Der weite Weg – Teil 4

Heute war ich vor Aufregung schon früh wachgeworden. Ich drehte noch eine Runde mit Meiki, bevor ich mich aufmachte, um mit Marvin zusammen, zur Schwimmhalle zu fahren. Heute war der große Schwimmwettbewerb in Stuttgart.

Schon im Bus, nach Stuttgart, war ein gute Stimmung im Team, der Trainer rechnete sich diesmal gute Chancen aus. Ich versuchte mich diesmal zu beherrschen und nicht die ganze Zeit an Marvin zu hängen. So wanderte ich im Bus herum und hielt mal da ein Schwätzchen und mal da.

Meine Augen wanderten dennoch stets zu ihm, und er lächelte mich an, wenn er es bemerkte. Aber irgendwann landete ich doch wieder bei ihm, und kuschelte mich an ihn. Die Anderen hatte sich an das Bild gewöhnt.

Seit Marvin wieder beim Schwimmtraining teilnehmen konnte, hatte sich irgendwie Normalität in unserem Leben eingestellt. Wer beim wem schlief, war eigentlich egal, unsere Eltern wussten ja Bescheid.

Sie meinten nur, solange es an unseren Schulnoten keine Veränderungen nach unten gab, hätten sie nichts dagegen. Marvins Bauch zierte eine hauchdünne Narbe, an die ich mich nur langsam gewöhnte.

Auch wenn mir Marvin es immer versuchte auszureden, fühlte ich mich für sie verantwortlich.

„Na, kleiner Bär, so aufgeregt?“, Flüsterte Marvin mir ins Ohr.

„Wieso?“, Meinte ich und schaute ihn an.

„Du zitterst!“

Ich lehnte meinen Kopf wieder zurück an seine Schulter.

„Ach so, kann sein.“

Er schlang einen Arm um mich und zog mich näher an sich.

„Muss das sein, dass unser privater Fanclub, hinterher fährt?“, Stänkerte ich leise.

„Schlimm?“, Fragte Marvin.

„Wann ich nun verliere, wie stehe ich dann vor meiner und deiner Familie da?“

„Tropfend nass und in Badehose..“

Ich sah auf und Marvin grinste mich frech an. Er wollte mich nur aufheitern, was ihm auch gelang, ich musste kichern. Glücklich lehnte ich mich wieder in seinen Arm zurück.

* *

„Wo ist meine Tasche“, rief Markus, als er sich tief in die Ladefläche des Busses hineinbeugte.

„Steht schon hier draußen, Markus“, kam es von Oliver, seinem Bruder.

Ja, Oliver war auch dabei. Das damalige Ärgernis von vier Wochen war vergessen, Oliver wollte sich nur einen Spass mit mir machen. Er dachte nicht, dass sein Kuss solche Auswirkungen haben könnte.

Unser Trainer ging vor und wir folgten ihm wie eine Herde Schafe. Schnell waren wir angemeldet und in den Umkleidekabinen verschwunden. Marvin und ich teilten uns eine, was nicht ohne Folgen blieb.

Kaum waren wir umgezogen, hingen wir schon eng aneinander geschlungen, und küssten uns innig. Markus in der Nachbarkabine klopfte hart gegen die Kabinenwand.

„Hört mit eurer Knutscherei auf und guckt, das ihr fertig werdet“, kam es aus seiner Kabine.

Ein Gelächter folgte aus den anderen Kabinen und mit hochroten Kopf verließen wir die Unsrige, um unsere Taschen in den schränken einzuschließen. Markus schmunzelte uns entgegen, bevor er in den Duschräumen verschwand.

Später forderte uns der Trainer auf ein paar Aufwärmübungen zu machen, damit wir vorbereitet waren. Als ich das erste mal auf dem Startblock stand, grölte es von der Zuschauertribüne herunter. Ich riskierte ein Blick und entdeckte die ganze, versammelte Mannschaft meiner Familie und Marvins Eltern.

Etwas verunsichert, wartete ich auf den Startton, und kam wie nicht anders erwartet schlecht beim Start weg. Doch in der gleichmäßigen, hohen Geschwindigkeit, besserte ich meinen Platz wieder schnell auf.

Auf der letzten Bahn zog ich mit kräftigen Zügen durch und erreichte somit Platz zwei. Von den Rängen jubelte es. Es waren anscheinend doch mehr von Karlsruhe mitgekommen als ich dachte. Ich stieg aus dem Wasser und lief zu meinem Platz.

Während dem Abtrocknen spürte ich eine Hand auf meinem Rücken.

„Du warst super, Bär.“

Ich drehte mich um und Marvin stand vor mir. Am liebsten hätte ich ihn umarmt, aber ich beließ es mit einem Lächeln, dass ich ihm schenkte.

„Mit dir als Aufputschmittel, ist das kein Problem“, erwiderte ich.

„Wer nimmt hier Aufputschmittel?“, kam es von hinten.

„Niemand“, sagte Marvin und lachte.

Der Trainer war gekommen, um mir noch ein paar Tipps für die nächste Runde zu geben.

„Mach weiter so und wir sehn an dir noch eine Medaille heute“, meinte er und ging wieder zu den anderen.

„Ich muss los, bin gleich dran“, sagte Marvin.

Ich spürte, wie er auch mich gerne umarmen würde. Ich sah ihm noch ein wenig hinterher. Fast wieder trocken, zog ich das Oberteil meines Trainingsanzug um nicht abzukühlen. Ich gesellte mich an die Zuschauertribüne, wo auch gleich Chris versuchte zu mir an den Rand zu kommen.

„Ich bin überrascht, über die Schnelligkeit meines Bruders“, kam von Chris.

„Du hast mich ja noch nie schwimmen gesehen“, antwortete ich ihm.

„Ich meinte eher, wenn ich sehe, wie du zu Hause immer rumtrödelst…“

Ein breites Grinsen machte sich auf seinem Gesicht breit.

„Wann bist du wieder dran?“, fragte Chris.

„Nach dem 500 Meter Rückenkraulen“, sagte ich.

„Dann wünsche ich dir mal viel Glück, wir sehen uns noch.

Und schon war er wieder verschwunden, zurück zu Barbara und Reinhard, die mir fröhlich zu winkten. Marvin hatte seine Startposition eingenommen. Ich stellte mich zu den anderen und verfolgte nach dem Startschuss Marvin genau.

Im Gedanken dachte ich noch, dass er ein viel zu schnelles tempo an den Tag legte, er würde es am Schluss bereuen. Und so traf es auch ein. Ab der zweitletzten Bahn, wurde Marvin sichtlich langsamer.

Sein Kraulen wurde ungleichmäßiger, er holte viel zu viel Luft. Ich sah wie er kämpfte und erreichte, mit letzten Kräften Platz drei. Also war er auch eine Runde weiter. Schwer atmend hielt er sich am Beckenrand fest, als ich ihn erreichte.

„Du warst am Anfang zu schnell“, meinte ich und half ihm aus dem Wasser.

„Ich habs zu…. spät gemerkt“, er rang immer noch nach Atem.

Ich gab ihm sein Handtuch. Schnell war der Trainer zur Stelle und meinte das Gleiche wie ich. Marvin versprach, es in der nächsten Runde ruhiger angehen zu lassen, was der Trainer zufrieden aufnahm.

Noch immer total fertig ließ Marvin sich auf die Bank fallen.

„Deine …. deine Narbe macht dir aber nicht zu schaffen, oder?“, fragte ich.

„Nein, ich hab mich eben nur ein bisschen übernommen“, antwortete er.

Beruhigt lehnte ich mich zurück und beobachtete das Treiben in der Halle.

„Was denkst du?“, fragte mich Marvin.

„Nichts, ich schaue mich nur ein wenig um.“

„Bist du glücklich?“

Ich drehte langsam meinen Kopf zu Marvin und begann zu lächeln.

„Natürlich bin ich glücklich“, antwortete ich ihm.

„Schläfst du heute Nacht bei mir?“

Ich musste grinsen.

„Wenn du eine Medaille mit nach Hause bringst, ja“, gab ich frech zur Antwort.

„Boah, das ist ja Erpressung!“, meinte Marvin gespielt empört.

„Nein, nein nur ein Anreiz für dich.“

Meine nächste Staffel wurde aufgerufen. Ich zwinkerte Marvin zu und zog meine Jacke aus.

„Lauf mir nicht weg“, meinte ich zu ihm und lief zum Start.

* *

Lautes Gekreische nahm ich aus der Ferne war, als meine Hand den Beckenrand erreichte. Ich hatte es geschafft. Auch in der letzten Runde, hatte ich den ersten Platz erfolgreich verteidigt. Fast mein ganzes Team stand am Beckenrand und jubelte.

Der Trainer reichte mir die Hand um mich rauszuziehen. Alle gratulierten mir, klopften mir auf die Schultern. Marvin strahlte wie ein Honigkuchenpferd, er reichte mir mein Handtuch. Er hatte es nicht geschafft, er war in der vierten Runde ausgeschieden.

„Beeile dich, du bekommst gleich dein Goldstück umgehängt“, meinte er.

Ich musste grinsen.

Dann schläfst du wohl heute Nacht bei mir“, flüsterte ich ihm zu.

Etwas zerknirscht guckte er mich an, aber es dauerte nicht lange so begann auch er zu lachen.

* *

Ich war schon sehr aufgeregt, noch nie war ich auf einem Siegertreppchen gestanden, schon gar nicht ganz oben. Die Schwimmleitung stand vor uns, ein Mann sagte ein paar Worte, die ich fast nicht wahrnahm.

Dann wurden die Medaille verteilt. Als ich meine um den Hals bekam, fing es auf den Rängen an zu johlen. Ein kurzer Blick hinüber und ich sah, dass da meine ganze Familie schreiend. Ich winkte ihnen kurz zu.

Stolz wie Otto, lief ich wieder an meinen Platz zurück.

„Bist du irgendwo hängen geblieben?“, fragte mich Marvin.

„Wieso?“

„Du hast dir da ein kleines Loch reingerissen“, meinte er und zeigte auf meine Badehose.

„Oh scheiße…“

„Hast du Ersatz dabei?“

„Ja, ich muss aber kurz in die Umkleidekabine.“

„Okay, ich sage dem Trainer Bescheid“, meinte Marvin, als ich mich schon auf den Weg machte.

Durch die Duschen kam ich auf den Gang zu den Umkleidekabinen. Hier war es kühler, als in der großen Halle. Mich fröstelte ein wenig.

Schnell war ich an meinem Spinnt und schloss ihn auf.

„Da ist ja unser Dreckschwuchtel.“

Erschrocken ließ ich meine Schlüssel fallen und ich fuhr herum.

Andreas stand vor mir, was mich nicht beunruhigte, eher die Waffe in der Hand, mit der er auf mich zielte.

* *

In der Schwimmhalle

„Wo bleibt der Junge solange, sein Staffellauf wird doch gleich aufgerufen“, fragte Barbara.

„Ich weiß es auch nicht, Marvin hat Christian erzählt, das seine Hose ein Loch hätte und Sven nur kurz sie wechseln wollte“, antworte Reinhard.

Sein Handy begann zu klingeln.

„Lohmeier“, sagte er.

Eine kurze Pause entstand.

„Was?“, entsetzt schaute er seine Frau an.

„Was ist los?“, fragte sie ihren Mann, der mit einer Handbewegung abwinkte.

„Danke für die Information, ich werde gleich nach meinem Sohn schauen“, meinte Reinhard und drückte sein Handy aus.

„Nun sag schon, was ist denn passiert, Reinhard.“

„Dieser Andreas ist gestern aus dem Heim abgehauen und hatte laut vorhergeprahlt, sich rechen zu wollen.“

„Oh Gott …. Sven”, meinte Barbara entsetzt.

„Ja“, gab Reinhard zur Antwort und drängte sich zum Ausgang, um in die Umkleide Kabinen zu gelangen.

Es dauerte nicht lange, bis er sie erreicht hatte und Stimmen hörte. Barbara hatte sich währenddessen zur Rennleitung begeben und diese aufgeklärt. Der Wettbewerb wurde kurzfristig unterbrochen. Die Polizei wurde benachrichtig.

* *

„Was soll das jetzt?“, fragte ich mit beherrschter Stimme.

„Ich habe doch gesagt, dass ich dich kriege, du Schwein“, kam es von Andreas.

Mit einem widerwärtigen Lächeln schaute er mich an.

„Und warum das alles?“, fragte ich.

„Das fragst gerade du? Wegen dir habe ich den ganzen Ärger am Hals.“

„Ach so, und jetzt denkst du, wenn du mich abknallst, sind alle deine Probleme gelöst.“

„Ja, ich tu doch der Menschheit doch ein Gefallen, wenn ich so Abschaum wie dich beseitige.“

„Ich frage mich wer hier der Abschaum ist.“

Das war Marvin, er war zu den Umkleidekabinen gekommen. Andreas fuhr herum.

„Tut mir leid Marvin, dass wollte ich nicht, daran ist auch dieses kleine Miststück schuld“, sagte Andreas und fuchtelte mit der Waffe Richtung der Narbe, an Marvins Bauch.

„Das ist alleine deine Schuld, Andreas. Du hast genau gesehen, dass ich vor dir stehe und hast nicht aufgehört.“

„Warum eigentlich? Warum hast du dich vor ihn gestellt?“, fragte Andreas und man merkte, es arbeitet in seinem Kopf.

„Weil ich nicht einsehe, dass du wegen deiner „Einstellung“ meinen Freund verletzt“, gab Marvin von sich.

„Freund?“

„Freund, Liebhaber, Lover oder Boyfriend, wie immer du es willst, ich bin mit Sven zusammen.“

„Was….? Wie hat der dich so schnell umgepolt?“, sagte Andreas, der sichtlich nervöser wurde.

Er blickte zwischen mir und Marvin hin und her.

„Entweder man ist schwul oder man ist es nicht, Andreas und ich war und bin schon immer schwul.“

„Was redest du da für eine gequirlte Scheiße, du bist nicht schwul. Der Drecksack da, hat dich verführt.“

„Wer hier wen verführt hat, lass ich mal dahingestellt sein“, gab Marvin zur Antwort.

Ich war überrascht, wie ruhig Marvin das alles sagte, obwohl doch die Waffe auf mich gerichtet war.

„Wie gesagt ich war es schon, bevor Sven hier her zog“, sprach Marvin ruhig weiter.

Das Gesicht von Andreas, verzog sich zu einer angewiderten Grimasse.

„Du bist ja verrückt?“, stammelte Andreas.

„Ich bestimmt nicht“, erwiderte Marvin.

Aus dem Augenwinkel heraus, sah ich durch die offenen Türen der Umkleidekabine, auf dem anderen Gang Reinhard. Ich wich ein wenig zurück und kam an die Spinntür, die mit einem Knall zuflog.

Andreas fuhr herum und drückte ab; ein Schuss löste sich. Dicht neben mir im Spinnt, schlug die Kugel ein. Ich fuhr zusammen. Was dann geschah, war schon zuviel, für mein Gemüt, ich fing laut an zu schreien.

Zwei Hände erschienen aus der Kabine vor der Andreas stand. Es war Reinhard, der versuchte, Andreas die Waffe abzunehmen. Eine weitere Schuss löste sich nur diesmal ging dieser in die Decke.

Reinhard bekam den Arm von Andreas zu greifen und schlug ihn gegen den Türrahmen der Kabine. Andreas schrie laut auf und ließ die Waffe fallen. Reinhard dagegen drückte ihn mit dem Gesicht Richtung Boden und setzte sich auf ihn.

Marvin näherte sich den beiden langsam und hob die Waffe auf. Ich stand noch immer an derselben Stelle und zitterte wie Espenlaub. Marvins Augen waren starr, ich sah erschrocken, wie sie vor Hass funkelten.

Langsam hob er die Waffe und zielte damit auf Andreas.

„Marvin, lass den Scheiß“, kam es von Reinhard.

Unsicher bewegte ich mich auf Marvin zu und fing an zu weinen.

„Marvin, tu das bitte nicht…. du bist dann nicht anders als er.“

Es dauerte einen Augenblick, bis sich Marvin aus seiner Starre löste und mich anschaute. Er ließ die Waffe wieder sinken. Plötzlich wurde es, aus allen Ecken kamen Polizisten angestürmt. Marvin übergab die Waffe einem Beamten und nahm mich in den Arm.

Erst jetzt wurden mir die Knie weich, ich drohte zusammenzusacken. Marvin hielt mich fest in den Armen und küsste wie wild mein Gesicht.

„Ich hatte so Angst um dich, mein Bär“, flüsterte er mir ins Ohr.

Andreas wurde abgeführt, endlich kam auch Marvin und nahm uns beide in den Arm.

„Das ist ja grad noch mal gut gegangen.“, meinte Reinhard.

Der Trainer und einige der Rennleitungen kamen hinzu.

„Wir werden wohl die Veranstaltung abbrechen“, sagte einer der Verantwortlichen.

„Die Jungs müssen auch noch eine Aussage machen“, kam es von einem Beamten.

Ich löste mich von Marvin und meinem Dad.

„Halt“, rief ich und alles verstummte.

„Ich habe nicht wochenlang auf diese Staffel trainiert um sie jetzt in den Wind zu schießen“, gab ich von mir.

„Bist du sicher?“, fragte Marvin erstaunt.

„Ja, bin ich. Meine Aussage kann ich auch noch später abgeben und nun will ich rein, bevor ich noch total steif hier draußen werde.“

Ich nahm meine Sachen aus dem Spinnt und steckte alles in die Tasche. Marvin schloss seinen auf und wir drückten meine Sachen noch zu seinen hinzu. Mit der ganzen Badehose in der Hand, lief ich Richtung Dusche.

Ich schaute meinen Trainer an.

„Was ist, kann es dann losgehen,, oder wird die Pause dann länger“, fragte ich.

Plötzlich herrschte wildes Treiben, der Trainer lief zurück in die Schwimmhalle, die verantwortlichen Veranstalter zurück in ihre Kabinen. Über Mikro, war nun der erste Aufruf für die letzte Staffel für 4000m Freistil zu hören.

Ich stand währenddessen mit Marvin unter der Dusche und ließ mich lange und innig von ihm küssen.

„So nun los kleiner Bär, zeig es ihnen, mach sie fertig“, hauchte mir Marvin ins Ohr.

Wir verließen die Dusche und ich begab mich an meine Startblock, wo die drei meiner Schwimmkameraden schon auf mich warteten. Keiner stellte eine Frage, der Trainer hatte wohl schon etwas verlauten lassen.

Kevin stellt sich als erstes auf. Der Startton kam und Kevin hechtete los. Die Jubel und Anfeuerrufe waren enorm in der Halle. Doch es half nichts, Kevin war schon jetzt an dritter Stelle. Georg kam ebenso gut weg und konnte wieder einen Platz gut machen.

Marvin half Kevin aus dem Wasser, der total erschöpft nach Luft hechelte. Die andere Mannschaft aus Mannheim legte ein schnelles Tempo vor. Ich beobachtete mein Widersacher, der wie ich als letztes dran kam. Er kaute nervös auf seinen Fingernägeln.

Eine gewisse Nervosität kam in mir auch auf, aber versuchte dennoch ruhig zu bleiben. Marvin lächelte mich an.

„Alles okay?“, fragte er.

„Ja keine Sorge“, antwortete ich.

Georg schwamm seine letzte Bahn und Felix machte sich bereit zu übernehmen. Gespannt schauten wir alle, den vier Schwimmern zu. Noch immer führte Mannheim, Georg war fast gleich mit dem aus der Ulmer Mannschaft. Nur die Stuttgarter selbst hingegen, ein wenig hinter her.

Ich ging in die Knie und machte meine Schwimmbrille nass. Langsam zog ich sie über den Kopf um sie in die richtige Position zusetzte. Felix hatte eine Armlänge gut gemacht, aber noch drei bahnen zu schwimmen.

Das Geschreie von den Rängen rückte in weite Ferne. Ich versuchte mich weiter zu konzentrieren, damit meine Atmung gleichmäßig blieb. Felix war nun auf seiner letzten Bahn angekommen, den kleinen Vorsprung hatte er ausbauen können.

Ich ging in meine Startposition und wartete, dass Felix mich endlich abschlug. Mit einem weiten Sprung segelte ich ins Wasser und fing gleich mit einem hohen gleichmäßigen Tempo an. Ich setzte alles auf ein Karte.

Ich sah nicht an welcher Stelle meine Konkurrenz war, ich versuchte mich weiterhin konzentriert das Tempo zu halten. Ich war erstaunt über mich selbst, welche Reserven ich hatte. Es dauerte eine Weile, bis ich endlich meine letzte Bahn erreichte.

Auch jetzt im Wasser, konnte ich entfernt die Anfeuerrufe des Publikum hören. Langsam sah ich den Beckenrand auf mich zu kommen. Ich verstärkte noch mal meine Züge, zog kräftig durch. Nur noch wenige Meter, so halb konnte ich sogar Marvin erkennen.

Total erschöpft schlug ich mit der Hand auf den Beckenrand. Der Jubel war jetzt fast unerträglich. Marvin beugte sich zu mir herunter.

„Du hast es geschafft“, schrie er.

Ich drehte mich um und schaute auf die Anzeige. Den Mannheimer hatte ich mit nur einer Armlänge geschlagen. Neben mir tauchten Georg, Felix und Kevin ein kamen zu mir und gratulierten mir heftig.

Der Trainer selbst zog mich aus dem Wasser und umarmte mich herzlich. Marvin nahm mir meine Brille ab und gab mir mein Handtuch. Die Teamkollegen hoben mich hoch und warfen mich unter wildem, ständigen Johlen immer wieder in die Luft.

Eine Durchsage, der Rennleitung bestättigte noch mal meinen Sieg und rief zur Siegerehrung auf. Kevin und die anderen zwei folgten mir, zu dem Treppchen. Wir stellten uns dahinter und warteten. Als erstes kamen die Dritt- und Zweitplazierten dran.

Dann wurde unser Verein aufgerufen und wieder brach ein großes Gejohle auf den Zuschauerrängen aus. Zu viert standen wir jetzt auf der Siegertreppe und nahmen unsere Medaillen entgegen.

Der Hauptverantwortliche trat vor uns, sprach uns ein paar Worte zu, bevor er uns einen Pokal überreichte. Freunden strahlend hielt ich den Pokal in die Luft und der Applaus brach nicht ab.

* *

Mit zwei Medaillen um den Hals verließ ich die Halle. Hier wartete meine Familie, die mir noch einmal herzlich gratulierte. Ebenso stand auch noch der Beamte von vorhin da und gratulierte mir. Christian und Karo wurden in den Bus zu meinem Teamkollegen verfrachtet.

Marvins und meine Eltern dagegen, fuhren mit uns auf die Polizeiwache. Nachdem alles aufgenommen war, trat ich zur Seite um den einen Beamten noch mal etwas zu fragen.

„Was wird nun aus Andreas?“, Fragte ich, ihn.

„Er wird wahrscheinlich in eine Geschlossene kommen, Mach dir aber keine Gedanken, du hast nichts mehr von ihm zu befürchten“, gab mir der Mann zur Antwort.

Ich schaute zu Marvin, der mir ein Lächeln schenkte.

„So Jungs, auf wir müssen. Zu Hause wartet ein Big Fete auf euch“, meinte Reinhard und schob uns beide vor sich her.

* *

Marvin und ich waren während der Fahrt engumschlungen auf dem Rücksitz unseres Wagen eingeschlafen. Wir wachten erst auf, als mein Dad, den Wagen vor der Schwimmhalle zu Hause zum stehen brachte.

Im Nu, war unser Wagen umringt und wir konnten das laute Grölen hören. Wir hatten Schwierigkeiten überhaupt auszusteigen. Sofort wurde ich ergriffen und hochgehoben. Auf den Schultern zweier Kameraden, wurde ich in den Garten getragen.

Dort war alles schön dekoriert und Bänke standen da. Der Duft von Gegrillten stieg mir in die Nase. Nach dem ich runtergelassen wurde und mir jeder noch mal ausgiebig gratuliert hatte, kam Marvin mit einem Glas Sekt zu mir.

Der Trainer machte sich am Mikro bemerkbar und es wurde langsam still um mich herum. Er lobte die ganze Mannschaft, für ihr gutes Abschneiden und ließ es auch nicht aus, mich ganz besonders zu erwähnen.

Noch einmal brauste der Applaus auf und ich bekam eine rote Birne. Der Trainer sprach einen Trinkspruch auf mich aus und jeder prostete mir zu. Ich schaute verliebt zu Marvin, der dicht an mich heran trat.

„Ich bin stolz auf meinen kleinen Bären“, meinte er und prostete mir ebenfalls zu.

Er kam näher und hauchte mir etwas ins Ohr.

„Und zudem liebe ich dich über alles, Sven.“

Ich konnte nicht anders, die Anderen waren mir jetzt egal. Ich fiel einfach Marvin um den Hals und drückte ihn eng an mich.

„Ich dich auch Marvin…. ich dich auch!!!“

** Ende **

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