Der Reiterhof – Teil 3

Wir hörten Geräusche und nach der nächsten Biegung kamen wir auf eine Lichtung, wo gerade die Gruppe vor uns in die andere Seite des Waldes verschwand. Zurück blieb Alexander, auf den wir nun zu ritten.

„Ah, die Gruppe drei und noch alle vollzählig“, rief er uns entgegen.

Als auch Martin endlich eingetroffen war, stiegen wir ab.

„So, hier ist nun eure erste Aufgabe“, begann Alexander, „ihr seht dort drüben auf dem Baumstumpf einen Korb stehen. Darin befinden sich vier Bälle. Einer für jeden von euch. Wenn ihr auf die andere Seite der Lichtung schaut, findet ihr einen Ring, ziemlich dicht an den Ast gebunden.“

Wir folgten seinem Fingerzeig und nur schwach konnte ich den Ring erkennen.

„Ihr reitet also los und versucht aus dem Sattel heraus den Ball im Korb zu greifen, ohne anzuhalten. Dabei darf der Korb auch nicht runter fallen.“

Na toll. Da hatte Martin auf seinem Pony ja echt die Glückskarte gezogen. Für ihn war es ein Leichtes in den Korb zu greifen.

„Dann reitet ihr so schnell ihr könnt zum Ring und werft den Ball durch. Danach holt ihr den Ball wieder und bringt ihn zurück in den Korb.“

Ich nehme meine Meinung zurück! Martin hatte die Arschkarte gezogen. Von seinem Pony aus hing der Ring recht hoch. Wenn er kein guter Werfer war, sah ich schwarz.

„Wenn der Korb runter fällt oder ihr den Ring nicht trefft, gibt es Punktabzüge. So dann mal viel Glück… wer startet als erstes?“

Bevor ich etwas sagen konnte, meldete sich Jana bereits.

„Okay Jana, dann mal los!“, sagte Alexander.

Jana ritt zum Korb und machte fast den Fehler anzuhalten. Sie beugte sich weiter hinunter und griff nach einem der Bälle. Der Korb begann zu wackeln und schob sich etwas zur Seite, aber er fiel nicht runter.
Dann ritt sie, so schnell sie konnte in Richtung Ring, während wir laut jubelten. Ohne Probleme warf sie den Ball durch den Ring. Sie stieg ab, holte sich den Ball wieder, bevor sie wieder zu uns zurückkehrte.

„Wer kommt nun?“, fragte Alexander.

„Soo oll iii ich?“, stotterte Martin.

Laura und ich nickten.

„Okay“, meinte Alexander und machte sich eine Notiz.

Wie zuvor Jana ritt nun auch Martin zum Korb. Und wie ich schon vermutet hatte, war es für ihn ein Leichtes, den Ball heraus zu fischen. Nun ging er sogar in Trab über und steuerte auf den Ring zu.

„Der ist doch viel zu schnell“, kam es von Jana, die nun wieder neben mir stand.

„Jetzt warte es doch erst einmal ab“, kommentierte Laura die Lage.

Wie ich ebenfalls befürchtet hatte, war Martin einfach zu klein auf seinem Pony und hoffend auf seine Wurffähigkeiten drückte ich die Daumen. Martin warf – Scheiße… der Ball berührte den Ring nur und fiel zu Boden.

„So eine Sche…“, bellte Jana neben mir, „jetzt kriegen wir schon einen Punkt abgezogen.“

„He, es kommen noch zwei Aufgaben, da könnt ihr das locker wegmachen!“, meinte Alexander.

„Das ist doch nur ein Spiel“, gab Laura von sich.

Jana schaute ärgerlich drein, während Martin inzwischen den Ball wieder geholt hatte und den zweiten Versuch startete. Kurz vor dem Ring schloss ich einfach die Augen. Doch der Jubel der zwei Mädchen sagte mir, dass er es diesmal geschafft hatte.
Freudestrahlend kam Martin zurück geritten.

„Den Punkt musst du aber wiedergutmachen!“, sagte Jana barsch.

„Was ist denn mit dir los?“, fragte ich jetzt schon leicht säuerlich, weil mich Jana’s Art nervte.

Tobias

Dann hatte es also schon die Runde gemacht. Deswegen war wohl auch Tim nun sauer auf mich. Waren jetzt wirklich alle gegen mich? Ich war froh, dass dieser Wettkampf zu Ende war und zog mein Pferd in den Stall.
Im Augenblick wusste ich echt nicht mehr was ich denken sollte. Ich war einerseits sauer, weil plötzlich alle auf mir herum hackten. Andererseits war ich total traurig. Da lerne ich mal einen Jungen kennen… und was mach ich? Ich vermassle es.
Traurig dachte ich an Peter. Ich sehnte mich nach ihm. Mein Wunsch einfach abzuhauen und heimzufahren wurde immer größer. Ich war halt nicht so weit wie Peter, einfach offen zu sagen, ich bin schwul und ich liebe dich.
Wenn er jetzt an mir vorbei läuft und mich mit Nichtbeachtung straft, dann hatte ich es verdient, so wie ich mich ihm gegenüber benommen hatte. Ob ich überhaupt noch eine Chance hatte? Konnte ich es denn wieder gut machen?
Mein Pferd stand in der Box, frisch gestriegelt und versorgt. Ich schloss die Boxtür und lief Richtung Ausgang, als diese gerade nach außen aufgezogen wurde.

„Jana übertreibst du nicht ein wenig. Martin ist sicher nicht schuld, dass wir nicht den ersten Platz bekommen… hast du zufälligerweise mal etwas von Teamwork gehört?“

Das war Peters Stimme, sie klang sauer. Ich blieb wie angewurzelt stehen, als er mit seinem Pferd den Stall betrat. Sein Blick war genauso wütend wie seine Stimme eben.

„Jetzt übertreib doch nicht so…!“, hörte ich eine Mädchenstimme.

Peter schaute auf und sah mir direkt in die Augen. Sein wütender Blick, von dem ich glaubte, dass er auch mir galt, verwandelte sich in einen traurigen. Irgendwo tief in mir traf mich ein Schmerz, als würde etwas zerreißen.

„Geht’s da vorne noch weiter… wo hängt es denn?“, rief einer von draußen.

Peter wich meinem Blick aus und zog an seinem Pferd. Dicht gefolgt kam diese Jana in den Stall und schaute mich von oben herab an.

„Na zufrieden?“, fragte sie mich und ich schaute sie fragend an.

Das wurde mir einfach zu viel, ich drückte mich am nächsten Pferd vorbei ins Freie und rannte los. Tränen liefen mir ungehindert über die Wangen. Ich hatte keine Ahnung wohin und rannte einfach um den Stall herum.
An der nächsten Ecke stieß ich mit jemandem zusammen und knallte halb gegen die Stallwand, halb auf den Boden. Ein schmerzhafter Stich durchfuhr meinen Arm.

„Verdammt noch mal, ist heut alles gegen mich“, schrie ich zornig ohne zu schauen, mit wem da zusammengestoßen war.

„Tobi?“, hörte ich hinter mir eine vertraute Stimme.

„Hast du dir was getan?“, hörte ich vor mir.

Ich hob den Kopf und sah Georg vor mir. Dann drehte ich den Kopf und sah Peter hinter mir stehen. Sofort senkte ich den Kopf wieder und meine Tränen liefen weiter.

„Ich denke ihr zwei kommt jetzt mal mit“, hörte ich Georg sagen und spürte, wie mich kräftige Hände hoch zogen.

„Ist dir wirklich nichts passiert?“, fragte Georg mich abermals.

Ich schüttelte den Kopf, obwohl mein Arm heftig schmerzte.

„Also gut… man folge mir… ja, du auch Peter.“

Ich schaute kurz schüchtern zu Peter, der nun auf mich zukam. Gleichzeitig setzte sich Georg in Bewegung und wir beide folgten ihm. Wir liefen Richtung Wohnhaus.

„Schuhe aus und dort hinstellen“, meinte Georg, als wir die Haustür erreichten.

Ich traute mich nicht zu Peter zu schauen und zog schweigend meine Schuhe aus.

„Und weiter geht’s“, meinte Georg und lief die Treppe vor uns hinauf.

Strümpfig folgten wir ihm. Oben angekommen lief er den Flur etwas hinunter und blieb vor einer Tür stehen, die er aber gleich öffnete.

„He, ich dachte du bist schon fertig“, hörte ich Georg reden und erreichte nun auch das Zimmer.

Ich musste schlucken, denn dort stand Alexander nur mit einem Handtuch um die Hüften bekleidet.

„Wär ich auch, doch dann hat meine Mum noch angerufen. Aber was führt dich her?“, fragte Alexander und nahm uns jetzt erst wahr.

„Öhm… ja… das ist der Grund, ich bräuchte kurz unser Zimmer… für äh… die beiden…“

„Ham die in ihrem Zimmer kein Bett?“, fragte Alexander verschmitzt und grinste.

Bei dieser Anspielung musste sogar ich grinsen. Georg bohrte seinem Freund einen Finger in die Seite, was der mit einem Schrei quittierte.

„Kannst du mal deine Zunge zügeln“, lachte Georg, „die beiden müssen miteinander reden und hier haben sie Ruhe…“

„Typisch Schatz, ein großes Herz wie immer. Okay, bin gleich fertig, nur kurz meine Klamotten zusammensuchen.“

Ich schaute mich im Zimmer um und fragte mich, welche der unzähligen Kleidungsstücke nun ihm gehörten und welche nicht. Auf der Anlage lief irgendetwas Instrumentales. Hörte sich schön an.
Mechanisch ließ ich mich auf einem der freien Sessel nieder. Immer noch nicht traute ich mich, Peter anzuschauen. Alexander beeilte sich wirklich und sammelte eine Menge Sachen auf, dann verschwand er ohne noch einen Ton zu sagen aus dem Zimmer.

„So und nun habt ihr Zeit zu reden… nutzt sie auch, bis später!“, meinte Georg und verschwand nun auch.

Im Zimmer herrschte Stille, ich konnte nur das schwache Atmen von Peter hören. Mein Arm meldete sich wieder und ich spürte, wie sich unter dem Ärmel etwas Warmes seinen Weg bahnte. Ohne weiter auf Peter zu achten, zog ich ihn vorsichtig hoch.
Beim Hochkrempeln sah ich schon den dunklen Fleck, der den Ärmel zierte, ‚Mist’ dachte ich.

„Du blutest ja“, hörte ich Peter sagen und fuhr erschrocken mit dem Kopf herum.

Er war aufgesprungen und stand nun neben mir, hatte meinen Arm sanft in seine Hände genommen.

„Den müssen wir verbinden… oder vielleicht gleich besser einen Arzt rufen.“

„Jetzt mach mal halblang, ich hab mich doch nur aufgerissen…“, meinte ich und wollte den Arm schon wegziehen.

Doch Peter hielt ihn fest und schaute sich im Zimmer um.

„Ah… da“, meinte er und ließ mich nun doch los.

Er lief um das große Bett und griff nach etwas, das ich nicht sehen konnte. Dann kam er zu mir zurück und stellte eine Feuchtbox neben mir ab. Schnell öffnete er den Deckel und nahm ein feuchtes Tuch heraus, das er mir vorsichtig auf den Arm legte.
Ich verbiss mir ein Aua, obwohl es höllisch brannte. Mit einem anderen Feuchttuch wischte er das Blut ab, das über meinen Arm gelaufen war.

„Warum machst du das?“, fragte ich ihn.

Peter

Das sah ja richtig eklig aus. Ich unterdrückte mir ein Würgen und wischte das Blut weg, so gut ich konnte.

„Warum machst du das?“, fragte plötzlich Tobi.

„Was?“, stellte ich meine Gegenfrage.

„Warum machst du das, obwohl ich dir das angetan habe…“

Ich schaute ihn mit großen Augen an.

„Du blutest, was soll die blöde Frage…?“

„Ich hab dir wirklich sehr wehgetan, oder?“

Wieder schaute ich kurz zu Tobi, bevor ich ihm ein neues Feuchttuch auf die Wunde drückte.

Tobi verzog leicht das Gesicht, ließ aber kein Laut von sich hören.

„Ist doch egal, oder? Du willst mich nicht… Basta…“, murmelte ich leise vor mich hin.

Plötzlich spürte ich wieder diese tiefe Traurigkeit in mir und versuchte, meinen Tränen keinen Durchlass zu gewähren. Ich spürte seine Hand auf meinem Rücken, die sanft auf und ab strich.

„Glaubst du wirklich, dass ich dich nicht will?“, fragte Tobias mich und auch seine Stimme war viel leiser geworden, sanfter, „glaubst du wirklich, nur deswegen habe ich mich von dir fern gehalten? Peter, ich weiß nicht wie es dir geht, aber ich bin eben noch nicht so weit wie du, ich kann nicht so offen damit umgehen. Ich habe dich lieb… aber ich kann damit einfach noch nicht richtig umgehen… verstehst du das?“

„Ich weiß im Augenblick nur eins, ich brauche etwas zum Verbinden, das hört nicht auf zu bluten“, sagte ich, als ich merkte, dass das Feuchttuch erneut am Durchbluten war, „ich geh schnell runter und gucke, dass ich irgendwie Verbandszeug bekomme.“

„Aber ich…“

„… du bleibst hier sitzen und hältst das Tuch fest!“, fiel ich ihm ins Wort.

Tobias

Peter rannte förmlich aus dem Zimmer. Ich holte tief Luft und seufzte. Man war das ein lieber Kerl und ich… ich hatte ihn derart verletzt. Konnte man so etwas überhaupt noch gut machen? Ich wusste nicht was ich machen sollte.
Was wäre, wenn meine Eltern davon erfahren würden, gerade jetzt wo mein Vater mich immer mit einer Schwiegertochter aufzog. Wieder zog ich die Luft ein und seufzte laut.

„Da hat es aber einer schwer!“

Ich fuhr zusammen, denn ich hatte niemanden in meiner Nähe bemerkt. Im Türrahmen stand Herr Hellmann.

„Öhm, kümmert sich jemand um dich… sieht etwas… hm, kriminell aus… dein Arm.“

Erst jetzt wurde mir bewusst, dass das Tuch durch war und schon Blut auf meine Jeans tropfte. Herr Hellmann betrat das Zimmer und nahm gleich mehrere Feuchttücher aus der Box auf dem Tisch.
Vom Flur her konnte ich mehrere Personen die Treppe herauf laufen hören.

„Und wo ist er?“, hörte ich Frau Hellmann sagen.

„Er ist hier bei mir“, sagte Herr Hellmann neben mir, der mittlerweile die neuen Feuchttücher auf meinen Arm drückte.

In dem Augenblick betraten dessen Frau und Peter das Zimmer.

„Ach hier steckst du, habe dich schon gesucht“, sprach sie ihren Mann an.

„Ich habe nur etwas anderes angezogen… hm ich glaube wir sollten einen Arzt rufen.“

Ich sah, dass Frau Hellmann etwas verwirrt guckte, bevor sie sich zu mir herunter beugte.

„Nun lasst mich mal sehen“, meinte sie und ihr Mann zog die Tücher vorsichtig weg.

„Alle Achtung, das hast dir ganz schon eine Schramme rein gezogen. Peter könntest du mir bitte meinen Koffer geben?“

Jetzt erst sah ich, dass Peter eine schwarze Tasche trug. Er beugte sich nun ebenso vor und stellte die Tasche neben Frau Hellmann. Die öffnete diese sogleich und nach kurzem Suchen zog sie eine Flasche heraus.

„Nimmst du mal bitte?“, fragte sie ihren Mann und drückte ihm die Flasche in die Hand.

Sie zog sich Handschuhe über, bevor sie wieder in die Tasche griff und irgendwelche weiße Tüchlein herauszog.

„Das kann jetzt etwas brennen Tobias, aber ich muss die Wunde desinfizieren, nicht dass sie sich entzündet.“

Ihr Mann gab ihr die offene Flasche, sie tränkte eins der Tücher und fing an meinen Arm abzutupfen.

„Au“, entfleuchte es mir und versuchte meinen Arm zurückzuziehen, doch Frau Hellmann hielt ihn eisern fest.

„Schatz, könntest du mir mal bitte eine Mullbinde aus der Tasche geben“, fragte Frau Hellmann ihren Mann.

„Was ist den hier los?“, hörte ich erneut eine Stimme aus dem Flur.

Georg!

„Ich verarzte grad einen eurer Reitschüler. Sag mal, hast du das nicht gesehen?“, fragte Frau Hellmann vorwurfsvoll ihren Sohn Georg.

„Tut mir Leid“, kam es leise Georg.

„Georg kann nichts dafür, ich habe es doch selbst erst eben gemerkt… besser gesagt… Peter hat es als erstes gesehen… aua!“

„Tut mir leid, aber ich muss etwas fester abtupfen“, sagte Frau Hellmann.

Peter schaute mich wehleidig an, so als würde er meinen Schmerz fühlen. War da vielleicht doch noch etwas, hatte ich doch noch eine Chance?

„So fertig! Heute Abend möchte ich mir das noch mal anschauen, bevor du ins Bett gehst, okay? Und du Peter sorgst dafür, dass dein Freund etwas auf seinen Arm aufpasst und auch wirklich kommt.“

Ungläubig sah ich Frau Hellmann an. Ich spürte, wie meine Wangen warm wurden und sich dort das Blut ansammelte.

„Ihr seid doch zusammen oder habe ich da etwas falsch aufgefasst?“

Knallrot traute ich mich nicht zu Peter zu sehen.

„Ja sind wir“, hörte ich Peter plötzlich sagen, „aber mein Kleiner ist eben schüchtern.“

Er lächelte mich dabei an, seine Augen sprühten förmlich vor Herzlichkeit und Wärme. Ich war immer noch sein Freund und das >mein Kleiner<… Ich konnte nicht anders und musste ebenso lächeln. „Dann ist ja alles geregelt. Georg nimm doch bitte Tobias’ Pullover und bringe ihn mit runter. Ich müsste noch irgendein Fleckenmittel haben, damit wir diesen Blutfleck wieder raus kriegen.“ Ich hatte den Pullover noch halb an, nur der verschmutze Ärmel hing herunter. Ich wollte ihn schon über den Kopf ziehen, als Peter plötzlich Hand anlegte und mir dabei half. „Du sollst doch den Arm ruhig halten“, sagte er leise. Frau Hellmann und ihr Mann verließen das Zimmer und ich hörte noch ein >wir sprechen uns noch< zu Georg. Ich wartete etwas, bis die Hellmanns außer Hörweite waren. „Georg, das tut mir Leid, ich wollte nicht, dass du Ärger wegen mir bekommst.“ „Tobias mach dir keinen Kopf, das hört sich schlimmer an, als es ist“, entgegnete Georg. Alexander starrte mich an. „Ein leckeres Kerlchen hat Peter da zum Freund“, kommentierte er seine Blicke. Ich verschränkte die Arme vor meiner nackten Brust, Peter fing an zu kichern und Georg gab Alexander einen ordentlichen Knuff in die Rippen. „Was denn, es gibt immer noch das Recht auf freie Meinungsäußerung“, protestierte Alexander darauf und rieb sich die Rippen. Obwohl es schon spät war, hing überall immer noch sehr die Schwüle des Mittags in der Luft. „Also ich weiß nicht was ihr macht, aber ich gehe duschen!“, meinte Peter. Neidisch schaute ich ihn an. Nicht nur, dass ich im Dreck gelandet war, ich war auch total verschwitzt. Eine Dusche wäre wohl jetzt sehr empfehlenswert gewesen, aber mit dem Verband am Arm? Peter schien meine Gedanken lesen zu wollen, so wie er mich anstarrte. „Wenn wir eine Plastiktüte herum binden, dann wird die Wunde sicher nicht nass“, sagte Peter plötzlich. Konnte er doch Gedanken lesen? „Ihr könnt aber auch zu zweit duschen gehen und Peter hilft dir beim Waschen“, warf Alexander ein. Duschen mit Peter? Augenblicklich färbte sich mein Gesicht tief rot, während Georg zu kichern anfing. „Was denn, jetzt stellt euch doch nicht so an! Oder habt ihr irgendetwas zu verbergen?“, fragte Alexander uns beide, nachdem ich fest gestellt hatte, dass Peter genauso tomatisierte wie ich. „Ich muss runter“, meinte Georg, „wir sehen uns dann später nach dem Abendessen.“ „Ich komme gleich mit“, sagte Alexander, „wenn die zwei Herren dann die Güte hätten, unser Zimmer wieder frei zu geben.“ Das war eine eindeutige Aufforderung zu gehen. Peter nickte mir zu. *-*-* Die Schwüle war mittlerweile unerträglich. Kein Lüftchen ging und alles war still. Irgendwie ein komisches Gefühl, während ich nur mit einem Handtuch um die Hüften auf ich unserem kleinen Balkon stand. Auch jetzt frisch geduscht, brachte dies kaum Abkühlung. Ich spürte etwas Weiches an meiner Schulter und drehte den Kopf langsam zur Seite. Hinter mir stand Peter. Seine Lippen hafteten auf meiner Schulter. „Alles klar mit deinem Verband? Nass geworden?“, fragte er mit einem Lächeln. Ich schüttelte den Kopf. Wir hatten Alexanders’ Vorschlag, gemeinsam zu duschen in die Tat umgesetzt, trotz der bösen Blicke von Peters Bruder Tim. Es war aber nichts passiert. Peter half mir wirklich nur, mich zu waschen, ohne dass mein Verband dabei nass wurde. „Soll… soll ich dich noch eincremen? Dein Rücken ist ganz rot.“ „Hm… du hast Recht, es juckt etwas.“ „Wo liegt sie?“ „Was?“ „Wo hast du die Creme?“ „Ach so. Sie liegt auf meiner Ablage neben dem Bett.“ Peter verschwand kurz, um wenige Sekunden später mit der Tube in der Hand wieder aufzutauchen. Er schraubte den Deckel ab, legte diesen auf das Geländer und schon konnte ich die angenehme Kühle der Creme auf meinem Rücken fühlen. Er verschloss die Tube wieder und ich spürte seine Hand, wie sie sanft aber bestimmend die Salbe auf meinem Rücken verteilte. Es tat gut, seine Nähe zu spüren und ich schloss entspannt meine Augen. Plötzlich wurde die Tür aufgerissen und ich fuhr erschrocken zusammen. „Habt ihr schon gehört, wir sollen ein heftiges Gewitter bekommen“, rief Benjamin, der ins Zimmer stürmte. „Ja und?“, fragte Peter, „was ist daran so interessant?“ Ich beobachtete die Beiden und auch Tim kam nun ins Zimmer. Er schaute kurz zu mir und dann zu seinem Bruder, dann wanderte sein Blick weiter zu unseren Handtüchern, die immer noch um unsere Hüften gebunden waren. „Du machst einen Fehler“, sagte er in einem zwar leisen Ton zu Peter, aber so, dass ich es dennoch verstehen konnte. Dann ging er Kopf schüttelnd auf seine Seite des Zimmers. Ich atmete tief durch und drehte mich wieder Richtung Freie. Die Sonne verschwand in dem Augenblick langsam hinter den Baumwipfeln und auf der anderen Seite waren schwarze Wolken zu erkennen. Ein leichter plötzlicher Windstoss brachte mir eine Gänsehaut ein. Tim hatte ja eigentlich Recht. Ich hatte Peter mit meinem Verhalten verletzt und doch stand er jetzt zu mir. Ich spürte, wie jemand auf dem Balkon trat. „Willst du dir nichts anziehen?“ Wieder drehte ich den Kopf und wieder war es Peter. Nur hatte er diesmal Shorts und ein Shirt an. Ich sah wieder zu den Wolken und konnte schon den aufkommenden Wind spüren. „Ich warte noch etwas, bis die Creme eingezogen ist.“ „Okay“, meinte Peter und verschwand wieder. Was sollte ich nur tun? Meine Gefühle für Peter waren eindeutig und doch konnte ich irgendwie nicht dazu stehen. Oder lag es überhaupt an meinen Gefühlen? Konnte ich generell einfach nicht zu mir stehen? Zu dem, was ich war? Aber was war ich denn? Ein Teeny, der sich immer mehr zurückgezogen hatte, weil er mit dem, was um ihn herum geschah, einfach nicht mehr klar kam. Ohne Freunde, sondern nur noch die Liebe zu den Pferden. Ich betrat endlich das Zimmer. Peter lag auf seinem Bett und las ein Buch. Aus meinem Schrankfach zog ich meine Schlafshorts. Das Shirt ließ ich liegen, es war mir einfach noch zu warm. Kurz im Bad wechselte ich das Handtuch gegen die Shorts. Beim Verlassen fiel mein Blick kurz in den Spiegel und ich blieb nachdenklich stehen. Tobias, was ist nur aus dir geworden? Wo ist der fröhliche Junge, der du mal warst? Ich sah, wie sich eine einzelne Träne meinem Auge stahl. Mein Blick senkte sich und ich wischte die Träne weg. Die Tür in der Hand, löschte ich das Licht und trat zurück in das Zimmer. Benjamin und Tim waren auf ihrer Seite. Sie unterhielten sich, aber ich konnte nichts verstehen und Peter las immer noch. Ich umrundete das Bett und setzte mich auf meine Seite. „Warum bist du hier?“, fragte ich Peter. Ich legte mich dabei auf den Bauch, winkelte den Arm an und stützte meinen Kopf auf die Hand. Er schaute verwundert auf. „Bitte?“ „Warum bist du hier?“ „Ähm, ich verstehe die Frage nicht. Das hier ist mein Zimmer und das ist mein Bett.“ „Nein, das meine ich nicht. Jeder von uns ist aus irgendeinem Grund hier.“ „Ja klar, um Reiten zu lernen.“ „Quatsch! Hast du dich nie gefragt, warum dich deine Eltern einfach so, ohne dich zu fragen, auf einem Reiterhof in die Ferien schicken?“ „Sie wollten mir etwas Gutes tun, denke ich mal.“ Ich hob beide Augenbrauen an und sah Peter durchdringend an. „Und deshalb schicken sie dich mit deinem Bruder in Urlaub…“ Peter verzog das Gesicht uns starrte wieder auf sein Buch. „Wusstest du, dass Frau Hellmann Ärztin ist?“ Er schüttelte den Kopf. „Weißt du, was ihr Fachgebiet ist?“ „Woher soll ich das denn wissen? Ich habe ja erst vorhin mitbekommen, dass sie überhaupt Ärztin ist, als sie dich verbunden hat.“ Die Antwort kam jetzt etwas trotzig, sein Denkapparat hatte sich wohl in Gang gesetzt. „Martin ist wegen seinem Stottern hier…“, sprach ich leise weiter. „Warum willst du das wissen?“ Ich schaute ihn verwirrt an. „Was meinst du?“ „Weswegen ich hier bin.“ „Sagen wir aus reiner Neugierde. Ich bin…“, ich brach den Satz ab und senkte meinen Blick. „Was bist du? Warum bist du hier?“ „Ich hab zuerst gefragt!“, entgegnete ich mit nun fester Stimme. Peter ließ sich nach hinten fallen und schaute gegen die Decke. „Mein Vater… meint es fehl…“, sprach er leise. Den Rest sprach er so leise, dass ich es nicht verstand. „Bitte?“ Ein Donnern ließ uns zusammen fahren. „Komm, wir gehen nach unten, Blitze gucken… da hat es bestimmt irgendwo eingeschlagen“, hörte ich Tim sagen. Und schon waren Tim und Benjamin zum Zimmer draußen. Mein Blick wanderte wieder zu Peter, der immer noch zur Decke starrte. Sein Blick wirkte sehr traurig. „Was hast du eben gesagt, ich hatte dich akustisch nicht verstanden.“ „… mein Vater hat gesagt, was Tim zu viel hat, hab ich zu wenig… ich hätte kein… Rückgrad.“ „Das verstehe ich nicht, du bist weder schüchtern, noch sehr schweigsam…“ Peters Kopf drehte sich leicht zur Seite und er schaute mir in die Augen, dabei Atmete er tief durch. „Das kommt dir nur so vor… ich nehme mich nicht so wichtig und… und… wenn etwas ist, dann gebe ich immer klein bei… versuche es jedem recht zu machen. Ich habe keinerlei Ehrgeiz irgendetwas zu schaffen.“ „Du stehst immer zurück… gibst anderen den Vortritt…?“ Peter nickte und schaute wieder zur Decke. In meinem Kopf arbeitete es auf Hochtouren. Er setzt sich für nichts ein, wenn es mit ihm selbst zu tun hat. Das ist wahrlich nicht gut… aber das würde auch heißen… „Du würdest also auch nicht um mich kämpfen?“, fragte ich aus dem Gedanken heraus. Peter schloss die Augen und schüttelte den Kopf. Noch verwirrter schaute ich ihn an, während es draußen blitzte. „Ich dachte… du hast dich in mich verliebt…“, stammelte ich. „… habe ich auch…“ Wieder krachte es laut, als hätte es direkt neben uns eingeschlagen. Beide fuhren wir erschrocken zusammen. Peter drehte sich von mir weg und wenig später konnte ich ein leises Schluchzen hören. „He, Peter… nicht doch. Ich wollte dich jetzt nicht irgendwie kränken oder so…“ „…haast duu niich…“ „Warum weinst du denn jetzt?“ Peter da liegen zu sehen, wie ein Häufchen Elend, zerriss mir fast das Herz. Ich rückte näher an ihn heran und legte meinen Arm um ihn. Erst zuckte er zusammen, drückte sich dann aber leicht nach hinten gegen meinen Bauch. „… ich… ich würde ja um… dich kämpfen… aber warum… sollte ich… du willst mich… nicht… wer will mich schon… ne blöde Heulschwuchtel…“ Jetzt begann Peter erst recht richtig zu schluchzen. „Hör doch auf so einen Quatsch zu reden… Peter komm, beruhig dich. Peter, ich möchte dich schon zum Freund… aber ich kann irgendwie nicht dazu stehen…“ Wir krachte es draußen und ich konnte Schreie hören. Wenige Zeit später flog unsere Zimmertür auf und Tim stand plötzlich vor uns. „Im Stall hat es eingeschlagen! Kommt schnell runter und helft uns…“ Mitten im Satz stockte Tim und sah auf seinen Bruder. „Was hast du Arschloch mit meinem Bruder gemacht, warum weint er?“, schrie er außer sich. Er griff nach meinem Arm, der um Peter lag und zerrte mich weg. „He was…“, begann ich mich zu wehren, doch er ließ mich gar nicht erst aussprechen. „Lass die Finger von meinem Bruder, oder du kriegst es mit mir zu tun!“ „Tim hör auf… bitte“, hörte ich Peter wimmern. „Warum denn, soll er noch mehr auf deinen Gefühlen herum trampeln? Guck dich doch mal an…“ Ich stand auf und baute mich vor Tim auf. „Warum mischt du dich in Sachen ein, die dich nichts angehen“, fuhr ich ihn an. „Das geht mich wohl was an, wenn du meinen Bruder niedermachst…“ „Das mach ich doch gar nicht!“ „Tim bitte…“, kam es von Peter. „Ich sehe doch wie mein Bruder flennt, was hast du mit ihm gemacht?“, wurde Tim jetzt noch lauter und stieß mich von sich weg. „Bist du jetzt völlig durchgeknallt?“, schrie ich zurück und schubste ihn ebenfalls. „Hört doch bitte auf…“, sagte Peter leise, der sich nun aufgerichtet hatte und sich die Tränen wegwischte. Wieder krachte es laut, wobei der Wind selbst jetzt mehr an Stärke zu nahm und lauter wurde. Tim stürzte sich nun auf mich und ich spürte seine Faust, die gegen meine Schulter krachte. Doch bevor ich mich wehren oder etwas von mir geben konnte, stand plötzlich Benjamin im Zimmer. „Seid ihr noch ganz Jeck? Draußen brennt es und ihr schlägert hier herum“, schrie er. Augenblicklich ließen Tim und ich voneinander ab. „Hebt gefälligst eure Ärsche und kommt helfen! Sich wie Kleinkinder herum kloppen… ihr seid echt nicht ganz dicht!“ Mit schlechtem Gewissen schlüpfte ich schnell in meine Turnschuhe. Peter tat das gleiche, während uns Benjamin immer noch sauer anschaute. Danach folgten wir drei ihm nach unten, ohne auch nur noch einen Ton zu sagen. Als wir vors Haus traten, schlug uns ein heftiger Wind entgegen. „Kommt und helft die Pferde wegbringen“, schrie uns Georg entgegen, der selbst zwei Pferde an den Halftern nach draußen zog. Wieder blitzte es und der Donnerschlag ließ nicht lange auf sich warten. Herr Hellmann stand mit einem Schlauch am hinteren Ende des Stalls, an dem Flammen aus dem Dachstuhl emporzüngelten. Wir rannten zum Stalltor, aus dem Frau Hellmann und Alexander die Pferde heraus brachten. „Bringt sie zum anderen Stall, dem Steingebäude hinter dem Wohnhaus“, rief Frau Hellmann. Peter Das erste Mal hatte ich richtig Angst. Um uns herum zuckten die Blitze und die Donnerschläge folgten prompt. Ich hatte Mühe das Pferd ruhig zu halten, denn wie ich erschreckte es sich jedes Mal erneut. Ich versuchte, einfach hinter den anderen herzulaufen und das scheuende Pferd nicht loszulassen. Im anderen Stall angekommen, atmete ich erst einmal durch. „Bindet die Tiere irgendwo fest und kommt, es sind noch Pferde im anderen Stall“, sagte Alexander gestresst und band sein Pferd an einer Box fest. Wir folgten seinem Beispiel und liefen ihm hinterher nach draußen. Mittlerweile hatte der Regen eingesetzt und die Regentropfen schlugen hart gegen die nackte Haut unserer Beine und Arme. Wieder zuckte ein Blitz. Aber diesmal so dicht neben mir, dass ich mir durch den folgenden Donner, die Ohren zuhalten musste. „Peeeeeeeeter…pass auf… hinter dir“, hörte ich Tobi schreien. Doch es war zu spät. Ich drehte den Kopf und sah nur noch wie die große Eiche in meine Richtung stürzte. Dann wurde alles um mich herum schwarz. Tobias Der Baum begrub Peter unter sich. „Peeeeter neeeeeeein“, schrie ich entsetzt und rannte zu ihm. Ich spürte, wie die Äste meine Haut an Armen und Beinen aufschürften. Aber das war mir egal, ich musste zu Peter. Auch dass ich mit meinem Verband hängen blieb, war mir egal. Einige Teile des Baumes brannten und Peter lag mitten drin und rührte sich nicht. „Peter“, schrie ich, doch er reagierte nicht. Mittlerweile waren auch noch andere aus der Gruppe da und versuchten sich zu Peter durchzukämpfen. Der starke und heftige Regen tat sein Übriges. Ich stieg über eine letzte Astgabelung und hatte Peter endlich erreicht. Er blutete stark am Kopf und regte sich noch immer nicht. „Helft mir doch“, schrie ich ängstlich und halb heulend.. Ich beugte mich zu Peter hinunter. „Peter sag doch was… Tobi ist hier… dein Tobi.“ Keinerlei Regung. Ich zog mein T-Shirt aus und drückte es ihm auf die Kopfwunde. „Bitte Peter…, tu mir das nicht an… ich liebe dich doch“, wimmerte ich leise, dann drehte ich meinen Kopf panisch zu den Anderen, „ruft doch endlich jemand den Krankenwagen, Peter blutet…“ Meine Stimme versagte, ich bekam kein Wort mehr heraus. Verzweifelt streichelte ich über Peters Arm. „Komm doch bitte zu dir… Peter… Schatz, sag doch bitte was.“ „Tobias?“, hörte ich eine Männerstimme schreien. Ich schaute in die Richtung, aus der ich die Stimme zu hören vermutete. Dort stand Herr Hellman. „Kommen Sie… Peter blutet an der Stirn und es hört nicht auf.“ „Drück dein T-Shirt weiter fest drauf und versuch Peter anzusprechen.“ „Tu ich ja… aber er reagiert nicht“, rief ich verzweifelt zurück. Irgendwo aus der Ferne konnte ich Sirenen hören. Ängstlich schaute ich wieder zu Peter, nahm seine Hand und drückte sie. „Peter… sag doch endlich was… ich liebe dich … ich will dich nicht verlieren“, schluchzte ich laut. Ich ließ meinen Kopf auf seinen Bauch sinken und fing an, laut zu heulen. Das Gewitter hatte wohl seinen Höhepunkt erreicht, denn der Wind peitschte den Regen über uns hinweg und die Blitze zuckten wild um uns herum. Ich kroch dichter an Peter, um mich schützend halb auf ihn zu legen. Immer noch das T-Shirt an die Stirn gepresst, schaute ich ihm wieder ins Gesicht. „Schatz bitte, schlag deine Augen auf… sag was… bitte“, sagte ich mit weinerlicher Stimme. „… mein… Kopf…“, röchelte Peter plötzlich. Das Wasser lief uns beiden übers Gesicht, der Regen hatte noch nicht nachgelassen. Mein T-Shirt hatte sich rosa verfärbt, durchtränkt mit Blut und Wasser vom Regen. „Ganz ruhig… bleib liegen Peter, es kommt gleich Hilfe.“ Peter Mir tat alles weh und mein Kopf fühlte sich an, als würde ein Presslufthammer darin wüten. Ich schmeckte Wasser an meinen Lippen und entfernt konnte ich Sirenen hören. Was war passiert und warum lag ich hier am Boden? Und warum saß Tobi neben mir? „Was ist denn… los?", fragte ich. Alles war nass und es war ohrenbetäubend laut um uns herum. „Du bist mit einem Baum kollidiert. Er hat dich am Kopf erwischt.“ Deswegen die Kopfschmerzen. Jetzt kamen langsam die Erinnerungen zurück. „Brennt der Stall noch?“, fragte ich. „Ja, aber die Pferde sind draußen…“ Warum guckte sich Tobias immer so hektisch um? „Muss ich hier liegen?“, fragte ich, mir immer noch nicht richtig bewusst, wo ich eigentlich war. „Öhm… du liegst unter einem Baum… kannst du denn aufstehen…?“ Tobi schaute mich richtig besorgt an. Meine Hand ließ er nicht los und das Stück Stoff drückte er immer noch gegen meine Stirn. Die Sirenen waren jetzt sehr laut und klangen sehr nahe. Plötzlich hörte ich noch andere Stimmen. Tobias Endlich, die Feuerwehr war eingetroffen. Das Donnern und Blitzen ließ auch allmählich nach. Nur der Regen ergoss sich unaufhörlich auf uns hernieder. Langsam wurde mir kalt so nur mit meinen Schlafshorts bekleidet. *-*-* In eine Decke gewickelt saß ich nun da und wartete. Ich hatte es mir nicht nehmen lassen mit ins Krankenhaus zu fahren. Peter hatte nicht mehr abgekriegt, als die Platzwunde am Kopf. An den Gedanken, der Stamm hätte ihn zerquetschen können, wollte ich erst gar nicht denken. Die Tür zum Behandlungszimmer ging auf und Frau Hellmann kam mit Peter heraus. „Und wenn es ihm schlecht wird, ruf bitte sofort an“, meinte der Arzt zu Frau Hellmann. „Kein Problem. Zu Hause wird er gleich ins Bett gesteckt und ich habe da schon jemanden, der auf ihn aufpasst. Seine Eltern sind auch schon verständigt.“ „Gut. Und wie geht es jetzt bei euch weiter? Der Stall ist ja komplett abgebrannt, wie man hört.“ Frau Hellmann seufzte. „Ja, leider. Wahrscheinlich wieder aufbauen, denn irgendwo müssen wir die Pferde ja unterbringen.“ Ich schaute zu Peter, der meinen Blick lächelnd erwiderte. Sein Kopf zierte ein großes Pflaster. „Die Versicherung wird sicher auch ihren Teil zahlen.“ „Das ist es nicht, Geldprobleme haben wir keine. Aber ich muss nun los, die anderen warten sicher schon auf uns.“ „Okay, war schön dich mal wieder zu sehn. Und Kopf hoch, es wird schon alles.“ Es wird schon alles… die Worte halten in meinem Kopf nach. Auch meine Eltern waren schon unterwegs. Sollte ich es ihnen sagen? Sagen, was ich empfand? Ich stand auf und streifte die Decke ab. „So wir können. Tobi du hast ja schon gehört, du passt mir auf, dass Peter in seinem Bett bleibt!“ „Kein Problem“, lächelte ich. Peter lief neben mir her und suchte dabei meine Hand. Ich griff nach ihr und hielt sie fest. „Wisst ihr eigentlich, dass ihr ein süßes Paar abgebt“, hörte ich Frau Hellmann sagen. Beide wurden wir rot, während wir liefen nach draußen zum Parkplatz liefen und in den Wagen der Hellmanns stiegen. Die Urlaubstage auf dem Reiterhof waren sicherlich gelaufen. Die Eltern würden kommen und ihre Kinder abholen. Und Peter und ich…, gut wir wohnten nicht weit von einander weg. Ich war total in diese Gedanken und schaute still zum Fenster hinaus. Wir saßen beide auf der Rückbank und Peter hatte sich an mich gelehnt. „Was ist los?“, fragte er mich leise. „Was wird jetzt werden?“, fragte ich zurück. „Was meinst du?“ „Ich meine mit uns beiden…“ „Gibt es denn ein uns?“ Die Frage tat weh, aber aus seiner Sicht hatte er Recht. Verlegen schaute ich wieder aus dem Fenster. „Ich weiß nicht, was ich machen soll…“, antwortete ich leise, „meine Eltern kommen heute…, ich würde es ihnen gerne sagen…“ „Wirklich?“, fragte Peter plötzlich in einem angenehmen sanften Ton. „Aber ich habe Angst, sie verstehen mich nicht…“ „Wie kommst du da drauf? Haben sie sich schon mal in der Richtung negativ geäußert. Ich meine, bei meinen Eltern wusste ich vorher, dass sie nichts gegen Schwule hatten, denn mein Dad hat einen Arbeitskollegen, der schwul ist und sich gut mit ihm versteht.“ „Öhm… eigentlich nicht. Das war eigentlich nie ein Thema bei uns.“ „Haben sie denn nie auf Meldungen im Fernsehen und auf Berichte in Zeitungen reagiert?“ „Doch… schon… aber sie haben nie weiter darüber geredet.“ „Wenn… wenn es dir helfen würde… ich kann bei dir bleiben…“ „Du musst ins Bett, hat der Doktor gesagt!“ Mein Blick fiel auf den Rückspiegel des Wagens und ich schaute in das Gesicht von Frau Hellmann, die grinsend auf den Verkehr achtete. Hatte sie etwas mitbekommen? *-*-* Peter Tim stand unschlüssig da und schaute mich an. „Glaub mir, er meint es wirklich ernst, das war sicher kein Gerede“, beteuerte ich. Tim wollte mir nicht glauben, dass es Tobi wirklich ernst meinte. Innerlich lächelte ich, weil mein Bruder plötzlich so einen Beschützerinstinkt entwickelt hatte. Seufzend setzte er sich zu mir ans Bett. „Ich will nur nicht, dass er dir noch einmal so weh tut, verstehst du?“, fragte er leise. Ich nickte. „Ich zerpflücke ihn, wenn er das noch einmal macht!“ „Brauchst du nicht!“ „Wo ist er überhaupt?“, fragte Tim und schaute sich grinsend im Zimmer um, „hat wohl Angst vor mir und versteckt sich.“ „Nein, er wartet unten auf seine Eltern.“ „Ja, habe mitbekommen, dass alle Eltern anreisen und ihre Kids abholen…, dann sollte ich wohl so langsam packen… obwohl ich echt keine Lust habe, hier wegzufahren… es gefällt mir hier.“ Hä? Hatte ich richtig gehört. Mr. Nörgler höchst persönlich ließ solche Worte vom Stapel? „Aber du bist noch nicht lange krank, oder?“ „Hä? Was meinst du?“ „Komm Tim, gibt es irgendetwas, an dem du einmal nichts auszusetzen hast?“ „So schlimm bin ich nun auch wieder nicht!“ „Doch bist du! Ist dir eigentlich schon mal in den Sinn gekommen, dass deine ständige Nörglerei Mum und Dad auch verletzten könnte?“ Tim schaute mich entsetzt an. „Du hast schon gar nicht mehr registriert, dass sie dir bald jeden Wunsch versucht haben zu erfüllen und was machst du…? Nörgeln! Du hast an allem etwas auszusetzen!“ Tim senkte seinen Blick. „Das tut mir Leid… ich wusste nicht… weiß nicht, dass ihr das so schlimm aufgefasst habt.“ Doch bevor ich darauf antworten konnte, klopfte es an unserer Tür. „Ja?“, rief Tim. Die Tür öffnete sich und Tobi kam herein. Ich runzelte die Stirn, was ich aber gleich wieder bleiben ließ, weil es höllisch wehtat. „Warum klopfst du an?“, fragte Tim die Frage, die ich eigentlich stellen wollte. „Ich… ich… meine Eltern wollten euch… dich Peter kennen lernen. Frau Hellmann hat wohl erzählt, was mit dir passiert ist.“ Interessant. „Mich?“ Tobias nickte verlegen. „Und warum fragst du? Ich meine es ist unser gemeinsames Zimmer, da kannst du doch einfach reinkommen…“, meinte ich. „Ich wusste nicht, ob dir das recht ist… du sollst dich doch schonen…“ Ich starrte Tobias ungläubig an. Er drehte sich noch immer verlegen um und verließ den Raum kurz, um wenig später wieder mit einem Mann und einer Frau wieder aufzutauchen. „Das ist Peter…, von dem euch Frau Hellmann erzählt hat. Tobias war seinem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten. Er hatte dieselben Grübchen wie sein Sohn und lächelte genauso lieb wie er. „Hallo Peter, wie geht es dir… ich darf doch du sagen?“, sprach mich Tobi’s Mutter als Erstes an. Ich nickte und streckte ihr die Hand entgegen. Als ich mich aufrichten wollte, drückte mich Tim aber gleich wieder nach unten. „Hallo, ich bin Tim sein Bruder.“ „Das ist nicht zu übersehn“, meldete sich der Vater zu Wort und lachte. „Öhm… ich muss euch etwas sagen…“, kam es plötzlich von Tobi. Ich schaute zu Tim und gab ihm ein Zeichen, doch mal kurz zu verschwinden, was er auch ganz ohne zu meckern tat. „Ja?“, meinte sein Vater und lenkte die Aufmerksamkeit beider Elternteile auf sich. „Also… ähm… Peter ist… mein Freund…“ Mir tat Tobias richtig leid. Er stand da wie ein Häufchen Elend. „Ja? Das freut uns! Hast du endlich einen Freund gefunden?“, kam es von der Mutter. Sein Dad hustete kurz, gab aber keinen Kommentar von sich. Ich streckte die Hand nach Tobias aus, um ihm damit vielleicht etwas zu helfen. Er sah mich kurz an und lächelte leicht. Zögerlich griff er danach und ich zog ihn zu mir aufs Bett. „Ich… ich weiß nicht… ob ihr das… richtig verstanden habt… Peter ist mein Freund… ich… ich bin… schwul.“ Als Tobias das letzte Wort ausgesprochen hat, fiel mein Blick automatisch auf die Eltern. Erst mal passierte gar nichts. Dann fing sein Vater wieder an zu husten, aber so arg, dass der aus dem Zimmer stürmte. Tobias sah mich ängstlich an und dann wanderte sein Blick zur Tür, durch die gerade sein Vater verschwunden war. Seine Mutter dagegen setzte sich neben ihn. „War das jetzt so schwer?“, fragte sie. Tobias glotzte Bausteine. „Aber… aber…“, stammelte Tobias. „Tobi, jetzt hör mir mal genau zu. Ich mag zwar älter sein, aber ich bin nicht blind. Während deine so genannten „Freunde“, immer mit Mädels auftauchten, warst du immer alleine. Am Schluss besuchten dich deine Freunde nicht mal mehr.“ „Du… du wusstest das?“, fragte Tobias ungläubig. „Du, das Stottern ist Martins Part“, warf ich ein, wofür ich einen bösen Blick von Tobias erntete. Dabei wollt ich doch nur die Stimmung auflockern. „Ja, dein Vater und ich wissen das schon eine ganze Weile.“ „Und… und“, jetzt grinste Tobias selber kurz und sah mich an, „und warum habt ihr nie etwas gesagt?“ „Weil dein Vater und ich meinten, du würdest es uns schon selbst sagen, wenn die Zeit gekommen ist.“ Tobias schaute kurz zur Tür. „Und warum ist Paps dann aus dem Zimmer gerannt?“ „Vielleicht erinnerst du dich, dass dein Vater auf verschiedene Lacke allergisch reagiert und hier ist alles aus Holz.“ „Du meinst… er ist nicht wegen mir raus gerannt?“ Seine Mutter schüttelte den Kopf und meinte schmunzelnd: „Ich weiß von keiner Allergie gegen dich…, das hätte mir auffallen müssen.“ Jetzt lächelte Tobias plötzlich und atmete dabei erleichtert aus. „Dann sollte ich vielleicht zu ihm runter gehen…?“, fragte er. „Wäre keine schlechte Idee!“ „Okay…!“, meinte Tobias und erhob sich. „Bin gleich wieder da, nicht weglaufen.“ Ich zog die Augenbraue hoch, was einen kleinen Stich an der Stirn verursachte. Wo sollte ich denn schon hin? „Hast du Schmerzen?“, fragte Tobi’s Mutter besorgt. „Nein, geht schon… ich sollte vielleicht versuchen, nicht so oft meine Stirn zu bewegen.“ „Ich wollte dir noch danke sagen.“ Hä? „Öhm… für was?“, fragte ich verwirrt. „Dass du uns unseren Sohn wieder gegeben hast.“ „Ich? Ich habe doch gar nichts getan?“ „Doch, du liebst ihn, wenn ich das so sagen darf, oder liege ich falsch in meiner Annahme?“ Tobias Ich nahm gleich zwei Stufen auf einmal, um schneller unten zu sein. Als ich dann endlich vors Haus trat, schaute ich mich erst mal suchend um. Irgendwo musste doch Paps sein? Ich fand ihn dann endlich bei Frau Hellmann. Er unterhielt sich mit ihr. „Das muss ich wirklich mal probieren, danke Frau Hellmann.“ „Hallo Paps…“ „He, hallo Junior, ich bin stolz auf dich!“ Ich verzog mein Gesicht zu einem großen Fragezeichen. ´“Frau Hellmann hat mir gerade erzählt, wie du dich um Peter gekümmert hast. Eiferst mir also doch nach.“ „Paps, du bist Tierarzt!“ „Ja und? Lebewesen ist Lebewesen!“ Er grinste so komisch dabei. Und überhaupt, diese Fröhlichkeit, die mein Vater an den Tag legte... diese Seite meines Vaters war mir nicht bekannt. „Alles in Ordnung, Junior? Du wirkst so nachdenklich.“ Ich hasste es, wenn der mich so nannte. Ob ich ihn mal fragen sollte, ob er wusste, wie ich heiße? „Ich habe euch da drinnen“, begann ich und zeigte auf das Wohnhaus, „etwas Wichtiges gesagt.“ „Ja hast du.“ Ich sah ihn immer noch verwirrt an. „Hast du dazu denn gar nichts zu sagen?“ Diese Ruhe meines Vaters machte mich verrückt und sogar leicht zornig. Er hob seine Hand und legte sie sanft auf meine Schulter. „Hör mal bitte zu, Tobias. Ich weiß selbst, dass ich in der Vergangenheit viel zu wenig Zeit für dich hatte. Trotzdem ist es mir nicht entgangen, dass du dich immer mehr zurückgezogen hast. Wir haben dich nur aus diesem Grund hier angemeldet, damit du mal aus deinen vier Wänden heraus kommst.“ Ich spürte, wie sich langsam Tränen ihren Weg über meine Wangen bahnten. „Deine Mutter und ich haben uns Sorgen gemacht. Du warst früher so eine Frohnatur, hattest immer ein Lächeln im Gesicht und strahlende Augen. Ich möchte gerne wieder meinen Tobias von früher haben!“ Er zog mich an sich und legte seine kräftigen Arme um mich. Seine Hand wuschelte mir dabei durchs Haar. „Und mir ist es egal, in wen du dich verliebst, Hauptsache du liebst!“ Ich konnte nicht anders und fing einfach an zu schluchzen. Es war mir egal, ob andere Eltern mit ihren Kids im Hof standen. „Pscht… ist ja gut“, hörte ich die beruhigenden Worte meines Vaters. Er hielt mir ein Papiertaschentuch vor die Nase. Ich nahm es und putze erst mal meine Nase. „Was hast du denn da am Arm? Ist das vom Brand?“, fragte er und zeigte dabei auf meinen Verband. „Nein… ich bin hingefallen und habe mir den Arm aufgerissen, Frau Hellmann hat ihn verarztet.“ „So schlimm?“, fragte Paps und drehte leicht meinen Arm. „Nein, nur eine größere Schürfwunde. Die Kratzer an den Beinen und Armen sind aber vom Brand, als ich mich durch die Zweige zu Peter durchzwängte.“ „Du liebst ihn?“ Mit verweinten Augen sah ich Paps an und nickte. „Das ist doch toll! Warum machst du so ein betrübtes Gesicht?“ Ich konnte nicht anders und lächelte etwas. „So gefällst du mir schon besser.“ Ein weiteres Auto fuhr auf den Hof und ich konnte Tim entdecken, wie er darauf zulief. Ein Ehepaar stieg aus und begrüßte ihn überschwänglich. Sie unterhielten sich noch kurz, bevor ihre Blicke zu uns wanderten. „Kennst du die?“, fragte mich Paps. „Ich denke mal, das sind die Eltern von Peter und Tim.“ „Die werden sich sicher bei dir bedanken wollen.“ „Hör auf Paps, ich war doch nur bei Peter, bis der Krankenwagen kam, ich habe gar nichts Besonderes gemacht“, entgegnete ich verlegen. Mir war das echt peinlich. Die Eltern kamen gerade zusammen mit Tim näher. „Friedrich? Wir haben doch telefoniert?“, fragte Tim’s Vater meinen Paps. Verwundert schaute ich zwischen den beiden hin und her, ebenso wie Tim. „Ja ich bin Friedrich, dann musst du wohl Dieter sein.“ Was ging hier vor. „Ja, hallo“, sagte dieser Dieter und schüttelte Paps die Hand, „meine Frau Evelyn.“ Auch sie gab meinem Vater die Hand und nickte ihm lächelnd zu. „Ich denke, meine Frau sitzt noch bei eurem Sohn“, sprach mein Vater weiter. „Öhm… Paps. Woher kennt ihr euch?“, fragte ich jetzt doch neugierig. „Dein Vater und ich kennen uns von früher noch. Ich hatte am Anfang den gleichen Studiengang wie er und dann haben wir uns aber total aus den Augen verloren.“ Mit großen Augen schaute ich die zwei an. „Dein Vater ist auch Tierarzt?“, fragte ich Tim verwundert, „davon habt ihr mir ja gar nichts erzählt.“ „Nein, ich bin in der Forschung tätig“, kam Tim’s Vater seinem Sohn zuvor. „Und wie habt ihr euch jetzt wieder gefunden?“, fragte Tim. „Frau Hellmann hat uns einiges erzählt und der Nachname von Tobias kam mir sehr bekannt vor, da habe ich gefragt, ob ich von seinen Eltern die Telefonnummer haben könnte.“ Mich würde interessieren was Frau Hellmann so alles erzählt hatte. *-*-* Peter „Also mich hätte niemand bei dem Gewitter aus dem Haus gebracht“, meinte Tobi’s Mutter. Aus dem Flur klangen Stimmen nach oben. Ein ganzer Trupp schien wohl hoch zu kommen. Beide wandten wir den Kopf Richtung Flur. „Deine Eltern?“, fragte Tobi’s Mutter. „Den Stimmen nach zu urteilen schon, ich müsste etwas sehen.“ Doch bevor ich mich richtig aufrichten konnte, drückte mich Tobi’s Mutter ins Kissen. Was war das hier? Gefangen im Bett? Man! „Hallo Schatz, wie geht es dir“, konnte ich meine Mutter in höchsten Tönen fragen hören. Tobi’s Mutter stand auf, eine kurze Begrüßung entstand, wobei ich mich wunderte, dass die alle miteinander auf Du waren und nun saß meine Mutter neben mir. „Alles okay?“, fragte sie. Ich nickte. „Sieht schlimmer aus, als es ist“, versuchte ich die ganze Sache herunter zuschaukeln. „Da hat uns aber Frau Hellmann am Telefon was anderes erzählt. Mit einer mittleren Gehirnerschütterung ist nicht zu spaßen junger Mann… hallo Peter“, kam es von meinem Vater mit einem Zwinkern. Etwas unschlüssig standen nun alle um das Bett herum. „Und jetzt? Was passiert jetzt?“, fragte ich und schaute die versammelte Truppe an. „Hätte jemand Lust auf Kaffee?“, fragte Tobi’s Dad in die Runde. Sofort kam von allen Seiten Zustimmung. „Ich habe da im Ort ein kleines Cafe gesehen, das sollten wir ausprobieren…“, sprach Tobi’s Dad weiter. „Das ist eine gute Idee! Bevor wir einchecken ein gemütliches Käffchen. Fährst du oder ich, Friedrich?“, kam es von meinem Vater. Was lief hier und warum kannten die sich plötzlich alle. Und hallo, war ich schon vergessen? Ich hüstelte gekünstelt, um die Aufmerksamkeit wieder auf mich zu lenken. Alles schaute wieder zu mir. „Ich muss liegen bleiben, ich kann nicht mitgehen“, meinte ich leicht entrüstet. „Ach Peter, wir können nachher noch lange genug reden“, meinte Mum. „Auf der Heimfahrt?“, fragte ich. „Ach so, das wisst ihr noch gar nicht, oder?“, fragte Tobi’s Dad. „Was denn?“, fragte Tobi in einem verwirrten Ton zurück. „Dass wir uns für eine Woche hier eingebucht haben, ganz kurzfristig. Die Hellmanns sind uns da sehr entgegen gekommen.“ „Eine Woche… ihr… hier?“, stammelte Tobias, nun genauso baff wie ich. Unsere Eltern nickten nur mit einem Grinsen. *-*-* Die Eltern waren inzwischen abgezogen und wie sich herausstellte, wurde eigentlich keiner abgeholt. Die Eltern waren aus Sorge um ihre Sprösslinge alle nur auf Besuch. Tobias lag schon die ganze Zeit neben mir und starrte mich an. „Was?“, fragte ich zum dritten Man genervt. Schon wieder grinste er nur. „Nichts!“ „Warum starrst du mich dann so an?“ „Weil es Spaß macht, dich zu beobachten. Weißt du, wie goldig du bist, wenn du dich aufregst?“ „Nein wie sollte ich, ich schau mich dabei selten im Spiegel an!“ Tobi ließ seinen Kopf kichernd ins Kissen fallen, dann drehte er sich wieder und stützte den Kopf auf seine Hand. Diesmal deutlich näher als zuvor. „Geht es dir eigentlich jetzt besser?“ Doch anstatt einer Antwort spürte ich plötzlich Tobi’s Lippen auf den meinen. Ich schloss meine Augen und träumte, dass dieser Kuss nie zu Ende gehen würde. *-* Ende *-*

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