuschelte sich noch näher an mich heran.

Sein warmer Atem liebkoste meinen Hals, weswegen mein Herz auf Hochtouren anfing zu pochen und sich meine Nackenhaare vor Erregung aufstellten. ‚Was macht dieser Typ nur mit mir?’ Ich konnte mich nicht länger beherrschen, hob meine Hand und streichelte sanft über seine Wange. Rey öffnete seine Augen, blickte kurz zu mir auf, lächelte verträumt und schmiegte sich dann wieder an mich ran.

Mein Kopf an seinen anlehnend begann ich, ihn am Hals knapp unter dem Ohrläppchen zu kraulen, was er schnurrend quittierte. Er hatte zwar kurze, aber sehr weiche Haare, in denen ich meine Nase vergrub und tief einatmete. Rey roch dermaßen verboten lecker, dass ich ihn am liebsten auf der Stelle hätte auffressen können.

Die Fahrt bis zurück ins Heim dauerte meiner Meinung nach nicht lange genug. Langsam durchquerten wir die Einfahrt, wobei die schweren Fahrzeuge die feinen, weißen Steine unter ihren Rädern laut knirschen ließen. Mein Mitbewohner löste sich sanft von mir und schaute verschlafen aus dem Fenster, um sich zu orientieren.

„Na, wieder munter?“, fragte ich ihn leise.

Mein Gegenüber lächelte mich nur gequält an und wirkte bedrückt. Ein Schatten huschte über sein süßes Gesicht, weswegen ich ihn unsicher musterte. Ich wusste genau, dass er meinen Blick bemerkte, doch er ignorierte ihn.

Mit einem quietschenden Geräusch hielten die Busse vor dem Haupteingang des Heimes an und ließen ihre Fahrgäste aussteigen. Schnell ermahnte ich meine Schützlinge noch, dass sie auch ihren ganzen Müll mitnahmen, bevor sie hinausstürmten. Nach einem letzten Kontrollgang durch die Sitzreihen, wollte ich mich mit Rey im Schlepptau selbst nach draußen begeben, doch dieser hielt mich kurz vor der letzten Stufe zurück.

„Ich ehm… ich wollte mich nur für den coolen Tag bedanken.“ Schüchtern schaute mein Engel mit seinen dunkelblauen Augen auf mich hinab und spielte nervös mit seinen schlanken Fingern am Saum seines Shirts.

Ich sah, dass er am liebsten an mir vorbeigestürmt wäre, um endlich dieser Situation zu entgehen, doch ich dachte gar nicht daran, ihm Platz zu machen. Vorsichtig versuchte ich seinen Blick aufzufangen und festzuhalten. Dann begann ich, ihn nach und nach mehr anzulächeln.

„Noch ist er nicht vorbei.“, meinte ich ruhig und funkelte Rey diabolisch an.

Langsam umgriff ich mit beiden Händen sein Revers und zog ihn sachte zu mir hinab, um ihn endlich zu küssen. Mein Mitbewohner grinste zurückhaltend und ging die zwei Stufen runter, damit wir auf einer Höhe waren. Leider war ich mal wieder der Tollpatsch in Person.

Denn als mir Rey entgegen kam, stolperte ich, noch bevor sich unsere Lippen berühren konnten, die letzte Stufe hinab und flog mit einem lauten Plauz ins Freie auf meinen Allerwertesten, meinen Mitbewohner hinter mir herziehend, der schwer auf mir landete.

„Shit. Alles bei dir in Ordnung?“, fragte ich besorgt.

„Du bist echt der Hammer, ehrlich mal.“, lachte er kopfschüttelnd und stand auf. Zögernd tat ich es ihm nach, nicht sicher, ob ich das Gesagte nun positiv oder negativ auffassen sollte.

An der großen Treppe am Haupteingang stand Dani mit noch ein paar anderen Lehrern, die miteinander schwatzten. Als wir aber an ihr vorbei gingen, schenkte sie uns – oder besser gesagt Rey – ein gehässiges Grinsen, was mein Mitbewohner trotzig erwiderte. Kurz vor der Turnhalle kamen uns ein paar Kids entgegen, die größere Rucksäcke mit Iso-Matten schleppten. Begeistert sahen sie nicht gerade aus. Rey bemerkte meinen verwunderten Blick.

„Die veranstalten ein kleines Biwak, oder wie der Laie liebevoll sagen würde, sie gehen übers Wochenende campen.“

„Ist doch cool.“, meinte ich.

„Nicht wenn du pro Tag ne bestimmte Anzahl an Kilometern zurücklegen musst. Und die sind nicht ohne.“

„Wer denkt sich denn so was aus?“

„Unser Sportlehrer.“ Der Spott in Reys Stimme war nicht zu überhören. Sicherheitshalber enthielt ich mich jeglichen Kommentars.

In unserem Zimmer angekommen schmiss ich meinen Rucksack aufs Bett, setzte meine Trophäe auf das Kopfkissen und hängte meinen Mantel weg.

„Du sag mal, wo hast’n deinen mp3-Player hingetan?“, fragte mich mein Mitbewohner und ich verwies ihn auf den Rucksack.

‚Hm, auf ein wenig Musik hören und mit meinem Schatz kuscheln, darauf hätte ich jetzt echt Bock.’, überlegte ich und gesellte mich zu meinen Liebsten. Dieser stand vor meinem Bett und packte gerade wieder etwas in eine Tüte ein.

„Sorry, ich wollte nicht schnüffeln, aber die Kopfhörer hatten sich darum verknotet.“, plapperte er hastig mit hochrotem Kopf und wollte gerade wieder alles in den Rucksack stopfen, als ich erstmal merkte, was er überhaupt in den Händen hielt.

„Shit! Das hatte ich ja ganz vergessen. Bin gleich wieder da.“

Schnell nahm ich Rey die Tüte aus der Hand und lief aus dem Zimmer. Hätte ich doch fast versäumt, Marco mein Mitbringsel zu geben. In der Turnhalle angekommen verließen gerade die letzten Jungs den Sportraum und ließen somit meinen Betreuer mit mir allein. Der Lehrer war vollkommen in braune Outdoor-Klamotten gehüllt, worin er mehr als nur geil ausschaute.

„Na Tomas. Den Tag gut überstanden?“, begrüßte er mich lächelnd.

„Ich schon, aber so wie du aussiehst, geht’s bei dir gerade erst los.“

„Jup, ich hab ne Tour für heute bis Samstag genehmigt bekommen. Mal schauen, ob ich die Kids diesmal ein wenig mehr begeistern kann.“

„Macht man sowas nicht eher im Sommer?“

Die Jungs taten mir jetzt schon leid, bei der frühlingshaften Kälte draußen übernachten zu müssen.

„Zu der Jahreszeit kann’s ja jeder.“

„Wenn du meinst. Für Verpflegung hast du auf jeden Fall schon mal gesorgt.“, sagte ich und überreichte ihm das gewünschte Mitbringsel.

„Hey danke. Eigentlich war das nur ein Scherz. Lieb von dir, dass du an mich gedacht hast.“

„So bin ich halt.“

Beide grinsten wir uns an, dann packte Marco sein Geschenk aus. Verwundert musterte er sein Lebkuchenstück und blickte dann zu mir auf.

„Meinst du das jetzt wirklich ernst?“, fragte mein Betreuer.

„Klar, du wolltest doch eins haben, oder?“, plapperte ich leicht daher.

Marco kniff ein wenig die Augen zusammen und begann verführerisch zu lächeln. „Sicher?“, fragte er nochmals, kam mir Stück um Stück näher, bis er nur wenige Zentimeter von mir entfernt da stand. Seine Stimme fesselte mich wie der Gesang einer Sirene, seine Augen durchbohrten mich fast.

„Klar.“, stotterte ich, nicht fähig mich zu bewegen oder einen klaren Gedanken fassen zu können. Langsam hob er seine Hand und streichelte sanft über meine Wange. Bei der Berührung zuckte ich etwas zusammen worauf Marcos Lächeln verschwand und er traurig dreinblickte.

„Ich glaube, du solltest das lieber jemand anderem schenken.“, sagte er leise und gab mir das Lebkuchenherz wieder zurück.

Dann lief er zu seinem Rucksack und begann einige Sachen festzuzurren. Ich betrachtete nur verwirrt den Rücken meines Betreuers, drehte das Herz in meinen Händen um und las die aus Zucker bestehende Aufschrift. ‚Ich liebe dich’ Na toll. Jetzt verstand ich so einiges.

„Du hör mal Marco. Ich muss dir was beichten.“, setzte ich zu einer Erklärung an. Mein Betreuer drehte sich ein Stück zu mir um und sah mich mit gerunzelter Stirn an. „Das Lebkuchenherz habe ich nicht selbst gekauft. Kurz bevor die Busse kamen fiel mir wieder ein, dass ich dir versprochen hatte, was mitzubringen. Da ich aber vom Treffpunkt nicht mehr weg konnte, hab ich Felix gebeten mir irgendein Lebkuchenstück zu kaufen. Ich hatte es mir noch nicht mal groß angeschaut, tut mir leid.“ Unsicher sah ich zu Marco rüber, der jetzt wieder sanft lächelnd meinen Blick erwiderte.

„Na, da hat dich der Kleine ja ganz schön eingenommen.“

„Irgendwie schon.“, grinste ich verklärt.

„Na dann, genießt eure zweieinhalb herrenlose Tage.“, sagte mein Gegenüber und warf sich seinen Rucksack über die Schulter.

„Dafür werd ich schon sorgen.“

„Übertreibt es mir nur nicht.“

„Würden wir doch nie tun.“

„Ja klar.“ Fröhlich miteinander schwatzend, liefen wir zusammen aus der Sporthalle.

„Hier. Ich glaube, du solltest es doch mitnehmen.“, meinte ich und reichte ihm das Lebkuchenherz.

„Danke. Da hab ich wenigstens etwas zum anknabbern.“, erwiderte Marco und nahm das Geschenk entgegen.

„Als hättest du mit deinem klasse Aussehen Probleme, jemanden rumzukriegen.“

„Manchmal schon.“ Er schaute mich intensiv an, beugte sich dann zu mir runter und hauchte mir einen Kuss auf die Wange. „Bye.“, flüsterte er.

„Bis Sonntag.“, flüsterte auch ich.

Der Lehrer lief in Richtung Ausgang, während ich die Treppen wieder hinauf stieg. In meinem Zimmer angekommen, fand ich es Wundersamerweise leer vor. Naja, so ungewöhnlich war das ja eigentlich nicht, aber nach diesem Tag hatte ich schon gehofft, dass ich bei Rey Chancen hätte bzw. wir uns näher gekommen waren und er nicht mehr so auf Einzelgänger machen würde.

Nach kurzem Überprüfen der Uhrzeit begab ich mich in die Mensa. Vielleicht war er ja schon beim Abendbrot, das es seit einer Viertelstunde gab. Doch weder am Tisch unserer Schützlinge, noch bei Cat hinten war er zu finden.

Ich hatte nicht mal große Lust, meiner Freundin zu erzählen, wie der Tag so gelaufen war, was der Kleinen überhaupt nicht passte. Kurz angebunden verabschiedete ich mich von ihr und begann ein wenig damit, die Umgebung zu erkunden. Irgendwo auf dem Gelände musste er sich doch immer rumtreiben, denn abends wurde das Tor zugeschlossen und man kam nur rein oder raus, wenn jemand von Innen den Summer betätigte. Zwar war es noch nicht so spät, aber ich hatte einfach das Gefühl, dass er nicht draußen rumschwirrte, sondern irgendwo hier drinnen in einer versteckten Nische lungerte.

Nach gut zwei Stunden gab ich es auf Rey zu suchen und trottete enttäuscht in mein Zimmer zurück. Natürlich war es leer. Später brachte ich unsere Schützlinge ins Bett, wobei sich mein Mitbewohner auch nicht blicken ließ. Nun lag ich hellwach auf meiner Matratze und wälzte mich unruhig hin und her. Inzwischen war es ein Uhr morgens und ich machte mir immer mehr Sorgen, ob Rey irgendwas passiert war. ‚Ich müsste mir wirklich langsam mal die Nummer von Cat geben lassen.‘

Am nächsten Morgen wachte ich völlig fertig auf, als hätte ich die Nacht durchgemacht. In gewissem Sinne stimmte das ja auch. Mühsam kroch ich aus dem Bett und erledigte die allmorgendliche Prozedur im Bad. Lust auf Frühstück hatte ich überhaupt nicht, weswegen ich verschlafen zu den Kids stapfte, sie aus den Federn warf und danach in das kleine Zimmer hinter der Küche verschwand.

Jetzt brauchte ich eigentlich nur zu warten, schließlich musste Rey ja auf Arbeit erscheinen. Es sei denn, er meldete sich krank oder kam einfach nicht. Wieder rutschte ich auf dem Barhocker nervös hin und her. Als die Tür aufging und Cat den Raum betrat, sprang ich wie von einer Tarantel gebissen auf und lief ihr entgegen.

„Morgen. Sag mal, weißt du zufällig wo Rey steckt?“

Cat musterte mich abwertend, schüttelte dann mit ihrem Kopf und drängelte sich an mir vorbei zum Radio hin. Ich stand da und kapierte gar nichts mehr.

„Hör mal. Seit gestern Abend ist Rey verschwunden. War er vielleicht bei dir?“

Die Kleine ging mir ständig aus dem Weg und versuchte mich komplett zu ignorieren. Dass sie mehr wusste als ich, war mir klar, aber genau das machte mich rasend. ‚Wieso sagt sie zu mir nichts?’

„Cat!“ Mir platzte der Geduldsfaden. Ich wollte verdammt noch mal wissen, was hier los war! Grob packte ich meine Freundin am Arm und drehte sie so zu mir um, dass sie mich anschauen musste. „Bitte! Sag mir wo er ist. Sofort!“

„Was interessiert es dich denn auf einmal? Geh doch und popp mit Marco, wenn du’s so nötig hast!“, fauchte sie mich an und versuchte sich loszureißen, doch ich hielt sie eisern fest, nicht daran denkend, dass ich ihr vielleicht wehtun könnte.

„Ich will mit niemandem poppen außer mit Rey, klar! Wie kommst du nur auf so nen Blödsinn? Rey ist mir verdammt wichtig und ich mach mir seit gestern Abend tierische Sorgen, also sag endlich, wo er ist!“

„Dann zeig es ihm endlich und quatsch nicht so geschwollen! Ach und ich lasse mich von niemandem anbrüllen!“, zischte Cat, trat mir dann gegen mein Schienbein und verdrehte mir mit einer geschmeidigen Bewegung meinen Arm auf den Rücken. Schnell hatte sie mich soweit, dass ich flach mit dem Bauch auf dem Boden lag und ihr Knie zwischen meinen Schulterblättern schmerzhaft drückte.

„So Sweety, jetzt hör mir mal genau zu. Du wirst jetzt in die Wäschekammer gehen, hinter den großen Trocknern links Rey aufsuchen und ihm genau erklären was passiert ist, nachdem du gestern Abend mit dem Lebkuchenherz aus dem Zimmer gestürmt bist. Verstanden?“

Cats leise Bitte klang eher wie ein Befehl oder eine Drohung. Das Ganze war mehr als nur unheimlich, vor allem, weil die Kleine eine dermaßen starke Kraft entwickelte, die ich ihrer schlanken Gestalt nie zugetraut hätte. Aber auch ich hatte einen kleinen Trick drauf. Ich verlagerte erst mein Gewicht auf die eine Seite, um im nächsten Moment mit einem Ruck meinen Körper in die entgegengesetzte Richtung zu drehen. Cat plumpste zur Seite und schaute mich erschrocken an.

„Danke für die Auskunft, aber auch ohne deine Drohung wäre ich zu ihm gegangen.“ Cat saß immer noch auf dem Boden und blickte mich aus großen Augen an.

„Meine Mutter hatte Recht.“, plapperte sie.

„Hä?“

Wie aus einem Traum erwacht, fing die Kleine an zu blinzeln, stand dann auf und sah mich wieder an.

„Auf was wartest du eigentlich noch?“ Lächelnd nickte sie auffordernd zur Tür. Ich grinste zurück und verschwand aus der Küche Richtung Waschhaus.

Nun stand ich also zwischen verschieden großen Wäschehaufen und Maschinen, die im Schleudergang so laut waren, dass man nur schwer sein eigenes Wort verstehen konnte. Im vorderen Raum standen zwei Frauen, die mit der Wäsche hantierten und miteinander schwatzten. Wie schafften die Weiber es nur, sich bei der Lautstärke in Ruhe zu unterhalten?

Ich lief an ihnen vorbei in den hinteren Teil des Raumes und dort fand ich endlich, wen ich suchte. Rey stand vor einer Bügelmaschine, die er aber kaum benutzte. Er stand einfach nur da und starrte trübsinnig vor sich hin.

„Rey!“, erleichtert, dass es ihm soweit gut ging, lief ich auf ihn zu.

Als er meine Stimme hörte, schaute er erschrocken auf und sah gehetzt zu mir rüber. Dann verfinsterte sich aber sein hübsches Gesicht und er begann, sehr beschäftigt wirkend, seiner Arbeit nachzugehen.

„Sag mal, wo warst du die ganze Zeit? Ich hab mir Sorgen gemacht!“

Keine Reaktion.

„Rey.“, sanft, fast flehentlich, sprach ich ihn an, berührte seine Schulter, um ihn zu mir zu drehen.

Doch er holte nur weit aus und schlug mir seine Faust ins Gesicht, die schmerzhaft knapp neben meinem linken Auge auftraf. Ich taumelte ein Stück zur Seite und sah für ein paar Momente Sterne. Dieses Mal hatte er nicht ein bisschen Kraft zurückgehalten.

„Was glaubst du eigentlich wer du bist, hä?! Machst dich erst übel wichtig und dann? Du bist auch nicht viel besser als…“ Mein Mitbewohner hatte sich richtig in Rage geschrien, doch stockte er beim letzten Satz mittendrin. Leider war ich nun nicht weniger sauer, da ich merkte, um wen es wirklich ging.

„Besser als wer? Marco? Ich weiß zwar nicht was zwischen euch vorgefallen ist oder ob das wahr ist, was er mir erzählte, aber was ich weiß ist, dass du noch an ihm hängst. Du magst ihn noch, oder?“ Ich versuchte meine Stimme ruhig klingen zu lassen, was mir mehr schlecht als recht gelang. Konnte er den Typen nicht einfach vergessen? Anscheinend nicht, denn nach meinen letzten Worten kam er drohend ganz dicht an mich heran und funkelte mich wütend an.

„Das geht dich nen Scheiß an. Ein kleiner Rat, komm mir nie wieder zu nahe!“, zischte Rey, blieb so noch ein paar Sekunden stehen um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, wandte sich dann von mir ab und lief an der Bügelmaschine vorbei Richtung Ausgang. Er war vielleicht vier fünf Schritte von mir entfernt, als ich mich endlich wieder fing und ihm nachrannte.

„Rey warte. Denkst du wirklich, dass du mich so leicht loswirst?“

Ich packte Rey am Arm und riss ihn zu mir herum. Wie erwartet kam wieder seine Faust direkt auf meine Augen zugeschossen, doch dieses Mal wich ich ihr aus, ergriff sein Handgelenk und nutzte den Schwung, um ihn an mir vorbei zu ziehen und auf einen nahe stehenden Wäschehaufen zu werfen. Mit einem lauten „Uff“ landete mein Mitbewohner in den frisch gewaschenen Bettlacken.

„Reg dich ab Rey! Überschüssige Energie kann man auf eine viel angenehmere Art und Weise abbauen.“

Wie immer wurde ich in ernsten Situationen albern, einfach um meine Unsicherheit zu überspielen. Ich hockte mich neben meinem gefallenen Engel hin und schaute ihm zu, wie er strampelnd versuchte, sich aus den Lacken zu befreien.

„Hör mal, ich weiß nicht was du von mir denkst. Auch Cat machte vorhin solche komischen Andeutungen, aber ich meine es ernst, bitter ernst. Ich dachte, du hättest das spätestens gestern begriffen. Frag mich bitte nicht warum, da ich es mir selber kaum erklären kann, aber ich mag dich…“

Noch ehe ich zu weiteren Erklärungen ansetzen konnte, sprang mich Rey an und stieß mich so hart an meinen Schultern nach hinten, dass mir kurz die Luft wegblieb. Er nutzte die Zeit indem er sich auf mich stürzte, mit den Beinen die meinen kontrollierte und mit seiner linken Faust zu einem Schlag ausholte.

„Nur dich!“, sagte ich leise und blickte ihn verzweifelt an. Zögernd sah Rey mir tief in die Augen, wieder als ob er was Bestimmtes suchen würde. Dann begann seine Faust zu zittern und er ließ sie kraftlos niedersinken.

„Scheiße.“ Stöhnend setzte sich mein Schatz nach hinten ab, direkt in den Wäschehaufen, stellte seine Beine auf und vergrub sein schönes Gesicht in den Händen. „Du bist wirklich ein Vollidiot. Der größte, den ich kenne.“

Ich rappelte mich auf und kroch zu ihm hin.

„Ein Vollidiot, der sich bis über beide Ohren in dich verknallt hat.“

Sacht zog ich seine Hände beiseite und schaute in seine tiefblauen Augen, in denen Tränen glitzerten. Als er blinzelte begann eine erst schnell, dann langsamer über seine Wange hinab zu rollen. Liebevoll küsste ich sie knapp neben dem Kinn weg, verfolgte ihre Spur bis zu ihrem Ursprung und versiegelte auch diesen mit einem Kuss.

„Tomas, das ist keine gute Idee.“, stöhnte mein Gegenüber auf und versuchte mich sanft von sich zu schieben.

„Schsch…“, war alles was ich darauf antwortete und unterband jeden weiteren Protest, indem ich meine Lippen auf seine drückte.

Immer fordernder strich meine Zunge über seinen Mund, knabberte an ihm, bis er mir Einlass gewährte. Zögerlich trafen sich unsere Zungenspitzen, spielten miteinander und erkundeten die jeweils Neue. Rey lag längst mit dem Rücken auf dem Boden beziehungsweise auf den Bettlaken. Ich stützte mich über ihn gebeugt auf meinem linken Unterarm ab und streichelte mit der freien Hand über seine Wange, Nacken und Hals. Noch getraute ich mich nicht, ihn weiter unten, beispielsweise am Oberkörper zu berühren. Doch was ich nicht tat, tat er umso mehr.

Stück für Stück zog er mein Shirt nach oben und berührte meine nackte Haut. Explosionsartig breitete sich ein wohlig warmkalter Schauer in meinem ganzen Körper aus. Diese kleine, fast lächerliche Berührung auf meinem Rücken ließ mich schwindlig werden, sodass ich mich zitternd von Rey löste, um mich zu beruhigen. Mein Schatz lächelte mich verliebt an und ein ganz anderes, nicht weniger wildes, aber um einiges diabolischer funkelndes Glitzern entstand in seinen Augen.

Er hob seine Hand, wollte mir ein paar Haarsträhnen aus dem Gesicht streichen, als seine Finger meinen linken Wangenknochen berührten. Gequält stöhnend setzte ich mich auf. Mein gefallener Engel besaß wirklich eine klasse Rechte, wie ich gerade schmerzhaft feststellte. Besorgt schaute Rey mich an, erfasste mein Kinn und drehte meinen Kopf zur Seite, damit er sich mein Veilchen genau ansehen konnte.

„Das müssen wir kühlen, sonst schwillt es an. Am besten sofort.“

„Ach, das geht schon.“

„Nichts da, ich will nicht, dass es noch schlimmer wegen mir wird.“ Mein Schatz stand auf und richtete seine Sachen, was ich ihm nach kurzem, bockigem Zögern gleich tat.

„Sei mir nicht böse, wenn ich jetzt frage, aber wieso warst du eigentlich so sauer? Hab ich irgendwas falsch gemacht, als wir gestern zusammen unterwegs waren?“

Seitlich von ihm stehend musterte ich Rey vorsichtig, dabei hoffend, dass ich ihn mit dieser Frage nicht verärgert hatte. Doch er schien sich ein wenig zu winden und nach Worten zu suchen, wobei er leicht rot anlief. Ich legte meine Hand auf seine Schulter und hauchte ihm einen Kuss auf die Wange, um ihm Mut zu geben. Mein Mitbewohner schaute mich zweifelnd an, dann senkte er seinen Blick.

„Das Lebkuchenherz.“

„Was?“

„Du hast ihm dieses Teil geschenkt mit der blöden Aufschrift.“

Also deswegen der ganze Stress. Kopfschüttelnd begann ich laut zu lachen.

„Lustig finde ich das weniger.“, zickte Rey rum und schubste mich leicht etwas.

„Ich schon.“, lachte ich weiter und umarmte meinen Schatz von hinten. „Jetzt weiß ich genau, dass du mich auch magst.“

„Seltsam deine Logik.“

„Du bist eifersüchtig.“, säuselte ich und knabberte an seinem Ohrläppchen.

„Tse…“, widersprach Rey mehr schlecht als recht und zog eingeschnappt seinen Kopf weg.

„Weißt du eigentlich wie süß du aussiehst, wenn du einen Flunsch ziehst?“, schnurrte ich und begann, seinen Hals mit Küssen zu übersähen, was ihn etwas milder stimmte. Er legte seine Hände auf meine Arme und kuschelte sich noch mehr in meine Umarmung.

„Ich war irritiert.“, meinte er leise.

„Ich auch.“

„Hm?“

„Dieses Lebkuchenherz habe ich nicht selbst gekauft. Wir waren doch den ganzen Tag zusammen, du hättest es doch sehen müssen, wenn ich mir eins geholt hätte. Kurz vor der Abfahrt bat mich Marco, ihm Lebkuchen mitzubringen, da er das gerne isst und ja nicht mitkommen konnte. Da ich dann aber so viel Spaß mit dir im Park hatte, hab ich mein Versprechen vollkommen vergessen. Kurz bevor die Busse kamen, fiel es mir wieder ein und ich schickte Felix los, um mir irgendwas zu kaufen. Als er es mir brachte, war es in eine Papiertüte eingewickelt und ich hab es ohne groß drauf zu schauen in meinem Rucksack gesteckt. Danach warst du der erste, der es wieder in den Händen gehalten hat.“

„Tut mir Leid. Ich hätte nicht so überreagieren sollen.“ Mein Schatz drehte sich um und schaute mich um Verzeihung bittend an.

„Besonders toll war es vielleicht nicht, aber so weiß ich wenigstens, dass ich dir nicht ganz egal bin.“

„Warst du nie.“

Sanft schmiegte ich meine Wange an seine, liebkoste mit meinen Lippen seinen Hals kurz hinter dem Ohrläppchen, während er sich wie ein Ertrinkender an mir festklammerte und seinen warmen Körper an meinen presste. Seine Nähe brachte mich um den Verstand. Jede seiner Berührungen, waren diese auch noch so gering, entfachte einen Adrenalinschub, als würde ich in einer Achterbahn sitzen und ständig Loopings fahren, nur doppelt so schlimm.

Meine Beine gaben leicht unter mir nach, als hätte ich von diesen Fahrten zehn Stück hinter mir. Nur dass dieses seltsame Gefühl in der Magengegend das heftigste Kribbeln war, was ich je erlebt hatte. Rey fing mich auf und sah besorgt zu mir auf.

„Du bist einfach der Wahnsinn.“, meinte ich entschuldigend.

„Jetzt schon?“

Mein gefallener Engel lächelte diabolisch und ich versank in seinen tiefen, dunkelblauen Augen, die mich teuflisch anfunkelten. Er begann mich immer fordernder zu küssen, biss mir ein paar Mal spielerisch in die Lippen und fuhr mit seinen Händen über meinen Rücken, Hüfte und Po. Dabei drängte er mich Stück um Stück nach hinten, bis ich an einen kleineren Wäschetrockner stieß.

Mein Herz pochte wie verrückt in der Brust und ich hörte das Blut wild in meinen Ohren rauschen. Seine Finger krochen geschickt unter mein Shirt und ich glaubte an jeder Stelle, wo sie meine nackte Haut berührten zu verbrennen. Reys Becken drückte stark gegen meines und ich konnte ziemlich gut spüren, dass mein Schatz genauso geil war wie ich. Kurz löste sich mein Mitbewohner von mir, aber nur um genug Platz zu haben, damit er an meiner Hose ran kam, die er anfing zu öffnen.

„Warte, Rey! Glaubst du, dass das hier der richtige Ort ist?“ Nur schwer konnte ich mich beherrschen, um nicht selbst über meinen gefallenen Engel herzufallen. Dieser schaute mich erregt mit seinem leicht geröteten Gesicht an, was mich mehr als nur schwach werden ließ. Er kam mit seinem Kopf wieder etwas an mich heran und als sein heißer Atem meine Wange streifte, schloss ich meine Augen und gab selbst den kleinsten Widerstand auf.

„Mir ist egal wo wir sind, Hauptsache du bist bei mir.“, hauchte Rey und nahm mein Gesicht in seine Hände. Leicht zuckte ich zusammen und wurde wieder an die kleine Prellung neben meinem linken Auge erinnert. „Aber ich glaube du hast Recht, wir sollten in die Küche gehen.“ Mein Schatz drückte mir einen letzten Kuss auf die Lippen, schloss wieder meine Hose, drehte sich um und lief ein paar Schritte voraus.

„Moment mal. Ich glaube nicht, dass die Küche besser wäre.“

„Für dein Auge schon.“

„Ich… Ich kann da jetzt nicht rausgehen, nicht so.“

„Denk einfach an unseren Hausmeister – nackt.“

Ungläubig starrte ich meinen Schatz an.

„Das ist pervers.“

„Jap. Und nun komm.“

Wie konnte er so locker lässig einfach alles abbrechen? Machte ihm das wirklich gar nichts aus? Ich ging zu ihm rüber, umarmte ihn von hinten und schmiegte meine Wange an seine.

„Rey, ich brauch dich und zwar jetzt.“

„Tomas, ich dich doch auch, aber wie sollen wir beide das genießen, wenn du bei der kleinsten Berührung vor Schmerzen zusammenzuckst?“

„Aber… das ist doch nur im Gesicht!“

„Das reicht schon.“

Keine Widerrede duldend, zog mich mein gefallener Engel aus dem Wäscheraum in Richtung Küche. Dort angekommen, blieb ich trotzig hinter ihm stehen, während er in einer der großen Tiefkühltruhen nach etwas suchte.

„Zieh nicht so eine Schnute, davon wird es auch nicht besser.“

„Ich hätte da schon eine Idee, wie ‚es’ sich auf jeden Fall bessern könnte.“ Mit zwei kurzen Schritten war ich hinter meinem Schatz, beugte mich über ihn und umarmte seinen Bauch. Er drehte sich aber abrupt um und knallte mir ein Gelkühlpaket an den Wangenknochen.

„Au! Hey, das tut weh!“

„Wenn du still halten würdest, würde es auch nicht wehtun.“

„Wenn du mir vorhin nicht eine rein gehauen hättest, müsste ich jetzt nicht still halten.“

„Und wenn du… warte mal! Diese bescheuerte Diskussion werde ich nicht noch mal mit dir führen.“

„Tja, weil du genau weißt, dass du mir unterlegen sein wirst.“

„Nein, weil ich genau weiß, was für ein riesen Dickschädel du bist.“

„Nur wenn es um dich geht.“ Schnurrend zog ich mit der freien Hand meinen Schatz zu mir, strich mit meiner Wange über seine und gab ihm einen liebevollen Kuss.

„Idiot. Pass lieber auf das Kühlpad auf, bevor es noch mehr anschwillt.“

„Hm, dafür sollte er das Teil nicht ins Gesicht halten, sondern eher in den unteren Regionen.“

Beide drehten wir uns erschrocken zu der Sprecherin um, die breit grinsend und Gummibären futternd auf ihren Barhocker saß und mit wackelnden Beinen zu uns rüber schaute. Ein paar Sekunden dauerte es schon, bis wir beide merkten, was Cat genau meinte, liefen bei der Erkenntnis rot an und setzten uns schnell mit zu der Kleinen an den Tresen, damit sie unsere ‚unteren Regionen’ nicht mehr sehen konnte.

„Schön, schön, das passt ja richtig gut.“, meinte unsere Freundin nach einer Weile und schob uns die Leckerlitüte zu. „Heute Abend legt ein ganz bestimmter DJ auf. Ich brauch mal noch ein paar Meinungen zu ihm, also seid ihr eingeladen. Zirka dreiundzwanzig Uhr geht’s los. Ihr könnt gerne bei mir übernachten.“

„Heute? Der DJ ist doch auch noch morgen da, oder?“, sagte Rey genervt.

„Nein, ist er nicht. Tomas, du kannst dir ja ein paar Klamotten von ihm hier ausleihen, müsste knapp passen. Oder warte, ich glaub ich hätte da sogar noch ne bessere Idee.“

„Komm schon Cat, muss das wirklich heute sein?“

„Ja Reyhan, muss es!“ Beide schauten sich ernst an, bis Rey laut stöhnend ausatmete.

„Von mir aus.“

„Gut, wäre das geklärt. Und jetzt ab an eure Arbeitsplätze. Es ist Freitag, da macht unser Drache seinen wöchentlichen Rundgang.“

Mein Schatz stand auf, strich mir ein paar Haarsträhnen aus dem Gesicht und hauchte mir einen Kuss auf die Wange. „Wir sehen uns dann zum Mittagessen.“

„Hey, wo willst du hin?“

„Ich habe mit der einen Studentin getauscht. Sie hat jetzt und nächste Woche Küchen- und ich ihren Wäschedienst.“

„Gut, dann komm ich mit dir mit.“

„Geht nicht. Du bist für diese Woche hier eingeteilt. Außerdem werdet ihr es wohl mal ein paar Stunden getrennt aushalten.“, meinte Cat augenrollend.

„Niemals!“ Trotzig klammerte ich mich an meinem Schatz fest, der liebevoll auf mich hinab blickte.

„Ich werd dir schon nicht weglaufen.“

„Würde ich auch nicht zulassen.“

„Idiot.“

„Dein Idiot.“

Rey trat näher zu mir und zog mich an meinem Po dicht an sich heran.

„Hab Geduld bis heute Abend.“

„Nur schwer.“

Langsam kamen seine Lippen auf mich zu und versiegelten meine mit einem leidenschaftlichen, nicht enden wollenden Kuss, der mich vom Stuhl hätte kippen lassen, wenn mich mein Schatz nicht festgehalten hätte.

„Hach muss Liebe schön sein, aber bei mir ist es auch nicht schlecht.“, seufzte Cat schelmisch, als Rey gegangen war und griff nach einer Karotte, um sie zu schälen.

„Wie lange bist du schon mit deinem Freund zusammen?“, fragte ich lachend.

„Hm, so nen bisschen was über sechs Jahre.“

„Oh und noch immer glücklich?“ Skeptisch schaute ich zu ihr rüber.

„Jupp. Jeden Tag – Tendenz steigend.“

„Na da.“ Ich wollte noch etwas hinzufügen, doch in diesem Moment wurde die Tür aufgestoßen und der Hausdrache persönlich beehrte uns mit seiner Anwesenheit.

„Moin!“ Fröhlich begrüßte Cat die Direktorin und ging weiter ihrer Arbeit nach, wie immer mit ihrem Oberkörper leicht zur Musik mitwippend.

Die Chefin des Hauses zog nur eine Augenbraue like Spock hoch, musterte mich geringschätzig und ließ dann einen Blick durch den Raum schweifen.

„Es ist fast Mittag.“, antwortete sie etwas verspätet auf die Begrüßung.

„Was? Schon? Dann aber fix.“, sagte Cat überrascht, legte ihr Werkzeug beiseite, sprang auf und wühlte beschäftigt in einer der großen Tiefkühltruhen.

Die Direktorin presste nur beide Lippen aufeinander und machte Anstalten, das Hinterzimmer zu verlassen. Doch als sie an mir vorbeiging, blieb sie abrupt stehen, drehte sich zu mir um und musterte den blauen Fleck neben meinem Auge.

„Wo kommt das her?“, fragte sie im Befehlston.

„Och, dass war ich gewesen. Bin doch tatsächlich von der Leiter gefallen. Zum Glück hat Tomas mich aufgefangen. Nur hab ich ihm dabei eins mit meinem Ellenbogen verpasst.“ Mit einem unschuldigen und völlig harmlosen Gesichtsausdruck log Cat den Drachen an. Diese kniff ihre Augen zusammen und blinzelte prüfend zu der Kleinen hinüber, die grinsend den Blick erwiderte.

„Etwas anderes hätte ich auch nicht geduldet.“ Mit diesen Worten entschwand die Direktorin aus unserer Nähe und ward nicht mehr gesehen – zumindest vorerst.

„Langsam fängt sie echt an zu nerven.“, grummelte meine Freundin und packte das Zeug wieder weg, was sie unnötiger Weise aus der Tiefkühltruhe geholt hatte.

„Langsam?“ Beide grinsten wir uns schief an und bereiteten dann soweit alles für das Mittagessen vor.

In der Pause gesellte sich Rey mit zu uns in die Mensa. Ich freute mich so dermaßen, endlich meinen Schatz wieder zu sehen, dass ich ihm vor allen Leuten um den Hals fiel und einen dicken Kuss auf die Lippen drückte, als wären wir Jahre voneinander getrennt gewesen. Einige schauten zwar seltsam, andere lächelten, beides war mir egal.

Recht gesittet setzten wir uns zu Cat an den Tisch und aßen erstmal unsere Mahlzeit. Bald danach hatte sich die Kleine kopfschüttelnd in eines ihrer Boys-Love-Mangas vergraben, während Rey und ich einfach nur dasaßen, gegenseitig mit unseren Fingern spielten und uns anhimmelten.

Eine halbe Stunde später hieß es wieder schweren Herzens Abschied nehmen. Die Zeit bis fünfzehn Uhr wollte logischerweise nur langsam vergehen, was mich fast rasend machte. Das einzige, was mich irritierte war Josch, als er seinen Küchendienst antrat. Mit ernster Miene lief er herum, mied mich offensichtlich und ließ sich selbst von Cat nicht aufmuntern.

Sorgenvoll aber doch beschwingt holte ich mir meine Infos aus dem Sekretariat und ging dann zu meinen Schützlingen in den Aufenthaltsraum. Rey war schon dort und hing mit den Jungs über ein paar Matheaufgaben. Zehn Minuten später hatten wir auch das bewältigt und die Kids verwickelten uns in das obligatorische Brettspiel. Nach einer Stunde wurden sie wieder nach draußen gejagt und mein Schatz und ich freuten uns auf die freie Zeit bis zum Abend.

Leider blieb uns diese verwehrt, da wir auf dem Weg in unser Zimmer vor der Turnhalle von Frau Müller abgefangen und zum Dekoaufbau abkommandiert wurden. Bis achtzehn Uhr hämmerten wir wie verrückt an der Bühne rum und hätten dabei fast das Abendbrot verpasst. Also hieß es fix das Werkzeug wegräumen und ab in die Mensa, schließlich mussten wir die Anwesenheit unserer Schützlinge kontrollieren.

Etwas beruhigt sah ich, dass Josch mit am Tisch saß, wenn auch komplett am anderen Ende, da er sich am Nachmittag noch nicht mal zu den Hausaufgaben hatte blicken lassen. Nach dem Essen schlichen Rey und ich regelrecht auf das Zimmer um endlich Ruhe und ein wenig Zeit für uns zu haben. Dort angekommen, warf ich mich auf mein Bett. Die Schufterei an der Bühne hatte mich echt geschafft. Mein Schatz setzte sich zu mir auf den Rand der Matratze, beugte sich über mich und hauchte mir einen Kuss auf die Lippen.

„Lass uns duschen gehen.“ Mein gefallener Engel funkelte mich diabolisch an und verursachte ein dermaßen heftiges Kribbeln, das meinen ganzen Körper heiß durchfuhr.

Rey zog mich mit sich auf die Beine, liebkoste meinen Hals, meine Wangen und arbeitete sich bis zu meinem Mund vor. Ungeduldig zerrte er mir mein Shirt vom Leib, berührte mit seinen weichen Händen meine nackte Haut, streichelte mich vom Nacken, über meinen Rücken hinab bis zum Po. Ich umfasste seine Hüfte und presste sie an meine, nicht mehr willig, ihn auch nur einen Zentimeter von mir weg zu lassen. Beide spürten wir die Erregung des anderen und genossen jede Sekunde davon.

Ich glaubte meinerseits zu schweben. Jede auch noch so kleine Berührung entfachte ein ungeahnt starkes Feuer in mir. Es nahm mich vollkommen ein, beherrschte mich ganz und gar und ich ließ mich bereitwillig verbrennen. Mehr oder weniger bei Besinnung merkte ich, wie mein Schatz sich etwas von mir entfernte, aber nur um so viel Platz zu haben, damit er mit leicht zitternden Händen meine Hose öffnen konnte. Seine Stirn war an meine gelehnt und sein schneller Atem, der heiß über meine Wange strich, rief eine wohlige Gänsehaut an meinem gesamten Körper hervor.

Wir warfen meine Hose und Reys Shirt achtlos beiseite und ergaben uns den fast schon animalischen Küssen. Ich war gerade dabei, die Hose meines gefallenen Engels zu öffnen, während er sich an meinem Hals festgesaugt hatte und mit einer Hand meinen Po knetete, sich mit der anderen an meinem Rücken festkrallte, als es dreimal laut an der Tür klopfte. Erschrocken hielten wir beide schwer atmend, mit wild pochenden Herzen, inne und schauten uns an.

„Wir sind nicht da.“, flüsterte Rey, schob beide Hände hinten unter meinen Shorts und zog mich wieder ganz nah an sich heran. Wieder trafen sich unsere verlangenden Lippen, spielten mit der Zunge des anderen und verknoteten sie dermaßen, dass ich kaum mehr Luft bekam.

Erneut klopfte es, diesmal nur etwas energischer. Dann hörten wir eine uns wohl bekannte Stimme von draußen herein schallen. „Reyhan. Dürfte ich sie bitten, mir ein wenig ihrer wertvollen Zeit zu schenken?“

Der Kopf meines Schatzes drehte sich ruckartig zur Seite und starrte gebannt auf die Tür. Er schien kurz zu überlegen und sah mich dann entschuldigend, fast traurig an.

„Tut mir leid.“, meinte er, löste sich komplett von mir, griff sich sein Shirt und richtete einigermaßen seine Klamotten zurecht.

„Der Drache weiß doch gar nicht, dass wir hier sind.“, sagte ich leise, blickte Rey verwirrt an und versuchte ihn wieder zu mir zu ziehen. Er kam mir auch ein Stück entgegen, drückte mir aber nur einen leichten, liebevollen Kuss auf die Lippen.

„Doch, weiß sie. So ein Gespräch steht alle vierzehn Tage an. Es ist wichtig, damit ich hier endlich rauskomme. Es dauert mindestens eine Stunde. Ich bin so schnell wie möglich wieder da. Kannst ja schon Mal duschen gehen.“ Ein letztes Mal strich er mir mit einem verliebten Funkeln in den Augen eine Haarsträhne aus dem Gesicht, gab mir einen Kuss und verschwand dann aus dem Zimmer.

Ich stand einfach nur da wie bestellt und nicht abgeholt und wollte nicht begreifen, was gerade geschehen war. Also ich wusste schon noch, was wir vor hatten, schließlich brauchte ich nur an mir hinab zu schauen, wo es mir hart entgegen prangte. Aber wieso war er jetzt so schnell verschwunden?

Und wie hatte die Direktorin ihn genannt? Reyhan? Auch bei Cat hatte er sofort nachgegeben, als sie ihn so angesprochen hatte. War das das Geheimnis wie man Rey bezwang? Wenn ja, würde ich es beim nächsten Mal auf alle Fälle nutzen, damit er mir nicht ein drittes Mal kurz davor weglief.

Genervt warf ich meine Sachen samt Boxer auf einen Haufen, krallte mir ein Handtuch und stieg unter die Dusche. Ich dachte, dass ich mich dort ein wenig beruhigen und entspannen könnte, aber da hatte ich weit gefehlt. Ich brauchte nur meine Augen zu schließen und schon stand mein gefallener Engel wieder vor mir, berührte und küsste mich, presste sein Becken an meines und machte noch andere Dinge, die definitiv nicht jugendfrei waren.

Das konnte nicht so weiter gehen. Wie sollte ich in diesem Zustand auf ihn warten, wenn ich schon beim kleinsten Gedanken an ihn fast kam? Wohl oder übel legte ich selbst Hand an und verschaffte mir so wenigstens vorerst etwas Erleichterung. Keine Ahnung wie lange ich danach noch unter der Dusche stand. Gequält dachte ich an Rey, wollte ihn bei mir haben, sehen wie das Wasser an seinem nackten Körper hinabfloss und er lustvoll aufstöhnte, wenn ich ihm sein bestes Stück massierte.

Fluchend riss ich meine Augen auf und drehte das Wasser auf kalt. Solche Gedanken waren nun wirklich nicht gerade hilfreich, doch selbst unter kaltem Wasser durchfuhr mich ein warmer Schauer, wenn ich nur an meinen Schatz dachte. Genervt drehte ich den Hahn zu und stieg aus der Dusche. Schnell hatte ich mich abgetrocknet, war in eine frische Boxer geschlüpft und warf mich erneut auf mein Bett.

‚Was hatte er gesagt wie lange das Gespräch mindestens dauerte? Eine Stunde?’ Grummelnd drehte ich mich auf die Seite, schloss meine Augen und lauschte nach draußen, in der Hoffnung, dass jeden Moment die Stufen der Treppe knarrten und meinen gefallenen Engel ankündigten. Irgendwie musste ich dabei eingeschlafen sein. Ein leichtes Rütteln an meiner Schulter weckte mich aus meinen süßen, wieder nicht jugendfreien Träumen.

„Hey du Schlafmütze, aufwachen.“, hörte ich eine mir bekannte Stimme.

Müde drehte ich mich auf den Rücken und blinzelte schwach zu dem Redner auf. Sofort war ich hellwach. Mit großen Augen starrte ich meinen Schatz an, der in voller Ausgehmontur vor meinem Bett stand. Langsam wanderte mein Blick von unten nach oben.

Von Rangers angefangen über schwarze Hosen, die an den Beinen locker bis oben enger wurden und mehrere längere Schnüre von der Hüfte und zwischen den Hosenbeinen hingen. Ein enganliegender, feiner Wollpullover schmiegte sich an seinen schmalen Oberkörper, in der Mitte mit einem Reißverschluss geteilt. Zwei Patentaschen aus Leder waren jeweils links und rechts auf den Pullover genäht und der Wollkragen reichte selbst umgeschlagen bis zum Kinn. Keine Ahnung ob Rey mit Puder nachgeholfen hatte, aber seine Haut schimmerte samtig blass im Schein des Lichtes.

„Wenn du dich endlich satt gesehen hast, wäre es nicht schlecht, deinen kleinen knackigen Po langsam aus dem Bett zu hieven und dich selbst fertig zu machen.“

Verwundert zog ich meine Stirn kraus und tastete nach meinem Handy auf dem Nachtisch.

„Halb elf?! Shit. Wieso hast du mich nicht eher geweckt?“, stöhnte ich genervt und ließ mich wieder zurück in mein Kissen fallen.

„Du sahst einfach zu niedlich aus.“, sagte mein Schatz, beugte sich hinunter und hauchte mir einen Kuss auf die Lippen.

„Ich bin nicht niedlich.“, grummelte ich, zog mit einem Ruck Rey zu mir aufs Bett, so dass er auf dem Rücken liegend zu mir aufschaute.

„Cat wird bestimmt nicht merken, wenn wir ne Stunde später kommen.“, meinte ich und begann am Hals meines gefallenen Engels zu knabbern.

„Doch, wird sie. Und danach wären wir Hackfleisch.“

„Mir egal.“

„Glaub mir, das ist dir nicht egal. Und jetzt komm. Auf meinem Bett liegen ein paar Sachen für heute Abend. Ich hab mir mal erlaubt, Cat deine Größe weiterzugeben. Die Klamotten wurden von so nem Designer zusammengenäht und wir sollen die Schautragen. Dafür kommen wir kostenlos in den Club und haben Freigetränke den ganzen Abend über.“, sagte Rey, drückte mir einen Kuss auf die Wange und wollte aufstehen.

Doch ich hielt ihn fest, presste meinen Schatz wieder auf die Matratze und gab ihm einen leidenschaftlichen Kuss. Minuten später lösten wir uns schwer atmend voneinander und blickten uns vielsagend an. Reys Gesicht war leicht gerötet und ich spürte, dass er genauso viel Lust hatte wie ich.

„Ich glaube, wir sollten jetzt wirklich langsam losgehen.“, flüsterte mein gefallener Engel mit leicht zitternder Stimme.

„Müssen wir denn wirklich?“, fragte ich nicht weniger unruhig.

„Ja, wir müssen.“

Gequält seufzte ich laut, ließ von meinem Schatz ab und stand auf. Nachdem ich mich im Bad kurz frisch gemacht hatte, betrachtete ich die Sachen von denen Rey gesprochen hatte. Die Hose ähnelte sehr der, die mein Mitbewohner trug. Das Muskelshirt war sehr körperbetont und unten jeweils an den Seiten mit Nieten und schmalen Ketten besetzt, was einen zirka zwei Zentimeter großen Einschnitt zusammenhielt. Überhaupt waren Nieten überall am Saum angebracht, an den Armen, am Hals und Bauch.

Im Licht schimmerte auf dem Rücken ein undeutlich zu lesender Aufdruck, da dieser fast die gleiche Farbe des Shirts hatte. Mein Schatz merkte meinen prüfenden Blick und beantwortete die unausgesprochene Frage.

„Den Aufdruck sieht man erst unter Schwarzlicht. Ist so was wie das Markenzeichen des Designers.“

„Nicht schlecht.“, meinte ich und griff nach dem letzten Kleidungsstück.

Eine eng anliegende Jacke, bei der die Ärmel aus feinmaschigem Strick und der Rest aus so einem PVC-Zeug bestanden, zierte nun meinen Oberkörper. An den Seiten waren so Stretcheinsätze mit Weite regulierbaren Schnallen und vorne durch Applikationen Brust- und Bauchmuskeln angedeutet. Alles in Allem fand ich es gar nicht mal so übel.

„Nimmst du mich so mit?“, fragte ich meinen gefallenen Engel, der mich diesmal selbst ein wenig sprachlos musterte.

„Ich hätte dich auch nur mit Shorts bekleidet mitgenommen.“, antwortete dieser, kam zu mir rüber und strich mit einer forschenden Hand über meine Brust.

„Du siehst echt wahnsinnig in den Sachen aus.“, sagte er leise.

„Das Kompliment kann ich nur erwidern.“ Fast zaghaft berührten sich sacht unsere Lippen und in mir breitete sich wieder diese intensive Wärme aus, begleitet von einem leichten Schwindelgefühl und heftigem Bauchkribbeln.

„Wow.“, war das einzige, was ich rausbrachte, als wir uns nach nicht enden wollenden Sekunden wieder voneinander lösten.

Mein Schatz lächelte mich verliebt an, hatte seine Arme um meinen Rücken geschlungen, während meine auf seiner Hüfte ruhten. Stirn an Stirn gelehnt standen wir noch eine ganze Weile da und genossen einfach die Nähe des anderen.

„Komm, lass uns losgehen, sonst steht Cat persönlich auf der Matte und schleift uns in den Club.“

„Irgendwie hab ich das Gefühl, dass sie das wirklich drauf hätte.“

„Hätte sie auch. Sie hat mit dem Designer eine Absprache und hasst es, wenn sie so was nicht hundertpro einhalten kann.“

„Dann sollten wir uns langsam beeilen, es ist kurz vor um.“

„Bloß gut, dass der Club keine zehn Minuten von hier entfernt ist.“, sagte mein Schatz und bedeutete mir, dass wir deshalb auch keine Jacken brauchten, da diese eh unsere eigentlichen Klamotten verdecken würden, aber jeder die Sachen sehen sollte, sobald wir den Club betraten.

„Sag mal, wer lässt uns heute überhaupt vom Grundstück beziehungsweise wie kommen wir nachher wieder hier rein?“, meldete sich plötzlich Bedenken bei mir an.

„Keine Sorge, dafür hat Cat gesorgt. Sie hat mir den Schlüssel vom kleinen Nebentor zugesteckt. Außerdem hatte sie uns doch angeboten, dass wir gleich bei ihr pennen können, wenn wir möchten. Wir hätten ihre Stube und nen echt bequemes Sofa für uns ganz alleine.“, grinste Rey und zog mich aus dem Zimmer.

„Hm… klingt verlockend.“, schnurrte ich, lief aber noch mal fix zu meinen Nachttisch, kramte zwei Kopfschmerztabletten vor und spülte sie hastig mit Wasser hinunter. Wieder bei meinem gefallenen Engel angekommen, musterte dieser mich besorgt, worauf eine Erklärung nötig war.

„Nur leichte Kopfschmerzen, mehr nicht.“, lächelte ich schief und war mir ziemlich sicher, dass Rey mir kein einziges Wort glaubte.

Womit er auch vollkommen richtig lag. Also Kopfschmerzen hatte ich schon, nur keine leichten. Mir kam es eher so vor, als würde ein bekloppter Mönch fanatisch mit einem Hammer auf einer Glocke rumhämmern und bei jedem Schlag spürte ich, wie sie erzitterte und dieser Treffer noch lange in mir nachhallte.

Wieso mussten wir auch unbedingt bei der Bühne mithelfen, wieso musste mir mein Schatz erst eine reinhauen, bevor er zugab, dass er mich mochte und wieso musste dieses bescheuerte Regal unbedingt genau auf meinem Schädel landen?!?!?! Ich wollte diesen Abend genießen und zwar mit meinem kleinen gruftigen Luzifer, mit dem ich gerade Händchen haltend durch die dunklen Straßen lief, ohne dass mich irgendwelche bescheuerten Kopfschmerzen dabei störten.

Wenige Minuten später durchquerten wir den Eingang des Clubs. Noch nicht mal einen Stempel bekamen wir verpasst, man ließ uns ohne Kommentar passieren. Eine lange, leicht geschwungene Steintreppe führte in regelrechte Katakomben hinab. Hohe gewölbte Decken und steinerne Wände, die mit jeder Menge Szenenkram behangen waren, zierten das Bild. Prodigy dröhnte mit „Voodoopeople“ durch die Hallen und von der Mitte der Treppe sah ich einen ganzen Pulk von Menschen, wie sie sich im flackernden Licht zur Musik bewegten.

Ein Schwall Patschuli vermischt mit Vanille kam mir entgegen, worauf ich nur meinen Kopf schüttelte. Beide Gerüche waren in Massen abartig. Die Tabletten verrichteten wunderbar ihre Arbeit, weswegen ich Rey fast entspannt durch die Menge Richtung Bar folgte. Kurz bevor wir dort ankamen, versperrte uns eine kleine, zierliche Person den Weg.

„Ihr seid spät dran!“, brüllte sie uns an. Ich ahnte eher was sie sagte, als das ich es wirklich hörte. Die Musik war halt tierisch laut.

„Sorry, wir mussten uns noch schick machen.“, meinte mein gefallener Engel, worauf Cat nur mit den Augen rollte und uns aufforderte, ihr zu folgen.

Wir steuerten auf einen Typen mit sehr dunkler Hautfarbe zu, der neben der Bar stand und den die Kleine uns als den Designer der Sachen vorstellte. Mir fiel wortwörtlich die Kinnlade runter. Vor mir stand ein junger Mann, vielleicht Mitte zwanzig, der gut eineinhalb Köpfe größer war als ich. Sein Kopf war kahl rasiert, seine Arme so breit wie meine Oberschenkel – mal von seinen eigenen Beinen ganz abgesehen. Der schien nur aus Muskeln zu bestehen, die sich sanft unter seinem feinmaschigen Netzhemd bewegten. Die enganliegende Lederhose ließ nicht nur einen absoluten Knackarsch vermuten.

Nicht das ich ihn geil fand oder so – ich stand nicht unbedingt auf solche Kalenderblatttypen – aber ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass dieser Kerl, dessen Finger so breit waren wie Bockwürste, so etwas entwerfen und selbst herstellen konnte, wie das, was ich gerade am Körper trug.

Rey schien den Typen schon zu kennen, denn sie umarmten sich kurz, wodurch zum Glück meine Verwunderung keiner mitbekam. Der Designer wurde mir als Phil vorgestellt und nach einer knappen, aber freundlichen Begrüßung musterte er kritisch seine Werke an uns. Nachdem er hier und da etwaige Änderungen notiert hatte, verabschiedeten wir uns von ihm, bestellten ein paar Alkopops und beobachteten ein wenig das Treiben der Menge.

Ich hatte mich auf einem Barhocker niedergelassen, mein gefallener Engel stand zwischen meinen Beinen vor mir und lehnte sich mit dem Rücken an meine Brust. Meine Arme um seine Schulter geschlungen, knabberte ich genüsslich an seinem Hals, was Rey mit einem genießerischen Lächeln quittierte. Wir ließen uns einfach treiben und genossen die geniale Atmosphäre des Clubs.

Einige Zeit später tauchte Cat wieder vor uns auf und deutete mit einem Nicken Richtung DJ, der auf einem erhöhten Podest mit seiner Musik die Menge zum toben brachte. Nicht viele Leute waren neben dem Mischpult zu sehen. Es durften bestimmt nur ausgewählte Mietglieder dort hoch, aber zwei Menschen stachen mir sofort ins Auge. Der eine hatte sich gegen die Wand vor dem Pult des DJ’s gelehnt, sein Blick wanderte nachdenklich über die Massen und dann wieder zu seinem Gesprächspartner, auf den ich eigentlich aufmerksam geworden war.

Dieser Typ strahlte eine unheimliche Aura aus, bei der ich leichte Gänsehaut bekam. Als hätte er meine Gefühle gewittert, drehte der Mensch sich um und schaute mich direkt an. Ich wusste nicht, ob meine Sinne durch die Tabletten und den Alk verrückt spielten, aber ich glaubte doch wirklich, dass seine tiefgrünen, funkelnden Augen mich böse anblitzten. Meine Nackenhaare stellen sich auf und ein kalter Schauer durchzuckte meinen Körper. Rey schien es wohl mitbekommen zu haben, denn er drehte sich zu mir um und sah mich mit einem ‚Alles-Okay?’-Blick an, worauf ich zögerlich nickte.

„Ich geh mal kurz ein paar Leute begrüßen, bin gleich wieder da.“, sagte mein Schatz laut, drückte mir rasch einen Kuss auf die Lippen und verschwand zwischen den Menschenmassen. Ich wollte ihm schon hinterher springen, doch Cat versperrte mir den Weg.

„Es dauert nicht lange, keine Sorge.“, meinte sie, wofür ich sie hätte umbringen können. ‚Was bildet die sich eigentlich ein?‘ Ich fühlte mich wie ein verlorenes kleines Kind.

Einen kleinen Blick wagte ich wieder auf das Podest – was sollte ich auch sonst machen? – und war überrascht, dass nun mein Schatz dort oben vor diesem unheimlichen Typen stand und sich scheinbar eine Predigt anhören durfte. Der andere Kerl hatte sich zu Cat gesellt, beide redeten verhalten und schauten hin und wieder besorgt zu Rey und dem Typen.

Mein Mitbewohner sah anfangs noch trotzig sein Gegenüber an. Aber schon nach wenigen Worten sackte er mehr und mehr in sich zusammen, bis er sich mit gesenktem Kopf an die Wand hinter sich lehnte, die Arme um seinen Körper geschlungen, als sei ihm bitterkalt.

Das reichte! Wer war dieser Wichser, dass er einfach so meinen Schatz fertig machte?! Ich sprang von meinem Hocker und stürmte auf die Beiden zu. Ein paar Meter vor dem Pult wurde ich aber unerwartet aufgehalten. Der junge Typ, der zuletzt bei Cat und vorher bei diesem Arsch gestanden hatte, hielt mich mit einem Arm um meine Brust geschlungen davon ab, das Podest zu betreten.

Ich fluchte, schrie er solle mich loslassen, zappelte, zerrte, trat und schlug um mich, doch mein Gegner hielt mich weiterhin fest, als sei ich lediglich ein kleiner Junge der Terror machte, weil er keinen Schokoriegel bekam. Wieso waren auf einmal alle so stark? Oder war ich wirklich so schwach geworden, nur weil ich mal eine Woche nicht trainierte?

Irgendwann hatte der Typ mich wohl satt und verpasste mir einen Faustschlag in die Magengegend. Kurz blieb mir die Luft weg und ich sank auf meine Knie hinab. Mein Gegner kniete sich schwer atmend neben mich, als hätte er gerade einen Marathonlauf hinter sich und legte freundschaftlich einen Arm um meine Schulter.

„Mann, hast du ne Energie.“, keuchte er und lächelte mich an.

Erst jetzt bemerkte ich, wie gut er ausschaute. Längere braune Haare, hinten zu einem Zopf gebunden wie es damals die Seeleute gemacht hatten und sehr wache Augen. Ich war erstmal sprachlos. Er grinste nur breiter und deutete dann nach vorne auf das Podest.

„Keine Sorge, Cat klärt schon alles.“

Verwundert folgte ich seinem Blick und sah, wie die Kleine gerade vor diesen unheimlichen Menschen trat und ihm voll eine feuerte. Der Kerl neben mir zuckte zusammen und schaute auf einmal sehr besorgt aus, was ich gut verstand, denn die Ohrfeige glaubte ich bis hierher schallen zu hören. Dann fing Cat an, den anderen zusammen zu stauchen, bis dieser mit gesenktem Kopf betröppelt vor ihr stand. Ein wenig lustig sah das Ganze schon aus, da ihr Gegenüber gut zwei Köpfe größer als sie selbst war.

Nach einer Weile hielt sie inne und atmete tief durch. Dann hob Cat langsam ihren Arm und streichelte dem Typen sanft über die Wange, die sie vorher geschlagen hatte. Er nahm ihre Hand in seine, seufzte und nickte dann leicht. Daraufhin kam Cat ihm näher, stellte sich auf Zehenspitzen und er beugte sich zu ihr hinab. Zaghaft trafen sich ihre Lippen, nur ganz kurz, dann klammerten sich beide aneinander fest, drückten den jeweils anderen an ihre Brust, als hätten sie Angst, jemals wieder von einander getrennt zu werden.

Rey hatte sich von der Wand abgestoßen, sah vorsichtig zu den beiden hinüber und sprach sie an. Cat antwortete mit einem gutmütigen Lächeln. Der Typ schaute kurz zu mir hinüber und durchbohrte mich mit einem prüfenden, mich sehr unsicher machenden, fast bösen Blick, den ich nach einer Sekunde trotzig erwiderte. Dann drehte er sich wieder zu meinem Schatz um und gab ein Nicken von sich. Mein gefallener Engel lachte erleichtert, wandte sich glücklich strahlend zu mir, sprang von dem Podest und kam auf mich zugestürmt. Bei mir angekommen fiel er gleich in meine Arme und knuddelte mich heftig.

„Was war eigentlich los?“, fragte ich, froh, endlich wieder meinen Schatz ganz nah bei mir zu haben.

„Ich erklär dir das später, okay? Hier ist einfach nicht der richtige Ort dafür.“

Nur so weit von mir wegschiebend, dass ich ihm ins Gesicht sehen konnte, schaute ich Rey prüfend an.

„Okay.“, meinte ich Sekunden später und drückte ihn wieder fest an mich.

„Komm, ich brauch jetzt erstmal was zu trinken.“, sagte mein Schatz nach einer Weile und zog mich Richtung Bar.

Langsam aber sicher entspannte ich mich wieder, verdrängte die leichten Kopfschmerzen, die ab und zu mal hoch kamen und genoss die gute Musik und die Nähe meines kleinen Luzifers. Nachdem wir einige Zeit lang am Rand der Tanzfläche gestanden und die Leute dort beobachtet hatten, nahm mir Rey mein Getränk aus den Händen und führte mich, mit einem diabolischen Glitzern in seinen Augen, inmitten der hüpfenden und wackelnden Menschen. Die Lieder, die momentan liefen, gingen so in die Darkwaverichtung, also genau das richtige zum Abfeiern, was wir auch taten.

Reys Gesicht im flackernden Licht zu sehen, seinen Körper, der immer näher an meinen drängte, brachte mich fast um den Verstand. Dazu kam noch, dass mein Schatz langsam den Reißverschluss meines langen Oberteils öffnete und mir das Stück Stoff genüsslich von meinen Schultern schob. Am Handgelenk fing ich die Jacke auf und schmiss sie achtlos beiseite. Natürlich konnte ich nicht anders als mich zu revanchieren und wenige Augenblicke später landete auch sein Oberteil in einer Ecke. Ganz nebenher bekam ich mit, wie Cat die Jacken beschlagnahmte und zwischen den feiernden Massen verschwand.

Sprachlos starrte ich wieder meinen Schatz an. Dass knappe Muskelhirt aus schimmernden schwarzem Stoff sah an ihm einfach nur heiß aus, besonders weil man dachte, man könne aus bestimmten Blickrichtungen durchsehen. Obwohl, selbst ein Stück Lumpen hätte an Rey geil ausgeschaut.

Mal tanzten wir eng beieinander, mal etwas weiter weg. Aber immer bewahrten wir Hautkontakt aus Angst, vom Rest der feiernden Massen davon getragen zu werden. Von einigen Seiten spürte ich, dass wir beobachtet wurden, was mich allerdings weniger interessierte. Genau wie meine leichten Kopfschmerzen ignorierte ich sie und schenkte meine volle Aufmerksamkeit dem Menschen vor mir, in den ich mich von Minute zu Minute mehr verliebte.

Keine Ahnung wie lange wir so miteinander tanzten, aber irgendwann wurden wir durch fliegende Gegenstände unterbrochen. Unsere Zungen trugen gerade ein wildes Gefecht miteinander aus, als ein Glas knapp unsere Köpfe verfehlte. Erschrocken ließen wir voneinander ab und suchten verärgert nach demjenigen, der solchen Scheiß machte. Die Szene die uns dargeboten wurde, wäre fast lustig gewesen, wenn nicht noch immer Dinge durch die Gegend fliegen würden.

Eine Tusse drehte voll frei, keifte ihren Freund an und schmiss alles nach ihm, was ihr in die Hände fiel. Mein Schatz und ich grinsten uns belustigt an. Er wollte meine Hand nehmen, um mich hier wegzuführen, als uns eine Flasche direkt entgegen kam und ich gerade noch so Rey zu mir ziehen konnte, damit er nicht getroffen wurde. Leider erging es mir nicht so prickelnd, denn mich traf die nächste direkt am Kopf.

Schlagartig wurde alles um mich herum schwarz und ich merkte nicht mal mehr, wie mein Schatz mich auffing und zu Boden gleiten ließ. Wie Cat ankam, meinen Puls maß und die Verletzung begutachtete. Wie der Typ mit den wachen Augen meinen gefallenen Engel zurückhalten musste, damit dieser nicht auf die Tusse losging. Wie ich von dem Grünauge aufgehoben, in ein ruhiges Hinterzimmer getragen und auf einem großen, weichen Bett abgelegt wurde.

*

Als ich wieder zu mir kam, war das erste, was ich wahrnahm eine angenehme Wärme um mich herum und ein schwacher Lichtschein. Langsam öffnete ich meine Augen und sah mich immer noch etwas benommen um. Die Wände waren schwarz gestrichen, die Kommoden und kleinen Schränke in einem dunklen Farbton gehalten auf denen viele kleine Teelichter verteilt standen und das gesamte Zimmer in eine gruftig, romantische Atmosphäre tauchten.

„Na, wieder wach?“, flüsterte jemand links von mir und ich drehte meinen Kopf in die entsprechende Richtung. Sofort bereute ich diese eigentlich geringe Bewegung, denn hinter meiner Stirn explodierte ein stechender Schmerz, der mich gequält aufstöhnen ließ.

„Bleib erstmal ruhig liegen. Du hast vorhin ganz schön was an deinem Dickschädel abbekommen.“, meinte er ruhig und legte mir ein eiskaltes, feuchtes Tuch auf die Stirn. Mein Schatz schaute besorgt auf mich hinab und streichelte sanft über meine Wange.

„Bloß gut, dass der so groß ist.“, witzelte ich, worauf Rey etwas lächelte.

„Tut mir leid. Ich hätte besser aufpassen müssen. Jetzt hast du schon wieder Schmerzen wegen mir.“ Traurig spielte mein gefallener Engel mit einer meiner Haarsträhnen.

„Schsch… red nicht so einen Unsinn. Was kannst du dafür, dass diese blöde Tusse plötzlich frei dreht?“, beruhigte ich ihn, legte eine Hand in seinen Nacken, zog ihn zu mir und gab ihm einen leichten Kuss.

Rey sah zwar noch nicht ganz überzeugt aus, entspannte sich aber merklich. Er setzte sich wieder ein Stück auf, griff zu dem kleinen Schrank, der neben dem Bett stand und reichte mir ein Glas mit einem prickelnden, gelb-grünen Inhalt. Skeptisch betrachtete ich das Getränk, dann meinen Schatz.

„Ist so ein Wunderzeugs von Cat. Soll gegen deine Kopfschmerzen helfen.“, erklärte er und nickte mir auffordernd zu.

Alles andere als begeistert setzte ich mich etwas auf, nahm das Glas entgegen und schnupperte vorsichtig dran. Es roch irgendwie zitronig frisch, weshalb ich es ohne weiter zu zögern komplett austrank. Es schmeckte ganz annehmbar, weder gut noch schlecht und besaß noch nicht mal die erfrischende Wirkung, die man von anderen Limos kannte. Ich gab Rey das Glas zurück und er stellte es zur Seite. Mir ging es nicht wirklich besser, weshalb ich mich wieder hinlegte.

„Es wird ungefähr eine halbe Stunde dauern, bis es wirkt, meinte Cat.“

„Grml. Ich würde lieber wieder mit dir tanzen gehen. Du sahst einfach wahnsinnig aus.“

Mein Schatz kam schnurrend aufs Bett gekrochen, legte seinen Kopf unterhalb meiner Schulter und verschlang seine Beine in meine. Sein Becken rückte meinen näher und sein linker Arm ruhte nun auf meiner Brust. Ich drückte meine Lippen auf seine Stirn und zog ihn so nah wie nur möglich an mich heran. Es tat übel gut seine Wärme zu spüren. Ich genoss seinen Duft, der mir berauschend in die Nase stieg, genoss seine Anwesenheit, die mehr als nur beruhigend auf mich wirkte und genoss die geniale Musik, die dumpf in unser kleines Zimmer drang.

Wie lange wir so eng beieinander lagen, kann ich nicht mehr sagen. Vielleicht war ich auch kurz eingenickt, aber ein zögerliches Klopfen holte mich wieder zurück in die Wirklichkeit. Cat steckte ihren Kopf durch die Tür und nach einem Lächeln von mir trat sie ein.

„Na, alles wieder klar bei dir?“, fragte sie mich leise und betrachtete Rey seltsam von der Seite.

„Ja, ich glaube schon. Meine Kopfschmerzen merke ich kaum noch.“

„Das ist gut. Sag mal, schläft der Kleine etwa?“

„Wie es aussieht, ja.“, lächelte ich, als ich meinen gefallenen Engel ein wenig hinter dem Ohr kraulte und er ein verschlafenes Gurren von sich gab.

„Meine Mutter hatte wirklich Recht.“, meinte Cat nicht zum ersten Mal und blickte immer noch ungläubig zu uns rüber.

„Wie meinst du das?“ Meine Freundin antwortete nicht sofort, holte dann tief Luft und fing an zu erklären.

„Es ist so, dass noch nie jemand Rey müde, geschweige denn schlafen gesehen hat. Noch nicht mal ich, obwohl er ein paar Mal bei mir übernachtet hatte. Dass er bei dir eingepennt ist… Du kannst dir nicht vorstellen, was das bedeutet.“

„Du könntest es mir erklären.“

„Nein, das ist unmöglich. Wenn, dann muss es das kleine Murmeltier schon selbst machen.“ Eben dieser begann sich gerade zu regen und öffnete mit einem Gähnen seine Augen.

„Hey.“, begrüßte ich meinen Schatz.

„Hey.“, lächelte er zurück.

„Hey.“, mischte sich Cat mit nem megamäßig breitem Grinsen ein. Ruckartig drehte Rey seinen Kopf beiseite und setzte sich etwas auf. „Na, gut geschlafen?“, fragte die Kleine scheinheilig, worauf mein Schatz sie aus großen Augen anstarrte, knallrot anlief und zu stottern begann.

„Nein!“ Er warf einen Blick zu mir und redete durcheinander weiter. „Ähm… ich meine doch…“

„Ja, ja, schon klar.“, lachte Cat. „Es ist kurz nach eins, also habt ihr noch ein paar Stunden. Genießt sie und verplempert diese nicht mit sinnlosem Geschnarche.“, forderte die Freundin uns auf und verschwand augenzwinkernd aus dem Zimmer.

„Prima, das ist ja ganz toll.“, jammerte Rey, zog seine Beine zur Brust und fuhr mit den Händen durch seine Haare.

„Was ist denn so schlimm daran, dass du eingenickt bist?“ Verwundert setzte ich mich neben ihn und kraulte seinen Nacken.

„Es ist nicht gut, wenn man vor jemandem einschläft! Nicht bei mir, verstehst du.“

„Nein, tu ich nicht. Erstens braucht dein Körper irgendwann mal Ruhe und Erholung. Zweitens ist das das natürlichste auf der Welt und drittens bin ich nicht irgendjemand. Ich bin dein Lover und du kannst egal wann und wo immer in meinen Armen einschlummern.“ Mein gefallener Engel lächelte mich liebevoll an und strich mir ein paar Strähnen aus dem Gesicht.

„Du bist viel mehr als nur mein Lover. Du bist der einzige, bei dem ich mich sicher und geborgen fühle.“

„Wow.“ In diesem Moment hätte ich sterben können vor Glück. Das war für mich die Liebeserklärung überhaupt und ich konnte nicht unterscheiden, was heftiger war: Das übermäßig schnelle Herzklopfen oder das wohlige Kribbeln, welches sich gleich eines farbigen Tropfens, der in glasklares Wasser eintaucht durch meinen gesamten Körper zog.

„Erzähl mir mehr.“, bat ich schnurrend und begann am Hals meines Schatzes zu knabbern.

„Lieber nicht. Man sollte seinen Leibeigenen nicht zu sehr verwöhnen.“

„Och, ich hätte da nichts dagegen. Was heißt hier außerdem Leibeigener?“

Spielerisch biss ich ihm ins Ohrläppchen, was er quiekend quittierte. Eine kleine Rangelei entstand, bei der es aber überwiegend um die Herrschaft des Kusses ging. Wir rollten vergnügt über das große Bett, saßen abwechselnd triumphierend auf dem anderen und überhäuften uns gegenseitig mit Liebkosungen. Irgendwann wurden die Küsse länger, die Zungenspiele wilder und die Streicheleinheiten fordernder. Mein Schatz hatte wieder dieses diabolische Funkeln in den Augen, bei dem mir ganz anders wurde.

Unsere Hosen lagen binnen weniger Sekunden neben unseren Shirts auf dem Boden und Reys Körper schmiegte sich heiß an meinen, als wolle er mich verbrennen. Seine Lippen wanderten von meinem Hals hinab über meine Brust und saugten sich für kurze Zeit an meinen Nippeln fest. Genussvoll stöhnte ich auf und streichelte über die Schultern meines gefallenen Engels.

Langsam ging er tiefer, ließ seine Zunge einmal um meinen Bauchnabel kreisen, fuhr mit seinen Fingern unter den Bund meiner Shorts und zog das letzte Stück Stoff von meinem Leib. Meine Hände krallten sich tief in das Laken unter mir, als er begann mich mit seinen Lippen zu verwöhnen.

Ich glaubte zu schweben. Alles wirkte auf einmal so irreal. Eindrücke und Gefühle stürzten wie eine Flutwelle über mir zusammen und vermischten sich zu einer einzigen Empfindung, für die es unmöglich war, ein Wort zu finden. Es war einfach der Wahnsinn schlechthin. Rey war der Wahnsinn und er schmeckte göttlich, als ich mich kurze Zeit später revanchierte.

Langsam bekam ich ein wenig Angst, da das Vorspiel schon der absolute Hammer war, ob ich da überhaupt noch bis zum Hauptgang durchhielt oder eher völlig fertig einfach glücklich umfiel. Mein Schatz allerdings schien genau zu wissen, was er tat. Zwischendurch gönnte er mir ab und zu kleinere Pausen, in denen wir einfach nur beieinander lagen, uns über unsere schwitzigen Körper streichelten und zärtlich küssten.

Rey war unglaublich sanft und einfühlsam, seine Lippen absolut weich, die Haut fast zart. Sein leicht geöffneter Mund, aus dem ab und zu lustvolle Laute zu hören waren – immer dann, wenn ich eine seiner empfindlichen Stellen fand. Sein Körper, wie er sich aufbäumte unter meinen intensiven Liebkosungen. Dies alles brachte mich dermaßen um den Verstand, dass ich ihn nach einiger Zeit fast anbettelte, es zu Ende zu bringen.

Mein kleiner Luzifer lächelte triumphierend mit diesem abnormalen, wilden Funkeln in den Augen, küsste mich liebevoll, als wolle er von diesem diabolischen Glitzern ablenken und drang dann in mich ein. Für den ersten Moment blieb mir die Luft weg und ich begann mich etwas zu verkrampfen. Mein Schatz verharrte sofort in der Position, flüsterte mir Lieblichkeiten ins Ohr, streichelte und massierte mich, damit ich mich wieder entspannte.

Sein heißer Atem auf meiner feuchten Haut verursachte einen dermaßen wohligen Schauer, bei dem sich auch die letzte Verkrampfung löste und mein gefallener Engel begann sich wieder zu rühren. Immer schneller wurden seine Bewegungen, fast rabiat die Stöße, immer lauter unsere Stimmen, bis wir endlich kurz nacheinander zum Höhepunkt kamen.

Am ganzen Körper zitternd brach ich zusammen und für einen kleinen Augenblick wurde mir schwarz vor Augen. In diesem Moment konnte ich nicht wirklich begreifen, was passiert, geschweige denn mit mir los war. Es war nicht mein erstes Mal mit einem Jungen, aber dass es so intensiv sein konnte, hätte ich mir nie erträumt.

Sanft berührte Rey meine Wange und ließ seine Finger über mein Kinn, Nase und Mund fahren. Ein wahnsinniges Gefühl des Glücks, der Geborgenheit und… ja, Liebe stieg in mir auf, das es fast schmerzte. Ich brauchte ihn so sehr wie keinen anderen Menschen zuvor, was für mich beängstigend und wunderschön zugleich war.

Mein Schatz musste wohl meine Verwirrtheit mitbekommen haben, denn er zog mich zu sich heran, bettete meinen Kopf auf seiner Brust und legte seine Arme um meine Schulter. Er lag mit dem Rücken auf der Matratze, weswegen ich mich sofort so eng wie nur möglich an ihn ran kuschelte und ihn mit meinen Armen umschlang. Es bedurfte keiner Worte in dieser Situation. Wir waren glücklich miteinander und das war alles, was in diesem Moment zählte.

*

Am nächsten Morgen wachte ich durch ein leichtes Kältegefühl auf. Der Geruch von erloschenen Kerzen vermischte sich mit einem Hauch von Patschuli und einem noch viel lockenden Duft, den ich vorerst nicht zuordnen konnte. Langsam öffnete ich meine Augen, um mich an die vorherrschende Helligkeit zu gewöhnen. Noch halb blind tastete ich nach meinem Schatz, doch fand ich die andere Hälfte des Bettes leer vor.

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