Zoogeschichten III – Teil 113 – Alltag

tuer-01113. Alltag
© by Pit 2014

Der neue Adventskalender 2014… Sehr lange ist es her, genau genommen seit 2007 warten viele auf eine Fortsetzung von Zoogeschichten. Nun ist es soweit! Die Geschichte geht unmittelbar dort weiter, wo sie endete.
Vierundzwanzig weitere Teile bis zu Weihnachten, wo ihr dann den endgültigen Schluss von dieser langen Geschichte lesen könnt. Vielleicht macht ihr euch die Mühe, die anderen Teile noch einmal zu lesen, um wieder den Anschluss zu finden.
Viel Spaß beim Lesen und liebe Grüße euer Pit

Volker

Jürgen und die zwei Turteltäubchen vom Flughafen abzuholen, musste ich heute Abend irgendwie dazwischen schieben. Jetzt war ich erst einmal unterwegs ins Krankenhaus. Lucca zu besuchen war für mich zur Tagesordnung übergegangen.
Wie immer hatte ich Schwierigkeiten einen Parkplatz zu finden, so vergingen weitere fünf Minuten, bis ich einen frei geworden Platz befahren konnte. Ich schaute kurz in den Rückspiegel und befand mein Aussehen als recht.
Wer hätte gedacht, dass ich auf meine alten Tage noch so eitel werde. Doch für Rolf tat ich es gerne. Ein kurzer Blick auf meine Kleidung, ich hatte immer noch die Zooklamotten an, ich roch am Shirt, das konnte man lassen.
So gut ich konnte war ich seit Luccas Unfall, wenn man es so nennen konnte, jeden Tag hier gewesen. Der kleine war mir sehr ans Herz gewachsen. So lief ich wie gewohnt die Treppe hinauf, um wenige Sekunden später an Luccas Zimmertür zu klopfen.
Ein komischer Geruch stieg mir in die Nase, der mir bekannt vorkam, aber nicht so recht wusste, wo ich ihn einzuordnen hatte. Ich öffnete die Tür und fand das gewohnte Bild wie jeden Tag vor.
Rolf saß am Bett seines Sohnes und unterhielt sich mit ihm. Doch heute war etwas anders, beide waren viel zu ernst für einen Entlassungstag.

„Hallo ihr beiden.“

„Hallo Volker“, kam es fast von beiden gleichzeitig, während Rolf sich erhob um mich zu umarmen.

„Ist irgendetwas?“, fragte ich.

„Meine Frau war hier.“

Jetzt wusste, was ich vor der Tür und auch hier im Zimmer gerochen hatte, dieses billig riechende Parfüm.

„Und, was wollte sie?“, fragte ich und ging zu Lucca ans Bett.

„Hier?“, meinte Rolf und hielt mir ein Brief entgegen.

„Was ist das?“

„Ein Brief ihres Anwalts, sie will wirklich Luccas Vormundschaft beantragen.“

Daher wehte der Wind, deshalb diese gedrückte Stimmung.

„Sie denkt wirklich sie kommt damit durch?“

Rolf nickte.

„Moment…“, meinte ich und zog mein Handy hervor.

Ohne Ralf zu fragen, ob ich helfen durfte, machte ich es einfach, denn irgendwie war mir schon sehr an Luccas Wohlbefinden gelegen. Ich wählte Hendriks Nummer und weniger Sekunden später war ich mit ihm verbunden.

„Hallo Hendrik… ja danke gut…der kommt heute Abend von China zurück… ja denke wird er… warum ich anrufe…, wie gut kennst du dich mit Familienrecht aus?… Okay, hättest du morgen noch einen Termin für mich frei?… ja in Ordnung, ich werde da sein… ja danke…okay bis morgen! Auf Wiederhörn.“

„Ähm…, was soll das?“, fragte mich Rolf irritiert.

„Du sagtest, deine Frau hat Geld und wird sich sicherlich einen guten Anwalt leisten. Den haben wir auch und morgen gehst du mit mir da hin!“

„Volker…, das ist unsere Familienangelegenheit…“

„…gehöre ich da nicht dazu?“, fiel ich ihm ins Wort, „hör mal ich habe mittlerweile Lucca genauso lieb wie einen eigenen Sohn und jetzt wo gerade alles wieder danach aussieht, als würde alles in den richtigen Bahnen verlaufen, kommt deine Exfrau daher und will Chaos verbreiten.“

„Volker, dass hier ist nicht der Zoo“, meinte Rolf etwas wirsch.

„Ach so…, du bist der Meinung ich soll mich lieber um meinen Zoo kümmern und nicht in deine Familienangelegenheiten einmischen?“

Das tat jetzt weh. Waren wir nun ein Paar oder nicht.“

„Könntet ihr bitte aufhören zu streiten? Bloß wegen der blöden Kuh von meiner Mutter? Ich will das nicht.“

„Tut mir Leid Lucca, aber dein Vater meint wohl, dass ist alleine eure Sache und geht mich nichts an…“

„Volker…“, begann Rolf.

„Rolf, du brauchst nichts weiter zu sagen, ich weiß jetzt, wo meine Grenzen sind.

Ich griff nach meiner Jacke und ging zur Tür.

„Man sieht sich…“, meinte ich noch und verließ ohne mich umzudrehen einfach das Zimmer.
Als ich die Tür geschlossen hatte, machte sich erst richtig Wut in mir breit. Was dachte sich Rolf eigentlich, für Haus und Bett war ich gut genug, aber wenn es privat wurde, dann nicht mehr?

*-*-*

Phillip

Ich rollte vor das Tor des Savannenhauses und zog meine Karte durch. Ich fand es nett von Volker, dass er einige Sensoren tiefer anbringen hat lassen, damit ich alles ohne Probleme befahren konnte.
Das bekannte Surren erklang und ich zog an der Tür. Drinnen angekommen sah ich Kevin.

„Morgen Kevin.“

„Morgen Phillip“, grüßte er zurück, „kommst du wegen Shawn?“

„Ja, ich wollte wissen ob das Antibiotikum gut anschlägt.“

„Ja“, meinte Kevin, den ich mittlerweile erreicht hatte.

Ich folgte ihm zur Box von Shawn. Gut ich konnte nicht hinein fahren, aber es reichte schon, dass Kevin einfach das Boxentor etwas öffnete, was er auch gleich tat. Anschließend warf er ein paar Karotten Nähe des Tores und trat dann beiseite.
Wie gewöhnlich kam Shawn sofort und machte sich über die Karotten her, so dass ich in Ruhe die Möglichkeit hatte etwas genauer nachschauen zu können.

„Sieht gut aus, wenn das so weiter verheilt, dann können wir nächste Woche das Mittel wieder absetzten.“

„Gut, muss ich irgendetwas noch beachten?“, fragte Kevin.

„Wenn es geht, dann lass Shawn wieder zu den anderen, das lange Alleinsein tut ihm nicht gut.“

„Okay.“

So verließ ich das Savannenhaus wieder und machte mich auf den Weg zum Delphinarium. Jetzt arbeitete ich eine Woche hier und es kam mir schon vor wie eine Ewigkeit. Bei jedem war ich gern gesehen und Flo war mächtig stolz auf sein Papa, dass er nun im Zoo arbeite.
Ich schaute auf die Uhr. Heide hatte bald Mittagspause, wir wollten uns bei der Cafeteria treffen, aber für den Besuch bei den Delphinen reichte es noch. Heute schien mir nicht so viel los zu sein, konnte aber auch am Wetter liegen, leichte Bewölkung machte sich breit.
Wenige Minuten später erreichte ich das Haus und verschaffte mir Zutritt. Wie gewohnt Traf ich Robert und Heike an.

„Hallo zusammen“, rief ich.

„Hallo Phillip“ kam es von Heike.

„Was macht der Nachwuchs?“

„Gedeiht und nimmt täglich zu.“

„Dann kann ich Frau Doktor Meisenberger verständigen, dass das Mittel gut angeschlagen hat.“

„Ja und richte liebe Grüße und noch mal ein Danke aus, wir sind sehr froh dass es dem Kleinen so gut geht.“

„Werde ich machen. So jetzt muss ich mich aber beeilen, sonst verpass ich meine Frau.“
Heike lächelte. Mein Blick fiel auf Robert, der am Wasserbeckenrand stand und sich festhielt.

„Er sieht ganz bleich aus.“

„Auf mich hört er ja nicht. Ich habe ihm schon ein paar Mal gesagt er soll eine Pause machen.“

So rollte ich an den Beckenrand, direkt vor Robert.

„Hallo Robert, du siehst nicht gerade gut aus.“

„Oh, hallo Phillip, es geht mir gut, ich bin nur etwas müde.“

Ich beugte mich zu ihm vor.

„Übertreib es nicht junger Mann. Du hattest eine Operation am Kopf und das steckt man nicht so leicht weg. Dein Körper braucht alle Kraft sich zu regenerieren.“

„Ach das geht schon.“

„Bis du umkippst.“

*-*-*

Volker

Ich war ohne ein weiteres Wort aus dem Zimmer gestürmt. Was sollte das jetzt, warum lehnte er meine Hilfe ab? Ich verstand es einfach nicht. Schnell war ich wieder am Wagen, startete den Motor und fuhr aus der Parklücke.
Beim Verlassen der Parklücke, sah ich kurz im Rückspiegel, dass Rolf am Tor stand. Aber das war mir jetzt egal, sollte er nachdenken, was er gerade getan hatte. Eine viertel Stunde später befuhr ich das Zoogelände.
Zuerst sollte ich bei der Baustelle vorbei schauen. So stellte ich den Wagen ab und machte mich auf den Weg. Ich hätte nicht gedacht, dass die Bauarbeiten so zügig vorangingen. Trotz der kleinen Panne mit dem Gewölbe gab es keine große Unterbrechung.
Der neue Dienstplan den Jürgen hinter lassen hatte, war mir ganz Recht. So minderte es mein schlechtes Gewissen, Fritz zu viel alleine zu lassen. Im Augenblick war ich ja Stellvertreter vom Chef und konnte mich leider nicht so ausgiebig um die Tiere kümmern.
Trotzdem wollte ich erst zu Fritz. Mit der Laune sollte mir eigentlich keiner begegnen. Wenig später öffnete ich das Tor mittels Codekarte. Wie erwartet war Fritz gerade dabei, die Ställe auszumisten.
Ein junger Mann half ihn, den ich nicht kannte. Dieser nickte mir zu, bevor mich Fritz überhaupt bemerkte.

„Hallo Fritz.“

Er schaute auf.

„Morgen Volker“, kam es zurück und er verließ kurzzeitig den Käfig.

„Und wer ist das?“

„Der neue Praktikant? Hat Jürgen wohl noch vor seinem Abflug angeheuert. Ich weiß nicht recht, er ist etwas arg ängstlich.“

Fritz sah mich etwas genauer an.

„Wenn du die Stirn so in Falten legst, dann ist etwas im Busch. Rolf?“

Mich wunderte es immer wieder, wie scharfsinnig Fritz war. Ich nickte.

„Was ist passiert?“

„Seine Frau war da, hat sich einen Anwalt genommen, sie will Luccas Sorgerecht beantragen.“

Fritz atmete tief aus.

„Die hat Nerven. Wie lange hat sie von dem Jungen nichts wissen wollen? Aber deswegen brauchst du dich nicht aufregen, normalerweise entscheidet das Familiengericht zu Gunsten des Jungen.“

„Das ist es nicht…“

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