Good bye Amerika – Teil 47

Ich weiß nicht was über mich gekommen war, aber ich spielte mit dem Gedanken, ihm keine Hand zu geben. Ich zögerte ein paar Sekunden. Joshuas Gesicht wurde trauriger und seine Hand begann zu sinken.

Bis ich plötzlich von hinten einen Knuffer spürte und ich meine Hand anhob und nach der von Joshua griff. Seine Hand war warm und weich. Sein Händedruck eher schwach. „Na also, geht doch!“, meinte Lesley hinter mir.

Ich ließ Joshuas Hand wieder los, doch sein Gesicht blieb traurig.

„Hat von euch jemand Lust, etwas zu unternehmen?“, fragte Molly, um vom ganzen Geschehen abzulenken.

„Was schwebt dir denn so vor?“, fragte Lesley, während er sie in den Arm nahm.

„Ich weiß nicht, dachte eher, ihr habt einen guten Vorschlag.“

„Also ich möchte lieber hier bleiben“, meinte ich und drehte mich schon wieder Richtung meiner Treppe.

„Um dich wieder in deinem Zimmer zu verziehen? Nichts da, du kommst mit“, meinte Molly und schnappte nach meinem Arm.

„Und wohin sollen wir gehen?“, fragte Lesley, der sich nun auch zu mir gesellt hatte und ich somit zwischen den beiden stand.

„Zum schwimmen gehen ist es zu spät und reiten hab ich sowieso keine Lust“, kam es von Joshua.

„Und was habt ihr gegen einfach abhängen und Musik hören? Man braucht das ja nicht alleine zu tun“, warf ich ein.

„In deinem Zimmer?“, fragte Lesley.

„Wir können auch deins nehmen“, meinte ich und grinste, „ich war übrigens noch nie bei euch.“

Lesley schaute mich erstaunt an.

„Noch nie? Du hast noch nie Berrys Zimmer gesehen?“

Ich schüttelte den Kopf.

„Okay, dann gehen wir zu uns“, sagte Lesley.

Ich ging schnell in mein Zimmer und verstaute mein Tagebuch n meinem Rucksack und schulterte ihn. Dann schnappte ich mir meine Schlüssel vom Rad und verließ mein Zimmer wieder über die Veranda.

Lesley und Molly hatten inzwischen mein Fahrrad geholt und so konnte es losgehen. Die Einfahrt hinunter, hinaus auf die Straße. Wenig später kamen wir an der Stelle vorbei, wo wir Berry gefunden hatten. Ein dunkler Fleck zeigte die Stelle, wo er gelegen hatte.

„Tom?“

Ich schaute auf. Es war Lesley, der meinen Namen gerufen hatte.

„Alles klar?“

Ich nickte. Lesley zog mit dem Tempo an und wir fuhren hinterher. Wenig später stellten wir unsere Räder in die Garage.

„Komisch, Mum ist nicht da“, sagte Lesley und verschwand durch eine Tür.

Molly und Joshua folgten ihm durch die Tür. Da ich mich überhaupt nicht auskannte, lief ich einfach hinterher. Es ging eine kleine Treppe hinauf und nach der nächsten Tür standen wir in der Wohnung.

„Will jemand etwas trinken?“, hörte ich Lesley und folgte seiner Stimme.

Ich fand ihn in der Küche, wie er gerade Gläser aus einem Schrank nahm.

„Tom, du auch?“

„Ja, danke.“

„Da fällt mir ein, willst du Berrys Zimmer sehen?“

„Nein, wenn er nicht da ist… Ich weiß nicht, ob das Berry Recht ist.“

„Klar ist ihm das Recht, er würde mir eher Ärger machen, dass ich dir sein Zimmer nicht gezeigt habe.“

„Wenn du meinst.“

„Denk nicht so viel nach, komm einfach mit.“

So folgte ich Lesley in den hinteren Teil des Hauses.

„Berrys Zimmer ist die linke Tür“, meinte Lesley und stieß dabei die rechte Tür auf, wo ich Molly und Joshua entdecken konnte.

Etwas unsicher öffnete ich die Tür. Im Zimmer war es dunkel und kühl. Ich fasste an die Seite des Türrahmens und fand letzt endlich den gesuchten Lichtschalter. Eine Flut von kleinen Deckenstrahlern erhellte den Raum.

Nachdem ich mich an den hellen Schein gewöhnt hatte, betrat ich Berrys Zimmer. Als erstes fiel mir das große Bett in der Mitte des Zimmers auf. Es lag voll mit Kissen. Für mich unverständlich, wie man darin schlafen konnte.

Mir gefielen die Bilder an der Wand, alles fein säuberlich gerahmt und in einer Reihe aufgehängt. Sie zeigten die Umgebung, trafen sie genau, wie ich sie kennen gelernt hatte. In der Ecke stand ein großer Schreibtisch mit einem Monitor drauf.

Sonst war alles feinsäuberlich aufgeräumt. Da sollte ich mir ein Beispiel nehmen, bei mir sah es nie so sauber aus. Ich traute mich nicht, etwas zu berühren. Auf einem Regal standen Fotografien. Meist Lesley und Berry zusammen, wobei ich nicht sagen konnte, wer, wer war.

„Gefällt es dir?“

Erschrocken fuhr ich herum und sah Berry vor mir stehen.

„Berry… was tust du hier?… ich dachte…“

Berry legte seinen Finger auf meine Lippen.

„Der leitende Arzt hat gesagt, ich dürfte nach Hause mit der Auflage, mich noch zu schonen.“

„Ach Berry“, sagte ich und fiel ihm um den Hals.

„Autsch, langsam Kleiner, ich bin noch nicht ganz wiederhergestellt.“

„Entschuldige…“

„Brauchst du doch nicht… du hast mir doch genauso gefehlt, die ganze Zeit, wo wir uns nicht gesehen haben.“

Diesmal war es Berry, der mich langsam in die Arme nahm. Ich zog seinen bekannten Geruch in mich auf, der noch etwas mit dem Krankenhausmief vermischt war.

„So, genug begrüßt. Ab ins Bett mit dir, junger Mann“, hörte ich Lindas Stimme im Hintergrund.

Sie stand im Türrahmen und hatte Berrys Tasche in der Hand. Berry ließ mich los und schaute genervt zu seiner Mutter. Die wiederum stellte die Tasche ab und zog den Laden hoch, damit Tageslicht ins Zimmer kam.

Berry setzte sich vorsichtig in sein Bett.

„Soll ich die Kissen wegräumen?“, fragte ich.

„Nein“, sagte Berry mit einem Lächeln im Gesicht.

Mühsam arbeitete er sich auf seinem Bett bis zur Lehne vor. Seufzend ließ er sich nieder.

„Ich pack nachher aus“, meinte Linda, „und Tom, schön dich auch mal hier zu sehen.“

Somit verließ sie das Zimmer.

„Wie kommst du denn eigentlich in mein Zimmer?“, fragte Berry plötzlich.

„Hm…, ich wusste gleich, dass dir das nicht Recht ist.“

„Was meinst du?“

„Lesley meinte, ich könne mir dein Zimmer anschauen. Ich hab aber gleich gesagt, dir ist das sicher nicht recht.“

„Wie kommst du denn darauf, Schatz.“

Er hob den Arm und ich setzte mich zu ihm.

„Ich weiß nicht, es ist schließlich deine Privatsphäre.“

„Öhm, bist du mein Freund, oder nicht?“

Verwirrt schaute ich Berry an.

„Ja… sicher doch.“

„Dann haben wir auch keine Geheimnisse voreinander.“

Dies sagte er mit einem Lächeln, das mich dahin schmelzen ließ.

„Mein Zimmer ist auch dein Zimmer, fühl dich wie zu Hause.“

Ich atmete tief durch und seufzte.

„Was ist?“, fragte Berry.

Ich legte meinen Kopf vorsichtig auf seine Brust und hörte seinen Herzschlag.

„Ich bin glücklich“, meinte ich leise.

„Was, er ist schon da?“, hörte ich es draußen im Flur.

Keine Sekunde später wurde Berrys Tür aufgerissen und Lesley stand im Zimmer.

„Brüderchen, du bist ja schon zu Hause! Mum hat es grad erzählt.“

„Ja und ich hab mir auch gleich den besten Pfleger mitgebracht.“

Ich musste lächeln, während mir Berry über die Haare wuschelte. Mittlerweile waren auch Molly und Joshua gefolgt.

„Hi Alter, du machst vielleicht Sachen“, meinte Joshua und begrüßte ihn mit Handschlag.

„Siehst doch, ich habe den Boden geküsst.“

„Reicht dir dein Kleiner nicht mehr?“

Berry grinste breit und streichelte mir über den Arm.

„Ich hol die Getränke rüber“, meinte Lesley, „wir bleiben bei Berry.“

Eigentlich hätte ich jetzt das Alleinsein mit Berry genossen. Aber jetzt, wo die drei schon mal hier waren – auch egal. Molly hatte bis jetzt noch nichts gesagt. Sie stand immer noch an derselben Stelle wie eben.

„Setz dich doch Molly, ist Platz genug“, meinte Berry, als hätte er meine Gedanken gelesen.

„Brauchst du keine Ruhe?“, fragte Molly besorgt.

„Das hat der Arzt gesagt, aber ich gebe offen und ehrlich zu, ich wär im Krankenhaus fast vor Langeweile gestorben. Wenn Tom nicht ab und zu da gewesen wäre, hätte ich nicht gewusst, was ich machen sollte.“

„Wenn wir nicht stören, bleib ich gerne.“

„Ach quatsch, wir stören doch nicht“, meinte Joshua und setzte sich auf das kleine Sofa.

Flaschen klirrend kam Lesley zurück und stellte das Tablett mit den Getränken ab.

„Bekomme ich eine Coke?“, fragte Berry?

„Hast wohl Entzug gehabt im Krankenhaus“, kicherte Lesley.

„Ich kann keinen Tee mehr sehen, hör mir auf, das wurde ja langsam zur Qual.“

„Tee ist doch gesund“, meinte ich, wofür ich ein paar verachtende Blicke von Berry einheimste und ich zu kichern begann.

Lesley goss Berry ein Glas voll und reichte es ihm. Ich setzte mich auf, damit er mehr Bewegungsfreiheit bekam. Leise konnte ich ein >och menno< vernehmen.

„Und was wollt ihr?“, fragte Lesley.

„Saft“, meinte ich nur und schaute zu Berry, bevor ich mich wieder lächelnd an ihn kuschelte.

„Hat die Polizei eigentlich schon etwas näheres über deinen Unfall herausbekommen?“, fragte Joshua.

„Unfall kannst du das wohl kaum nennen. Wenn ich dieses Arschloch erwische, der meinem Bruder was in die Speichen geworfen hat, dann brech ich ihm sämtliche Knochen“, ließ Lesley verlauten.

„Das wirst du schön bleiben lassen“, sagten Molly und Berry im Chor.

Ich lächelte beide an.

„Die denken wirklich, das hat jemand absichtlich gemacht?“, fragte Joshua.

„Das liegt doch klar auf der Hand. Oder meinst du, Berry überfährt absichtlich einen Stock, der zudem noch von alleine direkt in die Speichen fliegt?“, meckerte Lesley, der mir grad meinen Saft reichte.

„Nee, da hast du Recht. Aber wer könnte Berry sowas antun?“

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