19. Türchen – No one else II

Fragend schaute ich ihn an.

„Es hat wohl alles damit angefangen“, erklärte Commissario Lombardo weiter, „dass es in den Staaten ein Machtverschiebung gab.“

„Die Neuwahlen in Amerika?“, fragte ich erstaunt.

„Das hat auch damit zu tun, denn auch Trump hat Menschen in seinem Umfeld, die der amerikanischen Mafia sehr zugetan sind.“

Scheiße, wo waren wir da nur hineingeraten.

„Aber lassen wir das, da gibt es zu viele Spekulationen und Falschinformationen, vergessen sie das am besten wieder!“

Wir nickten alle, obwohl dies sicher keinem leicht fiel.

„Wir wurden auf ihren Lebensgefährten Seniore Romano aufmerksam, als die Familie Barbieri, speziell Ethan Romano-Barbieri, sich mehr für die Finanzen seines entfernten Verwandten interessierte.“

Mein Blick wanderte wieder zu Placido, der ganz weiß um die Nase war. Ich griff nach seiner Hand.

„So wurde er ebenfalls unter Beobachtung gestellt, weil er auch auffällig viel in Europa unterwegs war.“

„Mein Freund wurde wirklich überwacht? Das war doch nur wegen seiner vielen Besuche den Galerien, die seine Werke ausstellen.“

Der Commissario nickte.

„Es sind schon genug Dinge in der Kunst geschmuggelt worden und ich rede jetzt nicht, von der Kunst selbst! Aber sie haben Recht, ihr Freund wurde überwacht, und diese Überwachung wäre auch fast aufgeflogen, als letztes Jahr, kurz vor Weihnachten sie Davide, Mr. Miller sie angefallen hat.“

„Richard? Was hat er denn damit zu tun?“

„Er hat auch für Ethan gearbeitet“, kam es leise von Placido.

„Das wird ja immer verrückter“, sagte Letizia, während ich Placido mitfühlend anschaute.

Deshalb auch das veruntreute Geld. Ethan hatte auf diese Weise versucht, an das Geld der Familie heran zu kommen.

„Aber die Veruntreuung des Geldes von Richard, das war doch Placidos eigenes Geld, nicht dass der Familie?“, meinte ich, „dass er durch den Verkauf seiner Werke und Skulpturen einnahm!“

„Deswegen konnten wir Ethan auch keine Verbindung nachweisen. Mr. Miller war einfach zu gierig und hat sich mehr an Mr. Romanos Geld bereichert, als es ihm gut tat! Zum Thema Ethan Romano schwieg Mr. Miller, obwohl er ihm wohl bekannt war, durch die vielen Anzeigen, die von Ethan Romano ausgingen.“, erklärte der Commissario weiter.

Wieso war Richard diesem Kerl so verfallen, oder welchen Grund gab es, dass für Ethan zu tun?

„Dank seiner Attacke, der den hauptsächlichen Grund seiner späteren Anklage ausmachte, konnte wir eine Aufdeckung der Überwachung verhindern. Die Geldveruntreuung wurde dem Finanzministerium zugeschanzt.“

„Also sollte ich froh sein, dass Richard mit dem Messer auf mich losgehen wollte…“, fragte ich leicht sarkastisch.

Das Lächeln des Commissario konnte ich nicht richtig deuten.

„Da wir natürlich auch das Umfeld von Mr. Romano-Barbieri beobachteten, kam dann dieser Emiliano Bianchi Junior ins Spiel, der dann Kontakt zu ihrem Bruder Emilio de Luca suchte, bevor er sie über den Zeitungsverlag, bei dem Señora Grecco arbeitet, kontaktierte, den Rest kennen sie ja…“

 „Wurde auch Sophie Edwards, die Mutter von Emiliano überprüft?“, wollte ich wissen.

„Natürlich, aber ihr konnte keinerlei Kontakte zur Barbieri Familie nachgewiesen werden, vielleicht lediglich, dass sie ein glühende Verehrerin Trumps ist, was ihre vielen Spenden zum Wahlkampf zeigten, wo diese Gelder herkamen, konnte man nicht immer genau ausmachen!“ Es war absolute Stille im Raum. Keiner sagte ein Wort und ließ wohl die Informationen auf sich wirken.

„Und hinter all dem steckt Ethan?“, fragte ich und durchbrach diese Stille.

Der Commissario nickte.

„Nur weil diese Familie Barbadingens Geld benötigt, um ihre Machtstellung auszubauen?“

Wieder nickte Commissario. Ich wandte mich zu Placido.

„Weißt du, wie viel Geld sich auf diesem Konto befindet?“

Er schaute auf.

„Das kann ich dir nicht genau sagen, dazu müsste ich meinen Anwalt fragen“, antwortete mir Placido tonlos, „aber es werden sicher ein paar Millionen sein…“

Mir war klar, dass dies für Placido, alles ein großer Schock gewesen sein musste. Klar war er gewohnt, dass sein Leben durch die Presse oft ins Licht der Öffentlichkeit rückte, aber dass es so durchleuchtet wurde, war ihm wahrscheinlich nicht klar.

„Einhundert siebenunddreißig Millionen…“, sagte der Commissario hinter mir.

Danas Tasse fiel klirrend auf die Theke. Ich riss meine Augen auf.

„So viel…?“, kam es von Dana.

„Kein Wunder!“, meldete sich Letizia zu Wort und Jakob pfiff leise.

*-*-*

Der Commissario war gegangen und hatte eine stille Runde hinterlassen. Meine Hand lag auf Placidos Schultern und ich massierte leicht seinen Nacken. Er dagegen starrte immer noch in seine leere Tasse.

„Es tu mir leid“, begann er plötzlich zu reden, „dass ihr da alle mit hinein gezogen wurdet!“

Ich stand auf und baute mich vor Placido auf.

„Halt! Bevor du auch noch einen Ton oder einen Gedanken an dieser Sache verschwendest…DU bist nicht schuld!“

Letizia und Dana nickten.

„Schuld alleine hat dieser Ethan, der mit allen Mitteln versucht unsere beider Familien zu zerstören, Freunde eingeschlossen, um an dieses verdammte Geld zu kommen!“

„Ich hätte alles verschenken sollen“, kam es deprimiert von Placido.

„Wer ja noch schöner!“, sagte Letizia.

Sie wandte sich an Dana.

„Dana, wärst du bereit, die Vorsitzende einer Stiftung zu werden und dies mit deinem neuen Chef, dem Notar zu koppeln?“

„Eine Stiftung? Ich? Meinst du, ich bin die richtige Person?“

Stimmt, sie wusste von unseren Gesprächen nichts.

„Ich kann mir keine Bessere dafür vorstellen“, meinte ich lächelnd.

Mir war klar, dass Letizia im Vorfeld Erkundigungen über Letizias neuen Chef eingezogen hatte, sonst würde sie keinen solche Vorschläge machen.

„Und was müsste ich da machen?“

„Die Einhundert siebenunddreißig Millionen verwalten!“, sagte Letizia trocken, dass ich mich beherrschen musste, nicht laut loszulachen.

„Die was? …wirklich?“

Placido blieb ruhig neben mir sitzen. Ich stellte mich hinter ihn und nahm ihn in meine Arme.

„Placido wollte bisher das Geld nicht anrühren, aber wir kamen gemeinsam mit Letizia auf die Idee, es für einen guten Zweck zu verwenden.“

Dana nickte.

„Du kennst die Pläne Placidos über das Haus und die Zeichenschule brauchte eine stabile Geldquelle, damit der Zeichenunterricht für die Kinder und Jugendlichen geschützt ist.“

„Also ehrlich gesagt, reizen würde mich das schon, auch wenn ich mich in der Materie wenig auskenne.“

„Da kommt eben dein neuer Boss zum Zuge. Er leitet bereits einige Stiftungen als Notar und kennt sich mit diesen Dingen aus“, erklärte Letizia.

„Woher weißt du das alles?“, fragte Dana.

„Schwesterherz, frag einen Journalist nie nach seinen Quellen!“

Sie lächelte und ging zu Placido.

„Also wenn du es möchtest, wäre ich gerne bereit, diesen Job zu übernehmen, Placido.“

Sie hatte seine Hände genommen, was seine Aufmerksamkeit auf sie richtete.

„Ich kann mir denken, dass dies alles, was wir eben gehört haben, ein Chaos in dir verursacht und wenn ich mit dieser Stiftung helfen kann, etwas Ruhe in deiner Gedankenwelt zu bewirken, mach ich das gerne!“

Er lächelte leicht und nickte. Ich dagegen, beugte mich etwas vor und drückte ihm von hinten sanft einen Kuss auf die Wange.

„He, wir schaffen das, okay?“

„Das ist normalerweise mein Part zu sagen“, meinte Placido leise.

„Da freut es mich doppelt, dass ich einmal für dich da sein kann, dir helfen kann!“

„Dana, komm ich zeig dir unser Zimmer“, meinte Letizia plötzlich und gab Jakob ein Zeichen zu verschwinden.

Als wir alleine waren, drehte ich Placidos Stuhl zu mir, legte beide Arme um seinen Hals und strahlte ihn an.

„Du hast mir schon so viel geholfen, mich mit so viel Liebe überschüttet, da bin ich froh einmal für dich da zu sein.“

„Du bist jeden Tag für mich da und zeigst mir deine Liebe jeden Tag aufs Neue!“

Ich lächelte. Er zog mich zu ihm heran und wenige Augenblicke später lag ich halber in seine Armen und versank in seinem zärtlichen Kuss.

*-*-*

Damit uns die Decke nicht auf den Kopf fiel, wurden wir alle aktiv. Während Dana am Telefon saß und sich mit ihrem Chef kurzschloss, saßen Letizia und Placido über den Plänen der Zeichenschule und erstellten eine Liste über Dinge, die noch alle benötigt wurden.

Die Zeitung war informiert worden, dass Letizia und ich ausfielen, mit der Auflage, stillschweigen darüber zu wahren, aber das Recht bekam als erstes darüber zu berichten, wenn alles ausgestanden war.

„Was da alles dran hängt, das hätte ich nie gedacht“, meinte sie.

„Komm rüber ins Atelier, da kannst du dir meinen Bedarf anschauen. Gut er ist Anspruchsvoller, wie er bei den Kindern sein wird, aber vielleicht bekommst du ein Gefühl dafür, was alles benötigt wird“, sagte Placido.

Die beiden verschwanden in Placidos Büro, während Dana an meinem Schreibtisch sitzen blieb.

Ich hatte es mir derweil auf meiner Couch bequem gemacht und rief im St. Regis an.

„Guten Tag, Davide de Luca hier, wäre es möglich Seniore Bianchi zu sprechen?“

„Junior oder Senior?“

Am liebsten hätte ich gesagt beide.

„Wäre eine Konferenzschaltung mit beiden möglich?“

„Ich bitte sie um einen Moment Geduld, ich werde versuchen was möglich ist“, hörte ich die Stimme, meines Gegenüber.

Melodie wurde eingespielt und mein Blick viel auf Dana, die wild gestikulierend ihrem Chef kundtat, was wir vorhatten.

„Bianchi Senior hier.“

„Hallo Mr. Bianchi hier ist Davide.“

„Hallo?“, hörte ich nun auch Emilianos Stimme.

„Hallo Emiliano, hier ist Davide, ich würde euch gerne zu uns einladen, um etwas Wichtiges zu besprechen.“

„Um was?“, fragte der Junior direkt.

„Junior, so etwas bespricht man nicht am Telefon! Wann können wir kommen, wir haben Zeit.“

„Papa, du tust es schon wieder, einfach über mich zu bestimmen!“

Ich hielt mir die Hand vor den Mund, um nicht los zu kichern.

Dana sah mich fragend an, der die Aktion nicht entgangen war. Ich winkte ab.

„Wenn sie beiden möchten gleich, ich werde den Carabinieri Bescheid geben, dass man sie einlässt.“

„Den Carabinieri?“, kam es vom Junior.

„Nicht am Telefon!“, kam es mahnend vom Senior.

Ich konnte wirklich mein kichern nicht mehr zurück halten.

„Gut, dann sehen wir uns bald“, meinte ich und verabschiedete mich höfflich.

Danach legte ich das Handy auf den Tisch vor mir und kicherte in mich hinein. Dana hatte mittlerweile ihr Gespräch beendet und kam zu mir zur Couch.

„Mein Boss kommt her, er will das Objekt erst selbst sehen, bevor er mir oder Placido seine Zustimmung gibt.“

„Gut, die Bianchis kommen ebenso.“

„Einfach um sie vor Ort am laufenden zu halten, denn sie sind leider in der Sache mit Ethan ebenso involviert. Zum anderen möchte ich Emiliano Junior ein gutes Angebot für die Stiftung machen.“

„Für die Stiftung?“

„Ja ich habe mir gedacht, wir brauchen jemand für die Presse, den öffentlichen Kram, Computerseite und Ähnliches, dachte dabei an Emiliano, der gut dafür geeignet wäre. Er würde etwas Sinnvolles tun, hätte genug Arbeit und sein Vater bräuchte sich keine Gedanken mehr um ihn zu machen.“

Du und dein großes Herz“, meinte Dana lächelnd und drückte mir die Hand. Ihre Augen sagten mir aber etwas anderes, die lächelten nicht.

„Worüber machst du dir Gedanken?“, wollte ich wissen.

„Ich würde so gerne Emilio helfen! Ich weiß dass er im Grunde ein ganz anständiger Kerl ist, aber in den falschen Kreisen…“

„Ich verstehe dich, auch wenn es weh tut, er ist immer noch mein großer Bruder!“

Die Tür ging auf und Letizia kam in mein Büro.

„Da, schau dir die zwei an, wir schuften uns hier einen ab und die zwei lungern auf dem Sofa herum!“

Placido folgte ihr und lächelte. Er sah besser aus und ich wusste, Arbeit war immer noch das Beste, um Placido aufzumuntern.

„Tja, jeder wie er es verdient!“, sagte ich und Dana kicherte neben mir.

„Warum ich komme, Placido und ich sind uns in der Personalfrage etwas uneinig.“

„Personalfrage?“, kam es von Dana.

„Ja, richtige Zeichenlehrer oder Amateure…“

„Amateure!“ „Zeichenlehrer!“, kam es fast gleichzeitig von Dana und mir.

„Könntet ihr Männer uns mal erklären, warum es unbedingt Zeichenlehrer sein müssen? Amateure tun es doch auch!“, beschwerte sich Letizia.

Ich stand auf und lief auf sie zu.

„Weil ein Zeichenlehrer viel genauer auf die Bedürfnisse eines Kindes oder Jugendlichem eingehen kann. Ich bin lang genug mit der Materie vertraut und auch mein Zusammensein mit Placido hat mir gezeigt, es gibt viele Wege das Zeichnen und Malen zu erlernen.“

Placido strahlte mich stolz an.

„… und da wäre ein Amateur unangebracht! Aber etwas anderes, vorhin kam Emilio nur kurz zur Sprache, entschuldigt, wenn ich jetzt so abrupt das Thema wechsle. Aber Dana und ich möchten Emilio helfen, da heraus zu kommen.“

Placidos Lächeln verschwand wieder.

„Bist du dir Hundert Prozent sicher, dass er dir wirklich nichts tut?“, fragte Placido besorgt.

Konnte man überhaupt sich einer Sache so sicher sein?

 

 

 

 

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