Good bye Amerika – Teil 24

„Ähm – du hast Besuch…“

Erstaunt schaute ich Molly an. Direkt hinter ihr stand Berry mit einem breiten Lächeln.

„Sag Grandma einen Gruß von mir“, sagte ich leise zu Abby und humpelte Richtung Tür.

Grinsend schaute sie mir nach.

„Hi du…“, meinte ich, als Berry direkt vor mir stand.

Er lächelte weiter und ich bemerkte, dass er irgendetwas hinter seinem Rücken versteckte. Aber so sehr ich auch versuchte, etwas davon zu erhaschen, Berry gab den Blick nicht frei.

„Hi…“, meinte Berry nur und umarmte mich.

Natürlich kam nun auch der andere Arm zum Vorschein und in dessen Hand befand sich eine rote Rose.

*-*-*

Molly half mir, meine Sachen zu packen. Beide waren wir noch etwas müde, weil es ja noch dunkel war und wir gestern Abend einfach nicht in die Betten gekommen waren. Bob meinte, wir hätten noch eine halbe Stunde, dann müssten wir aber wirklich losfahren.

Etwas aufgeregt war ich nun schon, dass ich so bald Grandma wieder sehen würde. Und es wäre ja auch mein zweiter großer Flug über den Teich. Dann war da noch Berry, der gestern mit einer Rose ankam.

Ich alte Heulsuse begann natürlich beim Anblick der Rose zu heulen, was bei den anderen ein fieses Grinsen verursachte.

„Die Hose auch?“, fragte Molly.

„Nein, die ziehe ich an“, antwortete ich und warf meine Utensilien aus dem Bad in das Geschenk von Grandma – diesen Kulturbeutel.

„So, dann müssten wir alles haben“, meinte Molly und kam zu mir ins Bad.

„Nur noch diesen Beutel“, meinte ich und reichte ihn ihr.

„Wo hast du denn dieses noble Teil her?“

„Ein Geschenk von Grandma – aber nicht mein Geschmack.“

„Ja, über Geschmack lässt sich ja bekanntlich streiten.“

Molly kniete sich auf meinen Koffer und ich zog den Reisverschluss zu. Es klopfte an der Tür.

„Ja?“

Bob streckte den Kopf herein.

„Wie weit seid ihr?“

„Fertig“, meinte Molly.

„Gut, dann kann ich den Koffer dann auch noch verstauen. Guckt, dass alle Geräte aus sind, Licht abgeschaltet, Fenster zu! Dann können wir fahren.“

„Okay, ich verschwinde noch einmal in mein Zimmer“, meinte Molly und drückte sich an Bob vorbei.

Bob stand im Türrahmen, meinen Koffer in der Hand.

„Bei dir alles klar?“

Ich nickte.

„Du weißt, wenn etwas ist… du kannst jederzeit zu mir kommen.“

Wieder nickte ich und schon war ich wieder alleine. Ich schaute mich noch einmal im Zimmer um, aber es war alles in Ordnung. Ich löschte das Licht und schob Gustav vor mir her.

„Du musst die nächsten Tage draußen bleiben, Gustav. Darleen schaut aber nach dir, das hat sie mir versprochen“, meinte ich und schloss hinter mir meine Zimmertür.

Molly kam gerade die Treppe heruntergestürmt.

„Ich bin fertig“, rief sie.

„Ich auch“, schloss ich mich an.

„Dann steigt schon ins Auto, ich komme gleich“, hörte ich Abby rufen.

Gemeinsam mit Molly und Gustav verließ ich das Haus – humpelnd. Hoffentlich erschrak Grandma nicht all zu sehr, wenn sie mich so sah. Molly öffnete mir die Tür und umrundete den Wagen.

„Wenn du dein Bein hochlegen willst kannst du ruhig, stört mich nicht“, sagte sie und stieg ein.

Ich ließ mich auf den Rücksitz fallen und wollte gerade meine Beine reinziehen, als Abby aus dem Haus kam.

„Tom, du sitzt vorne.“

Bitte?

„Nein, es macht mir nichts aus, hinten zu sitzen. Sitz du ruhig zu Bob.“

„Wenn du meinst… Bob, hast du alles?“

„Ja, alles verpackt und im Auto.“

„Tickets?“

„Hier in der Tasche!“

Abby schloss die Haustür ab, kam zum Wagen und gemeinsam mit Bob stieg sie ein. Bob startete den Wagen, doch der Motor verstummte wieder. Alle drei sahen wir nun gespannt auf Bob.

Er drehte erneut den Zündschlüssel und der Motor sprang sofort an. Bob strahlte und gab Gas. Zügig verließ er das Grundstück und schlug den Weg Richtung Berrys und Lesleys Haus ein.

„Haben wir auch genug Platz für deren Koffer?“, fragte Abby.

„Öhm, wenn Berrys Schminkköfferchen nicht zu groß ausfällt… ja!“

Es dauerte ein paar Sekunden, bis ich verstand, was Bob da vom Stapel ließ. Erst als Abby ihm einen Stoss mit dem Ellenbogen gab, fingen Molly und ich laut an zu lachen.

„Aua… das Berühren des Fahrers während der Fahrt ist verboten!“, rief Bob.

„Ich kann auch fahren, wenn du nicht willst“, kam es von Abby gespielt empört.

So lustig ging es dann weiter. Bis wir bei Berry ankamen. Dort wurden wir dann wieder still, denn der Grund unserer Reise war ja eigentlich nicht angenehm. Die beiden Jungs standen mit den Koffern bereits vor der Tür.

Linda, ihre Mutter stand ebenfalls an der Tür, im Morgenmantel. Molly stieg aus und umarmte erstmal Lesley, bevor irgendeiner einen Ton sagen konnte.

„Diese Jugend!“, meinte Abby und stieg auch aus.

Bob verlud bereits die Koffer.

„Passt mir auf meine zwei Jungs auf, dass sie nichts anstellen“, meinte Linda.

Sie umrundete den Wagen und kam zu mir ans Fenster.

„Hallo Tom… Berry hat mir alles erzählt und ich hoffe… dich nimmt nicht alles, was jetzt auf dich zukommt, zu arg mit.“

„Geht schon… danke, Linda. Ich habe jede Menge Unterstützung dabei.“

„Und pass mir auf meinen kleinen Hitzkopf auf, bitte. Du kennst dich in den Staaten besser aus.“

Hitzkopf? Mir fraß Berry aus der Hand! Ich musste lächeln.

„Keine Sorge, wenn er nicht brav ist, nehme ich ihn an die Leine.“

„Was willst du?“

Berry war hinter seiner Mutter aufgetaucht.

„Auf dich aufpassen“, meinte ich.

„Bah, ich bin selber schon groß“, meinte Berry und streckte mir die Zunge raus, „…tschüß Mum.“

„Tschüß mein Junge und hört auf das, was Bob und Abby sagen!“

„Ja, Mum!“

Auch Lesley hatte sich wieder eingefunden und verabschiedete sich bei seiner Mum. Nach einem kurzen Gespräch mit Abby und Bob ging Linda zurück zum Haus. Berry stieg zu mir nach vorne und Molly und Lesley nahmen auf der dritten Sitzreihe Platz.

Welch Komfort bei einem so großen Auto. Wie wild winkten wir aus den Fenstern, als Bob den Wagen anrollen ließ. Bob selbst drückte zweimal die Hupe, was sicherlich die Nachbarschaft erwachen ließ.

Wie der Weg damals, als wir in Griffith beim ersten Mal ankamen, so verließ Bob nun auch die Stadt. Ich hatte mich mittlerweile gedreht und mich in die Arme meines neuen Freundes begeben.

Dieser umarmte mich zärtlich. Molly und Lesley hatten ungefähr dieselbe Position eingenommen wie wir, nur zur Fahrerseite hin. So konnten wir immer Blickkontakt halten.

*-*-*

„Muss man immer so lange warten?“, fragte Lesley genervt.

„Es dauert nicht mehr lange“, meinte Bob und schaute zum tausendsten Male in die Tasche, ob auch wirklich die Tickets drin waren.

Ich nahm wahr, das Abby in eine gewisse Richtung starrte und dabei Bob kurz anrempelte.

„Kinder, wir sind gleich wieder da“, meinte Bob und schon waren beide aufgestanden.

Während die anderen mit sich selbst beschäftigt waren, na ja, Berrys Kopf lag auf meiner Schulter und starrte gegen die Decke, folgte mein Blick Abby und Bob. Bei einer Frau blieben sie stehen und begannen sich mit ihr zu unterhalten.

„Molly, kennst du die Frau?“, fragte ich.

„Welche Frau?“, kam es von Molly.

„Die, bei der deine Eltern stehen.“

Sie schaute kurz angestrengt in die Richtung ihre Eltern.

„Kommt mir bekannt vor, aber wer das ist, kann ich dir nicht sagen.“

Ich sah, wie Bob etwas sagte, aber die Frau heftig den Kopf schüttelte. Nun zuckte Bob mit den Schultern. Abby tätschelte der Frau kurz auf die Schulter, bevor die beiden wieder zu uns zurückkamen.

„Ihr trefft wohl öfters Leute auswärts, die ihr kennt, oder?“, fragte ich.

„Kann man so sagen“, kam es von Bob und beide setzten sich wieder.

Berry wurde jetzt irgendwie schwer und ich stellte fest, er war eingeschlafen.

„Für den Flug 15-2-73 nach San Fransisco über Hawaii checken sie bitte am Schalter sieben ein.“

„Das ist unser Flug“, meinte Bob, „kommt Kinder.

Berry war sofort wieder wach und alle erhoben wir uns. Wir folgten einfach Bob zum Schalter, während Berry meine Tasche trug. Ich versuchte, mit meiner Humpelei Schritt zu halten.

„Guten Morgen, Mr. Miller. Ihre Tickets, bitte“, meinte die Frau hinter dem Schalter.

Einen nach dem anderen fertigte sie so ab. Durch eine Glasschleuse betraten wir nun einen weiteren Gang, der uns zum Flugzeug bringen sollte, was wenig später auch eintraf. Molly und Lesley fanden schnell ihre Plätze und da wir die fortlaufende Nummer hatten, setzten sich Berry und ich auf die Bank dahinter. Er verstaute unser Handgepäck über meinem Kopf und setzte sich zu mir.

„Willst du lieber ans Fenster?“, fragte ich.

„Nein…, nein, ich bleibe lieber hier sitzen.“

„Hast du etwa Angst?“

„Ähm… nein… ich bin doch schon öfter mit den kleinen Flugzeugen geflogen.. mit Mum… weißt du?“

„Da ist dieses Flugzeug aber Luxus dagegen, du kannst ruhig ans Fenster, ich habe das schon gesehen.“

„Ehrlich, dir macht das nichts aus?“

„Nein, wirklich nicht.“

So wechselten wir umständlich die Plätze.

„Jetzt könnte es eigentlich losgehen“, meinte Lesley vor uns.

„Du wirst es abwarten können, es sind fast achtzehn Stunden Flug bis dahin“, meinte Bob hinter uns.

„Wirklich? Ich dachte es wäre weniger“, erwiderte Lesley.

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