Margie 24 – Wenn die Moral bröselt

Irgendwie stieg mir die Hitze in den Kopf. Es war nicht nur die Sommerglut, die in dieser noch dazu windgeschützten Ecke ihren Beitrag leistete. Auch, ja, aber eben nicht nur. „Du bist Notgeil, gib es doch zu.“ Blödsinn. Natürlich ist man in unserem Alter unter besonderen Umständen extrem rollig, wer kennt das nicht. Aber deswegen..

»Woran denkst du?«, fragte Felix.

Wir haben uns diese Frage unzählige Mal gestellt seit wir uns kennen. Es war einfach üblich dass man wusste was der andere gerade dachte. Manchmal gab’s daraus dann echte Diskussionen, aber diese Art von Gedanken, die hatten wir nie ausgetauscht. Sex war nun mal eben kein Thema, zumindest unter uns nicht.
Ich kam zu dem Schluss, dass wir dafür einfach noch nicht reif waren. Bei der „Wichsgruppe“ war das was anderes. Muss ja zugeben, dass man mit denen auch niemals ernsthafte Themen durchkauen konnte. Spaß haben, das war am Ende alles was wir wollten.
Als Iris in Felix’ Leben aufschlug, auch da gab es keinen Grund drüber zu reden. Eigentlich erst recht nicht. Elternhaus, sage ich nur. Ich hätte schon manchmal gern gewusst wie das so ist, was man fühlt und all diese Dinge, aber es blieb eben bei den Gedanken.
Aber nun waren wir so quasi erwachsen. Nicht richtig, aber doch fast. Ich hatte gute Lust, meine Gedanken auszubreiten. Zum Beispiel, wie sehr mich Angelo noch beschäftigte. Trotz aller guten Vorsätze, die ich mir in den letzten Minuten vorgenommen hatte, fanden einfach keine anderen Dinge Zugang zu meinem Hirn.
Da war einfach immer noch nur er. Mut zum Risiko? Wollte ich wirklich? „Ich werde Felix nicht anfassen. Jetzt nicht, morgen nicht, überhaupt nicht.“ Dumm nur, dass mich die Vorstellung es mit ihm hier zu treiben, einfach nicht losließ.

»Ich hätte jetzt gute Lust zu wichsen«, sagte ich eher laut denkend.

Ich wollte ihn ja nicht erschrecken.

Felix stützte den Kopf auf seinen Ellenbogen und sah mir in die Augen.

»Ich hab das noch nie gemacht, ich mein, mit einem Jungen.«

Eigentlich hätte ich ihm ja sagen können dass es immer ein erstes Mal gibt und dass es im Grunde nichts Verwerfliches ist. Aber da war diese Bremse. Sollte er entscheiden ob er es machen möchte oder nicht.
Dann konnte ich mich später zumindest vom Vorwurf einer Verführung befreien. Aber Felix zögerte, was ich ihm freilich nachsah.

»Wenn du das nicht willst, kein Problem«, bestärkte ich meinen Willen, ihm nichts aufzwingen zu wollen.

Schade wär’s ja schon und um Angelo aus dem Kopf zu kriegen sah ich momentan gar keine andere Möglichkeit. Nur, blieb da nicht der fade Nachgeschmack.. derselbe, den Angelo bei mir hinterließ? Nämlich den, jemanden nur ausnutzen zu wollen?
Die Triebe befriedigen und fertig. Allerdings lag der Fall hier auch anders; ich würde Felix einfach nicht anfassen. Zudem gehörten ja auch immer zwei dazu. So sahen wir uns in die Augen, da standen bei dem einen mehr Fragen geschrieben als bei dem anderen.
Seine Frage würde eher die der Moral sein und meine, wie er wohl nackt aussehen würde. Irgendwie doch seltsam, dass man sich ein Leben lang kennt und dann doch nicht. Ich mein, ich weiß, ich hatte weder bei Felix noch den anderen beiden je das Bedürfnis.
Wir waren Zelten, Ausflüge.. Gelegenheiten gab’s da immer jede Menge. Aber scheinbar hatten die so ne Art Schutzschild dagegen um sich herum. Eins von der Art, dass man gar nicht erst auf den Gedanken kam mal in der Richtung was anzustellen.
Bei den anderen mitzumachen war kein Problem, da bin ich eigentlich eher so reingeschlittert. Viel Zeit drüber nachzudenken gab’s einfach nicht. Egal, all diese Dinge waren zunächst ohne großes Gewicht.
„Gib zu dass du es mit jedem hier treiben würdest, egal wer und wie er aussieht.“ Ups, das waren überaus dreiste Worte. Am Ende wusste ich aber nicht mal ob da was Wahres dran war. Nicht zu leugnen und nicht zu übersehen waren dagegen die Tätigkeiten meines kleinen Freundes.
Nur, ich hatte es gar nicht bemerkt. Also, schon, aber ich dachte nicht dass man es sieht.

Felix ist aber nicht blind. Und ich hätte geschworen, sein Atem ging etwas schneller in den letzten Minuten. Geil war einfach, dass wir hier nicht gestört werden konnten und irgendwie alles passte.
Wir waren beide vom Schmerz der Trennung betroffen, keiner hatte die Möglichkeit im Augenblick Ersatz ranzuschaffen. Er keine Frau, ich keinen Mann. Damit trafen zwei Faktoren zusammen, und die hatten scheinbar auch für Felix ihren Reiz.
Sicher, ich war da ganz klar im Vorteil und wenn auch nur ein Funke Hoffnung bestand, ich wollte darauf eingehen. Alle Schranken fielen aber noch nicht. Gab’s eine Taktik, wie ich Felix dazu bringen könnte, sie selber zu Fall zu bringen?
Den Anfang hatte mein Schwanz ja gemacht, der bekundete sichtbares Interesse an den Dingen um ihn herum. Sollte ich einfach loslegen, ohne dass Felix selbst aktiv würde? Diese Art von Exhibitionismus hatte was. Also, für mich.
Aber wie stand es da um Felix? Wichsen konnte er ganz bestimmt, da gab es letztlich keinen Zweifel. Ich steigerte mich derart in die Sache, dass ein zurück nicht mehr möglich schien. Angelo verzog sich mehr und mehr, die Spannung an dem Ort stieg von Minute zu Minute, und das Sprichwörtlich.

»Nun, was ist? Machst du mit?«

Ist ja nicht meine Art, jemanden in die Enge zu treiben, aber allmählich entglitt mir die Steuerung. Und ich hätte wirklich schwören können, in Felix’ Augen schimmerte etwas, das ich bis zu diesem Zeitpunkt nicht von ihm kannte.
Immerhin, ganz einfach würde es sicher nicht sein für ihn. Aber ich hatte ihn offenbar an einer Stelle, wo auch bei ihm die Moral zu bröseln begann. Ich hörte ihn förmlich denken, wie die Rädchen herumsausten und das Für und Wider abwägten.
„Lass ihm Zeit, davon habt ihr eh genug.“ Ja, warum sollte ich etwas übers Knie brechen, wenn uns doch nichts drängte? Allerdings konnte ich mir nicht vorstellen, dass er noch nie etwas von Wett- oder Kekswichsen gehört hatte.
Um diesen Beschreibungen in der Schule zu entgehen musste man nämlich stocktaub sein.
Ich fragte mich, ob er sich jemals Schwänze im Internet angesehen hatte. Auch etwas, wo man über kurz oder lang einfach drüberstolpert, ob mit oder ohne Absicht.
Und wenn ja, was hatte er sich dabei gedacht? Ich mein, jeder will doch mal wissen wie das bei anderen Jungs aussieht. Nur für den Fall der Fälle. Wie lang sind die von denen? Wo steh ich, im wahrsten Sinne des Wortes.
Nun, sollte er bisher all dem beharrlich aus dem Weg gegangen sein, bekam er jetzt die Chance sich das mal in natura anzusehen. Ich hab ja nix zu verbergen.
Also, unterm Strich, ich wurde wirklich rattenscharf. Wenn nicht hier und jetzt, dann nie. Dumm nur, dass Angelo plötzlich wieder ordentlich dazwischenfunkte, allerdings nur auf der einen Seite, unter der Gürtellinie. Sein Gesicht und alles andere blendete ich aus, es zählte jetzt nur was wir zusammen getrieben hatten.
Nicht viel, aber schön. Eher unterbewusst legte ich die Hand in meinen Schritt und begann meinen Freund zu kneten, was von Felix ziemlich genau beobachtet wurde. Vielleicht fiel ja so diese Schranke.

»Also ich muss den Druck loswerden«, sagte ich leise.

Somit überließ ich ihm die Entscheidung, wegzusehen oder wegzugehen oder aber – zuzusehen. Und am Ende der Skala, er machte einfach mit.
Ich schloss die Augen, was mir etwas schwer fiel weil ich nun doch sehr nervös wurde. Was, wenn er wirklich nur zusehen würde? Ich mein, ausgemacht hätte mir das nichts, aber es war eben doch reichlich einseitig.
Ich zuckte nur ganz leicht zusammen als ich Felix’ Finger auf jener Hand spürte, die sich in meinem Schritt befand. Also gab’s noch eine Variante, die ich nicht bedacht hatte? Wollte er mir einfach einen runterholen?
Nun gut, dagegen gab’s nichts einzuwenden und wehren würde ich mich auch nicht.
Ich nahm meine Hand weg und ließ die Augen geschlossen. Wollte mich einfach überraschen lassen was nun passieren würde.
Ein irres Gefühl, wenn der Reißverschluss der Shorts von jemand anderem langsam aufgezogen wird. Gemäß meiner eigenen Regel im Sommer trug ich nichts darunter. Jetzt hatte es den entscheidenden Vorteil, dass keine weitere unnötige Bremse dazwischenlag.
Die Finger, die sich langsam unter den halb geöffneten Reißverschluss schoben waren nicht kalt. Warm, fast heiß und feucht. Aufregung oder Hitze – was spielte das für eine Rolle. Was ich jetzt ganz deutlich spürte war, dass mein kleiner Freund bis zum Anschlag ausgefahren war.
Aber er befand ich noch in seinem Stoffgefängnis, weil er seitlich angestiegen war.
Dann umfasste ihn eine Hand. Sie zitterte ganz leicht, was ich sehr gut spüren konnte.
Das letzte Stück des Verschlusses wurde geöffnet, und nun befreite die Hand meinen Schwanz aus der Umhüllung.
Ich musste das nicht sehen, das war mir ja allbekannt. Einfach den Gefühlen hingeben, das reichte mir. Gespannt war ich nur noch, was Felix jetzt anstellen würde. Mit sich, vor allen Dingen. Hatte er einen Steifen inzwischen?
Wahrscheinlich. So etwas konnte doch nicht mal einen Hetero einfach kalt lassen. Also, das war meine Meinung dazu. Ja, das war dann im Nebel der Gefühle die nächste Frage. Wartete er, bis ich das gleiche bei ihm machen würde? „Versuchs doch. Wenn er nicht will kriegst du das mit.“
Langsam näherte sich meine Hand Felix’ Körper. Auf dem Sand entlang, blind geführt nur durch Instinkte. Sie wusste schon, welche Richtung sie einschlagen musste um ans Ziel zu kommen. Jeden zurückgelegten Zentimeter wartete ich, bis mir eine Hand Einhalt gebot.
Aber das passierte nicht. Ich konnte Stoff erfühlen, was aber unterzugehen drohte, weil sich Felix als kleiner Meister seines Fachs entpuppte. Sanft deutete er an, dass ich mein Becken heben soll, damit er mir meine Hose bis zu den Knien herunterziehen konnte.
Dann waren seine Finger überall; auf meiner Eichel, dem Schwanzschaft, sie rollten zärtlich meine Hoden. Lange müsste er diese Spielchen nicht machen, denn schon spürte ich das wohlige Brennen in meinem Bauch.
Aber es half nichts, vorher musste ich einfach an mein Ziel gelangen, das ich dann auch etwas forscher zu erkunden begann. Unerwartet einfach war es, den oberen Hosenknopf zu öffnen und den Reißverschluss aufzuziehen.
Ich war angelangt, wohin ich wollte. Dichte, feuchte Schamhaare konnte ich ertasten und gleich darauf die Tatsache, dass Felix einiges mehr zu bieten hatte als ich. Aber gut, wir wollten uns ja nicht messen, das passiert eh meist so nebenbei.
Schon hatte ich seinen Spielkameraden in der Hand und nun war es nicht mehr angebracht, mich hinter dem Dunkel geschlossener Augen zu verbergen. Ich wollte und ich musste sehen, was sich da bei meinem Nachbarn tat.
Ja, das war schon sehenswert. Felix war so mit mir beschäftigt, dass ich mir einen ziemlich forschen Schritt erlaubte. Eigentlich auch vor dem Hintergrund, dass sich das hier niemals wiederholen könnte.
Ich beugte mich hinüber und ließ meine Zunge um seine Eichel kreisen. Felix quittierte das mit einem leichten Seufzer und dann nahm er sich das offenbar zum Beispiel.
Es kitzelte unglaublich und ich war nicht in der Lage, die Dinge zu kontrollieren.
Nachher musste ich sogar feststellen, dass Angelo in keiner Sekunde dabei eine Rolle spielte. Obwohl ich es immer für einen Zufall hielt, wenn zwei gleichzeitig kommen, hier schien es fast wie einstudiert; zwischen unseren Höhepunkten lagen nur wenige Sekunden.
Allerdings hatte Felix meinen Schwanz kurz zuvor aus seinem Mund entlassen, während ich mir keinen Tropfen von ihm entgehen ließ. Erschöpft lagen wir dann wieder nebeneinander. Fast, als wäre gar nichts passiert.
Ich hatte nur einen Beweis auf meinem T- Shirt, das meine Ladungen abgefangen hatte. Aber es störte mich nicht. Sagen wollte keiner was, wobei es sicherlich Fragen gab. Ich wollte ja nur wissen wie er sich jetzt fühlte. Ganz arg Scheiße oder okay.
Allerdings musste er mir diese Frage nicht stellen, mir ging’s zumindest in diesen Momenten gut. Endlich hatte ich es geschafft, Angelo aus dem Spiel zu lassen. Komplett, und freilich wähnte ich mich dann auf dem richtigen Weg. Klar, so richtig sauwohl fühlte ich mich nicht. War Felix nur ein Ersatz für Angelo?
Musste ich mich als Egoisten betrachten, der nur auf seine Kosten kommen wollte? Denn eins war von vorneherein sicher: Felix als DER Freund – das war nicht. Irgendwann meldete ich mich dann doch.

»Und, wie geht’s dir jetzt?«

Er hatte seine Augen starr in den blassblauen Himmel gerichtet.

»Weiß nicht«, antwortete er leise.

Gut, der moralische Kater konnte immer noch kommen, wenn nicht jetzt, dann vielleicht später. Wenn ich Glück hatte, gar nicht.

»Aber.. bin ich jetzt.. schwul weil ich das gemacht hab?«

Oh, kein Problem, diese Frage hatte ich in der Art dann doch erwartet.

»Nein, bestimmt nicht.«

So wie sich Felix in all den Jahren verhalten hatte, war er keinen Funke lang schwul. Es ist passiert, so wie man als Junge gelegentlich einen schönen Kugelschreiber stibitzt, obwohl man ihn bezahlen könnte. Da ist man ja auch nicht automatisch notorischer Kleptomane.
Der Reiz des Verbotenen, immer ein Auge drauf gerichtet dass man erwischt werden könnte.
Wichtig war erst Mal, dass er kein schlechtes Gewissen bekam. Aber dazu wollte ich dann nicht drauflos labern, immer noch schwang so eine gewisse Ruhe auf diesem heimlichen Stück Erde, auf dem wir lagen.

»Ich glaub, es wird Zeit «, meinte er dann und stand langsam auf.

Was sich nun ansammeln würde an Fragen und Gefühlen, das musste warten. Den Eindruck, er würde gleich leb wohl sagen, hatte ich nicht. Auch ich erhob mich dann und zog mir das T-Shirt aus. Lieber mit nacktem Oberkörper herumfahren als der Menschheit eindeutige Spuren zu präsentieren.

Wir hatten ein langes Stück gemeinsamen Heimweg, aber der verlief ziemlich ruhig. Also wir redeten nicht miteinander. Dabei hatte ich aber den Eindruck, Felix musste die Sache erst mal mit sich ins Reine bringen.
Das war durchaus verständlich und ich machte mir deshalb keine große Sorgen. Die würde ich mir nicht mal machen, wenn er eine Weile nichts von sich hören lassen würde. Nur wenn da gar nichts mehr kam, dann gab’s einen Grund.
Dann hätte ich es mit ihm verscherzt, wobei ich ganz klar sagen könnte: Du hast ja angefangen. Aber ich war mir ziemlich sicher dass er das sehr wohl selber wusste.

Wir hielten an der Kreuzung, von der ab Felix einen anderen Weg hatte. Ein langer, nachdenklicher Blick.

»Ich ruf dich an«, sagte er und dass zumindest bis dahin nichts passiert war, entnahm ich unserem ewigen Abschieds – Handschlag.
Den gab’s seit Ewig und nun auch. Das freute mich irgendwie mehr als irgendwelche Worte.

Ich sah ihm noch eine Weile nach. Er radelte nicht schnell, aber auch nicht langsam. Eigentlich so, als wäre nichts passiert. Allerdings, dem war nicht so und auf meinem Heimweg kam ich dann doch arg ins Grübeln.
„Felix hat’s Spaß gemacht und darüber muss er erst mal nachdenken. Mach dir keinen Kopf, er hat es so gewollt. Wenn das jetzt schief geht, ist es nicht deine Schuld.“ Darüber war ich mir eben nicht so sicher.
Es gab ein paar Momente in der ich wahrscheinlich den Motor ins laufen brachte. Da, wo ich ihm von Angelo und mir erzählt hatte. Also, dass wir Sex zusammen hatten. Spätestens mein Aufruf, wir könnten ja mal zusammen wichsen, der wird seine Moral mächtig angeknabbert haben.
Aber Felix machte ja auch eine ganz neue Erfahrung. Im höchsten Falle wusste er vom Hörensagen wie sowas war und was da passieren könnte. Vielleicht krempelte er ja nur seine Meinung zu den Schwulen vollständig um.
„Ich sag ja, er hat dich nicht fallen lassen wie die anderen. Und er wird es auch jetzt nicht tun.“ Dieses allerdings blieb abzuwarten.
Hunger und Durst zwangen mich dazu, ein paar Gänge höher zu schalten. Vielleicht wollte ich mir auch das gerade erlebte aus den Gedanken strampeln. Wer immer mehr verblasste, war Angelo. Ich hatte ihn nicht betrogen oder hintergangen.
Ich war frei, ich fühlte mich frei. Am Ende war es die beste Lösung überhaupt. So wie Felix, so hatte ich eine Erfahrung gemacht, eben die mit Angelo. „Musst halt dreimal hingucken in Zukunft.“ Ja, das würde ich machen. Keine Spontanität mehr.
Lange Zeiten der Tuchfühlung gab ich mir vor, sehr lange. Aber vorerst war das eh kein Thema. Mich drängte nichts in eine neue Freundschaft, von der ich sowieso keine Ahnung hatte woher ich die nehmen sollte.
Unterwegs kam ich am Bahnhof vorbei und siehe da, die Dorfjugend war so gut wie komplett versammelt. Ich radelte auf sie zu, denn auch hier galt es den Anschluss nicht zu verlieren.

»Aha, dass man dich auch mal wieder sieht«, rief mir Robert entgegen. Ich glaube, ich habe in dem Augenblick geschaltet wo ich ihre Blicke sah. Wie viele Jungs waren da zusammen? Auf den flüchtigen Blick sieben.
Die Wichtigsten würde ich mal sagen. Und dass mir die Buschtrommel entfallen war, das bekam ich natürlich reichlich spät, aber dennoch zu spüren.

»Wo hastn dein neuer Freund?«, wollte Gregor mit neugierig geneigtem Kopf von mir wissen.

Leugnen half nichts, so oder so, die wussten bestens Bescheid.

»Hab keinen mehr.«

»Oh, so schnell Schluss gemacht?«, funkte Patrick dazwischen.

Ich zog die Schultern hoch. Im Prinzip veranstaltete die Meute hier kein Kesseltreiben gegen Schwule. Sie tolerierten sie, wenn auch mit einem gewissen Abstand.

»Erinnert mich nicht dran. Es war halt der Falsche.«

Dann stand Artur, der bei uns nur Archie hieß, vor mir.

»Hättst ja auch mal was sagen können dass schwul bist.«

»Na ja, ich dachte ihr wüsstet es eh schon..«

»Klar, Mann, aber trotzdem..«

Ich schluckte meine Aufregung runter. Nur ja kein blödes Wort jetzt. Sie wussten es, irgendwie, und dabei sollte ich es belassen.

»Wer war denn der Typ? Hat wohl ne Menge Kohle wenn er so einen Schlitten fahren kann.«

Archie war in Sachen Tratsch auf dem neuesten Stand, wie immer. Er rollte eine Kippe zwischen den Lippen hin und her, ein untrügliches Zeichen dass man ihm Feuer geben sollte.

»Vergiss es einfach. Ein reicher Schnösel, aber sonst war da halt nix.«

Archie nickte und ich gab ihm Feuer.

Ja, das war’s dann. Ich gab Eile vor, was ja auch stimmte, winkte zum Tschö und radelte nach Hause. Dass die keine weiteren Fragen hatten musste erst Mal nichts heißen, die konnten noch kommen. Aber wenigstens war mir dieses Nest sicher.
Zu ihnen konnte ich zurück und Angelo hatte es nicht geschafft, mich an den Rand der Einsamkeit zu manövrieren. Jetzt musste sich nur Felix wieder melden, dann würde ich langsam aber sicher wieder dahin zurückkehren, wo ich vor ihm stand.

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