The true Musketeers – Teil 2 [letzter Teil]

Fabian

“Boah, tut das weh”, jammerte ich.

„Und du bist sicher, dass ich dich alleine lassen kann?“, fragte mich Feist besorgt.

„Ja, nun düs schon ab. Da vorne kommt eine Bank, da werde ich mich hinsetzen.“

„Okay, ich bin in fünf Minuten wieder hier.“

„Nur keine Eile, ich renne dir schon nicht weg.“

„Gut, bis gleich“, meinte Feist und lief Richtung Klinik.

Es tat gut hier an der frischen Luft zu sein, denn der Mief im Zimmer war mir schon zu Kopf gestiegen und so hatte ich nach Erlaubnis gefragt, ob ich meine Räumlichkeiten verlassen durfte. Natürlich nur mit Begleitung, denn es bestand ja immer noch die Gefahr, dass ich umkippen könnte.
Feist war deshalb zusammen mit mir in den Garten der Klink gelaufen, bevor sein Pieper losgefiept hatte. Nun alleine näherte ich mich Schritt für Schritt der Bank. Wie gesagt, es war zwar nichts gebrochen, aber die Prellungen taten ihr übriges, um mich an jeden einzelnen Knochen zu erinnern.
Trotz des herrlichen Sonnentags war noch fast keiner im Park anwesend. Endlich kam ich der Bank so nahe, dass meine Angst, es eventuell wirklich nicht schaffen zu können, verflog. Stöhnend ließ ich mich auf die Bank gleiten, was mir sofort meine Muskeln am Hintern in Erinnerung rief.
Oh man, hoffentlich würde das bald nachlassen. Mir kam das Gespräch von gestern in den Sinn. Henrik hatte sich jetzt über ein Jahr nicht mehr gemeldet, nämlich seit ich ihn damals vor die Tür gesetzt hatte.
Eigentlich war ich bisher der Meinung gewesen, dieses Thema wäre für mich endgültig gegessen. Aber ich war derart ausgeflippt… das hätte mir nicht passieren dürfen. Wie kommt der überhaupt darauf, dass ich noch Interesse an ihm haben könnte?
Es gibt schließlich genügend Mütter die auch schöne Söhne haben…, na ja bloß dass diese Mütter scheinbar nicht in meiner Nähe wohnten. Halt… hm… der Phillip. Verträumt schaute ich über den Rasen neben der Bank.
Ein leichtes Glitzern auf dem Boden ließ meinen Blick an der Stelle verharren. Ich beugte mich so langsam wie möglich nach vorne, damit der Schmerzteufel nicht wieder zuschlagen konnte und dachte noch: ‚Ui, da hatte doch tatsächlich jemand ein zwei Eurostück verloren.’
Plötzlich splitterte neben mir etwas und ich fuhr erschrocken zusammen. Irritiert schaute ich auf die Stelle, an der ich das Geräusch vermutete. Dort wo ich eben noch angelehnt hatte, prangte mir ein Loch und gesplittertes Holz entgegen.
Aus Reflex ließ ich mich auf den Boden fallen. Hatte da jemand auf mich geschossen?

*-*-*

Phillip

Jetzt hatte ich richtig Schiss. Da hatte mir doch der Zufall dieses Juwel von Kerl in die Arme gespielt und schon will ihn jemand killen. Ich drückte das Gaspedal voll durch und überquerte die Kreuzung trotz angehender Rotphase.
Fabian war sicher nicht bewusst, was man da mit ihm anstellte. Ich verstand nur nicht, warum man für solche Dinge unbedingt Boten brauchte. Ich konnte Gabis Denkweise einfach nicht richtig folgen. Die Bande handelte mit jungen Männern aus den Ostblockstaaten, das war bekannt, nur nachweisen konnte man ihr noch nichts.
Für was wäre Fabian da nützlich? Ich war so in meinen Gedanken versunken, dass ich das ausparkende Auto vor mir fast übersehen hätte. Ich verriss das Lenkrad und trat hart auf die Bremse.
Die Reifen quietschten zwar, aber der Wagen folgte souverän meiner angelenkten Spur und konnte somit gerade noch dem anderen Wagen ausweichen. Das mir der Fahrer dieses Fahrzeuges den Vogel zeigte war mir relativ egal.
Der Motor heulte kurz auf und schon war ich wieder auf meiner alten Fahrspur. Ich schaltete einen Gang hinauf und beschleunigte wieder. Noch eine Kreuzung und ich wäre endlich am Krankenhaus. Das Handy klingelte und ich drückte genervt die Freisprechtaste.

„Sörens, was gibt’s?“

„Gabi hier. Du, wir sind grad in der Wohnung von diesem Heger, hier sieht es aus, als hätt eine Bombe eingeschlagen.“

„Du, es interessiert mich in keinster Weise, wie es bei Fa… Heger aussieht… wie ordnungsliebend er ist.“

„Das habe ich auch nicht gemeint. Hier ist eingebrochen worden und die Wohnung wurde komplett auf den Kopf gestellt.“

„Scheiße.“

„Das kannst du laut sagen. Wie lange brauchst du noch ins Krankenhaus?“

„Bin gleich da…“

„Okay, ich warte hier noch auf die Spurensicherung. Ich denke zwar, dass das nicht viel bringen wird, aber sicher ist sicher. Danach werde ich zu dir kommen.“

„Gut, mach das! Dann bis später, ich bin jetzt am Krankenhaus. Bye!“

„Bye Phillip… und Phillip?“

„Ja?“

„Ich finde Fabian nett, er würde zu dir passen.“

Ich spürte wie mir das Blut in den Kopf stieg.

„Ähm danke…“

Ich hörte Gabi noch lachen, dann war das Gespräch beendet. Der BMW heulte erneut auf, als ich etwas zu schnell die Auffahrt hinauf raste und es war mir egal, ob ich jetzt auf einen für Ärzte reservierten Parkplatz fuhr. Ich hatte einfach keine Zeit groß zu suchen.
Schnell war das Auto abgestellt und wenige Sekunden später rannte ich durch den Eingang des Krankenhauses. Dort hastete ich die Treppe hinauf in den zweiten Stock, wo sich Fabians Zimmer befand.
Die Flurtür knallte gegen die Wand, als ich sie aufstieß, was das Interesse des Krankenpersonals auf mich lenkte. Doch ohne darauf zu reagieren rannte ich weiter zu Fabians Zimmer, riss die Tür auf… und blieb abrupt stehen. Das Bett war leer.

„Sie können doch hier nicht, wie von der Tarantel gestochen…“, hörte ich eine Frauenstimme hinter mir.

Ich zog meinen Dienstausweis heraus.

„Sörens! Wo ist der Patient dieses Zimmers?“

Statt eine Antwort zu geben starrte mich die Frau nur entgeistert an.

„Können Sie mir sagen wo sich Herr Scherer befindet?“

Sie schüttelte immer noch wortlos den Kopf, anscheinend zu sehr auf meinen Ausweis fixiert.

„Können Sie mir dann wenigstens helfen, ihn zu finden oder jemand fragen, der wissen könnte wo er sich aufhält?“

Ich war so nervös, alles Mögliche konnte mit Fabian passiert sein. Die Schwester nickte und ich lief ihr einfach nach. Sie führte mich ins Schwesternzimmer.

„Weiß jemand, wo sich Herr Scherer aus 246 befindet?“

„Ja, den habe ich vor ungefähr fünf Minuten in den Park gebracht“, meinte ein junger Mann, den ich als Zivi einschätzte.

„Bring bitte den Herrn hier sofort zu Herrn Scherer“, sagte die Schwester neben mir.

„Aber ich…“

„Bitte Feist, es ist wichtig, meint der Mann von der Polizei…“

Dieser Feist sah mich erschrocken an und stand auf.

„Kommen Sie bitte mit“, meinte er und lief voraus.

„Danke“, meinte ich zur der Schwester und folgte Feist.

„Wir nehmen besser die Treppe, da sind wir schneller“, sagte der junge Mann.

Da konnte ich ihm nur zustimmen, mir konnte es gar nicht schnell genug gehen. Wir liefen also die Treppe hinunter, es war auch nicht die, auf der ich so schnell nach oben gerannt war. Zwei Stockwerke tiefer kamen wir direkt an den Aufzügen und am hinteren Ausgang zum Park heraus.

„Ich habe ihn da rüber auf die Bank gesetzt“, meinte Feist und folgte der Richtung, die seine Hand anzeigte.

Da sah ich Fabian, aber auch nur noch, wie er kopfüber nach vorne kippte und zu Boden ging.

„Fabian!“, schrie ich und zog meine Waffe.

*-*-*

Fabian

War ich im falschen Film oder was? Scheiße, taten die Rippen weh und jetzt auch noch dieser stechende Schmerz in meiner rechten Schulter. Irgendwie lief doch grad alles schief, was nur schief laufen konnte.

„Fabian!“, hörte ich jemand schreien.

Ich konnte nicht sehen, wer das war. Ich schmeckte Gras. Aber auch sonst war ich irgendwie in einer unglücklichen Lage. Den Versuch meinen Kopf zu drehen unterbanden die höllischen Schmerzen im Brustbereich.
Plötzlich wurde ich hochgerissen.

„Au!“, schrie ich.

„Fabian, du blutest ja…“, das war eindeutig die Stimme von Feist.

„Hier ist ein Einschussloch.“

War das Phillip… nur verschwommen nahm ich die Gestalt hinter Feist wahr.

„Feist, hol bitte Hilfe, ich bleib hier bei Fabian…“

„Sollten wir ihn nicht lieber reinbringen? Also ich weiß nicht… wenn da jemand rumschiest…“

„Der oder die sind schon lang über alle Berge… los mach hinne… Fabian sieht schlecht aus.“

„Okay…“

Faist schien mich loszulassen, aber wider Erwarten fiel ich nicht, denn ein anderer Arm stützte mich plötzlich.

„Mach mir jetzt bloß nicht schlapp… Schatz. Jetzt wo ich dich gefunden habe, gebe ich dich nicht mehr her…“

Ich hob langsam meinen Kopf und versuchte Phillip anzuschauen. Hatte er das gerade wirklich gesagt. Ich schaffte es gerade noch in seine Augen zu schauen, bevor alles um mich herum schwarz wurde.

*-*-*

Phillip

„Noch keine neuen Informationen?“, fragte Gabi.

„Er ist wieder wach, aber sie lassen mich noch nicht zu ihm.“

„Die Patrone in der Bank sieht aus wie eine 6,35 mm Browning, aber scheint ein russischer Nachbau zu sein.“

„Unsere Freunde vom Club?“

„Da bin ich mir sicher… Irgendwas hat Fabian, was die dringend wieder haben wollen.“

„Du glaubst mir also auch, dass Fabian unschuldig ist?“

„Ja klar, das wurde mir schnell klar. Nur verstehe ich eins nicht… warum gerade dieser Club. Er hat keinen guten Ruf.“

„Das weiß ich auch nicht.“

„Herr Sörens?“, wurde unser Gespräch von einer Schwester unterbrochen.

„Ja?“

„Kommen Sie bitte mit? Herr Heger wünscht Sie zu sprechen.“

Gabi lächelte mich an.

„Ja… klar“, meinte ich nur und folgte ihr.

„Bin dann weg und statte den zwei anderen Herren noch mal einen Besuch ab“, sagte mir Gabi hinterher.

„Okay, dann bis später, wir telefonieren.“

Ich nickte dem Beamten zu, der neben Fabians Zimmertür stand und betrat das Zimmer.

*-*-*

Fabian

Das war doch alles ein schlechter Traum. Mein Körper fühlte sich an, als wäre ich mehrfach eine Treppe hinunter gefallen. Alles tat weh und meine Schulter brannte. Die Schmerzmittel, die man mir verabreicht hatte, begannen nur langsam ihre Wirkung zu entfalten.
Die Schwester war auf meine Bitte hin nach draußen gegangen, um Phillip zu holen. Ich konnte mich nur noch schemenhaft an die Worte erinnern, die er mir zugeflüstert hatte, bevor ich wegschlummerte.
Fassen konnte ich das Ganze immer noch nicht. Jemand wollte mich killen und ich wusste noch nicht mal warum. Und alles schien mit diesem verdammten Club zusammen zu hängen, in den mich Jonas und Jan geschleppt hatten.
Mit den beiden musste ich unbedingt noch ein Wörtchen reden. Es klopfte und die Tür ging auf. Phillip streckte den Kopf herein.

„Hallo…“

„Hi…“, sagte ich leise und lächelte.

„Du wolltest mich sehen?“

„Ja, ich wollte dir danke sagen, dass du so schnell zur Stelle warst… Kannst du mir vielleicht sagen, in was für eine Scheiße ich da geraten bin?“

Phillip schloss die Tür hinter sich und kam zu mir ans Bett.

„Setz dich doch…“, meinte ich.

Phillip nickte und atmete schwer durch.

„Du weißt, dass ich dir über laufende Ermittlungen nichts sagen darf…“

„Ach komm, Phillip. Erst versucht uns jemand mit dem Auto alle zu machen und jetzt wird auf mich geschossen.“

Ich musste husten, was wiederum gleich den Schmerzteufel auf den Plan rief.

„Fabi bitte, du sollst dich nicht aufregen…“, sagte Phillip und legte besorgt seine Hand auf meine.

Mit großen Augen schaute ich Phillip an.

„Wie hast du mich gerade genannt?“

„Ähm… Fabi… verzeih, ist mir so rausgerutscht.“

„Nein, nein… das klang nett.“

„Ich… ich darf dich weiterhin so nennen… also ich meine, wenn wir alleine sind?“

Während dieser so süß gestotterten Frage bewegte sich sein Kopf immer näher zu meinem hin.

„Ja… das darfst du“, antwortete ich leise, fasziniert von seinen funkelnden Augen.

„Danke…“, meinte er ebenso leise, während seine Lippen nur noch wenige Millimeter von den meinen entfernt waren.

Da klopfte es erneut und die Tür wurde aufgerissen. Erschrocken fuhr Phillip hoch.

„Ich habe eine gute Nachricht…“, Phillips Kollegin stand in der Tür.

Ich sah Phillip genervtes Gesicht und konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen.

„… die Verlegung wurde gestattet.“

Fragend schaute ich zwischen den beiden hin und her.

„Ich soll verlegt werden?“, fragte ich erstaunt.

„Nein nicht du…“ kam es von Phillip.

Ob ihm bewusst war, dass er mich gerade vor seiner Kollegin geduzt hatte? Die Frau lächelte mich an.

„Und wann werden sie verlegt?“

„Ist alles schon am Laufen, denke in einer Stunde sind sie hier.“

„Darf ich fragen, von was ihr redet?“, fragte ich jetzt einfach in das Gespräch der beiden.

Mir war es egal, ob mein „ihr“ zu vertraulich klang. Gabi schloss die Tür hinter sich, schnappte sich einen der Stühle und setzte sich zu mir ans Bett.

„Phillip hatte die grandiose Idee, Ihre Freunde hierher verlegen zu lassen.“

„Hast du?“, fragte ich.

Phillip nickte lächelnd.

„Und warum? Es ist nicht so, dass ich mich nicht drüber freuen würde, aber so etwas ist doch normalerweise sicher mit einem Haufen Bürokratie verbunden.“

„Manchmal kann man die auch umgehen. Nein, die Überlegung war, die zwei hierher zu bringen, einerseits damit du nicht alleine bist und andererseits können wir euch besser schützen wenn ihr alle zusammen seid.“

„Cool. Jan und Jonas… ich vermisse sie schon sehr.“

Ich schaute die zwei an und beide saßen mir lächelnd gegenüber.

„Und jetzt?“, fragte ich nach einer Schweigeminute.

*-*-*

„Fabian, was hast du angestellt?“, fragte Jonas, während er mit dem Rollstuhl ins Zimmer geschoben wurde.

„Hallo Fabian“, konnte ich Jan hören, der hinter Jonas ins Zimmer kam.

„He ihr zwei, toll, dass das mit dem Verlegen funktioniert hat.“

„Tja, wenn man sich gleich vom Chief poppen lässt“, sagte Jonas, was ihm eine Kopfnuss von Jan einbrachte.

„Aua… man, warum das denn?“

„Rede nicht so über Fabian, der würde sowas nie tun…“, meinte Jan und lächelte mich an.

„Das wäre mir aber neu, dass unser Fabian ein aktiver Hengst ist.“

„Schatz, könntest du deine vulgäre Redensart mal bitte zügeln oder willst du, dass wir gleich wieder hier rausfliegen?“

Ich konnte nicht anders und begann zu lachen. Mein Gott, hatte mir dieses Gequengel von Jonas gefehlt. Feist kam ebenfalls ins Zimmer und half Jonas in das Bett, das meinem gegenüber stand.
Jan bekam das Bett neben mir, was mir ganz recht war.

„Hm… wie heißt der süße Schnuffel denn?“, fragte Jonas und starrte Feist an.

Feist fuhr herum und lief rot an.

„Jonas, es reicht jetzt!“, sagte Jan im strengen Ton.

„Okay bin ruhig…“, kam es von Jonas und zog eine Schnute.

„Das ist Feist und Zivi hier und Jonas, er steht auf Mädels!“, sagte ich, während ich damit kämpfte nicht laut los zu lachen.

„Ich schau dann mal… wo das Essen bleibt…“, meinte Feist und verschwand wieder.

„Also wirklich Jonas, wie kannst du den Kerl so verwirren“, meinte Jan und zog die Decke über seine Beine.

„Mann, man darf doch wohl noch Tatsachen sagen. Er sieht wirklich gut aus.“

„Und zudem war die Bemerkung grad sehr unpassend, weil er grad Stress mit seinem besten Freund hat.“

„Ja und?“, kam es bissig von Jonas.

„Sein bester Freund hat ihm gestanden, dass er schwul ist und sich ihn Feist verliebt hat.“

„Ach du Schei… benkleister“, merkte Jan an.

„Ja und? Soll sich nicht so haben… jeder Mensch ist etwas bi…“

„Du nicht! Du bist eine richtige Vollbluttucke!“, sagte Jan und fing laut an zu lachen.

Tuckenhaft war Jonas sicherlich nicht, trotzdem, er schaute jetzt total empört und schnappte nach Luft.

„Was anderes, wie geht es dir Fabian? Wir haben gehört, deine Wohnung wurde aufgebrochen und durchwühlt?“

Ich fuhr hoch, was mir sogleich einen Stich in der Schulter und der Rippengegend verpasste und verzog mein Gesicht.

„WAS? Davon weiß ich noch gar nichts!“

„Ups… Fettnäpfchen…“, sagte Jonas leise.

„Das… das wusstest du nicht? Tut mir leid… ich dachte du wüsstest das schon.“

„Nein, das ist das erste mal, dass ich was davon höre“, antwortete ich und legte meine Hand auf meine Brust.

„Schmerzen?“, fragte Jan.

„Ja… ich darf mich noch nicht so heftig bewegen.“

„Und die Schulter?“

„Ähm…, das ist nur ein Streifschuss gewesen…“

Nun waren die beiden dran mit geschockt gucken.

„Ich weiß nicht, wo wir da rein geraten sind, aber es hat etwas mit dem Atlantis zu tun. Da bin ich mir sicher!“

„Halt… halt… halt, nicht so schnell. Könntest du uns bitte mal erklären was du meinst?“, kam es von Jan.

„Oh, weiß ich da etwa mehr als ihr?“

„Wir wissen gar nichts“, meckerte Jonas, „wurden nur von der Tussi verhört, als wären wir Verbrecher.“

„Gabi weiß sicher, dass ihr nichts mit der Sache zu tun habt“, sagte ich.

„Aha… Gabi, er nennt sie schon beim Vornamen“, meckerte Jonas weiter, was ihm einen giftigen Blick von Jan einbrachte.

*-*-*

Phillip

Immer und immer wieder hatte ich mir die Überwachungsvideos angeguckt. Es fiel mir einfach nichts Auffälliges auf. Aber ich war mir sicher, dass ich etwas übersehen haben musste. Der Zugriff an diesem Abend ging vollkommen unspektakulär über die Bühne.
Die Hälfte des Schuppens hatte gar nicht mitbekommen, dass eine Razzia im Gange war. Neun Jungs, die sich nicht ausweisen konnten, waren festgenommen worden. Fünf davon verweilten illegal in Deutschland.
Eine magere Ausbeute aus der Sicht der Kollegen. Für uns aber wichtige Information über diesen Schleuserring. Die Kompetenzen waren selbst beim Verhör der fünf Jungs nicht überschritten worden. Natürlich war ein Dolmetscher von Nöten, denn keiner von ihnen war der deutschen Sprache mächtig.
Und wieder sah ich das Video ab dem Zeitpunkt an, als Fabian in dem Laden angekommen war. Alles schien normal zu sein. Aber irgendetwas MUSSTE ich übersehen haben.
Kein Plan, was da ablief und was es war, das ich nicht bemerkte. Fabian betrat mit seinen Freunden die Diskothek, sie bezahlten, gaben ihre Jacken und Taschen ab und… halt! Taschen. Was für Taschen waren das…?

Fabian

„Irgendetwas müssen wir haben…“, beendete ich meine Erzählung.

Beide lagen in ihrem Bett und waren sichtlich geschockt. Selbst Jonas, der eigentlich immer einen kessen Spruch auf der Lippe hatte, blieb ruhig.

„Nur wüsste ich nicht was. Mir hat keiner etwas zugesteckt, jedenfalls nicht, dass ich es bemerkt hätte.“

Es klopfte an der Tür.

„Ja“, rief ich.

Die Tür ging auf und Petra kam herein.

„Guten Tag die Herren!“, meinte Petra und schloss die Tür hinter sich.

Sie kam zu mir, stellte meine Sporttasche auf den Boden, umarmte mich und gab mir einen Kuss. Dann gesellte sie sich zu Jonas und Jan, um sie ebenso mit einem Kuss zu begrüßen.

„Na, die drei Musketiere endlich wieder glücklich vereint?“, fragte sie.

Ich musste grinsen.

„Ja einer mit Gipsbein, einer mit Gipsarm und der dritte hat Gips im Hirn…“, äußerte sich Jonas dazu.

„Huch, da ist aber einer zickig“, kicherte Petra und setzte sich an mein Bett.

„Hast du Jonas je anders erlebt?“, fragte ich.

„Nein, da hast du Recht, ich kenne ihn gar nicht anders“, antwortete Petra und verkniff sich ein Lachen.

„Was hast du mir denn mitgebracht?“, fragte ich und zeigte auf die Sporttasche.

„Da war dein benutztes Trainingszeug drin, das habe ich gewaschen, der Umschlag liegt bei Sabine. Du wirst deine Sachen ja sicher hier brauchen können.“

„Welcher Umschlag?“, fragte ich verwundert.

„Da war ein dicker Briefumschlag drin.“

Ich schaute zu Jonas und Jan, die mir beide zunickten.

„Was ist?“, fragte Petra.

Ich gab keine Antwort, sondern griff nach dem Hörer. Nachdem ich die Nummer von Sabine gewählt hatte, kam es mir vor als würde es ewig dauern, bis eine Verbindung zustande kam.

„Mist, Sabine ist nicht zu Hause.“

„Das hätte ich dir auch sagen können“, kam es von Petra, „die ist beim Friseur, sonst wäre sie mitgekommen. Aber sag mir mal bitte, was soll das Ganze?“

Statt zu antworten wählte ich Sabines Handynummer, aber auch hier hatte ich Pech und ihre Mailbox ging dran.

„Hallo Sabine, hier ist dein kleiner Bruder. Melde dich bitte sofort bei mir.“

Ich drückte das Gespräch weg.

„Fabian, sag mir bitte was los ist?“

„Einen Moment bitte Petra…“

Ich griff zur Schublade, zog sie auf und griff nach meinem Moleskine. Dieses Notizbuch war doch Gold wert. Ich blätterte und Phillips Nummer, die ich mir aufgeschrieben hatte, war schnell gefunden. Sofort tippte ich die Nummer ein und wartete wieder eine gefühlte Ewigkeit auf eine Verbindung.

„Phillip Sörens.“

„Hallo Phillip, ich…“

„Fabi, dich wollte ich gerade anrufen.“

„Ähm, warum?“

„Es ist die Sporttasche…“

„Das wissen wir selber. Meine Schwestern hatten sie mitgenommen, um meinen Trainingsanzug zu waschen. Sabine hat einen Briefumschlag gefunden und…“

„Wo ist der Briefumschlag jetzt.“

„Bei meiner Schwester Sabine.“

„Sche.. ähm Mist. Deine Schwester ist in Gefahr… ist sie zu Hause?“

„Nein, sie ist beim Friseur, aber dort erreich ich sie auch nicht am Handy.“

*-*-*

Phillip

Fabian hatte mir sämtliche Adressen und Telefonnummern per Telefon mitgeteilt. Ich hatte das Krankenhaus informiert, dass die Bewachung verstärkt werden sollte. Fabians Schwester Petra hatte ich gebeten, bei ihrem Bruder zu bleiben.
Zu beiden Schwestern wurden Beamten geschickt, da zumindest bei Petra auch noch Familie vorhanden war. Ich fuhr mit Gabi zu Sabines Friseur. Dort angekommen wunderte ich mich nicht, dass Fabians Schwester den Termin nicht wahrgenommen hatte.

„Und was machen wir jetzt?“, fragte Gabi.

„Zu Sabines Wohnung fahren. Der Umschlag müsste ja noch da sein“, antwortete ich.

„Also gut, dann zur Wohnung von dieser Sabine.“

Während der Fahrt dorthin schwiegen wir beide. Ich war zu sehr in meinen Gedanken versunken. Ich dachte an Fabian und wie er da so hatte reinschlittern können.

„Was ist denn da los?“, riss mich Gabi aus den Gedanken.

Vor dem Haus, in dem Fabians Schwester wohnte, war ein Großaufgebot an Dienstfahrzeugen. Ich bremste stark ab, ließ den Geländewagen mitten auf der Straße stehen. Beim Aussteigen hob ich dem Beamten, der uns entgegen lief, meinen Dienstausweis entgegen.

„Was ist hier los?“, fragte Gabi.

„Gerade wurden zwei Männer überwältigt…“, kam es von dem Beamten.

Gabi und ich sahen uns verwundert an. Wir liefen durch die offene Haustür an den anderen Beamten vorbei.

„Zweiter Stock“, hörte ich jemanden sagen.

Zusammen stürmten wir die Treppe hoch und auch hier oben wimmelte es von Kollegen. Als wir die Wohnung betraten, waren wir doch sehr überrascht, was wir vorfanden.

„Fabian?“

*-*-*

Fabian

Ich sah direkt in die Mündung der Waffe. Kurz nachdem ich mit Phillip telefoniert hatte, ging Petras Handy los. Ein Mann mit starkem russischem Akzent forderte uns auf, sofort zu Sabine zu kommen oder sie würde nicht mehr lange leben.
Feist hatte den Beamten vor der Tür abgelenkt, sodass wir mit Petras Auto zu Sabine fahren konnten. Eine gewisse Komik konnte man der Sache abgewinnen, schon alleine bis wir Jonas im Auto hatten.
Nun standen wir zu viert in Sabines Wohnzimmer, Sabine saß verheult auf dem Sofa und ich hatte einen der Männer direkt vor mir stehen.

„Warum zieht ihr nicht einfach ab, ihr habt doch was ihr wollt.“

Jonas nahm den Mund schon wieder ziemlich voll. Ich stand immer noch starr vor diesem Mann, einzig meine Schmerzen ließen mir die Realität bewusst werden. Plötzlich schluchzte Sabine laut auf.
Alles drehte sich zu ihr herum, einschließlich meines Gegenübers. So schnell konnte ich gar nicht gucken, wie das Gesicht vom Gegenüber komplett von einem Gipsarm getroffen wurde. Ein Schuss löste sich und die Kugel drosch in die Wand.
Petra neben mir holte mit ihrem Fuß aus und trat dem Guten auch noch voll zwischen die Beine. Das schien ihm den Rest gegeben zu haben, denn er ging zu Boden. Der zweite, der bisher bei Sabine gestanden hatte, stürzte sich auf Jan, übersah aber den Gipsfuß von Jonas. Fast wie in Zeitlupe knallte der Mann gegen die Wand und blieb ebenso regungslos liegen wie sein Kollege.

„Muss das Arschloch auf den Gips treten“, meckerte Jonas mit Schmerz verzerrten Gesicht.

Der Schrecken steckte uns allen noch in den Gliedern. Uns war auch nicht wirklich nach Lachen zumute, obwohl es schon recht lustig aussah, wie Jonas wehklagend rumhüpfte. Umso mehr fuhren wir zusammen, als die Wohnungstür mit einem Knall aufflog und die Polizei in die Wohnung stürmte.

*-*-*

Phillip

„Fabian?“

Mir strahlte ein Fabian im Trainingsanzug entgegen, den ich eigentlich im Krankenhaus vermutet hatte.

„Hallo Phillip…“, sagte mein Freund.

„Jetzt gibt’s gleich den ersten Krach“, brummte Jonas und Fabians Schwestern fingen leise an zu kichern.

Nach dieser Bemerkung fiel es Fabian sichtlich schwer, mir gegenüber ernst zu bleiben. Ich baute mich vor ihm auf.

„Seid ihr von allen guten Geistern verlassen? Was sucht ihr hier?“

„Sabine war in Schwierigkeiten, da mussten wir doch helfen!“, beantwortete Fabian meine Frage.

„Ja, wie bei den Musketieren…“, warf Petra ein.

„Einer für alle und alle für einen“, fügte Jan hinzu.

„Wir sind doch aber Fünf“, kam es von Jonas und alle fingen an zu kichern.

Oh Gott, womit hatte ich das verdient.

„Wie seid ihr denn überhaupt hierher gekommen?“

„Feist hat sich um den Beamten gekümmert und Petra spielte Chauffeur“, erklärte Jan.

Aus dem Blickwinkel heraus sah ich jetzt, dass sogar Gabi grinste.

„Euch ist aber schon klar, was für Folgen das für euch hat?“, fragte ich weiter.

Fünf verdutzte Gesichter schauten mich an.

„Da wäre erst mal Behinderung der polizeilichen Untersuchungen. Dann Irreführung eines Beamten, Anstiftung zu kriminellen Handlungen…“, begann ich aufzuzählen.

„Jetzt mach mal halblang!“, unterbrach mich Fabian, „die Leute sind gefasst und hier sind die Papiere.“

Er hielt mir den Umschlag entgegen und ich nahm ihn zähneknirschend entgegen. Fabian legte dabei einen Blick auf, dem ich nur schwer widerstehen konnte.

„Männer…!“, meinte ich und blies scharf meine Atem Luft aus.

Jetzt fing Gabi neben mir schallend laut an zu lachen. Selbst ein giftiger Blick meinerseits ließ sie nicht verstummen.

„Ihr wisst aber schon, dass da was weiß ich alles hätte passieren können.“

„Was wissen Sie denn?“, fragte Jonas.

Ich seufzte und gab auf. Gegen dieses verschworene Pack war ich machtlos.

„Jetzt lass doch nicht die Löffel hängen, Phillip. Es ist doch alles gut ausgegangen“, sagte Fabian und kam auf mich zu.

„Zudem musst du dich daran gewöhnen. Mich gibt es nur in dieser Konstellation. Zwei Freunde und zwei Schwestern. Und… nimmst du mich?“

Dabei legte Fabian wieder diesen Dackelblick auf und neigte den Kopf leicht nach rechts. Ich seufzte erneut, diesmal lauter und alle schauten mich erwartungsvoll an. Da begann auch ich zu grinsen.

„Klar du Dummkopf, meinst du ich lass mir so eine Chance entgehen?“

Fabian zog mich, so gut es ging zu sich und legte seine Arme um mich. Sein Kopf kam noch näher und wenige Sekunden später spürte ich seine Lippen auf den meinen.

„Ihhhhh, jetzt fängt dieses Geknutsche an“, hörte ich Jonas sagen.

Mein Schatz setzte ab und schaute zu Jonas.

„Da spricht wohl der Neid aus der Vollbluttucke!“, meinte Fabian und während Jonas immer noch nach Worten suchte, küsste er mich weiter.

*-* Ende*-*

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